Die Regelungen zur Schuldenbremse im Bund und im Ländervergleich

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AUS- UND FORTBILDUNGSINSTITUT DES LANDES SACHSEN-ANHALT Haushaltsrecht Dozentin: Elke Mnich

Hausarbeit

Die Regelungen zur Schuldenbremse im Bund und im Ländervergleich – –

vorgelegt von: Student:

Oliver Lindner

Studiengang:

Beschäftigtenlehrgang II

www.olindner.de E-Mail:

mail@olindner.de

Blankenburg, den 06. Februar 2015


Inhalt 1 DIE SCHULDENBREMSE IM GRUNDGESETZ..............................................1 1.1 EINLEITUNG UND DIE HISTORISCHE ENTWICKLUNG .............................................................1 1.2 DIE REGELUNG IM GRUNDGESETZ ......................................................................................2

2 DIE SCHULDENBREMSE IN DEN REGELUNGEN DER BUNDESLÄNDER..................................................................................................5 2.1 SCHLESWIG-HOLSTEIN.........................................................................................................6 2.2 BERLIN UND DAS SAARLAND...............................................................................................7 2.3 BREMEN.............................................................................................................................7 2.4 SACHSEN-ANHALT..............................................................................................................8 2.5 RHEINLAND-PFALZ............................................................................................................10 2.6 HESSEN.............................................................................................................................11 2.7 MECKLENBURG-VORPOMMERN..........................................................................................12 2.8 HAMBURG.........................................................................................................................12 2.9 SACHSEN .........................................................................................................................13 2.10 BAYERN..........................................................................................................................14 2.11 NIEDERSACHSEN.............................................................................................................14 2.12 THÜRINGEN.....................................................................................................................16 2.13 BADEN-WÜRTTEMBERG...................................................................................................16 2.14 BRANDENBURG UND NORDRHEIN-WESTFALEN.................................................................17

3 WIRKUNG DER SCHULDENBREMSE IM GRUNDGESETZ FÜR DIE BUNDESLÄNDER................................................................................................18 4 FAZIT UND AUSBLICK – WERDEN DIE STAATSSCHULDEN AUSGEBREMST?................................................................................................19 5 LITERATURVERZEICHNIS.............................................................................22

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Verzeichnis der Tabellen

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Verzeichnis der Abk체rzungen HA

Hausarbeit

BIP

Bruttoinlandsprodukt

LV

Landesverfassung

Art.

Artikel

SKSV

Vertrag 체ber Stabilit채t, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und W채hrungsunion

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1Die Schuldenbremse im Grundgesetz

1 Die Schuldenbremse im Grundgesetz

1.1

Einleitung und die historische Entwicklung

Bereits mit der ersten Großen Koalition 1967/1969 wurde der Versuch unternommen, die zunehmende Staatsverschuldung zu reglementieren. Im Sinne eines gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts sollten neue Schulden in Zeiten wirtschaftlicher Krisen möglich sein und in Zeiten von wirtschaftlicher Prosperität wieder zurückgeführt werden. Auch sollte die Verschuldung nur in der Höhe der geplanten Investitionen möglich sein. Nach rund vierzig Jahren ist die Schuldenstandsquote der öffentlichen Haushalte von zwanzig auf sechzig Prozent gestiegen. Nach der Wirtschafts- und Finanzkrise liegt die öffentliche Verschuldung nun bei über zwei Billionen Euro. Dabei ist Staatsverschuldung volkswirtschaftlich durchaus sinnvoll. Staatsanleihen bilden in der Regel gesicherte – wenn auch mit niedriger Verzinsung – Anlagemöglichkeiten, um Geldvermögen anzulegen. Volkswirtschaftlich allgemein anerkannt ist auch, dass eine Staatsverschuldung antizyklisch wirken kann. Dabei springt eine verstärkte staatliche Nachfrage auf dem Markt für eine nachlassende private Nachfrage ein. Damit soll ein Konjunkturrückgang gebremst werden und ein baldiger Aufstieg ermöglicht werden. Das war auch das Ziel der ersten „Schuldenbremse“ in den siebziger Jahren. In der Praxis hat der Staat die gewonnenen Steuereinnahmen jedoch nicht für die Rückführung der Staatsverschuldung genutzt. Allen positiven Konjunkturzyklen zum Trotz, ist die öffentliche Verschuldung weiter gestiegen. Mit der Förderalismuskommission II sollte dieser Trend gestoppt werden und eine sogenannte Schuldenbremse in der Finanzverfassung verankert werden. Ziel war es, die langfristige Tragfähigkeit der Haushalte in Bund und Ländern zu sichern sowohl im Hinblick auf die Lastenverteilung zwischen den Generationen als auch bezüglich der Anforderungen des Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakts. Die Ausgestaltung der Schuldenbremse ist umstritten, weil sie die Möglichkeit der Länder zur Verschuldung stärker begrenzt als die des Bundes. Auch wird in der Literatur über die tatsächliche Wirksamkeit der Schuldenbremse diskutiert. Tatsächlich sind das bislang theoretische Diskussionen, weil noch nicht alle Länder harte Verschul-

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1Die Schuldenbremse im Grundgesetz dungsgrenzen gesetzlich festgelegt haben und durch prosperierende Steuereinnahmen und sehr niedrige Zinsen in der Vergangenheit viele öffentliche Haushalte entlastet worden sind. Dieser Aufsatz stellt die grundgesetzliche Regelung vor und befasst sich in der notwendigen Kürze mit den Regelungen der einzelnen Bundesländer. Abschließend wird noch ein Ausblick auf die mögliche Wirksamkeit der Schuldenbremse der öffentlichen Haushalte gewagt.

1.2

Die Regelung im Grundgesetz

Mit der Föderalismusreform II wurden im Wesentlichen die Artikel 109 und 115 Grundgesetz verändert. Kernstück ist dabei Art. 109 Absatz 3 Satz 1 Grundgesetz, nachdem Bund und Länder einen materiell ausgeglichenen Haushalt vorlegen müssen. Bei konjunktureller Normallage sind die öffentlichen Haushalte von Bund und Ländern „ohne Einnahmen aus Krediten auszugleichen“. Art. 115 Absatz 2 Satz 1 Grundgesetz wiederholt diese Regelung wortgleich für den Bundeshaushalt. Auf dem ersten Blick sieht dies nach einer strengen Regelung aus. Allerdings findet sich keine Regelung zu den Altschulden und deren Tilgung. Die grundgesetzliche Schuldenbremse soll die Neuverschuldung eindämmen. Zu den schon vorhandenen Staatsschulden und deren Tilgung findet sich keine grundgesetzliche Regelung. Die Aufnahme von neuen Schulden wird im Grundgesetz auch nicht strikt verboten, sondern differenziert. Art. 109 Absatz 3 Grundgesetz unterscheidet zwischen drei Arten einer Verschuldung: a) Strukturelle Verschuldung Eine Verschuldung ist als strukturell anzusehen, wenn die Kreditaufnahme in einer wirtschaftlichen Normallage erfolgt. Dabei werden neue Schulden gemacht, ohne dass diese konjunkturell bedingt sind oder einer außergewöhnlichen Notsituation folgen. 1 Art. 115 Absatz 2 Satz 2 Grundgesetz gestattet dem Bund ein jährliches strukturelles Defizit von 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukt (BIP). Diese vom Bund strukturell angehäuften „neuen“ Schulden unterliegen keiner Tilgungspflicht.2

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Vgl. Meyer „Die sogenannte Schuldenbremse im Grundgesetz“, S. 25 Ebd.

