Meiningers Weinreisen 2020|2021

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SPEZIAL

SPEZIAL 2021

Se(e)hnsucht gestillt Urlaub am schönen Neusiedlersee

DEUTSCHLAND € 6,00

Green Berlin Die Reben-Rebellen in der Hauptstadt

Weinsüden Top-Vinotheken erleben

Schweiz mal drei Wallis, Waadt & Genf neu entdeckt

TIPPS GEGEN FERNWEH Vinophile Adressen ganz in der Nähe


Atemberaubende Landschaften

Ganz einfach schรถn

visitportugal.com


EDITORIAL

NÄHE GEGEN FERNWEH Der Roadtrip durch Australien? Abgesagt. Und die Entdeckungstour durch Kalifornien? Abgesagt … Ja, die Corona-Pandemie hat so manche (Reise-)Pläne gehörig durcheinandergebracht. Was da noch übrig bleibt und was das für Aussichten für den Urlaub 2021 sind? Wir können nur sagen: gar nicht mal so übel! Denn wenn wir doch mal ganz ehrlich sind: Hat sich unser Reiseverhalten nicht bereits vor Corona angefangen zu verändern? Schon seit längerer Zeit manifestierte sich doch bei uns der Gedanke, zum Schutz des Klimas und der Umwelt, allzu weiten Reisen, Langstreckenf lügen & Co. zu entsagen. Heimaturlaub und eine höhere Wert­ schätzung der Natur waren schon zuvor die logische Konsequenz – die CoronaPandemie nur ein Katalysator (wenn auch ein zugegebenermaßen sehr wirkungs­ voller). Von öfter, spezieller, weiter werden sich unsere Reisepläne wohl auch im nächsten Jahr hin zu seltener, spontaner und näher verändern. Urlaub vor der Haustür oder in Ländern, die mit dem Auto statt dem Flugzeug erreicht werden können, stehen also nach wie vor hoch im Kurs. Dabei haben wir das große Glück, dass sich in unserer unmittelbaren Nähe die vielfältigsten und traumhaftesten Ziele befinden, die man sich nur vorstellen kann. Ein paar Beispiele gefällig?

oben: Sabrina Throm war mit dem Fahrrad in den deutschen Weinregionen unterwegs Mitte: Christine Neubecker hat sich in den Weinsüden Vinotheken umgeschaut

unten: Ilka Lindemann machte sich mit Zweigelt & Co. am Neusiedler See in Österreich vertraut

Wir haben uns aufgemacht und für Sie einige Reisetipps innerhalb Deutschlands und in Europa zusammengetragen. So verraten wir zum Beispiel, welchen Radwegen Sie in den deutschen Weinanbaugebieten folgen sollten, um ein fantastisches Rebenpanorama genießen zu können. Darüber hinaus klären wir auf, welche Vinotheken und Outdoorhighlights Sie in Baden und Württemberg erwarten, wieso auch die Hauptstadt Berlin eine Weinreise wert ist, warum der Neusiedler See mit seinem nordisch anmutenden Leuchtturm ein wahres Paradies für Weinreisende ist und eine Tour entlang der Rhone in der Schweiz einmalige Erlebnisse garantiert. Allen Skeptikern bleibt da nur noch zu sagen: Einmal weiterblättern und sich überzeugen lassen!

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INHALT

06 TRENDS

Sie sind die perfekten Anlauf­ stationen, um die Gewächse aus Baden und Württemberg besser kennenzulernen und tiefer in die Weinregionen einzutauchen.

Ausf lugtipps & Urlaubsstimmung für die eigenen vier Wände: Hier gibt’s Unterkünfte und Accessoires für zu Hause oder unterwegs im Überblick!

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TRAVELCHECK Die besten Radwege

Per Drahtesel durch die deutschen Weinregionen – wir verraten, welchen Wegen Sie für die schönsten Aussichten und besten Zwischenstopps folgen sollten.

20 DEUTSCHLAND

Baden-Württemberg

Auf in die Weinsüden Vinotheken!

Pfalz

Zu Fuß durch die Weinberge oder Wandern im Pfälzerwald – diese Outdooraktivitäten locken Besucher in die deutschen Anbaugebiete, wie zum Beispiel in die Pfalz.

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Berlin

In der Hauptstadt tummeln sich nicht nur trendige Weinbars, sondern auch die einen oder anderen Reben – wo die stehen und wer sie pf legt? Lesen Sie selbst!

16 Deutschland/Baden-Württemberg FOTOS: STOCK.ADOBE.COM/JANVIER, CARSON LIU; DOMINIK KETZ/RHEINLAND-PFALZ TOURISMUS GMBH; ANNA STÖCHER;LUÍS FERRAZ

12 Travelcheck/Radwege

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2021

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56 LIEBLINGSHOTEL

ÖSTERREICH Neusiedler See

Die Weinregion am See hat ihren ganz eigenen Charme und ermöglicht (Wein-)Erlebnisse der ganz besonderen Art. Wir haben Winzer besucht und dabei die Rebsorte Zweigelt näher unter die Lupe genommen.

Portugal, Dourotal

68 ESS-LUST Gastro-Tipps

Die Ruhe und den Frieden einer traumhaft schönen Landschaft genießen … Kein Problem auf der Quinta de Ventozelo, unserem diesjährigen Lieblingshotel. Dass Weingenuss hier groß geschrieben wird, versteht sich von selbst.

Sobald die Restaurants wieder geöffnet sind, heißt es: nicht lange fackeln! Trendige Locations warten nur darauf, besucht zu werden – ob in Berlin, Wirsberg, Baden-Baden, in der Schweiz oder auf Gran Canaria.

48 SCHWEIZ

62 ITALIEN

Autochthone Rebsorten, Käse in allerlei Variationen und atemberau­ bende Landschaften ... Eine Reise durch die Schweiz beeindruckt! Die besten Winzer, Restaurants und Unterkünfte auf einer Tour entlang der Rhone.

Eine Region voller Genüsse: Zwischen Neapel, Vesuv & Amalfi­ küste gibt es viel zu entdecken! Eine Weinreise zwischen MozzarellaKnödeln und Sterneküche. Hier kommen vinophile Feinschmecker voll auf ihre Kosten.

74 Abklang

Wallis, Waadt, Genf

Kampanien

RUBRIKEN

03 Editorial 73 Impressum

Stefan Nink über eine andere Art, Urlaub zu machen.

38 Österreich, Neusiedler See

56 Lieblingshotel, Portugal

62 Italien, Kampanien

64 Südamerika, Kolumbien

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TRENDS

KEEP IT SIMPLE

FOTO: GELDERMANN

Eine witzige Aufmachung, zusätzliche Gadgets – nein, manchmal muss ein Flaschenöffner einfach nur zweckdienlich sein. Und das sind die Bottle Opener von Design Letters allemal. Im schlichten Design kommt das Set daher, sieht chic aus und lässt sich perfekt für unterwegs verstauen. Circa 47,00 € zum Beispiel unter www.nunido.de.

FOTO: GERHARD WASSERBAUER

SWING TRIFFT SEKT

NOUVELLE CANTINE

Graz ist um einen kulinarischen Hotspot reicher: Das Restaurant Arravané Kantina im Merkur Campus wurde schließlich vom Zweisternekoch Konstantin Filippou geplant und umgesetzt. Hier lautet das Credo allerdings: gutes und gesundes Essen zu leistbaren Preisen. Dazu gibt’s sowohl Klassiker als auch Naturweine aus der Steiermark sowie Gewächse aus dem Burgenland, Griechenland, Frankreich und Italien. www.arravane.at

Geldermann Chef de Cave Marc Gauchey hat sich für die neue Édition Musique No. 2 musikalische Unterstützung aus Belgien geholt. Die Composition de Swing entstand zusammen mit der Band Boogie Belgique, die mit ihrem Song „Rhythm“

FARBE BEKENNEN Welches Glas war doch gleich meins? Ah, das gelbe! Um der Verwechslungsgefahr in weinseliger Runde zuvor zu kommen, kann man seine Gläser ganz einfach mit den hübschen Ringen von Kikkerland markieren. Bringt Farbe auf den Tisch und sorgt für Sicherheit in Zeiten von Corona. Circa 8,00 € zum Beispiel unter www.beabitzer.de.

die Cuvée aus Chardonnay und Pinot Noir musikalisch interpretiert. Ein Genuss für Ohren und Gaumen, der auf 6 000 Flaschen limitiert ist! Für 24,27€ unter www.editionmusique.de

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FOTO: ALEXIS COTTIN

TRENDS

STREIFZUG DURCH DIE WEINKELLER

… Den bietet Fotograf Alexis Cottin mit seinem Buch Chais/Cellars. 40 Weinkeller in Bordeaux hat er dafür besucht und fotografiert: Von modernen architektonischen Konzepten bis hin zu alten naturbelassenen Felsenkellern übt jeder seinen ganz eigenen Reiz aus. Dafür muss man noch nicht mal verreisen! Mit einem Vorwort von Éric Beaumard, Englisch und Französisch, Kehrer Verlag, 39,90 €, ISBN: 978-3-86828-954-1.

WINE IS CALLING NIMM MICH MIT

Wohin auch immer die Reise gehen soll, steht das Grillen unter freiem Himmel auf dem Programm, darf der in Deutschland produzierte Knister Grill nicht fehlen. Der lässt sich nicht nur dank der Tragegriffe ganz leicht transportieren, sondern kann auch mit einer zusätzlichen Halterung am Fahrrad festgemacht werden. Ab 79,00 €, www.knister-grill.com

In dieser Telefonzelle können Sie zwar keinen Anruf an die Royals tätigen, dafür verbirgt sich im Inneren ein Regal mit Platz für insgesamt 24 Flaschen. Darüber lassen sich außerdem Gläser für die nächste königliche Dinnerparty verstauen. Wir sind very amused und sagen „Cheers“. Den Weinschrank in Rot gibt’s für 379,00 € unter www.moemax.de.

CAMPING DELUXE

FOTO: ESA SILTALOPPI

Glamping – das steht für komfortables Camping mit einer Prise Glamour. Egal, ob unterm Zeltdach in der Toskana, in einer Jurte in Tschechien oder im Glasiglu unter den Nordlichtern Lapplands – inmitten der Natur muss man hier dennoch auf gewisse Annehmlichkeiten wie Sauna, Whirlpool oder Gourmetdinner nicht verzichten. Autorin Julia Schattauer stellt die coolsten Unterkünfte in Europa vor. Bruckmann Verlag, 22,99 €, ISBN: 978-3-7343-2006-4.

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TRENDS

FASSZINIERENDE NÄCHTE … verbringt man im wahrsten Sinne 350 Meter über dem Weindorf Sasbachwalden am Rande des Schwarzwalds. Dort befinden sich nämlich die 8 000 Liter großen Weinfässer, die zu Schlafmöglichkeiten umgebaut wurden und ein besonderes Erlebnis in der Natur bieten. Auf abgegrenzten Plätzen mitten in den Reben befinden sich die Schlaffässer mit je einem separaten Wohn-/WC-Fass für zwei Personen. Für Privatsphäre ist also gesorgt! www.schlafen-im-weinfass.de

Wer mal wieder eine mehrtätige Reise geplant hat, aber nicht weiß, wie die Pflänzchen in den eigenen vier Wänden so lange überleben sollen, kann es ja mal mit diesem Gadget versuchen. Einfach eine ausgediente Wein­ flasche mit Wasser befüllen und auf den Tonkegel stecken. Dieser gibt dann konstant Wasser an die Erde ab und versorgt so mittlere und große Topf-, Balkon- oder Kübelpflanzen. Hydro Wine gibt’s im Viererpack für circa 16,95 € unter www.biogreen.world.

FOTO: MATTEO BRIDAROLLI

URLAUBSVERTRETUNG

IM SATTEL MIT SEEBLICK Für das Projekt Garda by Bike soll bis 2021 ein 140 Kilometer langer Fahrradweg durch die Regionen Trentino, Venetien und Lombardei den Gardasee umrunden. Bis zum endgültigen Ringschluss sind noch einige Streckenabschnitte in Planung. Doch ein besonders spektakulärer ist bereits fertig: Die freischwebende Konstruktion entlang der Felswände reicht von Limone sul Garda bis nahe Riva del Garda und steht nicht nur Radfahrern, sondern auch Fußgängern offen. www.comune.limonesulgarda.bs.it

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TRENDS

CRAB THAT! Ja, besser man hat diesen kleinen Taschenkrebs unterwegs dabei. Mit Flaschen- und Dosenöffner, Mini-Schere, Messer, Schraubenzieher & Co. ausgestattet, hilft das Krabben-Multiwerkzeug in so manch kniffliger Situation. Kikkerland, 19,95 € zum Beispiel unter www.radbag.de.

WINE INSIDE

Raus aus dem Stiel- oder Schorleglass und rein mit dem Wein in die bunte Cocktailszene! Das dachten sich wohl auch die beiden Rheingauer Weingüter Ankermühle & Wohlfahrt und kreierten den Black Venuss Vermouth auf Riesling-Basis. Die Trauben hierfür stammen aus der Lage Winkeler Hasensprung und wurden bio-­ dynamisch angebaut. Ob on the rocks, mit Tonic oder als ­Negroni-Variante – so vielfältig war Riesling selten einsetzbar. 29,90 €, www.blackvenuss.de

BLICK IN DIE VERGANGENHEIT

Geschichte erleben lässt sich wunderbar im malerischen Umbrien: Im Weingut Lungarotti werden nicht nur Verkostungen und Kellereiführungen angeboten, im Wein-Museum MUVIT und im Olivenölmuseum MOO in Torgiano sind zahlreiche Artefakte rund um die Rebe und die Olivenölproduktion zu besichtigen. www.lungarotti.it

FOTO: SABINE WULFFERT

DIE PERFEKTE KULISSE

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Wer am Lago di Como urlauben möchte, darf das Luxushotel Villa d’Este eigentlich nicht auslassen. Die herrschaftliche Renaissance-Residenz mit eigener Parkanlage in Cernobbio ist so etwas wie eine regio­nale Instanz und liegt direkt am Westufer des Sees. Absolutes Muss: Sich ein Glas Bellini auf der Terrasse mit atemberaubendem Seeblick gönnen (dabei aber nicht über den Preis ärgern) und sich wie im Fellini-Film fühlen. Salute! www.villadeste.com

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TRENDS

FOTO: KLOSTER EBERBACH

DURCH DAMIT!?

Von wegen … Wer hätte gedacht, dass die aus dem 16. Jahrhundert stammenden „Weinfenster“ in Florenz heute so aktuell wie lange nicht mehr sind! Im Zuge des Lockdowns öffneten einige Gastro­ nomen die sogenannten Buchetta del Vino, um mit möglichst wenig Kontakt Speisen und Getränke verkaufen zu können. Alles andere als eine Zweckentfremdung, denn auch ursprünglich wurde während der Pest über die kleinen Durch­ reichen Wein verkauft. www.buchettedelvino.org

EIN BETT IM WEINBERG … Oder besser gesagt ein Sleep Cube! Der steht zum Beispiel auf dem Gelände des Kloster Eberbachs im Rheingau. Zwischen den Reben mit einem traumhaften Blick auf die Klosteranlage nächtigt man hier in der Design-Schlafbox, inklusive Chillbox mit kleinen Snacks und Getränken. Ab 160,00 €, www.sleeperoo.de.

DAMIT LÄUFT’S

… Nicht unbedingt rund, aber dafür kühl: Nämlich mit dem Weinkühler Läuft von räder in schlicht-schicker Optik. Dazu den Kühler aus Beton mit Prägung einfach ein paar Minuten ins Wasserbad tauchen, rein die Flasche und es läuft … Unter www.raeder-onlineshop.de für 29,95 € erhältlich.

ST(R)ANDFEST

Ob am See oder am Meer – überall wo Sandkörner den Weingenuss trüben könnten, schafft der Strand­tafeltje Abhilfe! Mit seiner rutschfesten Abstellfläche bleiben Gläser sicher stehen, und zwar mit genügend Abstand zum körnigen Untergrund. Für 39,95 € unter www.cadeau-cadeau.nl.

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STADT, LAND … Fluss? Nein, Wein! Für Weinliebhaber hat die WineUp Company den Spieleklassiker umgestaltet und unter anderem durch Kategorien wie Weinregion oder Rebsorte ergänzt. Erwischt – jetzt auch schon im Kopf angefangen, das Alphabet durchzugehen? Mit Freunden und einer Flasche Wein macht’s aber gleich noch mehr Spaß! Den Spielblock mit 25 Blättern gibt’s für 5,90 € unter www.wineup.de.

GEGEN REISEHUNGER Sei es die weltbeste Paella oder die unfassbar leckere Bouillabaisse – wer die Lieblingsrezepte aus dem letzten Urlaub sicher aufbewahren will, kann sich die Rezeptbox von sperlingB zunutze machen. Mit 200 Rezeptkarten und 24 Registern lassen sich Zutaten und Kochanleitungen optimal archivieren und sind bei Fernweh schnell griffbereit. 39,90 €, www.selekkt.com

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Die Faszination einer Geschichte, die enge Verbundenheit mit einem Territorium, die Kraft einer Persönlichkeit in Weinen verkörpert, die mit Eleganz der ganzen Welt die größte aller Liebesgeschichten erzählen: die für Verona.


TRAVELCHECK

RADWEGE

AB IN DIE

PEDALE … Und rein in die Reben! Wer die deutschen Weinanbaugebiete mit dem Fahrrad erkunden will, dem bieten sich schier unendliche Möglichkeiten. Wir erleichtern Ihnen die Tourenplanung und haben elf der schönsten Radwege durch die Reben im Gepäck. Sportliche Aktivität, genussvolle Pausen, großartige Sehenswürdigkeiten und spektakuläre Aussichten lassen sich dabei ideal miteinander verbinden.

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FOTOS: STOCK.ADOBE: KZENON, MATHIAS WEIL; MOSELLANDTOURISTIK GMBH (2); MOSELLANDTOURISTIK, E. LEITZ; FRÄNKISCHES WEINLAND TOURISMUS: HOLGER LEUE, SCHWEINFURT 360°/ANDREAS HUB; ELBERADWEG.DE/S. DITTRICH; TOURISTIKGEMEINSCHAFT HEILBRONNERLAND E. V.: JAN BÜRGERMEISTER, THOMAS RATHAY; RONALD JACOBS; CHRIS KELLER/SCHWARZWALD TOURISMUS; DOMINIK KETZ/RHEINLAND-PFALZ TOURISMUS GMBH (5); RÜDESHEIM TOURIST AG; VINCENT GRAETSCH/SAALERADWEG E.V.

TRAVELCHECK

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MOSEL-RADWEG

Der Mosel-Radweg führt an Sehenswürdigkeiten ...

Von Perl bis Koblenz führt der Mosel-Radweg auf 248 Kilometern durch das fünftgrößte deutsche Anbaugebiet. Die überwiegend ebene Strecke folgt dem Flusslauf der Mosel auf meist asphaltierten Straßen. In zehn Etappen geht es von Perl über Trier, Piesport, Bernkastel-Kues, Traben-Trarbach und Cochem bis nach Koblenz ans Deutsche Eck, wo die Mosel in den Rhein mündet. Die einzelnen Streckenabschnitte sind zwischen 18 und 31 Kilometer lang, jedoch alle leicht zu bewältigen. Ideal, um die abwechslungsreiche Landschaft zu genießen und dabei den Fahrtwind im Gesicht zu spüren. Neben den historischen Städten und schmucken Weindörfern locken links und rechts des Weges nicht nur die vielen Weingüter und Einkehrmöglichkeiten zum entspannten Verweilen ein. Wie wäre es beispielsweise mit einem Besuch der restaurierten Kelteranlage aus der Römerzeit bei Piesport, einem Höhepunkt der Weinkultur. Oder einem Schlenker zur märchenhaften Burg Eltz bei Moselkern, eine der besterhaltenen Burgen Deutschlands. Kleine Abstecher sind jederzeit möglich und dank der guten Beschilderung findet man immer wieder auf die Strecke zurück.

TOUREN-TIPPS & INFOS

... und Weinreben entlang des Flusses vorbei

Mit der kostenlosen Lauschtour-App lassen sich die insgesamt 40 Hör­­­­ stationen, die sogenannten Lauschpunkte, am Mosel-Radweg entdecken. Ideal, um kurz mal vom Rad zu steigen, den spannenden Geschichten und Anekdoten zuzuhören und die schöne Landschaft auf sich wirken zu lassen. Also, Lauscher auf! Strecke: 248 Kilometer, 10 Etappen Start: Perl Ziel: Koblenz Weitere Informationen: www.mosellandtouristik.de

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TRAVELCHECK

MAIN-RADWEG

Mit der Mainfähre bei Nordheim geht es über den Fluss

Wer dem insgesamt 595 Kilometer langen MainRadweg folgt, passiert unterwegs gleich zwei wunderschöne Anbaugebiete, nämlich Franken und den Rheingau. Die Tour beginnt nahe Bayreuth, wo sich Radler zwischen dem Startpunkt am Weißen Main bei Bischofsgrün oder der circa 20 Kilometer längeren Strecke ab dem Roten Main bei Creußen entscheiden können. In Kulm­ bach fließen beide Flüsse zusammen. Von dort aus liegen noch knapp 500 Kilometer Strecke vor den Bikern. Über Bamberg und Schweinfurt gelangt man ins fränkische Weinland. Die Abschnitte sechs, sieben und acht führen entlang des Maindreiecks durch Volkach, Kitzingen und Würzburg. Von der Alten Mainbrücke aus lässt sich der Blick auf den Würzburger Stein mit ­einem Brückenschoppen in der Hand am besten genießen. Dann geht es weiter in Richtung Frankfurt und schließlich nach Mainz, wo der MainRadweg an der Mündung in den Rhein endet.

