MFG - Das Magazin / Ausgabe 51

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Zu Gast in Sankt Islam

Sinngemäß heißt es im Koran an einer

Für mich ist es unerklärlich, dass man von Österreich aus in ein Kriegsland geht um dort Menschen abzuschlachten. Wie erklären Sie sich das?

Stelle: ‚Warum denkt ihr denn nicht?‘ Also

Ich kann mir das auch nicht erklären. Wer

ja, der Mensch soll hinterfragen, auch

den Islam wirklich kennt, der kann auf

die eigene Ohnmacht. Zweifel mit guter

solche Fehlinformationen nicht reinfallen.

Absicht sind wohl keine Sünde. Im Islam

Diesen Leuten fehlt der Glaube. Wenn je-

kommt es aber immer sehr auf die Ab-

mand Dschihad machen will, dann muss

sicht an. Wenn man beispielsweise Soli-

er beim eigenen Ego anfangen. Dschi-

darität mit Palästinensern ausdrücken will,

had heißt ja, dass man regelmäßig betet,

dann ist der Protest legitim, wenn er gute

dass man sich für andere Menschen ein-

Absichten hat und auch richtig ausge-

setzt, dass man freiwillig fastet, dass man

übt wird. Aggressive Proteste zum Beispiel

selbstlos Schwächeren hilft. Aber in den

könnte ich nicht gutheißen. Viele Leute

Medien wird der Begriff immer wieder

reduzieren den Islam auf das Kopftuch

nur mit einem verrückten Krieg gleichge-

oder darauf, dass man fünf Mal am Tag

setzt. Die tägliche Mühe, die wir für unsere

betet. Der Islam will aber das ganze Le-

Gemeinschaft aufwenden, damit wir zu

ben regeln, eben einen guten, nützlichen

guten Menschen werden, das ist unser

Menschen schaffen. Vielleicht wirken wir

Dschihad. Uns treibt ja nicht Zivilcourage,

darum auch oft fremd. Jedenfalls müssen

sondern eine ehrliche Frömmigkeit an.

wir es schaffen, die Vorteile beider Welten

Das ist unser Gebet.

und Kulturen zu vereinen. Warum sollte ich etwa nicht in Österreich integriert sein, nur

Was sind eure nächsten Ziele?

weil ich eine besondere Kultur und eine

Wir haben viel erreicht, aber es liegt noch

besonderen Glauben habe?

viel vor uns. Wir möchten in den näch-

Oft geht es um Kultur, Wertvorstellungen und Traditionen, die vom Durchschnitt abweichen.

sten Jahren wachsen und Menschen mit

Da fällt mir ein Beispiel ein. Wir hatten da-

wir Jahr für Jahr, diese Erfolge wollen wir

mals Maturafeier und eine Dame, wahr-

gerade im Hinblick auf die gelungene

scheinlich die Oma einer Klassenkolle-

Integration in Zukunft stärker nach außen

gin, stand in meiner Nähe. Wir wollten ein

tragen. Unser Haus steht aber schon heute

Gruppenfoto machen und ich überlegte,

immer offen, wir freuen uns über Leute, die

wie ich die ältere Dame ansprechen soll,

sich ein Bild über uns machen wollen. Das

damit sie zu uns aufs Foto kommt. In un-

hilft allen, um Vorurteile abzubauen. Und

serer Kultur spricht man ältere Menschen

natürlich gibt’s auch immer was am Ge-

mit Oma oder Onkel an, das ist eine eh-

bäude zu reparieren – da wird uns nicht

renvolle Bezeichnung, auch wenn man

langweilig. Wir finanzieren uns ja nur aus

nicht verwandt ist. Hätte ich die Dame als

Mitgliedsbeiträgen und Spenden, und da

Oma angesprochen, hätte sie es aber si-

ist an einem so großen Haus nie alles fer-

cher als Beleidigung aufgefasst.

tig, wir arbeiten Stück für Stück weiter.

anderem kulturellen Hintergrund ansprechen. Durch die Jugendarbeit wachsen

Kein Kommentar

Michael Müllner Wenn es schwierig wird, kann man sich‘s auch einfach machen: „Kein Kommentar.“ Was bei Privatangelegenheiten legitim sein mag, wird zum Problem, wenn die bequeme Kein-Kommentar-Haltung ausufert. Es würde uns nämlich schon interessieren, wie eine Bank den massiven Vorwürfen von Gemeindepolitikern begegnet, sie hätte sich auf Kosten der Gemeindebürger unverfroren bereichert. Faire Berichterstattung in Medien wird erschwert, wenn sich einer aus der Diskussion ausklinkt. Besonders ärgerlich wird es, wenn jene schweigen, die eigentlich ganz viel zu sagen hätten. Wenn man sich nach „reiflicher Überlegung im Team“ entschließt nichts zu sagen, weil ... Sie wissen … alles heikel ... und die Medien sowieso alle so arg … Aber gerade wenn es heikel ist, wären Fachleute in der Pflicht, Medien dabei zu helfen ihre Arbeit besser zu machen. Sie müssten uns sogar in die Verantwortung nehmen, die Realität in all ihrer Komplexität und Problematik einzufangen und seriös darzustellen. Schweigen ist natürlich einfacher. Keine Gefahr falsch verstanden oder gar instrumentalisiert zu werden. Doch es ist ein Armutszeugnis, wenn sich etablierte Einrichtungen zu einem brandaktuellen und komplexen Thema in diesem Medium nicht äußern wollen. Auch wenn sich andere Experten finden und das Bild in Summe ohnedies stimmig ist – gerade als öffentlich finanzierte Einrichtung hat man einen Auftrag. Der besteht auch darin, die eigene Sinnhaftigkeit durch die eigene Kompetenz zu belegen. Schade darum. Denn Medien können mehr, als Fußballturniere mit einem Zweizeiler ankündigen, oder dann als nützlicher Kanal dienen, wenn wieder mal um die Subventionshöhe gekämpft wird. Und: die politischen „Masterminds“ sind gefordert ihre Fachleuten zu stärken – anstatt Maulkörbe umzuhängen.

MFG 09.14

Foto: Nomad_Soul/Fotolia.com

Eindruck, dass im Islam alles streng geregelt ist und Zweifel und Widerspruch nicht geduldet werden. Täuscht das?

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