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1Die Schuldenbremse im Grundgesetz Durch den Europäischen Fiskalpakt ist die Bundesrepublik Deutschland verpflichtet gem. Art. 3 Absatz 1 des Vertrages über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und Währungsunion (SKSV) ein gesamtstaatliches maximales strukturelles Defizit von 0,5 Prozent des BIP zu erzielen. Um dieses Haushaltsziel mittelfristig abzusichern, wurde im Haushaltsgrundsätzegesetz einfachgesetzlich in § 51 Absatz 2 Satz 1 HgrG geregelt: „Das strukturelle gesamtstaatliche Finanzierungsdefizit von Bund, Ländern, Gemeinden und Sozialversicherungen darf eine Obergrenze von 0,5 Prozent des nominalen Bruttoinlandsprodukts nicht überschreiten.“ Während für die Erfüllung des Europäischen Fiskalpaktes im Haushaltsgrundsätzegesetz Gemeinde und Sozialversicherungsträger mit erfasst worden sind, fehlt diese Regelung in Art. 109 Absatz 3 Grundgesetz, da dort nur Bund und Länder erwähnt werden. Art. 109 Absatz 3 Satz 4 Grundgesetz gesteht dem Bund eine Neuverschuldungsgrenze von 0,35 Prozent des BIP zu. Aus dem Delta der Neuverschuldungsgrenze von 0,5 Prozent des BIP im Europäischen Fiskalpakt sowie der grundgesetzlichen Grenze für den Bund von 0,35 Prozent des BIP leitet sich die Neuverschuldungsgrenze der übrigen öffentlichen Haushalte i.H.v. 0,15 Prozent des BIP ab, wobei die Bundesländer bislang auf eine strukturelle Neuverschuldung verzichtet haben. Denn in Art. 109 Absatz 3 Satz 5 Grundgesetz besteht für die Länder ab 2020 ein strukturelles Neuverschuldungsverbot. Dies erfolgte auf den ausdrücklichen Wunsch der Mehrheit der Länder, die politisch den Bund ebenfalls zum Neuverschuldungsverbot drängen wollten. Ursprünglich sollte auch den Ländern eine Neuverschuldung von 0,15 Prozent des BIP zugestanden werden. Vor allem auf Druck des bayrischen Ministerpräsidenten während der Beratungen in der Föderalismuskommission II wurde diese Grenze aufgegeben.3 Der Europäische Fiskalpakt schränkt die Verschuldung für den Gesamtstaat ein, also auch für die Kommunen und Sozialversicherungsträger. Die Schuldenbremse im Grundgesetz regelt jedoch ausschließlich die Verschuldung von Bund und Ländern. Daher wäre es denkbar, dass das strukturelle Neuverschuldungsverbot der Länder über ihre Kommunen ausgehebelt wird. Aus diesem Grund haben einige Länder in ihren Landesverfassungen eine Regelung getroffen, die das verhindern soll und auch den Kommunen die Einhaltung der Schuldenbremse ermöglichen soll. Zukünftig werden auch weiterhin strukturelle neue Schulden erlaubt sein, wobei die Schuldenobergrenze insbesondere innerstaatlich austariert werden muss. 3

s. Handelsblatt vom 26.05.2009

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1Die Schuldenbremse im Grundgesetz b) Konjunkturelle Verschuldung Die verfassungsrechtliche Öffnung für eine Neuverschuldung jenseits einer konjunkturbedingten Normallage ist in Art. 115 Absatz 2 Satz 3 Grundgesetz für den Bund geregelt. Damit sollen konjunkturbedingte Mindereinnahmen und entsprechende Mehrausgaben, beispielsweise in der Sozialpolitik, aufgefangen werden. Gleichzeitig besteht aber die Verpflichtung, diese neuen Schulden bei einem positiven konjunkturellen Verlauf wieder zu tilgen. Die genauen Voraussetzungen für den Bund wurden in einem Ergänzungsgesetz, dem sogenannten Artikel-115-Gesetz normiert. Dort ist auch das Verfahren zur Bestimmung von konjunkturellen Schwankung festgelegt. In der Literatur ist diese Regelung umstritten. Insbesondere der Begriff „Normallage“ fordert zu unterschiedlichen Interpretationen heraus. Während das Ausführungsgesetz für den Bund eine stark volkswirtschaftliche Sichtweise verwendet, in dem eine Abweichung der Normallage vorliegt, wenn eine Unter- oder Überlastung der gesamtwirtschaftlichen Produktionskapazitäten (Produktionslücke) erwartet wird, gibt es auch eine Interpretation aus der Rechtssprechung des Bundesverfassungsgerichtes. Diese juristische Sichtweise interpretiert eine Normallage, wenn über einen langen Zeitraum der konjunkturelle Verlauf beobachtet wird und daraus eine durchschnittliche Wachstumsrate ermittelt wird4. Für die Länder gibt es eine entsprechende Ermächtigung zur konjunkturellen Verschuldung in Art. 109 Absatz 3 Satz 2 Grundgesetz. Diese Ermächtigung muss in den Ländern im Rahmen des Grundgesetzes geregelt werden. Einige Länder haben in ihren Regelungen die juristische Sichtweise verwendet. c) Das Kontrollkonto In der Praxis fallen Haushaltsplanung und Haushaltsvollzug auseinander. Das hat der Gesetzgeber zumindest für den Bund berücksichtigt und in Art. 115 Absatz 2 Satz 4 ein sogenanntes Kontrollkonto eingeführt. Alle positiven und negativen Abweichungen der tatsächlichen Kreditaufnahme innerhalb der zulässigen Kreditobergrenze werden darin erfasst. Die Saldierung erfolgt dann haushaltsjahrübergreifend. Praktisch hat das Kontrollkonto jedoch den Effekt eines „Dispositionskredites“. Gemäß der oben zitierten Norm kann das Kontrollkonto mit einem Minus von maximal 1,5 Prozent des BIP geführt werden, ohne dass es grundsätzlich eine verfassungsmäßige Pflicht zur Schuldenrückführung gibt. Sobald das Kontrollkonto diesen Wert übersteigt, muss die Verschuldung konjunkturgerecht zurückgeführt werden. 4

Vgl. Burgbacher in NJW 2009

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1Die Schuldenbremse im Grundgesetz d) Ausnahmeverschuldung Als letzten Ausnahmetatbestand zur Staatsverschuldung sieht das Grundgesetz in Art. 115 Absatz 2 Satz 6 Grundgesetz für den Bund und analog in Art. 109 Absatz 3 Satz 2 Grundgesetz für die Länder außergewöhnliche Notsituationen vor. Damit soll in Krisenzeiten die Handlungsfähigkeit des Staates gewährleistet werden. Eine Notsituation tritt ein, wenn diese außergewöhnlich ist, ihr Eintritt sich der Kontrolle des Staates entzieht und erheblich den Haushalt beeinträchtigt.5 Die Aufnahme dieser Schulden ist mit der Verpflichtung für die Aufstellung eines Tilgungsplans verbunden. In der Regelung für den Bund muss hierfür ein Beschluss der Mehrheit der Mitglieder des Deutschen Bundestages vorliegen. Die Länder können innerhalb der Vorgaben aus dem Grundgesetz eigene Regelungen beschließen. Die Bundesländer haben nun bis zum Ende der Übergangszeit bis 2019 die Möglichkeit, ihre Schuldenbremse länderspezifisch auszugestalten. Einige Länder haben nur gesetzliche Regelungen für den Übergangszeitraum erlassen, andere haben bereits eine Regelung in der Landesverfassung verankert, die allerdings bis 2019 noch weitergehende Ausnahmen zulässt. Es wird nachfolgend auf den derzeitigen gesetzlichen Stand in den Bundesländern geschaut.

