PIGMENTPOL_Broschüre A4_20Seiten_Inselspiel

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MODUL ORDNUNG INSELSPIEL

DEMOKRATISCHE KOMPETENZEN MODUL ORDNUNG


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MODUL ORDNUNG INSELSPIEL

EINLEITUNG BAUSTEIN KOMPAKT

Das folgende Kapitel beschreibt den Modul-Baustein Inselspiel, in dem die Gründung einer Gesellschaftsordnung auf einer verlassenen Insel simuliert wird. Das Inselspiel ist ein genetisches Planspiel: Die Teilnehmenden werden in eine Situation ohne Grundregeln versetzt, in der sie Gestaltungsspielräume entdecken, in mehreren Phasen ihren eigenen Gesellschaftsentwurf entwickeln und eigene Vorstellungen umsetzen. Die Methode lässt Freiheit für individuelle und gemeinsame Entscheidungen und bietet einen geschützten Raum, um die Konsequenzen dieser Umsetzungen zu durchleben. Die Teilnehmenden werden im Spielverlauf immer tiefer in Handlungen verwickelt, durchlaufen gruppendynamische Prozesse und eine angeleitete Reflexion der eigenen und gemeinschaftlichen Entscheidungen. Dabei involviert dieser Baustein die Mitspielenden auf emotionaler Ebene.

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ZIELBESCHREIBUNG

Die Teilnehmenden gründen eine eigene Gesellschaft mit eigenen Regeln und Normen und erleben in diesem Simulationsprozess auch die Konsequenzen ihrer Entscheidungen. Sie führen einen Diskurs über die Ausgestaltung einer Gesellschaftsordnung und erkennen Auswirkungen auf eine Gemeinschaft. Abstrakte politische Prozesse werden in diesem Aushandlungsprozess für den Einzelnen erlebbar.

INHALTLICHE EINFÜHRUNG

Im Inselspiel wandert eine Gruppe von Personen auf eine imaginäre, von der Außenwelt vollkommen isolierte Insel aus und wird vor die zentrale Frage gestellt, wie sie dort ihr Leben neu gestalten soll. Auf der Insel können alle Grundbedürfnisse befriedigt werden, sodass sich die Spielenden auf die Gestaltung ihres Gesellschaftsentwurfs konzentrieren können. Im Spielverlauf werden weitere Güter und Situationen eingeführt, die über Grundbedürfnisse hinausgehen und Ungleichgewichte in der Gemeinschaft erzeugen. Das Spiel führt die Teilnehmenden zu den Anfängen eines politischen Gemeinwesens zurück, um Verfahrensweisen, Normen und Institutionen neu zu verhandeln. Zu Spielbeginn geht es um gesellschaftliche Grundthemen, z. B. um Macht, Arbeit, Eigentum oder Soziales. Die Mitspielenden werden dabei vor immer differenziertere Probleme gestellt, die sie in ihrer Gemeinschaft bewältigen müssen. Mithilfe schöpferisch-kreativer Lösungen sind vor allem Entscheidungsfragen und Verteilungskonflikte innerhalb der Gruppe zu klären. Dementsprechend sind die im Spiel enthaltenen Materialien so konzipiert, dass sie die Mitspielenden zu diesen Konflikten hinführen. Während der

einzelnen Spielphasen gelangen die Teilnehmenden zu ihrer eigenen Inselordnung und richten ihr Inselleben daran aus. In der Reflexionsphase des Inselspiels werden die Prozesse analysiert, die zu diesen Regeln geführt haben, die geschriebenen und ungeschriebenen Regeln der Gemeinschaft untersucht und die entstandene Inselgesellschaft bewertet. Eine weitere wichtige Erfahrung, die die Jugendlichen beim Inselspiel machen, ist die Komplexität und Dauer von Aushandlungsprozessen in Gruppen. Hier können abstrakte politische Prozesse für die Teilnehmenden erlebbar und die Schwierigkeiten bei einer Entscheidungsfindung reflektiert werden.

THEMATISCHE ANSCHLUSSMÖGLICHKEITEN

Theorien der Staatsformenlehre Ordnungssysteme  Migration  Partizipation  Beschäftigung  Eigentum  demografischer Wandel  Fremdenfeindlichkeit  Gewalt  gesellschaftliche Extreme  

Das Spiel enthält Ereigniskarten, die diese Themen berücksichtigen. Das Inselspiel kann von den Durchführenden auch dazu genutzt werden, Sozialstrukturen im Gruppen- oder Klassenverband zu thematisieren, z. B. Ausgrenzung oder gegenseitige Unterstützung.