TOUREN-TIPPS & INFOS Mal schnell den Blick vom anderen Mainufer genießen? Kein Problem, denn an vielen Stellen kann man ganz leicht mit der Fähre übersetzen – das Fahrrad kommt natürlich mit an Bord. Beispielsweise zwischen Nordheim und Escherndorf oder zwischen Dettelbach und Mainsondheim. Strecke: 538 oder 557 Kilometer, 13 Etappen Start: Bischofsgrün oder Creußen Ziel: Mainz-Kastel Weitere Informationen: www.mainradweg.com

ELBE-RADWEG Kilometer-Spitzenreiter unter unseren Rad­ wegen ist der Elbe-Radweg, der 2020 sein 25-jäh­­riges Jubiläum feiert. Mit 1 300 Kilometern führt er flussaufwärts von Cuxhaven im Norden Deutschlands über die tschechische Grenze bis nach Vrchlabí. Sportliche Weinliebhaber können sich besonders auf den südlichen Teil des Elbe-Radwegs freuen. Die Abschnitte K bis O führen nicht nur vorbei an drei Weltkulturerbestätten, sondern auch entlang der Sächsischen Weinstraße über Dresden bis in die N ­ ationalparkregion Sächsische-Böhmische Schweiz mit ihrer atemberau­ ­­benden Felsenlandschaft. Auf den Abschnitten M und N radelt man durch das Anbaugebiet Sachsen und die schönen Orte Diesbar-Seußlitz, Nieschütz, Zehren, Meißen und Radebeul. Ein Paradies für Wein- und Radfreunde, die hier am besten einen kurzen Zwischenstopp einplanen, bevor sie ihren Weg in Richtung Ziel fortsetzen. Wer nicht gleich den

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ganzen Elbe-Radweg erradeln will, kann sich auch einzelne Etappen als Tagestour vornehmen. Ein Ausflug in die Reben ist immer eine Reise wert.

TOUREN-TIPPS & INFOS Die Elbquelle liegt auf 1 386 Metern Höhe in einem Nationalpark im Riesengebirge, daher können die letzten Meter nur zu Fuß zurückgelegt werden. Ab Vrchlabí geht es zunächst mit dem Radbus und dann mit dem Sessellift weiter. Das ausführliche Handbuch zum Elbe-­ Radweg gibt’s online als PDF oder in gedruckter Form per Post. Strecke: 1 300 Kilometer, 21 Etappen Start: Cuxhaven Ziel: Vrchlabí Weitere Informationen: www.elberadweg.de

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TRAVELCHECK

Radeln in den Reben – ein echtes Genusserlebnis

WÜRTTEMBERGER WEINRADWEG Weinradeln durch den Weinsüden – das geht! Der Württemberger Weinradweg bietet auf rund 350 Kilometern Genussradeln pur: vom Taubertal, durch Hohenlohe und das Heil­ bronner Land, über Ludwigsburg und Stuttgart, durch das Remstal und über Esslingen bis nach Tübingen. Dabei führt der Weg über Teilstrecken des Lieblichen Taubertal-Radwegs, des Kocher-Jagst-Radwegs und des Neckartal-Radwegs. Diese drei wurden bereits vom Allge­ meinen Deutschen Fahrrad Club als Qualitäts­ radrouten ausgezeichnet, wobei der Radweg Liebliches Taubertal sogar die Höchstbewertung von fünf Sternen erhielt. Während man in den Flusstälern auf flachen Wegen gemütlich radeln kann und die Landschaft mit den end­ losen Weinbergen an einem vorbeizieht, wartet auch der eine oder andere Anstieg darauf, bezwungen zu werden. Doch eine Pause lässt sich immer einlegen, am besten bei einem der Weingüter oder Winzergenossenschaften am Weges-

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rand. Oder man plant eine kurze Rast inmitten der Reben ein – zum Genießen schön!

TOUREN-TIPPS & INFOS Mit der kostenlosen „Touren in BadenWürttemberg“-App kann bei der Planung nichts mehr schief gehen. Die App enthält eine topografische Karte, die auch offline gespeichert werden kann. Außerdem sind darin Sehenswürdigkeiten, Wegbeschreibungen und Einkehrmöglichkeiten verzeichnet. Strecke: 354,4 Kilometer Start: Rottenburg am Neckar Ziel: Niederstetten Weitere Informationen: www.tourismus-bw.de

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TRAVELCHECK

BADISCHER WEINRADWEG Der Badische Weinradweg wurde erst im April 2020 eingeweiht. Auf dem Weg von Grenzach-Wyhlen bis nach Laudenbach führt die Strecke gleich durch sieben der neun badischen Weinbaubereiche. Der Route folgend lassen sich Markgräf lerland, Tuniberg, Kaiserstuhl, Breisgau, Ortenau, Kraichgau und die Badische Bergstraße so auch auf zwei Rädern bestens erkunden. Insgesamt gilt es, 463 Kilometer und rund 3 000 Höhenmeter auf größtenteils asphaltierten Straßen zu bewältigen. Doch die vielen Weindörfer entlang der Route laden dabei immer wieder zu einer kurzen oder auch längeren Rast ein. Statt einer mehrtägigen Tour können auch einzelne der insgesamt acht Etappen bei einem ausgedehnten Tagesausf lug er­ radelt werden.

TOUREN-TIPPS & INFOS

ZELLERTAL-RADWEG Durch den Süden Rheinhessens und hinüber in die Nordpfalz führt der circa 25 Kilometer lange Zellertal-Radweg. Eine ideale Tagestour, die am besten mit einem Besuch bei ­einer der Weinstuben unterwegs verbunden werden kann. Startpunkt ist die Pfrimman­ lage in Worms, von wo aus der Weg in Richtung Zellertal führt. Anfangs folgt die Tour der Hiwwel-Route. Bei Monsheim biegt der Weg dann nach Norden ab. Auf Höhe von ­Wachenheim bietet sich ein kleiner Schlenker an, der durch die Orte Mölsheim, Zell und Einselthum führt und spektakuläre Aus­ blicke über die Reben und die Rheinebene garantiert. Das Zellertaler Ehrenmal, das schon von Weitem aus dem Rebenmeer hervorragt, ist ein idealer Orientierungspunkt auf der Strecke. Bei Einselthum führt der Weg zurück auf den Zellertal-Radweg und weiter über Albisheim nach Marnheim. Wer den Rückweg nach Worms lieber mit der Bahn antreten will, kann sich einen Ort weiter, in Kirchheimbolanden, mit seinem Fahrrad in den Zug setzen, um die Waden für die nächste Tour durch die Reben zu schonen.

Mit der Schwarzwald-App können Radler auf eine interaktive Landkarte für unterwegs zugreifen. Darin vermerkt sind unter anderem die Standorte der E-Bike-Tankstellen entlang des Weges sowie Übernachtungs- und Einkehrmöglichkeiten. Die App gibt’s kostenlos für iOS und Android. Strecke: 463 Kilometer, 8 Etappen Start: Grenzach-Wyhlen Ziel: Laudenbach Weitere Informationen: www.badische-weinstrasse.de

Ein Glas Wein in den Reben gehört zu jeder Radtour durch die Anbaugebiete dazu

TOUREN-TIPPS & INFOS An der Weinrast mit Weitblick in Mölsheim lässt sich das Panorama über die Reben und die Rheinebene bestens bewundern. Der ideale Ort für eine Verschnaufpause, bevor man sich wieder in den Sattel schwingt. Strecke: 25,3 Kilometer Start: Worms Ziel: Marnheim Weitere Informationen: www.rheinhessen.de

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AHR-RADWEG

Die erste Etappe der wildromantischen und vor allem abwechslungsreichen Tour beginnt in der Barbarossastadt Sinzig und endet in der mittelalterlichen Stadt Ahrweiler. Die zweite Etappe führt durch die Weinorte Walporzheim, Marienthal, Dernau, Rech, Mayschoß und Altenahr. Zwischen Weingütern, Straußwirtschaften und Steilhängen geht es bis nach Ahrbrück, wo dieser besonders bei Weinliebhabern beliebte Streckenabschnitt endet. Über Schuld und Ahrdorf geht es weiter zur Quelle der Ahr, nach Blankenheim. Der stetige Anstieg von 100 bis zu 500 Höhenmetern sorgt auch für das nötige sportliche Vergnügen unterwegs.

Traumhafte Ausblicke entlang des Weges sind die Belohnung für jeden geradelten Höhenmeter

FOTOS: ???

Von der Ahrmündung bei Sinzig aus startet der Ahr-Radweg bis ins knapp 80 Kilometer entfernte Blankenheim. Entlang des Flussverlaufs führt der Weg Weinfreunde durch eines der kleinsten deutschen Anbaugebiete, das vor allem Rotwein-Fans begeistern wird.

TOUREN-TIPPS & INFOS Wer doch mal pausieren will, kann mit der Gästekarte der Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler seine Fahrräder auch kostenfrei mit Bus und Bahn transportieren. Zudem bietet sich mit dem RadBus Ahr-Voreifel die Möglichkeit, weitere Radwege zu erkunden.

Strecke: 77 Kilometer, 5 Etappen Start: Sinzig Ziel: Blankenheim Weitere Informationen: www.ahrtal.de

QUERRHEIN-RADTOUR Rechts und links des Rheins führt dieser Rundweg durch die beiden Anbaugebiete Rheinhessen und Rheingau. Vom Start- und Zielpunkt in Bingen geht es zunächst auf dem RheinRadweg durch das Naturschutzgebiet Fulder Aue – Ilmen Aue und dann hinein ins rheinhessische Hügelland. Von Ockenheim aus kann man die fantastische Aussicht auf die Rheinebene genießen, bevor der Weg bergab in Richtung GauAlgesheim führt. Von dort aus geht es auf der Obstroute bis nach Ingelheim am Rhein. Der ideale Ort für eine kleine Pause. In Frei-Weinheim schippert man mit der Fähre auf die andere Rheinseite nach Oestrich-Winkel, hinüber in den Rheingau. Hier führt der PanoramaRadfernweg R3a vorbei an bekannten Weingütern wie Schloss Vollrads und Schloss Johannisberg sowie am Geisenheimer Campusgelände. Bei Rüdesheim geht es wieder hinab zum Rhein und mit der Fähre zurück nach Bingen.

TOUREN-TIPPS & INFOS Für die Mitnahme von Fahrrädern verlangen die beiden Fährgesellschaften zwischen 1,00 € und 3,00 €. In Bingen warten am Ende der Tour zahlreiche Restaurants und Bars rund um das Gebiet am Rhein- und Kulturufer, wo man den Tag entspannt ausklingen lassen kann. Strecke: 39,8 Kilometer Start: Bingen Ziel: Bingen Weitere Informationen: www.rheingau.com

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Zeit für eine Rast in den Weinbergen

RADWEG DEUTSCHE WEINSTRASSE Einmal quer durchs größte Rieslinganbau­­ gebiet Deutschlands: Der Radweg Deutsche Weinstraße führt von Bockenheim nahe Worms bis nach Schweigen-Rechtenbach, kurz vor der französischen Grenze, und sorgt für 97 Kilometer Radelspaß zwischen Reben und Pfälzer Wald. Die erste Etappe startet am Haus der Deutschen Weinstraße in Bockenheim. Über Grünstadt geht es weiter in Richtung der Kurstadt Bad Dürkheim, die außerdem für das größte Weinfass der Welt bekannt ist. Auch im weiteren Streckenverlauf spielt der Wein eine große Rolle, denn die Tour führt durch viele bekannte Weinorte, wie Wachenheim, Forst und Deidesheim. Ein Besuch beim Winzer ist Pflicht! Halbzeit der Tour ist in Diedesfeld, kurz hinter Neustadt. Etappe drei und vier führen durch die wunder­ schönen Weindörfer der Südlichen Wein­ straße über Edenkoben und Rhodt bis nach Birkweiler, Gleiszellen und schließlich nach

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Bad Bergzabern, von wo aus es nur noch we­ nige Kilometer bis ans Deutsche Weintor in Schweigen-Rechtenbach sind.

TOUREN-TIPPS & INFOS Neben der Hauptroute gibt es einige Panoramarouten, die etwas abseits der Strecke verlaufen. Diese Wege sind meist etwas anspruchsvoller als die Hauptroute, daher ist eine gute Kondition erforderlich. Der Rückweg kann ab Bad Bergzabern alternativ auch mit der Bahn angetreten werden. Strecke: 97,9 Kilometer, 4 Etappen Start: Bockenheim Ziel: Schweigen-Rechtenbach Weitere Informationen: www.deutsche-weinstrasse.de

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NAHE-RADWEG Ambitionierte Tagestourer legen die 127 Kilo­ meter lange Strecke von Selbach bis Bingen in knapp acht Stunden zurück. Wer sich aus­ reichend Zeit nehmen und die wunderschöne Landschaft auf sich wirken lassen möchte, plant am besten eine Übernachtung mit ein. Die ersten drei Etappen des Weges führen von Selbach über den Bostalsee nach Birkenfeld, weiter in Richtung Idar-Oberstein und nach Kirn. Bis dorthin werden die meisten Höhenmeter gemacht, doch anschließend geht es eher gemäßigter zu. Bei Etappe vier zwischen Kirn und Bad Sobernheim führt der Weg durch mehrere Weinorte und folgt dem Flusslauf weiter bis nach Bingen zur Mündung in den Rhein. Zwischen BadSobernheim und Bad Kreuznach geht es nochmals sportlich bergauf, doch die Mühen werden mit einem Blick auf das Nahetal belohnt. Entlang des Weges warten einige Aussichtspunkte auf die Radler, wie der Rotenfels oder die Schlösser und Burgen, wie Rheingrafenstein und die Ebernburg.

Der Nahe-Radweg führt durch wunderschöne Landschaften

TOUREN-TIPPS & INFOS Mehrere Neben- und Verbindungsrouten mit einer Gesamtlänge von 500 Kilometern sind mit der Hauptroute, dem Nahe-Radweg, verbunden. Ab und an vom Weg abzukommen, kann also auch mal schön sein. Adrenalin-Junkies sollten dem Flowtrail in Stromberg zwischen April und Oktober mit ihrem Mountainbike einen Besuch abstatten. Strecke: 127 Kilometer, 6 Etappen Start: Selbach Ziel: Bingen Weitere Informationen: www.naheradweg.de

SAALE-RADWEG Von der Quelle bis zur Mündung in die Elbe folgt der Saale-Radweg dem Fluss auf 403 Kilometern. Neun Etappen führen Fahrradfahrer durch Bayern, Thüringen und Sachsen-Anhalt. Vom Ursprung der Saale in Zell im Fichtel­ gebirge geht es zunächst in Richtung Jena. Immer wieder sorgen kleinere und größere Anstiege dafür, etwas mehr in die Pedale treten zu müssen. Besonders Etappe drei und vier haben es in sich. Doch die traumhaften Ausblicke von den vielen Aussichtspunkten entlohnen die Anstrengung allemal. Ab Jena startet die sechste Etappe in Richtung Naumburg an der Saale. Der Weg führt durch die traumhafte Rebenlandschaft des Anbaugebiets Saale-Unstrut. Da bietet sich doch ein Stopp bei einer der Weinund Sektmanufakturen oder beim Max-KlingerWeinberg, einer der schönsten Weinsichten Deutschlands, an. Der Weg endet an der Saalemündung in Barby, wo eine Weiterfahrt auf dem Elbe-Radweg möglich ist.

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TOUREN-TIPPS & INFOS Der Gepäckträger reicht nicht aus? Kein Problem, denn viele Unterkünfte entlang des Saale-Radwegs bieten ihren Gästen einen Gepäcktransfer zur nächsten Unterkunft an. Und sollten die Beine mal schwer werden, sorgen mehrere Bike-Shuttles und Fahrradbusse auf einzelnen Teilstrecken für Abhilfe. Strecke: 403 Kilometer, 9 Etappen Start: Zell im Fichtelgebirge Ziel: Barby Weitere Informationen: www.saaleradweg.de Sabrina Throm ist Volontärin bei Meiningers Weinwelt und radelt in ihrer Freizeit gerne durch die Weinberge.

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BADEN-WÃœRTTEMBERG

DER

PERFEKTE ORT

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FOTOS: WWW.SPITZBART.AT (2); ALTE WACHE; STUTTGART-MARKETING GMBH/JÜRGEN POLLAK; STUTTGART-MARKETING GMBH/PETER D. HARTUNG; STUTTGART-MARKETING GMBH/THOMAS NIEDERMÜLLER; WEINSBERGER TAL (2)

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Weinreisende aufgepasst: Die Suche nach dem nächsten Ausflugsziel hat ein Ende! Ab geht’s in eine der 14 Weinsüden Vinotheken – die ideale Location, um in die Weinregion einzutauchen und von dort aus weitere Aktivitäten zu unternehmen.

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Die Alte Wache mitten in Freiburg am Münsterplatz ist eine echte Institution

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Nach dem Umbau Anfang 2020 erstrahlt die Alte Wache in neuem Glanz

ES

gleicht der Ankunft in einem Erlebnispark. Unzählige Attraktionen, die man höchstwahr­ scheinlich in der Kürze der Zeit sowieso nicht alle besuchen kann. Verschiedene Abzwei­ gungen und Wege, die einen vor die Frage stellen, welcher wohl der beste ist. Und nicht zuletzt das leise Gefühl, doch etwas zu verpassen. Wer die Wahl hat, hat die Qual! Ähnlich ergeht es Besuchern, die zum ersten Mal die Weinregionen Baden und Württemberg bereisen. Schließlich gibt es vom Schwarzwald bis zum Neckar, vom Bodensee bis ins Taubertal jede Menge zu ent­ decken. Idyllische Weindörfer und pulsierende -städte, vinophile Touren per Rad, zu Fuß oder auf dem Wasser, gastronomische Highlights – ganz zu schweigen von den Weinerzeugern selbst, die von traditionell bis modern jeden erdenklichen Rahmen bieten. Die Möglichkeiten sind beinahe grenzenlos. Wo also anfangen? Diese Frage ist zum Glück leicht beantwortet: in einer der 14 Weinsüden Vinotheken. Sie sind praktisch der Servicepoint der Weinregionen. Nicht nur, weil sie sich in optimalen Lagen befinden, sondern auch, weil sie einen ersten Überblick über die regionalen Weine und Winzer bieten. Und das völlig unkompliziert. Bestes Beispiel hierfür ist die Alte Wache in Freiburg. In kaum einer anderen Location wird wohl ein so leichter Zugang zu dem Thema Wein geboten wie hier. Sobald man die Vinothek betritt, gleicht alles einem Selbstläufer: Lässige Hintergrundmusik geleitet ­einen auf dem Weg zum Tresen, wo sich die rund 20 Weine, die sich im offenen Ausschank be­ finden, auf einen Blick präsentieren. Eine Reizüberflutung durch unterschiedlichste Etiketten? Fehlanzeige! Denn in diesem Teil der Alten Wache tragen die Flaschen der verschiedenen Wein­ güter und Winzergenossenschaften ein einheitliches Etikett. Dadurch wird der Fokus ganz klar auf die Rebsorten gelenkt. Und die spiegeln selbstverständlich all das wider, was in der Region typisch ist – von Burgundersorten über Riesling bis hin zu Müller-Thurgau und Gutedel. Lange Überlegungen bleiben einem so erspart. Zudem dient das neue Logo der Alten Wache als eine Art Qualitäts- und Selektionssiegel. Denn Jahr für Jahr wählt das Team alle Weine aus seinen PartnerWeinbaubetrieben sorgfältig aus. Auf welches Gewächs auch immer die Wahl fällt, dass die Qua­ lität stimmt, ist sicher. Und mit einem „Viertele“ davon – dem hier sogar so viel Wertschätzung entgegengebracht wird, dass es in extra gefüllten Flaschen serviert wird – macht man es sich am besten im Außenbereich auf dem Münstermarkt gemütlich. Dazu gönnt man sich noch ein oder zwei der täglich wechselnden regionalen Tapas und fertig ist das Rundum-Relax-Programm. Herr­ lich … Aber Moment – denn das war’s noch lange nicht. Wer nicht nur dem Weingenuss frönen, sondern tiefer in die Thematik einsteigen will, für den hat die Alte Wache einen komplett eigenen Raum geschaffen. Im zweiten Stock warten nochmal weitere 70 Weine darauf, erkundet zu wer­ den. Auch hier wird es dem Besucher wieder so einfach wie möglich gemacht. Nach dem Prinzip von „Duft und Ordnung“ sind alle Positionen in acht Kategorien eingeteilt und so beschrieben, dass darin jeder sein Geschmacksprofil wiedererkennt. Seien es beispielsweise mineralisch-fili­ grane Gewächse „für Weinpuristen“, prickelnde Tropfen „für Schaumweinlustige“ oder leicht ge­ machte Weine für „Überweinnichtnachdenktrinker“. So wird auch hier wieder Gästen, die sich weniger mit dem Thema Wein auskennen, die Hemmung genommen. Sowohl zum Mitnehmen als auch flaschenweise zum Genuss vor Ort sind alle Positionen perfekt temperiert erhältlich.