2 Die Schuldenbremse in den Regelungen der Bundesländer Mit der Föderalismusreform II haben die Bundesländer teilweise schon vor der Grundgesetzänderung länderspezifische Regelungen zur Schuldenbremse erlassen. Daher schöpfen einige Länder den grundgesetzlichen Rahmen nicht aus oder stehen sogar in einem Widerspruch zu diesen Regelungen im Grundgesetz. Bis zum Ende des Übergangszeitraumes bis 2019 ist das rechtlich unproblematisch. Denn nach den Bestimmungen des Art. 143d Absatz 1 Grundgesetz ist den Ländern noch eine Übergangszeit bis zum Jahr 2020 eingeräumt worden. Während der Bund bereits ab dem Haushaltsjahr 2016 alle Regelungen zur Schuldenbremse einhalten muss, haben die Länder noch ein paar Jahre mehr Zeit. Diese Zeit werden sie einerseits benötigen, um die strukturelle Verschuldung weiter einzugrenzen und vor allem auch, um eigene Regelungen grundgesetzkonform anzupassen.

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Vgl. Meyer Seite 29

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2Die Schuldenbremse in den Regelungen der Bundesländer Bei der Verabschiedung der Schuldenbremse machten einige Bundesländer geltend, dass sie unter besonderem strukturellem Defizit leiden und Hilfen benötigen, die sie in Stande setzen, bis 2020 einen strukturell ausgeglichenen Haushalt zu haben. Für die Länder Berlin, Bremen, Saarland, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein wurde daher gem. Art. 143d Absatz 2 Satz 1 Grundgesetz ein Übergangszeitraum von 2011 bis 2019 geschaffen. In diesem Zeitraum werden ihnen Konsolidierungshilfen aus dem Bundeshaushalt i.H.v. 800 Millionen Euro gewährt. Die Bedingungen werden im Gesetz zur Gewährung von Konsolidierungshilfen vom 10. August 2009 geregelt. Die Höhe der jährlichen Obergrenzen der strukturellen Defizite wird dadurch berechnet, dass die Strukturkomponente des Jahres 2010 in der Zeitspanne von 2011 bis 2020 pro Jahr um jeweils ein Zehntel verringert wird.6 Dabei überwacht der Stabilitätsrat als Kontrollorgan die Einhaltung der Konsolidierungsfortschritte. Dieser ist ein gemeinsames Gremium von Bund und Ländern, der darüber hinaus auch die allgemeine Haushaltsdisziplin überwacht. Der Stabilitätsrat soll frühzeitig drohende Haushaltsnotlagen erkennen und auf entsprechende Gegenmaßnahmen hinwirken. Der Rat legt jährlich einen Bericht vor.

2.1

Schleswig-Holstein

Das Land Schleswig-Holstein ist eines der fünf Länder mit Konsolidierungshilfen. Es ist das erste Land mit Konsolidierungshilfe, dass für die Schuldenbremse eine Verfassungsänderung vorgenommen hat. Die Regelungskonzeption folgt dabei dem Grundgesetz. Verankert wurde eine Verschuldungsbegrenzung (Art. 54 LV SH) und eine Übergangsregelung für ein strukturelles Neuverschuldungsverbot erst ab 2020 (Art. 59a LV SH). Neben der Möglichkeit einer konjunkturellen Verschuldung kann auch im Fall von Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Notsituationen eine Verschuldung erfolgen. Die Tatbestandsmerkmale sind dabei identisch mit der Bundesgesetzgebung. Allerdings ist für diese Feststellung eine 2/3-Mehrheit im Landtag notwendig und keine einfache Mehrheit der Mitglieder des Deutschen Bundestages wie auf Bundesebene. Die strukturelle Defizitgrenze bis 2020 folgt gem. Art. 59a LV SH grundsätzlich den Bedingungen zur Gewährung der Konsolidierungshilfen. 6

Vgl. Meyer S. 157

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2Die Schuldenbremse in den Regelungen der Bundesländer In Art. 49 LV SH wird der kommunale Finanzausgleich geregelt, der eine angemessene finanzielle Ausstattung der Kommunen sicherstellen soll. Zum einen soll mit der Einführung der Schuldenbremse keine einseitige Belastung der kommunalen Haushalte erfolgen, zum anderen macht das Land aber auch deutlich, dass die kommunalen Zuweisungen unter dem Vorbehalt der finanziellen Leistungsfähigkeit des Landes stehen. Das Land Schleswig-Holstein konkretisiert die verfassungsrechtlichen Verschuldungskomponenten in einem Ausführungsgesetz. Zudem wurde die Landeshaushaltsordnung der neuen Regelung in der Landesverfassung angepasst. Der neue § 18 LHO knüpft zur Rechtfertigung der Kreditaufnahme nicht mehr an dem überholten Investitionsbegriff und an einer Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts an, sondern verweist in seinem neuen Absatz 1 lediglich auf das Haushaltsgesetz. Das Haushaltsgesetz muss sich wiederum an die Vorgaben des Ausführungsgesetzes halten.

2.2

Berlin und das Saarland

Das Land Berlin und das Saarland haben auf Grundlage von Art. 143d Absatz 2 Satz Grundgesetz Vereinbarungen zur Konsolidierungshilfe abgeschlossen, jedoch auf weitere gesetzliche Verankerung einer Schuldenbremse bislang verzichtet. Das Land Berlin schloss mit dem Stabilitätsrat eine Vereinbarung zum Sanierungsprogramm für den Zeitraum 2012 bis 2016 nach § 5 StabiRatG, um eine drohende Haushaltsnotlage abzuwehren.

2.3

Bremen

Als ein weiteres Land mit Konsolidierungshilfen gab es auch im Land Bremen bis vor kurzem noch keine gesetzliche Regelung zur Verankerung der Schuldenbremse. Auf Grundlage von Anträgen der CDU-Fraktion und der SPD/Grüne-Fraktion in der Bürgerschaft wurde seit 2010 über deren Einführung diskutiert. Der Senat änderte zunächst mit einem Gesetz 2011 die Landeshaushaltsordnung und fügte den § 18a LHO als Übergangsvorschrift ein. Darin verpflichtet sich das Land zur Konsolidierung von 2011 bis 2019.

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2Die Schuldenbremse in den Regelungen der Bundesländer Die Bremer Bürgerschaft beschloss dann in ihrer 75. Sitzung am 22. Januar 2015 mit der erforderlichen 2/3-Mehrheit in der 3. Lesung ein Gesetz zur Änderung der Landesverfassung7. Eingefügt wurde der Art. 131a LV Bremen. In Absatz 1 wird grundsätzlich geregelt, dass Ausgaben ohne Einnahmen aus Krediten zu leisten sind. Die Ausnahmetatbestände aus dem Grundgesetz wurden übernommen, wobei es einer einfachen Mehrheit in der Bürgerschaft genügt, um Kredite bei „außergewöhnlichen Notsituationen und Naturkatastrophen“ aufzunehmen. Art. 131b LV Bremen ermöglicht Abweichungen von der Schuldenbremse für den Übergangszeitraum bis 2020. Art 131c LV Bremen verpflichtet die Bürgerschaft und den Senat, dass sie sich um eine aufgabengerechte Finanzausstattung zu bemühen haben. Ausdrücklich sind damit auch die Bundesgesetzgebung und die Europäische Union gemeint. Für die beiden Kommunen des Landes Bremen (Stadt Bremen und Stadt Bremerhaven) sichert Art. 146 LV Bremen im Rahmen des Konnexitätsprinzips eine angemessene Finanzausstattung zu und dass bei Aufgabenübertragung durch das Land, diese Aufgaben durch das Land auch finanziert werden.