EN G UN G IN D E B Gruppenstärke 6 bis max. 30 Teilnehmende Empfehlung 20 Teilnehmende Raumanforderungen Großer Seminarraum Zeit mind. 4 Stunden besser 1 Tag

EN I L IA R E T MA

Spielobjekte

Abstimmungs mechanismen (auf CD-Rom) 

Arbeitsblatt

Zusätzliche Materialien Beamer, Laptop, Tontechnik Im Koffer enthalten Papier A4 oder Brettchen Einführungspräsentation Papier A3 Inselprospekt Metaplankarten Inselpass Pinnwand Arbeitsblatt Hoffnungen, Träume, Wünsche Häuser Inselkarte Ereigniskarten Impulskarten 

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SPIELVERLAUF

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ÜBERSICHT DES SPIELVERLAUFS INSELSPIEL EINFÜHRUNGSPHASE 1. VORSTELLUNG DER INSEL

Präsentation, Inselprospekt

2. FORMULIERUNG VON HOFFNUNGEN, TRÄUMEN UND WÜNSCHEN FÜR DAS INSELLEBEN

Arbeitsblatt Hoffnungen, Träume, Wünsche

3. ERSTE INSELVERSAMMLUNG IDENTITÄTSBILDUNG UND VORSTELLUNGSRUNDE

Inselpass

Wie reisen wir auf die Insel? ca. 0,5–1 h

ORIENTIERUNGSPHASE 4. HÄUSERBEZUG

Häuser, Inselkarte

5. ZWEITE INSELVERSAMMLUNG: THEMENFINDUNG UND POSITIONSERKLÄRUNGEN

eventuell Impulskarten, Flipchart, Pinnwand

Wie wollen wir leben? ca. 0,5–1 h

ERARBEITUNGSPHASE 6. ERLANGEN DER SPIELOBJEKTE

Spielobjekte, A4-Papier o. Brettchen

7. DRITTE INSELVERSAMMLUNG VEREINBARUNG VON GRUNDREGELN

Impulskarten, Flipchart Pinnwand, Papier für die Inselverfassung Abstimmungsmechanismen

Wie wollen wir unsere Inselgesellschaft ordnen? ca. 1–2 h

ANWENDUNGSPHASE 8. INDIVIDUELLE POSITIONIERUNG ZU EREIGNISSEN

Ereigniskarten

9. VIERTE INSELVERSAMMLUNG: ENTSCHEIDUNGEN ÜBER LÖSUNGEN FÜR DIE EREIGNISSE

Wie funktioniert unsere Ordnung im Inselalltag? ca. 1,5–2 h

10. MODIFIZIERUNG, ERWEITERUNG DER GRUNDREGELN REFLEXIONSPHASE 11. REFLEXION DES INSELLEBENS

ALTERNATIVEN Die Planungshilfe enthält einen möglichen Spielverlauf, dieser führt stringent von außen geleitet zu einer Inselordnung. Die Spielphasen können auch für eigene Zielstellungen des Durchführenden variiert und vielfältig kombiniert werden. Eine mög-

Welche Prozesse haben stattgefunden? ca. 0,5–1 h liche Abwandlung besteht darin, die Jugendlichen gleich nach dem Bezug der Häuser in der Orientierungsphase mit Ereigniskarten zu konfrontieren. Dadurch wird die Notwendigkeit von Regeln und Strukturierung der Gesellschaft erfahrbar und die Spielgruppe

gestaltet den Prozess der Ordnungsgebung aus der Gruppe heraus und weniger spielleiterzentriert. Geschieht keine Formulierung von Regeln oder Hierarchisierung, werden Anarchie und deren Auswirkungen für die Mitspielenden erfahrbar. 5


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MODUL ORDNUNG INSELSPIEL

EINFÜHRUNGSPHASE Wie reisen wir auf die Insel? Einführung in die Spielsituation und Identitätsbildung der Mitspielenden.