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Geschäftsführerin Alixe Winter hat hier ein erfolgreiches Konzept etabliert

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DEUTSCHLAND In Stuttgart führen Wanderwege rund um die Grabkapelle …

… Und danach zum Einkehren in die Wein­­ süden Vinothek der Stadt

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Spontan sind aber auch kleinere Weinproben von drei, sechs oder neun Weinen möglich. Ganz ohne Voranmeldung! Auch wenn hier alles sehr leichtfüßig wirkt, steckt hinter dem Erfolgsgeheimnis der Alten Wache ein ausgeklügeltes Konzept. Im Zuge der Renovierung im Frühjahr 2020 hat Geschäfts­ führerin Alixe Winter mit dem Unternehmen Spitzbart + partners nicht nur am architekto­ nischen Auftritt des Traditionshauses, sondern auch an einer konzeptionellen Lösung gefeilt. Unter einem Dach lassen sich nun die beiden Bedürfnisse der Besucher vereinen: die aus­ gelassene Stimmung und Genusskultur zum einen und die individuelle und fachkundige ­ Weinberatung auf der anderen Seite. Und das alles in einem modernen Ambiente, das den historischen Charakter des Hauses bewahren konnte. „Wir haben hier sehr viel Verantwor­ tung: Wir sind das Tor zum badischen Wein.

Für uns ist es wichtig, den ersten Kontakt so schön wie möglich zu gestalten“, verdeutlicht Alixe Winter ihr Bestreben. Um das auch denje­ nigen zu ermöglichen, für die Weinfachbegriffe Fremdwörtern gleichen, hat sie sich etwas ganz Besonderes einfallen lassen. Heruntergebrochen auf die grundsätzliche Entscheidung – nämlich rot oder weiß – hat sie den perfekten Zugang geschaffen. Im Sommer ermöglicht das die „Kalte Sofie“. Ein selbstkreierter, regionaler Apero, der unter so manchen Weinfreaks zu­­­­ nächst für verdutzte Blicke sorgt, nach dem ers­ ten Schluck aber so gut wie immer auf positive Resonanz stößt. Die Idee dahinter: ein eiskalter Drink für den Sommer und regionale A ­ lternative zu Hugo oder Aperol. Nach einer zweijährigen Testphase und vielen Experimenten entwickelte Alixe Winter den halbgefrorenen Weinapero, der bei -15 °C ohne Zusätze serviert wird. Sowohl die aromatische, bukettreiche weiße Version als auch die rote, positiv herbe Variante schaffen es, den typischen Weincharakter zu erhalten. Vor­ sicht, hier besteht Suchtgefahr. Nicht umsonst ist die Kalte Sofie längst eine Freiburger Spe­ zialität, die jeder, der hierherkommt zumindest einmal probiert haben muss. Das winterliche Pendant hierzu ist hingegen ­allerorts bekannt. Schon seit Jahren ist die Alte Wache als die Anlaufstelle auf dem Weihnachtsmarkt und als Synonym für gute (Wein-)Qualität etabliert. Denn auch beim unter eigenem Label ge­­führten Glühwein namens „Winter Marie“ legt das Team höchste Maßstäbe an. Hochwertige Weine in Rot, Weiß und Rosé werden so aus­ gewählt, dass kaum noch Gewürze nötig sind, um den typisch winterlichen Charakter zu er­ halten. Selbstverständlich kann man sich den auch nach Hause holen, zum privaten Weih­ nachtsmarktvergnügen oder eben dick einge­ packt in Winterstimmung auf dem Münster­ markt genießen.

HOP-ON HOP-OFF, MUSEUMS- & BESENTOUR Wenn es darum geht, sich nicht nur in der Vino­ thek mit den Weinen vertraut zu machen, son­ dern gleich allerlei Aktivitäten drum herum zu unternehmen, ist die Vinothek im Weinbau­ museum Stuttgart die richtige Anlaufstelle. Klar, auch hier bekommt man einen ersten Ein­ druck von den heimischen Gewächsen, schließ­ lich präsentieren sich hier 25 Partnerweingüter. Von kleinen, traditionellen Familienweingütern über Genossenschaften und VDP-Mitgliedern bis hin zu aufstrebenden Jungwinzern sind hier alle vertreten, die Rebflächen in der Stuttgarter Gemarkung besitzen. Dabei wechselt die Wein­ karte alle zwei Monate und richtet sich nach der

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DEUTSCHLAND Die Vinothek Weinsberger Tal gibt einen Überblick über die regionalen Tropfen

Saison sowie Kompetenz der Region und der Weinerzeuger, bringt aber auch Neuheiten und hin und wieder mal experimentelle Tropfen den Besuchern näher. Für Probierfreudige optimal: Die 25 Weine sind nicht nur flaschenweise zu ab-Hof-Preisen erhältlich, sondern auch im of­ fenen Ausschank als Zehntel zu haben. Ganz individuell können sich Besucher so einen Ein­ druck von Riesling, Lemberger & Co. verschaf­ fen. Wer mehr über die Geschichten hinter den Weinen erfahren will, sollte sich hingegen ei­ nen Freitag für den Besuch aussuchen. Jede Woche findet hier die Freitagsweinprobe mit drei Gewächsen statt, die von Weinexperten be­ sprochen werden und tiefere Einblicke ermög­ lichen. Beim Verkosten merkt man schnell, was Württemberg alles kann und welch exzellente Gewächse hier entstehen. An Ort und Stelle lässt sich aber nicht nur der Ist-Zustand erkunden, sondern auch in die His­ torie der Region eintauchen. Im wahrsten Sinne treffen hier nämlich Tradition und Moderne auf­ einander. Durch die große Glasfront blickt man von der Vinothek aus in das Weinbaumuseum, wo sich historische Exponate aufreihen. Doch nicht nur die bekommt man bei einer Führung zu sehen; zusätzlich erfährt man noch alles über die Entwicklung des Weinbaus in Stuttgart, Bo­ denprofile, Rebsorten und kann sich dann noch bei der Aromastation durch Duftproben schnup­ pern. Der nächste Programmpunkt lässt dann auch nicht lange auf sich warten. Immerhin ist die Vinothek ein Ausgangspunkt für viele wei­ tere Unternehmungen, wie der Stuttgart Wein­ tour. Nach dem hop-on hop-off Prinzip fährt der rote E-Bus wieder ab Frühjahr 2021 durch die Stuttgarter Weinlandschaft, informiert über das was zu sehen ist per Audioguide und hält an acht spannenden Stationen. Darunter das Mer­ cedes-Benz Museum, die Kelter Untertürkheim und die Grabkapelle. Letztere lässt sich aber auch unabhängig von den Fahrtzeiten auf ei­ gene Faust erkunden. Zu Fuß lässt sich von der

In der Stuttgarter Vinothek gibt’s so einiges zu probieren

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Vinothek aus der Württemberg nach rund drei Kilometern erklimmen, wo man oben angekommen ein spektakuläres Panorama über die Weinlandschaft und Stadt genießt. Für eine etwas größere Tour folgt man dem Stuttgarter Weinwanderweg, der sich in drei Etappen gliedert und der zu tollen Aus­ sichtspunkten mit traumhaftem Blick über Ober- und Untertürkeim sowie die Grabkapelle selbst. Selbstverständlich ist eine Tour durch die umliegenden Weinberge ebenso per Segway buchbar. So viel frische Luft und Bewegung macht Appetit. Zurück in der Vinothek lässt es sich entspannt einkehren, ein Glas Wein schlürfen und Häppchen snacken. Um den größeren Hunger zu stillen, muss man aber auch gar nicht lange auf die Suche nach einer Gaststätte gehen. Rund um die Vino­ thek liegen nämlich zahlreiche Besen und Restaurants. Hier stärkt man sich mit typisch schwäbi­ schen Leckereien wie Maultaschen, Zwiebelrostbraten oder Spätzle mit Linsen und Saitenwürstle – und stellt dabei fest, wie simpel und doch so gut die regionale Küche ist. Echtes Soul Food!

WEIN AM SEE, WENGERTSHÄUSLE & CO. Wohin man die schönsten Ausflüge unternimmt und welche Winzer man am besten im Weins­ berger Tal besucht, erfahren Weinreisende am einfachsten in der Vinothek Weinsberger Tal. Sie ist gleich in mehrfacher Hinsicht der Servicepoint der Region. Was ursprünglich mit einer klassischen Touristinformation in Weinsberg angefangen hat, beherbergt heute auch eine Vinothek mit rund 50 Weinen von 25 Weinbaubetrieben. Hier sind Trollinger, Auxerrois & Co. ebenfalls zu ab-HofPreisen erhältlich. Dazu gibt’s noch andere Spezialitäten aus der Umgebung wie Honig, Nudeln, Öle und Kürbiskerne, Brände, Liköre, Gelee und Schokolade. Kleiner Tipp: Ob als Mitbringsel aus dem Urlaub oder als Geschenk für echte Feinschmecker – das Team vor Ort stellt aus Weinen und Lecke­ reien gerne individuelle Geschenkkörbe zusammen. Im Weinsberger Tal angekommen, muss aber selbstverständlich erstmal die Umgebung erkundet werden. Direkt von der Vinothek aus lohnt es sich zum Beispiel dem Wein- und Rosenrundweg Weinsberg zu folgen. Ein sehr gemütlicher Ein­ stieg, führt er doch eine Stunde ohne große Anstrengungen durch die Weinberge hin zur Burgruine Weibertreu. Ein paar Kilometer weiter erstreckt sich aber auch rund um den Breitenauer See eine traumhafte Wanderroute. Eingebettet in die Umgebung des Naturparks Schwäbisch-FränkischerWald lockt der See Segler, Schwimmer und Radfahrer an … Und eben auch Weinreisende. Denn etwas oberhalb des Seerundwegs begrüßt das Wengertshäusle der Winzer vom Weinsberger Tal (Wein-)Durstige. Von April bis Anfang November genießt man hier mit einem Glas Wein in der Hand die wunderschöne Aussicht über den See sowie das umliegende Rebenmeer. Ein echter Höhepunkt ist allerdings die Veranstaltung Wein am See, die voraussichtlich im Oktober 2021 stattfinden wird. An drei Tagen präsentieren sich rund um den Breitenauer See 21 Weingüter aus dem Weinsberger Tal und bieten rund 175 verschiedene Gewächse zum Verkosten an. Dazu gibt’s eine kulinarische Begleitung, bei der für jeden Feinschmecker etwas dabei ist – von Winzer­ fladen über selbstgemachte Pasta bis hin zu Winzer-Burgern und Waffeln am Stiel. Darüber hinaus ermöglicht der Löwen-Express, im Zuge des Events die umliegende Landschaft zu erkunden. Auf

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Ein Event der Extraklasse: Die Veranstaltung Wein am See am Breitenauer See

VINOTHEKEN

einer einstündigen Rundfahrt blickt man nicht nur über den Breitenauer See aus verschie­ denen Blickwinkeln und genießt einzigartige Aussichten, sondern nimmt währenddessen an einer kleinen Weinprobe teil. Wer hier einmal war, wird feststellen, dass die Schönheit der Natur einen schnell in ihren Bann zieht. Da ist der nächste Kurzurlaub im Weinsüden praktisch vorprogrammiert. Wie wäre es zum Beispiel damit, den längsten deut­ schen Weinwanderweg zu beschreiten? Über 300 Kilometer führt der Württembergische Weinwanderweg vom fränkischen Aub nach Esslingen am Neckar. Spontane Unterbrechun­ gen und Exkurse sind auf der Dreitagestour aus­ drücklich erwünscht – und falls man doch ein­ mal nicht weiter wissen sollte und sich nicht sicher ist, wohin der nächste Abstecher führen soll, weiß man ja, wo die Antworten zu finden sind. Denn die nächste Weinsüden Vinothek ist bestimmt nicht weit.

Christine Neubecker ist Redakteurin bei Meiningers Weinwelt, hat sich im Weinsüden umgeschaut und wurde in den Vinotheken herzlich empfangen.

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Alte Wache – Haus der badischen Weine Münsterplatz 38 79098 Freiburg im Breisgau www.alte-wache.com Vinothek im Weinbaumuseum Stuttgart Uhlbacher Platz 4 70329 Stuttgart www.weinbaumuseum.de Vinothek Weinsberger Tal Hauptstraße 1 74189 Weinsberg www.vinothek-weinsbergertal.de

VERANSTALTUNGEN Alte Wache lädt ein ... Zu den unterschiedlichsten Events über das ganze Jahr verteilt, seien es spezielle Seminare zum Thema Weingläser, Verkostungen mit den Kellermeistern höchstpersönlich und vieles mehr. Reinschauen lohnt sich unter www.alte-wache.com. After Work Wein Walk Vom 20. April bis zum 26. Oktober 2021 finden wieder die beliebten After Work

Wein Walks in Stuttgart statt. Bei einer gemütlichen Wanderung rund um den Götzenberg mit kleiner Weinverkostung und Snackpausen lässt man so den Tag ausklingen. Reservierung vorab empfehlenswert! www.stuttgart-tourist.de Wein am See Vom 15. bis zum 17. Oktober 2021 findet rund um den Breitenauer See die zweite Auflage von Wein am See statt – mit vielen regionalen Weinerzeugern und kulinarischer Begleitung. www.weinamsee.net

ÜBERNACHTEN Weinsüden Hotels Wer seinen Urlaub ganz im Zeichen des Weins verbringen möchte, sollte sich auch für die Nacht das passende Domizil aussuchen. Vom Bodensee bis ins Liebliche Taubertal gibt es zahlreiche Häuser, die das Weinsüden-Hotel-Siegel tragen. www.weinsueden-hotel.de

WEITERE INFORMATIONEN www.weinsueden.de

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REBEN PFALZ

ERLEBEN

Deutschlands 13 Weinbaugebiete sind ein Paradies für Outdoor-Fans. Zahlreiche Wanderwege, geführte Touren und spannende Aktivitäten bieten unvergessliche Erlebnisse für alle Weinliebhaber. Also nichts wie hinaus in die Reben! Eindrucksvolle Landschaften, malerische Städte und Dörfer sowie historische Sehenswürdig­ keiten – anstatt in die Ferne zu schweifen, kann es ebenso schön sein, die wunderbaren Orte und Regionen vor der eigenen Haustür besser kennenzulernen. Denn auch, wenn man denkt, schon alles gesehen zu haben, so gibt es doch immer wieder etwas Neues zu entdecken. Besonders die 13 deutschen Anbaugebiete sind zu jeder Jahreszeit eine Reise wert. Denn wo Reben die Landschaft prägen, der Wein zum Genießen einlädt und regionale Traditionen lebendig gehalten werden, laden zahlreiche Möglichkeiten dazu ein, die hiesigen Weinregionen zu erkun-

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den. Für eine Entdeckungstour eignet sich eine Wanderung auf einem der vielen aussichts­ reichen Pfade durch die Reben, zum Beispiel zu den Schönsten Weinsichten. 2012 wurden diese erstmals vom Deutschen Weininstitut gemeinsam mit den regionalen Gebietsweinwerbungen ausgezeichnet. 13 traumhafte Aussichtspunkte erhielten den begehrten Titel, einer in jedem Anbaugebiet. 2016 kamen im Rahmen einer öffentlichen Online-Abstimmung 13 weitere dazu. Die neuen Titelträger aus dem Jahr 2020 sind nun auch in die Online-Outdoor-Plattform outdooractive integriert worden. Dort finden Wander­­­ liebhaber ausgewählte Wege zu den

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FOTOS: STOCK.ADOBE.COM: IFEELSTOCK, MUCKINO, PETAIR, MARCEL

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DEUTSCHLAND Ein Ausflug in die Reben ist immer wieder ein Abenteuer

Entlang der Weinstraße gibt es viele tolle Wandertouren ...

... mit traumhaften Aussichten entlang des Weges, wie auf das Hambacher Schloss

schönsten Weinsichten und alle wichtigen Infos zu den Touren, wie Schwierigkeitsgrad, Höhenmeter, Dauer und Einkehrmöglichkeiten. Eine leichte Tour ist die zum Aussichtspunkt Terroir f bei Stetten in Franken. Dabei verläuft der knapp viereinhalb kilometerlange Weg direkt oberhalb des Mains. Von der Aussichtsplattform wird man mit einem traumhaften 360 Grad Blick bis nach Würzburg und in den Spessart belohnt. Eine mittelschwere Rundwan­ derung führt durchs Anbaugebiet Rheinhessen bei Zornheim. Start- und Endpunkt ist die Schönste Weinsicht 2020, das Zornheimer Ruhkreuz. Von dort führt die Hiwweltour Zornheimer Berg auf knapp sieben Kilometern vorbei an Weinreben, Obstwiesen und dem Biotop Rohrwiesen, mit traumhaften Ausblicken in den Taunus. Zwischendurch gibt es genug Ge­legenheiten eine kurze Rast einzulegen und das Panorama zu genießen. Beispielsweise im Herbst, wenn sich das Rebenmeer von seiner farbenprächtigsten Seite zeigt. In den warmen Monaten hingegen lassen sich die Temperaturen am besten in der Nähe des Wassers aushalten, und auch dort gibt es ei­ niges zu entdecken. Abenteuerlustige können sich auf eine Packrafting-Tour zu Land und zu Wasser durch das Flusstal der Nahe begeben und dabei nicht nur die Weinberge, sondern auch die imposante Felslandschaft am Ufer bestaunen. Das leichte, aufblasbare Boot wird dabei immer wieder für kurze Abschnitte gegen den Wanderrucksack getauscht. Im Anbaugebiet Sachsen schnappt man sich am besten ein Kanu und paddelt auf der Elbe an Dresden, Radebeul und Meißen vorbei, einen Teil der Sächsischen Weinstraße entlang. Wer hingegen lieber ein bisschen Surfer-Feeling genießen will, kann sich auch ein Stand-up-Paddling-Board leihen, zum Beispiel an der Mosel und damit den Fluss entlanggleiten. Und beim Fall ins kühle Nass nie den Mut verlieren, im-

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merhin sorgt gerade das im Sommer für die perfekte Abkühlung. Trockenen Fußes und dennoch mit Mosel-Abenteuer pur geht es über den Calmont Klettersteig. Die Strecke führt oberhalb des steilsten Weinbergs Europas, dem Bremmer Calmont, entlang und ist vom Deutschen Alpenverein mit Stahlseilen, Leitern und Trittbügeln gesichert. Schwindelfrei sollte man hier schon sein, ebenso in Boppard auf dem Mittelrhein Klettersteig. Auf dem fünf kilometerlangen Rundweg passiert man insgesamt 11 Kletterpassagen an den schroffen Felswänden. Doch keine Sorge, schwierige Passagen können auch über einen Wanderpfad umgangen werden. Am Ende lockt in jedem Fall eine Pause mit Blick auf die beeindruckenden Steilhänge des Rheintals. Auch im Südwesten, in der Pfalz, bieten sich allerlei Möglichkeiten, um das größte Rieslinganbaugebiet der Welt zu erkunden. Beispielsweise auf einem der zahlreichen Wanderwege, die entlang der Weinstraße durch Wald und Wein-

berge verlaufen. Um der Schönsten Weinsicht 2020 einen Besuch abzustatten, sollte man den Rundwanderweg Rebenmeer bei Ilbesheim einschlagen, der über die Kleine Kalmit bis ins benachbarte Wollmesheim führt. Von der Anhöhe mit ihren 270 Metern Höhe hat man bei gutem Wetter einen herrlichen Ausblick auf die Weinberge der malerischen Südpfalz. Etwas unterhalb der Kapelle befindet sich außerdem der Kalmitwingert. Er ist mit Weißburgunderreben bepflanzt, die auf dem Kalksteinverwitterungsboden ideale Bedingungen vorfinden. Ins­ gesamt 19 verschiedene Reberziehungsformen von der Antike bis zur Neuzeit werden hier auf sehr anschauliche Weise präsentiert. Des Weiteren ist der Pfälzer Weinsteig für Wanderliebhaber eine großartige Möglichkeit, die Region von Nord nach Süd zu durchqueren. Neben dem Pfälzer Höhenweg und dem Pfälzer Waldpfad zählt er zu den drei Prädikats-Fernwanderwegen in der Region. Der Weinsteig verläuft auf 172 Kilometern und 11 Etappen entlang der Weinstraße von Bockenheim bis nach Schweigen-Rechtenbach, nahe der französischen Grenze. Auf der abwechslungsreichen Tour wechseln sich Waldwege und Passagen durch die Weinreben ab und man kommt an wunderbaren Aussichtspunkten mit Blick auf die Rheinebene, die Vogesen, den Schwarzwald und den Odenwald vorbei. Außerdem passiert man unterwegs bekannte Weinorte wie Bad Dürkheim, Deidesheim und Neustadt, wo eine Rast beim Winzer praktisch Pflicht ist. Denn wer durch die Reben läuft, sollte Pfälzer Riesling und Burgunder unbedingt auch im Glas genießen. Wem Wandern noch nicht sportlich genug ist, der kann sich eine der Pfälzer Trailrunning-Routen vornehmen. Die anspruchs­ vollen Trails durch Wälder, Schluchten, Täler und Weinberge sind echte Pulsbeschleuniger und bieten Adrenalin-Fans pures Outdoor-Vergnügen. Für was auch immer man sich letztlich entscheidet, ein bisschen Abenteuer-Feeling ist bei einem Ausflug in die 13 deutschen Wein­ regionen immer mit dabei!