2.4

Sachsen-Anhalt

Sachsen-Anhalt ist das einzige Land mit Konsolidierungshilfen, für das keine Haushaltsnotlage festgestellt und daher kein förmliches Sanierungsverfahren eingeleitet wurde. Die Schuldenbremse wurde bislang nicht in der Landesverfassung verankert, wohl aber in der Landeshaushaltsordnung. Auch hier kam es zu einer Änderung des § 18 LHO LSA in Verbindung mit einer Übergangsregelung in § 118 LHO LSA. Diese Änderungen wurden bereits mit einem Änderungsgesetz vom 08.12.2010 8 verabschiedet. Die Arbeiten hierzu fanden vor der Verankerung im Grundgesetz statt. In § 18 LHO LSA wird in Absatz 1 das Ausgleichsgebot ohne Kreditaufnahme normiert. In Absatz 2 wird die Konjunktur- und die Naturkatastrophenkomponente benannt. Bei der konjunkturellen Verschuldung muss die Finanzlage nicht nur unerheblich beeinträchtigt sein, sondern die Kreditaufnahme nur „bis zum Ausgleich konjunkturell bedingter Einnahmeausfälle“ stattfinden. Wie die in § 18 Absatz 2 Nummer 1 LHO LSA normierte „einer von der Normallage abweichenden konjunkturellen Ent7 8

Drucksache 18/1688 vom 16.12.2014 GVBl. LSA, 564.

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2Die Schuldenbremse in den Regelungen der Bundesländer wicklung“ zu verstehen ist, ist nicht weiter erläutert. In der Gesetzesbegründung wird sich jedoch der Rechtssprechung des Bundesverfassungsgerichts angeschlossen. Somit beinhaltet diese Regelung eine Verschärfung zur grundgesetzlichen Regelung, da geringe konjunkturelle Schwankungen nicht zur Kreditaufnahme rechtfertigen. In der Konsequenz muss das Land Sachsen-Anhalt geringer erwartete Steuermindereinnahmen mit einer angepassten Haushaltsplanaufstellung ausgleichen. Mit der Tilgungspflicht in § 18 Absatz 3 LHO LSA geht das Land über die Erfordernisse des Grundgesetzes hinaus. Verlangt das Grundgesetz einen Tilgungsplan nur für neue Schulden, die bei Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Ereignissen gemacht werden, weitet das Land Sachsen-Anhalt diese Regelung auch auf konjunkturelle Kreditaufnahmen aus. Als weitere Vorgabe wird bestimmt, dass spätestens im vierten Jahr nach der Kreditaufnahme mit der Tilgung begonnen werden muss. In der Gesetzesbegründung wird auf die Erfahrung verwiesen, dass Konjunkturkrisen häufig nach vier Jahren beendet sind.9 Festgelegt ist in § 18 Absatz 3 LHO LSA zudem, dass „der dem Land verbleibende Anteil an konjunkturbedingten Steuermehreinnahmen insbesondere zur zusätzlichen Tilgung der Kredite zu verwenden“ ist. Diese Regelung dürfte insbesondere für den Haushaltsvollzug und den Abschluss gelten. Somit hat der Landtag als Gesetzgeber eine grundsätzliche Aussage zu der Behandlung von Haushaltsüberschüssen getroffen. Auch wenn der Finanzminister auf dieser gesetzlichen Grundlage allein über die Behandlung von Haushaltsüberschüssen entscheiden darf, wird in der Praxis immer ein Beschluss des Finanzausschusses des Landtages eingeholt. In der Vergangenheit sind die Überschüsse teilweise auch in die Vorsorgerücklagen des Landes geflossen. Vom strengen Tilgungsplan kann unter bestimmten Umständen jedoch auch abgewichen werden. In § 18 Absatz 3 Satz 5 Alt. 2 LHO LSA ist ein unbestimmter Rechtsbegriff „oder sonstigen schwerwiegenden Umständen“ normiert. Nach der Gesetzesbegründung sind darunter schwerwiegende Umstände zu verstehen, die die Finanzlage des Landes Sachsen-Anhalt erheblich beeinträchtigen können. Als Beispiele werden eine andere bundesgesetzliche Steuerrechtsänderung angeführt, die zu geringen Steuereinnahmen des Landes führt oder zusätzliche Aufgabenübertragung des Bundes, denen sich das Land aufgrund faktischer oder rechtlicher Verpflichtung nicht entziehen kann ohne ernsthaft Schaden zu nehmen.10 9 10

Vgl. Drs.5/2616 vom 03.06.2010, Seite 18 Ebd., Seite 19

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2Die Schuldenbremse in den Regelungen der Bundesländer Durch die Möglichkeiten eines modifizierten Tilgungsplans nach § 18 Absatz 3 LHO LSA in der Haushaltsaufstellung und durch die verschiedensten Möglichkeiten der Rücklagenbildung nach § 62 LHO LSA im Haushaltsvollzug hat der Gesetzgeber im Land Sachsen-Anhalt restriktive, aber durchaus flexible Instrumente eines ausgeglichenen Haushaltes innerhalb der Schuldenbremse geschaffen. Auf die Einrichtung eines Kontrollkontos hat das Land bislang verzichtet. Es ist aber davon auszugehen, dass bis 2020 eine andere Regelung der Schuldenbremse in der Landesverfassung geschaffen wird. Denn bislang verstösst Art. 99 Absatz 2 LV LSA gegen die Schuldenbremse im Grundgesetz. In der neuen Regelung werden die Erfahrungen, die der Bund und die Länder mit den bisherigen Regelungen gemacht haben, einfließen.

2.5

Rheinland-Pfalz

Von den Bundesländern ohne Konsolidierungshilfen hat als erstes Land RheinlandPfalz die Landesverfassung geändert. In Art. 117 Absatz 1 LV RhPf wird grundsätzlich bestimmt, dass alle Ausgaben mit Einnahmen ohne Kredite zu finanzieren sind. Die Ausnahmen in Art. 117 LV RhPf orientieren sich an den Vorgaben des Art. 109 Absatz 3 Grundgesetz. Als problematisch wird nach h.M. allerdings ein zusätzlicher Tatbestand in Art. 117 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2b LV RhPf gesehen. 11 Darin kann eine Kreditaufnahme gerechtfertigt sein, wenn ein „erheblicher vorübergehender Finanzbedarf infolge einer auf höchstens vier Jahre befristete Anpassung an eine strukturelle, auf Rechtsvorschriften beruhende und dem Land nicht zurechenbare Änderung der Einnahme- oder Ausgabesituation notwendig ist“. Damit werden die beiden Fallkonstellationen „Naturkatastrophen oder andere außergewöhnliche Notsituationen“ und „Anpassung an eine auf EU- oder Bundesrecht beruhende, veränderte Finanzlage“ als gleichwertig subsummiert.12 Schleswig-Holstein hat diese grundsätzliche Problematik auch gesehen und in der Landesverfassung Art. 59a Absatz 3 LV SH eine Bindung der Landesregierung an das strukturelle Neuverschuldungsverbot bei der Mitwirkung an der Bundesgesetzgebung und den Angelegenheiten der EU statuiert. Die Regelung in Rheinland-Pfalz führt nach Meinung von Hennecke „schnurstracks in die Schuldenfalle“. Weil „durch die 11 12

Siehe z.B. Hennecke, Schuldenbremse in ZG 2014 Vgl. Hennecke, Schuldenbremse in ZG 2014, S. 209

