ARTAPAX0002 magazin der kunstschule.wien

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ARTAPAX0002 Magazin der

Kombinationspräparat

ARTAPAX0002 ist ein Blockadenhemmer und enthält eine geballte Ladung Kreativität Inhaltsstoffe: Magazin, Katalog, Folder und Packungsbeilage Hinweise: Bevor Sie mit der Anwendung von ARTAPAX0002 beginnen, lesen Sie die gesamte Packungsbeilage sorgfältig durch, denn sie enthält für sie wichtige Informationen. Heben Sie die Packungsbeilage auf. Vielleicht möchten Sie diese später nochmals lesen. Risiken und Nebenwirkungen: siehe Rückseite der Packung



GEBRAUCHSINFORMATION: INFORMATION FÜR ANWENDER*INNEN Johannes Doppler Besteht Ihr Alltag nur aus Trott? Verliert für Sie das Leben beständig an Farbe? Fürchten Sie um Ihre Kreativität?

Auch uns ging es vor nicht allzu langer Zeit so. Doch dann haben wir die kunstschule wien entdeckt. Mit ihrem vielseitigen Angebot an künstlerischem Arbeiten konnten wir die Farbe in unser Leben zurückholen. Studienpatient*innen empfinden nach nur einem Jahr bereits merkliche Verbesserungen ihres Lebensgefühls. „Ich fühlte mich so ergraut und kraftlos. Seit ich die kunstschule wien besuche, sehe ich die Welt wieder bunter werden“, … erklärt eine Studienpatient*in. Aber jetzt, nach zwei Jahren Forschung und den ersten Behandlungserfolgen, können wir Ihnen unser neues kunstmedizinisches Produkt anbieten:

ARTAPAX Der neue Kreativitätspusher der kunstschule wien wirkt mit hundertprozentiger Erfolgsquote. Mit dem neuen Erfolgsrezept unserer Kunstexpert*innen bringt ARTAPAX Ihnen zu allen Tageszeiten das Gefühl einer farbenfrohen Welt, die voll von kreativen Möglichkeiten ist. Entdecken Sie Ihr eigenes künstlerisches Potential und erproben Sie es vor Ort in unserem neuen Standort in der Liebknechtgasse 30. ARTAPAX kann bequem zu Hause eingenommen werden und führt bei regelmäßiger Einnahme zu einem gesteigerten Sinn für Kunst aller Art. ARTAPAX bietet Ihnen alle Voraussetzungen, um in der Welt der Kunst erfolgreich tätig zu werden. Ihnen ist das nicht genug? Werden auch Sie Studienpatient*in an der kunstschule wien, wo Sie ein Team von erprobten Expert*innen weiter auf Ihrem Weg begleiten wird. „Dank ARTAPAX habe ich meine Kreativität entdeckt.“ „Mit ARTAPAX konnte ich mich auch zu Hause künstlerisch verwirklichen.“ „Ich habe mich an der kunstschule wien eingeschrieben und bin nun mit meiner Malerei so produktiv wie nie zuvor.“ ARTAPAX. Für die Freude an Kunst und Leben.


WARNUNG: ARTAPAX kann bei nicht vorschriftsmäßiger Einnahme zu Nebenwirkungen führen. Darunter fallen: Hyperaktivität, Schwitzen, überkoloriertes Sehvermögen, Wahrnehmungsstörungen, Kritzeln in der Luft, Abneigung gegen Schuhe, Unruhe in Händen und Füßen, buntgefärbter Ausschlag. Melden Sie auffällige Symptome unbedingt Ihren kunstmedizinischen Expert*innen. ARTAPAX kann Ihr Kunstpotential in ungeahnte Richtungen entwickeln. Sollten Sie feststellen, dass Ihre Affinität zur Zeichnung nicht mit der künstlerischen Tätigkeit der Bildhauerei harmoniert, können wir leider keine Rückerstattung des Kaufpreises leisten.

Kunst und Wissenschaft

Überlegungen zur künstlerischen Praxis Dr. Tom Waibel

Offenbar besteht ein enormes Interesse an einer aktuellen und zeitgemäßen Zusammenführung von Kunst und Wissenschaft: Neue Institutionen werden gegründet, öffentliche und private Initiativen entstehen, die immer professioneller agieren, eine Fülle von Projekten und Events machen auf sich aufmerksam, und selbst die Wiener Kunstschule denkt neuerdings daran, die Option für ein dementsprechendes Diplom zu entwickeln. Gleichzeitig besteht scheinbar nicht die mindeste Übereinstimmung darin, was diese neue ästhetische Praxis kennzeichnen soll, worin ihre Besonderheit bestehen könnte und wo ihre Grenzen und Begrenzungen zu suchen wären. Trotz einer beachtlich wachsenden Anzahl von Publikationen, die dieses neu entstehende Interesse reflektieren und kritisieren, ist kaum Konsens darüber in Sicht, welcher Name einer solchen Zusammenführung von Kunst und Wissenschaft angemessen sei. Die Aussichten und Erwartungen, die unter Bezeichnungen wie ArtScience und art-based research bis hin zu künstlerisch-wissenschaftlicher Forschung oder einfach Kunst und Wissenschaft reichen, sind dementsprechend heterogen und widersprüchlich.