SERVICE FÜR GENIESSER

VERKOSTEN

Die Neuauflage des Merian Reiseführers „Genusstouren durch die deutschen Weinregionen“ enthält neben den 52 Höhepunkten der Wein­ kultur auch weitere Wandertipps zu den schönsten Weinsichten. Für 14,99 € unter www.shop.deutscheweine.de.

Die neue Broschüre „Vinotheken in der Pfalz“ stellt 48 Vinotheken entlang der Weinstraße und abseits davon vor, die nicht nur wegen ihrer Weine, sondern auch wegen ihrer besonderen Architektur einen Besuch wert sind. Zum kostenlosen Download unter www.pfalz.de.

INSPIRATION SAMMELN In der neuen App „Deutsche Weine“ finden Weinliebhaber alles Wissens­ werte rund um Rebsorten, Weinbau & Co. sowie touristische Highlights aus den 13 deutschen Anbaugebieten. Die App ist kostenlos über den App Store und Google Play Store verfügbar.

WEITERE INFORMATIONEN www.deutscheweine.de www.outdooractive.com www.pfalz.de

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FOTO: FOTOATELIER ADLUMINA/RALF ZIEGLER

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STADT WEIN GARTEN Die Bundeshauptstadt ist eigentlich nicht als Weinbauland bekannt, auch wenn der Rebensaft dort bei unz채hligen offiziellen und privaten Anl채ssen ausgeschenkt wird. Bier wird in Berlin gebraut, Schnaps gebrannt, aber Wein kultiviert? Doch tats채chlich wachsen Reihen von Reben in Sichtweite des Wasserturms, in der N채he des Kollwitz-Platzes. 30

FOTOS: MARTIN SPECHT

BERLIN

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Szenen einer Großstadt: Dass in der Nähe Trauben wachsen, wissen nicht viele

Lautlos gleitet ein junger

Riesling wird als einzige Rebsorte im Weingarten Berlin angebaut

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Mann auf einem E-Scooter in Sichtweite der Weinreben vorbei und wischt um die nächste Straßenecke, sein Jacket flattert im Fahrtwind. Ein langer Berliner Sommer geht zu Ende. Die Ferien und die Pause vom Regierungsalltag waren wegen der Coronakrise in diesem Jahr anders als sonst. Zwischen Demonstrationen, Pressekonferenzen, Kabinettssitzungen, Debatten und öffentlichen Auftritten der Politiker versuchen sich die Menschen nun etwas von ihrem Alltag zurückzuerobern. Darum freut es viele, dass die Tage gegen Ende September noch einmal sonnig und warm sind. Bis spätabends sitzen die Gäste auf den Terrassen der Bars und Restaurants am Käthe-Kollwitz-Platz. Besagter Kollwitz-Platz befindet sich im Bezirk Prenzlauer Berg – ehemals Ost-Berlin – und war zu DDR-Zeiten wegen seiner zentralen Lage und der preisgünstigen Wohnungen bei Künstlern, Oppositionellen und Rentnern beliebt. Günstig sind die Mieten zwar schon lange nicht mehr, aber beliebt ist die Gegend immer noch. Nach

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Es war eine kühne Idee von uns, hier 1999 Wein anzupflanzen« Dr. Frank Pietsch

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Ist von Beginn an dabei: Dr. Frank Pietsch legte den Wein­ garten 1999 mit an

der Wende entstand eine interessante Gastro­ nomie und die verfallenden Altbauten sind heute aufwendig saniert. Dass gerade hier Wein angebaut wird, überrascht. Wie ist das im Zentrum einer Großstadt mit mehr als dreieinhalb Millionen Einwohnern möglich? „Wein gibt es in Berlin schon seit 700 Jahren“, sagt Wolfgang Krause mit Blick auf die Reben. Krause ist braungebrannt, macht einen sportlichen Eindruck und kennt sich aus mit der Geschichte des Weins in Berlin und der brandenburgischen Umgebung. Zur Begrüßung haben wir uns zeitgemäß mit den Ell­ bogen berührt, auch das kommentierte der fröhliche Berliner mit einem Lachen. Bis zu seiner Pen­sionierung war Wolfgang Krause Leiter des Grünflächenamtes im Bezirksamt Prenzlauer Berg. „Berlin wurde ursprünglich einmal aus dem Westen besiedelt“, so Krause. „Die Siedler brachten den Wein mit und bauten ihn hier an.“ Bereits im Jahr 1173 wurde Weinbau in Brandenburg erstmals erwähnt, die Gründung Berlins wird auf 1237 datiert. Es waren vor allem Prämonstratenser-Mönche und der Ritterorden der Johanniter, die die ersten Anbauflächen mit Reben anlegten. Im 16. Jahrhundert hatte der Weinbau in Berlin eine beachtliche Größenordnung erreicht: 70 Weinberge, 26 Weingärten mit einer Fläche von etwa anderthalb Quadrat­ kilometern. Wolfgang Krause erzählt, dass in dieser Epoche auch größere Mengen von Wein erst nach Hamburg, und von dort in andere Länder Europas ausgeführt wurden. Im Jahr 1578 erließ Kurfürst Johann Georg eine erste Weinmeisterordnung, mit dem Ziel, den Ber­ liner Weinbau zu fördern und Qualität sowie Erträge zu steigern. Die historischen Daten und

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die Geschichte des Weinbaus in seiner Heimatstadt faszinierten Wolfgang Krause von jeher. Mit Gleichgesinnten gründete er darum den Verein Weingarten Berlin. „Von der Gründung her, sind wir eigentlich ein Geschichtsverein“, so Krause. „Wir haben uns an der Geschichte des Weins in Berlin orientiert und wollten darüber informieren, um so mehr Menschen zum Wein zu bringen.“ Auf immer noch sichtbare Spuren der Berliner Weinhistorie trafen die Vereinsmitglieder an vielen Orten ihrer Stadt. Wenn man erst einmal forschte, tauchten die entsprechenden Hinweise auf. „Heute ist noch Vieles in den Straßennamen überliefert“, erzählt Wolfgang Krause voller Begeisterung. „Es gibt die Weinmeisterhornstraße, oder die Weinstraße am Friedrichshain und den Weinbergsweg am Rosenthaler Platz. Zwischen diesen beiden ­ ­Straßen lagen die ältesten Weinfelder in Berlin.“ Dass der geschichtsbewusste Weinenthusiast von Weinfeldern spricht, und auch der Name des Vereins Weingarten Berlin lautet, hat etwas damit zu tun, dass die Topographie Berlins nichts hergibt, auf das die Bezeichnung Berg – ebenso Weinberg – auch nur annähernd passen würde. Trotzdem gibt es den Kreuzberg – der noch bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts als Runder Weinberg oder Götzes Weinberg bekannt war – und auch einen Teufelsberg, letz­ terer wurde von Menschenhand aus Trümmern nach dem Zweiten Weltkrieg aufgeschüttet. Später bauten die Amerikaner auf ihm eine Radarstation, um weit in den Osten hinein zu spionieren. Auf dem Gelände der heutigen Charité befand sich der Hohe Weinberg, der nach den Verheerungen des Dreißigjährigen Krieges vom Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm I. mit französischen und italienischen Rebstöcken

Circa 3 500 Quadratmeter Rebfläche hat der Weingarten

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neu bepflanzt wurde. Doch Berge im eigent­ lichen Sinne sind diese Erhebungen nicht. Die Berliner, erläutert Wolfgang Krause, hätten zwar keine steilen Bergflanken, die über tiefen Flusstälern in die Sonne aufragen, wie andere berühmte Weinanbaugebiete, aber dafür die Barnim-Hangkante. „Was bitte ist das?“, muss ich nachfragen. Barnim-Hangkante, davon habe ich bislang noch nichts gehört. „Wir sind hier auf einem Höhenzug“, erläutert Krause. „Berlin ist von zwei Höhenzügen umgeben: Einmal der Teltow bis Kreuzberg, und hier ist es der Barnim. Der geht bis zum Oderbruch und ist im höchsten Falle 90 Meter höher als das Urstromtal der Spree. Das war seinerzeit der Anreiz dafür, Wein am Südhang des Barnim anzubauen.“ Beim Barnim, auf dem sich heutzutage gleich mehrere Anbauflächen von Weingarten Berlin

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– und ein nicht unerheblicher Teil der städtischen Bebauung – befinden, handelt es sich um einen pleistozänen Höhenzug. Der zwar nicht sehr hoch, aber geeignet ist, um Reben an den Hängen anzubauen. Immerhin etwas. Was der Blütezeit des Weinbaus im historischen Berlin den Garaus machte, waren zwei aufeinanderfolgende, strenge Winter. Zweimal wochenlang minus 40 Grad, so die Überlieferung, danach spielte der Weinbau in Berlin keine Rolle mehr. Die Anbauflächen wurden vielfach mit Getreide bepflanzt und es begann der Aufstieg der Brauereien in der Stadt. In den folgenden zweieinhalb Jahrhunderten wurde Berlin zwar für das dort gebraute Bier bekannt, Weinbau im Stadtgebiet geriet jedoch weitgehend in Vergessenheit. Dies änderte sich, als in den 1970er

J­ ahren wieder Versuche unternommen wurden, Reben in der Großstadt anzubauen. Das war zuerst überwiegend im damaligen Westteil Berlins der Fall. An den Hängen des Kreuzbergs reckten sich Weinreben gen Himmel, und sogar auf der ehemaligen Tribüne eines Sportstadions in Wilmersdorf. Obwohl bei den Gründern von Weingarten Berlin anfangs das Interesse an der Historie im Vordergrund stand, geriet der Blick auf die Vergangenheit dann auch zu einem Blick in die Zukunft. Es wurde der Beginn der Renaissance des Weinbaus entlang der BarnimHangkante. Bei meinem Gang durch die Reihen der Reben auf der größten Anbaufläche des Vereins – irgendwo zwischen Kleingartensiedlung und Plattenbauten – begegnen wir einem älteren Herren, der mit sichtlicher Hingabe dabei ist, einige Rosenstöcke, die in der Nähe der

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DEUTSCHLAND

Kennt sich mit Weinbau in Berlin bestens aus: Wolfgang Krause

Durch die Reben des Weingartens sieht man den Wasserturm am Kollwitz-Platz

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DEUTSCHLAND Reben wachsen, zu beschneiden. „Dr. Frank Pietsch“, stellt er sich vor. Dr. Pietsch gehört wie Krause zu denen, die den Weingarten im Jahr 1999 anlegten und 2003 den Verein Wein­ garten Berlin gründeten. Von Beginn an war Dr. Pietsch der Vorstandsvorsitzende. Behutsam klappt er die Rosenschere zu. Weißes Haar, ­helles Hemd, Dr. Pietsch macht einen distinguierten Eindruck. Die Rosen, erklärt er mir, dienten nicht etwa zur Zierde, sondern als Indikatoren für möglichen Pilzbefall, der die Anbaufläche befallen könnte. Der würde zuerst die Rosen angreifen, dann erst den Wein. Auf die Frage, nach den Anfangsjahren von Weingarten Berlin sagt Dr. Pietsch: „Es war eine kühne Idee von uns, hier 1999 Wein anzupflanzen.“ Wolfgang Krause fügt hinzu, am Anfang seien die meisten von ihnen mehr Weintrinker als Winzer gewesen. „Wir hatten wenige – zumeist theoretische – Kenntnisse darüber, wie man Wein pflegt und behandelt. Aber das haben wir dann im Laufe der Zeit gelernt. Wir haben mit 400 Rebstöcken angefangen, kurze Zeit später ­kamen nochmal 100 dazu.“ Heute bewirtschaftet Weingarten Berlin etwa 600 Reben auf circa 3 500 Quadratmetern. Dabei handelt es sich ausnahmslos um Riesling. „Unter dem Gesichtspunkt des Anbaus hätten wir uns wahrscheinlich für eine andere Rebsorte entscheiden sollen und nicht gerade für Riesling“, sagt Wolfgang Krause. „Riesling braucht um die 170 Sonnenstunden. Unser Standort ist nicht sonnenoptimal. Das müssen wir durch längere Reifezeiten ausgleichen. Aber wir dürfen auch keinen Botrytis-Befall riskieren.“ Die Entscheidung, ausgerechnet den schwierigen Riesling in Berlin anzubauen, habe laut Krause nur einen einzigen Grund ­gehabt: „Wir haben uns vom Geschmack leiten lassen.“ Der sandige Berliner Untergrund scheint dem Wein jedenfalls zu bekommen. Außer bei Neupflanzungen muss nicht zusätzlich bewässert werden. Ein weit größeres Pro­ blem stellen die mitunter tiefen Temperaturen dar. Berliner Winter sind eisig und dauern manchmal bis ins Frühjahr hinein an. „Die Spätfröste sind ein Problem“, sagt Dr. Pietsch. „Das Umfeld der Stadt lässt zwar die Temperaturen im Durchschnitt um zwei bis vier Grad ansteigen, aber gerade, wenn zu den Eishei­ ligen Frostnächte kommen, sind wir in Sorge. In der Stadt kann man ja auch schlecht Feuer anzünden, um die Reben zu schützen. Wenn Frost ist, dann ist es auch meistens Bodenfrost. Wir lassen immer eine Frostrebe stehen. Meistens ist die angebundene Rebe betroffen und die Frostrebe hat es geschafft.“ Um den Zuckergehalt des Weines auf natürlichem Weg zu ­erhöhen, versuchen die Weingärtner die Ernte möglichst lange hinauszuzögern und auch noch die letzten Sommertage Anfang Oktober mitzunehmen. Die Weinlese findet dann öffentlich statt. Ebenso wie beim Rebschnitt im Frühjahr müssen sich die – mittlerweile mehrere Dutzend zählenden – Vereinsmitglieder daran beteiligen.

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Bei einer doch relativ kleinen Anbaufläche, so Dr. Pietsch, können die Qualitätsschwankungen mitunter größer sein, als es bei größeren Flächen der Fall ist. Mittlerweile liegt die jährliche Produktion von Weingarten Berlin zwischen 300 und 1 200 Flaschen. Auf die große Diskrepanz zwischen den einzelnen Jahrgängen angesprochen, lacht Wolfgang Krause: „Wir hatten auch schon Missernten.“ Von Anfang an waren sich die Weingärtner da­ rin einig, nicht selbst keltern zu wollen. „Das wäre zu viel geworden“, sagt Dr. Pietsch. „Wir wollten ja einen guten Wein haben. Also haben wir überlegt, wo wir keltern lassen können. Da haben wir uns nach Meißen gewandt. Das ist von Berlin ja nicht sehr weit entfernt. Wir haben beim Prinzen zur Lippe angefragt. Der schickte dann seinen Kellermeister, den Herrn Schwarz, vorbei. Zu unserem Glück hatte der eine Freundin in Berlin und hielt sich oft in der Stadt auf. Wenn wir Probleme hatten, konnte er vorbeikommen und uns beraten. Aus der Zusammenarbeit ist dann eine sehr feste Verbindung geworden und wir haben immer ordentliche Qualitäten.“ So entstand nach der ersten Weinlese 2003 der „Berliner Riesling Prenzlauer Berg“ genannte Wein. Weil Meißen im Bundesland Sachsen liegt, müssen die Trauben aus Berlin bei jedem Transport über die Landesgrenzen hinweg mit den nötigen Ausfuhrpapieren versehen sein. Da Berlin keine Rebrechte besaß und die kommerzielle Ausfuhr von Trauben zur Weinherstellung durch Weingarten Berlin überhaupt möglich wurde, hatte der Berliner Senat eine Duldung für den Weinbau ausgesprochen. Neue Probleme tauchten im Jahr 2016 auf, als einige Änderungen im Zusammenhang mit dem Weinrecht der Europäischen Union in Kraft traten. Irgendwie passt es zur Lage in der Hauptstadt, dass Politik und Verordnungen auch das Leben im Weingarten in Unruhe versetzen können. Jedenfalls reichte von da an eine Duldung des Senats für den Weinbau in Berlin nicht mehr aus. Es war das Bundesland Hessen, das seine Hilfe anbot, indem es vier Hektar Rebfläche an Berlin abgab. Damit wurde Berlin ganz offiziell zu einem Weinanbaugebiet. Allerdings galt es dann noch weitere Hürden zu nehmen. „Wir bekamen zwar eine Bestätigung, dass wir nun Rebrechte hatten“, so Dr. Pietsch, „aber dann kam ein ganzer Rattenschwanz hinterher.“ Wolfgang Krause erinnert sich: „Wir mussten ein neues Etikett herausgeben. Das haben wir beim Ministerium in Hessen eingereicht. Es wurden sofort 13 einzelne Punkte darauf beanstandet. Zum Beispiel haben wir den Alkohol­ gehalt mit 12,2 Prozent angegeben. Die hat der Wein tatsächlich. Man teilte uns aber mit, dass man entweder 12,0 oder 12,5 Prozent angibt. Das hatten wir bis dahin nicht gewusst.“ Als weitaus gravierender für die Berliner Wein­ gärtner sollte sich jedoch herausstellen, dass Hessen vier Hektar Anbaufläche der untersten Qualitätskategorie abgetreten hatte. Damit durf-

ten die Bezeichnung Riesling und eine Herkunftsangabe nicht mehr auf dem Etikett erscheinen. Dies war das offizielle Ende für den „Berliner Riesling Prenzlauer Berg“, – jedoch nicht für den Wein an sich. Kurzentschlossen, das erzählen Krause und Pietsch stolz, bat der Vereinsvorstand seine Mitglieder, Vorschläge für einen neuen Namen einzureichen. Am Ende kamen drei davon in die engere Auswahl. Auf einer Mitgliederversammlung entschied man sich für die Bezeichnung „Der Besondere“. Mehrere Jahrgänge des „Besonderen“ wurden seitdem hergestellt. 2018 sei bislang der Beste gewesen, sagt Wolfgang Krause. Nun – Anfang Oktober – bereitet man sich auf die Weinlese 2020 vor. „Bis jetzt sieht es gut aus, aber wir jonglieren mit dem Frost“, so Dr. Pietsch. „Wir hatten ja in Brandenburg schon den ersten Frost. Aber die letzten sonnigen Tage, die bringen nochmal einen höheren Zuckergehalt. Das ist schon wichtig für uns.“ Wolfgang Krause stimmt zu. „Wir lesen meistens um den 20. Oktober herum. Gestern haben wir nochmal gemessen: Die Trauben, die am weitesten zurück sind, haben um die 50 Grad Oechsle, alles andere zwischen 60 und 70 Grad Oechsle.“ Bei der öffentlichen Weinlese werden wieder die meisten Vereinsmitglieder zusammenarbeiten. Etwas worauf sich Krause und Pietsch freuen. Dr. Pietsch b ­ etont, dass der Weingarten Berlin für Zum Greifen nahe beieinander: Groß­stadtleben und Weinbau in der Hauptstadt

einen Verein eine relativ junge Altersstruktur besitzt. Wolfgang Krause versucht das steigende Interesse am Weinbau in Berlin zu erklären: „Viele der Neuzugezogenen in Berlin stammen ursprünglich aus Weinbaugegenden. Die sind sehr interessiert. Es wiederholt sich da etwas, das den Wein auch ursprünglich nach Berlin gebracht hat.“ Mittlerweile hat der Verein sogar Mitglieder aus verschiedenen Nationen, man sei international aufgestellt, sagt Dr. Pietsch: „So wie Berlin es auch ist!“ Überhaupt ist er der Ansicht: „Wein hat so viel Fluidum, da entsteht etwas. Ost und West lassen sich auch irgendwie verbinden.“ Und auf den Weinanbau im Ber­ liner Stadtgebiet trifft das wahrscheinlich ganz ­besonders zu. Martin Specht ist normalerweise auf der ganzen Welt unterwegs, um in Krisen­ gebieten zu recherchieren. Dieses Jahr verbrachte er mehr Zeit in seiner Heimat.

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NEUSIEDLER SEE, BURGENLAND

Der Neusiedler See ist etwas ganz Besonderes. Er ist nicht nur ein Paradies für Wassersportler, Ornithologen und Urlauber aller Couleur, sondern kennzeichnet auch die besonders charaktervollen (Zweigelt-)Weine der Region als Neusiedlersee DAC.