1. VORSTELLUNG DER INSEL UNTERZIEL Die Teilnehmenden kennen die Rahmenbedingungen der Insel und sind motiviert. Die Teilnehmenden reisen imaginär auf eine Insel. Der/Die Spielleitende unterstützt diesen Prozess atmosphärisch durch die Präsentation über die Insel und den Inselprospekt. Beide Materialien eignen sich als niedrigschwelliger Ansatz für eine breite Zielgruppe. Die vage Charakterisierung der Insel soll den Teilnehmenden möglichst viel Raum für eigene Fantasie und individuelle Vorstellungen geben. ACHTUNG STOLPERSTEIN! Es darf von der Insel aus nicht möglich sein, mit dem Festland in Kontakt zu treten; die Selbstversorgung der Gruppe wird autark gewährleistet. Diese Bedingung muss der oder die Spielleitende durchsetzen. TIPP Die Teilnehmenden können zu Beginn befragt werden ob Sie schon einmal Gedanken zum Auswandern auf eine Insel hatten und wie diese Vorstellungen aussahen, um eine mentale Einstimmung auf das Thema zu gewährleisten. ALTERNATIVE METHODE Eine Alternative zu diesem Einstieg stellt zum Beispiel eine Fantasiereise auf die Insel dar. Diese Methode ist geeignet für Gruppen, die damit schon gearbeitet haben.

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2. FORMULIERUNG VON HOFFNUNGEN, TRÄUMEN UND WÜNSCHEN FÜR DAS INSELLEBEN

3. ERSTE INSELVERSAMMLUNG: IDENTITÄTSBILDUNG UND VORSTELLUNGSRUNDE

UNTERZIEL Die persönlichen Antworten verdeutlichen den Teilnehmenden ihren individuellen Standpunkt zu Beginn des Spiels.

UNTERZIEL Schaffung einer Rollenidentität und Erzeugung erster Kontroversen.

Der/Die Spielleitende gibt das Arbeitsblatt Hoffnungen, Träume, Wünsche an die Teilnehmenden aus. Mit diesem Arbeitsblatt sollen sich die Mitspielenden vor der Ankunft auf der Insel strukturiert mit den eigenen Vorstellungen zum gemeinsamen Inselleben auseinandersetzen. LEITFRAGEN  Was ist Dir wichtig in unserer Gesellschaft?  Was fehlt Dir in unserer Gesellschaft?  Wie soll das Leben in der neuen Inselgemeinschaft aussehen? Das Arbeitsblatt dient der individuellen Positionsbestimmung, deshalb sollen die Antworten nicht im Plenum verglichen und diskutiert werden! TIPP Als atmosphärisches Element kann man das Wellenrauschen der Präsentation als Hintergrundgeräusch verwenden.

Die Spielleitung gibt den Teilnehmenden den Inselpass aus. Mit diesem kreieren die Teilnehmenden sich eine eigene Spielidentität und Rollenbiografie. Danach bittet die Spielleitung die Mitspieler_innen zur ersten Inselversammlung auf dem Dorfplatz der Insel, um sich mit ihrer neuen Identität vorzustellen.


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ORIENTIERUNGSPHASE Wie wollen wir leben? Die Teilnehmenden finden relevante Diskussionsthemen für ihre Gemeinschaft.

4. HÄUSERBEZUG UNTERZIEL Die Teilnehmenden führen erste Aushandlungsprozesse und finden eine vorläufige Gruppenstruktur. Die Spielleitung präsentiert den Mitspielenden die Inselkarte und bittet sie nun, sich mithilfe der Häuser imaginär eine Unterkunft auf der Insel zu errichten. Es gibt drei verschiedene Hausgrößen. Der Durchführende muss sich vorher überlegen, mit wie vielen Personen die Häuser belegt werden müssen, je nach Spielgruppengröße beispielsweise mit 2, 3 oder 4 Personen. LEITFRAGE  Wo und mit wem wollt ihr auf der Insel wohnen? TIPP Die Insel wirkt plastischer und ansprechender, wenn Höhenunterschiede durch Unterlegen von Gegenständen herausgeformt werden. Steht viel Zeit zur Verfügung, können den Teilnehmenden an dieser Stelle Materialien zur Verfügung gestellt werden, um die Insel weiter auszugestalten (beispielsweise Bausteine).