ArtScience bezeichnet eine neue hybride Praxis, die weder dem konventionellen Verständnis von Kunst noch von Wissenschaft entspreche, argumentiert etwa Eric Kluitenberg von der Interfakultät der Universität Den Haag. Florian Cramer, Professor für Neue Medien an der Rotterdamer Universität für Angewandte Wissenschaften, hält kritisch dagegen, dass ArtScience dem ständigen Risiko ausgesetzt sei, in einem affirmativen Techno-Spektakel oder einer Art von experimenteller Hofnarretei in wissenschaftlichen Laboratorien zu enden, ohne in der Lage zu sein, substantielle Beiträge zur Grundlagenforschung zu leisten. Die Kontroverse macht deutlich, dass ArtScience oder art-based research neu entstehende Praxen bezeichnet, die zugleich übercodiert und unterdefiniert sind. In demselben Maß, in dem die Vorgangsweisen von ArtScience oder art-based research ihre eigenen Forschungsfelder zuallererst entwerfen, feiern diese Praktiken das Amateurhafte und die kulturellen Figuren des Amateurs und der Amateurin. Der Grund dafür liegt in der Charakteristik der künstlerisch-wissenschaftlichen Untersuchung: Wenn Künstler*innen in den Bereich der Wissenschaften vordringen, werden sie zu Amateur*innen und dasselbe passiert mit Wissenschafter*innen, die in die Bereiche der Kunst gelangen. Es ist gewiss vergnüglich, den Amateur als amatore zu affirmieren, und in ihm einen Liebhaber (von Kunst und/oder Wissenschaft) zu entdecken, frei von sämtlichen (lästigen und/oder einschränkenden) professionellen Bindungen. Um der Auseinandersetzung jedoch einen größeren Horizont zu eröffnen, wird es aufschlussreicher sein, die Frage zu stellen, worin denn die professionellen Bedingungen von Wissenschaft überhaupt zu finden sind. Max Weber hat diese Fragestellung vor nunmehr 100 Jahren untersucht, und seine durchaus unzeitgemäßen Ausführungen erweisen sich in vielen Aspekten als überaus gegenwärtig. Leider kann an dieser Stelle aufgrund des beschränkten Platzes und der darob gebotenen Kürze kaum mehr getan werden, als auf Webers Vortrag vom 7. November 1917 aufmerksam zu machen. Der vollständige Text lässt sich problemlos auf wikisource nachlesen (https://de.wikisource.org/wiki/Wissenschaft_als_Beruf#cite_note-1), und der hier skizzierte knappe Überblick versteht sich als Argumentationsbeitrag zur Debatte an der Wiener Kunstschule über die Gestaltung eines künftigen Diploms im Bereich von Kunst und Wissenschaft.