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2Die Schuldenbremse in den Regelungen der Bundesländer Gleichsetzung des Regelfalls bundesstaatlicher Aufgabenkreierung (der Bund regelt die Sachaufgabe, Länder oder Kommunen führen das Gesetz aus und sind gem. Art. 104a Absatz 1, 5 Grundgesetz finanzierungspflichtig) oder Steuergesetzgebung mit Naturkatastrophen oder anderen außergewöhnlichen Notsituationen, von denen Art. 109 Absatz 3 Satz 2 Grundgesetz zu Recht zwingend verlangt, dass sie sich der Kontrolle des Staates entziehen, was auf eine auf Rechtsvorschriften des Bundes beruhende Änderung der Einnahme- und Ausgabesituation des Landes und seiner Kommunen ganz sicher nicht zutrifft.“13 Die Ausnahmeregelungen sind im Grundgesetz abschließend geregelt. Abweichungen sind zumindest bis 2020 nicht grundgesetzwidrig, weil bis dahin die Übergangsregelung nach Art. 143d Absatz 1 Satz 3 Grundgesetz gilt. Ab 2020 wären jedoch solche Regelungen in den Ländern ein Verstoss gegen Art. 109 Absatz 3 Satz 2 Grundgesetz. Dass bundesgesetzliche Regelungen zu finanziellen Nachteilen in den Länderhaushalten führen, kann zukünftig nicht ausgeschlossen werden. Allerdings müssen solche Gesetze nach den Ergebnissen der Förderalismuskommission I im Bundesrat mitbestimmt werden. Über Art. 104a Absatz 4 Grundgesetz und Art. 105a Absatz 3 Grundgesetz haben die Bundesländer im Bundesrat die Möglichkeit bei Änderungen ihrer Einnahme- oder Ausgabenseite ihren Zustimmungsvorbehalt zu adressieren. Unter dem Regime der Schuldenbremse werden die Länder spätestens ab 2020 ihre Zustimmung im Bundesrat davon abhängig machen müssen, ob sie in der Lage bleiben, die Gesetzesänderungen zu finanzieren.

2.6

Hessen

Ende 2011 verabschiedete der hessische Landtag die Schuldenbremse in der Landesverfassung. Da Verfassungsänderungen der Zustimmung des Volkes bedürfen, fand im März 2012 eine Volksabstimmung statt. Eine Mehrheit von siebzig Prozent sprach sich dabei für die Schuldenbremse in der Landesverfassung aus 14. Die Regelungen in Art. 141 Absatz 1 Hessische Landesverfassung (LVH) entsprechen den Vorgaben im Grundgesetz. Art. 161 LVH bestimmt, dass die Neuregelungen erstmals für das Haushaltsjahr 2020 anzuwenden sind. Ein Ausführungsgesetz für den Art. 141 LHV ist vom Landtag im Juni 2013 verabschiedet worden und trat am 01.01.2015 in Kraft. Das 13 14

s. Hennecke, Schuldenbremse in ZG 2014 Vgl. FAZ vom 28. März 2011

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2Die Schuldenbremse in den Regelungen der Bundesländer Art.-114-Gesetz bestimmt, dass die Feststellung von Kreditaufnahmen aufgrund von Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Notsituationen einen Beschluss von zwei Dritteln der Mitglieder des Landtages benötigen. Zudem muss ein Tilgungsplan verabschiedet werden, welcher in sieben Jahren die Kredite zurückführen soll. Ansonsten nutzt das Ausführungsgesetz alle grundgesetzlichen Vorgaben einschließlich der Einrichtung eines Kontrollkontos vollständig aus. Ab dem Haushaltsjahr 2015 soll die Neuverschuldung um 20 Prozent unter der bereinigten Kreditaufnahme des Jahres 2014 liegen, so dass im Jahre 2020 die Neuverschuldung auf Null erzielt wird. In Art. 141 Absatz 1 LVH ist zudem eine verfassungsrechtliche Einnahmeverantwortung normiert, die auch die Landesregierung bei ihrem Abstimmungsverhalten im Bundesrat in die Pflicht nimmt. Damit wurde eine Sichtweise aufgegriffen, die bislang in den Länder-Schuldenbremsen einmalig ist. Denn bislang überwiegt die Sichtweise auf die staatliche Ausgabenseite. Um zu vermeiden, dass die Einführung der Schuldengrenze zu einer Lastenverschiebung vom Land auf die Kommunen führt, bleibt im Art. 141 Absatz 2 LVH die Verantwortung des Landes nach Art. 137 Absatz 5 LVH für eine angemessene Finanzausstattung der hessischen Kommunen unberührt.

2.7

Mecklenburg-Vorpommern

Eine sehr schlanke Regelung findet sich in der Landesverfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern. In Art. 65 Absatz 2 LV M-V ist der Grundsatz des Verschuldungsverbotes normiert und die Ausnahmetatbestände aus dem Grundgesetz aufgeführt. Die Änderung tritt erst zum 01. Januar 2020 in Kraft. 15 Es wird auf ein Ausführungsgesetz verwiesen, welches jedoch noch nicht vorliegt aber bis 2016 von der Landesregierung geplant ist. In der Übergangszeit bis 2020 regelt die Einfügung des Art. 79a LV M-V, dass die jährlichen Haushalte ab 2012 so aufzustellen sind, dass die Vorgabe der landesverfassungsrechtlichen Schuldenbremse 2020 erfüllt wird.

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Vgl. GVBl. für Mecklenburg-Vorpommern 2011, Nr. 12 vom 15.07.2011, S. 375

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2Die Schuldenbremse in den Regelungen der Bundesländer 2.8

Hamburg

Das Land Hamburg hat analog den Vorgaben des Art. 109 Absatz 3 Grundgesetz eine landesverfassungsrechtliche Schuldenbremse in Art. 72 LV Hamburg eingeführt. Vom Grundsatz des Verschuldungsverbots gibt es abweichende Ausnahmetatbestände, die den Vorgaben des Grundgesetzes entsprechen. Wie in anderen Bundesländern auch, bedarf es einer 2/3-Mehrheit in der Bürgerschaft sowie einer Tilgungsregelung, wenn neue Kredite bei Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Ereignissen aufgenommen werden sollen. Auch in Hamburg wird auf ein Ausführungsgesetz verwiesen, welches gegenwärtig noch nicht vorliegt. Analog zur Regelung in Mecklenburg-Vorpommern gibt es eine Übergangsregelung in Art. 72a LV Hamburg, die ab den Haushaltsjahr 2013 eine Haushaltsdisziplin verlangt, die zu einer Rückführung des strukturellen Defizits bis 2019 führen soll. Um sicherzustellen, dass dieses Ziel erreicht wird, hat die Bürgerschaft Ende 2012 ein Finanzrahmengesetz beschlossen, welches verbindliche Obergrenzen für die Veranschlagung der bereinigten Ausgaben von 2013 bis 2020 festlegt.16

2.9

Sachsen

In Sachsen scheiterte der erste Anlauf für eine Verfassungsänderung zur Einführung einer Schuldenbremse Anfang 2012 an der mangelnden 2/3-Mehrheit. Die Oppositionsparteien haben sich dann in einem zweiten Versuch im April 2013 in einem gemeinsamen Antrag von CDU, SPD, FDP und Bündnis/Die Grünen angeschlossen. In Art. 95 LV SN werden in Absatz 1 Kreditaufnahmen unter Gesetzesvorbehalt gestellt. In Absatz 2 ist das grundsätzliche Verschuldungsverbot normiert. In Absatz 4 ist die Verschuldungsmöglichkeit aus konjunkturellen Gründen festgeschrieben. Die Konjunkturkomponente ist in der Verfassung definiert. Demnach ist dafür Voraussetzung, dass die durchschnittlichen Steuereinnahmen der vergangenen vier Jahre, welche dann die Normallage definieren, um mindestens drei Prozent unterschritten werden. In der Gesetzesbegründung wird darauf hingewiesen, dass Einflüsse aus Steuerrechtsänderungen herausgerechnet werden müssen. Dies entspricht einer grundgesetzkonformen Regelung.17 16 17

Vgl. HambgGVBl. 2013, Nr. 1 vom 04.01.2013, Seite 8 Vgl. Meyer, Schuldenbremse, S. 198

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2Die Schuldenbremse in den Regelungen der Bundesländer Ein Ausführungsgesetz soll das Bereinigungsverfahren näher definieren. Interessant ist die eindeutige kommunale Finanzausstattungsgarantie in Art. 95 Absatz 3 LV SN: „Vom Verbot der Kreditaufnahme bleiben die Rechte der kommunalen Träger der Selbstverwaltung nach Art. 85 und Art. 87 unberührt.“ Damit wird die kommunale Finanzausstattungsgarantie in Sachsen eindeutig von der Schuldenbremse ausgenommen.

