Riesenaufwand für SB-Backwaren

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Spot für „Du darfst“ ist irreführend Hamburg. Das Landgericht Hamburg hat einen Spot von Unilever für die Marke „Du darfst“ als irreführend untersagt (Az.: 406 HKO 107/12). In der Werbung wurde versprochen, dass Kunden „auf nichts verzichten“ müssten. „Du hat keine Lust Kalorien zu zählen? Dann lass es doch einfach. Mit ‚Du darfst’ kannst du unbeschwert genießen. Greif einfach zu.“ Damit, so das Urteil, suggeriere die Werbung, dass man die Produkte essen könne, wie man wolle, ohne zuzunehmen. Tatsächlich enthielten aber auch viele kalorienreduzierte Lebensmittel eine hohe Energiedichte. Mur/lz 50-12

EU-Patent soll viel Geld sparen Brüssel. Nach jahrzehntelangen Diskussionen hat das Europäische Parlament diese Woche Grünes Licht für ein EU-Patent gegeben. Voraussichtlich ab 2014 können in 25 der 27 Unionsländer Erfindungen einheitlich und vor allem kostengünstiger geschützt werden. Nur Spanien und Italien machen wegen fehlenden Übersetzungen nicht mit. Die Kommission verspricht, dass die Kosten für ein EUweites Patent von rund 36 000 auf knapp 5 000 Euro sinken. lz 50-12

Schmelzkäse ist auch ein Käse Hamburg. Die Kennzeichnung als „Kartoffelgratin mit Käse“ ist nicht irreführend, wenn Schmelzkäse verwendet wird, hat das Landgericht Hamburg entschieden. Sie bedeute keine Vorspiegelung einer höherwertigen Beschaffenheit. Schmelzkäse sei zwar kein Käse im Sinne der Käseverordnung, werde aber vom Verbraucher als solcher angesprochen. Die Hamburger Rechtsanwältin Stefanie Hartwig begrüßt ein „zumindest im Ergebnis sehr schönes Urteil“. lz 50-12

Kommission macht bei Käfigeiern Ernst

Presse

Brüssel. Der neue EU-Gesundheitskommissar Tonio Borg kündigt für Anfang kommenden Jahres Klagen vor dem Europäischen Gerichtshof gegen EU-Länder an, in denen Legehennen verbotenerweise noch immer in traditionellen Käfigen gehalten werden. Deutschland droht ein Vertragsverletzungsverfahren – nicht wegen Käfighennen, aber wegen der rückständigen Schweinehaltung, berichtet die „Agrarzeitung“. Das ab 1. Januar 2013 geltende Verbot von Einzelbuchten für Zuchtsauen sei hierzulande, wie auch in Frankreich und Belgien, nicht zur Hälfte umgesetzt. lz 50-12

RECHT

LZ 50 14. Dezember 2012

Lebensmittelbuch in der Krise BMELV kündigt Neukonzeption an – Arbeit der Kommission weitgehend lahmgelegt – Ende der DLBK? Berlin. Die Fortschreibung des Deutschen Lebensmittelbuchs ist akut gefährdet, die Sacharbeit weitgehend zum Erliegen gekommen. Bundesernährungsministerin Ilse Aigner macht aus ihrer Unzufriedenheit mit der Lebensmittelbuchkommission keinen Hehl und kündigt Änderungen an.

AU F ME S S E R S S C H N E I D E F O T O S : B U N D E S R E G I E R U N G / L . C H A P E R O N , S T I F T U N G WA R E N T E S T

Lebensmittel Zeitung

Pro: Rehlender verteidigt die Leitsätze des Lebensmittelbuchs als anerkanntes Instrument der Marktbefriedung. Für die Aktualisierung fordert sie mehr Unterstützung.