5. ZWEITE INSELVERSAMMLUNG: THEMENFINDUNG UND POSITIONSERKLÄRUNGEN UNTERZIEL Die Teilnehmenden entdecken relevante Themenstellungen. Die Spielleitung beruft eine zweite Versammlung aller Bewohner auf dem Dorfplatz ein, um zu klären, wie das Leben auf der Insel aussehen soll. Zunächst sollen die Teilnehmenden wichtige relevante Themen festlegen, für die es im Inselalltag Absprachen geben muss. Erfahrungsgemäß stehen Entscheidungs- und Verteilungsfragen im Mittelpunkt. Um alle Spielenden einzubinden, kann das zuerst in Partnergesprächen, später in Gruppengesprächen geschehen. Für fortgeschrittene Gruppen ist es auch denkbar, von außen keine Struktur vorzugeben. Die Themenfindung mündet in einer Plenumsdiskussion, in die auch mögliche Ausgestaltungsvorschläge eingebracht werden sollen.

ALTERNATIVE METHODE Sehr gut zur Themenfindung eignet sich auch die Methode „Sprechmühle“. Hier schlendern die Teilnehmenden zunächst auf dem Dorfplatz zu Musik umher. Wird die Musik unterbrochen, suchen sich die Teilnehmenden per Augenkontakt einen Partner und tauschen sich bis zum erneuten Einsetzen der Musik über die Fragestellung aus.

LEITFRAGE  Welche Fragen müssen wir für unser Zusammenleben auf der Insel klären? ACHTUNG STOLPERSTEIN! Da die Teilnehmenden ihre eigene Gesellschaftsordnung gestalten sollen, ist es wichtig, dass sie Themen aus sich heraus generieren. ACHTUNG STOLPERSTEIN! Die Teilnehmenden haben sich noch nicht auf eine Diskussionskultur geeinigt. Deshalb kann es in dieser Phase unter Umständen sehr lebhaft zugehen. Dennoch ist zu empfehlen, dass sich die Spielleitung im Hintergrund hält, da die Mitspielenden Vorschläge, Lösungen und eine Struktur selbst generieren sollen. 7


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UNTERZIEL Die Teilnehmenden entwickeln ihre kommunikativen Kompetenzen und eine produktive Streitkultur weiter. In einer ersten Diskussionsbilanz sollen kommunikative Probleme bei der Themenfindung reflektiert werden. LEITFRAGEN  Wie verlief die Diskussion?  Wie haben sich die Diskussions teilnehmer verhalten?  Was waren wichtige Punkte im Verlauf?  Welche Probleme können benannt werden?  Wie können wir diese Probleme lösen? THEMATISCHE ANSCHLUSSMÖGLICHKEIT Hier kann auch Bezug zum politischen System genommen werden und zu wahrgenommenen kommunikativen Problemen oder Verhaltensweisen im politischen Alltag. TIPP Die Teilnehmenden können motiviert werden die Kommunikaionsregeln selbst zu erarbeiten. TIPP Für die kommunikativen Probleme können beispielsweise eine Redeleitung gewählt, Rednerlisten erstellt, feste Redezeiten oder andere Diskussionsregeln vereinbart werden.

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TIPP Für inhaltliche Probleme können z. B. eine Agenda benutzt oder die beigefügten Impulskarten verwendet werden, die sich besonders für Gruppen eignen, denen es schwer fällt, die Themenvielfalt zu erfassen.

MODUL ORDNUNG INSELSPIEL

UNTERZIEL Die Teilnehmenden erkennen das Meinungsspektrum in der Gruppe und strukturieren ihre Diskussionsinhalte. Zum Abschluss der zweiten Inselversammlung bittet der/die Durchführende die Teilnehmenden, gefundene Themen und unterschiedliche Positionen zu visualisieren. Das kann beispielsweise mit Metaplankarten an einer Pinnwand, einer Themenwolke oder einer Matrix erfolgen.


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ERARBEITUNGSPHASE Wie wollen wir unsere Inselgesellschaft ordnen? Die Teilnehmenden entwerfen eine erste Inselverfassung.

6. ERLANGEN DER SPIELOBJEKTE UNTERZIEL Verteilungsprozesse zwischen den Teilnehmenden werden initiiert. Die Spielleitung leitet dazu über, dass die Gemeinschaft für den Alltag nützliche Spielobjekte auf der Insel findet. Die Inselbewohner müssen im Anschluss über deren Verteilung entscheiden. Ungleichgewichte können erzeugt werden, wenn zunächst einzelne Teilnehmende in den Besitz der Gegenstände kommen. ALTERNATIVE METHODE Zur Einführung der Gegenstände eignet sich eine Kooperationsübung. Die Inselobjekte könnten zum Beispiel „im Wasser“ liegen. Man kann auf Holzstämmen (A4-Papierbögen, kleine Brettchen o. ä.) über das Wasser balancieren, um die Gegenstände zu bergen. Aufgrund der gefährlichen Strömungen müssen die Teilnehmenden jedoch immer im Körperkontakt zu einer anderen Person auf der Insel bleiben. So bildet sich eine Menschenkette, die Gegenstände aus dem Wasser angelt. Tritt eine Person ins Wasser oder reißt die Menschenkette ab, versinkt der Gegenstand für immer.