2.10 Bayern Im Herbst 2012 konnten sich die Fraktionen von CSU, SPD, Freien Wählern und FDP im bayrischen Landtag auf einen gemeinsamen Gesetzentwurf zur Änderung der Landesverfassung verständigen. Auch in Bayern musste diese Änderung der Landesverfassung in einem Volksentscheid bestätigt werden. Gemeinsam mit der Landtagswahl am 15.09.2013 erfolgte diese Abstimmung, die eine breite Mehrheit fand. Die Verfassungsänderungen treten am 01.01.2020 in Kraft. Die Schuldenbremse ist dann in Art. 82 der LV BY in sehr schlanker Form analog zum Grundgesetz normiert. Die Kommunen finden dabei keine Erwähnung. Als Übergangsregelung funktioniert die im Jahre 2006 geänderte Landeshaushaltsordnung. Art. 18 LHO sieht vor, dass der Haushalt regelmäßig ohne Einnahmen aus Krediten ausgeglichen werden soll. Das strukturelle Neuverschuldungsverbot ist dabei keine strikte Vorgabe, sondern eine „Soll-Vorschrift“. Auch die Komponenten aus Art. 109 Absatz 3 Grundgesetz sind nicht eingearbeitet. Letztlich ist dort nur ein Gebot des Haushaltsausgleichs ohne Kreditaufnahme mit den Bestandteilen der alten investitionsbezogenen Kreditermächtigung festgelegt.

2.11 Niedersachsen Ähnlich wie in Hessen, ist es in Niedersachsen bislang nicht gelungen, eine verfassungsändernde 2/3-Mehrheit im Landtag für die Implementierung einer Schuldenbremse in die Landesverfassung zu bekommen. Die letzte CDU/FDP-Landesregierung verabschiedete daher im Jahre 2012 eine Änderung der Landeshaushaltsordnung. Eingefügt wurde hier der § 18a LHO, der eine Nettoneuverschuldung von Null ab dem

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2Die Schuldenbremse in den Regelungen der Bundesländer Jahr 2017 vorsieht sowie einen linearen Abbaupfad in absoluten Zahlen für die Jahre 2014 bis 2016. In der Koalitionsvereinbarung von SPD und Grüne heißt es zu diesem Thema: „Die rot-grüne Koalition wird die Schuldenbremse des Grundgesetzes umsetzen und landesrechtlich verankern. Dafür strebt sie eine breite Mehrheit im Landtag an. Die abgelöste Landesregierung hinterlässt 2013 trotz zusätzlicher Vermögensveräußerungen in Höhe von 400 Millionen Euro rund 900 Millionen Euro neue Schulden aus alten und neuen Kreditermächtigungen. Die rot-grüne Koalition wird das strukturelle Defizit abbauen und die noch bestehende Nettoneuverschuldung kontinuierlich absenken, um so früh wie möglich – aber spätestens 2020 – einen Haushalt ohne neue Schulden zu erreichen. Grundlage wird eine sparsame Haushaltsführung sein, die aber nicht zu Lasten der staatlichen Handlungsfähigkeit und auf Kosten von Zukunftsinvestitionen gehen darf. Die rot-grüne Koalition wird deshalb zur Finanzierung der notwendigen Aufgaben auch die Einnahmeverantwortung der Landesregierung wahrnehmen. Die Schuldenbremse wird keine Schlupflöcher enthalten. Es wird künftig keine Verlagerung von Schulden des Landes in Schattenhaushalte, in Eigenbetriebe oder Landesbeteiligungen geben. Einnahmen aus der Veräußerung von Landesvermögen werden künftig reinvestiert oder zur Schuldentilgung eingesetzt. Ebenso wird es keine Umgehung der Schuldenbremse durch PPP-Projekte geben. In der Regel ist dieses Instrument zu risikoreich und daher ungeeignet zur Finanzierung staatlicher Aufgaben. Nur wenn im Einzelfall eindeutig und öffentlich transparent überprüfbar nachgewiesen wird, dass eine private Finanzierung für öffentliche Haushalte mit klaren finanziellen Vorteilen verbunden ist und auch auf lange Sicht dem Staat keine finanziellen Nachteile entstehen, kann dies eine Option sein. Die rot-grüne Koalition will die Kommunen mit einer Verfassungsänderung davor schützen, dass das Land das Verbot einer strukturellen Neuverschuldung zu ihren Lasten umsetzt. Die Beteiligungsrechte der Kommunen an steuerpolitischen Entscheidungen im Bundesrat und die kommunale Finanzausstattung betreffende Entscheidungen im Land werden durch Einrichtung einer gemeinsamen Finanzkommission von Land und Kommunen gestärkt.“18 Das Land Niedersachsen hat immer noch mit einer sehr hohen strukturellen Neuverschuldung zu kämpfen. Es wird eine große Kraftanstrengung bedeuten, das strukturelle Defizit bis 2020 auf Null zu setzen. Im März 2013 brachte die CDU-Oppositionsfrak18

s. Koalitionsvereinbarung von SPD und Grüne 2013 bis 2017, Seite 21

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2Die Schuldenbremse in den Regelungen der Bundesländer tion nochmal einen Verfassungsänderungsantrag in den Landtag ein, der jedoch wiederholt keine Mehrheit fand. Der Finanzminister betonte in der Debatte, dass erst einmal die Frage beantwortet werden muss, wie die Neuverschuldung strukturell reduziert werden kann.19 Die Regierungsfraktionen von SPD und Grüne brachten im August einen Entschließungsantrag ein, womit die Landesregierung aufgefordert wird, über den Bundesrat eine verbesserte öffentliche Einnahmesituation zu erreichen.20 Bislang wurden keine weiteren Regelungen zur Schuldenbremse im Landtag verabschiedet.

2.12 Thüringen Im Land Thüringen kam bislang keine verfassungsändernde Mehrheit zusammen. Daher wurde die Schuldenbremse 2009 in der Landeshaushaltsordnung normiert. § 18 Absatz 1 LHO legt fest, dass der Haushalt ohne Einnahmen aus Krediten zu bestreiten ist. Die Konjunkturkomponente wird in Absatz 2 Nr. 1 dahingehend konkretisiert, dass eine Kreditnahme zum Ausgleich von Einnahmeausfällen bis zu der Höhe zulässig ist, in der die geplanten Einnahmen aus Steuern und aus dem Länderfinanzausgleich den Durchschnitt der entsprechenden kassenmäßigen Einnahmen der drei dem Jahr der Haushaltsaufstellung vorangegangen Jahre unterschreitet. Das ist eine durchaus grundgesetzlich strittige Vorgehensweise,21weil diese Berechnung nicht unterscheidet, ob die Einnahmeausfälle konjunkturbedingt sind oder aufgrund von (bundesgesetzlichen) Steuerrechtsänderungen zu Stande gekommen sind. Insofern werden unzulässigerweise die konjunkturbedingte und die strukturelle Verschuldung vermischt. Der Absatz 2 sieht auch die anderen beiden Tatbestandsmerkmale nach dem Grundgesetz als Ausnahme für eine Verschuldung vor. Gemäß § 18 Absatz 3 LHO müssen Kredite, die nach Absatz 2 aufgenommen werden, in einem Tilgungsplan auf fünf Jahre verbindlich getilgt werden. Die Tilgung kann ausgesetzt werden, wenn eine Kreditaufnahme nach Absatz 2 zulässig wäre. Auf die Einrichtung eines Kontrollkontos hat das Land Thüringen verzichtet. Die flexible konjunkturangepasste Tilgung von Krediten könnte jedoch im Haushaltsvollzug eine ähnliche Funktion übernehmen. 19 20 21