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FOTOS: ANNA STÖCHER

EIN SEE VOLLER


ÖSTERREICH

ERLEBNISSE

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Herrliche Weinlandschaft: entlang des WeinWegGols

Der Wind bläst kräftig, die Wasseroberfläche kräuselt sich wild und glitzert in der Spätsommersonne. In der Ferne ziehen ein paar Surfer vorbei – wir sitzen in der Mole West in Neusiedl am See und haben einen herrlich fruchtigen Zweigelt im Glas. Ein Wohlfühlmoment, wie er im Buche steht. „Wenn ich den See seh’, brauch’ ich kein Meer mehr“ heißt es auf der Homepage der Mole West. Und es stimmt: Sitzt man am Neusiedler See, hat man wirklich das Gefühl, am Meer zu sein. 35 Kilometer ist er lang und zwischen drei und zwölf Kilometer breit; ein tolles Reiseziel mit einem besonderen Merkmal: sein hoher Salzgehalt. Auch ein Geheimnis birgt der See, oder besser einen Naturschatz. Unter dem Neusiedler See befindet sich das größte Mineralwasservorkommen Europas. 250 Quadrat­ kilometer schlummern weit unter dem See, der an seiner tiefsten Stelle nur zwei Meter tief ist. Paradies für Wassersportler, prägend für Winzer und Weine: der Neusiedler See

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Umkranzt vom Leithagebirge wird der salz­­­­ haltige See grob in drei Teile geteilt: in die Orte im Norden von Neusiedl am See bis Halbturn, den Seewinkel im Südwesten rund um Illmitz und Apetlon und den Teil rund um Andau und Tad­ten. Im Norden und Osten befindet sich das größte Weinbaugebiet des österreichischen Burgenlands mit einer Vielfalt an Rebsorten. Auf 6  675 Hektar Rebfläche reifen hier an den Ufern des Sees die Trauben für Weiß-, Rotund Süßweine heran. Die besonders gebiets­­­­­ typischen Weine werden unter der Herkunfts­ bezeichnung Neusiedlersee DAC vermarktet und bezeichnen einen fruchtig-harmonischen Zweigelt mit samtigem Tannin. Die Steigerung dessen ist die Neusiedlersee DAC Reserve, hier handelt es sich um einen reinsortigen Zweigelt, der ausdrucksstark seine Herkunft widerspiegelt. Auch eine Neuerung gibt es: Künftig werden unter der geschützten Ursprungsbezeichnung Neusiedlersee DAC auch fruchtsüße Weine (Spätlesen und Auslesen) vermarktet und unter der Neusiedlersee DAC Reserve auch edelsüße Weine wie Bee­­­renauslesen und Tro­ ckenbeerenauslesen. Da­ rüber hinaus ist die Angabe der engeren Her­­kunft Seewinkel erlaubt, wenn die Trauben für den Wein aus

den Gemeinden Apetlon, Illmitz oder Podersdorf stammen.

DER NORDEN: GOLS & CO. Mit diesem Wissen im Gepäck machen wir uns auf den Weg ins Weinkulturhaus in Gols, in dem sich die Gebietsvinothek und die Tourismusinformation befinden. Circa 100 offene Weine können hier verkostet werden und beim Stromern durch die Räumlichkeiten, die nach Rot- und Weißweinen arrangiert sind, erkennt man auf den ersten Blick, mit welcher Vielfalt man es in dieser Region zu tun hat. „Zugänglich. Vielfältig. Authentisch. Wie das Land so sein Wein.“ So lautet dann auch die zentrale Botschaft von Neusiedlersee DAC, zu der über 100 Winzer gehören. Am besten, Sie planen am Ende Ihres Urlaubs einen Abstecher hierher, decken sich mit Weinen ein und erleben zu Hause Ihren Urlaub immer wieder nach. Das Weinkulturhaus ist aber nicht nur zum vinophilen Shoppen da, es ist auch der Ausgangspunkt für den WeinWegGols, der auf zehn Kilometern Länge durch die besten Weinlagen führt. Hier kann man herrlich wandern oder zu einer Fahrradtour aufbrechen, denn es gehört auch ein ausgeklügeltes Radwegenetz zur Region. Einen traumhaften Blick über die Landschaft er­ haschen Sie zum Beispiel am Rastplatz Ungerberg, hier ist auch ein Schauweingarten mit den zehn bedeutendsten Rebsorten angelegt, an dem Sie Ihr Weinwissen vertiefen können. Nach so viel Bewegung möchten wir nun Weine verkosten und besuchen einen Golser Familienbetrieb, das Weingut Allacher Vinum Pannonia. Michael Allacher hat sich mit dem imposanten Weingut einen Traum erfüllt und ein Zeichen gesetzt; der Neubau aus Holz, Stahl und Glas ist direkt in den Hang gebaut und thront erhaben in der Weinlandschaft. Von hier oben hat man einen spektakulären Blick über die Reben. „Zur Ernte 2018 konnten wir den Neubau einweihen“, berichtet Michael Allacher und drückt

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ÖSTERREICH

Thront erhaben über den Reben: das Weingut der Familie Allacher

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Gerhard und Brigitte Schaller bieten Wohn­mobilstellplätze an

ÖSTERREICH

besser „mobil wohnen beim Winzer“ wird ­super angenommen. Weinprobe inklusive. Das Weingut ihres Mannes umfasst zehn Hektar Rebfläche und wenn man einen Beweis für den Spruch „die Weine spiegeln die Persönlichkeit ihrer Winzer wider“ haben möchte, muss man das Weingut Schaller vom See besuchen – hier werden unkomplizierte, frische und fruchtbetonte Weine produziert, die Spaß machen.

DER SEEWINKEL

Zweigelt: Österreichs erfolgreichste Rotwein-Reb­sorte ist auch beim Neusiedlersee DAC tonangebend

uns erst mal sein jüngstes Baby in die Hand, einen Pet Nat aus gelbem Muskateller, ein cooler Sparkler zum Einstieg in eine phantastische Weinprobe. Die Allachers verstehen sich als Wegbegleiter der Natur und bewirtschaften ihre Weinberge entsprechend naturnah und respektvoll. Tradition und modernes Wissen gepaart mit der allerneusten Ausstattung im Keller tun ihr übriges und so kann Michael Allacher mit Stolz auf zahlreiche Auszeichnungen für seine Weine blicken. Sein Sortiment ist von beachtlicher Frische und Qualität und kann täglich in bezauberndem Ambiente verkostet werden. Gäste sind hier an jedem Tag der Woche willkommen. Für jeden Urlauber findet sich in dieser Region das maßgeschneiderte Konzept. So sind auch Reisende, die im Wohnmobil unterwegs sind und am liebsten ihrem ganz eigenen Rhythmus folgen, am Neusiedler See gut aufgehoben. Gerhard und Brigitte Schaller bieten auf ihrem Weingut sieben Stellplätze samt Wasser und Strom an und wer ein Weinpaket kauft, darf eine Nacht umsonst parken. Während wir uns neugierig umschauen, kommt gerade ein Paar aus Regensburg mit ihrem Camper vorbei und erzählt begeistert von ihrer bisherigen Reise. Ihnen ist es am wichtigsten, dass sie während ihrer Touren unabhängig dort Halt machen können, wo es ihnen gefällt. „Wir leben am schönsten Ort der Welt und möchten das natürlich mit unseren Gästen teilen“, schwärmt die quirlige Brigitte Schaller. Sie ist mit Herz und Blut Gastgeberin und freut sich über jeden, der vorbeikommt. Das Publikum ist international und das Konzept „Wohnen beim Winzer“ oder

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Am Neusiedler See gehen Weintourismus und Naturtourismus Hand in Hand und so brechen wir auf Richtung Seewinkel, dessen Name von der L-förmigen Ausrichtung der drei Orte Podersdorf, Illmitz und Apetlon stammt. Der Nationalpark Neusiedler See – Seewinkel zählt zu einem der bedeutendsten Vogelschutzgebiete Europas und ist Brutgebiet für über 300 Vogelarten. Wer alles intensiv erleben möchte, der geht am besten mit einem Guide auf Tour, die Nationalpark-Verwaltung in Illmitz bietet regelmäßig Touren an. Unser „Ranger“ heißt Tina und ist eine junge Studentin, die die Gegend wie ihre Westentasche kennt. Gemeinsam wandern wir – mit Ferngläsern bewaffnet – in den Schilfgürtel zu einem Aussichtspunkt und erhaschen einen Blick auf das weitläufige Gebiet aus Schilf, salzhaltigen Lacken und sumpfartigen Wiesen. Der Nationalpark wurde 1993 gegründet, seit 2001 wurde die Region um den Neusiedler See nicht umsonst zum UNESCO-Welterbe erklärt. Naturbegeisterte werden es lieben. Wir lernen, dass der Neusiedler See schon dreimal komplett ausgetrocknet war und dass man in dieser Zeit auf der Fläche Reis angebaut hat. Tina begeistert während der Exkursion mit ihrem Wissen und wir sind beeindruckt von der Stille, die im Schilfgürtel herrscht. Gemeinsam mit unserem „Ranger“ werfen wir noch einen Blick auf die dort heimischen Graurinder und erhaschen einen weiteren auf die weißen Esel, die mit ihrem Anblick unzählige Besucher entzücken. Ein herrlicher Ausflug, der einen Einblick in eine unvergessliche Landschaft sowie eine große Pflanzen- und Tierwelt bietet. Seit diesem Jahr kann man sich am Ausgangspunkt der Tour im angrenzenden Museum auch die heimischen Tiere – witzig in durchsichtigen Kugeln präsentiert – und Pflanzen anschauen und interaktiv vieles über die Region lernen. So viel frische Luft und Bewegung macht Appetit und weckt die Lust auf ein Glas Wein. Haben wir doch unterwegs gelernt, dass die Salz- und Soda-Lacken für besondere Aromen

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Heimisch im Seewinkel sind die Graurinder mit den langen Hörnern

Natur pur: Der Schilfgürtel ist ein bedeutendes Vogelschutzgebiet

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Urgemütlich übernachten können Gäste im Arkadenweingut Heiss – Weinprobe von Christian Heiss inklusive

in den Weinen sorgen. Das Salz dringt hier nicht nur über den Boden in die Rebe ein, sondern wird zum Teil auch durch den Wind in die Pflanze geweht.

„DAC“ IST KLAR: Herkunft zählt! Mittlerweile werden in 16 österrei­ chischen Gebieten Qualitätsweine mit der Zusatzbezeichnung DAC vinifiziert. Die Bedin­ gungen für diese regionaltypischen Weine und ihre Profile (etwa Rebsorte, Alkohol, Restzucker) werden in den jeweiligen regionalen Wein­ komitees festgelegt. Erhält ein Wein einen DAC-Status, so bedeutet dies, dass er besonders regionstypisch ist und auch einen geschützten Ursprung hat. Ein NEUSIEDLERSEE DAC zum Beispiel bezeichnet daher beim Rotwein einen besonders herkunftstypischen Zweigelt, die Leitsorte dieser Region. Dies gibt dem Konsumenten hundertprozentige Herkunftssicherheit und Typizität

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Ganz in der Nähe des Nationalparks treffen wir Christian Heiss, der uns eine Einführung in die Weine des Familienweinguts gibt. Darüber hi­naus kann man im Arkadenweingut Heiss entspannt Urlaub machen. „Früher hat meine Großmutter sich um die Zimmer gekümmert, heute macht’s die Mama“, berichtet Christian Heiss, der kurz vor der Matura steht, aber schon voller Energie und Tatendrang seinen ersten eigenen Wein vinifiziert hat. Gemeinsam mit seinem Schulfreund Daniel Tschida hat er die Sorten Welschriesling und Sauvignon Blanc vereint und daraus die Cuvée Stoak kreiert. Ein wahrlich starker und eleganter Tropfen. Und so viel sei verraten: Eine Rotweincuvée wird defi­ nitiv folgen. Gäste, die es familiär und unkom­ pliziert wünschen, kommen gerne hierher und fühlen sich bestens umsorgt. Das Weingut ist der ideale Ausgangspunkt für Ausflüge und Aktivi­täten, abends lädt die Familie in die gemütliche Weinlaube und zur Weinprobe ein. Wir bleiben auf den Spuren des Oenotourismus und besuchen das Weingut Salzl Seewinkelhof in Illmitz. Bereits seit 1840 betreibt die Familie Weinbau, heute arbeiten drei Generationen Hand in Hand. Die Stimmung ist ausgelassen, als wir die moderne Vinothek betreten, etliche Besucher lehnen entspannt mit einem Glas in der Hand am Tresen und genießen die Weine. Wir sind mit Josef Salzl verabredet und ver­ kosten uns gemeinsam mit ihm durch das Sortiment. „Chardonnay ist für mich die größte Weißweinsorte“, verrät der geborene Gastgeber und schenkt uns seine 2019 Chardonnay Selection ins Glas. Der Wein zeigt, zu was die Sorte (und der Winzer) in der Lage sind. Hier ver­ einen sich Schmelz und gelbe Frucht mit eben der für die Region typischen salzigen Minera­ lität; am Gaumen ist der Wein saftig ohne Ende mit Noten von Mandarine und erfrischendem Zitruskick. Seine Zweigelt spiegeln die Region ebenso wider, dabei ist Josef Salzl die Weichheit

dieser Sorte wichtig: „Unsere Gebäude haben ja auch keine Ecken und Kanten“, lacht er und ist froh, in dieser Region zu Hause zu sein. Seit 1995 gehört eine Vier-Sterne-Pension mit schi­ ckem Pool zum Weingut, die von April bis Ok­ tober regelmäßig ausgebucht ist. Ein Ort zum Kräfte tanken, wo die Familie Salzl nur darauf wartet, ihren Gästen in einem familiären Umfeld die Wünsche von den Augen abzulesen. Am besten gleich da bleiben. Oder Sie buchen sich in der St. Martins Therme & Lodge am Rande des Nationalparks ein und genießen das dortige Wellnessangebot.

DER OSTEN: ANDAU & CO. Früher war die Gegend rund um Andau dem Ackerbau und dem Gemüseanbau vorbehalten, doch seit einigen Jahren ist nicht nur der Weinbau auf dem Vormarsch, sondern die heimischen Winzer verstehen es, mit außergewöhn­ lichen Konzepten rund um den Wein, Gäste anzuziehen. Wenn Sie zum Beispiel gerne üppig frühstücken, müssen Sie einen Besuch bei Hannes Reeh einplanen. Zunächst: Das Weingut ist ein Traum … Die modernen Gebäude, deren Herzstück der gestylte Innenhof bildet, sind mit grauen Schieferplatten verkleidet, alles folgt einer geradlinigen Architektur und ist absolut sehenswert. Dahinter steckt Hannes Reeh, der von Anfang an einen klaren Plan hatte: das Familienweingut an die Spitze führen. Inzwischen macht er das Thema Essen und Wein für seine Gäste zugänglich und so dient das Weingut als Bühne für Events: Vom Private Dining, über Pop-up-Heurige, Barbecues, Kinoevents, Workshops und Kochshows wird hier einiges angeboten. „Wine is my Reehligion“, ist so auch nicht nur ein guter Spruch für die T-Shirts der Mitarbeiter, sondern tatsächlicher Fokus. Wir treffen uns zum Brunch und können kaum glauben, welche regionalen Köstlichkeiten uns da aufgetischt werden. Von Schinken über Käse, Marmeladen, Aufstriche, frisches Brot, Tapas und Süßigkeiten ist alles da, was das Herz ­begehrt. Die Weine gehören mit zum Besten, was die Region zu bieten hat. So duftet der Neusiedlersee DAC Zweigelt nach Veilchen, Lakritz, Waldbeeren und etwas Schokolade und zeigt sich am Gaumen kirschfruchtig mit weicher Art – ein Zweigelt, wie er im Buche steht. Wie dynamisch die Region gerade in Sachen Oenotourismus auf dem Vormarsch ist, zeigt sich am Beispiel des Weinguts Scheiblhofer. Macht man eine Führung durch den Betrieb,

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ÖSTERREICH

Im Dorfmuseum in Mönchhof können Besucher in der Vergangenheit wandeln

Spitzengastgeber mit vielen kulinarischen Events: das Weingut Hannes Reeh

OENOTOURISMUS

AUSFLUG-TIPPS

Allacher Vinum Pannonia 7122 Gols www.allacher.com

Nationalpark Informationszentrum 7142 Illmitz

Weingut Schaller vom See 7141 Podersdorf www.schallervomsee.at

WeinWegGols 7122 Gols

Arkadenweingut Gästehaus Heiss 7142 Illmitz www.arkadenweingut-heiss.at Weingut Salzl Seewinkelhof 7142 Illmitz www.salzl.at Hannes Reeh 7163 Andau www.hannesreeh.at Weingut Scheiblhofer 7163 Andau www.scheiblhofer.at

Einladend: das Familienweingut Salzl Seewinkelhof von Josef Salzl in Illmitz

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Schloss Halbturn 7131 Halbturn www.schlosshalbturn.com

Dorfmuseum 7123 Mönchhof

VINOTHEKEN Weinwerk Burgenland 7100 Neusiedl am See Weinkulturhaus 7122 Gols SailerS Vinothek 7132 Frauenkirchen

GASTRONOMIE Zur blauen Gans 7121 Weiden am See Zur Dankbarkeit 7141 Podersdorf Zum fröhlichen Arbeiter 7143 Apetlon Mole West 7100 Neusiedl am See

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ÖSTERREICH

Personifiziert den Erfolg und Aufschwung der gesamten Region: Neusiedlersee DAC Gründungsobmann Erich Scheiblhofer

lernt man schnell, dass das Thema „think big“ nicht nur dahingesagt ist. „We are the wine“, heißt es von Erich Scheiblhofer und bei der Geschwindigkeit, mit der er uns durch die Wirkungsstätten führt und seine Visionen aufzeigt, wird es einem schon leicht schwindlig. Aber der Erfolg spricht für ihn: Pro Jahr kommen 50 000 Besucher aufs Weingut und nutzen das Angebot von Betriebsführungen, Weinverkostungen in der modernen Vinothek oder mieten die „Hall of Legends“ für Events oder Präsentationen. Die Zahl wird noch steigen. Denn derzeit entsteht ein „Wein-Wellness-Erlebnis-Ressort“, das im Herbst 2021 eröffnet werden soll. Beim Besichtigen der Baustelle erfahren wir, was geplant ist. Eine lichtdurchflutete Galerie, ein Fine-Dining-Restaurant, ein Spa-Bereich, Bars … Kurz: „think big“ in Reinform. Wenn man eine Person mit dem Titel „Visionär“ umschreiben kann, dann Erich Scheiblhofer. Er möchte – und er wird – seinen Gästen höchsten Luxus bieten und ist dabei, etwas Einzigartiges zu schaffen. Über den Mehrwert für die Region brauchen wir gar nicht sprechen. Dafür aber über die Weine, die Erich Scheiblhofer und sein Team vinifizieren: Weine, die ihre Sorte präzise widerspiegeln, ihre Region erkennen lassen und doch eigenständig genug sind, um weiterhin viele Besucher aufs Weingut zu locken. Nach so viel Schlagkraft ist uns nach etwas Geschichte. Wir besuchen Schloss Halbturn, das 1701 bis 1711 als Jagdschloss für Kaiser Karl VI. erbaut wurde, und flanieren durch den wunderschönen Garten und den Innenhof. Auch hier kann man sich in eines der schönen Zimmer einmieten, die schlosseigenen Weine verkosten und gediegen speisen. Für Radfahrer gut zu wissen: Es liegt am Kultur-Radweg und ist be-

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quem zu erreichen. Ein Stück Vergangenheit schnuppern können Sie auch im bezaubernden Dorfmuseum in Mönchhof. Hier wurden in akribischer Kleinarbeit ganze Lebensräume aus den Vorgängergenerationen wieder zusammengetragen und aufgebaut. Herrlich ist zum Beispiel der alte Friseursalon oder die Dorfschule, in der man sich an seine Großeltern erinnert fühlt oder das Schaufenster mit den Kurz- und Miederwaren aus den 50er-Jahren. Herrlich. In der alten Wirtschaft kann man sich dann tatsächlich wie in alten Zeiten bewirten lassen und noch ein Glaserl zur Stärkung trinken.

Nach Weingut, Heurigen & Eventhalle folgt im Herbst 2021 das nächste ScheiblhoferProjekt: ein Wein-WellnessErlebnis-Resort

So langsam heißt es Abschied nehmen nach einer Reise mit schier unendlichen Eindrücken. So führt unser letzter Besuch wieder nach Neusiedl am See in die Vinothek Weinwerk & Greißlerei Burgenland, die sich in einem liebevoll restaurierten Bürgerhaus aus dem 15. Jahrhundert befindet. Fast 600 Weine von 150 Winzern gilt es hier zu entdecken und wir begegnen dem einen oder anderen „Bekannten“. Dazu finden Genießer leckere Speisen aus der haus­ eigenen Greißlerei … Überhaupt ist die Gastronomie der Region sehr zu empfehlen. Zu deren Highlights zählen die Blaue Gans oder das stylische Das Fritz in Weiden am See, das Gasthaus zur Dankbarkeit in Podersdorf oder die eingangs erwähnte Mole West, die seit einigen Jahren ins schicke Ambiente mit tollem Blick auf den See lockt. Clevere Ideen wie das von der Mole West veranstaltete Open-Air-Sommerkino oder Picknick to go sind sinnbildlich für die Gastfreundschaft in dieser Region … Ilka Lindemann war am Neusiedler See unterwegs und ist begeistert von der Vielfalt der Angebote und der Gastfreundschaft.