50 Jahre alt wurde die Deutsche LeKontra: Aigner will das bensmittelbuch-Kommission (DLBK) Lebensmittelbuch für die letzen Monat, aber BundesernähPrägung der Verkehrsrungsministerin Ilse Aigner ließ das auffassung nutzen. geplante Fest platzen. Mitglieder der Kommission befürchten, dass sich da- Ilse Aigner, BundesBirgit Rehlender, DLBKmit das Ende der Institution ankün- ernährungsministerin Vorsitzende digt. In einem Brief an Aigner äußert das Präsidium des DLBK seine Unzufriedenheit und fordert mehr Unterweitgehend entzogen. Die DLBK-Ge- gen Mandats noch eine neue Lebensstützung für seine Arbeit. Um die Leitsätze als „unverzicht- schäftsstelle beim Ministerium war mittelbuch-Kommission geben wird. bare, anerkannte Instrumente der nach dem Abzug ihrer langjährigen Preuß spricht von einer „Demontage“ Marktbefriedung“ zu erhalten, stellen Leiterin monatelang nicht arbeitsfä- des Gremiums durch das BMELV. Auf einer vom Ministerium verandie Mitglieder ihre eigenen tiefgreifen- hig. Sitzungen der Fachausschüsse den Meinungsverschiedenheiten bis und des Plenums der 32 Experten fan- stalteten Fachtagung über „Täuauf Weiteres zurück. Vertreter der den nicht mehr statt. „Bis vor einem schungsschutz bei Lebensmitteln“ Jahr fuhren wir mit kündigten Aigner und andere Vertreter Wirtschaft, VerbrauVolldampf, seitdem des BMELV an, „zeitnah“ eine Ändecherverbände, Behörden und Wissen- „Ich bin nicht sicher, dass strampeln wir uns rung der Konzeption der DLBK und auf der Draisine ab“, der Abläufe prüfen. Ein Vorschlag der schaft, fordern ein- 2014 noch eine neue klagt die Vorsitzen- Verbraucherzentralen für eine neue hellig den Erhalt des Lebensmittelbuch-Komde der DLBK, Birgit Geschäftsordnung will die Hersteller Lebensmittelbuchs, mission berufen wird“ Rehlender von der aus dem Gremium zurückzudrängen das mit seinen LeitStiftung Warentest. (lz 09-12). Das fand im Ministerium sätzen seit 1962 gut Axel Preuß, DLBK-Mitglied und Leiter des Axel Preuß, Lei- angeblich Zustimmung. Die Vertreter 2 200 Verkehrsbe- Lebensmittel- und Veterinärinstituts Oldenburg ter des Lebensmit- der anderen Verkehrskreise in der zeichnungen defitel- und Veterinärin- DLBK, insbesondere die der Industrie, niert hat. Doch statt die notwendigen Mittel für die gefor- stituts Oldenburg, ist seit fast 15 Jah- sehen sich dagegen von den Beratunderte Aktualisierung der 21 Leitsätze ren Mitglied der DLBK. Nach den Er- gen über die Reform ausgeschlossen. aufzustocken, hat das Ministerium fahrungen der letzen Monate äußert er Aigner ist mit der Unterstützung dem Gremium seine Unterstützung Zweifel, ob es nach Ende des derzeiti- durch das Gremium unzufrieden. Der

Riesenaufwand für SB-Backwaren Stückzahl reicht nicht – Gewichtsangabe bei feinen Backwaren in Fertigpackungen vorgeschrieben Leipzig. Für Backwaren, die in Fertigpackungen angeboten werden, muss statt der Anzahl künftig das Gewicht angegeben werden. Das Urteil des Bundesverwaltungsgericht verpflichtete den Handel zu hohen Investitionen. Im zugrundeliegenden Fall hatte Kaufland Backwaren wie Apfeltaschen, Butterhörnchen und Mini-Berliner zu mehreren in einer Verpackung verkauft und nur die Anzahl der Gebäckstücke deklariert, nicht aber deren Gewicht. Damit verstieß der Händler nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) und beider Vorinstanzen gegen die Fertigverpackungsverordnung (FPackV), die ab einer Füllmenge von 100 g eine Gewichtskennzeichnung verlangt (Az.: 3 C 17.12). Die Verbraucher erwarten nach Auffassung der Richter die Angabe des Gewichts und nicht der Stückzahl von Backwaren. Dem hatte der Rechtsanwalt von Kaufland schon nach der Ent-

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Höchstrichterlich: Croissants in Tüten müssen gewogen werden.