Plenarprotokoll 3. Plenarsitzung am 13. März 2013 Drucksache 17/459 vom 20.08.2013 (Der Antrag enthielt neun konkrete Punkte zur Steuerrechtsänderung) s. Meyer, Schuldenbremse, S. 219

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2Die Schuldenbremse in den Regelungen der Bundesländer

2.13 Baden-Württemberg Obwohl der damalige Ministerpräsident Oettinger als Co-Vorsitzender der Föderalismuskommission II die Schuldenbremse maßgeblich mitverhandelt hat, gibt es im Land Baden-Württemberg bislang keine Schuldenbremse in der Landesverfassung. Zu erklären ist das mit dem Regierungswechsel 2011. Regierung und Opposition konnten sich bislang nicht auf den Konsolidierungspfad einigen22. Mit dem Haushaltsbegleitgesetz 2013/2014 wurde jedoch eine grundgesetzkonforme Schuldenbremse in § 18 der Landeshaushaltsordnung verabschiedet. In Absatz 2 ist geregelt, dass längstens bis 2019 Kredite zum Haushaltsausgleich aufgenommen werden dürfen. Der Abbau der Neuverschuldung soll 2013 beginnen und in gleichmäßigen Schritten fortgeführt werden. § 18 Absatz 6 LHO regelt die Verschuldung bei Naturkatastrophen mit einem verbindlichen Tilgungsplan. Anders als in anderen Bundesländern reicht hierfür eine einfache Mehrheit im Stuttgarter Landtag. In § 18 Absatz 3 LHO wurde für die Übergangsphase bis 2019 eine „Steuerschwankungskomponente“ geschaffen. Bei einer von der Normallage abweichenden Entwicklung der Nettosteuereinnahmen dient die Steuerschwankungsreserve als „Puffer“. Diese bemisst sich nach § 18 Absatz 3 Satz 4 LHO aus dem Unterschied zwischen den Nettosteuereinnahmen und dem langfristigen Nettosteuereinnahmeniveau (sog. Trendsteuereinnahmen). Bis 2019 werden die Trendsteuereinnahmen eines Haushaltsjahres „entsprechend dem Produkt der Trendsteuereinnahmen des Vorjahres und der durchschnittlichen Wachstumsrate der Nettosteueraufkommen der letzten 30 Jahre ermittelt“. 23 In Absatz 5 sind Regelungen für das Kontrollkonto getroffen.

2.14 Brandenburg und Nordrhein-Westfalen Im Land Brandenburg fand sich bislang keine Mehrheit im Landtag für eine landesrechtliche Verankerung der Schuldenbremse. Auch die Landeshaushaltsordnung wurde nicht geändert.

22 23

Vgl. Hennecke, S. 216 Vgl. Hennecke, S. 217

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2Die Schuldenbremse in den Regelungen der Bundesländer Auch im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen ist es bislang nicht zur Einführung einer landesrechtlichen Schuldenbremse gekommen. Die Landtagsmehrheit aus SPD und Grüne haben entsprechende Oppositionsanträge abgelehnt. Problematisch scheint, dass ein „konsistenter strikter Konsolidierungskurs nicht zu erkennen“24 ist. Die Landesregierung hat sogar deutlich gemacht, dass ohne zusätzliche Unterstützung des Bundes die Schuldenbremse 2020 nicht einzuhalten ist. Im Finanzplan 2012 bis 2016 heißt es wörtlich: „Die Gesundung des Landeshaushaltes und die Entlastung der kommunalen Finanzsituation hängen auch ganz wesentlich mit den finanzpolitischen Aktivitäten des Bundes zusammen.“ Im Juli 2013 setzte der Landtag eine Kommission zur Modernisierung der Landesverfassung ein. Diese Kommission soll auch Vorschläge zu landesrechtlichen Regelung der Schuldenbremse machen.

3 Wirkung der Schuldenbremse im Grundgesetz für die Bundesländer In der Vergangenheit wurde immer wieder bezweifelt, ob die für die Bundesländer im Grundgesetz geregelte Schuldenbremse gegen Verfassungsrecht verstoßen könnte. Immerhin wurden strenge Vorgaben (ab 2020) gemacht, die in die jeweiligen Landeshaushalte eingreifen. Grundlage für eine solche verfassungsrechtliche Prüfung ist Art. 79 Absatz 3 Grundgesetz. Dort heißt es: „Eine Änderung dieses Grundgesetzes, durch welche die Gliederung des Bundes in Länder, die grundsätzliche Mitwirkung der Länder bei der Gesetzgebung oder die in den Artikeln 1 und 20 niedergelegten Grundsätze berührt werden, ist unzulässig.“ In diesem Artikel wurden die Prinzipien des Staatsaufbaus mit einer sogenannten Ewigkeitsgarantie versehen. Die Schuldenbremse müsste demnach gegen die bundesstaatliche Ordnung verstoßen. Nach h.M. wird diese juristische Sichtweise abgelehnt. Es wird die Auffassung vertreten, dass „weder die Staatsqualität der Länder noch der Charakter der Bundesrepublik Deutschland als Bundesstaat ernsthaft von einem unbeschränkten Recht der Länder abhängig ist, sich zu verschulden.“25Wenn überhaupt, umfasst nach Burgbacher die Ewigkeitsgarantie des Art. 79 III Grundgesetz in diesem Zusammenhang nur, dass die Selbstständigkeit und Unabhängigkeit der Haushaltswirtschaft der verschiedenen Haushaltsträger nicht vollständig beseitigt werden darf. Die formelle Haushaltsautono24 25

Vgl. Hennecke, S. 217 Vgl. Burgbacher, NJW 2009

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3Wirkung der Schuldenbremse im Grundgesetz für die Bundesländer mie und eine eigene inhaltliche Haushaltspolitik verbleibt bei den Ländern auch nach Einführung der Schuldenbremse. Zumal es weiterhin drei tatbestandliche Möglichkeiten der Verschuldung im Rahmen der Schuldenbremse gibt, die die Bundesländer selbst ausgestalten können. Schließlich bleibt einzuwenden, dass die Länder selbst im Bundesrat der Einführung der grundgesetzlichen Schuldenbremse zugestimmt haben. Ein Verstoß des Bundes gegen die Schuldenbremse kann auf dem Wege einer Normenkontrollklage nach Art. 93 Absatz 1 Nr. 2 Grundgesetz erfolgen. Verstößt der Bund gegen die Schuldenbremse, könnte ein Viertel der Mitglieder des Deutschen Bundestages oder eine Landesregierung klagen. Verstößt ein Bundesland gegen die grundgesetzliche Schuldenbremse kann gemäß der Norm auch nur eine Landesregierung, die Bundesregierung oder ein Viertel der Mitglieder des Deutschen Bundestages ein Normenkontrollantrag beim Bundesverfassungsgericht stellen. Sofern es keine landesverfassungsrechtlichen Regelungen gibt, kann eine Landesregierung nicht aus der Mitte des Landtages auf Einhaltung der Schuldenbremse verklagt werden.

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4Fazit und Ausblick – Werden die Staatsschulden ausgebremst?