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NEUSIEDLERSEE DAC kennzeichnet bei Rotwein den authentischen & besonders herkunftstypischen Charakter des Zweigelt aus der Region Neusiedlersee. Von jedem der über 100 Mitgliedsbetriebe individuell mit Bedacht, Wissen und Leidenschaft vinifiziert entstehen so archetypische Weine mit gebietsweiter Typizität – klassisch ausgebaut oder als Reserve – geprägt von der einzigartigen Vielfalt ihrer Herkunft, der UNESCO Welterbe Region Neusiedlersee - Seewinkel. #Zweigelt #ÖsterreichsNr1Rotwein #vonderSonnenseiteÖsterreichs #HerkunftfürZukunft


SCHWEIZ

RHONE

DAS BESTE AUS

DER SCHWEIZ Die Region zwischen Genf und Wallis ist ein einziges Paradies des Genusses. Entlang der Rhone fallen die Unterschiede zwischen Weinstilistik, Rebsorten und kulinarischen Spezialitäten allerdings so gewaltig aus, dass der Reisende aus dem Staunen nicht mehr herauskommt.

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FOTOS: STOCK.ADOBE.COM: JFL PHOTOGRAPHY (2), EXCLUSIVE-DESIGN, FRANZELDR, ALEXANDER DEMYANENKO; ILLUSTREZ-VOUS; SCHWEIZ TOURISMUS/SWISS-IMAGE.CH; SIFFERT/WEINWELTFOTO.CH (2); STOCKFOOD/JALAG/BASSLER, MARKUS; FRED MERZ|LUNDI13; SAM74100/123RF.COM; SWISSWINE.CH

SCHWEIZ

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SCHWEIZ Steile Sache: Reben wachsen im Wallis auf bis zu 1 150 Metern

Walliser Rebfläche von insgesamt rund 4 800 Hektar gedeihen. Zu finden sind auch rare, fast nur oder ausschließlich hier gedeihende Spezialitäten. Petite Arvine und Amigne, Himbertscha oder Lafnetscha unter den Weißweinsorten, Cornalin oder Humagne Rouge bei den Rotweinen. Warum sich so vieles erhalten hat? Es ist wohl dem einst abgelegenen Alpental zu verdanken, aber auch dem Beharrungsvermögen der Walliser, die ungern bewährte Traditionen aufgeben.

Köstlich: Der geschmolzene Raclettekäse ist eine Walliser Spezialität

264 Kilometer sind es, welche sich die Rhone auf Schweizer Staatsgebiet hinzieht: vom Rhonegletscher bis zur französischen Grenze, über drei Kantone. Wer dem Fluss folgt, wird nicht nur trinkbare Überraschungen entdecken, sondern auch eine Fülle von gastronomischen Erfahrungen machen, Naturschönheiten finden und historische Zusammenhänge begreifen.

WALLIS EIN PARADIES HISTORISCHER REBSORTEN Doch zunächst sollte sich der Neugierige ein paar Kilometer von der Rhone entfernen, um den Überblick zu gewinnen. Von ganz oben hat man bekanntlich die beste Aussicht, und hoch hinauf geht es im Wallis schnell. Das Tal ist ­schmal, die Berge sind steil. Kein Wunder, dass die Winzer seit Jahrhunderten auf die Hänge ausweichen, fast alle nutzbaren Flächen mit ­Reben bepflanzen. Aber dass es jemand so weit getrieben hat wie die Winzer in Visperterminen, erstaunt dann doch immer wieder. Zumal die Weinberge oberhalb von Visp in Zeiten des Klima­wandels mehr Zukunft haben als je zuvor. Bis auf 1 150 Metern geht es hinauf, nirgendwo in Europa existieren so große zusammenhängende Rebflächen in dieser Höhe. Und die Sache ist ja auch sinnvoll: Gewürztraminer vom Berg kann, bedingt durch die herrschenden Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht, unglaublich frisch und fein ausfallen. Doch Gewürztraminer, respektive seine etwas weniger würzige Variante namens Heida, ist nur eine von unzähligen Sorten, die auf der

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Im Naturpark Pfyn-Finges allerdings ist vieles anders als früher. Räuber sollen sich hier in grauer Vorzeit versteckt haben. Aber heute lässt sich das Naturschutzgebiet Pfynwald, einer der größten zusammenhängenden Föhrenwälder der Alpen mit seinen heißen Steppen und der einzigartigen Landschaft, sicher und ungestört entdecken. Salgesch, gleich nebenan, hat sich mit Haut und Haaren dem Rotwein verschrieben und überdies Maßstäbe im Marketing gesetzt; schon 1988 wurde hier der Grand Cru ins Leben gerufen, eine auf besondere Qualität hinweisende Auszeichnung. In Sierre kann man das überprüfen und Salgescher Pinot Noir zum Terroir-Raclette im Restaurant Château de Villa genießen. Gruppen ab zehn Personen können noch eine Übernachtung im Château Mercier anschließen. Im Schloss inmitten der Wein­ berge zu schlafen und am nächsten Morgen ein deftiges Walliser Frühstück zu genießen, gehört zu den Höhepunkten einer Rhone-Tour. Weil zum Walliser Gesamtpaket aber auch der Käse gehört, darf ein Besuch der Augstbord-Schau­­­ käserei nicht fehlen. Oenologischer Höhepunkt ist anschließend die Berggemeinde Grimentz. Hier lässt sich der legendäre Gletscherwein entdecken, der seit vielen Generationen in alten, immer wieder aufgefüllten Fässern reift. Da laufen einem schon beim geführten Rundgang historische Schauer über den Rücken. Degustieren ist freilich das eine, ausgiebiges Schlemmen das andere – und da hat das Wallis einiges zu bieten, auf dem Berg und im Tal. Aus ihrem Café du Centre in Chamoson haben Maria und Stéphane eine der attraktivsten Gastroadressen des Kantons gemacht. Halb Weinbar, halb Bistro, servieren sie Charbonnade oder Fondue, Pinot Noir oder Walliser Syrah. Zu Beginn des Essens sollte es aber ein Glas Fendant sein, wie der Chasselas auf Walliser Art heißt. Jung und frisch, ist dies ein eher säurearmer, fruchtiger Weißwein, über den man nicht lange nachdenken muss, der aber im besten Falle erstaunliche Komplexität aufweist. Ein ganzes Menü mit

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SCHWEIZ

Historie zum Schmecken: der legendäre Gletscherwein aus Grimentz

Weitblick: Aussicht über den Pfynwald in das Rhonetal von Salgesch

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SCHWEIZ

Rebenmeer und atemberaubender Seeblick: der Genfersee im Lavaux

Deftig gut: Waadtländer Wurst ist ein kulinarisches Schmankerl

Sternekoch Franck Giovannini des Restaurants l’Hôtel de Ville in Crissier

dem passenden Walliser Wein zu begleiten, wäre hier eine Leichtigkeit, ist aber auch in Zermatt möglich, dem hochgelegenen, für den Autoverkehr gesperrten Ausflugsort. Hauke ­ Pohl, Küchenchef im luxuriösen Boutiquehotel The Omnia, kocht auf kreative Weise, und die Sommelière Ramona Reich zeigt, dass Walliser Wein mitnichten jung getrunken werden muss, sondern ausgezeichnet reifen kann.

WAADT DAS LAND DES CHASSELAS Apropos Reife. Genau diese Eigenschaften besitzen auch viele jener Gewächse, die im Nachbarkanton erzeugt werden. In die Waadt gelangt

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der Reisende automatisch, denn bevor die Rhone in den Genfersee mündet, bildet sie die Grenze zwischen Wallis und Waadtland. Chasselas ist die mit Abstand wichtigste Sorte, die auf den fast 3 800 Hektar Rebfläche der Waadt angebaut wird. Stammt er von guten Winzern und besten Lagen, lässt er sich ohne Probleme zehn oder 20 Jahre einlagern. Er wird oft sogar spannender, entwickelt im besten Fall nussige Würze und passt perfekt zu vielen Käsesorten. Der 1975 Dézaley, den neulich Sommelier Edmond Gasser im Lausanner Restaurant AnneSophie Pic servierte, begeisterte alle Anwesenden. Zwar ist das Dézaley traditionell Nummer eins, was die Chasselas-Herkünfte der Waadt angeht, aber es mangelt auch jenseits der steil

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SCHWEIZ

zum Genfersee abfallenden Felsen nicht an erstklassigen Chasselas. Das lässt sich sogar wissenschaftlich unterfüttern durch einen Besuch im Conservatoire du Chasselas in ­ Mont-sur-Rolle und Rivaz. Die Vielfalt alter Klone soll hier erforscht und das genetische Erbe der seit mehr als 1 000 Jahren in der Gegend nachweisbaren Sorte bewahrt werden. Wer an die Theorie noch ein bisschen Praxis anschließen möchte, kann die Badoux­thèque aufsuchen, eine schicke Kombination aus Weinbar und -laden. Wo sich ganz nebenbei herausfinden lässt, dass am Chasselas doch ein paar Wege vorbeiführen. Sauvignon Blanc, ­Pinot Gris oder Viognier haben sich in der Waadt nämlich ebenfalls als Weißweinsorten

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etabliert, im roten Bereich sollte man Merlot, Garanoir und Gamaret versuchen. Wer noch tiefer in die Geschichte des Weinbaus und des Kantons eindringen will, fährt am besten aufs Château d’Aigle – Reben draußen, Weinmu­ seum und Etikettensammlung drinnen – und bucht gleich noch eine Tour mit dem Lavaux Express: Die bunt bemalte Bahn durchquert die Weinberge in dieser spektakulären Landschaft. Und weil Zugfahren bekanntlich Appetit macht, schließt sich für echte Gourmets die Suche nach dem besten Restaurant an. Zum Glück hat sich die Waadt zu einer der attraktivsten Genießerregionen der Schweiz entwickelt und pendelt zwischen deftigen Klassikern

wie dem Saucisson Vaudois, der Waadtländer Wurst, und französischen Finessen. Montreux und Lausanne sind allemal für feinste Küche gut, aber höchste Steigerung wird in einem unscheinbaren Ort namens Crissier erreicht. Chefkoch Franck Giovannini steht in der Tradition seiner berühmten Vorgänger wie Frédy Girardet und Benoît Violier. Im Restaurant de l’Hôtel de Ville verteidigt er die drei Sterne im Guide Michelin und hat in Camille Gariglio einen herausragenden Sommelier gefunden. Ein ganzes Menü nur mit Walliser, Waadt­ länder und Genfer Weinen begleiten zu lassen, ist für diesen die kleinste aller Übungen. Nach dem Essen aber bitte nicht den Spaziergang durch die Weinberge vergessen, vielleicht

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SCHWEIZ

Big City Life: Großstadtflair des gleichnamigen Kantonhauptorts Genf

Empfehlenswert: eine Bootstour auf dem Genfer­see oder auf der Rhone

Idyllischer als in der City: die ländliche Seite des Kantons Genf

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SCHWEIZ

Schmackhaft: Käse wie der Le Gruyère passen perfekt zu Rhoneweinen

durch jene in der Gegend von Morges. Die Wanderung vom Schloss Vufflens zum Schloss von Morges zeigt nicht nur die Schönheit des Weinbaugebietes La Côte, das wie das Lavaux zur Waadt gehört, sondern auch eine unglaubliche Fülle an mittelalterlicher Kultur.

GENF DIE SELBSTBEWUSSTE METROPOLE Von der Idylle geht es schnurstracks in die Metropole. Von Ruhe und weintrinkender Beschaulichkeit ist in Genf keine Spur zu finden. Täglich kommen viele zum Arbeiten aus Frankreich über die Grenze, Touristen sitzen am Ufer des Genfersees, internationale Diplomaten treffen sich in einem der vielen Gourmetrestaurants zum Mittagessen. Und dennoch muss man nicht weit fahren, um das andere Genf zu erleben, den ländlichen Teil jenen Kantons, der gemessen an der Einwohnerzahl eine verblüffende Menge Wein produziert. Vielfalt ist auf den rund 1 400 Hektar Reben wichtig, und neben den beiden Klassi-

kern Chasselas (weiß) und Gamay (rot) haben sich längst andere Sorten etabliert. Ein paar Winzer zu besuchen und sich durchzukosten, bei Pinot Noir und Cabernet Franc, bei Sauvignon Blanc und Aligoté, wäre die eine Möglichkeit, Genfer Weinkultur zu erleben. Die andere begänne mit einer Kreuzfahrt auf der Rhone: Während einer zweieinhalbstündigen Fluss­ reise lässt sich entdecken, welche Bedeutung der Wein für das kulturelle Selbstverständnis der Einheimischen hat. Ein Rundgang auf dem Reblehrpfad von Dardagny führt auf sechs ­Kilometern in die Tätigkeit des Winzers übers Jahr hinweg und in das Engagement der hiesigen Erzeuger ein. Dass ein Großteil des Genfer Weines vor Ort getrunken wird, in traditionellen Gasthäusern wie der Auberge de Chouilly oder in modernen Gourmetbistros wie dem Café de Peney, ist angesichts der Qualität nicht verwunderlich. Zum Abschluss einer Reise entlang der Rhone sollte man sich aber doch ein ausgiebiges Mittag- oder Abendessen bei Philippe Chevrier gönnen, dem wohl berühmtesten Koch des Kantons Genf. Der dienst­ habende Maître erläutert hier oben auf dem

SEHEN & ERLEBEN

ESSEN & TRINKEN

Naturpark Pfyn-Finges www.pfyn-finges.ch Augstbord-Schaukäserei www.augstbordkaeserei.ch La Balade des Divins www.siontourisme.ch Gletscherwein www.valdanniviers.ch Weintouren auf der Rhone www.valaiswallisadventures.ch Oenopark der Celliers de Sion www.celliers.ch

Château de Villa www.chateaudevilla.ch Café du Centre www.cafelecentre.ch Mont-Rouge www.mont-rouge.ch The Omnia www.the-omnia.com

Château d’Aigle www.chateauaigle.ch Lavaux Express www.lavauxexpress.ch Conservatoire du Chasselas www.conservatoiremondial duchasselas.com Kreuzfahrt auf der Rhone www.swissboat.com Reblehrpfad in Dardagny www.stephane-gros.ch/ sentier-didactique

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Badouxthèque www.badouxtheque.ch Auberge du Vigneron www.aubergeduvigneron.ch Auberge communale de Féchy www.aubergefechy.ch Restaurant Anne-Sophie Pic www.brp.ch Restaurant de l’Hôtel de Ville www.restaurantcrissier.com Les Armures www.lesarmures.ch Café de Peney www.cafe-de-peney.ch Auberge de Choully www.auberge-de-choully.com

Hügel von Peney-Dessus die kostbaren Schätze des Käsewagens. Diese stammen aus der Schweiz oder – Berührungsängste gibt es im Grenzgebiet nicht – aus dem nahen Savoyen, und auch zum Soufflé mit hausgemachten ­Vanilleeis danach findet sich Passendes von Genfer Weingütern. Zumindest einigen der vielen Geheimnisse des Schweizer Rhone­ weines kommt man so auf die Schliche. Um auch alle anderen zu lüften, bleibt indes nur die Rückreise über die Waadt ins Wallis.

Wolfgang Faßbender ist Journalist und Gastrokritiker und lebt sowohl in der Schweiz wie auch in der Pfalz.

Caveau de Bacchus www.caveaudebacchus.ch

ÜBERNACHTEN Château Mercier www.chateaumercier.ch Colline de Daval www.collinededaval.ch Hotel des Vignes www.hoteldesvignes.ch

Auberge de la Couronne www.aubergedelacouronne.ch Auberge de Rivaz www.aubergederivaz.ch Hotel du Mont-Blanc www.hotel-mont-blanc.ch

Domaine de Châteauvieux www.chateauvieux.ch Hôtel Le Montbrillant www.montbrillant.ch L’Auberge de Confignon www.auberge-confignon.ch

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UNSER LIEBLINGSHOTEL

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PORTUGAL: DOUROTAL

QUINTA DE VENTOZELO

FOTOS: LUร S FERRAZ

Das Dourotal ist eine der erstaunlichsten Weinregionen der Welt. Inmitten dieser wunderschรถnen Weinlandschaft liegt die Quinta de Ventozelo, ein Weingut mit langer Tradition, auf dem man auch herrlich Urlaub machen kann.

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Suchen Sie die absolute Ruhe? Dann ist ein Urlaub auf der Quinta de Ventozelo ein Traum

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links oben: Liebevoll wurde die Quinta de Ventozelo für Besucher hergerichtet links Mitte: Sie liegt mitten in der einzigartigen Weinlandschaft des Dourotals links unten: Spektakulär: der Ausblick vom Infinitypool in die Landschaft

Die Quinta de Ventozelo ist ein ganz beson­ derer Ort. Wenn man am frühen Morgen aufsteht und sich mit einer Tasse Kaffee in der Hand auf die Terrasse stellt, ist es vor ­allem die Stille, die beeindruckt, aber auch der Geruch, den die Sonne auf dem Schiefer hin­ terlässt. Alles scheint friedlich, als sei man ­allein in der Natur. Mitten in den Reben auf den terrassierten Hängen auf etwa 600 Hö­ hen­­­­­­metern – alles grün, gesund, saftig. Man schöpft automatisch Kraft und Energie aus dieser Landschaft. In der Ferne hört man ei­ nen Specht, der gegen den Stamm eines ­alten Olivenbaums klopft. Die Quinta de Ventozelo ist ein Zufluchtsort für Erholungssuchende inmitten der Wein­ berge mit Blick auf den Douro. Seit 2014 ­gehört die Quinta zum Portweinproduzenten Gran Cruz, zu dem die weltbekannte Marke Porto Cruz zählt. Jüngst eröffnete das Unter­ nehmen das oenotouristische Angebot, zu dem nun 29 elegante Zimmer, ein Weinmu­ seum, ein herrlicher Infinitypool mit Blick ins Dourotal und ein Restaurant gehören. Gäste können hier Weintastings machen, schick es­ sen gehen, wandern oder einfach die Umge­ bung genießen … Einst wurde das Weingut von Zisterzienser­ mönchen bewirtschaftet, die erste urkund­ liche Erwähnung gab es im Jahr 1288. 200 Hektar Rebfläche gehören zur Quinta de Ven­ tozelo, die praktisch komplett auf trockene Weine spezialisiert ist und umweltschonend arbeitet. Toll ist zum Beispiel der Malvasia Fina aus dem Jahrgang 2017, der mit herr­ licher Salzigkeit und Mineralität sowie mit Noten von weißen Blüten, Steinobst, etwas Pfeffer und fordernder Kraft und viel Grip perfekt zum Essen passt. Die Quinta de Ventozelo produziert neben Weinen auch herrlich frische Olivenöle, einen

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UNSER LIEBLINGSHOTEL

Ein perfekter Tag: im Liegestuhl Platz nehmen und am liebsten nicht mehr aufstehen

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UNSER LIEBLINGSHOTEL

Stilvoll und doch geerdet: die Cantina de Ventozelo

Fisch vom Grill gefällig?

... Im Restaurant der Quinta wird am liebsten Regio­nales verarbeitet

Craft Dry Gin und zwei Portweine auf hohem Niveau. Gäste fühlen sich hier aufgehoben wie in Abrahams Schoß und wer Lust aufs Wan­ dern hat, kann sich zu einem Ausgangspunkt seiner Wahl fahren lassen und sich mit einer App (Audioguia da Quinta de Ventozelo), die man sich aufs Smartphone lädt, durch die Landschaft führen lassen. Die App bietet verschiedene audio-geführte Routen an, liefert an zahlreichen Stellen Informationen und ge­ währt spannende Einblicke in die Geschichte der Region, die Böden, die Weinberge, die Rebsorten und ­sogar über Korkeichen. Je nach Ausgangspunkt benötigt man etwa drei Stun­ den für den Parcours, feste Schuhe sind zu empfehlen und unbedingt etwas zu trinken mitnehmen. Verfügbar ist die App auf Portu­ giesisch, Englisch und Französisch.