7. DRITTE INSELVERSAMMLUNG: VEREINBARUNG VON GRUNDREGELN UNTERZIEL Entscheidungs- und Aushandlungsprozesse zwischen den Mitspielenden anregen. Die Teilnehmenden haben jetzt die Aufgabe, eine Inselverfassung zu erarbeiten. Das kann in einer Gesamtgruppe geschehen (besser geeignet für kleinere Spielgruppen), oder in Kleingruppen können mehrere Verfassungsentwürfe parallel ausgearbeitet werden, um dann gemeinsam darüber abzustimmen. LEITFRAGE  Welche Regeln wollt ihr in Euer Inselleben übernehmen, welche keinesfalls? ACHTUNG STOLPERSTEIN! Das gefundene Themenspektrum aus der Orientierungsphase ist hier einzubeziehen. In die Verfassung können aber auch zusätzliche Themenfelder integriert werden. Weitere Leitfragen zur thematischen Erarbeitung der Verfassung kann die Spielleitung über die Impulskarten einbringen. TIPP Zur Verdeutlichung der Relevanz einer Verfassung kann eventuell Bezug auf Streitfälle zwischen den Bewohner_innen genommen werden.

UNTERZIEL Die Teilnehmenden einigen sich auf gemeinsame Grundregeln. Die Inselbewohner_innen sollen sich nun auf einen Abstimmungsprozess einigen, welche Regeln in ihrer Inselverfassung festgeschrieben werden. LEITFRAGEN  Was ist das Streitthema?  Welche Lösungen sind möglich?  Welche Lösung soll umgesetzt werden?  Benötigen wir eine Regel?  Wie lautet unsere neue Regel? ACHTUNG STOLPERSTEIN! Wichtig ist, dass unterschiedliche Standpunkte zu einem Thema durch Einhaltung der vereinbarten Diskussionsregeln auch wirklich ausgetauscht werden können. Im Anschluss stellen die Bewohner_innen ihre Inselverfassung vor. Nun kann ein geregeltes Inselleben beginnen. TIPP Sollten sich die Bewohner_innen noch nicht oder nicht ausreichend über ihre Entscheidungsform unterhalten haben, bietet es sich an, das Arbeitsblatt Abstimmungsmechanismen als Impuls auszuteilen oder sogar es in Referatsform vorzustellen. ALTERNATIVE METHODE Unterschiedliche Standpunkte könnten für die Mitspielenden auch durch eine Konfliktlinie im Raum visualisiert werden, an der sich die Antagonisten positionieren.

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MODUL ORDNUNG INSELSPIEL

ANWENDUNGSPHASE Wie funktioniert unsere Ordnung im Inselalltag? Die Teilnehmenden formulieren zusammen weitere Regeln und setzen ihre vereinbarten Regeln im Inselleben um.

9. VIERTE INSELVERSAMMLUNG: ENTSCHEIDUNGEN ÜBER LÖSUNGEN FÜR DIE EREIGNISSE

8. INDIVIDUELLE POSITIONIERUNG ZU EREIGNISSEN UNTERZIEL Die Teilnehmenden entwerfen individuelle Lösungen für konkrete Problemstellungen. Die Spielleitung bringt jetzt die Ereigniskarten ins Spiel, diese enthalten verschiedene Konfliktsituationen und Geschehnisse. Die Teilnehmenden sollen nun individuelle Lösungen für ihr Vorgehen in diesen Situationen entwerfen. ALTERNATIVE METHODEN Ist genug Zeit vorhanden, können die Ereignisse willkürlich über einen längeren Zeitraum ins Inselleben einfließen. Die Ereignisse können auch an einzelne Mitspieler_innen ausgegeben werden, um individuelle Lösungsvorschläge zu erarbeiten. Ist wenig Zeit vorhanden, sollten für ausgewählte Ereigniskarten Lösungen in (Klein‑)Gruppen erarbeitet werden. Um eine bessere Identifikation der Spielenden mit dem Fall zu erreichen, können diese auch auf einer Wandtafel präsentiert werden, und die Gruppen wählen sich ihren Fall selbst aus. THEMATISCHE ANSCHLUSSMÖGLICHKEITEN  demografischer Wandel  Beschäftigung  Grundeinkommen  Besitz und Eigentum  Partizipation  soziale Verantwortung