Wissenschaft als Beruf Machen wir uns keine Illusionen, bereits vor einem Jahrhundert äußerte sich Max Weber höchst kritisch über die materiellen Bedingungen des Wissenschaftsbetriebs. „Lasciate ogni speranza“ – lasst alle Hoffnungen fahren, rät er gemeinsam mit Dante allen Studierenden, die durch das Höllentor der Wissenschaften schreiten wollen. Denn selbst ein Institutsdirektor „steht häufig ähnlich prekär wie jede ,proletaroide‘w Existenz und wie der assistant der amerikanischen Universität“. Aber nicht genug damit, dass die wissenschaftlichen Arbeitsverhältnisse selbst für das Führungspersonal in die Prekarität münden, so herrscht darüber hinaus noch Willkür und Zufall: „Ich kenne kaum eine Laufbahn auf Erden, wo er [der Zufall] eine solche Rolle spielt.“ Stellt man angesichts solcher Umstände den Studierenden die Frage: „Glauben Sie, daß Sie es aushalten, daß Jahr um Jahr Mittelmäßigkeit nach Mittelmäßigkeit über Sie hinaussteigt, ohne innerlich zu verbittern und zu verderben? Dann bekommt man selbstverständlich jedesmal die Antwort: Natürlich, ich lebe nur meinem ,Beruf‘; – aber ich wenigstens habe es nur von sehr wenigen erlebt, daß sie das ohne inneren Schaden für sich aushielten.“ Diese ernüchternde Bestandsaufnahme lässt darauf hoffen, dass zumindest die ideellen Bedingungen der wissenschaftlichen Arbeit verlockend sind. Doch hier gilt vor allem anderen die Forderung nach einer rigorosen Engführung. Der Grund dafür, dass dies auch „in alle Zukunft so bleiben wird“, findet sich darin, „daß der einzelne das sichere Bewußtsein, etwas wirklich ganz Vollkommenes auf wissenschaftlichem Gebiet zu leisten, nur im Falle strengster Spezialisierung sich verschaffen kann.“ Weber ist unmissverständlich: „Und wer also nicht die Fähigkeit besitzt, sich einmal sozusagen Scheuklappen anzuziehen und sich hineinzusteigern in die Vorstellung, daß das Schicksal seiner Seele davon abhängt: ob er diese, gerade diese Konjektur an dieser Stelle dieser Handschrift richtig macht, der bleibe der Wissenschaft nur ja fern“. Nach all diesen Warnungen folgen eine Reihe von Überlegungen zu Methode und Gemeinsamkeiten, die Kunst und Wissenschaft miteinander verbinden. Zuvorderst das Verhältnis von Leidenschaft, Einfall und Arbeit. „Der Einfall ersetzt nicht die Arbeit. Und die Arbeit ihrerseits kann den Einfall nicht ersetzen oder erzwingen, so wenig wie die Leidenschaft es tut. Beide – vor allem: beide zusammen – locken ihn. Aber er kommt, wenn es ihm, nicht, wenn es uns beliebt.“ Solche Einfälle aber sind keine Frage von Kunst oder Wissenschaft, sondern von Persönlichkeit: „Ob jemand wissenschaftliche Eingebungen hat, das hängt ab von uns verborgenen Schicksalen, außerdem aber von [persönlicher] ,Gabe‘ “. Der große Unterschied zwischen künstlerischer und wissenschaftlicher Tätigkeit liegt für Weber im Verständnis von Fortschritt: „Die wissenschaftliche Arbeit ist eingespannt in den Ablauf des Fortschritts. Auf dem Gebiete der Kunst dagegen gibt


es – in diesem Sinne – keinen Fortschritt.“ „Ein Kunstwerk, das wirklich ,Erfüllung‘ ist, wird nie überboten, es wird nie veralten; der einzelne kann seine Bedeutsamkeit für sich persönlich verschieden einschätzen; aber niemand wird von einem Werk, das wirklich im künstlerischen Sinne ,Erfüllung‘ ist, jemals sagen können, daß es durch ein anderes, das ebenfalls ,Erfüllung‘ ist, ,überholt‘ sei. Jeder von uns dagegen in der Wissenschaft weiß, daß das, was er gearbeitet hat, in 10, 20, 50 Jahren veraltet ist. Das ist das Schicksal, ja: das ist der Sinn der Arbeit der Wissenschaft.“ Dieser Sinn der wissenschaftlichen Arbeit konstituiert sich durch das Ineinandergreifen von Begriff und Experiment. Ein Begriff ist für Weber jenes Mittel „womit man jemanden in den logischen Schraubstock setzen konnte, so daß er nicht herauskam, ohne zuzugeben: entweder daß er nichts wisse: oder daß dies und nichts anderes die Wahrheit sei“. „Aber das Experiment zum Prinzip der Forschung als solcher erhoben zu haben, ist die Leistung der Renaissance. Und zwar bildeten die Bahnbrecher die großen Neuerer auf dem Gebiete der Kunst: Leonardo und seinesgleichen.“ Welche Ergebnisse erwachsen nun aus einer solchen Arbeit? „Kenntnisse über die Technik, wie man das Leben, die äußeren Dinge sowohl wie das Handeln der Menschen, durch Berechnung beherrscht“; „Methoden des Denkens, das Handwerkszeug und die Schulung dazu“; und nicht zuletzt: „Klarheit. Vorausgesetzt natürlich, daß wir sie selbst besitzen.“ Diese Klarheit ist sich insbesondere über ihre eigenen Grenzen im Klaren: „Alle Naturwissenschaften geben uns Antwort auf die Frage: Was sollen wir tun, wenn wir das Leben technisch beherrschen wollen? Ob wir es aber technisch beherrschen sollen und wollen, und ob das letztlich eigentlich Sinn hat: – das lassen sie ganz dahingestellt oder setzen es für ihre Zwecke voraus. Oder nehmen Sie eine Disziplin wie die Kunstwissenschaft. Die Tatsache, daß es Kunstwerke gibt, ist der Ästhetik gegeben. Sie sucht zu ergründen, unter welchen Bedingungen dieser Sachverhalt vorliegt. Aber sie wirft die Frage nicht auf, ob das Reich der Kunst nicht vielleicht ein Reich diabolischer Herrlichkeit sei, ein Reich von dieser Welt, deshalb widergöttlich im tiefsten Innern und in seinem tiefinnerlichst aristokratischen Geist widerbrüderlich. Danach also fragt sie nicht: ob es Kunstwerke geben solle.“ Das Leben selbst und die möglichen Lebenspraktiken wiederum entziehen sich ebenfalls einer konsequenten wissenschaftlichen Begründbarkeit. In diesen Angelegenheiten hilft nicht Berechnung, sondern Entscheidung. Der wesentliche Beitrag der Wissenschaft zu informierten Entscheidungen besteht nach Weber in der intellektuellen „Entzauberung der Welt“ und er folgert daraus: „Es ist weder zufällig, daß unsere höchste Kunst eine intime und keine monumentale ist, noch daß heute nur innerhalb der kleinsten Gemeinschaftskreise, von Mensch zu Mensch, im pianissimo, jenes Etwas pulsiert, das dem entspricht, was früher als prophetisches Pneuma in stürmischem Feuer durch die großen Gemeinden ging und sie zusammenschweißte.