IM ÜBERBLICK Ventozelo Hotel & Quinta Ervedosa do Douro 5130-135 S. João da Pesqueira Portugal Tel. +351 254249670 hotel.quintadeventozelo.pt Ausstattung: > 29 Zimmer, aufgeteilt auf sieben verschiedene Gebäude, die sich über das gesamte Gelände erstrecken und zum Teil im Farmhaus-Stil restauriert wurden > Ausstattung mit Kamin und Terrassen mit Blick auf den Douro > Infinitypool mit Blick auf den Fluss > Besucherzentrum mit modernem, interaktivem Weinmuseum, in dem man auf spielerische Art in die Geschichte der Region eintauchen kann > Restaurant Cantina de Ventozelo (kann man auch besuchen, wenn man kein Gast der Quinta ist)

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> Weinproben > kleines „Kaufhaus“ für Weine und lokale Produkte wie Olivenöl, Kekse, Marmeladen, Honig, frisches Gemüse Preis: ab circa 140,00 € pro Nacht Flughafen: Von zahlreichen deutschen Flughäfen wie Frankfurt, Düsseldorf, München, Berlin oder Hamburg fliegt man nach Porto und fährt danach am besten mit einem Mietwagen weiter ins Dourotal. Die Fahrtzeit beträgt etwa eine Stunde. Ausflugtipps: > Bootstouren auf dem Douro > Teilnahme an der Wein- und Olivenernte > Wanderungen > Besuche weiterer berühmter Weingüter im Dourotal

Somit können Sie eintauchen in die saftiggrünen steilen Hänge, die sich bis hinunter zum Douro ziehen und die seit 2001 zum ge­ schützten UNESCO Weltkulturerbe gehören. An jeder Kurve gibt es garantiert einen neuen atemberaubenden Blick in das weltberühmte Dourotal. Mal tiefe Schluchten, dann wieder grünes Hochland mit in den Schiefer gehaue­ nen Terrassen, die sich bis auf 700 Meter Höhe ziehen. Und vielleicht erhaschen Sie ja einen Blick auf eine der seltenen Tierarten, die in dieser Region heimisch sind. Und wenn Sie sich dann noch für den Port­ wein interessieren, sind Sie hier ebenfalls goldrichtig. Hier liegt die Wiege des Port­ weins, der seit Jahrhunderten zu den Klassi­ kern der Weinwelt zählt und seine Fans begeis­tert. Es lohnt sich, in die Welt des Port­ weins einzutauchen, denn er besticht mit enormer Vielfalt. Erstmals erwähnt wurde Portwein übrigens 1678 in Zolldokumenten. Damals wurde dem Wein, um ihn auf der langen Reise vor dem Verderben zu schützen, eine kleine Menge Branntwein zugegeben. Heute ist das „Verstärken“ das fundamentale Element der Portweinbereitung. Transportiert wurden die Portweinfässer da­ mals mit den Rabelos, Booten mit geringem Tiefgang, in denen der Portwein mit Hilfe der Strömung flussabwärts Richtung Porto ge­ schifft wurde. Heute liegen die Rabelos noch zu touristischen Zwecken am Douroufer in Porto. Aber das nur am Rande, denn Sie möchten sich ja erholen – und das können Sie auf der Quita de Ventozelo perfekt! Ilka Lindemann hat im Sommer eine kleine Pause auf der Quinta de Ventozelo eingelegt und war begeistert.

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ADVERTORIAL

ITALIEN

VENETIEN

Am Rande des klassischen Valpolicella-Gebiets, nur ein paar Kilometer vom Gardasee und der schönen Stadt Verona entfernt, finden Weinliebhaber das Villa Quaranta Tommasi Wine Hotel & Spa … Eine Quelle der Erholung.

Umringt von einem Park und malerischen Gärten, befindet sich das Anwesen auf einem Grundstück mit 20 000 Quadratmetern Land. Das luxuriöse Hotel gehört zum Weingut Tommasi und steht für die hundertjährige Familientradition und prestigeträchtigen Weinbau. Das Unternehmen wurde im Jahr 1902 gegründet und wird heute von der vierten Generation geführt. Seit diese im Jahr 1997 das Ruder in die Hand nahm, wurde das Portfolio über die Grenzen des Valpolicella-Gebiets hinaus erweitert. So ist Tommasi heute einer der Top-Produzenten von Amarone und gilt als einer der wichtigsten weltweiten Botschafter. Neben Tommasi Viticoltori in Verona gehören auch über 570 Hektar aus den folgenden Weinregionen Italiens zum Tommasi ­Family Estate: Die Tenuta Caseo in Oltrepò Pavese in der Lombardei, Podere Casisano in Montalcino in der Toskana, Poggio al Tufo in Maremma in der Toskana, Masseria Surani in Manduria in Apulien und Azienda Vinicola Paternoster in Barile in der Basilikata. Mitten in der entzückenden Parklandschaft befindet sich eine Venezianische Villa aus dem 17. Jahrhundert, die früher als Sommerresidenz der adligen Veroneser Familie Quaranta diente und die heute das charmante Restaurant Borgo Antico beherbergt. Auf dem Gelände befinden sich auch die Zimmer sowie eine romanische Kapelle und ein kleiner See. Die 79 komfortablen Zimmer sind in klassischem Stil eingerichtet, Besucher werden von den Fresken und antiken Möbeln begeistert sein. Charakteristisch ist in allen Bereichen die Kombination von modernstem Equipment mit den antiken Elementen. Auch ein mit Hightech ausgestattetes Kongress- und Eventcenter, das aus acht Modulen besteht und Raum für 450 Teilnehmer bietet, gehört zur Villa Quaranta.

FOTOS: TOMMASI FAMILY ESTATE

Und wer in die faszinierende Welt der Speisen und Weine eintauchen möchte, ist hier ebenfalls bestens aufgehoben. Mehr als 1 300 Weine listet die umfangreiche Weinkarte, die schon mehrfach vom amerikanischen Magazin Wine Spectator ausgezeichnet wurde. Dazu gibt es traditionelle und saisonale Veroneser Spezialitäten auf höchstem Niveau. Tastings in der Bottega del Gusto oder im historischen Weinkeller unter der Villa sorgen für unvergessliche Genusserlebnisse. Gäste können sich aber auch im 2 500 Quadratmeter großen Wellnessbereich verwöhnen lassen. Wie wäre es zum Beispiel mit einer Weintherapie, oder Anti-Aging-Behandlungen auf der Basis von Valpolicella- oder Amarone-Weinen? Oder Sie nutzen die Thermen, um Ihren Körper und Geist zu entspannen: Es warten 1 000 Quadratmeter Poolbereich, 225 Quadratmeter Saunalandschaft, 520 Quadratmeter Fitness Area und 500 Quadratmeter Beautycenter darauf, erobert zu werden. Ein Urlaub auf der Villa Quaranta ist ein Urlaub für alle Sinne.

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ITALIEN

KAMPANIEN

DOLCE VITA Die Region Kampanien im Südwesten Italiens steckt voller Überraschungen: blaues Meer, strahlendes Licht ein quirliges Neapel, Traumstrecke Amalfiküste und kulinarische Vielfalt im Überfluss.

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FOTOS: STOCK.ADOBE.COM: RONNYBAS, CARSON LIU, GIUSEPPE MARESCA, FOTOLUPA, MARKUS, FABIO BALBI; PAULMICHAELNZ/SHUTTERSTOCK.COM; WEINSPUREN.DE (2); AUTORENFOTO: MARCO RICHTER


Urlaubs-Goals: Blick auf die malerische Hafenstadt Salerno

Auf bis zu 600 Metern über dem Meer wächst Wein in der Provinz Salerno

Typisch für Kampanien: die regionale Rebsorte Tintore di Tramonti

Widerrede zwecklos. Wenn Signor Gaetano Rizzo seine Gäste über sein 15 Hektar großes Anwesen vor den Toren von Salerno führt, wird probiert. „Hier, die Feigen sind reif“, sagt der alte Herr. Schon pflückt er eine samtigweiche Frucht vom Baum. Er bricht sie auf. Ein köstlicher Duft zieht in die Nase, zum Reinbeißen gut. „Und dort, das ist alles Wein!“ Rizzo, Chef des Viersternehotels Villa Rizzo, ist nicht mehr zu stoppen. Schnurstracks läuft er zu den Weinreben. Blau und grün leuchten die prallen Trauben. Ein leichter, warmer Wind streicht über die Rebstöcke. Flugs ist eine Handvoll Beeren abgeknipst. „Bitte kosten“, sagt er und schmunzelt. So, als hätte er Freude daran, eine kleine Lektion in Sachen Dolce

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Vita zu geben – zum Auftakt einer Reise durch das kulinarische Kampanien. Die Trauben schmecken köstlich …

EINES DER ÄLTESTEN WEINBAUGEBIETE ITALIENS Kampanien und der Wein. Die Region an der Westküste des Stiefellandes gehört mit seinem mediterranen Klima zu den ältesten Weinbaugebieten Italiens. Aus gutem Grund. Denn der nahe Vesuv hat mit seinen wiederkehrenden Ausbrüchen ganze Städte in Schutt und Asche gelegt, der Landschaft aber gleichzeitig höchst fruchtbare Böden beschert. Und sie in eine Reiseschönheit verwandelt, die mit jeder Menge

Winzerin Fiorina Apicella von der Cantine Giuseppe Apicella in Tramonti

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ITALIEN

regionalen Spezialitäten und so manchem guten Tropfen lockt. Schon circa 1000 vor Christus gründeten Griechen dort Kolonien und nannten die Gegend um den Golf von Neapel „Oinotria“, was so viel bedeutet wie „Land der Reben, die an Pfählen gezogen werden“. Später dann, unter den Römern, wurde das Gebiet um das sagenhafte Pompeji ein Zentrum des Weinhandels. Noch heute zeugen zahlreiche antike Amphoren in der Ruinenstadt davon, die den Vulkanausbruch 79 nach Christus unbeschadet überstanden haben.

WIE EINST DIE ETRUSKER Fiorina und Prisco Apicella ziehen noch heute Reben an Pfählen. In Tramonti in der Provinz Salerno liegen die sonnendurchfluteten Weinhänge ihres Gutes bis zu 600 Meter über dem Meer – und sind echte Hingucker. Von stak­ sigen Holzgerüsten gestützt, rankt der Wein gen Himmel und bildet mit seinem Laub ein Dach wie eine Pergola. „Dieses sistema pergolato ist uralt“, erzählt Fiorina Apicella von der Cantine Giuseppe Apicella. „Die Art der Kultivierung geht auf die Etrusker vor mehr als 2 500 Jahren zurück, die ebenfalls in dieser Region siedelten. Der Ackerboden war begrenzt

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und durch diese Technik konnte man unter dem Wein gleich noch Gemüse anbauen.“ Was praktisch war, denn die Bauern ernteten sogar auf drei Ebenen. Über der Pergola breiten noch heute einzelne Obst- und Kastanienbäume ihre fruchttragenden Äste aus.

VON DER REBLAUSPLAGE VERSCHONT Ein Spaziergang durch die Rebhaine hat es in sich. Die Weintrauben baumeln verführerisch direkt vor der Nase. Es sind rote, einheimische Rebsorten wie Tintore di Tramonti, der „Rote aus Tramonti“, und Piedirosso, der „Rotfuß“, eine sehr alte Sorte. Echte Originale sind sie dazu. Denn die Pflanzen haben noch ihren ursprünglichen „Fuß“, sind wurzelecht. Das ist deshalb so außergewöhnlich, weil die gefräßige Reblaus im 19. und bis ins 20. Jahrhundert so gut wie jeden Stock in Europa befallen und den Weinbau auf dem Kontinent zum Erliegen gebracht hatte. Nur ganz wenige Gegenden blieben verschont. Wie diese ... Der Grund: Der Boden auch in Tramonti ist vul­ kanisch – dem Vesuv sei Dank. Für Rebläuse ein wahrer Graus. Und auch das Meer hat die Pflanzen wie ein Schutzwall vor einem mas­­­­

siven Insektenbefall bewahrt. Zum Glück, denn so kann man bei Fiorina und Prisco Apicella authentische, lokale Weine mit der Herkunftsbezeichnung Costa d’Amalfi kosten. Wein von der Amalfiküste …

FRISCHER MOZZARELLA VOM BIO-WASSERBÜFFEL Zu einem guten Gläschen passen regionale Produkte wie der berühmte Mozzarella aus Kampanien. In der Bio-Büffelfarm Tenuta Vannulo in Capaccio Paestum zum Beispiel liefern rund 600 Tiere die Milch. Die Kühe haben keine festen Melkzeiten. Wann sie ihre rund acht Liter pro Tag abgeben möchten, entscheiden sie selbst – begehbare Melkroboter machen es möglich. Fürs Wohlergehen sorgen mehrere Duschen und rotierende Bürsten für die kleine Massage zwischendurch. Und in den Krippen landet ausschließlich biologisches Futter. Die sehr fetthaltige Milch wird direkt vor Ort verarbeitet. Durch eine große Scheibe schaut der Besucher in das Herz der Produktionsräume. Da zupfen Mitarbeiter mit weißen Hauben wieselflink kleine und große Mozzarellas in Form, einer flicht sogar gerade einen Zopf daraus. Zehn Liter Büffelmilch stecken in drei Kilo-

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Ein Traum in Pastelltönen: die kleinen Städtchen an der Amalfiküste

Bei der Arbeit: Die Sterneköchin Rosanna Marziale kreiert Köstliches aus Mozzarella …

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… die italienische Käsespezialität sollten Sie sich auf keinen Fall entgehen lassen

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ITALIEN

gramm Mozzarella. Der leckere Käse hat Geschichte: Bereits vor 2 000 Jahren bereiteten die Römer die schmackhafte Kugel zu. Geschmeidig und ganz fluffig – so muss sie sein! Dann heißt es: Bitte das gute Stück mal auf der Zunge zergehen lassen. Im wahrsten Sinne des Wortes. Die Kostprobe ist ein Gedicht! Und macht Lust auf mehr.

EINE ZIEMLICH RUNDE SACHE: KOCHKURS MIT MOZZARELLA-KNÖDEL Wer könnte besser mit so einem einheimischen Produkt umgehen als die Sterneköchin Rosanna Marziale aus Caserta nördlich von Neapel? Wenn es um Italiens berühmtes Käserund geht, kennt ihr Einfallsreichtum keine Grenzen. Klar, Mozzarella schmeckt auch als wunderbarer Begleiter sonnengereifter Tomaten. Doch Marziale macht viel mehr daraus, erfindet den cremig-frischen Klassiker jenseits von Caprese & Co. immer wieder neu und präsentiert ihn von süß bis herzhaft. Mal friert sie ihn ein, um ihn anschließend als Deko über Desserts zu raspeln. Mal lässt sie ihn bei ihrer „Pizza verkehrt herum“, der „Pizza al Contrario“, in Form einer ausgewalzten großen Scheibe als „Teigboden“ daherkommen. Oder sie füllt ihn wie einen Knödel zur Abwechslung mal mit grünen Nudeln. Ihre Fantasie wundert wenig. Seit 2013 ist die Frau mit einem Michelin-Stern

WEINREISEN 2021 Anbieter von kleinen, feinen Genussund Weinreisen dieser Art ist Italienkenner Thomas Köster von „Dem Wein auf der Spur“. Hier ein paar Reisetermine für 2021: KÖSTLICHES KAMPANIEN Genuss zwischen Neapel, Vesuv & Amalfiküste Die Autorin Kirsten Lehmkuhl hat diese Reise miterlebt und macht mit ihrem Erlebnisbericht Lust, dorthin zu reisen. Weitere Infos: Kampanien kulinarisch, 28. September bis 3. Oktober 2021. Preis: circa 1 360,00 € pro Pers./DZ bei individueller Anreise. KULINARISCHES FRIAUL Wo San Daniele und Friulano zu Hause sind Unter anderem erwartet Reisende der Besuch von drei Weingütern, ein Kochkurs in der Altstadt von Triest und eine Verkostung des weltberühmten San-Daniele-Schinkens. Übernachtet wird im „Franz“, einem Viersternehotel im urgemütlichen Gradisca d’Isonzo – im Herzen des Friauls.

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ausgezeichnet. Sie gilt als eine der besten des Landes und hat in der von Männern dominierten Spitzengastronomie selbstbewusst ihren Weg gemacht.

LEKTION VON DER STERNEKÖCHIN Aber wie um Himmels willen bekommt man Nudeln in einen Weichkäse? Am besten schaut man sich das mal persönlich an. Also hinein ins Allerheiligste und der Dame über die Schulter geschaut. Kochkurs bei Rosanna! Das heißt: Schürze umbinden, Hände waschen und ab an Topf und Schüssel. Eine solche Chance bietet sich schließlich nicht alle Tage in einem Restaurant dieser Kategorie. Schon geht es los. Für die Knödel zieht sie ein Stück Mozzarella zunächst in eine längliche Form, umwickelt damit die schon gekochten Nudeln, schließt das Ganze wie ein Säckchen, rollt den Kloß mit den Händen zu einem kugelrunden Ball, paniert ihn, frittiert ihn, fertig. „Das geht ganz einfach“, sagt Rosanna Marziale. „Und die beiden italienischen Vorzeige-Produkte passen perfekt zusammen!“ Zumal sie das Ganze auch noch von einem Pesto-Sößchen begleiten lässt. Von der Karte ihres Restaurants „Le Colonne“ ist das Gericht namens „Palla di Mozzarella“ gar nicht mehr wegzudenken. Und dort genießen ihn die Kochschüler nach getaner Arbeit ebenfalls als Teil eines Menüs – den

Weitere Infos: Unterwegs im Friaul – wo San Daniele und Friulano zu Hause sind, 7. bis 12. September 2021. Preis: circa 1 300,00 € pro Pers./DZ bei individueller Anreise. GENUSS IM PIEMONT Dolce vita mit Trüffelsuche Warum nicht selbst auf die Suche nach den weißen Albatrüffeln gehen? Der Herbst ist dafür die ideale Zeit. Teil des Programms: Stippvisiten bei drei Winzern. Nach spannenden Exkursionen geht’s abends zum Übernachten in ein ehema­ liges Kloster: in das Viersternehotel Somaschi nahe der Altstadt von Cherasco. Weitere Infos: Trüffelzeit im Piemont, 25. bis 30. Oktober 2021. Preis: circa 1 230,00 € pro Pers./DZ bei individueller Anreise. SIZILIEN MAL ZWEI Gaumenfreuden am Fuße des Ätna & an der Küste Westsiziliens An den Hängen des Ätna gedeihen besondere Insel-Spezialitäten wie die roten Nerello Mascalese-Trauben, die schließlich als echte Terroirweine vom Vulkanboden in den Gläsern leuchten. Liebhaber historischer Land-

e­ igenhändig fabrizierten, versteht sich. In einem Sternelokal das zu essen, was man selbst gekocht hat, passiert auch nicht alle Tage. Dazu serviert Rosanna Marziale natürlich noch weitere Gänge, vom Risotto über Pasta bis hin zu herrlich süßen Petits Fours. Warum kann Rosanna so gut kochen? Gelernt hat sie es im Restaurant ihrer Familie, schon ihr Vater stand dort am Herd. Den Schliff bekam sie bei Maestros wie dem italienischen Sternekoch Gianfranco Vissani und dem Ausnahme-Küchenchef Martín Berasategui. Da kommt Rosanna Marziale aus der Küche an den Tisch, fragt, wie es denn gemundet hat – und strahlt. Hübsch ist sie, wie sie so dasteht, rank und schlank, mit dem schwarzen, am Hinterkopf zusammengeknoteten Haar und der weißen Kochjacke. Das fanden wohl auch andere. Denn sie war sogar die Hauptfigur einer Cartoon-Serie namens „La cuoca girovaga“. Die Idee dahinter: Die „herumziehende Köchin“ macht Kindern Lust aufs Kochen. Und erst im vergangenen Jahr stand sie Modell für eine Barbiepuppe. Eine Puppe mit großen, dunklen, kugelrunden Augen, einer weißen Kochjacke, schwarzer Hose – und einem Rührbesen in der Hand. Ganz Rosanna eben. Kirsten Lehmkuhl ist Journalistin aus Leidenschaft. In Kampanien hat sie ihre Liebe zum Wein entdeckt …

güter kommen ebenfalls auf ihre Kosten, denn übernachtet wird in einem ehemaligen Gutshof zwischen Catania und Taormina. Oder doch lieber Westsizilien? Ausgangspunkt sind die pulsierende Stadt Palermo und die dortigen schönen Küstenabschnitte. Weitere Infos: Der Osten Siziliens, 19. bis 24. April 2021. Preis: circa 1 100,00 € pro Pers./DZ bei individueller Anreise. Oder West-Sizilien, 26. April bis 2. Mai 2021. Preis: circa 1 410,00 € pro Pers./DZ bei eigener Anreise. ABSTECHER NACH FRANKREICH Zauberhaftes Burgund – Weine von Weltruhm Neu im Programm ist eine Reise zur Hochburg des Weins: Beaune und die Côte de Beaune! Weitere Infos: Unterwegs im Burgund, 8. bis 13. Juni 2021. Preis: circa 1 300,00 € pro Pers./DZ bei individueller Anreise. Alle Weinreisen und Infos finden Sie unter www.weinspuren.de. Änderungen aufgrund der Reise- und Sicherheitshinweise vorbehalten.

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ESS-LUST

ESS-LUST Um gut zu essen und großartig zu trinken, muss man selten allzu weit reisen. Neuentdeckungen und unterschätzte gastro­nomische Klassiker befinden sich häufig in unmittelbarer Nähe: in den Schweizer Alpen, auf den Kanaren, in der Metropole Berlin oder in der oberfränkischen Provinz.

