Letzebuerger Land 27 du 8 7 2022

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Wie weiter? Die Preise sind hoch, in der Urkaine herrscht noch Krieg. Spricht etwas dafür, gerade jetzt über das Wachstum zu reden?

L’arc-en-ciel a terni Ce week-end, Esch revêtira les couleurs de la Gay Pride. Reportage dans un des derniers porte-étendard de la communauté

„Die Kammer ist kein Spiegelbild der Gesellschaft mehr“ Marc Spautz (CSV) ist noch einer der wenigen Abgeordneten mit Gewerkschaftsvergangenheit. Im Interview spricht er über die Tripartite, die „neue“ CSV und ihren christlich-sozialen Flügel

La dernière rotation Dans la nuit du dimanche au lundi, la rotative de Gasperich a imprimé son dernier Wort. Chronique d’une mort prévue de longue date

Décharge publique À un an des élections communales, à Luxembourg ou à Esch, l’exploitation des vélos en libre service déborde dans le champ politique

Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne Während die Geburtsmedizin chronisch unterbesetzt ist, wird der Ruf nach Selbstbestimmung lauter. Ein Verein macht sich nun für die Gründung eines Geburtshauses stark

Foto: Gilles Kayser

Unabhängige Wochenzeitung für Politik, Wirtschaft und Kultur

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69. Jahrgang 08.07.2022 ­

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08.07.2022

Gilles Kayser

Sehr symbolischer Akt: Der Mobilitätsminister und der Energieminister weihten am Montag mit EU-Klimakommissar Frans Timmermans Schnellladesäulen auf der Aire de Capellen ein

Wie weiter? Peter Feist

Die Preise sind hoch, in der Ukraine herrscht noch Krieg. Spricht etwas dafür, gerade jetzt über das Wachstum zu reden?

Diese Woche war wieder eine, in der eine beunruhigende Nachricht auf die andere folgte. Dass in der Ukraine noch immer Krieg herrscht, überrascht mittlerweile nicht mehr. Dafür aber warnte der deutsche Wirtschaftsminister Robert Habeck vor einer Rezession in seinem Land, wenn am Montag kommender Woche die jährlichen Wartungsarbeiten an der Erdgas-Pipeline Nordstream 1 beginnen. Dann fließt zehn Tage lang kein Gas durch die Röhren. Befürchtet wird, dass Russland die Lieferungen anschließend nicht wieder aufnimmt. Solche Szenarien schlagen auf den Gaspreis durch. Am europäischen Gas-Referenzmarkt TTF sind die Großhandelspreise gegenüber Mitte Juni um 75 Prozent gestiegen. Kommende Woche will die EU-Kommission Szenarien für eine Gas-Solidarität unter den Mitgliedstaaten vorlegen. Sie könnte ausgerufen werden, falls Russland die Lieferungen tatsächlich weiter kappt. Luxemburg, sagte Energieminister Claude Turmes (Grüne) vergangene Woche, könne da nicht abseits stehen. Zurzeit habe es lediglich ein Preisproblem, kein Lieferproblem. Denn es bildet einen Markt mit Belgien, wird vor allem mit Gas aus Norwegen und solchem, das am Flüssiggas-Terminal in Zeebrugge ankommt, versorgt. Doch in der ganzen EU geht mittlerweile die Sorge vor dem nächsten Winter um und dass es nicht gelingen könnte, die Gasspeicher bis spätestens November auf 90 Prozent Füllstand zu bringen. Dann könnten Abschaltungen in allen Sektoren drohen, die nicht „geschützt“ sind. Die Industrie etwa müsste verzichten zugunsten von Haushalten, Kliniken oder Altersheimen. Dafür soll die EUKommission nächste Woche einen Plan vorlegen. Lehman-Brothers-Moment Wegen der hohen Preise wächst in der EU die Angst vor einem Zahlungsausfall von Energieversorgern. Besonders ausgeprägt ist sie in Deutschland, wo der größte Gas-Importeur, Uniper, vergangene Woche Verhandlungen mit der Regierung über eine Rettung durch den Staat aufnahm. Diskutiert wurde das Thema auch beim EU-Energieministertreffen vergangene Woche in Luxemburg. Claude Turmes meinte auf einer Pressekonferenz, dass ein „DominoEffekt“ vermieden werden müsse, bei dem Konkurse großer Versorger kleine hinterherreißen könnten. Uniper hatte, nach-

Der Nachhaltigkeitsrat empfiehlt statt dem „linearen“ einen „Kreislaufkapitalismus“. So ähnlich steht das im Regierungsprogramm auch

dem 60 Prozent seiner Gasbezüge aus Russland ausgefallen waren, kurzfristig Gas auf dem Spot-Markt zukaufen müssen. Andernfalls wären nicht zuletzt kommunale Gasversorger ohne Brennstoff geblieben. Die höheren Kosten auf dem Sport-Markt tragen Uniper jeden Tag zweistellige Millionenverluste ein. So groß ist die Sorge vor einem Domino-Effekt, dass der deutsche Wirtschaftsminister diese Woche erklärte, die Regierung in Berlin werde nicht zulassen, dass ein von Deutschland ausgehender „Lehman-Brothers-Moment“ systemische Auswirkungen auf die gesamte EU-Energieversorgung hätte. Von einem Gas-Embargo, das die EU gegen Russland verhängt, redet niemand mehr. Unter solchen Bedingungen kann es realitätsfern erscheinen, ausgerechnet jetzt, oder besser: im kommenden Wahlkampf, über das „Luxemburger Wachstumsmodell“ diskutieren zu wollen. Näher könnte liegen, sich zu wünschen, dass alles schnell wieder gut wird. Oder dass zumindest die CSV sich durchsetzt, deren Fraktionsvorsitzender Gilles Roth am Montagmorgen wieder einmal bei RTL zu Gast war, um über die hohen Spritpreise zu klagen: Zwei Euro pro Liter Diesel oder 98-er Benzin seien nicht zumutbar. Über Tankrabatt und Solidaritéitspak hinaus müssten die Mineralölsteuern ausnahmsweise so weit gesenkt werden, wie die EU das erlaubt. Alles andere sei „ideologische Lenkungspolitik“.

Kreislauf-Kapitalismus Der nationale Nachhaltigkeitsrat (CSDD) hingegen rät den politischen Parteien, gerade jetzt mit Blick auf den Wahlkampf die Wachstumsfrage zu thematisieren. Am Mittwoch widmete er ihr eine längere Pressekonferenz. Was der CSDD dort an Vorschlägen zur Sprache brachte, seien „nur 20 Prozent“ von insgesamt rund 150 Ideen, an denen man arbeite, erklärte CSDD-Präsident Romain Poulles. Und kündigte an, noch diesen Monat werde der CSDD sich über eine „nachhaltige Steuerreform“ äußern sowie über den „ökologischen Fußabdruck“ Luxemburgs.

Seit Romain Poulles, Unternehmer und Pionier für ökologisches Bauen, im Mai 2020 den CSDD-Vorsitz übernommen hat, drehen sich die Diskussionen in dem 15-köpfigen Gremium um einen Ansatz von „Kreislaufwirtschaft“. Womit mehr gemeint ist als Recycling und Wiederverwendung von Abfällen. Eher geht es darum, technologische Prozesse so zu gestalten, dass Abfälle gar nicht erst entstehen, und falls doch, würden sie in einem Kreislauf weitergenutzt. Aber auch das ist nicht das Ende der Überlegungen im CSDD, sagt sein Präsident. Poulles würde den „linearen Kapitalismus“, der Ressourcen als verfügbar annimmt, und wo sich lediglich die Frage stellt, was ihre Extraktion kostet, durch einen „Kreislauf-Kapitalismus“ ersetzen, der von vornherein davon ausgeht, dass Ressourcen begrenzt sind und ihre Extraktion so klein wie möglich hält. Technologien, aber auch Normen und Steuern würden dafür sorgen. Auswirkungen auf die Verteilung von erwirtschaftetem Reichtum hätte es auch. Und würfe die Frage auf, welchen Zweck Wirtschaft überhaupt hat und wem die Akkumulation von Kapital dient – die letzten Endes der Wachstumstreiber ist. Was der CSDD den Parteien in einem ersten 18-seitigen Papier rät, sind dennoch eher punktuelle Ansätze. Sie sind auch nicht frei von Widersprüchen. Zum Beispiel stellt der Nachhaltigkeitsrat nicht zu Unrecht fest, dass das Wachstum des Luxemburger Bruttoinlandsprodukts (BIP) vor allem über den Beschäftigungszuwachs erfolgt. Woraus er den Schluss zieht, Rentenleistungen und Wirtschaftswachstum gehörten voneinander „entkoppelt“. Doch wenn er dann empfiehlt, die


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Beiträge zur Rentenkasse „über Steuern“ zu finanzieren, ist zumindest erklärungsbedürftig, weshalb dadurch der Wachstumsdruck sinken soll. Tatsache ist aber, dass der Nachhaltigkeitsrat das einzige gesellschaftliche Gremium ist, das übergreifende Fragen zusammendenkt, die politisch relevant sind und sich langfristig stellen. Dass seine 15 Mitglieder ehrenamtlich arbeiten und ihnen lediglich eine hauptamtliche Sekretärin zur Seite steht, engt den Aktionsradius der kleinen „Denkfabrik“, wie ihr Präsident sie gerne nennt, natürlich ein. Überall Strategien Letzten Endes sind die Antworten, die der CSDD zu geben versucht, gerade wenn sie lückenhaft sind, Ausdruck für das Defizit an Zukunfts-Überlegungen innerhalb der Gesellschaft. Mittlerweile hat beinah jedes Ministerium irgendeine „Strategie“. Der Begriff „nachhaltige Entwicklung“ tauchte schon im Regierungsabkommen 2004 von CSV und LSAP inflationär auf. In der vorigen Legislaturperiode kamen Begriffe hinzu wie „croissance verte“ und „qualitatives Wachstum“. Der US-Futurologe Jeremy Rifkin dachte 2016 im Auftrag von LSAP-Wirtschaftsminister Etienne Schneider über eine „dritte Industrielle Revolution“ nach. Ein Jahr später entdeckte Schneider die Kreislaufwirtschaft, nachdem 2015 die EU darüber ein „Paket“ veröffentlicht hatte. Im Koalitionsprogramm der aktuellen Regierung wird im Kapital „Wirtschaft und Wettbewerbsfähigkeit“ versprochen, den Übergang von einer „linearen“ zu einer „zirkularen“ Wirtschaft zu fördern und einer „qualitativen“ Wirtschaftsentwicklung Priorität einzuräumen. Was in der Praxis aber in erster Linie nur daran erkennbar wurde, dass auf politischen Druck der bei den Wahlen 2018 gestärkten Grünen hin nichts aus den Ansiedlungen einer Joghurt- und einer Steinwollefabrik wurde. Die von LSAP-Wirtschaftsminister Franz Fayot ins Leben gerufene Arbeitsgruppe Luxembourg Strategy beginnt erst zu tagen. Energiewende Wenn eine Entwicklung erfolgt, die sichtbar

ist, dann zurzeit vor allem im Energiebereich. Das hängt mit den Klimazielen der EU zusammen, die Gesetzeskraft haben. Vergangene Woche einigte sich der EU-Energieministerrat auf eine Verschärfung der Energieeffizienz-Ziele bis 2030, der Umweltministerrat auf mehr erneuerbare Energien am Gesamtverbrauch der Mitgliedstaaten. Weil diese Entwicklung schon mit den Klimazielen für 2020 angestoßen wurde, ist der Fortschritt auch in Luxemburg nennenswert: 993 Gigawattstunden kamen 2021 aus einheimischer erneuerbarer Produktion, bilanziert die Regulierungsbehörde ILR. Das war fast so viel wie der Verbrauch sämtlicher Haushalte (1 003 GWh). Das Energieministerium geht davon aus, dass bis 2030 allein die Solarstromproduktion auf 1 000 Gigawattstunden wächst. Was mehr als dem Fünffachen der 179 Gigawattstunden von 2021 entspräche.

Grünen Strom zu produzieren, ist gerade in der derzeitigen Energiekrise attraktiv. Laut Netzbetreiber Creos ist die Zahl der seit Jahresanfang eingegangenen Solarstromanträge schon jetzt so hoch wie 2021 insgesamt. Nicht in erster Linie, weil Luxemburg dank einer Ausnahmegenehmigung der EU-Kommission auch weiterhin einen besseren Tarif bei der Einspeisung ins Netz garantieren darf. Sondern weil Ukraine-Krieg und Strompreisanstieg das Interesse an Selbstversorgung geweckt haben. Mehr als 80 Prozent der Anträge zur Installation einer Photovoltaik-Anlage haben Selbstversorgung zum Ziel und keine Einspeisung ins Netz. Dass Solarstrom besonders sinnvoll ist in Kombination mit einer elektrisch betriebenen Wärmepumpe zum Heizen und zum Aufladen eines Elektroautos, spricht sich ebenfalls herum. Vom Staat winken 50 Prozent Zuschuss zu den Investitionen in die Anlage. Das Energieministerium will auch Selbstversorgungs-Projekte der Industrie stimulieren. Und hält mit dem Landwirtschaftsministerium Ausschau nach Freiflächen auf Ackerland; dabei sollen Solarstrom-Panels die Agrarproduktion des Landwirts nicht behindern. Wind Beim Windstrom ist es schwieriger, große Sprünge zu machen. Creos und Energieministerium rechnen damit, dass die bis 2030 geplanten neuen Anlagen früher ans Netz gehen. Und dass 2025 eine ganze Reihe hinzukommt, die zurzeit noch im Genehmigungsverfahren ist. Viel mehr hinzubauen, ist aber offenbar nicht selbstverständlich: Die guten Standorte sind demnächst belegt. Wer mehr wollte, müsste Mensch und Natur näherkommen, als das bisher konsensfähig, beziehungsweise erlaubt ist. Auch bei der Genehmigung des Ersatzes älterer Windräder durch neue und vor allem stärkere lassen Energie- und Umweltministerium Vorsicht walten. Die Regel beim „Repowering“ ist, dass ein neues Windrad zwei ältere ersetzt. Zwei neue und stärkere zu installieren, brächte zwar mehr Strom, aber auch mehr Dauerschall und mehr Schattenwurf.

Abgesehen von der ADR stellt hierzulande niemand mehr die Transition zu erneuerbaren Energien infrage. Längst reicht der Konsens bis in die Chefetagen der Industrie, denn für das neue Zeitalter wurden und werden Investitionen getätigt. So dass allenfalls die Befürchtung laut wird, dass nicht rund um die Uhr genug Strom zur Verfügung stehen könnte, wenn die Energieversorgung eines Tages quasi vollständig elektrisch funktionieren soll. Und wenn zum Beispiel 2030 tatsächlich jeder zweite PKW im Bestand hierzulande ein elektrischer wäre. Wasserstoff Die Sorgen der Industrie wiederum liegen auf einem viel höheren Niveau. Zum Beispiel wäre es der Fedil sehr recht, wenn Wasserstoff früher in großen Mengen zur Verfügung stünde, als die im vergangenen Jahr vom Energieminister präsentierte „Wasserstoffstrategie“ das vorsieht. So ließe sich Gas ersetzen. Übergangsweise hätte die Branche auch nichts gegen Wasserstoff, der nicht ganz „grün“ wäre. Und wenn er schon grün sein muss und durch Elektrolyse mithilfe grünen Stroms gewonnen, wieso nicht eine Elektrolyse-An-

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tralität“ erreicht sein soll, flössen die Senken als „negative Emissionen“ in die Bilanz ein, um zu kompensieren, was sich an CO2-Ausstoß noch nicht vermeiden ließ. Die Senken-Wirkung von Wäldern und Grünflächen ist umso besser, je mehr Biodiversität sie tragen.

lage in Luxemburg errichten, mit vielleicht ein paar Windrädern zur Speisung rundherum? Noch sind diese Versorgungsszenarien eher Zukunftsmusik. Zum Wasserstoff lässt das Energieministerium den genauen Bedarf ermitteln, will anschließend entscheiden, wie er gedeckt werden soll. Ebenfalls noch nicht für morgen ist die Stromversorgung über „intelligente“ Netze, die Angebot und Verbrauch ausregeln und in denen große Stromspeicher Nachfragespitzen puffern. In letzter Konsequenz ist das Luxemburger Stromnetz, abgesehen von dem für die Hochöfen von Arcelor-Mittal und die Bahnstromversorgung der CFL, eine Verlängerung des deutschen Netzes. Und ein Teil des EU-Stromverbunds. Auch wenn Netzbetreiber wie Creos demnächst verpflichtet werden, „Netzentwicklungspläne“ aufzustellen, werden die entscheidenden Weichen für die Versorgung des Großherzogtums in Kooperation mit dem Ausland gestellt. Freilich bedeutet eine grünere Energieversorgung, selbst wenn sie eines Tages CO2-frei wäre, nicht automatisch ein anderes Wachstum. Sie wäre vor allem ein anderer Technologieeinsatz und ein Beitrag zur Dekarbonisierung des Energieverbrauchs. Selbst dem Luxemburger Nachhaltigkeitsrat geht das noch nicht weit genug: Es genüge nicht, etwas „weniger schlecht“ zu machen, denn dann sei es „noch immer schlecht“. Datenmangel Doch was genau das heißen soll und worauf eine Debatte sich gründen soll, ist unter anderem schon deshalb schwer zu fassen, weil Daten fehlen. Nicht nur CSDD-Präsident Romain Poulles klagte am Mittwoch, für die Diskussionen, die er sich so wünscht und die am besten unter breiter Bürger/innenbeteiligung geführt werden sollten, müssten dringend Daten her. Auch der Wirtschafts- und Sozialrat listete Anfang dieser Woche auf, worüber er gerne mehr Klarheit hätte. Zum Beispiel über die Auswirkungen sozialer Ungleichheiten und die Effekte der aktuellen Lieferkettenprobleme und

Selbst der Wirtschafts- und Sozialrat wünscht sich Daten über die Artenvielfalt

gestiegener Energie- und Rohstoffpreise auf die Produktivität der Betriebe. Überhaupt die Produktivität: Der nationale Produktivitätsrat CNP sollte erläutern helfen, wie produktiv der Finanzsektor ist; wie sich der Kapitaleinsatz auf die Produktivität auswirkt. Idem die Investitionen, neue Technologien, Digitalisierung, Forschung, Entwicklung und Weiterbildung. Bedenkt man, dass im Regierungsprogramm der Akzent in der Wirtschaftspolitik auf eine „Strategie der Maximierung der Produktivitätsgewinne“ gelegt wird, um zu einem „qualitativen Wachstum“ zu gelangen, hat die Passage gute Chancen, auch im nächsten Koalitionsvertrag aufzutauchen. Artenvielfalt Auch über ökologische Zusammenhänge wünscht der Wirtschafts- und Sozialrat sich mehr Aufschluss. Zum Beispiel müssten Indikatoren über die Artenvielfalt her. Was weniger daran liegt, dass den WSR-Mitgliedern ein grünes Herz gewachsen wäre, sondern ganz praktische Gründe hat: Je anspruchsvoller die Klimaziele werden, desto wichtiger werden „Kohlenstoff-Senken“ (Wälder, Wiesen, Äcker und so weiter), die CO2 binden. Spätestens wenn 2050 „Klimaneu-

Ganz von vorn angefangen werden muss bei diesen UmweltBilanzierungen nicht. Das Statistikinstitut Statec arbeitet daran schon seit Jahren, eigentlich seit 2008 der damalige LSAP-Wirtschaftsminister Jeannot Krecké auf die Idee kam, ein „PIB vert“ zu berechnen. Auf diese folgte das „PIB du bien-être“ Auch der CSDD betonte am Montag, das BIP als Indikator reiche nicht: „Wenn Krieg herrscht, steigt das BIP!“ Doch eine ökologische Buchführung, wenn es um die geht, ist kompliziert. Von elf Indikatoren, an denen der Statec arbeitet und unter denen „Artenvielfalt“ einer ist, wurden bisher zwei fertiggestellt: Einer über den Einsatz von Rohmaterialien und ein weiterer über den CO2-Inhalt von allem, was in Luxemburg verbraucht wird, inklusive aller Importe. Eine schwierige Übung, von welcher die Statistiker noch nichts publiziert haben. Mehr Aufschluss besteht nur über Rohmaterialien-Verbrauch: Er ist laut Statec seit Jahren stabil. So dass die große, aufgeklärte und datenbasierte Wachstumsdebatte wohl noch ein paar Jahre auf sich warten lassen wird. Was aber nicht heißt, dass jene sich irren, die schon jetzt meinen, dass in der Gesellschaft das Sprengstoffpotenzial wächst, wenn natürliche und menschliche Ressourcen immer weiter ausgebeutet werden. Dass zweitens, wenn der Graben zwischen Wachstumsgewinnern und Wachstumsverlierern größer wird, die Demokratie in Gefahr gerät. Und dass drittens im besonderen Fall von Luxemburg der wahlberechtigte Teil der Bevölkerung eher zu den Gewinnern zählt und die Politik die Verlierer aus den Augen verlieren könnte. Vor allem deshalb wäre gerade jetzt ein guter Moment, um über das Wachstum zu reden zu beginnen.

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LEITARTIKEL

Zwei oder drei Expertisen Peter Feist

Zwölf Seiten umfasste der Bericht, mit dem die fünfköpfige Expertengruppe im Januar der Regierung die Einführung einer Covid-Impfpflicht für alle über 50-Jährigen und für alle im Gesundheits- und Pflegewesen Tätigen empfahl. Das „Update“, das sie am Dienstag vorstellte, ist sechs Mal so lang. Das allein ist schon merkwürdig. Es wäre zu verstehen, wenn sich in den sechs Monaten seither die Bedingungen für oder gegen eine Impfpflicht derart geändert hätten, dass eine ganz neue und viel ausführlichere Studie nötig geworden wäre. Davon kann aber keine Rede sein. Denn obwohl um den Jahreswechsel in Europa die Delta-Variante des Coronavirus noch vorherrschte und der erste Omikron-Subtyp (später BA.1 genannt) im Dezember in Südafrika entdeckt wurde, sind drei Feststellungen heute ebenso gültig wie im Januar. Erstens, tragen über 50-Jährige ein erhöhtes Risiko, schwerer an Covid-19 zu erkranken. 98 Prozent der seit Beginn der Pandemie daran in Luxemburg Verstorbenen waren über 50. Von den an Omikron-Covid Verstorbenen waren es alle. Zweitens: Obwohl sämtliche aktuellen Impfstoffe auf den „Wuhan-Typ“ von SarsCoV-2 zurückgehen, der schon lange keine Rolle mehr spielt, schützen sie noch immer auf bemerkenswerte Weise vor schweren CovidVerläufen, die eine Krankenhauseinweisung nötig machen. Drittens: Gegen eine Infektion schützen sie von Virusvariante zu Virusvariante immer schlechter. Aber: Infektion heißt nicht Erkrankung. Dass dem so ist und was daraus folgt, hätte auch auf sieben Seiten niedergeschrieben werden können statt auf 72. Nämlich, dass eine Impfpflicht für die über 50-Jährigen sinnvoll ist, um das Gesundheitssystem zu schützen. 30 000 über 50-Jährige sind gänzlich ungeimpft. 20 000 haben lediglich zwei Dosen erhalten. Gegen „Delta“ boten drei Dosen einen über neunzigprozentigen Schutz gegen Hospitalisierung, Einweisung auf eine Intensivstation und Tod. Gegenüber dem ersten Omikron-Subtyp BA.1 lag dieser Schutz ebenfalls bei über 90 Prozent. Dass er auch gegen weitere Varianten nennenswert wäre, ist anzunehmen. Doch seltsamerweise differenziert und nuanciert der Bericht und versteckt wichtige Aussagen derart, dass er angreifbar wird. Zum Beispiel suggeriert eine Simulation der Uni Luxemburg, nur gegen eine Variante, die krank macht wie „Delta“, brächte die Impfpflicht genug. An anderer Stelle heißt es, wären die wegen „Omikron“ Hospitalisierten über 50, die ungeimpft waren, geimpft gewesen, hätten über 15 Wochen hinweg 154 Hospitalisierungen, davon 15 auf einer Intensivstation, sowie 23 Todesfälle vermieden werden können. Warum soll das zu wenig sein? Auf der Pressekonferenz am Dienstag war die Nachfrage eines Journalisten vonnöten, um den Experten zu entlocken, ob sie überhaupt etwas empfehlen. Zur sektoriellen Impfpflicht ist der Bericht nicht klarer. Auf den ersten Blick scheint er von ihr abzuraten. Denn sich infizieren und das Virus übertragen können auch Geimpfte relativ bald nach der letzten Dosis, sodass ein cordon sanitaire um Patient/innen im Spital und Insassen von Altenheimen unrealistisch wäre mit den derzeitigen Vakzinen. Viel weniger fällt auf, dass die Experten die sektorielle Impfpflicht für angebracht halten, falls ein Impfstoff zu 50 Prozent vor Infektion und Übertragung schützt. Da derzeit die Arzneimittelbehörden der EU und der USA an Omikron-BA.1 angepasste Vakzine prüfen, sind mehr als die 50 Prozent womöglich erreichbar. Gut, dass die zunächst für heute angesetzte Regierungserklärung mit anschließender Debatte auf kommende Woche verlegt wurde. So bleibt Zeit, im Regierungsrat und in parlamentarischen Ausschüssen mit den Experten zu diskutieren, was sie tatsächlich empfehlen. Der Bericht liest sich bisweilen wie eine Synthese zweier oder dreier Expertisen. Zynisch interpretiert, bietet er, so zweideutig, wie er redigiert wurde, Raum, um die Impfpflicht ad acta zu legen. Was am Ende vielleicht geschieht, weil es schon spät ist: Würde nächste Woche ein Impfpflicht-Gesetzentwurf eingereicht, würde seine politische Diskussion mit dem heraufziehenden Wahlkampf vermengt. So richtig freuen könnte das allein die ADR.

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SOZIALPOLITIK

Arm trotz Arbeit Vor einem Monat haben Vertreter des EU-Parlaments, der Mitgliedstaaten und der Kommission sich auf eine europäische Mindestlohnrichtlinie geeinigt, die am Mittwoch auf Antrag von déi Lénk in einer Aktualitätsstunde in der Kammer diskutiert wurde. Der Vorschlag, der voraussichtlich im September vom EU-Parlament angenommen werden soll, sieht vor, dass der Mindestlohn eines Landes mindestens bei 50 Prozent des Durchschnittslohns oder 60 Prozent des Medianeinkommens liegen sollte. Laut déi Lénk sei das Verhältnis in Luxemburg derzeit bei 54 Prozent des Medianlohns bzw. bei 44 Prozent des Durchschnittslohns anzusiedeln. „Bessere“ Zahlen hatte Arbeitsminister Georges Engel (LSAP), demzufolge der Mindestlohn in Luxemburg 58,62 Prozent des Medianlohns betrage. Einigkeit herrschte darüber, dass das Parlament Maßnahmen beschließen muss, um gegen die überdurchschnittlich hohe Anzahl an Working Poor in Luxemburg vorzugehen. Ein geeignetes Mittel für bessere Löhne wären mehr Tarifverträge. Die neue Richtlinie, an deren Ausarbeitung der luxemburgische EU-Kommissar Nicolas Schmit (Foto: sb) maßgeblich beteiligt war, verpflichtet die Mitgliedstaaten dazu, eine tarifvertragliche Abdeckung von mindestens 80 Prozent zu erreichen. Länder, die unter dieser Quote liegen, müssen der Kommission einen Aktionsplan vorlegen. In Luxemburg sind zurzeit lediglich 59 Prozent der Arbeitnehmenden tarifvertraglich geschützt. Die Regierung hatte eine Verbesserung der Gesetzgebung über betriebliche und sektorielle Kollektivverträge in ihrem Koalitionsvertrag in Aussicht gestellt, doch die Verhandlungen zwischen den Sozialpartnern im Comité permanent du travail et de l᾽emploi (CPTE) sind ins Stocken geraten, wofür der OGBL nicht nur der UEL, sondern auch dem Arbeitsminister die Schuld gibt, der das CPTE leitet. Dan Kersch (LSAP) schlug daher am Mittwoch vor, Unternehmen mit Kollektivvertrag steuerlich zu entlasten. Damit die Richtlinie in Kraft treten kann, muss sie innerhalb von 24 Monaten in nationales Recht umgesetzt werden. Eine Diskussion sei aber nur dann sinnvoll, wenn auch verlässliche Zahlen vorliegen, bemerkte der CSV-Abgeordnete Marc Spautz in der Aktualitätsstunde. ll

Wirtschaftskrise? In seiner letzten Sitzung vor den Sommerferien diskutierte der Nationalvorstand des OGBL am Dienstag noch einmal über die politische Aktualität, die für die Gewerkschaft nach wie vor von der „Indexmanipulation in schwierigen Zeiten von hoher Inflation“ bestimmt wird. Dabei sei eine Wirtschaftskrise nicht in Sicht, was der OGBL auch daran erkennt, dass seine Zentralsekretäre nicht mit Massentlassungen konfrontiert seien und kaum Sozialpläne zu verhandeln hätten.