Versuchen wir, monumentale Kunstgesinnung zu erzwingen und zu ,erfinden‘, dann entsteht ein so jämmerliches Mißgebilde wie in den vielen Denkmälern der letzten 20 Jahre.“ Webers Insistenz auf der positiven Qualität der wissenschaftlichen „Entzauberung der Welt“ hallt in der zeitgenössischen Kritik an unerwünschten Wirkungen und Nebenwirkungen von ArtScience nach: die Tendenz, die Beherrschung von Natur und Umwelt zu ästhetisieren; die Tendenz, die Funktionen der Öffentlichkeitsarbeit von Forschungslaboratorien zu übernehmen, und die Tendenz, Wissenschaften mysteriös und ritualbehaftet erscheinen zu lassen. Versuchen wir nach all dem die Bereiche von Kunst und Wissenschaft – wenn auch eher vorläufig denn abschließend – definitorisch zu umreißen, so lässt sich mit Brian Holmes feststellen: Wissenschaft macht das Unsichtbare sichtbar, und Kunst macht das Sichtbare bedeutsam. Darüber wird deutlich, dass die Zusammenführung von Kunst und Wissenschaft ohne das Engagement in einem dritten Bereich hilflos bleibt: Es ist die Politik, die das Bedeutsame machbar werden lässt.

Von der Heilkunst zur Kunst

Über die Berührungspunkte zwischen der „ars pharmaceutica“ und der Kunst Evelyn Huber, MSc Vielerlei soll gegen Vieles helfen. Nach diesem Motto wurde anfangs in der Pharmazie gearbeitet. Wobei sich die Vorläufer der Apotheken im 8. und 9. Jahrhundert in ansässige Gewürzhändler*innen im Vorderen Orient finden lassen. Die ersten „Apotheken“ wurden von Kaufleuten, die mit Heilkräutern und Gewürzen handelten, betrieben. Magie und seltsame Mixturen bestimmten damals noch die Heilkunst und zahlreiche Stoffe aus den drei Naturreichen – Mineralien, Pflanzen und Tieren – wurden gemischt.


Gelehrte forderten im 15. Jahrhundert eine wissenschaftlichere Sicht auf Heilmittel. Die eigentliche „Essenz“ – also den Wirkstoff – galt es zu suchen. Und die damals bereits bekannten alchemistischen Labortechniken wie Destillation und Sublimation wurden nach und nach auch zur Herstellung chemischer Arzneimittel genutzt, wie beispielsweise Präparate aus Arsen-, Blei-, Antimon- und Quecksilberverbindungen. Der Begriff „Materia Medica“ – ein historischer Ausdruck für die Lehre von den Arzneimitteln – wurde erst ab dem 20. Jahrhundert durch den Begriff der Pharmakologie oder „Arzneimittellehre“ ersetzt. In der Homöopathie wird der Begriff heute noch weiterhin zur Bezeichnung der homöopathischen Arzneimittellehre benutzt. Die Geschichte der Pharmazie ist ein bedeutender Teil der Geschichte der Naturwissenschaften und auch ein Teil der Kunst. Künstlerische Verfahren ähneln oft wissenschaftlichen Verfahren, und das Experiment spielt sowohl in der Wissenschaft als auch in der Kunst eine entscheidende Rolle. Und es ist auch kein Geheimnis, in welch hohem Maße künstlerische Kriterien wie Ästhetik, Schönheit, Eleganz, Symmetrie, Geschlossenheit, Vollständigkeit eine entscheidende Bedeutung auch in den Naturwissenschaften zukommen. Der Philosoph Konrad Paul Liessmann meinte anlässlich des 40-jährigen Bestehens der Kunstuniversität Linz in seinem Festvortrag Anfang November 2013, dass Kunst und Wissenschaft in einem Verhältnis stehen – und zwar in einem Spannungsverhältnis. Am fruchtbarsten wäre dieses Spannungsverhältnis dann, wenn sich diese Disziplinen wechselseitig beobachten und durchdringen und dabei die Erfahrung machen, wie viel vom anderen sie selbst noch immer enthalten. Liessmann drückte dies so aus: „Kunst und Wissenschaft in einem Atemzug zu nennen, bedeutet nicht, sie in ihrer Methode, ihrem Ziel und ihren Ergebnissen gleichzusetzen. Und doch haben sie viel miteinander zu tun: in ihrer Methode, ihrem Ziel und ihren Ergebnissen. Es ist aber nicht der Gleichklang, es ist die Differenz von Wahrheit und Geschmack, von Vernunft und Sinnlichkeit, von Einbildungskraft und Empirie, von Rationalität und Emotionalität, die das Zwiegespräch von Kunst und Wissenschaft, ihre Überschneidungen und Überlappungen, ihre Ausfransungen und Verdichtungen, ihre Verständnisse und Missverständnisse, ihre Sätze und Gegensätze erst zu einer spannenden, produktiven und immer wieder auch irritierenden Angelegenheit macht.“ 1 Tatsächlich gibt es unter den Pharmazeut*innen bzw. Apotheker*innen besonders viele kunstsinnige Personen.