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Die Ereigniskarten enthalten sowohl gesellschaftliche Verteilungsfragen als auch Entscheidungsfragen. Konzipiert wurden positive und negative Fälle, um eine Gesellschaft abzubilden. Im Verlauf der Zeit treten eine Verknappung von Arbeitskräften und damit einhergehend Versorgungsprobleme auf.

UNTERZIEL Die Mitspielenden erproben ihre Entscheidungsgremien und erfahren, was es bedeutet, nach selbst aufgestellten Regeln zu leben. Die Lösungsentwürfe werden durch ihre Urheber_innen in der Inselversammlung vorgestellt. Die Inselbewohner_innen sollen nun Entscheidungen fällen, wie zu verfahren ist. Dabei muss die Spielleitung darauf achten, dass die Entscheidungen mit der Inselverfassung konform sind. Eventuell müssen Verfassungsregeln verändert, neu formuliert oder gestrichen werden. LEITFRAGEN  Benötigen wir eine Regel für solche Fälle?  Welche Folgen hat es, wenn wir auf eine Regel verzichten?  Ist unsere Lösung verallgemeinerbar?  Wie könnte eine allgemeingültige Regel lauten? ACHTUNG STOLPERSTEIN! Der Spielleitung kommt hier eine Moderatorenrolle zu. Sie soll die Entscheidungen und die daraus resultierenden Auswirkungen auf die Gemeinschaft auch reflektieren. TIPP Da in dieser Phase der eigentliche Inselalltag nachgespielt wird, ist sie beliebig erweiterbar, auch auf mehrere Tage.


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MODUL ORDNUNG INSELSPIEL

REFLEXIONSPHASE Welche Prozesse haben stattgefunden? Die Teilnehmenden setzen sich kritisch mit der entstandenen Inselgesellschaft auseinander.

10. MODIFIZIEREN, ERWEITERN DER GRUNDREGELN Die neu formulierten, veränderten oder gestrichenen Verfassungsregeln werden von den Teilnehmenden in die Inselverfassung übernommen.

11. REFLEXION DES INSELLEBENS In dieser abschließenden Phase werden die Teilnehmenden dazu angeleitet, das Inselleben systematisch auszuwerten. Hierfür müssen sie zuerst aus ihren Rollen heraustreten. Der offene Verlauf der vorangegangenen Phasen stellt besondere Anforderungen an eine strukturierte Beurteilung.

ACHTUNG STOLPERSTEIN! Hier ist es wichtig, nicht nur auf die geschriebenen Regeln der Inselverfassung, sondern auch auf die nicht explizit formulierten Prozesse im Hintergrund des Spiels einzugehen. ALTERNATIVE METHODE Die Spielteilnehmenden können sich von ihren Rollen distanzieren, indem sie die Inselpässe und Inselobjekte an den/die Spielleitende(n) zurückgeben.

LEITFRAGEN  Welche Emotionen hattest Du während des Spiels?  Welche Emotionen hattest Du nach TIPP Für eine Reflexion des Insellebens in dem Spiel? Relation zu den ursprünglichen Gedanken  Wie hast Du Dich im Spiel verhalten? der Mitspielenden empfiehlt sich ein Blick  Was waren wichtige Punkte der Teilnehmenden auf das von ihnen aus (Wendepunkte, Höhepunkte, Tiefpunkte) gefüllte Arbeitsblatt Hoffnungen, Träume, im Inselleben? Wünsche.  Was waren Streitthemen?  Welche Gruppierungen gab es innerhalb der Inselgesellschaft?  Welche Werte hatte die Inselgesellschaft?  Welche Ziele hatte die Inselgesellschaft?  Wer besaß Güter oder Produktionsmittel?  Welche Institutionen wurden von der Inselgesellschaft gegründet?  Wer trägt Verantwortung für welche Entscheidungen?  Wer verfügte über Macht?  Wie wurde Macht durchgesetzt?  Welchen Charakter hatten die Aushan- lungsprozesse innerhalb der Gruppe?  Welchen Charakter haben einzelne Regeln?  Welchen Charakter hat die gegründete Inselgesellschaft?