Blog

Negative Auswirkungen habe die Indexmanipulation auf die Tarifvertragsverhandlungen, denn Unternehmer würden nun davon ausgehen, die Lohnpolitik werde von der Regierung und nicht im Dialog mit Personaldelegationen gemacht, erklärte Präsidentin Nora Back. Bei der nächsten Tripartite will der OGBL indes mit Patronat und Regierung über eine gerechtere Besteuerung von Arbeit und Kapital verhandeln. Bevor die Gewerkschafter in den Urlaub fahren, wollen sie noch ihrem langjährigen Präsidenten und LSAP-Abgeordneten John Castegnaro gedenken, der vor zehn Jahren verstorben ist. Mit gewerkschaftlichen Aktionen ist erst nach der Rentrée wieder zu rechnen. ll

unies sur la question des violences sexuelles (d᾽Land, 3.9.2021). Les vins seront fournis par la famille, à savoir le cousin le prince Robert, président du prestigieux grand cru classé bordelais Haut-Brion. Ceux qui ne peuvent s’offrir de table ou se déplacer (Luxair arrête ses vols pour Biarritz le 1er octobre selon le calendrier en ligne), des lots sont mis en vente aux enchères : un voucher de deux nuits à l’Hôtel du Palais ou une visite d’un lieu patrimonial au Grand-Duché en présence de la Grande-Duchesse. Il est également possible de sponsoriser l’événement ou de faire un simple don grâce à un astucieux QR code sur le site standspeakriseup.lu (cagnotte gofundme suspendue ce mercredi soir pour vérification de sa conformité). pso

wollten Anfang Juni wissen, wie die Regierung die Spritpreise „erofzedrécken“ gedenkt, damit trotz Tankrabatten in den Nachbarländern der Tanktourismus nach Luxemburg erhalten bleibt. Als Antwort schickte Backes einfach die Rede, die sie vergangene Woche im Parlament zum Thema gehalten hat. So dass darin auch eine Erwiderung an „den honorabelen Deputéierten Här Kartheiser“ vorkommt, mit der Hansen und Roth kaum gerechnet haben dürften. pf

P E R S O N A L I E N

Michel Heintz,

Das Jugendparlament brachte am Dienstag eine Liste an Vorschlägen mit in die Kammer: In der Bildung könnten die Sprachförderungs- und Informatikkurse ausgebaut werden, Handys im Unterricht verboten und weitere Sportarten angeboten werden. Zudem forderten sie mehr Aufklärungsangebote über Social Media von Bee secure. In ihrer Abschlussrede betonte Präsidentin Iness Chakir, die nächste PolitikerGeneration werde aus dem Jugendparlament hervorgehen. Da stimmte wohl die anwesende Abgordnete Djuna Bernard zu, die ehemals Präsidentin der Jugendkonferenz (CGJL) war. Am Tag zuvor stießen bereits junge Politik-Interessierte auf einen erfahrenen Politiker: Frans Timmermanns, Vizepräsident der EU-Kommission, diskutierte mit Klimaaktivisten im Cercle Cité über die EU-Entscheidung, Gas und Atomkraft als grüne Energie einzustufen. Timmermanns versuchte die Taxonomie zu rechtfertigen: Sie ermögliche eine konstante Energiegewinnung in unsicheren Kriegszeiten und entschärfe so soziale Spannungen aufgrund von hohen Energiekosten. Die Jugend zeigte sich zunächst entrüstet, debattierte anschließend aber mit Timmermanns über Regulierungen, die umweltschädliche Produkte vom Markt fernhalten könnten. sm

La Grande-Duchesse, Maria Teresa et « son association Stand Speak Rise Up ! organisent un gala de charité à Biarritz le 15 octobre pour soutenir les victimes de violences sexuelles en temps de guerre. L’épouse du chef de l’État, très impliquée dans cette lutte, lève des fonds en marge et lors de cette soirée organisée au prestigieux Hôtel du Palais. Les recettes récoltées via l’achat de places à table dans cette institution du luxe, initialement conçue au XIXe siècle comme résidence estivale de l’impératrice Eugénie sur ordre de son époux Napoléon III, financeront des projets menés par des associations pour des femmes victimes de violence lors de conflits en Afrique, mais aussi en Ukraine. De nombreuses personnalités, notamment de la région, se répartiront aux différentes tablées : le rugbyman international Imanol Harinordoquy, les cheffes Léa Linster et Hélène Darroze, la maire de Biarritz Maider Arestoguy, l’ancien patron des patrons français Pierre Gattaz, des animateurs télé (Stéphane Bern et AnneElizabeth Lemoine), la rédactriceen-chef de Paris Match Caroline Mangez ou encore Pramila Patten, représentante spéciale des Nations

l’ancien chef de cabinet du GrandDuc Henri a retrouvé de nouvelles fonctions au sein du ministère d’État en tant que « délégué interministériel chargé de la coordination des politiques de lutte contre le racisme, l’antisémitisme et la haine anti-LGBTIQ+ », apprend-on en cette Pride Week. Michel Heintz avait quitté la Cour dans les semaines consécutives à la publication, en janvier 2020, du rapport Waringo, du nom du super auditeur de l’État qui a identifié la mainmise de la Grande-Duchesse Maria Teresa sur l’administration de la Cour et de son personnel. Il serait, avec l’ancien maréchal Lucien Weiler, l’un des lanceurs d’alerte (d᾽Land, 17.1.2020) qui a provoqué la nomination du rapporteur Jeannot Waringo. La prise de ce poste nouvellement créé, visible dans l’annuaire administratif depuis le 16 juin selon Google, n’a pas fait l’objet de publication au Mémorial B. La loi ne l’impose pas selon le ministère d’État. pso

Yuriko Backes, DP-Finanzministerin, hat sich die Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage der CSV-Fraktionsvorsitzenden Martine Hansen und Gilles Roth leicht gemacht. Die beiden

J U G E N D

Zukunftspolitik

PA Z I F I S M U S

Waffenfrieden „Waffe schafe kee Fridden“ lautet der Leitfaden der Friddensplattform. Im April erwähnte der Friedensaktivist Raymond Becker gegenüber Radio 100,7 man sei im Falle des russischen Angriffskriegs jedoch für ein Recht auf Waffen zur Selbstverteidigung. Der CSVAbgeordnete Paul Galles meinte gegenüber dem Land, in der derzeitigen Situation seien leider Waffenlieferungen unerlässlich. Beide werden mit dem TageblattJournalisten Armand Back und Karl Hans Bläsius von der AG Frieden Trier am Mittwoch in den Rotondes darüber diskutieren, wie es um den Pazifismus steht. Brisant könnte die Diskussion werden, wenn es um den geforderten Nato-Beitrag von zwei Prozent des BIP geht. Paul Galles sagte auf Land-Nachfrage, er fände diese Summe „übertrieben“, während CSV-Ko-Präsident Claude Wiseler eine langfristige Annäherung an die zwei Prozent anstrebt. Im Frühling zeigte sich das Friddensplattform-Mitglied und Ko-Sprecher von déi Lénk, Gary Diderich, in den sozialen Medien bestürzt über die Anfeindungen eines Wort-Journalisten gegenüber dem Ostermarsch. Diderich wird an der Publikumsdiskussion teilnehmen. Die Veranstaltung beginnt um 19 Uhr und wird von der Zeitschrift forum organisiert. sm

D’ L A N D

Neue Druckerei Nach der Einstellung des Rotationsdrucks in der Gaspericher Druckerei von Mediahuis ist diese Land-Ausgabe die erste, die im Druckzentrum von Mediahuis im belgischen Paal-Beringen produziert wurde. Die Éditions d’Letzeburger Land sind seit der Umstellung der Wochenzeitung auf das Norddeutsche Format Mitte Juni 2012 Kunde bei der Imprimerie Saint-Paul, die heute zu Mediahuis gehört.


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P O L I T I K

L’arc-en-ciel a terni

Z UFALL SGE SPR ÄCH MIT DEM M ANN IN DER EISENB AHN

France Clarinval

Ce week-end, Esch revêtira les couleurs de la Gay Pride. Reportage dans un des derniers porte-étendard de la communauté

Eine Milliarde Dollar mehr

Gilles Kayser

Kurz vor dem Nato-Gipfel schickte USBotschafter Thomas M. Barrett dem Luxemburger Wort ein „op-ed on Nato spending“. Die Botschaft war etwas ungeschickt: Der Botschafter verwechselte 1,28 Prozentpunkte mit 1,28 Prozent. Der Wort-Übersetzer verwechselte eine Ausgabensteigerung mit Gesamtausgaben (11.6.22).

findet. Aktiengesellschaften nähmen ein „buyback“ vor. Staatliche Rüstungsausgaben bieten vorübergehend einen Ausweg. Selbst wenn das überteuerte Material Rost ansetzt. Wird es in Gebrauch genommen, wird überakkumuliertes Kapital vernichtet. Zum Preis von Hunderttausenden Toten.

Der Botschafter missbilligt die Budgetpolitik der Regierung. Seinerzeit missbilligte der Vatikan das Euthanasiegesetz. Er ließ den Luxemburger Botschafter antreten. Premier Jean-Claude Juncker protestierte vor dem Parlament: „Ech akzeptéieren net, dass de Vatikan sech hei amëscht“ (18.12.2008). Gegen die Einmischung des US-Botschafters protestiert niemand.

Le Dama est un café comme les autres... ou presque

Il y a du monde sur la terrasse du Café Dama à Differdange, ce mardi après-midi. Des personnes âgées seules qui se parlent de table en table, des familles avec des enfants au retour de la plaine de jeux, des couples de tous âges et de tous genres. Ce sont surtout des habitués des lieux, des gens du quartier dont on connaît les goûts : la même table à l’ombre, la même marque de bière, le même deuxième sucre dans le café. Un troquet banal ? Pas vraiment : le Dama est actuellement le seul établissement qui s’affiche comme un « bar gay » au Luxembourg. Les couleurs de l’arc-en-ciel fleurissent partout, depuis le logo sur la façade jusque sur les ongles de David Frazão, un des propriétaires, en passant par les guirlandes au-dessus du bar. Bar, sur lequel trône un mannequin avec une robe à sequins. C’est celle de Rita, l’alter ego de David qu’il incarne pour des spectacles, sur la petite scène du bistro. « Lors de ces soirées, on attire un public queer qui apprécie de retrouver une communauté. Certains viennent de la ville, mais aussi de Metz ou de Belgique. Ce vendredi, la soirée d’avant Gay Pride sera sûrement très remplie », espère-t-il. « Je deviens Rita dès que je commence à me maquiller », explique le jeune patron en la décrivant comme « coquine, extravagante, audacieuse ». Rita partage la scène avec Donna, qu’elle considère comme sa mère (dans le sens d’une drag mother qui initie sa lignée à l’art du drag et prend ses enfants sous son aile). Donna est « simple, mais chic. Elle a toujours le sourire, parle facilement aux gens et aime que tout le monde la regarde », s’amuse Marc List. Il a créé ce personnage il y a vingt ans quand il était dans le comité de l’association Rosa Lëtzebuerg et organisait la Gay Mat en ville. Il endosse la perruque et les talons pour animer les soirées du Dama, « sans vouloir jouer les divas ou ressembler aux icônes, mais pour faire plaisir ».

les personnes du quartier les ont accueillis à bras ouverts. « D’emblée nous avons voulu un endroit ouvert à tous, mais où les gays se sentent bien, comme à la maison ». À elle seule, cette phrase résume la situation paradoxale dans laquelle se trouve la scène gay (ou plus généralement LGBTQI+) : Avec l’avancée des droits des homosexuels, avec l’acceptation et la tolérance envers la diversité des orientations sexuelles, les milieux gay et hétéro se mélangent de plus en plus dans les bars et ailleurs. Le « bar gay » n’a plus vraiment de raison d’être et a fini par être délaissé « comme les magasins de disques et les vidéo clubs », selon la formule utilisée par Marc List. « Traditionnellement, le bar gay était l’endroit où l’on pouvait échapper à l’air vicié du placard et tomber le masque de l’hétérosexualité en toute sécurité », confie un observateur avisé qui a connu des établissements déjà fermés quand ceux qui sortent aujourd’hui n’étaient pas nés. Quand les gays étaient marginalisés, les bars étaient plus typés, plus colorés, plus avant-gardistes aussi. « La scène, surtout à Luxembourg, a perdu complètement le côté trendsetter, annonciateur de tendances en musique comme en mode. Les gays se fondent dans la masse et gomment les aspérités ». Avec un brin de nostalgie, il évoque le Big Moon et les premiers shows qu’on disait transformistes (le mot drag-queen n’était pas encore arrivé jusqu’ici), le Conquest de Fabiola puis son Péché Mignon et, Chez Mike où tout le monde finissait toujours par atterrir aux petites heures. Il repense aux plus récents, Deep Bar, réputé pour sa bonne musique, Monkeys dans la vieille ville et, enfin au Bar Rouge, qui ne s’est finalement pas remis de la disparition dramatique de son très apprécié patron Paulo Moreira en 2019, ni du Covid… Malgré ou peutêtre à cause d’une situation très « gay friendly », tant dans la classe politique que dans le contexte social, le Luxembourg ne connaît plus cette effervescence nocturne d’une scène ouverte et assumée. Pourtant, « avoir un endroit dédié, un endroit où on peut être totalement soi-même en public, où la communauté se reconnaît, reste important », argue Davide De Silva. Il est un des promoteurs des soirées « Fairy Tails » qui, tous les deux mois, rassemblent pas moins de 400 personnes au Lenox,

Les concurrents les plus importants pour les bars gays en tant que lieux de rencontre et de drague sont sans doute les sites et applications de rencontres. Grindr, Gay Romeo et autres Hornet permettent de trouver des partenaires en quelques clics, de manière bien plus discrète que dans un bar, sans qu’il soit nécessaire de consommer à boire. La petite taille du Luxembourg et de sa scène gay n’aide pas à découvrir des inconnus. Beaucoup de gays préfèrent aller voir ailleurs si la fête est plus folle. À Metz ou Sarrebruck pour une soirée ; Bruxelles, Cologne ou Amsterdam pour un week-end ; voire Berlin ou Madrid quand des grands événements sont annoncés. Plus de choix dans les bars, les styles de musique, de nouvelles perspectives de rencontre, un relatif anonymat, un parfum de nouveauté, des prix plus attractifs… Difficile de rivaliser avec l’attrait de l’étranger. « Ce serait regrettable de voir ces bars disparaître du paysage. Car sans le bar gay, la culture et les droits des gays n’existeraient peut-être pas », insiste les plus anciens. Contrairement à celle des autres minorités, la culture gay ne s’apprend pas en famille. Les bars perpétuent les codes, les styles, les musiques, les règles de vie, les traditions d’une communauté diverse. On se souviendra aussi que le mouvement de libération des droits des homosexuels est le seul mouvement de défense des droits civiques à être né dans un bar. Rares étaient les établissements qui accueillaient ouvertement les personnes homosexuelles dans les années 1950 et 1960. Le Stonewall Inn, dans Greenwich Village à New York était de ceux-là. Propriété de la mafia, il subissait de fréquentes descentes de police. Le 28 juin 1969, des émeutes éclatent entre les forces de l’ordre et les clients, révoltés par les mauvais traitements qu’ils subissent. En quelques semaines, les résidents du quartier s’organisent en groupes militants, mettent en place des lieux où les gays, les lesbiennes et les transgenres peuvent se retrouver sans crainte d’être arrêtés. Les émeutes ont marqué l’histoire et c’est cette date que célèbrent les Gay Prides un peu partout dans le monde. Comme ce week-end à Esch

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Die USA sind eine militärische Weltmacht. Luxemburg ist eine Kindergeld-Weltmacht. Die US-Regierung gab letztes Jahr 811 Milliarden Dollar für die Rüstung aus. Sie unterhält 625 offizielle und eine unbekannte Zahl geheimer Militärstützpunkte in rund 80 Ländern (Base Structure Report FY 2018 Baseline, S. 29). Im 19. Jahrhundert teilten die Kolonialmächte die Welt unter sich auf. Seither gibt es auf den Landkarten keine weißen Flecken mehr. Der Imperialismus wurde ein Nullsummenspiel: Wer neue Einflusszonen, Absatzmärkte, Rohstoffquellen will, muss sie den Konkurrenten wegnehmen. Seit 1914 werden dafür Kriege geführt und Militärstützpunkte unterhalten.

Luxemburg hängt vom Kapitalimport ab. Das Land verdient am Import/Export von Kapital. Das Verteidigungsministerium hat keinen ökonomischen Grund zur Vernichtung überschüssigen Kapitals. Es verpulvert Geld unter außenpolitischem Druck. Der US-Botschafter verlangt: „Luxemburg muss [...] eine Milliarde Dollar mehr ausgeben.“ Er verwechselt die Landeswährung. Er betont diplomatisch, dass Drückeberger keinen Rabatt erhalten. Es soll kein Präzedenzfall geschaffen werden. Unter 1 175 Milliarden Dollar fällt eine Milliarde aus Luxemburg nicht ins Gewicht. Doch Ex-Präsident und Golfclub-Besitzer Donald Trump ließ keinen Zweifel: Die Milliarde gehört zum exquisiten Eintrittspreis. Um sich bei der Pax americana einzukaufen. Auf der Gewinnerseite. Sozialdemokratische und grüne Verteidigungsminister stehen stramm. Sie haben die Militärausgaben seit 2014 um 230 Prozent erhöht. Sie wollen sie bis 2028 verfünffachen. Anders als der Index rechnet sich Rüstungsinflation in Hunderten von Prozent.

Nach dem Konkurs der Sowjetunion wurden deren Satellitenstaaten aufgeteilt. Die Nato und die EU drangen nach Osten vor. Nun folgt die Aufteilung der ehemaligen Sowjetrepubliken. Russland erobert seit Monaten einen Teil der Ukraine. Die USA und Verbündeten lassen die Ukrainer kämpfen und liefern ihnen Nachschub. Die Nato-Staaten gaben vergangenes Jahr 1 175 Milliarden Dollar für Rüstung aus (Defence Expenditure, S. 7). Überakkumuliertes Kapital ist solches, das keine rentable Anlagemöglichkeit mehr

Die Luxemburger Botschafterin Nicole Bintner-Bakshianin könnte einen Gastkommentar in der Washington Post veröffentlichen. Um die geringen Familienzulagen in den USA, das Abtreibungsverbot oder den freien Schusswaffenverkauf zu missbilligen. Die Botschafterin tut es nicht. Die Einmischung des US-Botschafters ist den Bettel, Bausch und Asselborn willkommen. Sie lassen ihre vervielfachten Rüstungsausgaben als kleineres Übel erscheinen. Romain Hilgert

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MAEE

La jeune histoire du Dama, ouvert en octobre 2020, est d’abord celle d’une rencontre. Pendant la Pride Week il y a deux ans en plein confinement, David Frazão, un jeune Portugais qui vit depuis vingt ans à Differdange, remarque un drapeau arc-en-ciel sur un des balcons voisins. De son côté, Marc List, se décide de saluer ce jeune voisin qui passe des tubes de Madonna assez fort pour être remarqué. De conversations en balades avec leurs chiens, ils décident d’ouvrir un bar ensemble. « J’avais tenu le Donna’s Heaven à Gasperich en 2016. Mais seul, à côté de mon travail d’aide soignant, c’était trop lourd. Pourtant l’envie était encore là », relate le vétéran des nuits luxembourgeoises qui a été DJ à l’incontournable Chez Mike, près de la place de l’Étoile, aujourd’hui disparu. Une ancienne pizzeria en bordure du Parc Gerlache se libère et les deux amis se lancent. « Je n’avais pas vraiment d’expérience dans le domaine, mais maintenant, je ne voudrais plus faire autre chose », s’enthousiasme David Frazão qui travaillait dans la petite enfance. Ils s’attendaient à quelques réticences, remarques ou mauvaises réactions, mais les édiles de Differdange, comme

Avec l’avancée des droits des homosexuels, les bars gays finissent par être délaissés... comme les magasins de disques et les vidéo clubs

un club du quartier Gare à Luxembourg-Ville. On y croise des gogo dancers musclés et torses nus, des drag queens ultra-maquillées perchées sur talons de 17 cm et une faune bigarrée en cuir ou en paillettes. Tout ce beau monde se déhanche sur une musique qui revisite les tubes pop iconiques (Madonna, Cher, Donna Summer, Kylie Minogue, Lady Gaga par exemple)… « Des clichés et des codes qui font partie de la culture gay », assume Davide. Ces soirées, comme les « Banana », proposées dans un bar de Clausen, font régulièrement le plein avec un public assez jeune (« le gros de nos clients ont moins de quarante ans »), et ratissent large au point de vue géographique (« mais on a peu d’Allemands parce qu’ils préfèrent la musique techno »). Ponctuelles, rentabilisées par la consommation d’alcool, elles deviennent de sérieux concurrents pour les bars qui font face à des charges fixes de loyer et de personnel.

Der Botschafter verlangt, dass Luxemburg seine Militärausgaben verdreifacht. Die USA geben 3,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Rüstung und 0,6 Prozent für Familienzulagen aus. Luxemburg gibt 0,6 Prozent für Rüstung und 3,3 Prozent für Familienzulagen aus (Nato, Defence Expenditure of NATO Countries (2014-2021); data.oecd.org).

Die USA sind eine militärische Weltmacht. Luxemburg ist eine Kindergeld-Weltmacht

Verteidigungsminister François Bausch sagte am 14. Juni die

Mitarbeit Luxemburgs an einer solarbetriebenen

unbemannten Luft-Plattform zu. In der Mitte stehend

US-Botschafter Tom Barrett


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Land

P O L I T I K

08.07.2022

„Die Kammer ist kein Spiegelbild der Gesellschaft mehr“ Interview: Luc Laboulle

Obwohl Ministersohn ist Marc Spautz (CSV) noch einer der wenigen Abgeordneten mit Gewerkschaftsvergangenheit. Im Interview spricht er über die Tripartite, die „neue“ CSV und ihren christlich-sozialen Flügel zweiten Reihe stehen. Wenn ich mir unsere Aktualitätsstunden, Amendements und Gesetzesvorschläge ansehe, stelle ich fest, dass wir sozialpolitisch immer noch sehr aktiv sind.

Die meisten dieser Initiativen gehen aber von Ihnen aus. Von Paul Galles, Ali Kaes und mir, da muss ich Ihnen recht geben.

Gilles Kayser

Die Geschichte der Rechtspartei und der CSV ist seit jeher geprägt von einem inneren Konflikt zwischen dem konservativen, unternehmerfreundlichen und dem christlich-sozialen arbeitnehmerfreundlichen Flügel. Wie gehen Sie persönlich mit diesem Widerspruch um?

d‘Land: Am 7. April sagten Sie in einem Interview mit RTL: „De fréiere Premier Jean-Claude Juncker hätt versicht, bei der Tripartite all d᾽Partner mat an d᾽Boot ze kréien.“ Hätte ein Premier Claude Wiseler auch versucht, den OGBL mit an Bord zu bekommen? Marc Spautz: Das müssen Sie Claude Wiseler fragen. Wenn die CSV in der Regierung wäre, hätten wir jedenfalls früher mit den Tripartite-Verhandlungen begonnen. Schon im Herbst 2021 sind die Energiepreise gestiegen, wenn auch nicht so explosionsartig wie seit Beginn des Ukraine-Krieges. In der Kammer haben wir über Lieferengpässe nach Corona diskutiert, die Inflation hat sich angekündigt. Deshalb hat die CSV schon damals in Absprache mit den Gewerkschaften eine Tripartite gefordert. Hätte man früher damit angefangen, wäre es zu einer globalen Übereinkunft gekommen, weil man sich gegenseitig besser verstanden hätte. Man kann nicht immer behaupten, dass man für den Sozialdialog sei, und dann erst damit beginnen, wenn das Haus schon brennt. War die Forderung nach einer Tripartite im Herbst eine von Ihnen persönlich oder von der CSV insgesamt? Ich weiß ja, wo ich herkomme, deshalb war es für mich klar, dass man rechtzeitig mit den Verhandlungen beginnen müsse. Die Diskussionen zur Einführung des Einheitsstatuts haben sich damals (2006-2008; Anm.d.Red.) über Monate hingezogen. Wenn man nach wenigen Tagen schon ein Resultat will, wird es schwierig.

Die CSV-Staatsminister Jacques Santer und JeanClaude Juncker fühlten sich dem sozialen Flügel der CSV verbunden. In ihrer Politik hat sich das vielleicht nicht immer widergespiegelt, doch zumindest gab es ein klares Bekenntnis. Wie ist das heute in der CSV? Als ich 2004 ins Parlament gewählt wurde, saßen dort noch mehr Angeordnete mit einer gewerkschaftlichen Vergangenheit. Mit denen vom OGBL und vom FNCTTFEL und Gast Gibéryen von der NGL waren wir zu zehnt. Heute sind wir nur noch zu dritt: Ali Kaes, Jeff Engelen und ich. Ob die CSV 2023 noch Kandidaten mit einem gewerkschaftspo-

Marc Spautz

litischen Profil finden wird, muss sich in den nächsten Monaten zeigen. Wenn es nicht gelingt, wäre das schlecht für die Politik, nicht nur was die CSV anbelangt, sondern insgesamt. Die Kammer ist kein Spiegelbild der Gesellschaft mehr.

Im Südbezirk war der christlich-soziale Flügel traditionell am stärksten vertreten. 2009 stellte er mit Jean-Claude Juncker, François Biltgen, Robert Weber, André Zwally und Ihnen fünf Kandidaten auf der Südliste. 2018 waren nur noch Sie und Pierrot Feiereisen dabei. Was ist in den vergangenen 20 Jahren passiert? Jean-Marie Halsdorf war früher auch LCGB-Delegierter bei der Angestelltenkrankenkasse, das wird oft vergessen. Doch es stimmt, dass immer weniger Gewerkschafter sich politisch engagieren. Der Hauptgrund dafür ist wohl der statutarische Beschluss vom OGBL und später auch vom LCGB, dass die Mitgliedschaft in der Gewerkschaftsführung nicht mit einem politischen Mandat vereinbar ist. Meiner Meinung nach war diese Entscheidung ein Fehler, weil die Gewerkschaften damit die direkte Verbindung zwischen ihnen und der Kammer gekappt haben und ihre Einflussmöglichkeiten gesunken sind. Das ist weder gut für das Land noch für die Wirtschaft. Wenn wir es nicht schaffen, dass wieder mehr Gewerkschafter sich in Parteien engagieren, geht der sozialpolitische Anspruch in der Kammer vollständig verloren.

Wie einflussreich ist der arbeitnehmerfreundliche Flügel in der CSV heute? Wer gehört noch dazu? Wenn ich mir ansehe, was wir noch alles bewirken können, denke ich, dass wir noch einen gewissen Einfluss haben. Aber es ist sicherlich nicht mehr wie früher. Neben Ali Kaes, Jean-Marie Halsorf und mir fällt mir noch Paul Galles ein, der zwar eher aus der Caritas-Ecke kommt. Diese Politiker stehen noch im alltäglichen Austausch mit den Leuten und wissen, was auf dem Terrain läuft. Bei den Jüngeren denke ich an Christian Weis und Maurice Bauer, die Sozialschöffen von Esch/Alzette und der Stadt Luxemburg. Darüber hinaus haben wir auch noch andere Mitglieder, die zwar vielleicht nicht aus dem Gewerkschaftsmilieu kommen, denen sozialpolitische Themen aber wichtig sind, auch wenn sie nicht in der ersten oder

Wir hatten immer einen gewerkschaftlichen Flügel, hauptsächlich im Süden, aber auch im Norden, in Wiltz, mit Emile Gerson. Dann gab es den landwirtschaftlichen Block, der auch im Süden zeitweise vertreten war, etwa in den 1950-er Jahren durch Joseph Lommel aus Differdingen. Daneben gab es den Mittelstandsflügel und in den 1960-er Jahren kam noch der des öffentlichen Diensts hinzu. Wenn es zwischen den Flügeln Meinungsverschiedenheiten gibt, diskutieren wir, manchmal auch heftiger, aber bislang konnten wir immer einen Kompromiss finden, auch wenn es nicht immer einfach war. Diese Diskussionen führen wir heute noch. Der Gewerkschaftsflügel ist inzwischen vielleicht personell nicht mehr so stark, aber er hat immer noch großen Einfluss. Ich bedauere vor allem, dass wir keinen Abgeordneten aus dem „normalen“ Mittelstand mehr haben – Handwerker oder kleine Geschäftsleute. Gott sei Dank arbeiten noch einige von ihnen in der Partei mit, denn die Stärke der CSV war es immer, einen Ausgleich und einen Kompromiss zwischen den vier Flügeln zu finden. Ich hoffe, dass uns das in Zukunft auch noch gelingen wird.

Solange die CSV stärkste Partei und in der Regierung war, hat dieser Ausgleich vielleicht Sinn gemacht. In der politischen Mehrheit ist es natürlich leichter, Kompromisse zu finden. In der Opposition können verschiedene Themen schneller zu Spannungen führen.

Die politische Landschaft ist diverser geworden, mehrere Kleinparteien mischen inzwischen mit. Macht das die Situation für Volksparteien schwieriger? Das Problem ist, dass unser gesellschaftspolitisches Bild sich verändert hat. Der klassische Arbeiter existiert nicht mehr seit der Einführung des Einheitsstatuts. Die Stahlindustrie spielt arbeitsmarkttechnisch nur noch eine untergeordnete Rolle und vor allem beschäftigt sie vornehmlich Grenzpendler ohne Wahlrecht. Luxemburger arbeiten fast nur noch im öffentlichen Dienst und im Dienstleistungssektor. Das beeinflusst auch die Parteien und führt dazu, dass Arbeiter politisch nicht mehr so stark repräsentiert sind, wie das früher der Fall war. Das wirkt sich natürlich auch auf die Wahlresultate aus.