Aussteiger*innen aus der Pharmazie – Einsteiger*innen in die Kunst Pharmazeut*innen müssen in gewisser Hinsicht wie Künstler*innen Allrounder*innen sein. Das Hantieren mit Chemikalien, das Experimentieren und Mikroskopieren erfordert eine gute Beobachtungsgabe, Geduld, Ausdauer und auch Spaß an der Tüftelei. Mithilfe dieser Allround-Fähigkeiten wechselten manche Apotheker*innen den Beruf.


Als Beispiel lässt sich der begabte Pharmazeut Carl Spitzweg (1808–1885) nennen. Er war einer der populärsten deutschen Maler*innen des 19. Jahrhunderts. Er war Lehrling in der bayerisch-königlichen Hof- und Leibapotheke zu München. Trotz seines ausgezeichneten Abschlusses des Pharmazie-Studiums entschloss er sich als 24-jähriger dazu, Maler zu werden – Spitzweg ließ seine naturwissenschaftlichen Kenntnisse in die Kunst einfließen. Seine botanischen Skizzen zu Gemälden zeigen die detaillierten Strukturen von Bäumen, den Feinbau von Blättern, die Verzweigungswinkel einzelner Pflanzen. Auch die geologischen Studien machten sich in den gekonnten Darstellungen von Schluchten, Höhlen, Felsen bemerkbar. Sein bekanntestes Werk ist „Der arme Poet“ aus dem Jahr 1839. Auch der Apotheker Theodor Gehlhaar (1805–1871) aus Lettland sei hier erwähnt, der Zeichnungen, Miniaturporträts auf Elfenbein und Lithographien mit Revaler Stadtansichten schuf. Zu erwähnen ist auch Carl Ludwig Fernow (1763–1808), der sich nicht nur mit kunsthistorischen Schriften, sondern auch als Porträtzeichner einen Namen machte. Fernow betonte die Selbstbestimmtheit des künstlerischen Schaffensprozesses. Es sei notwendig, so schrieb er in einem seiner Bücher, dass der Künstler neue Charaktere erfinde und durch sie die Sphäre des Kunstideals erweitere. Von etwas größerer Bedeutung war der Hamburger Maler Berend Goos (1815–1885). Obgleich Goos, wie aus seiner Autobiographie hervorgeht, der Pharmazie lange verbunden blieb, belegt sein Gemälde „Die Flößer“, das sich in der Hamburger Kunsthalle befindet, sein Talent. Seine intensiven Studien belegen naturwissenschaftliches Interesse, aber auch das Bemühen, den Apothekerberuf auf wissenschaftlicher Grundlage auszuüben. Bei all den künstlerischen Werken von Apothekern ist es auffällig, dass pharmazeutische Themen selten behandelt wurden. Angenommen wird, dass die rein mechanischen Tätigkeiten in Labor und Defektur (Anfertigung von Rezepturen auf Vorrat, auch verlängerte Rezepturen genannt), die vornehmlich allein durchgeführt wurden, kreativen, phantasiebegabten und sensiblen Berufsangehörigen Raum für künstlerische Eingebungen gab, oder die künstlerische Betätigung auch eine Flucht vor der Alltagshektik gewesen sein könnte. Fest steht auf alle Fälle, dass durch die pharmazeutische Ausbildung und Tätigkeit wichtige künstlerische Fähigkeiten gefördert wurden, wie beispielsweise die genaue Beobachtungsgabe, der realistische Blick auf Menschen und ihre Umgebung und das Verständnis für das Verhalten von Menschen. 1 http://sciencev2.orf.at/stories/1727489/index.html Quelle:http://www.apotheker.or.at/Internet/OEAK/NewsPresse.nsf/webPages/8CCF1D0D68B100A3C1257268003D8DE5?OpenDocument