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ERWARTUNGS HORIZONT

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Das Inselspiel involviert die Teilnehmenden über eine emotionale Ebene; dementsprechend lebhaft wird es zeitweise in den Spielgruppen. Darüber hinaus werden Prozesse mitunter unsystematisch verlaufen oder stagnieren; dadurch kann es zu Resignation oder Frustration bei den Teilnehmenden kommen. Diese Entwicklungen sind jedoch überaus bedeutend für den Erkenntnisprozess und für die Übertragung auf politische Systeme. Deshalb ist es wichtig, dass die Spielleitung diese Freiräume schafft, möglichst wenig eingreift und Emotionen bei den Teilnehmenden zulässt. Da der Prozess der Gesellschaftsbildung ergebnisoffen verläuft, ist eine Vorhersage nicht möglich. Für die Entscheidungsfindung innerhalb der Gruppen sind sowohl Mehrheitswahlsysteme als auch Verhältniswahlsysteme von Bedeutung. Viele Spielgruppen bilden als Entscheidungsgremium zunächst einen Rat mit einem/einer alternierenden Vorsitzenden. Als Orientierungshilfe dient das Arbeitsblatt Abstimmungsmechanismen. Oft gewinnen aber im Spielverlauf Kleingruppen oder einzelne Gruppenmitglieder großen Einfluss auf die Entscheidungen der gegründeten Gesellschaft. Wichtige Grundwerte sind zu Beginn des Spiels häufig Gerechtigkeit, Gleichheit, Freiheit und Gemeineigentum. Allerdings entwickeln sich in den einzelnen Gesellschaftsmodellen Grundwerte und Realitäten oft auseinander. So werden beispielsweise bestimmte Gruppen (Kranke, Alte oder Migrant_innen) aus der Gesell-

MODUL ORDNUNG INSELSPIEL

schaft ausgegrenzt, von der Insel verbannt oder sogar eliminiert; persönliche Freiheitsrechte werden zugunsten von gesellschaftlicher Sicherheit drastisch eingeschränkt oder Besitz und Eigentum gewinnen im Spielverlauf an Bedeutung. Die Evaluation zeigte: Die Teilnehmenden schätzen die Relevanz der Thematik und den eigenen Erkenntnisgewinn sehr hoch ein. Viele Befragte äußerten das Bedürfnis, sich weiterführend mit den Themen zu beschäftigen. Geäußert wurde oft, dass politische Prozesse nun besser verständlich seien und mehr Klarheit über Wechselwirkungen bestehe.

R U T A R E LIT

Diesem Baustein zugrunde liegende Texte zu Hintergrund, Durchführungsvarianten und Zielen von Inselspielen können hier nachgelesen werden: LANDESZENTRALE FÜR POLITISCHE BILDUNG BADEN-WÜRTTEMBERG: Politik & Unterricht. Zeitschrift für die Praxis der politischen Bildung. Heft 2/3-2006, Stuttgart 2006. PETRIK, ANDREAS: Lehrstück „Wir gründen eine Dorfgemeinschaft‘‘. Eine Einführung in demokratische Streitkultur, politische Urteils- und Identitätsbildung sowie gesellschaftstheoretisches Denken, Hamburg 2005.

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ARBEITSBLÄTTER Kopiervorlagen Arbeitsblatt Hoffnungen, Träume, Wünsche Inselprospekt „ Die Insel‘‘ Inselpass CD-Rom PowerPoint-Präsentation Arbeitsblatt Abstimmungsmechanismen alle anderen Arbeitsblätter

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1. WA GE S IS SE T D LL SC IR W HA IC F T HTI ? GI NU NS ER ER

ARBEITSBLATT HOFFNUNGEN, TRÄUME, WÜNSCHE

Über was freust Du Dich? Was gibt Dir Hoffnung? Was sind wichtige Werte? Was hast Du bis jetzt nicht erfüllt? Wo sind Ungerechtigkeiten? jeder, einer, ich, alle, Du, keiner, manche

3.

MODUL ORDNUNG INSELSPIEL

R RE E S UN N I IR D ? LT EH HAFT F AS LLSC W 2. ESE G

WI E INS SOL EL L D GE SE AS LE LLS BE CH N I AF N D TA US ER N E SE HE UEN N?