Müssten die Parteien mehr Anstrengungen unternehmen, um Nicht-Luxemburger in ihre Reihen aufzunehmen, selbst wenn sie nur auf kommunalpolitischer Ebene wählen dürfen? Als ich CSV-Generalsekretär war und Michel Wolter Präsident, haben wir die CSV International gegründet. Diese Unterorganisation wird immer größer und präsenter. Wenn nun das neue Gesetz in Kraft tritt, das es Ausländern ermöglicht, schon früher an den Gemeindewahlen teilzunehmen, müssen wir parteiübergreifend dafür sorgen, dass die Menschen diese Gelegenheit auch nutzen. Für mich ist es unverständlich, dass ausgerechnet die portugiesische Gemeinschaft – die größte, die wir in Luxemburg haben – am renitentesten ist, wenn es darum geht, sich auf Wählerlisten einzuschreiben. Vielleicht hat das auch historische Gründe, doch die Mobilisierung dieser Bevölkerung ist die Aufgabe aller politischen Parteien.

Die Zersplitterung der Parteienlandschaft hat dazu geführt, dass die CSV sich neu erfinden musste. Sie hat ihre Ideologie aufgegeben, das C und das S sind

„Wenn wir es nicht schaffen, dass wieder mehr Gewerkschafter sich in Parteien engagieren, geht der sozialpolitische Anspruch in der Kammer vollständig verloren.“

vielleicht nicht mehr so wichtig. Müsste die Partei sich nicht umbenennen? Das C ist nicht mehr so katholisch, doch das S hat immer noch eine große Bedeutung. Wir orientieren uns weiterhin an der christlichen Soziallehre und der sozialen Marktwirtschaft, auch wenn wir jetzt ein neues Logo haben.

Das heißt, die Neuerfindung war vor allem ein Marketingtrick? Das würde ich so nicht sagen, aber weil wir eben nicht mehr in der Regierung sind, ist es viel schwieriger geworden, unsere Standpunkte nach außen zu kommunizieren. Bestimmte Bevölkerungsteile haben wir zuletzt nicht mehr erreicht, was auch daran liegt, dass die Tagespresse heute viel weniger ausführlich über die Kammerdebatten berichtet, als das noch vor ein paar Jahren der Fall war. Deshalb versuchen wir, die Menschen auf anderen Wegen und mit neuen Methoden über unsere Alternativen zur Regierungspolitik zu informieren. Zuletzt war der Eindruck entstanden, die CSV habe keine Alternativen, dabei reichen wir sehr viele Amendements ein.

Die Amendements der CSV unterscheiden sich häufig nur geringfügig von den Vorschlägen der Regierung. Dadurch entsteht der Eindruck, dass die vier großen Parteien sich einander immer mehr annähern und sich in einer vermeintlichen „Mitte“ zusammenfinden. Es stimmt, dass es für normalsterbliche Bürger immer schwieriger wird, die Unterschiede zwischen den großen Parteien zu finden. Das Ziel ist häufig dasselbe, doch der Weg dorthin ist manchmal ein anderer. Wir müssen nur aufpassen, dass wir im rechtsextremen Spektrum nicht zuviele Parteien bekommen, wie das in Frankreich der Fall ist.

Die CSV zeigte sich zufrieden mit dem Ausgang der Tripartite und hat als einzige Oppositionspartei das Gesetz mitgetragen. War das eine strategische Entscheidung, vielleicht auch im Hinblick auf mögliche Koalitionen für 2023? Die CSV stand noch immer zum Sozialdialog, deshalb war es von Anfang klar, dass wir das Abkommen unterstützen würden, falls eines mit den Gewerkschaften gefunden würde. Wir wollten nur sichergehen, dass im Gesetz das gleiche steht wie im Abkommen: 2024 wird die verschobene Indextranche vom Juli ausbezahlt, wenn eine zusätzliche Tranche fällig wird, muss sofort wieder die Tripartite zusammenkommen. Die Kritik, die vom OGBL geäußert wurde, dass bestimmte Betriebe hohe Gewinne erzielt haben, ist durchaus berechtigt. Auf der anderen Seite stimmt es auch, dass manche Betriebe Probleme durch die Beibehaltung der automatischen Lohnanpassung bekommen hätten. Hätte die Regierung früher mit den Verhandlungen begonnen, hätte man auch andere Wege finden können.

Haben die Beziehungen zwischen CSV und LCGB durch das Tripartite-Abkommen und den anschließenden Besuch von Premier Xavier Bettel auf der 1. Mai Feier „Ihrer“ Gewerkschaft gelitten? Ich bin vielleicht der Falsche, um diese Frage zu beantworten. Meine Beziehung zum LCGB hat sich durch den Besuch von Xavier Bettel nicht verändert.

Während der Stahlkrise in der zweiten Hälfte der 1970-er, als die CSV erstmals in der Opposition war, „radikalisierte“ sich der LCGB unter dem Vorsitz ihres Vaters Jean Spautz und beteiligte sich 1979 aktiv am Wahlkampf, was letztendlich dazu beitrug, dass die CSV die Wahlen gewann. Hätte man bei der Tripartite in diesem Jahr nicht eine ähnliche Allianz finden können? Es ist nicht immer gut, wenn man nur Nein sagt, um Nein zu sagen. Als staatstragende Partei kann die CSV sich das nicht erlauben. In den Zeiten, als der LCGB-Präsident noch für die CSV in der Kammer saß, war die Verbundenheit natürlich größer. Das ist bei der LSAP aber nicht anders. Die haben heute auch keinen John Castegnaro oder Lucien Lux mehr in der Fraktion. Auch das tut dem politischen System nicht gut.

Als ausgebildeter Mechaniker sind Sie einer der wenigen verbleibenden Handwerker im Parlament. Inzwischen sind dort fast nur noch Juristen, Lehrer, Staats- und Gemeindebeamte zu finden. Fühlen Sie sich manchmal einsam? Durch meine politische und gewerkschaftliche Arbeit weiß ich, dass in der Politik vor allem der gesunde Menschenverstand zählt. Den eignet man nicht über schulische Ausbildung, sondern durch Lebenserfahrung an. Meine Interventionen und Berichte sind genauso gut wie die der anderen Kollegen. Und auch bei der Rhetorik und der Themenbesetzung brauche ich mich nicht zu verstecken. Wenn wir aber kaum noch Handwerker und Arbeiter im Parlament haben, führt das nur zu einer weiteren Zersplitterung der Gesellschaft. Viele Menschen fühlen sich nicht mehr angemessen repräsentiert und haben den Eindruck, dass keiner ihre Interessen politisch vertritt. Das führt zu Extremismus. Deshalb täten sämtliche Parteien gut daran, dafür zu sorgen, dass Menschen aus diesen Schichten wieder Mandate bekleiden. Es ist sehr wichtig, auch ihre Meinung zu hören, sonst kommt es zu großen sozialen Spannungen und Konflikten.

Werden Sie nächstes Jahr noch einmal bei den Wahlen antreten? Ich stehe auf jeden Fall zur Verfügung, sowohl für die Gemeindewahlen in Schifflingen als auch für die Kammerwahlen. Ich habe immer gehofft, dass wir bis nächstes Jahr noch die Mandatstrennung hinbekommen. 2023 wäre eine gute Gelegenheit dafür gewesen, weil beide Wahlen im gleichen Jahr stattfinden. Doch die Trennung ist bislang nicht mehrheitsfähig, fast alle Parteien sind in dieser Frage gespalten.

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Mann fürs Grobe Nach seiner Lehre zum Mechaniker arbeitete Marc Spautz (59) in den 1980-er Jahren bei der WSA und der Cegedel und engagierte sich in der Personaldelegation. 1990 wurde der Sohn des früheren LCGB-Präsidenten, Abgeordneten, CSVPräsidenten und Ministers Jean Spautz Gewerkschaftssekretär beim LCGB, wo er bis zum Generalsekretär avancierte. 1981 trat Marc Spautz der CSV bei, 1994 wurde er in den Gemeinderat von Schifflingen gewählt, 2017 wurde er Schöffe. 2004 kam er in die Abgeordnetenkammer, von 2011 bis 2013 war er Fraktionsvorsitzender. Im April 2013 wurde er der bislang letzte CSVFamilienminister, wegen der vorgezogenen Neuwahlen übte er dieses Mandat jedoch nur sechs Monate aus. Von 2014 bis 2019 war er CSV-Parteipräsident. Als Mann fürs Grobe fiel er insbesondere im Wahlkampf 2018 mehrmals mit polemischen Äußerungen auf: die bekanntesten waren sicherlich die zur sogenannten „Kleeserchers-Affär“und seine homophobe Bemerkung zu den „rosa Uniformen“ für die Polizei, für die er sich später bei Etienne Schneider entschuldigte. ll


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Land 08.07.2022

P O L I T I K

Milch, Wurst und Rivaner Stéphanie Majerus

Die Foire Agricole in Ettelbrück war politisch, wissenschaftlich und heiter Gleich nach der Eröffnungsrede am Freitagnachmittag krachten politische Spannungen durch die Haupthalle der Deichwiesen. Auf einer Bühne empfing der RTL-Gute-Laune-Moderator Camille Ney den aufbrausenden Limousin-Züchter Guy Majerus, der ins Mikrofon klagte: „Mir ginn eis 365 Deeg am Jaar gutt drun. A wa mir dann aus der Politik héieren, eest kee Fleesch méi, da musse mir rose ginn. Wann ee ging soen, eest kee Fleesch méi, fir dat Bësch ofgeholzt gouf, d’accord!“ In Luxemburg gäbe es jedoch MutterkuhHalter, die ihre Futtermittel selber herstellen, so Majerus. Die anwesenden Politiker hörten kaum zu, sie waren mit Lachs-Schnittchen, Crémant und Plaudern beschäftigt; ohnehin war der Sound schlecht, denn es wuselten Blasinstrument-Musikanten durch die Halle. Trotzdem warf Guy Majerus der Polit-Prominenz noch hinterher: „Ech sinn och mat deenen rosen, déi elo grinsen“. Für die Politiker/innen war die Agrar-Messe am Freitag ein willkommenes Spielfeld, um in Wahlkampfstimmung zu verfallen. Den Anschluss an ein Agrarpublikum suchte und fand vor allem CSV-Politikerin Martine Hansen, die auf ihr bekannte Herren mit karierten Hemden zuging, sich neben Ardenner-Pferden ablichten ließ sowie mit Gartenbau-Vereinsmitgliedern hinter einer Schubkarre voll Kartoffeln. CSV-Parteipräsident Claude Wiseler schlich den resoluten Schritten der ehemaligen LTA-Direktorin Hansen hinterher und versuchte sich mit der Foire Agricole vertraut zu machen. Unter die Lobbyverbände der Bio-Landwirtschaft mischte sich der grüne Abgeordnete François Benoy. Landwirtschaftsminister Claude Haagen (LSAP) und Energieminister Claude Turmes (déi gréng) weihten eine Socom-Photovoltaik-Anlage der Lëtzebuerger Mëllechbaueren ein; sie soll den Betrieben dazu verhelfen, energieautonomer zu werden. Beim offiziellen Einweihungsfoto drängte sich der CSV-Politiker Ali Kaes rechts ins Bild, im nördlichen Wahlbezirk darf er es nicht verpassen, aufzufallen. Dem eher diskreten DP-Politiker André Bauler wurde der Trubel kurzweilig zu viel; er verzog sich ins Zelt der Kleintierzüchter und las auf seinem Smartphone Nachrichten neben Kaninchen und Wachteln. An den Ausschankständen, die von Lokalvereinen zusammengebastelt wurden, zog der Erpeldinger Bürgermeister Claude Gleis vorbei; an den Tresen und Bierbänken versammelten sich potenzielle Wähler der Gemeindewahlen im Juni. Als es gegen 18:30 Uhr ernst wurde, und der Schweizer Agrarforscher Urs Niggli begann über Ernährungssicherheit für die kommenden Dekaden zu sprechen, nahm Agrarminister Claude Haagen Platz. Für Forschung fehlte den Parlamentariern allerdings die Geduld, Zeit oder das Interesse. Eruiert wurde die Frage, wie im Jahr 2050 die zehn Milliarden Erdbewohner ernährt werden können. Das wird nicht einfach, stellte Niggli zu Beginn klar: Einem ohnehin kippenden Ökosystem müssten weitere 500 Millionen Hektar zur Lebensmittelproduktion abgerungen werden. Zudem streifte er in der Einleitung den Fleischkonsum, der zuvor bereits für Wirbel gesorgt hatte: Er nimmt global betrachtet rasant zu – allein in Asien hat er sich in den letzten 60 Jahren verfünfzehnfacht – die Futterproduktion kralle sich stets mehr Landbaufläche, erklärte der Schweizer Agrarforscher; die Zahlen deuten nicht auf

Für die über 70 000 Hektoliter Wein – das entspricht nahezu drei olympischen Schwimmbädern –, die an der Mosel jährlich entstehen, werden 11 000 Tonnen Trauben geerntet. Die Salat-Ernte kommt nur auf 735 Tonnen eine nennenswerte Zunahme von fleischlosen Mittagstischen hin. Berechnungen würden allerdings zeigen, dass eine nachhaltige Landwirtschaft nur mit einem halbierten Schweine- und Geflügelkonsum realistisch sei. Damit in 30 Jahren der Futtertrog der Menschheit noch gefüllt werden kann, bestehen unterschiedliche Lösungen. Laut Urs Niggli sollen erodierte Böden durch Humus-Aufbau regeneriert werden, indem auf Mischkulturen sowie Fruchtfolgen geachtet wird. Daneben müssten proteinhaltige Bohnen, Linsen und Lupinen aufgewertet werden – „darauf sollten sich auch die Spitzenköche einstellen“, meinte Niggli. Die digitalisierte Datenaufbereitung könne die Pflanzenzucht unterstützen sowie die Nützlichkeit teurer Betriebsmittel erfassen. Vermehrt sollten Getreide-Nebenprodukte als Futtermittel verwertet werden, und Algen könnten zu Lebensmitteln umgewandelt werden. Und ganz wichtig: Die Lebensmittelverschwendung müsste um 50 Prozent gedrückt werden. Einem grauhaarigen Mann aus dem Publikum gingen Nigglis Ansätze nicht weit genug und er warf während der Fragerunde einen gewagten Vorschlag in die Runde: „Das klingt vielleicht ein bisschen absurd. Aber könnte die Forschung nicht einen Weg finden, damit die Spezies Mensch Gras verdauen könnte?“. So könnten Grünland-Standorte wie Luxemburg effizient genutzt werden. Niggli meinte daraufhin, ob es hierzu komme, das überlasse er unserer Fantasie, aber dem Menschen einen Pansen anzuzüchten, scheine ihm schwierig. Luc Emering, DP-Gemeinderatsmitglied in Dippach, Biobauer und Präsident der Landjugend a Jongbauren wollte seinerseits wissen, wie man denn Landwirte von einer diversifizierten Landwirtschaft überzeugen könne, wenn die Buchhaltung verrate, dass sich die intensive Milchwirtschaft lohnt? „Das wird sich ändern“ meint Niggli, – „wenn die Preise für Kraftfutter steigen“. Er gebe Emering jedoch recht: „Die Wirtschaftlichkeit bestimmt stark das Handeln. Die Politik kann aber die richtigen Rahmenbedingungen schaffen“. Nach dem Vortrag stieg Minister Claude Haagen auf die Vortragsbühne und meinte: „Wann ech elo soen, ech géif daat elo em-

setzen, ech mengen, da géift der alleguerten ufänke mat laachen“. Der LSAP-Politiker baute wahrscheinlich darauf, dass sein Publikum die Mucken und Forderungen der Bauernzentrale kennt. Aktuell agitiert sie gegen das Vorhaben seines Ministeriums, Beihilfen verstärkt an Nachhaltigkeits-Kriterien zu binden. Zudem existiert eine rigide Pfadabhängigkeit, in die die Agrarinstitutionen im letzten Jahrhundert hineingewachsen sind, nicht zuletzt, weil die europäische Agrarpolitik im 20. Jahrhundert auf eine konsequente Industrialisierung der Produktion setzte, – Subventionen bekam wer seinen Stall vergrößerte und mehr Land pachtete, da blieb keine Zeit für Experimente mit Mischkulturen und Direktvermarktung. Wer die Institutionen kennenlernen wollte, die mit dieser Entwicklung verwoben sind, konnte durch die Eingangsallee der Messe schlendern. Hier informierte die Bauernzentrale über ihr neues Logo: ein nichts-sagendes aus Kreisen geformtes Rohr wurde durch eine Pflanzengrafik ersetzt. Die CSV-nahe Berufsorganisation zählt die meisten Mitglieder und bringt die Wochenzeitung De Lëtzebuerger Bauer raus, die laut ILRES über 10 000 Leser/innen zählt. Nicht weit entfernt hatte die „Bauerenbank“ Raiffeisen ihren Stand. Nach einer Hungersnot gründete Friedrich Wilhelm Raiffeisen 1847 den „Verein für Selbstbeschaffung von Brod und Früchten“, der sich an die ländliche Bevölkerung adressierte. Der heutige Agrar-Player, der in Luxemburg 640 Mitarbeiter zählt, war damals eine rudimentär organisierte Genossenschaft zur Absicherung der Grundbedürfnisse. In Luxemburg ist die Raiffeisenbank Gesellschafter von der 1909 etablierten Genossenschaft „De Verband“, die derzeit nahezu das hiesige Monopol auf den Ein- und Verkauf von Futtermischungen und Getreide besitzt. Auf der gegenüberliegenden Seite warb die Luxlait für ihre Kekse, Buttermilch und Eissorten. Die 1894 gegründete Molkerei listet in ihrem letzten Jahresbericht 310 Mitarbeiter auf sowie einen Umsatz von 109 Millionen Euro und einen Gewinn von knapp 4 Millionen. Damit liegt der Umsatz von Luxlait über dem von Panelux. Die Femal – eine Dachorganisation, die die Interessen der Landmaschinenhändler und -Mechaniker verteidigt – nahm prominent in der Mitte des Geländes Raum ein; hier standen Traktoren mit Reifen, die einen Kopf größer sind als ein Durchschnittserwachsener, neben blauen und roten Rasenmähern. Dennoch ist die Foire Agricole keine Fachmesse, sondern ein „Event für Konsumenten und Familien“, wie De Lëtzebuerger Bauer schrieb. Vor allem die Mittelschicht mit Platz im Garten konnte fündig werden: Die neuesten Grillkamine und Gartensaunen wurden auf den Deichwiesen ausgestellt. Zum Fünf-Gitter-Grill braucht es das passende Fleisch: Das konnten Hungrige bei der Delikatessen-Metzgerei Niessen bestellen; und über Riesling und Rivaner erfuhr man an mindestens fünf Ständen. Um Aufmerksamkeit für die lokale Gemüse-Produktion zu gewinnen, stellte der „Haff Muller-Lemmer“ eine Kiste Kopf-Salate hin. Allerdings wirkte diese mickrig neben den stolzen Winzern, die ihre aufwendig designten Flaschen präsentierten. Zumindest wird so eine Tatsache des hiesigen Landbaus veranschaulicht: Für die über

70 000 Hektoliter Wein – das entspricht nahezu drei olympischen Schwimmbädern –, die an der Mosel jährlich entstehen, werden 11 000 Tonnen Trauben geerntet. Die Salat-Ernte kommt nur auf 735 Tonnen. Sogar der Kartoffelanbau verbucht nicht mal ein Prozent der landwirtschaftlichen Fläche für sich. Aber immerhin wird vermehrt Freilandgemüse angebaut; die Weißkohl-Produktion hat sich in der letzten Dekade gar verzehnfacht. Neben der konventionnellen Landwirtschaft hielten ebenfalls die Umweltorganisationen die Messebesucher mit Infomaterial über den Grünspecht, den Borkenkäfer und den Uhu munter. Avantgarde war der „Fësch-Haff “: Das Start-up setzt auf das Aquaponik-Verfahren, bei dem die Aufzucht von Wassertieren an die Gemüse-Kultivierung gekoppelt wird und über Fischausscheidungen der Stickstoffdünger gewonnen wird. Würde sich die Messe nur an Landwirt/innen richten, wären letztes Wochenende nicht 45 000 Menschen in Ettelbrück eingefallen. Erhebungen über Landbautätige sprachen 2019 von 1 285 vollzeitbeschäftigten Männern und 422 Frauen; vor mehr als 30 Jahren waren es mehr als doppelt so viele Männer aber etwa gleich viele Frauen. Sie wirtschaften auf knapp 2 000 unterschiedlichen landwirtschaftlichen Betrieben, allein ein Viertel hiervon liegt zusammengenommen im Kanton Clervaux und Redingen. Mehr als ein Viertel der Betriebe ist auf die Milchkuh-Haltung ausgerichtet, dicht gefolgt von Betrieben, die sich auf Mast-Rinder spezialisiert haben. Vergangenen Monat wollten die DP-Abgeordneten Gilles Baum und Gusty Graas in einer parlamentarischen Anfrage erfahren, ob sich die Milchproduktion noch lohne. Der Landwirtschaftsminister antwortete diese Woche, über die Hälfte der unverarbeiteten Kuhmilch werde exportiert und der Preis von konventioneller Milch liege dabei auf einem Rekordhoch von 0,49 Euro/Liter. Ob das reicht, um die gestiegenen Kosten zu decken, würde sich aber erst am Ende des Geschäftsjahres zeigen. Derzeit ist Bio-Milch ähnlich teuer; womöglich drücken die Ausgaben für synthetischen Dünger und Kraftfutter die Milchpreise auf konventionellen Höfen in die Höhe. In einem RTL-Background Anfang April erwähnte der Bauernzentrale-Präsident Christian Vester, die Kosten für die Stickstoff-Düngemittel hätten sich vervierfacht und der Bio-Bauer Luc Emering ergänzte, die Heizöl-Preise seien ebenfalls gestiegen. „Mee wann een eng Kreeslaafwirtschaft opgebaut huet, an sou mann wéi méiglech Fudder importéiert, dann ass ee scho manner betraff “, analysierte das DP-Gemeinderatmitglied. Zu Beginn der Pandemie hätte die Direktvermarktung einen Aufschwung erlebt, doch „déi aal Gewuneschten si rem do“, meinte Vester, – der Konsument sei den lokalen Produzenten nicht treu geblieben. Gegen hohe Öl- und Gaspreise könne Luxemburg nicht viel ausrichten, „awer fotovoltaik Anlagen op de Ställ, de Geméisubau vereinfache – do kënne mer eppes maachen“, nennt Emering als Optionen. Und Landwirtschaftsminister Claude Haagen zeigte sich im Background etwas handlungswilliger als auf der Foire Agricole: „Eng Diversifikatioun vun de Produite muss méiglech sinn – dat gesi mer elo am Krich.“

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Olivier Halmes

Stierische Wahlkampfstimmung


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Land

P O L I T I K

08.07.2022

Gilles Kayser

In Luxemburg gab es letztes Jahr 15 Hausgeburten

Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne Sarah Pepin

Während die Geburtsmedizin chronisch unterbesetzt ist, wird der Ruf nach Selbstbestimmung lauter. Ein Verein macht sich nun für die Gründung eines Geburtshauses stark

Wer in den Wehen liegt, hat keine Nerven dafür, es zu hören, aber es hat etwas Kosmisches, ein neues Leben in die Welt zu setzen. Sich jeglicher menschlicher Kontrolle entziehend bahnt sich ein neues kleines Wesen seinen Weg in die Welt. In Luxemburg gebären die allermeisten Frauen im Krankenhaus, da es neben der Hausgeburt keine andere Möglichkeit gibt. Wer sich eine Geburt im Geburtshaus wünscht, von einer Hebamme begleitet und ohne medizinische Interventionen, muss ins saarländische Merzig fahren und die Kosten der Geburt selber tragen. Das wird sich vielleicht in Zukunft ändern, im April wurde die Asbl Gebuertshaus Lëtzebuerg gegründet, mit dem Ziel, eine maison de naissance hier zu etablieren. Umringt von Maisfeldern und waldigen Hügeln empfängt Laure Baumann in ihrer Praxis in Eppeldorf. Sie ist selbstständige Hebamme, Mutter von drei Kindern und Mitgründerin von Gebuertshaus Lëtzebuerg. Ihr dreijähriger Sohn sitzt auf ihrem Schoß, dreht seinen blonden Schopf schüchtern zur Seite. An der Wand hängt ein Poster für therapeutische Frauenmassage, zwei Babypuppen sitzen auf dem Sofa, von der Decke hängt ein Plüsch-Storch. „Wir wollen den Menschen die Wahl lassen, wo sie entbinden“, sagt sie. In Luxemburg sei das im Gegensatz zu den Nachbarländern immer noch nicht der Fall. Seit Februar dieses Jahres haben die Luxemburger Hebammen einen Tarif, der außerklinische Geburten übernimmt, allerdings fehlen eine politische Genehmigung und finanzielle Unterstützung für eine solche Struktur. „Die Leute glauben, wir würden damit unnötige Risiken eingehen, dabei geht es um risikofreie Schwangerschaften und physiologische Geburten“. Als Ausschlusskriterien für eine Geburt im Geburtshaus führt Laure Baumann Mehrlingsgeburten, Beckenendlagen, Schwangerschaftsdiabetes, hohen Blutdruck und Blutgerinnungsstörungen an; oder Frauen, die bei vorhergegangenen Geburten Komplikationen hatten. Die Gefahr zu suchen, sei absolut nicht ihr Anliegen: „Wir wollen reale Komplikationen in der Geburtshilfe nicht ausblenden.“ Stattdessen würde für die Frauen, die es wünschen und bei denen es möglich ist, im Geburtshaus eine ganzheitliche Betreuung während der Schwangerschaft, Geburt und Wochenbettzeit angestrebt. Und Unterstützung, diese Lebensphase selbstbewusst und selbstbestimmt zu leben. Auch das Elternwerden an sich. Aber am wichtigsten ist wohl das Versprechen einer 1:1 Betreuung während der Geburt. Die chronische Unterbesetzung in den Krankenhäusern und die immer größer werdende administrative Arbeitslast erschweren derzeit die eigentliche Geburtsbetreuung für etliche Hebammen. Manche berichten von fünf bis sechs zeitgleichen Entbindungen. „Das hat Konsequenzen, die die gesamte Gesellschaft betreffen. Einen guten Start und eine optimale frühe

Eltern-Kind-Bindung ist unumgänglich; es ist eben nicht egal, wie ein Kind auf die Welt kommt“, sagt Laure Baumann. Viele Hebammen verlassen die Geburtskliniken und machen sich selbstständig. Das Geburtshaus sollte Laure Baumann nach dennoch in der Nähe einer bestehenden Geburtsklinik sein, damit ein optimaler Austausch möglich wäre, auch bei etwaigen Komplikationen. Natürlich habe sich einiges verändert, was die Versorgung angeht, sagt Danielle Federspiel-Haag, Hebamme und Mitglied in der ALSF (Association luxembourgeoise des sages-femmes). „Historisch hat die katholische Kirche eine große Rolle in unseren Krankenhäusern gespielt. Heute gibt es kaum mehr Schwestern, sondern Manager, alles wird ökonomischer betrachtet.“ Aber generell habe es einen Wandel gegeben, die Frauen würden heute deutlich mehr respektiert. Auch, wenn es darum geht, wie jemand eine Geburt erlebt und empfunden hat. In Luxemburg machen sich Doulas ebenfalls für selbstbestimmte Geburten stark. Doulas, aus dem Altgriechischen für Dienerin, sind Frauen, die Geburten begleiten. Viele werdende Mütter erfreuen sich dieser psychologischen Unterstützung. Medizinisch geschult sind die Doulas nicht. Ihre Internetpräsenz ist oft ästhetisch sehr um Harmonie bemüht, es gibt natürliche Farben, Referenzen an die Natur, Bäume und Blumen, Babys die friedlich im Fruchtwasser schwimmen. Neben Betreuungen vor, während und nach der Geburt, findet man auch „Womb healing workshops“ und Einladungen zu Frauen-Heilkreisen, wo man sich in seine „weibliche Urkraft“ hineinspüren kann. Bei einer Reihe von alternativen Geburtsvorbereitungskursen wird zum Teil Medizinskepsis vermittelt, die auch in regelrechter Angst vor etablierter Krankenhausmedizin münden kann. Der Fokus auf „Natürlichkeit“ kann zu einer neuen Leistungsnorm werden. „Do muss een heiansdo e bëssen op d’Brems trieden“, sagt Laure Baumann dazu. Im April, nach der Schließung der Ettelbrücker Maternité, fragte die Abgeordnete Carole Hartmann (DP) die Gesundheitministerin Paulette Lenert (LSAP), wie sie einer Unterscheidung zwischen pathologischen und physiologischen Geburten gegenüberstünde, und ob sie generell die Idee eines Geburtshauses unterstützen würde. Die Ministerin begann zunächst aufzuzählen, wie wenig außerklinische Geburten es gäbe, dann sprach sie über maximale Sicherheit, über Komplikationen, bei denen jede Minute zählt. Eine natürliche Geburt sei „jo schéin, ech wënschen se jidderengem“, aber es ginge eben oft um Minuten, um Leben und Tod. Die Wahl des Geburtshauses als Entbindungsort stellte sie eher als Zwang dar, in Ländern, in denen es viele Versorgungswüsten und weit und breit keine Krankenhäuser gäbe. In 2020 gab es in Deutschland 113 Geburtshäuser, viele davon in großen Städten.

„Eine Geburt außerhalb des Systems bleibt eine Geburt – es tut weh, genauso viel wie im Krankenhaus“, lautet ihr Fazit.