Kunst auf Rezeptur Die Apotheke der Kunst Dr. Claudia Schnugg

In der Ausstellung „art on prescription – artists fill in prescriptions“ war vom 13. Mai bis 29. Oktober 2017 das partizipative Kunstprojekt „Kunst auf Rezept“ des österreichischen Kunstvereins precarium in einem Offspace nahe des Arsenale parallel zur Biennale in Venedig zu sehen. Das Projekt hinterfragt die Wirkungen und Verordnungen der Kunst, indem gewöhnliche Rezeptscheine als Medium für Künstler*innen genutzt werden, die wohl alle von Arztbesuchen kennen. Auf den Rezeptscheinen sind in der Ausstellung nicht mehr die Verordnungen von behandelnden Ärzt*innen zu sehen, sondern Verordnungen in Form von Arbeiten der teilnehmenden Künstler*innen. Diesen „Verordnungen zur Kunst“ sind aus künstlerischer Perspektive keine Grenzen gesetzt: Bildende Künstler*innen haben die Freiheit, das Medium als Basis für ein Bild zu nutzen, wie auch Konzeptivkünstler*innen Anweisungen formulieren können oder Literat*innen Texte und Gedichte darauf festhalten können. Mittlerweile haben ca. 160 Künstlerinnen und Künstler unterschiedlichster Herkunft Rezeptscheine für das Projekt „ausgestellt“ – und es wer-

den laufend mehr. Dabei werden Grenzen der Kunstgattungen, der Generationen, des Status und der Nationen überschritten und in der Form eines künstlerisch gestalteten Rezeptscheins gleichgestellt.

Der Kunstverein „precarium – Labor für Kunst“ hat in Wien und Graz Ende 2015 „Kunst auf Rezept“ ins Leben gerufen. Die Idee für dieses Projekt entstand im Rahmen der Migrationskrise, als sich precarium die Frage stellte, was denn


Künstler*innen in dieser Situation beitragen können und wie sich die Kunst dieser Realität stellen kann. Dabei war das erklärte Projektziel einen Raum – ein Labor – für Kunst zu schaffen, in dem Menschen sich verorten und wieder zu Schaffenden werden können. Die Nutzung der Rezeptscheine als Medium bildet in diesem Zusammenhang nicht nur eine spannende Grundlage, um über mögliche Wirkungen und Eingriffsmöglichkeiten der Kunst nachzudenken, sondern schafft auch die Verbindung zum Labor der Apotheke, wo traditionell Heilmittel nach Verordnungen auf Rezeptscheinen abgemischt wurden. In diesem Sinne wurde 2016 das Projekt in der ehemaligen Josefsapotheke in Wien Meidling gezeigt, an den Wänden des Offspace in Venedig wurde mit einer großflächigen Illustration die Illusion der Räumlichkeiten einer Apotheke erzeugt. Diese Nähe zum Herstellen der Produkte, die den Menschen dann Nutzen bringen, positioniert sich hier im Gegensatz zur blinden Konsumgesellschaft, in der das fertige glänzende Produkt im Mittelpunkt steht, welches ohne Bezug auf seine Herstellung konsumiert wird. Das Tun steht für die aktive Auseinandersetzung mit Kunst und der eigenen Situation. Dieses Tun wird verordnet, ebenso eine aktive Kunsterfahrung, die durch diese künstlerischen Rezeptscheine ermöglicht wird. Dabei werden die Werke aller Künstler*innen im Projekt gleichgestellt, unabhängig welchen Status die Künstler*innen in Galerien einnehmen oder welche Kunstgattung sie vertreten. Grundlegend für dieses Projekt war auch, sich vom Kunstmarkt abzuheben

und die Kunstwerke nicht als Aktie zu sehen, sondern als etwas, das produziert wird und Menschen berührt. Das greift precarium auch in der Idee auf, dass eine Reproduktion dieser Kunstwerke auf einem Rezeptschein für den Preis einer Rezeptgebühr erhältlich sein sollte. Die Verbindung zur Medizin und zu Patient*innen, zur Verschreibung von Kunst als Heilmittel ist in „Kunst auf Rezept“ auf mehreren Ebenen allgegenwärtig. Wofür kann die Verordnung der Kunst dieses Heilmittel sein und wie kann es wirken? Wirkt die Kunst auf die Regeneration einer Einzelperson? Sind Begegnung auf Augenhöhe und eigenständiges Schaffen kreativer Lösungen essentiell für einen Heilungsprozess der Gesellschaft? Und kann so weit gegangen werden, dass eine Verordnung zur Kunst die Gesundheit der Gesellschaft und der Individuen beeinflussen kann? Diese Fragen stellt sich nicht nur die Kunst, sondern sie werden darüber hinaus in weiten Feldern der Wissenschaft erforscht: Konkret wird momentan u. a. in der Neurowissenschaft, dem öffentlichen Gesundheitswesen, der Psychologie, der Gesundheitsforschung und den Sozialwissenschaften an Fragen geforscht, ob und wie sich die Auseinandersetzung mit Kunst auf die Gesundheit und das Wohlbefinden auswirken kann. Die Ansätze gehen dabei klar über Kunsttherapie hinaus, die momentan gezielt in therapeutischen Sitzungen und bei Interventionen in Organisationen eingesetzt wird. Kunstschaffen und Kunsterfahrung können positive Auswirkungen auf den