DIE INSEL

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MODUL ORDNUNG INSELSPIEL AuĂ&#x;enseite I Inselprospekt beidseitig kopieren und auf A5 falten.


Innenseite

Freut euch auf die „Insel des ewigen Sommers‘‘. Endlich kann man seine eigenen Entscheidungen treffen! Endlich kann man nach seinen eigenen Regeln leben! Endlich kann man eine eigene Gemeinschaft gründen! Gefragt sind Menschen, die endlich so leben wollen, wie sie es sich schon immer erträumt haben.

Die Insel befindet sich 315 km vor der afrikanischen Küste. Sie gehört nicht zum Hoheitsgebiet eines Landes. Aufgrund ihrer Unebenheiten und ihrer kleinen Fläche gibt es keine Möglichkeiten für Flugverkehr. Da sich starke Strömungen vor der Insel befinden, wird sie auch nicht von Schiffen angefahren.

Die kleine Insel vor der Küste Afrikas gehörte lange Zeit zum Kolonialgebiet von Europa. Seit dem 16. Jahrhundert war die Insel besiedelt. Fast 400 Jahre lebten auf der Insel Bauern/Bäuerinnen von Ackerbau und Viehzucht, Handel mit der Außenwelt betrieben sie nicht. Durch die Abgeschiedenheit der Insel bildeten sie eine eigene Sprache und eigene Kultur aus. Vereinzelte Seefahrer_innen berichteten von freundlichen Menschen mit jedoch teilweise seltsamen Ritualen. Noch heute findet man unerklärbare Steinzeichnungen dieser Einwohner. Vor nunmehr 50 Jahren verstarb die letzte Bewohnerin, seitdem ist die Insel ungenutzt.

Auf der Insel herrscht ganzjährig ein mildes Klima, sie wurde von den Einheimischen auch als „Insel des ewigen Sommers‘‘ bezeichnet. Von den ehemaligen Bewohnern sind noch ein Orangenhain und Getreidefelder zur Nutzung erhalten, auch gibt es noch einige Hühner. Aus den Resten der Häuser ehemaliger Bewohner können neue Blockhäuser gebaut werden. Außerdem ist ein mit Steinen befestigter Platz vorhanden, in dessen Mitte sich ein Trinkwasserbrunnen befindet. Die Insel verfügt über zwei herrliche Sandstrände, jedoch muss man vorsichtig beim Baden sein, da es im Wasser aufgrund der starken Strömung sehr gefährlich sein kann.

BESONDERHEITEN UND BEDINGUNGEN

ZUR GESCHICHTE DER INSEL

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MODUL ORDNUNG INSELSPIEL

VORGELAGERTE NIE BEWOHNTE INSEL

BERG

ACKERFLÄCHE

STRAND

ORANGENHAIN

VERSAMMLUNGSPLATZ UND BRUNNEN


Inselpass einseitig kopieren und auf A6 falten, mit dem Klipp am Band befestigen

Alter

Beruf auf der Insel

Name

INSELPASS

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MODUL ORDNUNG INSELSPIEL

Freizeitbesch채ftigung

Lieblingsessen

Was w체rdest Du tun, wenn Du auf der Insel einen Schatz f채ndest?


M U S S E R IMP

Produkt: Material- und Methodenkoffer zum Thema Ordnung Copyright: 2012 Stiftung Europäische Jugendbildungs- und Jugendbegegnungsstätte Weimar / Projekt Demokratische Kompetenzen im Diskurs entwickeln

Die Verwertung der Texte, Grafiken und Objekte ist ohne Zustimmung der Urheber rechtswidrig und strafbar. Das gilt auch für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und für die Verarbeitung mit elektronischen Systemen. Entwicklung und Umsetzung: Miriam Beier Karin Schreibeis | Christian-Friedrich Lohe | Frank Hofmann Gestaltung: neongrau. | www.neongrau.eu Konzeption: Ingo Seifert Druck + Produktion: pigmentpol, Dresden Besuchen Sie uns im Internet: www.demokratie-scouts.de www.ejbweimar.de

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EJBW Stiftung Europ채ische Jugendbildungs- und Jugendbegegnungsst채tte Weimar Jenaer Str. 2/4 D-99425 Weimar +49 (0) 3643 827-0 kontakt@ejbweimar.de www.ejbweimar.de


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