„Es ist eben nicht egal, wie ein Kind auf die Welt kommt.“ Laure Baumann, Hebamme

Tatsächlich kann man die außerklinischen Geburten hierzulande als „marginal“ bezeichnen: Im Jahr 2021 zählte man 6 690 Geburten, davon kamen 6 481 in einem Krankenhaus zur Welt, 15 wurden zu Hause und 194 im Ausland geboren. Allerdings hat bis vor Kurzem auch nur eine Hebamme die Hausgeburt sehr ausgewählt angeboten, mittlerweile sind es vier. „Luxemburg ist gut am Kommen“, sagt die verantwortliche Hebamme Manuela Klein am Geburtshaus Merzig, sie klingt vergnügt. Jeden Monat entbinden zwei Luxemburgerinnen bei ihr und es wären deutlich mehr, wenn sie mehr Plätze zu vergeben hätte. Die Verlegung wegen Komplikationen ins Krankenhaus nebenan könne sie nicht beziffern, sie sei aber „sehr selten“. Die Anfragen aus Frankreich seien ebenfalls in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Jeanne etwa wollte 2019 für ihre erste Schwangerschaft ins Geburtshaus Merzig, weil sie in einer heimeligen Umgebung entbinden wollte. Sie kannte beide Welten durch Praktika und eine 1:1 Betreuung war ihr wichtig. „Nach diesem rite of passage nicht mit meinem Vornamen angesprochen zu werden, sondern Maman genannt zu werden, wollte ich absolut nicht.“ Das sei ihr aus den Geburtskliniken erzählt worden. Doch bei dem wichtigsten Moment in ihrem Leben wollte sie bei jemandem sein, der sich Zeit nehmen kann. „Letztendlich übernahm die Medizin, mein Sohn war 16 Tage über dem errechneten Termin. Die Hebamme konnte mich nicht weiterbetreuen und ich ging in die Klinik.“ Zufrieden sei sie dort letztlich auch gewesen, weil es relativ ruhig war, als ihr Kind geboren wurde. Sandra (richtiger Name der Redaktion bekannt) wünschte sich nach zwei klinischen Geburten, die erste davon traumatisch, ebenfalls einen anderen Rahmen. Eine Hausgeburt hatte sie immer schon gereizt, außerdem störten sie die Kontrollen im Krankenhaus, die durch die Pandemie hinzugekommen waren. Im Vorfeld habe sie fast niemandem davon erzählt, damit sie nicht verunsichert werde. Sie ist zufrieden mit der Erfahrung.

Eine Geburt, egal wo sie stattfindet, ist eine Naturgewalt, sie lässt sich nicht planen. Die spätmoderne Welt, technologisiert, kontrolliert und durchgetaktet, hat Schwierigkeiten, die Wildnis, die dem Geburtsprozess innewohnt, zuzulassen. Die moderne Medizin, mit ihren weißen Kitteln, blinkenden Monitoren, CTGs und Wehentropf, steht dieser Enthemmung entgegen. Sie verkörpert in dieser Debatte die Sicherheit, und mit ebendieser Sicherheit rettet sie auch Leben, in Situationen, in denen die „Natürlichkeit“ versagt. Der Kaiserschnitt ist eine Errungenschaft, Frauen, die ein kleines Becken und ein großes Kind im Bauch haben, müssen heute nicht mehr sterben, Komplikationen in der Schwangerschaft können früh erkannt und dementsprechend schnell behandelt werden. In 1950 lag die Kindersterblichkeitsrate – das Verhältnis zwischen Babys, die vor ihrem ersten Lebensjahr versterben, und allen Lebendgeburten – bei 49,2 pro Tausend, letztes Jahr bei 4,7. Das liegt natürlich an der verbesserten medizinischen Versorgung und der Einführung von Klinikgeburten. Anruf bei Dr Marc Peifer, Gynäkologe. „Diskussionen um Gewalt in der Geburtshilfe haben bei manchen Frauen dazu geführt, dass sie das Krankenhaus fürchten“, sagt er. Was außerklinische Geburten angeht, sei er von einer Hausgeburt nicht überzeugt, das Restrisiko sei zu hoch. Ein Geburtshaus sei etwas anderes, weil die Strukturen dort mehr ermöglichten. Doch ob ein Geburtshaus eine 1:1 Betreuung stets garantieren könne, bliebe in der Praxis noch zu beweisen. „Ob man dem Personalmangel damit beikäme, sei dahingestellt. Wenn es ordentlich organisiert ist, wir im Krankenhaus nicht die großen Komplikationen und später die Schuld bekommen, wenn etwas schiefläuft, dann ist es ein Weg, über den sich reden lässt.“ Allerdings sieht er die Lösung eher darin, die Geburtskliniken personell aufzurüsten, damit keine Stunden mit Dokumentationsarbeit verloren gingen – Stunden, in denen man nicht bei der Patientin sein kann. Die einen fürchten sich vorm Kranken-, die andern vorm Geburtshaus. Wie bei so vielen gesellschaftlichen Themen, an denen sich die Geister scheiden, geht es um viel Grundlegenderes. Um Vertrauen, um Kontrolle und Sicherheit. Auch um die Fragen: Was ist mir wichtig, wie will ich leben, als Mutter, als Eltern? Wie soll mein Kind aufwachsen? Die Geburt ist der Nullpunkt, an dem diese Frage an Bedeutung gewinnen. Politisches Interesse am Thema haben bisher jedenfalls fast alle Parteien gezeigt, Termine sind vereinbart, sagt Laure Baumann. Auch mit der Gesundheitsministerin Paulette Lenert. Wer sich für das Wahljahr 2023 die Unterstützung des Projektes Geburtshaus auf die Fahnen schreiben wird, bleibt abzuwarten.

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Land 08.07.2022

E U RO PA

BELGIQUE

L’interminable processus décolonial bruxellois Olivier Mukuna, Bruxelles

Statues, monuments, plaques commémoratives ou noms de rues, les références à la colonisation se comptent par centaines dans l’espace public belge. Leur remise en question et vive contestation a désormais pris une vitesse de croisière ; particulièrement à Bruxelles, la capitale du plat pays fédéral. Depuis 2019, l’exécutif régional a été contraint de se saisir de la thématique décoloniale via son entrée la moins sensible : Une réflexion sur un processus de « décolonisation » de l’espace urbain. Autrement dit : « ré-équilibrer » un espace public, en principe dédié à tous les Bruxellois, mais qui fait surtout la gloire de Léopold II et des autres criminels du colonialisme belge.

Ce mobilier colonial urbain posé, on peut s’interroger sur ce qui a décidé le pouvoir bruxellois à s’emparer d’un thème que ses différents représentants ont longtemps repoussé telle une « lubie identitaire » émanant d’une minorité afro-descendante ? Un thème sociopolitique qui poursuit une égalité citoyenne effective mais qui – comme en France – fait toujours l’objet d’une farouche opposition à la droite et l’extrême-droite du spectre politique. Pour la sociologue et chercheuse à l’Université Libre de Bruxelles (ULB), Véronique Clette-Gakuba, le virage politicien « décolonial » date du 7 juin 2020. Soit la journée de manifestation Black Lives Matter (BLM), qui a rassemblé plus de 15 000 personnes à Bruxelles, pour dénoncer la négrophobie structurelle et les violences policières belges. « Contrairement aux manifs de Paris ou de Londres, la ligne des organisateurs belges s’articulait autour de la négrophobie et de la colonialité ; c’est-à-dire de l’histoire coloniale et de ses prolongements dans le présent », dit Véronique CletteGakuba. « Pendant ce mois de juin de 2020, ont aussi eu lieu des déprédations de monuments coloniaux dans l’espace public bruxellois. Par exemple, contre la statue équestre de Léopold II, le 7 juin, et, plus tard, contre le buste d’Emile Storms [tous deux situé à Ixelles] ; contre celle du Roi Baudouin au centre-ville ou encore le déboulonnage nocturne d’un buste de Léopold II à Auderghem. » Autant de déprédations, de tags ou de démontages sauvages provenant d’un mouvement de fond apparu à Bruxelles dès… 2005. Comme des réactions excédées devant les dénis et mépris politiciens envers l’ensemble des discriminations négrophobes découlant d’un « passé qui ne passe pas ». Selon Véronique Clette-Gakuba, les autorités ne pouvaient plus longtemps ignorer ce phénomène croissant et, de plus en plus, rapproché dans le temps : « Fort de sa compétence régionale sur le patrimoine et l’urbanisme, le secrétaire d’État Pascal Smet, a été contraint de surfer sur ces ultimes contestations, largement médiatisées, et qui, toutes, se sont déroulées dans l’espace public ». Si la statue équestre du Roi Léopold II est mondialement connue, le buste du colonialiste Emile Storms l’est beaucoup moins. Qui est donc ce Storms (18461918) ? Un militaire belge désormais connu tel un prédateur sanguinaire, un criminel de guerre, un boucher-collectionneur de têtes coupées de chefs congolais insoumis à l’envahisseur occidental. Dans une enquête publiée en 2018 par Paris Match, le journaliste Michel Bouffioux a exhumé l’histoire du crâne du chef congolais Lusinga Iwa Ng’ombe ainsi que les expéditions d’Emile Storms dans la région du lac Tanganyika. Des massacres au bout desquels Storms fera décapiter plusieurs chefs congolais. Le militaire ramènera en Belgique trois de ces crânes royaux. Pour les faire « trôner » sur la cheminée de son domicile de la chaussée d’Ixelles. Parmi ces restes humains figurait le crâne de Lu-

En écho à la médiatisation de ce sordide épisode colonial, le bourgmestre d’Ixelles, Christos Doulkeridis, a cru pouvoir annoncer, le 28 mai 2020, le déboulonnage du buste d’Emile Storms pour le transférer au Musée de Tervuren (Africa Museum). Problème : le directeur dudit Musée, Guido Guyseels, renâcle des quatre fers. À la fois fâché sur certains points du deal passé avec le bourgmestre d’Ixelles, qu’il estima « non respectés », ainsi que sur la propension de ce dernier à faire du déboulonnage un coup médiatique… sans penser à l’y associer. Bref, Storms restera deux ans de plus au square de Meeûs ; régulièrement peinturluré en rouge par des activistes ; cette couleur symbolisant le sang des congolais que le militaire belge a fait massacrer. Cependant, à la surprise générale, le démontage officiel du buste glorifiant l’un des criminels de la colonisation vient d’avoir lieu, ce 30 juin 2022. Deux ans après avoir été annoncé en fanfare médiatique, ce déboulonnage bruxellois – un évènement historique – s’est réalisé… de façon quasi clandestine, vers sept heures du matin, vite fait, mal fait, avec deux médias pour seuls témoins. Et pour cause : en procédant à ce démontage, la commune d’Ixelles a commis un acte illégal. En effet, le square de Meeûs – au centre duquel se trouvait le buste de Storms – est classé : on ne peut donc toucher à l’un de ses éléments sans l’autorisation de la Région bruxelloise. Or, la commune d’Ixelles n’a pas reçu le permis d’urbanisme régional pour enlever le buste controversé… Ixelles avait pourtant envoyé une demande de permis en mai 2020. Le dossier étant incomplet, la tutelle régionale avait exigé que la commune renvoie de nouveaux documents ; ce qu’elle n’a pas fait. Or, selon le Code Bruxellois de l’Aménagement du Territoire : « Si, dans les six mois de la notification du caractère incomplet du dossier, le demandeur ne communique aucun des documents ou renseignements manquants, la demande de permis est caduque ». La demande initiale est donc « caduque », kaput, périmée. Et aucune autre demande de permis d’urbanisme n’a été introduite depuis par la commune. Bref, le buste de Storms a été enlevé illégalement. Ce que n’a pas manqué de dénoncer, auprès de la Région bruxelloise, Geoffroy Kensier (apparenté au parti Les Engagés), membre de l’opposition à Ixelles. À ce stade, pointent deux constats. Si Ixelles se voit ultérieurement sanctionnée pour le démontage illégal du buste de Storms, elle devra procéder à sa remise en place… colonialiste. Une situation grotesque qui relève, en réalité, de la guerre en coulisses que se mènent Région et communes bruxelloises sur la « décolonisation de l’espace public ». Un conflit larvé que confirme le député régional Kalvin Soiresse (membre du même parti écolo que le Bourgmestre d’Ixelles) : « Je reproche au secrétaire d’État Pascal Smet [du parti Vooruit ; ex-PS flamand] de freiner le travail décolonial des communes bruxelloises », affirme le co-auteur d’une résolution sur la décolonisation de l’espace public, votée en 2019 par le parlement bruxellois. « Anderlecht, Etterbeek, Forest ou Ixelles : plusieurs communes ont déjà entamé un travail en ce sens ! Et l’enlèvement interrompu du buste d’Emile Storms en est un exemple parlant. Nous avons été très surpris d’apprendre que Pascal Smets a envoyé un courrier à plusieurs communes bruxelloises pour leur demander de bloquer leurs initiatives décoloniales jusqu’au lancement du plan d’actions du gouvernement bruxellois. » Pourquoi ce blocage temporaire ? « Le prétexte est notamment d’éviter les doublons. Ce qui relève de l’argument fallacieux ! », répond Kalvin Soiresse. « J’ai dit au secrétaire d’État qu’on ne doit plus bri-

La seconde proposition emporte l’adhésion de la sociologue bruxelloise. Il s’agit d’un concept créé, puis défendu au sein du groupe d’experts, par Laura Nsemgiyumva ; une artiste belgo-rwandaise célèbre pour ses performances de « Queen Nikkolah ».

La statue équestre de Léopold II près du Palais royal de Bruxelles

Luc Laboulle

Selon le recensement de l’historien spécialisé Matthew Stanard, il existe près de 450 références à la colonisation en Belgique. En 2019, Stanard a publié un ouvrage qui examine les effets à long terme du passé colonial belge et répertorie chaque œuvre, statue ou stèle qui renvoie à ses acteurs (pionniers, militaires, prêtres, etc.)

faire précisément », résume la sociologue. « La seconde consiste à la faire fondre et transformer ce matériau (de l’étain et surtout du zinc pillé au Congo) en un monument dédié aux morts de la colonisation. Enfin, la troisième proposition serait de procéder au retrait de la statue et de conserver son socle vide. Celui-ci deviendrait un lieu de performances et d’événements temporaires liés à la décolonisation. »

singa… 138 ans plus tard, celui-ci est toujours conservé à l’Institut Royal des Sciences Naturelles de Belgique ! Malgré quatre années de tractations, les restes du chef Lusinga Iwa Ng’ombe n’ont toujours pas été restitués à ses ayants-droits congolais...

der le travail décolonial des communes et en faire un enjeu politicien de compétition entre communes et Région... On a beaucoup parlé dans ce dossier, maintenant, il faut passer à l’action ! » Passer outre : c’est ce qu’a décidé de faire Christos Doulkeridis au petit matin du 30 juin (date symbolique de la fête d’indépendance du Congo). En écho, le député régional Kalvin Soiresse souligne que la décolonisation de l’espace public est devenue « politiquement sexy » : « Aujourd’hui, tous les partis et plusieurs personnalités politiques sautent sur ce sujet, se rendant compte que cette thématique dépasse les citoyens afro-descendants et touche de nombreux jeunes blancs pour lesquels, c’est devenu un sujet principal. » Épisode précédent de la saga bruxelloise visant à « décoloniser l’espace public » : un rapport d’experts (universitaires et associatifs), assorti de recommandations concrètes, rendu le 17 février 2022 au gouvernement bruxellois. L’Exécutif régional étant censé s’en inspirer avant de concocter et dévoiler son plan d’actions. « L’un des points sur lequel on sent bien que les recommandations des experts sont équivoques, c’est autour de cette question : que faire de la statue équestre de Léopold II qui fait face au square Patrice Lumumba [inauguré le 30 juin 2018] ? », s’interroge Véronique Clette-Gakuba.

« Faire fondre cette statue découle d’une véritable réflexion en termes de réparation » Véronique Clette-Gakuba, sociologue

Selon la spécialiste et chercheuse universitaire, « les experts ont bien rendu compte du fait que le statu quo n’était plus possible ; qu’il s’agit de produire quelque chose qui relève de l’exorcisme pour les générations futures ; que cette statue de Léopold II ne peut plus être visuellement accessible dans l’espace public ». Dans cette perspective, trois propositions ont été adressées au gouvernement bruxellois. « La première consiste à recouvrir cette statue pour ne plus y être confronté au quotidien, en attendant de savoir qu’en

« Faire fondre cette statue découle d’une véritable réflexion en termes de réparation », argumente Véronique Clette-Gakuba. « Une réflexion sur le zinc, sur sa provenance qui renvoie à l’extractivisme colonial belge ; sur le fait que ce type de matériau a été pillé, en quantité effroyable, au Congo, Rwanda et Burundi. Pour ensuite être transformé en monuments à la gloire du colonialisme belge et à la banalisation de l’asservissement des peuples colonisés... Oui, la fonte publique de cette statue de Léopold II serait un geste nouveau de restitution à la mémoire des victimes du colonialisme. » Pour autant, la sociologue afro-descendante ne se nourrit guère d’illusions. « Sur ce point comme sur d’autres, le rapport manque cruellement de positionnement », déplore-t-elle. « Souvent, ce document oscille entre deux options diamétralement opposées. D’un côté, il y a le geste colonial habituel de conservation, de contrôle et du récit qui en découle, sans aucune réparation. De l’autre, il y a un geste qui vise à s’inscrire dans une nouvelle séquence : celle de la réparation et de la restitution. Or, ces deux options sont présentées comme équivalentes. Ce n’est pas du tout le cas ! Cette présentation faussée traduit aussi des dissensus importants au sein du groupe d’experts et aboutit – encore une fois ! – à une non-résolution du problème. » « Ce rapport a l’avantage d’enlever au gouvernement bruxellois le prétexte de procrastiner », estime, pour sa part, le député régional Kalvin Soiresse. « Ce document devra servir un plan d’actions concrètes qui a été annoncé pour la rentrée, en septembre 2022 (…) Il revient au gouvernement bruxellois d’en choisir les meilleures formules pour bâtir son plan d’actions », ajoute celui qui milite depuis plus de onze ans pour une décolonisation de l’espace public (d’abord dans l’associatif, puis en tant qu’élu bruxellois depuis 2019). Quoi qu’il en soit, cet interminable processus décolonial bruxellois, qui se caractérise par « un pas avant, deux pas en arrière », rappelle, historiquement, les atermoiements et sabotages de la classe politique belge de la fin des années 50 pour repousser indéfiniment l’indépendance du Congo-Kinshasa.

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Descente aux enfers En 1950, le Dudelangeois Camille Libar menait les Girondins de Bordeaux au titre de champion de la première division de football en France (photo: Sud-Ouest). Le club de la préfecture girondine avait accédé à l’élite française du ballon rond cette même année et l’attaquant luxembourgeois avait été l’un des artisans de cette montée historique. 72 ans plus tard, un autre Luxembourgeois accompagne l’emblématique club de football, six fois champion de France, dans un autre moment historique : cette fois une descente aux enfers. Propriétaire et président des Girondins de Bordeaux depuis l’été 2021 (dans ce qu’il aime à qualifier de « sauvetage »), Gerard Lopez s’est vu confirmer cette semaine par la Commission d’appel de la Fédération française de football la relégation en National 1 (troisième division) prononcée quelques semaines plus tôt par la DNCG. La Direction Nationale du Contrôle de Gestion, le gendarme financier du foot français, et la commission d’appel de la Fédération n’ont pas été convaincues par le plan de financement proposé par l’homme d’affaires luxembourgeois, malgré son

engagement à mettre dix millions d’euros de sa poche ou de libérer une ligne de crédit des créanciers (deux fonds américains) pour contrebalancer l’endettement massif du club et son déficit. « Par cette décision, la Commission d’appel de la FFF met en péril la survie du club », a réagi celui-ci par voie de communiqué. Sans les sous promis au club qui devait descendre en deuxième division après une saison calamiteuse sur le plan sportif, c’est un avenir tout autant déplorable qui est promis aux Girondins de Bordeaux : la liquidation judiciaire. Gerard Lopez a répété cette semaine qu’il allait engager des recours devant les instances à même d’invalider la décision de la FFF (Comité national olympique et sportif français et/ou juridictions administratives). Ce jeudi au cours d’une conférence de presse à laquelle il s’est présenté dans un survêtement marine et blanc, couleurs des Girondins, Gerard Lopez a notamment souligné la casse sociale qu’impliquerait la confirmation de la relégation en National, qu’il ne comprend pas, et la liquidation consécutive. 300 personnes travaillent dans le club. pso

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Land

W I R T S C H A F T

Fisch statt Fleisch Die jährliche Inflationsrate hat sich im Juni von 6,8 auf 7,4 Prozent erhöht. Das teilte das Statec in dieser Woche mit. Schuld an der Steigerung seien vor allem die Erdölerzeugnisse. Diesel ist im Vergleich zum Vormonat um 8,1 Prozent, Benzin um 11,1 Prozent und Heizöl um 5,8 Prozent teurer geworden. Im Vergleich zum Juni 2021 sind die Preise für Erdölprodukte um 56,3 Prozent gestiegen. Auch bei manchen Lebensmitteln beobachtet das Statec im Juni eine erneute Preiserhöhung im Vergleich zum Vormonat: Für Hähnchen (3,7 Prozent), Rind- und Kalbfleisch (1,6 Prozent), Obst (2,8 Prozent) und Brot (2,6 Prozent) müssen Verbraucher/innen mehr zahlen als noch im Mai. Preisrückgänge sind hingegen bei frischem Fisch (-2,7 Prozent), Fertiggerichten (-1,1 Prozent) und Schokolade (-0,8 Prozent) zu verzeichnen. Insgesamt sind die Lebensmittel im Indexwarenkorb jedoch sieben Prozent teurer als noch vor einem Jahr. Gestiegen sind auch die Preise für Pauschalreisen (um 10,1

Ticker

08.07.2022

Prozent innerhalb eines Monats) und für Flugtickets, die im Juni 2021 noch fast um ein Drittel billiger waren. Die automatische Lohnanpassung, die aufgrund der hohen Inflation im Juni hätte erfolgen sollen, wurde bekanntlich im Rahmen des TripartiteAbkommens im März ausgesetzt und auf den 1. April 2023 verschoben. Als Ausgleich haben Regierung und Sozialpartner einen Energiesteuerkredit beschlossen, der insbesondere Haushalten mit niedrigen Einkommen zugute kommen soll. ll

L’État et la finance aux abonnés absents Les absents ont toujours tort. Mais là plus encore. Cinquante entreprises ont signé mercredi le Pacte national « Droits de l’Homme » en vertu duquel elles s’engagent à mettre en œuvre les principes directeurs des Nations unies en la matière. Il leur faut ainsi sensibiliser le personnel et leurs contreparties au respect des droits humains, à nommer une personne responsable du suivi, développer des instruments de gouvernance, publier un rapport standardisé… bref veiller aux droits de l’Homme comme on veille au respect des données personnelles dans le cadre du RGPD. Seulement, à l’inverse du Règlement général sur la protection des données qui s’impose à toutes les personnes morales en Union européenne, le suivi du respect des droits de l’Homme s’applique sur base volontaire. Ainsi seules cinquante entreprises du Luxembourg, sur

presque 40 000 recensées par le Statec, ne s’engagent. Les grands absents sont les entreprises étatiques Post ou encore BCEE (Encevo et CFL sont signataires). Le secteur financier, un tiers du PIB, n’est d’ailleurs représenté que par l’un de ses lobbys (ABBL). Aucune banque ni aucun fonds ne souhaitent se contraindre au respect des droits de l’Homme dans ce cadre. L’Alfi milite même pour que les fonds d’investissement ne soient pas concernés par le projet de directive européenne sur le devoir de vigilance (c’est-à-dire l’obligation pour elles de veiller aux droits de l’Homme). pso

L’acquittement ou rien Mercredi, la Cour d’appel a partiellement confirmé la condamnation en première instance de l’avocat pénaliste André Lutgen. En décembre dernier, l’intéressé avait écopé d’une amende de 2 000 euros pour outrage à magistrat pour deux emails envoyés au juge d’instruction Filipe Rodrigues. Les magistrats de la Cour d’appel ont jugé qu’un seul courriel était condamnable et André Lutgen se voit infliger une amende de mille euros. « On s’approche d’un acquittement, mais on ne l’obtient pas sur toute la ligne », analyse l’avocat François Prum face au Land au nom d’André Lutgen. Il annonce se pourvoir en cassation et envisage de plaider l’indépendance de la profession d’avocat à Strasbourg devant la Cour européenne des droits de l’Homme si nécessaire. pso

Mind the gap ! Quand les statistiques officielles diffèrent des constats sur le marché. Lundi, la Banque Centrale du Luxembourg a publié les principaux taux d’intérêts sur les opérations de crédit. Il s’agit des taux appliqués par les banques du Luxembourg aux ménages et aux sociétés non financières au cours des mois d’avril et de mai. Ainsi le taux d’intérêt fixe sur les crédits immobiliers, accordés aux ménages, s’établit à 2,05 pour cent en mai 2022. Il a augmenté de 0,2 pour cent entre avril et mai 2022. Sur des crédits immobiliers supérieurs à dix ans, le taux s’établit à 2,11 pour cent. Cela représente une augmentation de 0,22 pour cent, toujours selon la Banque Centrale du Luxembourg. Les taux annoncés par le banquier central reflètent, en principe, les taux rapportés par les banques de la place pour la période de référence énoncée. Mais dans sa newsletter du 21 avril, Athome Finance, le bras financier de Athome Group, la principale plateforme immobilière luxembourgeoise, annonce que les taux fixes atteignent 2,8 pour cent en avril. Yann Gadea, chef du courtage chez Athome Finance, relève que « c’est la première fois depuis cinq ans que les taux fixes sont aussi élevés ». Athome Finance fonctionne comme un intermédiaire entre le client acheteur de l’immobilier et les banques. Ses agents négocient le prêt immobilier au nom du client directement auprès des établissements de crédit. Les taux

des prêts sont ceux offerts par les banques. 2,8 pour cent sur le marché selon Athome, 2,05 pour cent et 2,11 pour cent selon la Banque Centrale du Luxembourg, le gap représente presque un tiers du prix de l’emprunt. Interrogée sur cette différence, la Banque Centrale du Luxembourg explique prendre en compte un gros volume de crédits de moins de trente ans. Ce dernier tire la moyenne vers le bas. Athome considère uniquement les crédits au taux fixe d’une durée de trente ans. Alena Ilavska

Regulierte Apotheken

LSAP-Gesundheitsministerin Paulette Lenert wollte sich am Dienstag in der parlamentarischen Fragestunde noch nicht zu den am Tag zuvor veröffentlichten Empfehlungen des Konkurrenzrats über die Apotheken äußern. Der Conseil de la concurrence plädiert für Liberalisierungen in dem „stark regulierten Sektor“: Die Preis-Obergrenzen für nicht verschreibungspflichtige Medikamente sollten abgeschafft werden, ebenso die Regel, den Betrieb von Apotheken an staatliche Konzessionen zu binden.

Es sollte auch „Privatfirmen“ und nicht nur Pharmazeuten erlaubt werden, Apotheken zu betreiben. „Bestimmte“ Medikamente sollten auch von „anderen Verkaufstellen” angeboten werden können. Außerdem gehörten die Beschränkungen für InternetApotheken „erleichtert“. Für Grünen-Fraktionsvorsitzende Josée Lorsché käme das „der Öffnung eines wichtigen Pfeilers unserer Gesundheitsversorgung für die Profitlogik“ gleich. Sie stellte der LSAP-Gesundheitsministerin die Suggestivfrage, ob sie nicht derselben Meinung sei. Der DP-Abgeordnete André Bauler stimmte herzhaft zu: „Madame Lorsché und ich teilen nicht nur dieselben Gefühle, sondern sogar dieselben Gedanken.“ Paulette Lenert entgegnete lediglich, die Empfehlungen des Konkurrenzrats „haben es in sich“ hätten und liefen auf einen „Paradigmenwechsel“ hinausliefen. Sie ziehe es aber vor, den Bericht zunächst in seiner ganzen Tragweite zu analysieren. pf

Le grand dénombrement Des chiffres et des données surprenants s’affichent sur framingluxembourg.lu. Par exemple que le Luxembourg comptait quelque 170 000 habitants en 1839. Ou que le taux annuel de nuptialité était de sept pour mille habitants au XIXe siècle, alors qu’il est aujourd’hui descendu à trois pour mille. Ou encore que l’emploi est passé de 158 000 personnes en 1980 à 472 000 en 2020. « Framing Luxembourg » est une exposition virtuelle dont

le contenu a été élaboré par les deux historiens Paul Zahlen (photo : sb) et Benoît Majerus en collaboration avec le Statec et le Luxembourg Centre for Contemporary and Digital History (C2DH) de l’Uni.lu. Le visiteur du site discerne assez vite que le service statistique s’intéresse aux chiffres qui permettent à l’État de réguler sa population, ses institutions et l’économie. Les enquêtes sur les professions, dates de naissance, les situations sociales et les épidémies se développent au tournant du XIXe et du XXe siècles au Luxembourg. Dans un livre en cours de rédaction, Paul Zahlen développera la timeline du site framingluxembourg.lu. Il s’agit de retracer et de dévoiler les différentes histoires que la société et les pouvoirs publics et économiques se sont racontées au cours des 200 dernières années. La qualité du site laisse présager un livre avec une multitude de données liées à une analyse historique et sociologique approfondie. sm


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Land 08.07.2022

W I R T S C H A F T

Deadline Gasperich Bernard Thomas

Dans la nuit de dimanche à lundi, la rotative de Gasperich a imprimé son dernier Wort. Mediahuis a délocalisé la production du quotidien luxembourgeois vers son imprimerie dans le Limbourg. Chronique d’une mort prévue de longue date

C’est un des rendez-vous manqués de l’histoire de la presse luxembourgeoise. Il y a cinq ans, Paul Peckels se réunit avec Alvin Sold et Danièle Fonck. Le CEO de Saint-Paul veut sonder le duo dirigeant d’Editpress s’ils étaient disposés à imprimer le Wort sur leurs rotatives. Les discussions ne dépasseront pas le stade informel. Le groupe de presse eschois rechigne à étendre ses capacités de production, jugeant un tel investissement trop risqué. Ce fut l’ultime tentative de créer un « pôle d’impression » luxembourgeois et de consolider un secteur crépusculaire.