Organismus und die Psyche haben. Zum Beispiel kann das Hören von Musik beruhigen, Schmerz reduzieren und Motivation steigern. Somit ließen sich basierend auf

Forschungsergebnissen schon erste Verordnungen zur Kunst formulieren. Darüber hinaus sind Wissenschafter*innen im öffentlichen Gesundheitswesen und den Sozialwissenschaften an der Frage interessiert, wie denn die Auseinandersetzung mit Kunst eine größere Gemeinschaft als Kollektiv oder die Gesellschaft beeinflusst. Studien zeigen, dass sich allein der regelmäßige Besuch von Kunstveranstaltungen positiv auf die Gesundheit der Personen auswirken kann, oder benachteiligte Gemeinschaften sich besser entwickeln und einen erhöhten Gesundheitsstandard aufweisen, wenn eine regelmäßige Interaktion mit Kunst stattfindet. Neben den eigentlichen Wirkungen der präsentierten Kunst (das Erleben des Theaterstückes, der Musik oder der Bilder) sind also soziale

Inklusion, die gemeinschaftsbildende Funktion der Kunst, Empowerment und die positive Gestaltung der Lebenswelten der Menschen essentiell für diesen positiven Effekt. Kunst ist in der Lage, soziale Faktoren positiv zu beeinflussen, die eben auch wichtige Faktoren für die Gesundheit darstellen: Menschen, die sich von der Gesellschaft ausgeschlossen fühlen und deren Lebenswelt sich negativ gestaltet, oder die denken, sie haben keine Einflussmöglichkeit in der Gesellschaft, leiden auch oft unter einem schlechteren psychischen und physischen Gesundheitszustand oder ziehen sich von der Gesellschaft zurück.

„Kunst auf Rezept“ ist ein exemplarisches partizipatives Kunstprojekt, das genau hier ansetzt. Das Projekt schafft es, Menschen zu verbinden und sie einander auf Augenhöhe begegnen zu lassen. Es schafft einen Raum, der alle zum Experimentieren und Schaffen von Kunst einlädt.


Und darüber hinaus verordnet es konkret Kunst: sich einzelnen Werken auf Rezept zu stellen.

ist eine Offspace-Initiative von Elisabeth Schafzahl und Philipp Wegan. Orte werden gesucht und für Kunst zugänglich gemacht. Die Gründung des Kunstverein precarium – Labor für Kunst und das

Der Beitrag wurde erstmals veröffentlicht auf

Projekt Kunst auf Rezept sind Teil dieser Initiative.

https://www.artco.at/neue-perspektiven-der-kunst/drawing-tem-

Elisabeth Schafzahl

por-duis-single-origin-coffee-ea-next-level-ethnic/

Künstlerin, lebt und arbeitet in Wien, Baden und Graz

Claudia Schnugg

elisabethschafzahl.com

works as independent researcher, producer and curator in the fields of

Philipp Wegan

art & science collaboration

Künstler, lebt und arbeitet in Wien und Graz

claudiaschnugg.com

philippwegan.com

precarium kunstverortung

18.5.2017 Text erstmals publiziert auf: http://www.precarium.at/texte

Kunst in der Praxis lebenbewegen Brigitte Wolf, MSc und das Team von „lebenbewegen“ Die Praxis „lebenbewegen“ wurde im September 2009 als physiotherapeutische Gemeinschaftspraxis eröffnet, mittlerweile umfasst das Team fünf Physiotherapeutinnen und eine Heilmasseurin. Im Herbst 2010 haben wir erstmals ein Praxisfest mit Vernissage gefeiert, um Therapeut*innen, Ärzt*innen, Freund*innen und Interessierte einzuladen, die Werke der Künstler*innen und unsere Praxis kennenzulernen und das vergangene Arbeitsjahr mit uns zu feiern. Bisher haben Wolfgang Kracher (2010), Erich Novoszel (2011), Hermann Hemetek (2012), Petra Treffner (2013), Birte Jessen (2014), Bernhard Cociancig (2015), sowie Susanne Fröschel und Wolfgang Kracher (2016) in unseren Praxisräumen ausgestellt. Aktuell präsentieren zwei Studentinnen der kunstschule wien, Christina Mayerhofer und Ingeborg Doppler ihre Werke. Bernhard Cociancig, ebenfalls ein „Kunstschüler“, hat diese kontrastreiche Ausstellung, die wir im Rahmen unseres Praxisfestes im November 2017 eröffnet haben – unter dem Motto „Nach Strich und Faden/Farbe“ – kuratiert.


