Diplom

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SPERREN I von Christian KlaSS und Werner Pluta

Vorstellung

gewaltfreier Spiele Die Politik muss die Computerspiele finanziell unterstützen, statt immer nur gegen die gewalttätigen Spiele zu wettern, meinen Wissenschaftler. Sie haben auch schon eine Idee für ein friedliches Spiel.

Die Entwicklung gewaltfreier Computerspiele muss nach Ansicht des Ilmenauer Spieleforschers Klaus Jantke politisch mehr gefördert werden. „Wenn es allen so ernst ist, mit dem Kampf gegen all die Killerspiele – wo bleiben dann die Förderprogramme, um alternative Angebote zu entwickeln?“, fragt der Medienwissenschaftler. Der Spiele-Industrie könne es nicht übel genommen werden, dass sie lieber die am Markt erfolgreichen Spiele mit Gemetzelszenen weiterentwickele, anstatt sich an neue Themen zu wagen. Universitäten und Hochschulen hätten jedoch das Potenzial und die Ideen. Es fehle nur am politischen Willen, dies finanziell zu fördern. Greife die Politik nicht ein, entwickele die Industrie immer weiter Nachfolge-Varianten bewährter Spiele, sagte Jantke. Electronic Arts etwa, einer der größten Anbieter von Computerspielen, habe 2005 genau 26 Spiele auf den Markt gebracht – und nur eins sei eine Neuentwicklung gewesen. „Neue Themen aufzureißen ist immer risikovoll.“ Auch der Bau von Windrädern werde vor allem deshalb gefördert, weil er politisch gewollt sei. „Gewaltfreie Spiele, die begeistern, lassen sich ebenso nicht ohne Anschub-Finanzierung entwickeln“, sagte Jantke. Es bedürfe großer Anstrengungen in der Forschung. Dennoch sei er sicher, dass sich gewaltfreie Spiele mit allen Faszinationen schaffen ließen, die Killerspiele so erfolgreich machen. Der Nachholbedarf an wirklich guten und gewaltfreien Spielen sei aber unbestritten, erklärte Jantke. Gewalt-Spiele wie Counter-Strike seien für die Spieler vor allem deshalb so faszinierend, weil sie sich voll und ganz in die handelnden Personen hineinversetzen könnten. Gewaltfreie Spiele, die erfolgreich sein sollten, müssten daher diese Identifikation auch ermöglichen. Bei der Frage, wo die Grenzen dieser Identifikation sind, sei die Forschung aber noch ganz am Anfang. „Da wird viel geredet – aber wenig gewusst.“ Untersuchungen hätten ergeben, dass vor allem diejenigen Spiele Jugendliche

in ihren Bann ziehen, die eine Balance zwischen Selbst- und Unbestimmtheit bieten. „Das Gefühl, die Situation im Spiel auch durch Lernen mehr und mehr in den Griff zu bekommen, löst Faszination aus“, sagte Jantke. Er sei der festen Überzeugung, dass dafür kein Blut fließen muss. Eigenschaften wie Geschicklichkeit, Strategie oder Wettbewerb ließen sich auch in ein Spiel einbauen, wo ein Vogel versuche, auf bestimmte Ziele zu machen – etwa vor der Oper auf ein feines Kleid. Seine Spiele-Idee nannte Jantke Bugger Bird. „Gelingt es, dass der Spieler sich mit dem Vogel identifiziert, kann er dann auch dort von einem Super-Treffer sprechen.“ »«


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