Finalement, les concurrents abandonnent les pourparlers pour passer, chacun de leur côté, commande auprès du même producteur britannique. À l’automne 1978, le Tageblatt lance sa « Goss Suburban », le Wort sa « Goss Metroliner ». (Les syndicats optant pour la version modeste, les cléricaux pour le modèle de luxe.) Vingt ans plus tard, les deux concurrents doivent renouveler leur outil de production. En 1998, Saint-Paul lance sa gigantesque Colorman (575 tonnes). Editpress suit trois ans plus tard et inaugure sa KBA Colora (264 tonnes). Les deux groupes médias sont alors loin de se douter que les bases mêmes de leur monde sont en train de s’effondrer. En décembre 2000, le Wort titre « L’utilisation d’Internet ne décolle pas au Luxembourg » : « Seuls 25 pour cent des ménages luxembourgeois sont connectés à Internet à leur domicile ». Trois ans plus tard, Le Quotidien note que « plus de 52 pour cent des personnes de plus de douze ans se révèlent être des internautes ». Saint-Paul et Editpress pensent alors être à leur apogée. Alvin Sold met en pratique sa vision industrielle, et crée, coup sur coup, Le Jeudi (1997), Le Quotidien (2001) et L’Essentiel (2007). Les Éditions Saint-Paul tentent maladroitement de répliquer, et lancent La Voix du Luxembourg (2001) et Point 24 (2007). Or, dès sa conception, la rotative de Gasperich (un prototype mondial, à l’époque) parait surdimensionnée. Avec l’expansion de l’univers numérique, elle se révèle rapidement comme un mauvais investissement colossal. « Nous sommes habitués aux vitesses vertigineuses des rotatives », avait proclamé Joseph Guill, président des Éditions Saint-Paul, en 1961. Impossible pour ce juriste catholique d’imaginer la fulgurance future d’Internet. Malgré des clients externes comme le Bild am Sonntag et une pléthore de journaux de petites annonces, édités par la Comareg (liquidée en 2011), les rotatives à Gasperich ne tourneront quasiment jamais à pleine capacité. En 2002, les Éditions Saint-Paul offrent leurs services comme briseuse de grève. Alors que la CGT bloque l’impression du gratuit parisien Metro, le tabloïde sort des rotatives de Gasperich, puis est expédié par camions vers la capitale française. Paul Zimmer, alors directeur général de Saint-Paul, sermonne les syndicats français : « Qu’il soit permis de signaler que chez nous il n’y a pas eu, depuis plus de quarante ans, un seul jour où nos journaux n’aient paru en raison d’une grève ou d’un incident technique ». Et de faire l’éloge d’un personnel « particulièrement qualifié et flexible, et surtout hautement motivé ».

Gilles Kayser

Le premier essai remonte au début des années 1970. Alors que le Wort, le Tageblatt et l’Imprimerie centrale se préparent à faire le saut vers la photocomposition et l’offset, l’option de mutualiser l’achat d’une grande rotative est brièvement considérée. Les négociations achoppent sur les différences de formats, les difficultés techniques et les différends idéologiques. Se posait ainsi la question des créneaux horaires : Lequel des quotidiens pouvait prétendre à être mis sous presse en dernier, c’est-à-dire à sortir le plus frais le lendemain matin ? En plus, la perspective d’une uniformisation esthétique effrayait les patrons de presse. Ils percevaient la variété des formats comme un moyen de distinction, un signe visible du pluralisme.

Paul Peckels assure que le bouclage pourrait être repoussé pour les événements extraordinaires, à condition toutefois que ceux-ci soient prévisibles, comme les soirées électorales. Aux alentours de Hasselt, dans la zone industrielle de Paal-Beringen, où est installée l’imposante König & Bauer Commander, le Wort ne sera plus qu’un quotidien parmi beaucoup d’autres.

Thierry Corsini, imprimeur entré au Wort en 1989

Exactement vingt ans plus tard, les derniers imprimeurs, relieurs, électromécaniciens et expéditeurs du Wort sont licenciés. Un métier séculier disparaît. Sur les 26 salariés de l’imprimerie, vingt devront trouver un nouvel emploi. Une reconversion qui ne sera pas évidente pour ces ouvriers âgés en moyenne entre 45 et 55 ans, ayant souvent passé des décennies en poste de nuit. La fermeture de la rotative de Gasperich n’était pas seulement prévisible, elle était prévue de longue date. « Depuis 2013, je disais qu’on devrait un jour fermer l’imprimerie. On n’allait pas en construire une nouvelle », dit Paul Peckels cette semaine face au Land. Il y a trois mois, le directeur général de Mediahuis Luxembourg, préférait mettre en avant l’arrêt des dépliants publicitaires « i-mail » (une joint-venture entre Post et Saint-Paul). Si la rotative fermait, ce serait notamment « en raison d’une directive européenne » [relative aux déchets] titrait wort.fr. Six salariés resteront dans le grand hangar de Gasperich. Ils auront jusqu’en mars 2024 pour démonter leur ancien outil de travail. Il n’existe plus de marché d’occasion pour cette rotative vingtenaire, ni en Europe ni dans les pays en voie de développement. À part quelques pièces détachées, la Colorman finira à la ferraille. Sic transit. Parmi les derniers déblayeurs de l’ancien empire Saint-Paul se trouve Thierry Corsini, qui était entré comme imprimeur au Wort en 1989. L’annonce de la fermeture de la Colorman ne l’a pas surpris. Il avait suivi en direct « l’érosion des tirages » : « Il y a une dizaine d’années, on nous disait : On ne considère plus la Colorman comme un profit center, mais comme un outil de la rédaction. À un moment, on imprimait plus de 90 000 Wort par nuit, aujourd’hui nous n’en sommes plus qu’à la moitié. Toute l’infrastructure commençait à être démesurée. » Corsini souligne la fierté du « bon travail », la « complicité » des équipes, « l’esprit de corps » : « On a eu plein de nuits où on a vraiment transpiré. Mais on a toujours trouvé les ressources parmi tout le monde pour sortir le journal. C’est une aventure humaine qui se termine. » Tout en rappelant les primes de nuit (jusqu’à 45 pour cent et exemptes d’impôt), Corsini, par ailleurs délégué du personnel à la sécurité, ne tait pas les effets psychologiques et physiques de ce rythme de travail et du « manque chronique de sommeil ». Il cite des études de l’OMS, selon lesquelles le travail de nuit se paie en pertes de vie et de santé. « C’est difficile de vieillir avec des postes. Il faut faire attention à ne pas se désocialiser. Quand vous travaillez de nuit, c’est compliqué avec les autres… Vous êtes toujours à l’envers. Même les gens qui regrettent aujourd’hui que l’imprimerie ferme, en qualité de vie, ils vont gagner. »

La délocalisation de l’impression du Wort vers le Limbourg provoque un imbroglio juridique. Il concerne la publication des avis officiels, une des dernières mannes des quotidiens luxembourgeois

Alors que la plupart des ouvriers de l’imprimerie approchaient la fin de carrière, Saint-Paul a veillé à ne pas embaucher de nouveaux salariés. La reprise de Saint-Paul par Mediahuis en avril 2020 précipite la « transition ». Pas question d’investir dans le print moribond. Les Anversois affichent l’ambition d’accélérer le passage au numérique et de se concentrer sur un « journalisme de qualité ». L’optimisme initial dans les salles de rédaction est de courte durée. Le premier choc intervient à peine cinq mois après la reprise. En dépit de toutes les promesses et assurances données, 70 salariés sont licenciés, soit presqu’un quart des effectifs, selon une liste qui semble avoir été concoctée en interne par la direction locale. Ce que celle-ci n’avait pas prévu, c’était le nombre de journalistes excédés qui démissionneront. Le Wort cherche depuis désespérément à trouver de nouvelles recrues sur un marché du travail totalement asséché. (Mediahuis n’a par contre pas osé toucher au management ; peutêtre parce que le contexte grand-ducal lui paraissait trop imprévisible.) À peine trois mois ont séparé l’annonce de la fermeture de l’imprimerie (le 26 avril) de la cession de production (le 3 juillet). Corsini aura vu passer cinq vagues de licenciements sur les douze dernières années. Il en a tiré quelques enseignements : « Ils font d’abord leur stratégie, et ne la dévoilent qu’au dernier moment ». À ses yeux, la direction aurait craint qu’en annonçant trop tôt la fermeture « tout le monde allait se barrer », et que l’impression tombe en panne. Si l’archevêché a vendu l’institution quasi-hégémonique qu’avaient été les Éditions Saint-Paul, il

en a pourtant gardé l’immobilier. Le Wort a ainsi fini par louer son propre siège. L’administrateur des biens de l’archevêché, Pit Hentgen, dément la rumeur selon laquelle le bail aurait été résilié par le propriétaire : « C’est faux. Le bail continuera de manière inchangée jusqu’en 2024. La décision d’imprimer le Wort à l’étranger a été prise par Mediahuis seule ». Paul Peckels assure de son côté que la décision de délocaliser l’impression aurait été prise à Howald (où les bureaux du Wort ont déménagé) et non à la centrale anversoise de Mediahuis. Pour combien de temps encore le Wort sortira-t-il en version imprimée ? « La stratégie est dictée par les clients, répond Peckels. Tant qu’il y aura des lecteurs qui voudront un journal en papier, une version en papier paraîtra. » La direction a enterré son imprimerie en toute intimité et discrétion. (La demande du Land de documenter la dernière impression a reçu une fin de non-recevoir : « Nous voulons garder l’exclusivité sur nos propres activités », dit Peckels.) Ce mardi, les abonnés du Wort ont dû scruter les pages « Wirtschaft & Finanzen » pour y apprendre que le journal qu’ils tenaient entre leurs mains avait été imprimé à PaalBeringen (province de Limbourg). Une photo illustrait l’entrefilet. Elle montre les ouvriers de l’imprimerie aux côtés de membres de la direction. Entre les mines graves des premiers et les grands sourires des seconds, le contraste est saisissant. Ce fut la rédaction multimédia de wort.lu qui rendit le plus bel hommage aux imprimeurs avec un court documentaire publié, paradoxalement, en ligne. « Coldset Printing Partners », la nouvelle imprimerie flamande du Wort et du Contacto (ainsi que du Land, imprimé depuis 2012 à Gasperich), est une filiale de Mediahuis, et se présente « comme un appendice des éditeurs ». Paul Peckels évoque une rotative qui tournerait quasiment en continu, permettant des synergies et des économies d’échelle, « qu’on n’aurait pas atteintes au Luxembourg ». Aux abonnés, la direction assure qu’ils continueront à recevoir tous les matins leur journal. Or avant d’atterrir dans les boîtes-aux-lettres, des dizaines de milliers d’exemplaires doivent désormais parcourir 250 kilomètres. La route reliant l’imprimerie du Limbourg au centre postal de Bettembourg passe par les Ardennes belges. Certaines nuits d’hiver, les camions de Mediahuis risqueront de finir coincés par la neige. Quant au bouclage, il a été avancé à 21 heures (la deadline était traditionnellement aux alentours de 23 heures), ce qui fait forcément du Wort un quotidien moins « actuel ».

La délocalisation de l’impression vers la Flandre a fait surgir un imbroglio inattendu. Il concerne les avis officiels des communes, une manne financière majeure pour les quotidiens luxembourgeois. Au ministère de l’Intérieur, les juristes tentent actuellement de déterminer si le Wort « made in Belgium » sera toujours éligible pour ces avis. Dans l’immédiat rien ne devrait changer, nous apprend-on au ministère, rue Beaumont : « Certains textes prévoient que les avis doivent être publiés dans quatre journaux édités et imprimés au Luxembourg, tandis que d’autres parlent de deux journaux. D’autres lois encore, qui ne concernent par les communes, prévoient comme unique condition que les journaux doivent être publiés au Luxembourg, mais pas forcément imprimés. La situation devra donc certainement être analysée… » Il ne reste plus qu’une seule rotative au Luxembourg, celle d’Editpress, installée dans la zone d’activité « Op Sommet », un no man’s land entre Esch et Belval. Le secrétaire général d’Editpress, Nic Nickels, assure que cette König & Bauer Colora tournerait « encore très longtemps ». Le « retrofitting », c’est-à-dire le remplacement d’anciens éléments par de nouveaux, aurait été finalisé l’année dernière. De toute manière, l’usure serait limitée, puisque la machine ne tournerait pas en continu. À part Le Quotidien, le Tageblatt et l’Essentiel mis sous impression (dans cet ordre) entre 22 heures et minuit trente, Editpress imprime notamment De Letzebuerger Bauer et l’édition sarroise du Kicker. La charge sur la machine serait « raisonnable », ce qui la garderait « en bonne forme », dit Nickels. En septembre 1976, l’abbé Heiderscheid évoque « jenes weithin sumpfige Wiesengelände » à Gasperich, destiné à accueillir le siège du Wort sur quatre hectares. Cet ancien marécage attise aujourd’hui toutes les convoitises. Coincé entre le vieux Gasperich d’un côté, et la Cloche d’Or de l’autre, la « zone d’activités économiques communale » est promise à générer de belles plus-values immobilières. D’ores et déjà, les principaux propriétaires terriens du Luxembourg s’y marchent sur les pieds. À côté de Lafayette SA, qui gère le patrimoine immobilier de l’archevêché, on y retrouve le fonds Olos (Flavio Becca et Eric Lux), le promoteur Tracol ou encore les Faber-Funck (héritiers de MPK) et les Ehlinger (Groupe Schuler). Une future communauté d’intérêts se dessine donc aux portes de la capitale. « Il n’y a pas encore de projets concrets pour le développement ultérieur du site », explique Pit Hentgen. La Ville de Luxembourg (par ailleurs propriétaire de plusieurs parcelles dans ce zoning) s’attendrait à ce que tous les propriétaires « présentent ensemble un masterplan ». Or, celui-ci « n’existe pas encore. » On l’aura compris, la revalorisation de cette zone industrielle en zone résidentielle se mesurera en décennies plutôt qu’en années. En attendant, le PAG actuel fixe un cadre très restrictif : « Y sont admis des logements de service à l’usage du personnel dont la présence permanente est nécessaire pour assurer la direction ou la surveillance d’une entreprise particulière ». L’abbé Heiderscheid disposait ainsi d’un logement de service au-dessus des salles de rédaction. La guerre en Ukraine a provisoirement donné une nouvelle destination aux anciens locaux du Wort. Ils sont ainsi en train d’être reconvertis en foyers pour réfugiés.

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Land

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08.07.2022

Gilles Kayser

Un vél’Oh abandonné à Dommeldange, quartier dépourvu de station

Décharge publique

vélo l’année dernière », glisse Fraenz Schintgen à Esch. « Tous les jours on en récupère entre quatre et six », notamment grâce au GPS intégré et du suivi opéré (car quand la batterie est vide, le signal est rompu), poursuit le responsable du CIGL.

Pierre Sorlut

Ce n’est pas la première fois que JC Decaux se trouve en délicatesse avec son client. En septembre 2020, le Wort rapportait déjà les propos de Patrick Goldschmidt après une réunion du collège échevinal. « Wir investieren 1,5 Millionen Euro pro Jahr, damit wir den Fahrradverleihdienst in der Hauptstadt anbieten können. Wir erwarten, dass der Betreiber JCDecaux seinen Vertrag einhält und die Pedelecs einwandfrei funktionieren », s’était plaint l’échevin en charge de la mobilité. La mairie avait envoyé une mise en demeure et les problèmes avaient été réglés.

À un an des élections communales, à Luxembourg ou à Esch, l’exploitation des vélos en libre service déborde dans le champ politique

Concession Certains sont abandonnés sur les trot-

toirs. D’autres dans les parcs. On en récupère même dans l’Alzette. Ceux-là portent les stigmates de leur passage dans l’eau avec parfois des algues comme oripeaux. La semaine passée, L’Essentiel a mis des chiffres sur le sentiment partagé dans la capitale que les Vél’Oh sont dévoyés. Leur exploitant, la firme française JC Decaux estime que 200 Vél’Oh sont abandonnés quand un millier est encore opérationnel. Un sixième du parc n’est donc plus à la disponibilité de ses 20 000 abonnés longue durée et utilisateurs occasionnels (ces derniers ont réalisé 800 000 trajets en 2021). Et l’on peine souvent à s’équiper d’un Vél’Oh dans la ville haute. En 2008, le collège échevinal composé d’élus libéraux et verts (avec Guy Helminger et François Bausch en têtes d’affiche) avait choisi JC Decaux comme prestataire de service. La multinationale à 2,8 milliards d’euros de chiffre d’affaires (en 2021) et cotée à la Bourse de Paris devait développer une solution de mobilité douce et, en même temps, démocratiser l’usage de la bicyclette dans la capitale. Une autre délégation de service public comme RTL pour la télé ou le RGTR pour les bus (d’Land, 17.6.2021) Le contrat initial portait sur une vingtaine de stations et 200 vélos. Cinquante panneaux publicitaires (Mupi) exploités par JC Decaux sur les stations garantissaient un revenu (environ 80 000 euros par an) à la multinationale et permettaient à la Ville de dépenser moins. François Bausch, échevin écologiste aux finances et à la circulation, s’était alors d’ailleurs piégé. Les « Mupis » avaient affiché des publicités pour le tabac alors même que l’élu écologiste s’opposait au principe de publicité pour le tabac. À la fin du contrat passé pour dix ans, JC Decaux opérait 717 vélos répartis sur 77 stations. Selon un document présenté au Conseil communal et consulté par le Land, le partenariat a coûté à la Ville 5,6 millions d’euros de 2008 à 2017, et rapporté 1,6 million (dont 776 000 euros d’abonnements). Révélateur de couleur En avril 2017, la mairie a

réédité un appel à candidatures pour le marché de « mise à disposition, l’installation, l’entretien et l’exploitation d’un système de vélos en libre service ».

Lors de l’appel d’offres de 2017, JC Decaux a supplanté Goedert pour des raisons de prix. La solution de la multinationale semble aujourd’hui obsolète pour certains élus

Ni alors, ni en 2008, les Stater libéraux n’ont opté pour le « modèle eschois » d’économie solidaire. Son Vël’OK a été lancé en 2004 via le CIGL. Au Centre d’initiative et de gestion local à Esch, le chef de projet Fraenz Schintgen explique que, « sûrement à cause de la couleur politique (LSAP, ndlr) de la ville » lors de la conception du Vël’OK (la mairie a basculé au CSV en 2017), celui-ci revêt une ambition sociale. Le service est gratuit. Les neuf communes participantes achètent les vélos (autour de 2 000 euros auxquels il faut ajouter 1 300 euros pour la centrale). 25 « bénéficiaires », souvent des chômeurs de longue durée, travaillent à l’entretien. Ils sont encadrés par cinq CDI. Le budget de fonctionnement s’élève à 1,75 million d’euros anuels. Les deux tiers sont pris en charge par le ministère du Travail pour payer les salariés, le reste par les communes au prorata des vélos qu’elles possèdent. La flotte compte 615 vélos électriques. Vël’OK compte 9 200 abonnés. Dans la capitale, on paie pour une prestation de service. À la différence de 2008, le cahier des charges

de 2017 exigeait l’assistance électrique du pédalage. En septembre 2017, selon les informations du Land, deux candidats s’affrontaient en finale de l’appel d’offres : JC Decaux et le groupe Goedert, associé à la Française Smoove. Goedert opérait déjà le système de vélos électriques partagés, BE-Bike, à Bertrange. Smoove (qui a repris en 2019 le marché parisien des Vélib à JC Decaux) apportait l’expérience technique. Goedert offrait l’ancrage luxembourgeois. JC Decaux l’a emporté. « Ce qui m’a frappé c’était le prix très compétitif », se souvient aujourd’hui Patrick Goldschmidt, « bien en-dessous des autres », poursuit l’échevin à la mobilité. Le premier bon de commande portait pour 80 stations équipées de vélos cent pour cent électrique pour un montant de 14,6 millions d’euros TTC étalés sur dix ans. Selon un tableau comparatif présenté aux élus communaux, un vélo électrique luxembourgeois coûte annuellement environ 1 600 euros par an hors-TVA à la Ville. Le vélo parisien coûte 2 000 euros et le nantais 2 800. Les abonnements d’un an (longue durée) passent de quinze à 18 euros. 80 pour cent des recettes vont à la Ville. Le reste et les utilisations « à la minute » vont dans la poche de JC Decaux, laquelle gère la collecte et la distribution des sous. Le groupe reste propriétaire des vélos (à l’inverse du Vël’OK). « Nous avons supprimé la partie publicitaire » dans la dernière soumission de marché public suivante, explique aujourd’hui le libéral Patrick Goldschmidt. L’intéressé relève qu’une association de type CIGL aurait pu postuler. Il précise d’ailleurs que les élus communaux ont réfléchi à une sorte de CIGL pour la Ville « à mettre en place dans les années à venir ». Des discussions ont été menées autour de problématiques environnementales, par exemple pour « laver la vaisselle » lors d’événements organisés par la mairie, illustre l’échevin. Ces démarches n’ont jamais abouti. Mais l’exploitation des Vél’Oh par le « numéro un mondial des vélos en libre service », comme il se présente, tourne en eau de boudin. « Je reçois des réclamations tous les jours », fait savoir Patrick Goldschmidt. « Si je regarde les chiffres et que j’écoute les jeunes, super contents d’utiliser des vélos électriques,

nous nous félicitons de la solution », explique l’échevin. En revanche, « j’ai l’impression qu’ils devraient mettre plus de moyens », ajoute l’élu libéral. Selon son analyse, JC Decaux a soumis une offre compétitive en termes de prix notamment parce que Luxembourg présentait moins de risque en matière de vandalisme qu’une ville comme Paris… et donc moins de coûts en réparation et entretien.

L’Essentiel a révélé qu’une pierre était utilisée pour forcer le verrou. Les effractions sont très localisées. « Dans le quartier Gare », reprennent en choeur l’opérateur et l’administration communale. « Cela ternit l’image de la Ville et de JC Decaux », explique au Land Laurent Vanetti, chef du service circulation. Pour l’intéressé, JC Decaux doit changer son système d’accroche. « Selon le cahier des charges, les vélos doivent avoir un système qui prévient des actes de vandalisme », précise-t-il. Le contact avec l’opérateur est régulier. Le directeur adjoint du groupe pour le Belux, Jérôme Blanchevoye, basé à Bruxelles, s’est déplacé en juin pour évoquer le sujet. Cette semaine, il explique que les coûts sont à sa charge et que les réparations rognent la marge opérationnelle. Jérôme Blanchevoye explique en outre que l’entreprise souffre de difficultés d’approvisionnement à cause des tensions sur les marché. « On a un risque de pénurie à terme », prévient l’exploitant. Balance ton Vél’Oh JC Decaux a déposé une douzaine de plaintes contre X pour vol. Elles portent sur des dizaines voire centaines de vélos. « On les retrouve pour l’essentiel. On étudie un renforcement du système, mais ils trouveront toujours un moyen de forcer », croit savoir Jérôme Blanchevoye qui en appelle « à un contrôle social » et à l’intervention de la police. « Tant que les auteurs des faits ne sont pas interpelés... » À l’inverse des vélos en libre service dans le sud, les Vél’Oh ne sont pas équipés de géolocalisation. Impossible de savoir où les Vél’Oh ont été abandonnés après avoir été arrachés à la bornette. Il faut donc compter sur la bonne volonté des citadins. L’entreprise conseille de contacter le centre d’appels (en Belgique) pour signaler un Vél’Oh abandonné. « On n’a perdu qu’un

Enjeu électoral L’affaire prend une tournure poli-

tique. Le vélo, très utilisé par les jeunes citadins et les étrangers (qui ne doivent plus attendre cinq années pour voter), devient un enjeu électoral à quelques mois des élections communales. « Si l’on regarde les grandes villes européennes, beaucoup d’acteurs semblent plus performants », avance François Benoy, qui s’est présenté lundi comme la tête de liste Déi Gréng dans la capitale pour 2023. Le jeune écolo juge la solution proposée par JC Decaux moins performante que celle d’autres prestataires en Europe où la multinationale laisse de plus en plus de parts de marché. François Benoy propose aussi d’instaurer une tarification en fonction des revenus.

Le maillage du réseau fait aussi débat. Les quartiers du nord, « périphériques et populaires » selon la conseillère Eduarda Macedo, sont délaissés. « Il n’y a ni banque, ni institution européenne, ni administration publique, ni tourisme », poursuit l’élue Déi Gréng, habitante de Beggen qui comme Dommeldange n’a pas de station Vél’Oh. D’aucuns soupçonnent même le maillage de coller les potentiels bassins d’électeurs. Cents, seul quartier majoritairement composé de Luxembourgeois, a bénéficié d’une station dès l’électrification du matériel en 2018, opérée justement pour désenclaver les zones escarpées. Patrick Goldschmidt rejette catégoriquement l’allégation. L’implantation des stations serait définie par les fonctionnaires du service circulation et proposée au collège échevinal. « Je n’ai pas le souvenir de discussions à caractère politique (sur le maillage du réseau Vél’Oh, ndlr) », affirme Patrick Goldschmidt ce mercredi. L’intéressé dit d’ailleurs avoir poussé pour équiper le nord de la ville, mais l’administration communale attendait que les Ponts et chaussées (sous l’autorité de celui qui a poussé le Vél’Oh en 2008, François Bausch) finissent la piste cyclable entre Dommeldange et Beggen. La Ville n’aurait pas souhaité envoyer les utilisateurs de Vél’Oh sur la route nationale faute de piste cyclable. Celle-ci a été livrée en mai. L’objectif est d’équiper Walferdange (comme l’ont été précédemment Hesperange, Strassen ou Leudelange), la commune suivante. Trois stations ont été commandées en mars. Une dizaine de mois précèdent la livraison. Juste à temps pour les élections.