4 Fazit und Ausblick – Werden die Staatsschulden ausgebremst? Die eigentliche Wirkung der Schuldenbremse wird erst ab 2020 absehbar sein. Das Bundesfinanzministerium geht für das Jahr 2014 von einem gesamtstaatlichen strukturellen Überschuss von einem Prozent des BIP und für die darauffolgenden Jahre bis 2018 von einem strukturellen Überschuss von 0,5 Prozent aus. In seiner jüngsten Stellungnahme des Beirates des Stabilitätsrates sieht die Prognose für die Bundesländer sehr unterschiedlich aus: „Im Ergebnis zeigt sich, dass die Länder in den kommenden Jahren vor sehr unterschiedlichen Herausforderungen stehen. Unter der vereinfachten Annahme eines allgemeinen Preisanstiegs von 2,0 % p.a. können die meisten Länder einschließlich ihrer Gemeinden ihre Ausgaben (in realer Rechnung) spürbar erhöhen, ohne die Defizitgrenze 2020 zu verfehlen. Unter den getroffenen Annahmen kann bei vier Ländern (Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Niedersachsen) die Ausgabenzuwachsrate höher ausfallen, als das von der Bundesregierung unterstellte (reale) gesamtwirtschaftliche Potenzialwachstum von gut 1 %. Bei weiteren vier Ländern (Berlin, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein) kann der Ausgabenanstieg in realer Rechnung immerhin noch mindestens 3⁄4 % betragen. Drei Länder (Brandenburg, Hessen, Sachsen) können sich noch geringe reale Zuwachsraten leisten, ein weiteres muss seine Ausgaben real leicht verringern (Mecklenburg-Vorpommern). Am größten ist der Konsolidierungsbedarf in vier Ländern (Bremen, Saarland, Sachsen-Anhalt, Thüringen), die ihre Ausgaben real merklich zurückführen müssen. Während bei dreien davon die nominalen Ausgaben weiterhin zunehmen können, muss das Saarland sogar diese kontinuierlich und spürbar reduzieren. Die Simulationen zeigen, dass die neuen Länder derzeit zwar eine relativ gute Finanzlage aufweisen, allerdings insbesondere wegen der rückläufigen Sondertransfers und der deutlich ungünstigeren demographischen Entwicklung grundsätzlich vor größeren Herausforderungen, als die alten Länder stehen. Insbesondere Sachsen-Anhalt und Thüringen sehen sich umfangreichen Konsolidierungsaufgaben gegenüber. Unter den alten Bundesländern weist das Saarland angesichts seines sehr hohen Ausgangsdefizits mit Abstand den größten Anpassungsbedarf auf.“26 Bei näherer Betrachtung wird auch deutlich, dass es auch nach 2020 neue Schulden geben wird. Dazu sind die Ausnahmetatbestände relativ großzügig. Die Schulden26

Vgl. Beirat des Stabilitätsrats vom 8. Dezember 2014 ,Zweite Stellungnahme Zur Einhaltung der Obergrenze für das strukturelle gesamtstaatliche Finanzierungsdefizit nach § 51 Absatz 2 HgrG, Seite 20

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4Fazit und Ausblick – Werden die Staatsschulden ausgebremst? bremse ist zunächst der Versuch, die Staatsverschuldung auf ein vermeintlich volkswirtschaftlich vertretbares Niveau zu dämpfen aber die Handlungsfähigkeit des Staates nicht zu gefährden. Ansätze wie bei der hessischen Schuldenbremse, auch die notwendigen staatlichen Einnahmen zu betrachten, scheinen in diesem Zusammenhang sehr wichtig zu sein. Ein Problem der in der Föderalismuskommission II eingeführten Schuldenbremse ist, dass keine echte Sanktionsmöglichkeit für den Fall vorgesehen ist, dass die Schuldengrenze nicht eingehalten wird. Gleichzeitig hat sich aber die Bundesrepublik Deutschland im Rahmen des europäischen Fiskalvertrages zu einer Schuldengrenze für den Gesamtstaat verpflichtet. Der Bund versucht daher in den laufenden Verhandlungen zu den Bund-Länder-Finanzbeziehungen schärfere Kontroll- und Sanktionsmöglichkeiten zur Schuldengrenze mit den Ländern zu vereinbaren. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble schlug kürzlich vor, dass sich die Länder auch nach 2020 noch mit 0,15 Prozent des BIP strukturell verschulden können. Der Bund würde sich dann auf eine strukturelle Verschuldung von 0,2 Prozent des BIP beschränken, so dass die Staatsverschuldung von Bund und Ländern bei 0,35 Prozent bleibt. Allerdings forderte Schäuble dafür Sanktionsmöglichkeiten zur Einhaltung der Schuldenbremse in den Ländern27. So fordert der Bund u.a., dass „der Stabilitätsrat seiner Rolle als Hüter der innerdeutschen Finanzstabilität vollumfänglich gerecht werden kann.“ Dazu soll er künftig auch die Einhaltung der bundes- und landesgesetzlichen Schuldenbremsen überwachen. Hierfür soll nach Vorstellung des Bundes der Stabilitätsrat auch Instrumente an die Hand bekommen. Insbesondere soll ein mehrstufiges sanktionsbewehrtes Verfahren bei Regelverstößen eingeführt und der Stabilitätsrat ein Klagerecht zur Einhaltung der Schuldenbremse vor dem Bundesverfassungsgericht bekommen28. Gerade das Klagerecht würde dem Stabilitätsrat erhebliche Befugnisse einräumen. Für die zukünftige Umsetzung der Schuldengrenze in der Praxis wird es entscheidend sein, ob sich Bund und Länder zumindest auf Kontrollmechanismen verständigen werden. Auch wird es in einigen Ländern bis 2019 noch zu notwendigen Nachbesserungen der eigenen Schuldenbremsen kommen müssen.

27 28

s. FAZ vom 12.09.2014 Die Forderungen wurden auf der MPK-Konferenz am 16./17. Oktober 2014 in Potsdam erörtert.

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5Literaturverzeichnis

5 Literaturverzeichnis

1.

Beirat des Stabilitätsrats vom 8. Dezember 2014, Zweite Stellungnahme zur Einhaltung der Obergrenze für das strukturelle gesamtstaatliche Finanzierungsdefizit nach § 51 Absatz 2 HGrG

2.

Hans-Günter Hennecke, „Umsetzung der Schuldenbremse des Art. 109 Abs. 3 S. 5 GG im Landes-(verfassungs-)recht“, Zeitschrift für Gesetzgebung (ZG), 03/2014

3.

Dr. Iris Kemmler „Schuldenbremse und Benchmarking im Bundesstaat“, DÖV 2009, Seite 549

4.

Prof. Dr. Christofer Lenz und Ernst Burgbacher, MdB „Die neue Schuldenbremse im Grundgesetz“, NJW 2009, Seite 2561

5. Astrid Meyer „Die sogenannte Schuldenbremse im Grundgesetz: Verfassungsmäßigkeit der Begrenzung der Kreditaufnahme der Länder und Umsetzung der Schuldenbegrenzungsregeln in den Ländern“, Verlag Dr. Kovac, Januar 2014 6.

Wissenschaftlicher Dienst des Bundestages, „Aktueller Begriff – Die Schuldenbremse im Grundgesetz“, Nr. 79/2009, Oktober 2009

7.

Wissenschaftlicher Dienst des Bundestages, „Aktueller Begriff – Europa – Fiskalvertrag“, Nr. 04/12, März 2012

8.

Alle Drucksachen und Plenarprotokolle wurden auf der Website des jeweiligen Parlaments abgerufen

Internetquellen: 1.

Website FAZ.net vom 12.09.2014, http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wirtschaftspolitik/schaeuble-will-schuldenbremsefuer-laender-lockern-13149130.html (abgerufen am 05.02.2015)

2.

Website Handelsblatt Online vom 26.05.2009, http://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/foederalismusreform-union-will-schuldenbremse-nicht-lockern/3184746.html (abgerufen am 05.02.2015)

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5Literaturverzeichnis

Erklärung Hiermit erkläre ich, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und ohne Benutzung anderer als der angegebenen Hilfsmittel angefertigt habe. Alle Stellen, die wörtlich oder sinngemäß aus veröffentlichten und nicht veröffentlichten Schriften entnommen wurden, sind als solche kenntlich gemacht. Die Arbeit ist in gleicher oder ähnlicher Form oder auszugsweise im Rahmen einer anderen Prüfung noch nicht vorgelegt worden.

Blankenburg, den 06. Februar 2015

Oliver Lindner

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