Diplom

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der kann – wie in der wirklichen Welt – Geld ausgeben. Und zwar echtes Geld; es wird lediglich vorher in Spielgeld gewechselt (Linden Dollar). Und im Second Life erworbenes Geld kann jederzeit in richtiges Geld eingetauscht werden. Wenn das allerdings zu viele Spieler machen, würde der Wechselkurs ins Bodenlose sinken. Mit echtem Geld kaufen sich die Teilnehmer am Chat z. B. Immobilien im Cyberspace, um damit anzugeben oder ein Geschäft einzurichten. Und als Avatar kann man auch reale Güter und Dienste innerhalb Second Life bequem bestellen. Getrieben wird der Status im Wesentlichen von dem, was man an realem Geld mitbringt. Ganz wenige Avatare machen im Second Life viele Linden-Dollars und erwerben damit online einen höheren Status. Für erfahrene Cyber-Abenteurer in den echten Multiplayer Online Role-Playing Online-Spielen ist Second Life uninteressant. „Warum soll ich mit jemanden Intimitäten austauschen, von dem ich noch nicht mal weiß ob er Männlein oder Weiblein ist“, fragt man sich in der Szene. Und Ruhm und Ehre kann so gut wie keiner erlangen – die Masse soll lediglich Geld ausgeben, von dem man im wirklichen Leben ohnehin zu wenig hat. Aber nur das echte Leben hält die Scheinwelt finanziell am Leben. Genau der große Nachteil von Second Life, nämlich die Notwendigkeit echtes Geld im Spiel auszugeben, ist der Vorteil der virtuellen Abenteuerwelten wie World of Warcraft. Dort fängt jeder Spieler bei Null an. Synthetische Kinder reicher Eltern, die dank einer Erbschaft

Startvorteile haben, gibt es nicht. Wer ein guter Kämpfer oder Zauberer ist, der also geachtet wird, muss sich diesen Status erspielt haben. Deswegen ist es bei fast allen diesen MMORPGs verboten, dass man sich spielstarke Figuren von anderen Spielern kauft, da das den Spielspaß kaputt macht. Es geschieht natürlich trotzdem. Um die MMORPGs nicht zu ruinieren hat deswegen eBay kürzlich den Handel mit Avataren, also virtuellen Charakteren, eingestellt. Man darf gespannt sein, ob dies etwas nutzt. Wenn nicht, werden die Betreiber von den MMORPGs über kurz oder lang so etwas wie eine Erbschaftssteuer einführen müssen, um wieder Gerechtigkeit und Spaß herzustellen. Probleme gibt es also auch in den synthetischen Welten. Aber: Bei den echten MultiplayerOnline-Spielen geht es um Ruhm und Ehre – bei Second Life nur ums konsumieren. Das reale Universum wird am Ende an maximaler Unordnung sterben. Das Parallel-Universum des Second Life wird an großer Langweile zu Grunde gehen. »«


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