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Land 08.07.2022

F I N A N Z E N

Les assureurs face au changement climatique Georges Canto

Un rapport de l’Onu prévient d’une augmentation de quarante pour cent des risques de catastrophe naturelle à cause du dérèglement climatique. S’assurer contre les dommages devient de plus en plus compliqué

Décidément l’année 2022 n’est pas de tout repos pour les assureursdommages. Non contents de subir les conséquences de la guerre en Ukraine (d’Land, 6.05.2022) ils ont dû faire face à une série inédite de catastrophes naturelles. L’Inde et le Pakistan ont subi une vague de chaleur inégalée par sa durée (de mars à mai), sa précocité et son intensité avec des températures parfois supérieures à 50 degrés. Elle a provoqué des incendies de forêts, des coupures de courant, des pénuries d’eau, des pertes agricoles et une augmentation de la mortalité. Fin mai, le nord-est de l’Inde et le Bangladesh ont connu des inondations historiques, avec d’énormes dommages humains, matériels et sur la production agricole. Outre-Atlantique, à la mi-mai l’État canadien du Manitoba a été touché par de fortes pluies et des crues qui ont également affecté le Dakota du Nord et

Le Luxembourg sous les eaux Les inondations qui, à la mi-juillet 2021, ont particulièrement touché l’Allemagne et la Belgique, mais aussi la France, le Luxembourg et les Pays-Bas ont été les plus graves depuis vingt ans avec un coût total de 38 milliards d’euros, dont seulement trente pour cent de biens assurés. Le Grand-Duché, qui n’avait pas connu un tel sinistre depuis plus d’un siècle, a payé un lourd tribut avec des indemnités qui ont été finalement chiffrées à 135 millions d’euros, ce qui en fait la catastrophe « la plus onéreuse de l’histoire de l’assurance luxembourgeoise ». Les professionnels ont dû traiter quelque 6 500 dossiers de dommages aux logements et aux entreprises et 1 300 dossiers de véhicules. Les inondations de 2021 faisaient suite à une série de catastrophes survenues depuis juillet 2016 (comme la tornade d’août 2019) qui ont entraîné le versement de 230 millions d’indemnités. L’Association des compagnies d’assurance (ACA) n’a pas manqué de faire savoir que « ces montants dépassent largement les primes d’assurances encaissées pour couvrir ces risques ». Tout en mettant en avant la solidité financière de ses membres et la qualité des programmes de réassurance, l’ACA a demandé aux assurés « d’être attentifs aux garanties qu’ils ont souscrites » et éventuellement de les faire revoir, manière d’annoncer un resserrement des conditions de couverture des risques pour pouvoir affronter de nouvelles calamités. gc

Sven Becker

Cinq des dix événements climatiques les plus destructeurs de l’année ont été des inondations, comme celles de juillet en Allemagne, en Belgique et au Luxembourg

le Minnesota aux États-Unis. Au même moment, l’Europe de l’ouest était frappée d’une sécheresse précoce qui dure encore. Début juillet, alors que le Japon affrontait l’une des pires vagues de chaleur de son histoire et que le typhon Chaba ravageait le sud de la Chine, des pluies torrentielles se sont abattues sur le sud-est de l’Australie, obligeant à évacuer 50 000 personnes, notamment à Sydney. Ces calamités sont le résultat direct du dérèglement climatique qui, selon un rapport de l’Onu, entraîne une augmentation de quarante pour cent des risques de catastrophe naturelle. Elles sont de plus en plus fréquentes et dévastatrices. En Australie, c’est la quatrième fois en un an que se produisent des inondations, avec à chaque fois une montée plus rapide et plus violente de l’eau. Jusqu’à présent l’année 2022 est dans la droite ligne de 2021, qui avait été marquée par 432 catastrophes naturelles, selon le rapport du Centre de recherche sur l’épidémiologie des désastres (Cred) de l’Université catholique de Louvain, une nette augmentation par rapport à une moyenne annuelle de 357 entre 2001 et 2020. Comme toujours, les inondations sont arrivées en tête, avec 223 désastres contre une moyenne annuelle de 163 pour la période 2001-2020 et de 120 pendant les années 1980-1990. Cinq des dix événements climatiques les plus destructeurs de l’année ont été des inondations, comme celles de juillet en Allemagne, en Belgique et au Luxembourg. Aussitôt après figurent les tempêtes : 121 au total contre 102 en moyenne annuelle sur les vingt dernières années (cyclone tropical Seroja en avril en Indonésie, typhon Rai aux Philippines en décembre). Avec 65 milliards de dollars de dégâts, l’ouragan Ida, qui a notamment frappé New-York, début septembre a été la catastrophe naturelle la plus coûteuse de l’année. Moins nombreux ont été les incendies de forêts (19 en 2021) et les épisodes de sécheresse (une quinzaine) liés aux vagues de chaleur, ou les périodes de gel (mais celle d’avril en France a fait pour près de six milliards d’euros de dégâts dans l’agriculture). En dehors du lourd bilan humain (10 500 décès l’année dernière, surtout pour cause de canicule en juin et juillet aux États-Unis selon le Cred) les catastrophes naturelles ont causé d’énormes pertes matérielles en 2021 : plus de 250 milliards de dollars, en hausse de 24 pour cent par rapport à 2020, selon le réassureur Swiss Re. Elles ont été très concentrées car près de la moitié des dégâts (44,6 pour cent) ont été comptabilisés sur seulement cinq catastrophes, toutes survenues aux États-Unis. Mais le coût réel est plus élevé car les statistiques sont établies sur les indemnisations de biens assurés. Or même dans les pays développés, les biens touchés ne le sont pas toujours ! C’est encore plus vrai dans les pays en développement. Ainsi, selon l’ONG Christian Aid, il est impossible de chiffrer les dégâts des terribles inondations qui ont touché le Soudan du sud de juillet à novembre 2021, impactant plus de 850 000 personnes. Les chiffres surestiment donc le poids des pays développés. Malgré cela, on sait que les pays pauvres sont proportionnellement les plus touchés : ils perdent en moyenne un pour cent de leur PIB

Le monde pourrait connaître environ 560 catastrophes par an dans les dix ans à venir. On en comptait 120 dans les années 1980-1990

chaque année à cause des catastrophes, en particulier dans la région Asie-Pacifique, où ce chiffre grimpe jusqu’à 1,6 pour cent. Dans les pays développés, il n’est que de 0,1 à 0,3 pour cent. De façon générale, si les catastrophes deviennent plus coûteuses, ce n’est pas seulement à cause de leur plus grande fréquence et d’une plus grande intensité, mais c’est aussi à cause de l’augmentation du patrimoine assurable. En 1990, leur coût total était d’environ 70 milliards de dollars par an. En tenant compte de l’inflation, ce chiffre a bondi à 170 milliards de dollars par an en moyenne dans la décennie 20052015, soit quasiment le triple. Face à cette situation nouvelle les assureurs sont quelque peu démunis. Selon un article paru en octobre 2019 dans The Conversation1, les cinq principaux principes qui conditionnent la couverture d’un risque ne sont pas remplis par la plupart des catastrophes naturelles. Le premier est l’existence de nombreux risques homogènes et indépendants qu’il est possible de mutualiser. Or, désormais, l’indépendance des risques n’est plus aussi respectée qu’auparavant. Ainsi une tempête et un incendie de forêt ne peuvent plus être considérés comme indépendants car le changement climatique crée un lien entre eux. Le deuxième est que les menaces ne doivent pas affecter une grande partie de la population au même moment. Mais la croissance démographique et l’urbanisation, au niveau planétaire, sont à l’origine d’une concentration croissante des hommes et des infrastructures. Troisième point, la survenance du sinistre doit être imprévisible et indépendante de la volonté de l’assuré. Si les individus ne sont pas directement en cause dans la fréquence de catastrophes naturelles de type tempête ou inondation, ces dernières sont bien en lien avec le réchauffement climatique, un phénomène largement imputable à l’action humaine. Le quatrième principe est que le risque soit quantifiable, en termes de fréquence et d’intensité, ce qui paraît de plus en plus difficile et incertain à réaliser. Enfin, la « prime d’assurance » doit être économiquement acceptable pour les assurés. Or, les coûts associés à la survenance d’événements extrêmes sont de plus en plus importants et il n’est pas envisageable de les répercuter intégralement sur les tarifs. Les assureurs connaissent d’importants

problèmes de gestion et frisent parfois l’insolvabilité. Jusqu’ici, les décalages entre le versement des primes, l’occurrence du sinistre et le versement des indemnités permettaient aux assureurs d’engranger des liquidités. Or, les sinistres étant plus fréquents et plus intenses, cette capitalisation pourrait être rendue impossible. La solution la plus simple, déjà largement pratiquée, consiste à refuser d’assurer certains types de menaces. Aux États-Unis, dans des zones où le risque d’incendie est de plus en plus important, comme la Californie ou le Colorado, de nombreux contrats d’assurance habitation ne sont pas vendus ou renouvelés. De même, en Australie, aucune compagnie n’accepte de prendre en compte les risques liés à l’élévation progressive du niveau de la mer alors que le phénomène ne cesse de s’accentuer. Dans de nombreux pays européens, les habitations situées dans des zones à haut risque (principalement d’inondation) sont exclues du marché de l’assurance. En Italie certaines menaces naturelles non liées au changement climatique, comme les séismes, ne sont pas assurables. En France, depuis 20 ans les assureurs de la forêt ne couvrent plus certaines zones jugées trop risquées sur la façade méditerranéenne. Et les professionnels peuvent refuser d’assurer au titre des catastrophes naturelles les biens ou activités implantés dans des zones jugées inconstructibles par les plans de prévention des risques naturels (PPRN) établis depuis 1995. Le refus de couvrir des risques étant tout de même antinomique de l’essence même du métier d’assureur, la majorité des professionnels préfèrent continuer de proposer des contrats mais à des conditions plus sévères : tarifs élevés, augmentation de la franchise ou du seuil de déclenchement, clauses restrictives, au risque de pénaliser les habitants des zones les plus vulnérables et d’accroître les inégalités. Un moyen de rester dans des prix acceptables pour les assurés serait de prendre en compte leurs efforts individuels de prévention consistant par exemple à construire ou à renforcer un logement pour limiter les effets d’inondations ou de tempêtes. De leur côté, les agriculteurs font des efforts considérables et coûteux pour protéger leurs cultures du gel ou de la grêle, mais se plaignent de ne pas voir baisser leurs cotisations et d’être mal indemnisés sauf intervention des pouvoirs publics. Des initiatives précises devront être prises dans les mois à venir par les autorités et les professionnels car la situation ne va pas s’arranger : selon le dernier rapport du Bureau des Nations unies pour la réduction des risques de catastrophe (UNDRR), le monde pourrait connaître environ 560 catastrophes par an dans les dix ans à venir.

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« Le changement climatique va-t-il nous priver d’assurance ? » par Marielle Brunette, Antoine Leblois et Stéphane Couture, The Conversation, 20 octobre 2019. 1


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Land

M E I N U N G

08.07.2022

ZU GAST

BRIEF AN DIE REDAKTION

Unverzichtbar und unumgänglich

Verloren im „Labyrinth des Krieges“?

Francine Closener und Dan Biancalana sind Parteipräsidentin und Parteipräsident der LSAP

Heute, in einer Zeit rasanter Veränderungen, ist die LSAP als verlässliche und glaubwürdige politische Kraft mehr denn je von ausschlaggebender Bedeutung für die Zukunft unseres Landes. Wir leben in einer pluralistischen Gesellschaft, die vor enormen Herausforderungen steht: Krieg in Europa, Klimakrise, Pandemie, digitale Revolution, Inflation, Populismus, Desinformation usw. Deshalb können wir uns als Sozialisten nicht nur darauf beschränken, uns den sozialen Fortschritt auf die Fahne zu schreiben, sondern wir müssen gleichzeitig die sozialen Errungenschaften der letzten 120 Jahre

mit aller Kraft verteidigen. Gleichberechtigung, gute Arbeit, universeller Zugang zu Gesundheitsdiensten, Zusammenhalt in Familie und Gesellschaft, eine intakte Umwelt und sozialer Frieden sind leider keine Selbstverständlichkeit. Als LSAP konzentrieren wir uns auf Inhalte und Substanz, um diesen Herausforderungen gerecht zu werden. Zu unseren fünf Prioritäten gehören: erstens der Kampf gegen die Wohnungsnot, die zunehmend auch den Mittelstand und vor allem die junge Generation betrifft; zweitens die Gestaltung der Arbeitswelt von morgen im Sinne der Arbeitnehmer, wo eine Arbeitszeitverkürzung kein Tabu sein darf; drittens, der Übergang zu einem sozial verträglichen und gerechten, nachhaltigen Gesellschaftsmodell; viertens die weitere Stärkung und Modernisierung unseres Gesundheitswesens; und fünftens die Bildung, mit dem übergeordneten Ziel der Chancengerechtigkeit für alle Schüler. Um diese Aufgaben zu bewältigen, bedarf es Mut und Besonnenheit, Einsatz und Zusammenhalt – genau diese Stärken hat die LSAP in ihrer langen und erfolgreichen Geschichte immer wieder bewiesen. Die Werte der Partei gaben Orientierung: Freiheit und Demokratie, soziale Gerechtigkeit und Gleichheit, Solidarität und soziale Sicherheit. Diese Werte sind auch der Leitfaden bei der Zukunftsgestaltung, im Sinne der nächsten Generationen. Im Hinblick auf das Superwahljahr 2023 gibt es viele, die Partikularinteressen bedienen und/oder ihr Fähnchen nach dem Wind hängen. Doch Opportunisten und Lobbyisten taugen nicht als Krisenmanager. Die LSAP war und bleibt die einzige verantwortungsvolle Partei, die das Wohl aller Menschen im Land im Sinn hat, unabhängig ihrer Herkunft und ihrer finanziellen Situation. Dank des Einsatzes unserer vielen Mitglieder wird uns auch in Zukunft eine Politik des #zesummen gelingen. Francine Closener und Dan Biancalana

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D’GEDICHT VUN DER WOCH

In seinem Artikel zum eben erschienenen Sammelband Militärgeschichte Luxemburg [Capybarabooks, 415 Seiten]behauptet Bernard Thomas, darin keinen roten Faden gefunden zu haben (d’Land vom 01 Juli 2022). Ariadne hat den ihren am Eingang des Labyrinthes deutlich sichtbar ausgelegt (wie die Herausgeber den ihrigen im Vorwort, bitte nachzulesen). Vielleicht hätte auch Thomas dort seine Suche beginnen sollen? Dazu hätte er aber das ganze Buch in seinem chronologischen Aufbau nach Epochen durchschreiten müssen – also dem roten Faden der Herausgeber folgend. Keine Zeit dafür, und nicht wirklich interessiert daran, wie er mir bei unserem telefonischen Interview ungeniert mitteilte (mein Kurzprotokoll zum Telefonat v. 28.06.22). Speed kills. Trotzdem kürt Thomas den seiner Ansicht nach wohl besten Beitrag der „Sammlung“ (recueil, oder „Sammelband“ ist ein Werk, in dem mehrere Texte von verschiedenen Autoren und Autorinnen zu einem bestimmten Überthema – Achtung: Roter Faden! – versammelt werden). Wie kann er das tun, wenn er (meiner Einschätzung nach) gerade einmal ein Drittel der insgesamt 53 Beiträge gelesen hat? Ein bisschen unfair den anderen Autorinnen und Autoren gegenüber, finde ich. Thomas schreibt also keine Rezension, sondern eine Stellungnahme. Auch gut. Dabei tritt er gleich in Selbstermächtigung als „der Leser“ (le lecteur) auf, dem er als Sprecher des (maskulinen?) Kollektivsingulars die Fähigkeit abspricht, den Faden aufzunehmen. Dabei werden alle Teile mit Überblickstexten eingeleitet, auch jener Teil, den Thomas auszugsweise konsultiert zu haben scheint, also die Zeit des Großherzogtums seit 1815. Alle Artikel sind wissenschaftlich fundiert. Den aktiven und ehemaligen Offizieren der Luxemburger Armee, die an dem Band mitgewirkt haben, spricht Thomas aber in einem lockeren Federstrich pauschal ab, ihre Beiträge reflektiert-kritisch verfasst zu haben. Wer wohl hier voreingenommen ist? Ziemlich fadenscheinig, finde ich. Nur „embedded“ Kriegsberichterstattung und Lobhudelei also…? Und was meint er wohl mit overstretch? Dass ein Thema (Militärgeschichte) epochenübergreifend, in der gallorömischen Zeit, im Mittelalter der Grafschaft/des Herzogtums Luxemburg und in der Luxembur-

MNHM

Seit 120 Jahren engagiert sich die LSAP für eine gerechte, sichere und solidarische Gesellschaft. Kein einziger gesellschaftlicher Fortschritt, keine einzige gesellschaftspolitische Reform hat in Luxemburg ohne die maßgebliche Beteiligung der LSAP stattgefunden. Die Sozialisten waren immer treibende Kraft, sei es bei der Einführung des allgemeinen Wahlrechts, des Frauenwahlrechts, der Abschaffung der Todesstrafe, bei der 40-Stunden-Woche, der Möglichkeit des legalen Schwangerschaftsabbruchs, der Ehe für alle und bei vielen anderen sozialen Errungenschaften. Diese Erfolge wären ohne die bedeutenden politischen Persönlichkeiten, die die Partei hervorgebracht hat, nicht möglich gewesen. Die Erfolge von Jean-Pierre Bausch, Jean Schortgen, Marguerite Thomas-Clément, Pierre Krier, Nic Biever, Lydie Schmit, Robert Krieps und Jacques Poos – um nur einige Namen zu nennen – prägen bis heute unsere Partei und unser Land. Sie stellten den Menschen in den Mittelpunkt und gingen verstärkt Allianzen ein, um den gesellschaftlichen Fortschritt voranzutreiben.

Soldaten vor den Heilig-GeistKasernen

Thomas Kolnberger (Institut für Geschichte an der Universität Luxemburg) reagiert auf die Land-Rezension seines Sammelbandes

ger Neuzeit untersucht wird? Das ist sehr selten und hätte mehr Aufmerksamkeit verdient, als es als „overstretch“ abzutun – bloß, weil es ihn nicht interessiert (oder er sich nicht die Zeit zum Lesen genommen hat; der Verlag hatte sogar vor Buchauslieferung eine PDF-Gesamtdatei zur Verfügung gestellt). Die durchgehend neuen und erstmalig recherchierten Beiträge dieser Epochenabschnitte sind hochgradig relevant und bieten gerade den roten Faden, den Thomas ig-

noriert. Gründlich, also nach Strich und Faden, hat Thomas sicher nicht recherchiert. Wir schon. Etwa die Abbildungen, die Thomas auf der Umschlagseite und im Beitrag verwendet, hat nicht er, sondern wir ausgegraben und interpretiert. (Es wäre eine schöne Geste gewesen, darauf hinzuweisen, anstatt nur die Beschriftung ins Französische zu übersetzen.) Thomas vermeidet tunlichst das Betreten des „Labyrinths des Krieges“, wie der Militärtheoretiker Carl von Clausewitz es formuliert hat. Nur nicht zu weit zurück in die Vergangenheit und Ariadnes Faden mal kurz aufheben! It’s history, stupid. Insgesamt möchte ich bei der Stellungnahme von Bernard Thomas Präsentismus diagnostizieren: Es interessiert nur, was vermeintlich Gegenwartsbezug besitzt oder in der aktuellen politischen Debatte als Geschichte „waffenfähig“ gemacht werden kann. Ist das die Regression des ausgebildeten Historikers Bernard Thomas zum polemisierenden Meinungsjournalisten und Fauteuilfeuilletonisten (journalistisches Äquivalent zum armchair scholar)? Ich hoffe nicht. Schon beim nächsten Mal könnte man sorgfältiger vorgehen. Hunderte Arbeitsstunden von über 30 Autoren und Autorinnen hätten das schon jetzt verdient gehabt. Fadenriss. Thomas Kolnberger

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C H R O N I Q U E S D E L’ U R G E N C E Gilles Kayser

Une gifle au monde Jean Lasar

Coup sur coup, la Cour suprême américaine a révélé à quel point elle est devenue, après la nomination sous la présidence Trump de trois juges ultra-conservateurs, Neil Gorsuch, Brett Kavanaugh et Amy Coney Barrett, un dispositif essentiel de la stratégie d’accaparement des institutions étatsuniennes par un parti républicain presqu’entièrement acquis aux dogmes nauséa-

Déi topegst Reklammen Jacques Drescher Walslogan vun Déi Gréng 2022: „Frësche Wand fir ons Stad“. Philharmonie Luxembourg 2021: „Frischer Wind am Fado Himmel“.

Walkampf vun de Piraten 2013: „Frischer Wind und neue Ideen“ (LW). Slogan vun der CSJ 2013: „Frësch Loft an der Chamber!“

Reklamm vun der CFL 2019: „Frischer Wind für CFL Evasion“. Valora Mediaservices AG 2014: „Frischer Wind im Pressegeschäft“.

Walslogan vun Déi Gréng 2011 „Frësche Wand wielen!“ Ons Stad iwwert d’Lydie Polfer 1982: „Frischer Wind am Wilhelmsplatz“.

En restreignant la capacité de l’exécutif à contenir les émissions de CO2, la Cour suprême porte atteinte au droit fondamental de chaque humain à disposer d’une planète habitable

bonds de la suprématie blanche, du patriarcat et du refus d’accepter la réalité de la crise climatique. Après ses décisions contraires au contrôle des armes et au droit à l’avortement, elle a porté le coup de grâce aux derniers espoirs, ténus il est vrai, que l’actuel occupant de la Maison Blanche impose, par le biais de l’Agence environnementale fédérale (EPA), des limites significatives aux émissions de CO2 des producteurs d’électricité. Dans l’affaire West Virginia v. EPA, six de ses neuf juges ont estimé le 30 juin que l’Agence ne disposait pas d’une autorisation suffisante du Congrès pour contraindre ces producteurs à réduire leurs émissions. Une parfaite absurdité au plan institutionnel : comment imaginer que les parlementaires siégeant au Capitole disposent de l’expertise nécessaire pour statuer eux-mêmes sur les questions d’ingénierie industrielle qu’impliquent de telles règles ? Chacune de ces trois décisions représente une attaque caractérisée contre la vie et le bien-être humains. Mais si les deux premières ont des impacts négatifs sur la population américaine, en promettant de multiplier les fusillades et les accouchements non voulus, la troisième a pour particularité d’avoir un effet très concret au-delà des frontières américaines. Les émissions de gaz à effet de serre des États-Unis représentaient de

l’ordre de six milliards de tonnes d’équivalent CO2 en 2020 (sur un total mondial d’une quarantaine de milliards) : celles liées à la production d’électricité sont elles-mêmes à l’origine d’un quart du total américain. Ainsi, en restreignant la capacité de l’exécutif à contenir celles-ci, la Cour suprême porte atteinte directement au droit fondamental de chaque humain à disposer d’une planète habitable. Avec West Virginia v. EPA, John Roberts, président de la Cour et auteur de l’arrêt, fort du soutien de Samuel Alito, de Clarence Thomas et des trois juges nommés par Trump, a pris le parti de fouler aux pieds les perspectives de survie de la civilisation humaine pour satisfaire les intérêts fossiles qui financent grassement le camp conservateur. Le parti républicain reste uni derrière Trump et continue de nier que la tentative d’empêcher l’élection de Joseph Biden le 6 janvier 2021 relevait du coup d’État. Pour la droite américaine, la démocratie et l’État de droit sont eux-mêmes devenus des obstacles à la poursuite de son objectif de reconquérir le pouvoir et de s’y maintenir. Nous avons bel et bien affaire à un camp retranché décidé à préserver coûte que coûte son emprise alimentée aux hydrocarbures, quitte à précipiter la planète dans une dévastation à grande échelle.

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P H OTO G R A P H I E

Tous en Provence Pour sa cinquième participation aux Rencontres photographiques d’Arles, le Luxembourg change de braquet. Le jury de Lët’z Arles ne s’est pas tourné comme les autres années vers un duo d’artistes actuels (un jeune et un expérimenté) et n’a pas investi la Chapelle de la Charité comme par le passé. Le travail de Romain Urhausen, décédé en juillet 2021 a été préféré et est exposé jusqu’au 25 septembre, à l’Espace Van Gogh. Adoubé par le directeur de la manifestation, Christoph Wiesner, le programme luxembourgeois entre dans le volet officiel du festival, au sein du chapitre « Revisiter », ce qui lui donne une visibilité supplémentaire. Monté par Paul di Felice en tant que commissaire (photo : Keven Erickson), le parcours de l’exposition avait été pensé avec l’artiste avant sa disparition. Il montre comment, entre 1950 et 1970, Romain Urhausen a été l’un des photographes les plus innovants au Luxembourg. Pionnier et prolifique, il a embrassé des sujets très variés : la vie quotidienne, l’homme au travail, le paysage urbain, le nu, l’autoportrait. Thèmes qui sont autant de chapitres de l’exposition qui aborde aussi l’influence de la photographie humaniste française en même temps que celle subjective allemande. Des grands noms issus de ces deux pays figurent d’ailleurs dans l’exposition aux côtés du Luxembourgeois : Henri Cartier-Bresson, Lucien Clergue, Robert

Doisneau, Otto Steinert, Bernard Grasberg… Un ouvrage comprenant une sélection de photographies de Romain Urhausen, un texte de Paul di Felice et une contribution de Carolin Förster sur la Subjektive Fotografie est publié par la maison d’édition française spécialisée en photographie, Delpire & co. Le livre apporte ainsi une autre caution internationale au travail du natif de Rumelange. Au delà de l’intérêt artistique et historique de l’exposition et du travail de Romain Urhausen, la participation du Luxembourg aux Rencontres d’Arles est un jalon dans l’exportation de l’image du pays à l’étranger. Et ce ne sont pas les invités du très chic vernissage qui diront le contraire. Les organisateurs se gaussaient de la présence, ce mercredi, du couple grand-ducal héritier (qui se rend très régulièrement à cet événement à Arles), du Premier ministre, de la ministre de la Culture (Lëtz Arles est doté de 200 000 euros annuels par le ministère), de l’Ambassadeur du Luxembourg en France ou du maire d’Arles. Sur les photos qui ont tôt fait de circuler sur les réseaux sociaux, on trouve une brochette de usual suspects de professionnels de la culture. Les mêmes qui étaient à la Biennale de Venise en avril et qui seront à Avignon dès le lendemain (lire ci-dessous). C’est bien quand la culture s’exporte dans des lieux de villégiature. fc

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Du court et du long Troisième fournée de l’année pour le Comité de sélection du Film Fund avec un petit score de quinze projets soutenus sur les 29 déposés, donc à peine la moitié. Au total 7,86 millions d’euros ont été distribués. Si l’on en croit les aides accordées à l’écriture et au développement, nous pourrons découvrir dans quelques temps (des années, sans doute, le processus est long), Julian, le premier longmétrage du comédien Luc Feit (dont le court W était un petit bijou d’humour et de charme). Eileen Byrne qui s’est fait les armes à travers plusieurs courts et des épisodes de séries travaille aussi sur son premier long, Marianengraben. Pour l’aide à la production – 7,66 millions d’euros au total – le plus gros budget, 3 millions, est accordé au longmétrage d’animation de Sean McCormack, Tally Ho ! produit par Fabrique d’image. Autre gros projet dans l’animation, la série éducative Les Quiquoi coproduite par Mélusine Productions rafle 827 260 euros. Trois longsmétrages live en coproduction reçoivent des aides. Aud dem Leben der Echsen de Christophe Hochhäusler (1,31 million pour Amour fou) est un film noir autour d’une tueuse à gage prise dans un engrenages d’intrigues. Avec Fanon, Jean-Claude Barny signe une biographie de Frantz Fanon, intellectuel martiniquais engagé auprès du FLN qui a fait figure de traître au moment de la guerre d’Algérie (1,27 million pour Paul Thiltges Distribution).

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Autre drame qui revient sur l’histoire, La Honte de Vladimir Perišić suit un adolescent pendant les manifestations étudiantes contre le régime de Milosevic à Belgrade en 1996 (365 000 euros pour Red Lion). François Caillat s’intéresse à Villerupt, cinquante ans après l’avoir quittée dans le documentaire Temps Nouveaux (130 000 euros pour Samsa Film). Les projets de courts-métrages de Jonathan Becker et de Frank Grotz figurent encore parmi les élus. fc S C È N E S

Dans le off Après Arles (lire ci-dessus), la délégation de la culture luxembourgeoise a migré à une cinquantaine de kilomètres au nord pour un autre haut lieu de la culture, Avignon. Son festival de théâtre s’y tient jusqu’à la fin du mois de juillet pour la 76e édition et la participation luxembourgeoise est devenue une tradition. Présence renforcée depuis 2019 où le Grand-Duché collabore avec la région Grand Est pour investir la Caserne des pompiers et y faire communication commune. Plusieurs productions

luxembourgeoises seront montrées dans le Festival OFF dans des registres variés (danse, théâtre et jeune public). Un jury mis en place par la Theater Federatioun (sans doute pour la dernière fois, Kultur:LX ayant repris la main sur cette sélection) a choisi la pièce qui représente officiellement la création théâtrale francophone du Luxembourg. Terres Arides, pièce réalisée à partir d’une mise en scène collective d’un texte de Ian De Toffoli avec Pitt Simon et Luc Schiltz (Lire d’Land 29.01.2021 et 10.09.2021). À cette occasion, les trois textes théâtraux de l’auteur, montés entre 2018 et 2021, qui constituent la Trilogie du Luxembourg sont publiés aux éditions l’Espace d’un instant : Tiamat, Confins et Terres arides. Avignon verra aussi le spectacle chorégraphique Starving Dingoes de Léa Tirabasso (Les Hivernales – CDCN d’Avignon), Frontalier de Jean Portante, mis en scène par Frank Hoffmann joué par Jacques Bonnaffé au Théâtre du Balcon (photo : Bohumil Kostohryz), Midas un spectacle jeune public de Laura Aren au Théâtre Golovine et la production de la Kulturfabrik et du Luca, La Friche et l’Architecte au Théâtre Transversal d’Avignon. fc M U S I Q U E S

Créer du lien Marier la culture et l’engagement social, voilà le pari tenu par l’association Liewenshaff qui qui aide des adolescents en

difficulté à réintégrer la société. La preuve musicale ce 8 juillet, lors de la 22e édition du Festival Jazz & Blues à Merscheid. Les jeunes gens y participent aussi bien en tant qu’organisateurs que comme public. Cette année, sur la scène du festival, on retrouvera la formation de jazz Fujazzi, après leur album de 2021 Live at Neumünster Abbey. Ils se produiront avec la chanteuse néerlandaise Edith Van Den Heuvel. À l’affiche également Greyhound George Band. Ils nous offrent du blues et du boogie comme au Delta du Mississippi avec des titres du blues classique d’Elmore James, Muddy Waters ou Magic Sam, mais aussi leurs morceaux. Sasha Ley et Laurent Payfert amèneront le public à un voyage sonore singulier qui mélangera l’improvisation libre à des sonorités familières. La scène accueillera également le nouveau groupe de la dame du blues luxembourgeois Chantal Gottschalk, CG and The Boys, offrant sa voix puissante aux festivaliers d’un soir. alena ilavska

Tournées d’été L’été et sa pléthore de festivals sont l’occasion pour les musiciens luxembourgeois de se frotter à de grandes scènes et un public international. Côté jazz, on pourra suivre Benoît Martiny et Arthur Possing en tournée en Allemagne (et en Hongrie pour le premier). Dock in Absolute, tout juste sorti du studio pour l’enregistrement de leur prochain album, tournera en Italie, en Allemagne et en Grèce et Pascal Schumacher présentera son dernier album LUNA dans plusieurs festivals

en Allemagne et aux PaysBas et collaborera à d’autres projets musicaux en France et en Suède. De son côté, Edsun entame sa tournée d’été avec une performance au Colours of Ostrava (en République tchèque) le 13 juillet. Pouvant accueillir 45 000 spectateurs, ce festival accueillera cette année des grosses pointures comme The Killers, LP, Franz Ferdinand ou Twenty One Pilots. Beau voisinage aussi pour le rappeur Maz qui est programmé au Sziget, sur une île au cœur de Budapest. Il est à l’affiche aux côtés de Justin Bieber, Calvin Harris, Stromae, Dua Lipa, Arctic Monkeys ou Tame Impala. fc ART CONTEMPORAIN

Fil bleu On avait découvert son travail l’année dernière lors de la Triennale Jeune Création, Brave New World Order. Lynn Klemmer achève une résidence de quatre mois au Casino Display avec l’exposition I Will Not Return to a Universe of Objects That Don’t Know Each Other, inaugurée ce vendredi et visible jusqu’au 6 août. La jeune artiste (née en 1994) s’intéresse à la matérialité des technologies qui ne sont pas directement tangibles : internet, cloud, cyberespace, bitcoin… Elle plonge le visiteur dans une série d’installations immersives et d’expérimentations visuelles qui s’enchevêtrent et s’enchaînent comme autant d’hyperliens (photo : Mike Zenari). Elle

a d’ailleurs choisi ce bleu spécifique qui souligne les mots et les phrases sur internet comme couleur dominante de son dispositif. Son point de départ est un poème Lisel Mueller (1924–2020), Monet Refuses the Operation. Le peintre avait en effet refusé de se faire opérer de la cataracte et cette dégénérescence de la vue a plutôt bénéficié à sa peinture. Pour l’artiste un défaut contribue ainsi à créer des ouvertures vers de nouveaux paradigmes. Appliqué à ses recherches, elle donne une chance et une vie aux bugs, glitch, liens rompus, algorithmes défaillants, easter eggs et toutes ces bizarreries absurdes dans nos interactions cybernétiques quotidiennes. Avec beaucoup de poésie, mais aussi une réflexion documentée, elle crée des paysages imaginaires ou des cartographies fantasmées et invite le visiteur à se libérer des moules et carcans. fc

centre culturel Metzerlach de Belvaux. Avec un marché aux puces, un concert de cor alpin ou de brass band, et bien sûr les fameuses boulette, la Dëppefest est une manière de remercier les habitants de la commune qui ont participé au projet. Pendant plusieurs semaines, les deux photographes ont sillonné la région pour en dresser une sorte de portrait collectif. Le beau livre de 160 pages donne ainsi à voir des facettes multiples de cette commune comme une collection d’émotions, de souvenirs, d’ambiances et d’histoires. Les photographes mettent au jour des petits riens que ceux qui y vivent ne voient plus : un parasol bancal, un oiseau, une porte ouvragée, un chardon au milieu d’un chantier, un sac à dos oublié. Et surtout ils rendent hommage aux gens. On pourrait faire l’analogie avec l’ironie d’un Martin Parr quand il capte les Anglais sur la plage de Brighton, mais Patrick Galbats et Daniel Wagener adoptent une démarche plus curieuse et une perspective plus tendre. Ils nous racontent des morceaux d’histoire dont nous inventerons la suite. fc

La fête au village Pour célébrer la sortie de leur livre 600 Kilo Quetschekraut an 80 Bouletten qui signe la fin de le projet pour Esch2022 à Sanen, Patrick Galbats et Daniel Wagener invitent ce samdi à une fête populaire au

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ART ET ESPACE URBAIN

An offer you can’t refuse

Tracés en marbre de Carrare

October Films

CINÉMASTEAK

Belle brochette d’acteurs dans cette histoire de

gangsters, de capitalisme et de fraternité

Bien d’autres films ont poursuivi et transformé depuis l’héritage du Parrain. Au sein de cette sélection figurent Jean-Pierre Melville (Le Deuxième Souffle, 1966), John Boorman (Point Blank, 1967), Park Hoon-jeong (New World, 2013). Mais aussi de plusieurs auteurs italo-américains, de Scorsese (The Departed, 2006) à Brian De Palma (Scarface, 1983), en passant par l’inévitable Sergio Leone (Once upon a Time in America, 1984). Comme Francis Ford Coppola, Abel Ferrara est issu d’une famille de la Campanie, la région de Naples dans laquelle il s’est rendu en 2009 pour tourner Napoli Napoli Napoli. Le cinéaste, qui a la réputation d’être parano au point de se cloîtrer dans son gratte-ciel new-yorkais, est un drôle d’oiseau, capable du meilleur comme du pire, à l’image de sa filmographie inégale dont le trash et la grâce constituent les deux pôles, sans solution de continuité. D’où l’inquiétude morale qui tenaillent ses personnages, écartelés sans cesse entre le péché et la rédemption, entre la putain et la sainte Mary (Juliette Binoche dans le rôle-titre de 2005). Fait de doutes et de faiblesses, le catholicisme de Ferrara n’a rien de dogmatique. Son œuvre tout entier témoigne au contraire d’un rapport contradictoire à la foi, comme tout humain ayant été confronté aux multiples épreuves de la vie – peut-être plus encore pour un gamin ayant grandi dans le Bronx grouillant de la fin des années cinquante. Il en est de même de Scorsese et des jeunes paumés de Mean Streets (1973) interprétés par De Niro et Harvey Keitel. En arrière-fond lointain, mais ô combien proche à l’esprit des cinéastes issus de l’immigration italienne, la figure tutélaire de Pier Paolo Pasolini (1922-1975), dont on célèbre cette année le centenaire de la naissance avec les restaurations d’Accattone (1961) et de Mamma Roma (1962).

