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Tausend tödliche Splitter lem Maßstab. Natürlich sind sie nützlich, sogar unverzichtbar – wie Schreibprogramme. Aber es war immer schon schwieriger, die passende Person zu finden als die passende Tatsache. Die wertvollste Ressource, die im Internet zur Verfügung steht, ist die Erfahrung und das Wissen von Menschen. Selbst heute, wo uns das Schreiben leicht gemacht wird, wissen die Experten so viel mehr, als sie jemals schriftlich festhalten; und Menschen nehmen an nichts so sehr Anteil wie an anderen Menschen. Zu ermöglichen, dass man mit Hilfe einer Suchmaschine die richtige Person finden (oder von ihr gefunden werden) kann, ist eine anspruchsvollere Herausforderung als die übliche Internetsuche. Kleine Teilbereiche dieser Aufgabe sind in Angriff genommen worden; in Zukunft aber werden wir dieses Problem lösen, statt uns mit den Früchten, die uns in den Mund hängen, zu begnügen.

Informationsflut Bekanntlich führt das Internet zu einer Informationsflut, die ein Problem mit zwei Aspekten ist: Einer zunehmenden Zahl von Quellen steht ein zunehmender Informationsfluss pro Quelle gegenüber. Der erste Aspekt ist der schwierigere: Es bereitet mehr Mühe, fünf Leuten zuzuhören, die gleichzeitig in normalem Tempo sprechen, als einer Person, die schnell spricht – besonders, wenn man diese Person um eine Pause oder eine Wiederholung bitten kann. (Und es ist anstrengender, die Lexington Avenue in New York entlangzufahren, wo der Verkehr um Hindernisse brandet und man von allen Seiten überholt wird, als in derselben Verkehrsdichte auf einer zweispurigen Autobahn.) Blogs und andere Anthologie-Websites kombinieren Informationen aus vielen Quellen. Wir werden die Informationsflut aber nicht in den Griff bekommen, solange nicht jeder Internetnutzer selbst entscheiden kann, welche Quellen er kombinieren möchte, und zu dieser Mischung die wichtigste Quelle überhaupt hinzufügen kann: seine persönlichen Informationen - EMails und andere Nachrichten, SMS, sein Tagebuch, Erinnerungsstützen, Dokumente aller Art.

Das Internet wird nie eine neue Ökonomie hervorbringen, die auf freiwilliger statt auf bezahlter Arbeit beruht; aber es kann dazu beitragen, die beste Wirtschaft aller Zeiten entstehen zu lassen, in der neue Märkte, zum Beispiel ein freier Bildungsmarkt, die Welt verändern. Eine gute Nachricht ist auch, dass das Netz die Universität, wie wir sie kennen, zerstören wird (von dem einen oder anderen besonders angesehenen oder schönen Campus abgesehen). Das Netz wird sich niemals in einen Geist verwandeln, aber es kann uns dabei helfen, unsere Denkgewohnheiten und auch den Geist der Zeit zum Besseren zu verändern. Doch befinden wir uns heute zugleich an einem gefährlichen Punkt: Virtuelle Universitäten sind eine gute Sache, virtuelle Nationen nicht. Virtuelle Nationen, deren Angehörige irgendwo leben können, solange sie übers Internet miteinander verbunden sind, drohen die Menschheit wie eine Glaskugel in tausend tödliche Splitter zu zerbrechen. Von virtuellen Nationen haben wir bereits eine erste Vorstellung bekommen: Al Qaida hat sie uns vermittelt.

Die Wolke wird gewinnen Eine praktische Frage: Wer wird das Tauziehen zwischen privaten Maschinen und der Rechnerwolke gewinnen? Werden wir unsere persönlichen Informationen auf unseren eigenen Geräten speichern oder auf namenlosen Servern irgendwo da draußen im Netz, oder auf beidem? Die Antwort ist: in der Wolke. Die Wolke wird sich um unsere privaten Geräte kümmern. Sie wird die


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