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FOTOS: BARCELÓ HOTEL GROUP (3); ULIGRAPHICS 2015 (2); SEBASTIAN METZDORF/METZEMEDIA; MATHYAS KURMANN FOTOGRAFIE; MICHAEL PORTMANN; SCHLOSS NEUWEIER (3); WOLFGANG FASSBENDER

GASTRO TIPPS


ESS-LUST

AUS ALT WIRD SPEKTAKULÄR

LAS PALMAS (GRAN CANARIA) Die alten Speisekarten und Prospekte, die in den Gängen des Hotels aushängen, machen schnell klar, wie das „Santa Catalina“ vor 130 Jahren aussah. Ziemlich luxuriös! Einen Pool gab es damals zwar nicht, schon gar nicht auf dem Dach, so wie heute, aber in der Saison 1889/1890, der allerersten des neu eröffneten Hotels, wurden den anreisenden Gästen immerhin Billardraum, Lesezimmer und Badezimmer mit warmem Wasser offeriert. Das war zu jener Zeit am oberen Rande des Möglichen und begeisterte die vielen Briten, die hier bald wochenlang das milde Klima genossen. Die Umgebung des Hauses war zu jener Zeit übrigens noch weitgehend leer. Inzwischen ist der Trubel der Gran Canaria-Hauptstadt Las Palmas ziemlich ans Hotel herangerückt, doch der Park schirmt die meisten Einf lüsse der Metropole ab. Weil nach Umbau und Neueröffnung des Hotels Ende 2019 ein großer Wellnessbereich und umfassende gastronomische Angebote zur Verfügung stehen, muss man das Anwesen eigentlich gar nicht verlassen. Zur Konzep­ tion des Gourmetlokals „Poemas“ wurden die Padrón-Brüder von der Nachbarinsel Teneriffa verpf lichtet; ständig vor Ort ist die junge Küchenchefin Iciar Pérez. Zu Blumenkohl mit Trüffel oder dem unweit des Hotels gefangenen Atlantikfisch werden natürlich die Weine aus autochthonen Rebsorten der Kanaren serviert. Es gibt sie aber auch im Zweitrestaurant des Hotels: Die offene Küche des Bistros „1890 La Bodeguita“ hätte anlässlich der Eröffnung des Hotels vor 130 Jahren gewiss für Furore gesorgt, wirkt aber auch heute überaus attraktiv. >

IM ÜBERBLICK Hotel Santa Catalina Calle Léon y Castillo 227 Las Palmas, Gran Canaria Spanien Tel. +34 928 243040 www.barcelo.com/de-ch/santacatalina-a-royal-hideaway-hotel Öffnungszeiten Das Hotel und das Restaurant „1890 La Bodeguita“ haben immer geöffnet, nach den Öffnungszeiten des Gourmetrestaurants sollte man sich kurzfristig erkundigen. Speisen + Weine Gourmetküche auf der einen Seite, regionale Spezialitäten aus der offenen Küche auf der anderen. Der besondere Tipp Die Dachterrasse lohnt nicht nur des Pools wegen die Auffahrt, sondern bietet auch Ausblick auf den Hafen, eine schicke Bar und eine kreativ gestaltete Cocktailkarte.

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IM ÜBERBLICK Posthotel Alexander Herrmann Marktplatz 11, 95339 Wirsberg Tel. 09227 2080 www.herrmanns-posthotel.de Öffnungszeiten Das Gourmetrestaurant hat von Januar bis März von Donnerstag bis Samstag, sonst Mittwoch bis Samstag geöffnet; das Bistro hat täglich abends geöffnet, Samstag und Sonntag auch mittags. Speisen + Weine Bistroküche mit fränkischem Einschlag, Zweisterneküche mit einem Faible für vegetarische Spezialitäten im Gourmet­ bereich. Das Sechsgang-Gourmetmenü kostet 189,00 €, das dreigängige Tapasmenü ist für 54,90 € zu haben. Der besondere Tipp Um Herrmanns Kreativität zu erleben, kann man auch in Nürnberg reservieren: „Imperial“ by Alexander Herrmann, Königstraße 70, 90402 Nürnberg, www.ah-imperial.de).

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FERNSEHKOCH & TEAM WIRSBERG (BAYERN)

Alexander Herrmann ist selbst da bei unserem Besuch. Kann man nicht von jedem Tag des Jahres behaupten, denn der Franke ist bekanntlich nicht nur in der eigenen Küche aktiv, sondern auch der des Fernsehens. Wer TV-Kochsendungen schätzt, kann ihn immer mal wieder als Juror erleben. Dass Herrmann beruhigt wegfahren kann und sein Haus dennoch in sicheren Händen weiß, verdankt er dem Team, in dem ganz vorn natürlich Küchenchef Tobias Bätz steht, das aber auch noch zahlreiche andere langjährige Mitarbeiter umfasst. Wer einmal hier angefangen hat, als Koch oder Servicemitarbeiter, geht nur selten weg. Auf den Gast trifft Ähnliches zu: Wer mal die Fülle an großartigen fränkischen Tapas im Bistro erleben dufte – Achtung, die Portionen sind gewaltig! –, verlängert gern seinen Auf-

enthalt. Das mit zwei Sternen im Guide Michelin gekrönte Gourmetrestaurant wie­ derum hat immer ein Menü ohne Fisch und Fleisch im Angebot, legt besonderen Wert auf fränkische Produkte. Weil Herrmann mit einem Tropenhaus in der Umgebung zusammenarbeitet, sind immer wieder mal exo­ tische Früchte aus der Region im Angebot. Der original fränkische Kaffee wird bislang allerdings nur in derart kleinen Mengen erzeugt, dass man schon großes Glück haben muss, ihn verkosten zu dürfen. Stattdessen gibt es geschmortes Wagyu-Schäufele im Salzteig mit in Asche gegartem Lauch sowie die fränkische Weinbegleitung, die vielleicht reifen Gewürztraminer vom Würzburger Bürgerspital, Muskatsilvaner von Schloss Sommerhausen oder süßen Rosenmuska­ teller aus Randersacker umfasst.

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INNOVATION À LA ALPEN ZERMATT (SCHWEIZ)

Die allermeisten Hotels in den Alpen lassen sich in zwei Kategorien einteilen. Entweder grandioser Luxus Marke „vorletzte Jahrhundertwende“ oder familiärer Chalet-Stil. Ein paar allerdings brechen die Tradition auf, sind chic und komfortabel, aber auch cool und innovativ. Sieht man beim „Cervo Mountain Resort“ auf den ersten Blick – vor allem jetzt, da vieles erneuert wurde. Den ganzen Sommer hat man hier auf eine Neugestaltung und -konzeptionierung verwendet – und die Ergebnisse lassen staunen. Nicht nur die 61 Zimmer, Suiten und Lodges bieten selbstsicheren Stil, auch das kulina­ rische Konzept ist verblüffend durchdacht. Klassische Gourmetküche? Weit gefehlt! Stattdessen der lebhafte „Bazaar“, in dem man sich schon beim Frühstück trifft, später auch beim Abendessen. Im Schwesterrestau-

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rant „Ferdinand“ geht es um Käse von Raclette bis zu Fondue, und das „Madre Nostra“ bietet nicht nur den Stil eines Chalets aus der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts, sondern auch hausgemachte Pasta. Wer herausfinden möchte, wie viel Spaß durchdachte Gastronomie machen kann, kann dies hier tagelang tun. Was auch an den Getränken liegt, die nämlich Erzeugnisse Walliser Winzer, allerlei unerwartete Natural Wines oder geniale Cocktails in der Bar „Grapes & Juniper“ umfassen. Am Schluss des Hotel- und Gourmeter­ lebnisses Cervo fühlt sich der Gast vielleicht ein bisschen ermattet, aber glücklich. Zumal auch das Frühstück überdurchschnittlich ausfällt und statt auf Beliebigkeit auf Walliser Qualität setzt.

IM ÜBERBLICK Cervo Mountain Resort Riedweg 156, 3920 Zermatt, Schweiz Tel. +41 27 968 1212, www.cervo.swiss Öffnungszeiten Das Cervo eröffnet im Dezember zur Wintersaison 2020/2021. Speisen + Weine Vielfältige Küche, von Raclette bis zu mediterranen Spezialitäten, steht auf dem Plan – ohne Sterneambitionen, aber mit Sinn für Qualität. Der besondere Tipp Vrony und Max Cotting-Julen betreiben in Findeln, ein Stück oberhalb von Zermatt, eines der bekanntesten Ausflugsrestaurants der Schweiz – mit hohen Ansprüchen an die Qualität von Hauswurst, Trockenfleisch und Rösti (Chez Vrony, Findeln, 3920 Zermatt, Tel. +41 27 967 2552, www.chezvrony.ch).

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ESS-LUST

IM ÜBERBLICK Schloss Neuweier Mauerbergstraße 21 76534 Baden-Baden-Neuweier Tel. 07223 800870 www.weingut-schloss-neuweier.de Öffnungszeiten Das Restaurant „Goldenes Loch“ hat Montag, Donnerstag und Freitag geöffnet, immer ab 17.30 Uhr, Samstag ab 12 Uhr durchgehend, Sonntag nur am Mittag. Speisen + Weine Unkomplizierte, abwechslungsreiche Küche – das Dreigangmenü kostet 49,00 €. Eine Flasche Großes Gewächs gibt es schon für 65,00 €. Der besondere Tipp Badische Spezialitäten oder Klassik? In der „Talmühle“ (Talstraße 36, 77887 Sasbachwalden, Tel. 07841 1001, www.talmuehle.de) beherrscht die Küche beides perfekt.

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SCHLOSS MIT WEINKULTUR

BADEN-BADEN-NEUWEIER (BADEN-WÜRTTEMBERG) Armin Röttele, einer der bekanntesten Köche im Umkreis von Baden-Baden und viele Jahre lang mit einem Stern ausgezeichnet, verließ das Haus im Sommer 2020. Was bedeutet, dass sich das „Schloss Neuweier“ kulinarisch neu aufgestellt hat. Statt ganz großer Küche sind nun pfiffige, zwischen regionaler, mediterraner und asiatischer Ausrichtung pendelnde Spezialitäten angesagt im Restaurant „Goldenes Loch“. Joachim Altvater verantwortet dieses Prinzip, das Teriyaki-Aubergine mit Garnelen und schwarzem Knoblauch oder eine bei nied­ rigen Temperaturen gegarte Gänsekeule mit Rotkohl und Serviettenknödel umfasst. Macht auch deshalb viel Spaß, weil die Weinbegleitung überdurchschnittlich durchdacht ist. Winzer Robert Schätzle hat das Weingut Schloss Neuweier zu einem der badischen

Spitzenbetriebe und sich vor allem mit Riesling einen Namen gemacht; sogar ältere Jahrgänge des legendären Mauerwein-Rieslings stehen auf der Karte. Bei den Themen Chardonnay und Pinot Noir kennt sich Schätzle allerdings auch gut aus, und als Begleitung von Brezel-Scheiterhaufen oder Schwarzwälder 2.0 sollte man unbedingt an den Neuweierschen Gewürztraminer in der restsüßen Version denken. Übrigens: In sehr komfortablen Zimmern lässt sich anschließend auf ländliche Weise übernachten. Eine Verkostung mit Chefwinzer Robert Schätzle am nächsten Morgen muss natürlich rechtzeitig angemeldet werden. Bei dieser Gelegenheit erfährt der historisch Interessierte auch, warum hier ein Teil der Weine nach wie vor in die aus Franken bekannten Bocksbeutel gefüllt wird. Diese Flaschenform besitzt in Neuweier Tradition.

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IMPRESSUM

LOBBYIST IN SACHEN REIFE

IMPRESSUM

Den Inhaber dieser nagelneuen Weinbar kennen manche als Sommelier, manche als Blogger, wieder andere als umtriebigen Multiplikator. Dass Serhat Aktas mitten in der Krise ein Weinlokal eröffnete, in einem kleinen Ladenlokal in Schöneberg, ist mutig. Dass er auch noch allerlei Winzer in Deutsch-

Chefredakteurin Ilka Lindemann lindemann@meininger.de

BERLIN

IM ÜBERBLICK Der Weinlobbyist Kolonnenstraße 62 10827 Berlin Tel. 030 30640772 www.weinlobbyist.de Öffnungszeiten Das Lokal hat von Donnerstag bis Montag ab 17 Uhr geöffnet. Speisen + Weine Tapasartige Kleinigkeiten mit mediterranem Charme. Offene Weine ab 3,50 €, Flaschen ab 25,00 €. Snacks ab 4,00 € (!). Der besondere Tipp Nicht gerade ums Eck (sondern am Prenzlauer Berg), aber ebenfalls neu und empfehlenswert ist dieser authentische Thailänder: Bangkok Bites, Schönhauser Allee 10-11, 10119 Berlin, Tel. 030 27995606

land und Österreich überredete, ihm Raritäten aus der Schatzkammer anzuvertrauen, ist Anerkennung wert. Eigentlich sollte die Weinkarte gar nicht so umfangreich werden, aber da ist die Leidenschaft dann durchgegangen mit Aktas. Eine solche Jahrgangsund Lagentiefe bei einzelnen Winzern bieten nur sehr wenige Weinbars des Landes: Allein von Philipp Kuhn aus der Pfalz sind mehr als zwei Dutzend(!) Sorten vorrätig – bis 2006 zurück. Wenn man irgendwo in Berlin he­ rausfinden kann, wie gut deutscher Wein reift, dann hier. Sogar glasweise ist Exzellentes zu haben: der 2016er Blaufränkisch von Umathum, der lang auf der Hefe gereifte Weißburgundersekt von Münzberg, die Shiraz-Cabernet-Cuvée von Dr. Balzhäuser aus Rheinhessen. Was das Essen angeht: Wir haben uns durchgekostet durchs Angebot und Leckereien bekommen, die erstens preiswert und zweitens präzise zubereitet waren. Garnelen mit japanischer Mayonnaise und Ananas, den Lachs mit Zitrusfrüchten und Ponzu oder die Okraschoten mit Kicher­ erbsen und Minzjoghurt. Weil auch Flammkuchen und Käse-Schinken-Platten verfügbar sind, eignet sich der Laden nicht nur zum Apéro-Besuch, sondern auch zum echten Abendessen. Wolgang Faßbender ist erfahrener Restauranttester und schreibt unter anderem auch für MEININGERS WEINWELT Gastrokritiken.

Art Director Sabine Wulffert Bild- und Textredaktion Carla Bongers, Christine Neubecker Sabrina Throm (Volontärin) Autoren Wolfgang Faßbender, Kirsten Lehmkuhl, Stefan Nink, Martin Specht Layout Manfred Bachtler, Sabine Wulffert Leitung Produktion/Grafik Patrick Rubick Geschäftsleitung Media Ralf Clemens · clemens@meininger.de Mediaberater/in Charlotte Diemer · diemer@meininger.de Jörg Sievers · sievers@meininger.de Leserservice Marita Hock, Sonja Spuhler vertrieb@meininger.de Verlag Meininger Verlag GmbH Maximilianstr. 7-17 67433 Neustadt/Weinstraße Tel. 06321 8908-0 MEININGERS WEINREISEN ist eine Sonderausgabe der Zeitschrift MEININGERS WEINWELT Geschäftsführung Andrea Meininger-Apfel Christoph Meininger Vertrieb IPS Pressevertrieb GmbH, Postfach 12 11, 53334 Meckenheim, Tel. +49 2225 8801-0, Fax +49 2225 8801-199, E-Mail: info@ips-pressevertrieb.de www.dpv-network.de Titelfoto Jenny Sturm/shutterstock.com Litho: Sabine Wulffert Druck: westermann DRUCK I pva Diese Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen Beiträge, Abbildungen, Karten und Pläne so­wie die Darstellungen der Ideen sind ur­h eber­recht­lich ­geschützt. Eine Verwertung ein­schließlich des Nachdrucks ist nur mit schrift­licher Genehmigung des Verlages ­möglich. Dies gilt auch für Aufnahmen in elektronischen Datenbanken und Verviel­­fäl­tigungen auf Datenträger. Das Sonderheft ist zum Preis von 6,00 Euro er­hältlich. Einzelbestellungen können Sie an den MEININGER VERLAG richten: Tel. 06321 8908-30.

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ABKLANG

EINE ANDERE ART ZU REISEN ... Der Hausarzt hat unserem Kolumnisten Stefan Nink zu Ruhe und Gewichtsreduktion geraten, und er hat – eine Schrothkur gemacht. Im Allgäu, in Oberstaufen. Das sind seine Aufzeichnungen: 1. KURTAG: 81,4 KILO

FOTO: PRIVAT

Das steht da wirklich, unten, auf der Waage: 81,4 Kilo. Der Kurarzt runzelt die Stirn. Und erklärt, dass da eine Fünftageskur natürlich nicht viel ändere. „Zwei Wochen wären für Sie ideal.“ Er blickt gedankenverloren aus dem Fenster. Darf man eigentlich rauchen? Nach dem Essen, eine Havanna, zur Entspannung? Und was ist mit Rotwein? Der Kurarzt zieht die Luft ein. Er sieht sehr traurig aus. Oberstaufen ist ganz bezaubernd! Der Ort schmiegt sich in sattgrünes Hügelland, dahinter kratzen Zackenberge an den Wolken, sehr hübsch ist das alles. Ich gehe hinüber zu „Molly­ wood“ und schaue mir die Sonderangebote an. Und dann zurück ins Hotel, zum Mittag­ essen, an die Selbstbedienungstheke. Obwohl ich ganz nah herantrete, entdecke ich nur ein bisschen Trockenobst und etwa 73 Teesorten. „Sie dürfen sich so viel nehmen, wie Sie möchten“, meint die Bedienung. Ich glaube, einen Moment des Bedauerns in ihrem Gesicht erkennen zu können. 2. KURTAG: 80,2 KILO

Bei einer Schrothkur bekommt man eine eiweiß- und salzfreie Diät, soll sich viel bewegen und wird morgens in kalte Laken gewickelt, um Giftstoffe auszuschwitzen, wo immer die herkommen sollen. Um vier in der Früh stürmt eine Angestellte aus Kasachstan ins Hotelzimmer, und bevor man weiß, wie einem geschieht, wird man in ein nasses Laken eingeschlagen, bis man aussieht wie Tutanch­ amun kurz vor Sarkophagschließung. Am Ende gibt es noch einen Frotteeturban um den Kopf. Als ich zwei Stunden später ausgepackt werde, fühle ich mich, als ob ich sieben Tage mit hohem Fieber im Bett gelegen hätte. Ganz wabbelig ist mir, ich muss mich sofort wieder hinlegen und anschließend bin ich bis halb zwölf sowas wie ohnmächtig. Und was gibt es zu Mittag? Etwas, das als „eingeweichte Dörrpflaumen im e­ i­genen Sud“ bezeichnet wird. Da muss man sich nicht wundern, dass die Kraft später nur für eine schleppende Runde durch die Felder reicht. Ich muss öfter stehen bleiben, weil mir ganz blümerant wird. Das abendliche „Wok­ gemüse aus Keimlingen“ mit seinen geschätzt 137 Gramm Gesamtgewicht ändert nichts an der Situation. 3. KURTAG: 79,3 KILO

Na, da staunen Sie, oder? Bin aber auch eisern. Das Frühstück hab ich gleich mal ausgelassen, dieses Trocken­ fruchtzeugs wird sowieso überschätzt. Stattdessen ging es sogleich hinaus mit dem Mountainbike. Überall bimmelten zufrieden aussehende Kühe, überall winkten die Café-Bedienungen dem Kurgast zu, wenn er sich kraftlos keuchend den Berg hochrackerte. Natürlich habe ich ihr Sirenengesäusel ignoriert, und natürlich gab es keinen Schwarzwaldbecher mit Sahne. Wäre ja noch schöner. Schließlich wartete im Hotel ein Kartöffelchen an frischen Kräutern. 4. KURTAG: 78,5 KILO

Heute war ich Golf spielen, gleich nach der Packung. Wurde mir empfohlen. Golf ist ein sehr anstrengender Sport. Man läuft acht Kilometer durchs Gelände, schleppt einen Sack mit Eisenschlägern und drischt hundert Mal auf einen kleinen Ball ein. Normalerweise esse ich da zwei Käsebrötchen, eine Banane und einen Energie­ riegel. Wie eine Runde Golf nach zwei Scheiben Knäckebrot aussieht, kann man sich da ja vorstellen. Und auch, wie viele Bälle man braucht. Die Tiere in den Auen von Oberstaufen Stefan Nink werden noch Jahre davon sprechen. ist vielfach ausge­­ 5. KURTAG: 77,4 KILO

Ich sehe aus wie nach sieben Wochen Nordsee-Urlaub, der Blick hellwach, der Gang be­ schwingt, alles neu! Nachher um sechs gibt es noch ein Konzert der Staufner Alphorn­ bläser, das will ich noch mitnehmen. Mit einem Achterl Roten setze ich mich dick ver­ packt auf eine Gartenliege und sehe mir an, was das frühe Nachmittagslicht mit den Bergen anstellt. Doch, ich mag dieses Oberstaufen, denke ich, und anschließend sinniere ich dann darüber, warum da jetzt plötzlich ein dicker Vollmond am schwarzen Himmel klebt und ein Käuzchen ruft. Ist übrigens auch ein Nebeneffekt der Schrothkur: Man kann plötzlich unglaublich gut schlafen.

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zeichneter Reisejournalist. Seine humorvollen Geschichten und haarsträubenden Reise­ abenteuer rund um den Globus wurden bereits in 17 Sprachen übersetzt. Seinen Blog und Podcast finden Sie unter: www.tracksandtravels.com

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