On pourrait dire le paradoxe du sport, du moment qu’il va audelà d’une pratique de loisir, se fourvoie dans les chemins de plus en plus troubles de la compétition. Et pourtant, dans son Homo ludens, en 1938, le Hollandais Huizinga voyait les choses autrement, affirmant même que la culture naît dans le jeu et comme jeu. Reconnaissons quand même qu’il faut à l’un comme à l’autre, au jeu comme au sport, des règles. À commencer la plupart du temps par une aire bien déterminée, un terrain de football par exemple, ou une piste d’athlétisme. Et gare à l’athlète qui, dans le dernier cas, dans un sprint ou un relais, mordrait sur la ligne de son couloir, c’est la disqualification, rien d’autre. Il est de ces contraintes, un corset qui empêche un comportement déluré, garantisse une équité, avec le fairplay, l’acceptation loyale des règles. L’art n’en a rien à foutre, lui qui aime à aller au dérèglement justement. Et dès lors s’en donne à cœur joie, déplace les buts de football, augmente le nombre de ballons au basket, fait jouer dans des costumes de stylistes italiens. On détourne, on fait déborder en tous sens.

Ces lignes, prises de folie (qui leur a été inspirée par les artistes), les unes sont assez courtes, font moins de dix mètres, les autres plus de cent. En tout 415,50 mètres, divisés en 446 unités de près d’un mètre. Et celles-là, elles ont été coupées dans du marbre de Carrare, incrustations d’une belle blancheur dans un sol gris, différence de texture en plus, du travail précieux de marqueterie tel qu’on le connaît en ébénisterie d’art. Ah, Bruno Baltzer et Leonora Bisagno sont des habitués des carrières de Carrare. On se rappelle le monolithe qu’ils en avaient fait découper, pour rivaliser avec Mussolini qui en 1928 en avait fait extraire le plus grand monolithe pour un monument romain à sa gloire. Mais Baltzer & Bisagno sont modestes et plutôt du côté minimaliste dans l’art (interventions réduites qui ne ratent quand même pas leur effet). Leur monolithe, eux

Elles sont sept, les lignes qui en bas autour du terrain délimitent les couloirs des coureurs. Et comme si elles avaient sauté en l’air, s’étaient évadées de leur dessin trop figé d’un ovale, les voici d’un coup en haut, prêtes à toutes sortes d’escapades, de facéties. Des fois elles restent droites, comme décidées à aller le plus vite possible à quelque point qu’on a pourtant du mal à reconnaître, des fois se font sinueuses, voire circulaires, serpentines qui hésitent ou carrément se plaisent en chemin. À nous de les suivre, au choix, de nous arrêter quand elles le font ellesmêmes, voire de les prolonger avec tant soit peu d’imagination. On ne sera pas sûrs de toute façon de les voir sitôt revenir en arrière, retrouver leur emprisonnement. Une fois qu’elles ont pris goût à tant de liberté.

Avec Baltzer & Bisagno, et retour à notre début, on retrouve aujourd’hui dans Arabesque le côté ludique du geste, mais comme le jeu, l’art n’en est pas moins sérieux ; chez eux, cela revient à ramener les choses, tels les symboles gonflés, à taille plus humaine, et leur donner de la sorte une dimension ou signification sociale. Et par hasard, ou non, comment savoir, les sept (départs de) lignes renvoient au même nombre d’années passées normalement dans l’établissement d’enseignement secondaire en question. Au départ donc, et bon et fructueux cheminement.

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Des lignes de marbre qui batifolent

KINO

Spiegelkabinett Marc Trappendreher

Spätestens seit Orson Welles’ The Lady from Shanghai (1947) wissen wir, dass man einem Spiegelkabinett im Film nicht so leicht entkommt. So ergeht es auch dem jungen Elvis Presley (Austin Butler), der auf einem Jahrmarkt dem schmierigen und gerissenen „Colonel“ Tom Parker (Tom Hanks) begegnet, ja, in die Fänge geht. Der erfahrene Mann aus dem Showbusiness, eine ganz mephistophelische Figur, bietet dem jungen Musiker an, sein Manager zu werden und ihm zu Ruhm und Reichtum zu verhelfen … Mit Elvis kehrt der australische Regisseur und Drehbuchautor Baz Luhrmann nach The Great Gatsby (2014) wieder auf die Leinwand zurück. Erzählt wird das Biopic aus der Sicht dieses Colonel Parker, der sich im hohen Alter rückblickend an den Ausnahmekünstler erinnert und sich gegen die Anschuldigungen wehrt, er sei für den Niedergang des Stars verantwortlich. Viel eher möchte er sich als den wahren Schöpfer von Elvis präsentieren. Entspre-

chend formt die Dichotomie des Showgeschäfts aus aufrichtigem Streben und unverhohlener Ausbeutung die beiden Pole, über die Baz Luhrmann seine fast dreistündige Filmbiografie des „King of Pop“ auslegt. Der Filmtitel hält dabei, was er verspricht, denn Elvis ist das allumfassende Thema des Films. Er wirkt jedoch wie leer gesetzt. Da gibt es den Schauspieler Austin Butler, der zumindest in den Szenen der Bühnenauftritte mit dem Bild des King übereinstimmt. Es gibt ferner extradiegetisch eingestreute Neuinterpretationen von Elvis-Songs, die die wichtigen Lebensstationen wenig subtil über die Songtexte von außen kommentieren: „I can’t help falling in love with you“, „I’m caught in a trap / I can’t walk out“. Zudem orientieren sich die orchestrierten Kompositionen des Filmscores an eingängigen Refrains des Musikers. Luhrmanns Stärke bestand seit jeher darin, durch eine besonders intensive Inszenierung der Oberfläche diese zugleich zu zelebrie-

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The Funeral (USA, 1996), vostf, 98’, est présenté lundi 11 juillet à 18h30 à la Cinémathèque de Luxembourg

l’avaient mis en morceaux, cinq segments en tout, de toute façon, ils l’avaient couché de suite par terre, et au bout il en devint un banc, une suite de sièges : la panchina di Luis Simon (vous aurez reconnu l’anagramme), attendant que des gens viennent s’asseoir dessus.

Là, prenons un terrain sportif, accolé plus ou moins à un bâtiment scolaire, l’Athénée grand-ducal en l’occurrence, boulevard Pierre-Dupong. Avec entre les deux, comme lieu de passage, du vide planté de quelques arbres, un accès aux différents sites, indispensable en cas de besoin aux pompiers. Vous l’avez deviné, il ne reste que le sol pour une intervention artistique. Le duo Baltzer & Bisagno l’a parfaitement compris, les responsables les ont suivis, et cet espace, aujourd’hui, ravit notre œil et notre esprit.

Warner Bros.

Étrangement l’un des meilleurs films de Ferrara, The Funeral a pleinement sa place auprès des réalisations de ses compatriotes italo-américains. Son catholicisme funèbre, ses éclairages en clair-obscur, son fétichisme domestique (statuettes de sainte, crucifix, bougies, napperons) s’inscrivent entièrement dans l’esprit du genre. Et le jeu de ses jeunes acteurs aussi (Vincent Gallo, Benicio del Toro), tous remarquables auprès du spectral Christopher Walken, l’aîné d’une fratrie maudite. Loïc Millot

Entre le terrain sportif et le bâtiment de l’Athénée, les lignes ludiques de Baltzer & Bisagno ravissent œil et esprit

LK

Dans le cadre du cycle « Mafiosi & Mobster Movies » qui se tient actuellement à la Cinémathèque de Luxembourg, on célèbre comme il se doit les cinquante ans de la sortie en salles de The Godfather (1972), le chef-d’œuvre qui relança la carrière de Marlon Brando et imposa Coppola parmi les plus grands cinéastes de la scène internationale. On en oublierait presque les coulisses invraisemblables de ce film, et combien la réalité en a souvent préfiguré l’écriture. À commencer par son tournage rocambolesque supervisé de bout en bout par Joe Colombo, l’un des chefs de la Cosa Nostra new-yorkaise qui en profita pour se faire passer pour un généreux philanthrope en fondant en 1970 la Ligue de défense des droits civiques des italo-Américains. Une médiatisation qui ne fut cependant pas au goût de tout le monde. Le 28 juin 1971, le gangster était abattu d’une balle dans la tête, mais survécut quelques années encore. Comme Vito Corleone (Brando) en réchappa, malgré les trois coups de feu reçus aux abords d’un marché.

Lucien Kayser

Austin Butler als Elvis

ren und zu unterlaufen. Man denke nur an die Liebesgeschichten aus Romeo + Juliet (1996 oder 2001), in denen Luhrmans Stil mit der Erzählhaltung der Postmoderne noch harmonierte. Elvis scheint sich indes nicht richtig entscheiden zu können, ob der Elvis-Überfluss verklärt werden oder doch aus der Distanz betrachtet werden sollte. Nie bindet uns Luhrmann konsequent und ausschließlich an die Perspektive des Managers; immer wieder lässt er Raum für die Erlebniswelt des Künstlers selbst, ohne dann aber wirklich auf die Exzesse und Abgründe des Stars einzugehen: Dafür wirken die entscheidenden Wendepunkte im Leben des Musikers dann doch zu schnell abgehakt, so dass der Film immer knapp am Ikonoklasmus vorbeizieht. Denn es geht in Elvis auch darum, dass ein Mensch, der nicht vollständig einer kontrollierten und selbstbestimmten Biographie unterworfen ist und im sozialen wie im psychischen Sinn „gespalten“ scheint, in einer gestörten, unvollständigen oder unfertigen Geschäftsfamilie lebt, diese dann aber als freies Radikal – Elvis will zu seinen Wurzeln zurück, entgegen den Ratschlägen seines Mentors – in seinen Niedergang treibt. Indes bleibt das Potenzial einer entsprechenden Untersuchung unausgeschöpft, allenfalls zitathaft. Ebenso verhält es sich mit den Anspielungen auf die bewegte Geschichte der USA, die Rassentrennungsgesetzte, die Ermordung Martin Luther Kings oder des Senators Kennedy. Zu viel will Luhrmann erzählen und am Ende führt dies dazu, dass der beträchtliche biografische Aufwand, den das Drehbuch betreibt, zu nichts führt. Als endlich geklärt ist, wie Zögling und Mentor zueinander stehen, ist der Effekt regelrecht antiklimaktisch. Erst ganz am Ende und deshalb viel zu spät, wenn die Found-FootageAufnahmen den echten aufgedunsenen und von Drogenmissbrauch zerrütteten Elvis zeigen, der voller Leidenschaft singt, beginnt der Film eine Wirkung zu entfalten, eine Bewusstmachung dafür, wie gesellschaftliche Vereinnahmung den Menschen zerbricht. Und zwar auf eine äußerst unmerkliche Art.

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Imaginaire matériel Marianne Brausch

Un jeu de piste proposé par Wennig & Daubach fait revivre plusieurs aspects du patrimoine luxembourgeois et son ancrage dans la Minette MB

Car les éléments de la chapelle Sankt Mëffert sont à voir dans l’Église de la Résurrection du Christ à Belval-Metzerlach, une architecture en béton brut, construite en 1971 et classée au patrimoine architectural national depuis 2020. L’écrivain Michel Rodange, qui est né à Sanem, envoie le renard du Reenert en pénitence à la chapelle Sankt Mëffert (la chapelle est donc fictive !) dans De Fuus am Frack, où il se moque de ses confrères Michel Lentz, l’auteur de Ons Heemecht et De Feierwon et Dicks, l’auteur de D’Mumm Séis. Lequel à son tour estime le style de Rodage indigne du Parnasse des écrivains, le temple d’Apollon à Delphes. Il culminerait tout juste à la hauteur du Zollwerknapp près de Soleuvre, il est vrai un des points les plus élevés du Luxembourg avec ses 422 mètres audessus du niveau de la mer… On se régale des colonnes gonflables qui évoquent celles du fronton du noble temple antique grec et les cheminées d’usine fonctionnelles de la métallurgie luxembourgeoise, comme celles de Belval, raccourcies. À croire que notre complexe de petit pays atteignait aussi des sommets, quoi que fort peu hauts. Mais Wennig & Daubach utilisent le prétexte de la naissance de Michel Rodange à Sanem pour nous rappeler la naissance d’une littérature populaire en luxembourgeois et rendent hommage à l’usage industriel de la colonne, la cheminée d’usine, ce land mark qui hérissait le paysage du Sud.

En guise d’introduction au parcours dans la commune de Sanem, l’exposition chez Nosbaum Reding

Wennig & Daubach réussissent avec des objets en trois dimensions, à ressusciter des éléments de l’histoire de quatre localités périphériques d’Esch-surAlzette : Sanem, Soleuvre, Belvaux et Ehlerange, dans le cadre de la capitale culturelle Esch2022. On peut commencer le parcours à Luxembourg sous forme de teaser, avec Blow-up History (Satellite). Au

Project Room de la galerie Nosbaum Reding, des éléments de la chapelle Sankt Mëffert, remplissent les deux salles de boudins noirs gonflés, l’unique matériau de tous les objets du projet. Ce sont les murs et la voûte de la chapelle. Des photographies en noir et blanc, collées à même les vitres de la galerie, suscitent la curiosité pour les autres interventions dont on se procurera ici le guide du parcours en extérieur.

Blow-up History, est un savant mélange d’imaginaire et de rappels à l’histoire. Les murs et la voûte sont, avec le portail, les fenêtres en ogive et le clocher, les éléments architecturaux de base des chapelles et églises construites par Charles Arendt, l’architecte d’État adepte du style néo-gothique au grand-duché au 19e siècle. Wennig & Daubach tirent le fil historique de l’architecture sacrée sur deux siècles.

On est affirmatif : ces œuvres en tubes de caoutchouc noir, contemporaines, provoqueront un regain d’intérêt voire la découverte pour l’histoire de quatre localités qui participent à la Capitale européenne de la Culture. Il en va ainsi de la locomotive qui est bien sûr aussi liée à notre passé minier. Elle tirait les wagons chargés de minerai – notamment depuis le quai Wënschel du seul concasseur qui subsiste de l’ère industrielle, à Belvaux. Wennig & Daubach lui ont élevé un monument en disposant le capot et la cabine de la silhouette de la

Le plancher des vaches peut être un lieu de rencontre avec l’art contemporain

locomotive 804 à la verticale, preuve aussi qu’il est encore possible aujourd’hui, de faire de la statuaire contemporaine. On apprend que la locomotive 804 de la CFL est inspirée de la long hood forward de General Motors, fabriquée aux États-Unis. Manière de faire le lien avec un incident, dans la région, de la Seconde Guerre Mondiale. Ehlerange connut l’atterrissage forcé du premier aviateur américain sur le sol luxembourgeois. Son avion s’écrasa dans un parc à bestiaux. Wennig & Daubach ont installé l’artefact du fuselage et des ailes de l’avion sur le lieu du crash. Comme quoi, le plancher des vaches peut être un lieu de rencontres avec des pièces d’art contemporain dans le paysage comme ici à Belvaux, Ehlerange, Sanem et Soleuvre. Wennig & Daubach stimulent l’imaginaire en s’appuyant sur des histoires et l’Histoire du sud du pays. C’est une réussite !

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Le parcours de Blow-up History par Wennig & Daubach est à découvrir dans le cadre de Loop22 jusqu’au 11 novembre 2022. Le guide de l’exposition est disponible à la Projects Gallery de Nosbaum Reding où Blow-up History (Satellite) est exposé jusqu’au 23 juillet

AU BRIDDERHAUS

L’art de mettre en ondes Yolène Le Bras

À quoi pensez-vous quand on vous dit radio ? À RTL, France Inter et Skyrock ? Aux émissions politiques, aux humoristes et aux musiques entrecoupées de pub ? Et si la radio était plus que ça ? Et si les ondes électromagnétiques qui nous entourent, et plus particulièrement celles dont la fréquence est située entre 106 hertz (AM) et 108 hertz (FM), servaient l’art ? Les sept premiers arts, allant de l’architecture au cinéma, sont bien établis mais la hiérarchie se fait ensuite plutôt floue, à l’image de la huitième place, qui regroupe les « arts médiatiques ». C’est pourtant là, rangée avec la télévision et la photographie, que se situerait la radio. L’art radiophonique donc, voilà ce que promeuvent Sarah Washington et Knut Aufermann, formant le duo Mobile Radio et directeurs artistiques de la Radio Art Zone. La Radio Art Zone est un vaste projet. Cent jours de radiodiffusion, du 18 juin au 25 septembre, à écouter sur Radio ARA (87,8 FM) ou sur le site radioart.zone en live stream. Inscrite dans le programme de la Capitale européenne de la culture Esch2022, la station radio émet depuis le Bridderhaus et compte deux programmes quotidiens. Chaque jour, 22 heures – de 14h à 12h le jour suivant – sont consacrées aux productions de plus de cent artistes internationaux et locaux. Les émissions en direct À table ! occupent les deux heures restantes, entre 12h et 14h. Quelques membres de l’équipe la Radio Art Zone discutent librement avec des artistes de passage tout en mangeant à Esch ou dans les environs. Et vous pourriez être leur cuisinier. Pour cela, il suffit d’envoyer un message à kitchen@ radioart.zone et d’avoir une idée de repas. Les ingrédients sont fournis et, bien sûr, de l’aide est apportée pour la préparation et la vaisselle. Il s’agit ensuite de parler librement en oubliant les micros cravate et l’antenne…

Pour Esch2022, Sarah avait pensé à toute une semaine consacrée à un artiste ou groupe d’artistes, mais « you realize that’s really a lot », comme elle le concède. Mobile Radio se décide alors pour ce projet de cent jours, chaque artiste ayant donc un jour on air. Les artistes sélectionnés pour ce projet sont soit des artistes qui ont déjà fait leurs preuves auprès du duo, soit des locaux ouverts à une telle expérience, bien que certains n’aient jamais essayé ce média. Environ un tiers d’entre eux se rendent ainsi au « studio » du Bridderhaus pour des live shows et les autres transmettent leurs créations. Sarah, Knut et leur équipe, rassemblant une dizaine de personnes, ont donc le temps de souffler, contrairement à leur expérience brésilienne avec un live 24/7. 22 heures peuvent paraître beaucoup, mais c’est ce que Mobile Radio souhaite : laisser assez de temps aux artistes pour qu’ils puissent creuser leur concept, réellement développer leur travail. « We wanted the radio to sound different every day », affirme Sarah. Le changement et l’improvisation sont les caractéristiques essentielles de l’art radiophonique, il n’est pas fixe. Sa définition, rappelée par Knut, est tout ce qu’il y a de plus simple : « radio made by artists ». « Come here. You have airwaves. You have airtime. It’s not only going out on FM here, it’s going out all over the world on other radio stations. What do you want to do ? » Voilà, champ libre. Il aura fallu cinq années avant que le projet naisse enfin. Cinq années d’incertitude, d’attente de confirmation, durant lesquelles la pandémie aura freiné les rencontres. Mais ça y est, les pro des ondes voient, depuis bientôt deux semaines, leur rêve se réaliser. Les différentes productions artistiques les enchantent, que ce soit les sons voyageurs de l’artiste multidisciplinaire Gabi Schaffner –

mêlant discussions, bruits d’eau finlandais ou ceux produits par son chat –, la capture sonore réalisée par Udo Doll à Esch à l’aide de micros transmetteurs installés un peu partout dans la ville, ou encore les mélodies gutturales du Brésilien Bruno Hiss. Sarah se souvient encore de cet ouvrier qui, lassé d’écouter toujours la même radio, avait écouté celle que l’Anglaise venait de lancer. Il s’agissait de la diffusion des bruits d’une rue londonienne… que l’ouvrier a reconnue ! C’était en fait la rue où il avait grandi. Knut se remémore, quant à lui, les enregistrements réalisés chez plusieurs horlogers : une vraie symphonie de tic tac et de sonneries. La Radio Art Zone est bien différente de la radio dont nous avons l’habitude, c’est une

« Le + gros ? La batterie ! »

« radio to live by » selon les mots de Sarah, on oublie qu’elle est en route, on peut s’endormir avec… Loin des géants que sont YouTube, Spotify ou Amazon Music et leur collecte de données… pourquoi ne pas revenir à la bonne vieille radio ? Le côté expérimental de l’art radiophonique peut prendre au dépourvu mais, devant l’enthousiasme de Knut et Sarah, comment ne pas croire à cette nouvelle façon d’embellir le quotidien ? L’invisibilité du son fait sa force car elle laisse une grande place à l’imaginaire de chacun. Alors, dans quel univers va-t-elle vous emmener ?

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YLB

Les deux passionnés de diffusion hertzienne, Knut, un Allemand passé des études en chimie à celles des arts sonores, tout comme Sarah, Londonienne qui a commencé par la radio étudiante, travaillent ensemble depuis vingt ans. Leur aventure commence à Londres où ils aident à créer la station Resonance FM, qui émet toujours. C’était en 2002, au moment où la communauté radiophonique est introduite au Royaume Uni. Au fil des années, ils rencontrent des artistes

de tout bord et se font inviter à travers l’Europe et même au-delà, car les gens étaient fascinés par ce succès londonien. Ils montrent ce qu’est la radio artistique à l’aide de workshops, de concerts… Les petits projets, progressivement, deviennent grands. Comme en 2012, à l’occasion de la biennale de São Paulo où le duo, en encourageant les gens à faire leur show, se lance dans trois mois et demi de diffusion à travers le monde.


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Commission de surveillance du secteur financier

Appel de candidatures Procédure : Européenne concurrentielle avec négociation Type de marché : Services Réception des offres ou des demandes de participation : Date limite : 02.08.2022 Heure : 10.00 heures Lieu : Portail des marchés publics

aura comme mission d’assister la CSSF pour garantir une communication adaptée entre les différents acteurs du projet, une programmation sans faille, une analyse des études et une surveillance de la qualité d’exécution dans le plus grand respect du budget et des délais de réalisation. Section IV : Procédure Conditions d’obtention du cahier des charges : Portail des marchés publics Section VI : Renseignements complémentaires

Section II : Objet du marché Intitulé attribué au marché : Marche de services – Gestion de projet en vue du reamenagement interieur du bâtiment « Aubépines » de la CSSF. Description succincte du marché : – Conclusion d’un contrat de gestionnaire de projet afin d accompagner la CSSF dans le cadre de son projet de réaménagement intérieur du bâtiment « Aubépines » (avant, pendant et après les travaux de réaménagement) ; – Désignation d’un gestionnaire de projet inscrit et membre de l’Ordre des Architectes et des Ingénieurs Conseils (OAI) ou équivalent qui

Autres informations : Modalités visite des lieux/réunion d’information : Cfr. dossier de demande. 1.4.5. Le Pouvoir adjudicateur attire d’ores et déjà l’attention de l’ensemble des Opérateurs économiques souhaitant déposer un dossier de demande de participation pour le présent marché que, lors de la phase 2, une visite des lieux obligatoire aura lieu le vendredi 26 août 2022 à 9.00 heures. Cette visite obligatoire est ouverte exclusivement aux candidats qui, à l’issue de la phase 1, auront été préalablement admis à déposer une offre. Réception des candidatures :

Via Portail des marchés publics 2.8.2022, 10.00 heures Date d’envoi de l’avis au Journal officiel de l’U.E. : 01.07.2022 La version intégrale de l’avis n° 2201419 peut être consultée sur www.marches-publics.lu

Ministère de la Mobilité et des Travaux publics Administration des Ponts et Chaussées Division des Travaux neufs

Avis de marché Procédure : ouverte Type de marché : Travaux Ouverture le 07.09.2022 à 10.00 heures Lieu d’ouverture : Administration des Ponts et Chaussées, Division des Travaux neufs 21, rue du Chemin de Fer à L-8057 Bertrange dans le bâtiment H1, 2ème étage Intitulé : Mesures compensatoires pour lézards à Bascharage Description : Nature des travaux : – Les travaux consistent notamment en : – Réalisation d’habitats pour lézards des murailles. Quantité des travaux : – Terrassements généraux déblais : 500 m3 ; – Amenée et mise en œuvre de concassé de carrière : 850 m3 ; – Fourniture et pose de gabions galvanisés : 90 m3. Délai d’exécution des travaux : 45 jours ouvrables Début prévisible des travaux : automne 2022 Conditions d’obtention du dossier de soumission : Les documents de soumission sont à télécharger à partir du Portail des marchés publics (www.pmp.lu). Réception des offres : Les offres portant l’inscription « Soumission pour Mesures compensatoires pour les lézards à Bascharage » sont à remettre à l’adresse prévue pour l’ouverture de la soumission conformément à la législation et à la réglementation sur les marchés publics avant les dates et heures fixées pour l’ouverture. Les offres peuvent également être remises de manière électronique par le biais du Portail des marchés publics. Date de publication de l’avis 2201271 sur www.marches-publics.lu : 06.07.2022

Poste vacant Le Ministère des Affaires étrangères et européennes L’office national de l’accueil (ONA) recrutent un Assistant social (m/f) dans le groupe d’indemnité A2 (Employé), dans le cadre d’un contrat à durée déterminée et à temps plein. Missions : Détecter des personnes vulnérables, évaluer leurs besoins spécifiques et les orienter auprès de services compétents :

– Assurer le suivi social des demandeurs de protection internationale (DPI) et d’autres publics cibles hébergées dans des structures d’hébergement encadrées par l’ONA ; – Effectuer des visites régulières dans les structures d’hébergement dans le cadre de la gestion d’une structure et l’accompagnement des personnes ; – Collaborer avec des services internes dans le cadre de la gestion de structures d’hébergement. Conditions d’admission : – Être détenteur du diplôme d’assistant social reconnu au GDL et être en possession de l’autorisation d’exercer ; – Vous maitrisez parfaitement à l’oral et à l’écrit les 3 langues administratives pour le groupe de traitement A2. Les candidats (m/f) désirant poser leur candidature pour le poste vacant sont priés de consulter le site www.govjobs.lu sous la rubrique « postes vacants » afin d’avoir plus de renseignements sur les missions et les requis du poste vacant ainsi que pour s’informer sur la procédure à suivre. Date limite de candidature : 15 juillet 2022

Veuillez noter que la remise du DUME est obligatoire dans le cadre de cette soumission européenne. Modalités visite des lieux/réunion d’information : La visite des lieux est obligatoire et aura lieu le 11 juillet 2022 à 11.00 heures au 1, rue de l’Église à Bergem. Réception des offres : Les dossiers de soumission doivent parvenir par voie électronique via le Portail des marchés publics du Grand-Duché de Luxembourg : www.pmp.lu avant la date et heures prévues pour l’ouverture de la soumission. Date d’envoi de l’avis au Journal officiel de l’U.E. : 01.07.2022 La version intégrale de l’avis n° 2201416 peut être consultée sur www.marches-publics.lu Le collège des Bourgmestre et Échevins : Monsieur Jeannot Fürpass, bourgmestre Monsieur Serge Gaspar, échevin Monsieur Marc Schramer, échevin

Avis de marché Commune de Mondercange

Avis de marché Procédure : européenne ouverte Type de marché : Travaux Modalités d’ouverture des offres : Date : 01.08.2022 Heure : 10.00 heures Lieu: L’ouverture électronique de la soumission aura lieu à l’Administration Communale de Mondercange 18, rue Arthur Thinnes L-3919 Mondercange. Il n’y aura pas de séance d’ouverture organisée en présence des soumissionnaires. Section II : Objet du marché Intitulé attribué au marché : Travaux de démolition et de dépollution sur le site de l’ancienne ferme Witry à Bergem.