scheidung der Vorinstanz widersprochen: Die Entscheidung widerspreche der allgemeinen Verkehrsauffassung völlig; Gebäck werde stückweise und nicht nach Gewicht verkauft. Zudem sei die Ermittlung des Gewichts auch praktisch kaum zu leisten. Durch das Backen und die Austrocknung verändere es sich ständig. Das Urteil könne den Tod einer beliebten Angebotsform bedeuten. Das BVerwG sieht keinen Verstoß

gegen Europarecht. Die Etikettierungsrichtlinie stelle es den Mitgliedstaaten lediglich frei, von der Verpflichtung zur Angabe der Nettofüllmenge abzusehen, sofern die Stückzahl von außen leicht zu sehen und einfach zu zählen sei. Dies sei aber in der FPackV nicht erfolgt. Auch einen Rückgriff auf die europäische Lebensmittelinformationsverordnung (LMIV) lehnt das Gericht ab, weil diese erst ab Dezember 2014 gilt und keine „Vorwirkung“ habe. Das Verbot der Stückkennzeichnung feiner Backwaren zwinge den Handel in jeder Filiale zur Anschaffung extrem teurer Waagen, kritisiert der Münchner Lebensmittelrechtler Markus Kraus. Dabei würden die wohl bald überflüssig, weil Anhang IX der LMIV eine Stückkennzeichnung erlaube. Das solle das Bundeswirtschaftsministerium bei der Anpassung der FPackV an die LMIV rasch umsetzen, fordert Kraus. „Schließlich kauft niemand 250 g, sondern jeder vier Stück Croissants!“ Mur/lz 50-12

von ihr geforderte „allgemeine Leitsatz“ für ein generelles Täuschungsverbot scheitete im Plenum. Ein anderer Leitsatz, der die Brandmarkung von Analogkäse als „Imitat“ vorschreiben sollte, kam ebenfalls nicht zustande. Der Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde (BLL) beklagt, Aigner versuche, die DLBK als „Quasigesetzgeber“ zu missbrauchen. Aus dem Ministerium werden dem Verband umgekehrt eine Blockadehaltung und geheimbündlerische Aktivitäten vorgeworfen. Das Zerwürfnis geht tief. Aigner und die Verbraucherzentralen wollen die Leitsätze zur Prägung der Verkehrsauffassung und zur Durchsetzung von Verbrauchererwartungen nutzen, die Lebensmittelrechtler in der Kommission und vor allem die Industrievertreter sind dagegen. Sie wollen daran festhalten, dass die Leitsätze nur einen Ist-Zustand feststellen und keine Wunschvorstellungen. Nach ihrer Überzeugung sollen die Leitsätze den Konsens der vier gleichberechtigten Verkehrskreise abbilden. Einseitig niedergelegte Verkehrsauffassungen, so warnt der BLL, blieben ohne Bindewirkung und ohne Relevanz für die Gerichte. Doch die Verbraucherschützer werden die gebotene Chance nicht ausschlagen, bei der Definition der Verkehrsauffassung künftig der Verbrauchererwartung den Vorrang zu verschaffen. „Wenn die Leitsätze nicht stärker den Verbraucher berücksichtigen“, meint Präsidiumsmitglied Jutta Jaksche von der Verbraucherzentrale Bundesverband, „dann macht sich die DLBK überflüssig.“ Christoph Murmann/lz 50-12

Nachfragemacht wird Topthema Bonn. Für das Bundeskartellamt wird das Thema Nachfragemacht 2013 das bestimmende Thema, kündigte Amtspräsident Andreas Mundt vor Kartellanwälten an. Bis Ende nächsten Jahres werde seine Behörde Ergebnisse zur Sektoruntersuchung Lebensmitteleinzelhandel vorlegen. Vor allem die Verfolgung von vertikaler Preisbindung werde künftig eine noch größere Rolle spielen. Im deutschen Lebensmittelhandel ermittelt das Amt seit 2010 wegen möglicher Preisabsprachen. Bei der Fusionskontrolle ist Mundt überzeugt, dass die mit der 8. GWB-Novelle eingeführte Erhöhung der Vermutungsschwelle für die Einzelmarktbeherrschung von 33 Prozent auf 40 Prozent Marktanteil Fusionen im LEH nicht vereinfachen werde. Die Höhe der Marktanteile sei lediglich der Ausgangspunkt für die weitere Prüfung von wettbewerblichen Auswirkungen. Für seine Behörde blickt Mundt auf ein erfolgreiches Jahr zurück: 2012 konnte sie 17 Kartellfälle erfolgreich beenden. sha/lz 50-12


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