Procédure : européenne ouverte Type de marché : Travaux Modalités d’ouverture des offres : Date : 06.09.2022 Heure : 10.00 heures Section II : Objet du marché Intitulé attribué au marché : Soumission relative aux travaux d’isolation et d’étanchéité en toiture dans l’intérêt de la construction des Archives nationales à Esch-Belval. Description succincte du marché : – Travaux d’isolation et d’étanchéité en toiture. Section IV : Procédure Conditions d’obtention du cahier des charges : Dossier de soumission à télécharger gratuitement sur le Portail des marchés publics (www.pmp.lu). Section VI : Renseignements complémentaires

Description succincte du marché : – Travaux de démolition et de dépollution sur le site de l’ancienne ferme Witry à Bergem.

Autres informations : Conditions de participation : Les conditions de participation sont précisées au dossier de soumission.

Section IV : Procédure

Réception des offres : La remise électronique des offres sur le Portail des marchés publics (www.pmp. lu) est obligatoire pour cette soumission conformément à la législation et à la réglementation sur les marchés publics avant les date et heure fixées pour l’ouverture.

Conditions d’obtention du cahier des charges : Les cahiers des charges et bordereau de soumission doivent être téléchargés sur le site internet du Portail des marchés publics du Grand-Duché de Luxembourg : www.pmp.lu Section VI : Renseignements complémentaires Autres informations : – Dépollution dans construction existante ; – Démolition d’environ 3 000 m3 (étable et annexes de la maison). Début des travaux : fin octobre 2022 Durée en jours : 60 jours, en différentes phases

Date d’envoi de l’avis au Journal officiel de l’U.E. : 07.07.2022 La version intégrale de l’avis n° 2201451 peut être consultée sur www.marches-publics.lu

Conditions de participation :

Fondé en 1954 par Carlo Hemmer, édité par Leo Kinsch de 1958 à 1983. Hebdomadaire politique, économique et culturel indépendant paraissant le vendredi. Publié par les Éditions d’Letzeburger Land s.à r.l., R.C. B 19029,N° TVA LU 12 12 40 22. La reproduction des articles et illustrations est interdite sans l’accord écrit de l’éditeur. Gérant Stephan Kinsch (48 57 57-1; land@land.lu), Rédacteur en chef Peter Feist (48 57 57-24; pfeist@land.lu), Rédaction France Clarinval (48 57 57-26; fclarinval@land.lu), Luc Laboulle (48 57 57-28; llaboulle@land.lu), Stéphanie Majerus (48 57 57 35; smajerus@land.lu), Sarah Pepin (48 57 57 36; spepin@land.lu), Pierre Sorlut (48 57 57-20; psorlut@ land.lu), Bernard Thomas (48 57 57-30; bthomas@land.lu), Mise-en-page Pierre Greiveldinger (48 57 57-34; pgreiveldinger@land.lu), Photos Sven Becker (48 57 57-36; sbecker@land.lu), Administration et publicité Zoubida Belgacem (48 57 57-32; zbelgacem@ land.lu) Édition et rédaction 59, rue Glesener L-1631 Luxembourg Courrier Boîte postale 2083, L-1020 Luxembourg Téléphone 48 57 57-1 Fax 49 63 09 E-mail land@land.lu Internet www.land.lu Twitter @Letzland Facebook d’Lëtzebuerger Land Instagram letzebuerger_land Impression offset Mediahuis Luxembourg S.A. Prix par numéro 5,00 € Abonnement annuel 180,00 € Abonnement étudiant/e 95,00 € Comptes en banque CCPLLULL : IBAN LU59 1111 0000 5656 0000, www.land.lu BILLLULL : IBAN LU29 0027 1003 6990 0000, BGLLLULL : IBAN LU32 0030 0431 7039 0000, BCEELULL : IBAN LU30 0019 1000 2939 1000, CELLLULL : IBAN LU71 0141 7162 5000 0000, BLUXLULL : IBAN LU59 0080 0484 9600 1003


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Land 08.07.2022

K U LT U R

Spielraum für Kreativität Franziska Peschel

Die nordserbische Stadt Novi Sad ist ebenso wie Esch diesjährige Europäische Kulturhauptstadt. Ein Viertel des Programms ist Kindern und Jugendlichen gewidmet. Die Kulturhauptstadt soll sie der Kunst nahebringen

Die Teilnehmerinnen sind zwischen 16 und 19 Jahre alt, tanzen seit ihrer Kindheit, in der Ballettschule und im einzigen Verein für zeitgenössischen Tanz in Novi Sad. Im Workshop haben sie entdeckt, wie sich visuelle Kunst in Tanz übersetzen lässt, gemeinsam mit den Choreographen von Lucoda und der visuellen Künstlerin Chantal Maquet, ebenfalls aus Luxemburg. Das Projekt Choreochroma ist aus der Kooperation zwischen den beiden diesjährigen Kulturhauptstädten Esch/Alzette und Novi Sad geboren. Für Giovanni Zazzera und Rhiannon Morgan von Lucoda sind Performance und Workshop Teil einer Recherche, die im Juli in einer weiteren Performance in Luxemburg mündet. Für die jugendlichen Tänzerinnen ist es eine Gelegenheit, etwas Neues auszuprobieren. Für die Pavle-Beljanski-Gedächtnissammlung ist es vor allem Werbung. „Wir wollen junge Leute ins Museum bringen, ihnen zeigen, dass es ein Ort ist, der ihnen gehört. Sie sollen sich hier wie zu Hause fühlen“, sagt Jasmina Jakšić Subić. Sie ist Projektleiterin von Seiten des Museums, hat eine raue Stimme, ist Mitte 50, wie alle Mitarbeiter des Museums. Die Pavle-Beljanski-Gedächtnissammlung ist eines der zwei öffentlichen Museen für visuelle Kunst in Novi Sad, deren beider Dauerausstellung Werken serbischer und jugoslawischer Künstler des 18. und 19. Jahrhunderts gewidmet ist. Die Sammlung wurde 1961 gestiftet von Diplomat und Kunstliebhaber Pavle Beljanski und wirkt, als hinge sie seitdem unverändert and den Wänden. Klassisch angelegt, zei-

gen mehrere Säle Gemälde und Skulpturen. Jasminas Lieblingssaal ist ein kleiner fensterloser Raum mit original-Möbeln und Gemälden aus Pavle Beljanskis Wohnhaus. Hier setzt sie sich gern auf den Teppichboden und betrachtet die Stücke. Die Beine ausgestreckt überkreuzt, auf die Hand hinter dem Rücken gestützt, versetzt sie sich in die Lebenswelt von Pavle Beljanski um die Zeit des Zweiten Weltkrieges. Jasmina versteht zwar, dass viele ihre Vorliebe für die serbische Kunst der Zwischenkriegszeit nicht teilen, doch sie ist überzeugt, dass das nur am fehlenden Zugang liegen kann. Jugendlichen einen Zugang zur Kultur schaffen, ist eines der großen Ziele von Novi Sads Programm zur Europäischen Kulturhauptstadt. Novi Sad ist die erste Stadt außerhalb der Europäischen Union, die überhaupt diesen Titel trägt – eigentlich im vergangenen Jahr, doch wegen der Pandemie wurde das Titeljahr verschoben. Dieses Jahr steht Novi Sad also gemeinsam mit Esch und dem litauischen Kaunas im Scheinwerferlicht. Die zweitgrößte Stadt Serbiens, im Norden des Landes an der Donau gelegen, ist seit ihrer Gründung geprägt von Migration und Diversität. Zur ersten Flagship-Ausstellung Migrations in Arts holte die Galerija Matica Srpska – das zweite der beiden öffentlichen Museen für visuelle Kunst – Paja Jovanovićs Gemälde Die Migration der Serben in das Museum. Auf knapp sechs Meter langer Leinwand hat Jovanović 1896 die Besiedelung der Region Vojvodina dargestellt. 1690 begann diese Migrationswelle vom Süden Serbiens, damals Teil des Osmanischen Reiches, in den Norden, unter der Herrschaft der Habsburger, die in Serbien als Befreier von den Osmanen gelten. Diese Migrationswelle begründete die Region Vojvodina, deren Hauptstadt Novi Sad ist. Unter den Habsburgern entwickelte Novi Sad sich zur größten Siedlung von Serben. Die österreichischungarische Doppelmonarchie ließ den Großteil des heutigen Stadtkerns errichten, zweistöckige Häuser mit bunten Fassaden, die das Stadtbild bestimmen, die größte Kirche der Stadt, eine katholische, die noch heute der ungarischen Minderheit für Gottesdienste und Gebet dient. Mit den Habsburgern begann auch Novi Sads Aufstieg zur Kulturstadt. Der Verein für die Volksbildung Matica Srpska, eine der wichtigsten Bildungseinrichtungen, wurde von Budapest nach Novi Sad umgesiedelt. Auch das Nationaltheater befindet sich hier sowie eine renommierte Kunstakademie. Vor dem Ersten Weltkrieg wurde Novi Sad von Österreich-Ungarn abgekoppelt und verschmolz in das Königreich Serbien, das dann Teil vom Königreich Jugoslawien wurde. Den Charakter als Schmelztiegel der Nationen hält Novi Sad bis heute. Zu den Serben und Ungarn mischten sich Anfang der 1990-er Jahre Menschen aus allen Teilen Jugoslawiens, die vor dem Krieg in der eigenen Region Zuflucht suchten. Vor allem viele Bosnier und Kroaten sind geblieben. Das Motto der Kulturhauptstadt, 4 New Brigdes (Vier/Für neue Brücken), soll all diese Eigenarten

FP

Die Blicke der Museumswärter huschen von einer Saalecke zur anderen. Wachsam folgen sie den Bewegungen der Arme, Beine und Hintern, die nur wenige Zentimeter leerer Raum von ihren Schützlingen trennen. Sreten Stojanovićs 1930-er Bronzeskulptur von Balletttänzerin Nataša Bošković ebenso wie Kostar Hakmans Gemälde U Ateljeu (Im Atelier), zu denen Besucher in der Regel würdigen Abstand halten, sind heute in der Schusslinie. Mit sanften Berührungen drücken die Aufpasser die zur Bewegung aufgeforderten Körperteile von den Gemälden weg. Im Saal findet ein Workshop statt, bei dem die Besucher sich den Raum erobern sollen. Es ist der erste Teil einer Performance, die wiederum der erste Teil des interdisziplinären Projektes Choreochroma ist. Die Besucher sollen mitmachen, selbst ausprobieren, bevor die jungen Tänzerinnen das eigentliche Resultat der vergangenen Woche präsentieren. Die luxemburgischen Projektpartner Giovanni Zazzera und Rhiannon Morgan vom Luxembourg Collective of Dance (Lucoda) leiten den Workshop. Die Woche zuvor haben sie mit jungen Tänzerinnen aus Novi Sad und dem Museum Pavle-BeljanskiGedächtnissammlung eine gemeinsame Sprache entwickelt, die heute Zuschauern präsentiert wird. Sechs Tänzerinnen räkeln sich zu Klaviertönen auf dem Boden, kommen zusammen und gehen auseinander, in fließenden Bewegungen. In Körper und Mimik spiegeln sie die Gefühle der Protagonisten in den Gemälden hinter ihnen an der Wand – Verzweiflung, Angst, Ruhe.

Teilnehmer des interdisziplinären Projektes Choreochroma

von Novi Sad herausstellen. Die Themenstränge, die darunter vereint sind, befassen sich mit Migration, Diversität und der Anbindung an Europa, die die Stiftung zur Durchführung des Kulturprogramms vor allem in der Jugend sieht. Aleksandra Manojlović koordiniert den Programmzweig Future of Europe. „Das Programm ist auf junges Publikum ausgelegt. Kinder und Jugendliche sollen darin selbst Kultur schaffen, die Zukunft aktiv mitgestalten.“ Die Kulturhauptstadt soll jungen Leuten vor allem Gelegenheiten schaffen. „Der Hauptnutzen, den sie aus dem Kulturjahr ziehen, sind Kontakte. Sie lernen neue Künstler kennen, die sie vielleicht inspirieren, entdecken neue Themen, die Perspektiven eröffnen. Vielleicht bekommen sie eine Idee davon was sie in der Zukunft machen wollen, ob sie Schauspieler werden oder sich für die lokale Community ihrer Nachbarschaft engagieren. Sie können sich eine aktive Rolle kreieren.“ Welchen Nachhall die Kulturhauptstadt in Novi Sad haben kann, zeigt die vergangene Europäische Jugendhauptstadt. 2019 trug Novi Sad diesen Titel, ein Jahr voller Veranstaltungen für Jugendliche. Die Stiftung, die dafür von der Gemeinde gegründet wurde, arbeitet heute als NGO weiter, verzahnt mit der Gemeinde Novi Sad. Ein dauerhaftes Informationszentrum für Jugendliche wurde eröffnet. „Zum ersten

Novi Sad ist die zweitgrößte Stadt Serbiens

Da Künstler keinerlei regelmäßige Hilfen vom Staat erhalten, müssen sie selbstständig über die Runden kommen, spielen auf Hochzeiten und Familienfesten, verdienen Geld mit Coverversionen

Mal haben wir ein solches Zentrum, wo Jugendliche hingehen können, um sich über ihre Möglichkeiten zu informieren, über Austauschprogramme oder Freiwilligendienste“, sagt Aleksandra Manojlović. In dem Gebäude sind Jugendorganisationen angesiedelt, es gibt Räume für Weiterbildungen und Workshops. Auch hat die Europäische Jugendhauptstadt einen Richtungswechsel im politischen Planen begünstigt. Zwei der acht großen Programmlinien zur Kulturhauptstadt sind allein der Jugend gewidmet. Die Bedürfnisse von Jugendlichen werden mitgedacht. Auch ein jährliches Festival für die Jugend ging daraus hervor. Das Jugend-Singer-Songwriter-Festival soll eine Brücke schlagen und Musiker zwischen 16 und 26 mit erfolgreichen Musikern vernetzen. Dieses Jahr wurde das Festival als Teil der Kulturhauptstadt vermarktet. Vivien Kurtović hat dabei den dritten Platz belegt mit ihrem Song über eine verbotene Liebe. An dem Text dazu hat sie in den Tagen zuvor gemeinsam mit den Mentoren des Festivals gefeilt. Vivien ist 26, trägt dunklen Lippenstift und einen ausladenden schwarzen Hut. Sie spielt Violine, Klavier und Gitarre, schreibt Musik und singt. Wenn sie ein Video ihrer eigenen Songs auf Instagram hochlädt, erhält sie viel Zuspruch. Dennoch performt sie selten ihre eigenen Lieder auf der Bühne, singt mit ihrem Duo Vivien Coversongs. Denn das, so meint sie, ist es, was die Leute hören wollen. Sie würde gern ihre eigene Platte aufnehmen, doch sie wagt den Schritt zur Vollzeitkünstlerin nicht, studiert Jura, um ihren Lebensunterhalt in Zukunft bestreiten zu können. Das Singer-Songwriter-Festival soll ihr und den anderen Teilnehmern Mut machen, ihre eigenen Gedanken auf der Bühne zu präsentieren – so wie Rapper Marčelo es seit Jahren mit Erfolg tut. Er ist Juror und Mentor beim Jugend-Singer-SongwriterFestival und gibt am Abend darauf ein Konzert in Novi Sad. Zwischen Soundcheck und Abendessen treffe ich ihn backstage für ein Gespräch. „Das Festival gibt jungen Autoren Gelegenheit, sich selbst auszudrücken und gehört zu werden“, sagt Marčelo. „Ich denke, das ist wichtig für das ganze Land, für

Serbien.“ Er sitzt im Kapuzenpulli auf dem Sofa unter der grellen Halogen-Leiste hinter der Bühne, raucht sechs Zigaretten in einer knappen halben Stunde und versteht sich selbst eher als Schriftsteller als als Rapper. Das sehen seine Fans anders. Er ist bekannt für seine Punch Lines, füllt Säle mit seinem Rap über soziale Missstände. Für das Konzert am Abend hat er Kapuzenpulli gegen Flanellhemd getauscht, auf der Bühne raucht er nur noch halb so viel. Der Saal ist voll, durch die Mengen von Konzertbesuchern drängen sich Kellner mit Tabletts voller Drinks. Den ersten Applaus des Abends erntet der Geiger, der mit hohen Tönen einsetzt, dann auf der Beatwelle weitergetragen wird. Der zweite geht an die Sängerin mit der tiefen Stimme. Erst dann tritt Marčelo selbst auf die Bühne, rappt die erste Passage und wartet auf den vierten Applaus. Der Sound im Dom Kulture hört sich an wie durch eine Trommel gezogen, die Besucher stören sich daran nicht. Marčelo macht weiter mit gefälligeren Liedern, fordert zum Mitklatschen auf, in den letzten Jahren ist seine Musik weniger markant und mehr Pop geworden. Doch schließlich gibt er dem Publikum Genugtuung – liefert den Grund, aus dem alle hier sind. Marčelo versenkt seine Sängerin in die Nebenrolle und schmettert die Rapzeilen raus, mit denen er zu Ruhm kam. Stella Artois hat inzwischen auch ihr Bestes getan, um die Menge anzuwärmen. Marčelo rappt über soziale Ungleichheiten, über Politiker und mit Vorliebe über den Präsidenten Aleksandar Vučić. „Leute vergessen wirklich wichtige Sachen über Politiker“, sagt er, „wer sie waren, bevor sie einen neuen Anzug angelegt haben. Der aktuelle Präsident trägt jetzt eine Brille, die hatte er nicht in den 90-ern, als er meinte, Krieg ist cool. Jetzt trägt er Brille, das ist eine Art Clark-Kent-SupermanSyndrom. Aber ich vergesse nicht. Und ich will auch die losen Fäden in den Köpfen der anderen wieder verknüpfen.“ Erst im April wurde Vučićs rechtspopulistische Fortschrittpartei (SNS) für eine zweite Amtszeit in die Regierung gewählt. Mit Aussagen wie diesen in seinen Texten füllt Marčelo seit Jahren Säle. Doch vor allem will er seine Energie nutzen, um etwas davon weiterzugeben. Am Tag zuvor sollte er in der Rolle als Juror und Mentor beim JugendSinger-Songwriter-Festival junge Musiker inspirieren. „Diese Art von Festival ist gut“, sagt er. „Denn all diese anderen Musikwettwerbe im Fernsehen fördern nicht das eigene individuelle Werk, sondern nur, was schon existiert. Coverbands werden besser bezahlt als Bands mit eigener Musik.“ Einige Kunstschaffende in Novi Sad bestätigen mir Marčelos Eindruck. Da Künstler keinerlei regelmäßige Hilfen vom Staat erhalten, müssen sie selbstständig über die Runden kommen, spielen auf Hochzeiten und Familienfesten, verdienen Geld mit Coverversionen, die die Zuhörer mitsingen können. Umso wichtiger ist das Vernetzen innerhalb Serbiens und auch im Ausland. Ein Netzwerk, Inspiration und Mut – darum geht es bei diesem Festival für die Jugend ebenso wie beim Projekt Choreochroma.

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Land 08.07.2022 ­

Sven Becker

L’été sera chaud Mylène Carrière

L’été sera chaud ! C’est une certitude, et à tous les niveaux. On ne l’aimait pas finalement notre monde d’avant ? D’avant quoi on ne sait plus vraiment, la seule chose que l’on sait c’est que 2020 aura décidé de nous offrir un lot de réjouissances sans fin. Il faut dire que nous nous ennuyions un peu avant, non ?! L’été est déjà chaud et cela sans même évoquer le mot maudit : C-19 ou même celui de vague, d’ailleurs le surf n’est plus à la mode depuis plus de dix ans, ça tombe bien. Pour résumé, nous sommes entrés dans l’été avec des températures plus proches de nos lieux de villégiature durant la migration estivale que de nos lieux de vie. Les experts du climat enchaînent les interventions pour nous dire que nous sommes tout simplement en train de nous tuer, et même plus à petit feux, intervention nous laissant dans notre moiteur et indifférence ambiante sans nous alarmer plus que ça. Il faut dire que, depuis deux ans, nous semblons nous être résolu à vivre avec l’adage : de toute façon, on va tous mourir. D’ailleurs, les énergies fossiles, on pourra bientôt plus les payer, à moins de faire du troc avec les bijoux de famille gardés précieusement au fond d’un tiroir. La chaleur est encore montée d’un cran lorsque les supposés sages du pays supposé des libertés ont décidé du sort de la moitié de sa population en obligeant les utérus à procréer, quoi qu’il advienne. Cela ne va-t-il pas à rebours des discours des experts climatiques ? Car plus d’enfants, c’est plus de consommation. Certes, si le bon sens était de mise, on s’en

serait rendu compte et ça ne court pas les rues ces derniers temps. Même si cette régression, expression du pouvoir patriarcal et religieux nous semble lointaine, l’abrogation du droit constitutionnel à l’avortement aux États-Unis pourrait donner des idées à d’autres, aux 89 députés RN en France par exemple. Et pour faire monter encore plus la température, on fusille des homosexuels à Oslo pendant la semaine des fiertés. On tire sur la foule aux ÉtatsUnis sans aucune raison, sauf celle du pouvoir, le jour même de la célébration de l’Indépendance. Les armes ont bien gardé leur indépendance, elles, contrairement aux femmes… Pour ajouter un petite touche de piment à la canicule, pour ceux qui pensaient s’envoler pour se détendre et penser à autre chose, les grandes migrations estivales s’accompagnent cette année d’annulation de vols en cascade, faute de personnel, de temps d’attente de deux à quatre heures dans les aéroports pour les plus chanceux, de saturation de l’espace aérien. Cet obstacle peut sembler une bonne nouvelle pour les ours polaires (comprendre : pour le climat), empêchant un certain nombre d’émission de CO2. Mais ceux qui comptent se replier sur le train pour rejoindre les plages françaises, compteront sur nos amis cheminots pour leur faire vivre un enfer avec leurs nombreux mouvements de grève annoncés ou à venir.

Cet été est chaud et le sera encore. Dans ce contexte des plus moroses, et si vous n’aviez pas prévu de transformer vos vacances en véritable épreuve de survie, il existe des solutions ! La première : partir à pieds dans la Creuse, respirer profondément et méditer sur votre existence sur terre. Pour les moins sportifs, partir dans une grotte au Mullerthal fera aussi très bien l’affaire (oublier le lac, c’est aussi bondé qu’un vol lowcost). La seconde et la meilleure solution qui s’offre à vous : les nombreuses plages urbaines que nous offre le Grand-Duché. Qui n’a pas rêvé de parfaire son bronzage entouré de voitures entrant dans un parking place du Théâtre ? La bonne nouvelle c’est que cette saison, on ne saura plus où donner de la tête. Les plages se multiplient à vue d’œil chaque année. Vous pourrez donc aller vous dorer la pilule à la Cloche d’Or par exemple si la place du Théâtre est trop prisée. Pour plus de dépaysement, vous pourrez alterner entre la Lënster Plage à Junglinster, qui propose d’accompagner le bronzage de DJ Sets et cocktails, le désormais classique, Beach Club d’Hesperange (les enfants peuvent s’y baigner), le Wicki Beach et ses fêtes à Belval et le tout nouveau Mamer Plage. L’illusion ne sera peut-être pas parfaite, on est d’accord. L’idée de mettre du sable dans un espace urbain déjà victime du réchauffement peut sembler douteux, mais soyons fous. Qui sait, dans quelques années, la mer finira par arriver jusqu’au Grand-Duché…

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L’été sera chaud !

Pour ne pas aller à la

plage, la plage vient à nous

Stil L’ É V É N É M E N T

LXB Street Des planches, des roulettes et des rides XXL au swing urbain, c’est à la Place de l’Europe ce weekend. De vendredi à dimanche, les stars internationales du skateboard, parmi lesquels Mattias Dell Olio, Simon Stricker, Chris Pfanner ou Aurélien Giraud, seront présents à LXB Street. La compétition skateboarding 2022 se tient autour

et sur le mobilier urbain du Catalan Ricardo Boffill combiné à de nouvelles créations spécialement conçues pour l’occasion. En parallèle, l’organisateur offre un ride à ses visiteurs, skateurs ou simples curieux, jeunes ou moins jeunes, la seule condition d’admission : la joie d’essayer. Sans inscription, mais sous l’œil bienveillant des animateurs, le samedi de 9 à 13 heures. Pour les artistes urbains amateurs, des ateliers de sérigraphie, performances musicales, expositions d’art et d’autres surprises pour faire de l’édition 2022 une fête de rue pas comme les autres. Le Skate Club Luxembourg (photo) promet de faire bouger tout le monde samedi soir avec la musique des

jeunes dynamiques d’Ultraschall Collective. Le tout à vivre comme un apéro d’été vibrant pour passer ensuite à l’intérieur de la Philharmonie pour la End-of-season party aux sons électro de Francesco Tristano ou de Jeff Mills. Des étincelles, sous les planches et dans les oreilles garanties. ai

L E

P RO D U I T

Fru Il n’y a pas qu’aux bords de la Moselle qu’on produit du vin. Et il n’y a pas que de l’eau à Rosport… Georges Schiltz a longtemps aidé son grand-père qui y tenait une distillerie traditionnelle, avant de se lancer comme viticulteur en

2014. Il est un des rares (si pas le seul) à cultiver une grande partie de ses raisins sur les bords de la Sûre, sous le nom de Fru. La cuvée « Clos de la Joie » a été une des premières étapes, avant d’ajouter quelques parcelles à la Moselle. Le Terraphon témoigne de ce mariage avec un mélange entre auxerrois et pinot blanc, de la Moselle et de la Sûre. Pas avare en expériences, le vigneron propose aussi divers assemblages ou vins de fruits pour des occasions spéciales : Le

Kollibri pour le festival Koll in Actioun, le Wëlle Wäin rosé pour soutenir le bar Gudde Wëllen ou le Po(mm)ésie, un vin de pomme qui valorise les variétés locales. Pour découvrir toute cette gamme, une dégustation est proposée chez Terra, la coopérative maraîchère en permaculture du Eicherfeld. Le 12 juillet, on se laissera tenter par des petits plats à base des légumes du panier de la semaine en accord avec les vins de Fru. Inscriptions par email à info@terra-coop.lu. fc

L’ É V É N E M E N T

Lost Paradise Le paradis perdu, jardin d’Eden, espace de vie des premiers

hommes. Ce lieu d’innocence, de simplicité et de bonheur est-il vraiment perdu ? Deux conceptions s’affrontent : celle d’un paradis lointain, accessible uniquement après la mort pour ceux qui le méritent et celle d’un paradis en ce monde, accessible en tout lieu et à tout instant. Alors pourquoi pas y faire un tour dans l’amphithéâtre du Kirchberg du 8 au 9 juillet ? Le festival Lost Paradise, lancé par la joyeuse bande de Lauter Unfung nous plongera, sous des vibrations house et techno, dans l’atmosphère d’une cité maya millénaire et oubliée depuis longtemps. Atmosphère assurée, entre autres, par le duo électro Tube & Berger (photo), les DJ

allemands Matchy et Zohki, les portugais Syper et Gilvaia ou encore Nosi, Sav, Ju Noir & Mosjin Namja, Phat Eric et Flex Diamond made in Luxembourg. Côté restauration, impossible de résister aux spécialités des Balkans proposées par le « Babas FudTrak » ou par la cuisine italienne de Marica : penne, fusilli et autre farfalle du food truck « Amore Al Dente ». ylb


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