Wie wirken die wechselnden Kunstwerke in den Praxisräumen auf die Therapeut*innen, Patient*innen und Klient*innen? Die Osteopathin und Physiotherapeutin Elisabeth Mayrl ist fasziniert, wie viele Künstler*innen mit ganz unterschiedlichen Stilen bereits in der Praxis ausgestellt haben. Die Bilder bringen neben ihrem künstlerischen Wert auch viel Dynamik in die Praxis. Das Gespräch über die Werke führt oft zu einem angenehmeren Einstieg in ein neu entstehendes Patient*innenTherapeut*innen-Verhältnis. „Es ist spannend zu beobachten, wie unterschiedlich die Reaktionen auf die Kunstwerke sind.“ Elisabeth Mayr Die Physiotherapeutin Michaela Strauss zieht einen Vergleich zwischen Kunstwerk und physiotherapeutischem Handwerk. Die Unterschiedlichkeit der Kunstwerke, der Stile, der verwendeten Materialien, der Farben bringt für sie die Vielfalt der Menschen, die diese Kunstwerke erschaffen, zum Ausdruck. „Auch für eine erfolgreiche Physiotherapie ist die Berücksichtigung der jedem Menschen eigenen Persönlichkeit ganz wesentlich – wir nehmen unsere Patient*innen und Klient*innen in ihrer Individualität wahr und betreuen sie entsprechend.“ Michaela Strauss Auch Silvia Schebesta, Physiotherapeutin, sieht eine enge Verbindung zwischen Kunst und Therapie. Beides erfordert in ihren Augen Achtsamkeit, Aufmerksamkeit und Flexibilität – in der Therapie, um auf jeden Menschen individuell einzugehen. Der Wechsel der Bilder und Ausstellungen stärkt diese Qualitäten. Selbst wenn sie als Therapeutin in der Therapie sehr konzentriert ist, wird der Fokus der Patient*innen nicht selten durch die Bilder weg von ihren Beschwerden und Einschränkungen, hin zu ihren Möglichkeiten und ihrer eigenen Gestaltungsfähigkeit gelenkt. „Physiotherapie ist für mich ein Anstoß für Heilungsprozesse im Körper, und auch die Kunst liefert Impulse für positive Veränderungen.“ Silvia Schebesta Die Physiotherapeutin Doris Trinkl berichtet von angeregten Diskussionen zwischen den Patient*innen mit teils sehr konträren Sichtweisen und Meinungen zu den ausgestellten Bildern. Sie findet es interessant zu beobachten, wie sich die unterschiedlichen Persönlichkeiten, inspiriert durch die Kunstwerke, ins Gespräch mit bis dahin oft fremden Personen einbringen. „Manchmal entstehen aus den Diskussionen im Warteraum neue Bekanntschaften und die Unterhaltung wird beim nächsten Termin weitergeführt.“ Doris Trinkl Sowohl Therapeutinnen als auch Patient*innen und Klient*innen entdecken im Laufe des Ausstellungsjahres immer wieder neue Aspekte in den Werken. „Für mich persönlich ist es interessant, wie viele neue Details ich immer wieder an den Bildern


entdecke, wenn sich die Lichtverhältnisse im Laufe des Tages verändern oder ich den Therapieraum wechsle. Manche Bilder wachsen einem im Laufe eines Jahres ans Herz.“ Elisabeth Mayrl „Oft entdecke ich nach Monaten Details, die mir bis dahin entgangen sind. Jeder Wechsel bedeutet dann einen wehmütigen Abschied von Vertrautem, aber auch Vorfreude auf Neues.“ Brigitte Wolf Der jährliche Wechsel der Ausstellungen bedeutet für Michaela Strauss Erneuerung statt Stillstand und geht mit dem Erleben und Verarbeiten neuer Eindrücke einher. „Als Physiotherapeutinnen legen wir großen Wert darauf, in Bewegung zu bleiben, uns weiterzuentwickeln, nicht „still“ zu stehen. Neue wissenschaftliche Erkenntnisse, aber auch gesellschaftliche Veränderungen erfahren Berücksichtigung in unserem Arbeitsalltag.“ Die Praxisleiterin und Physiotherapeutin Brigitte Wolf zweifelte anfangs, ob sich genug Ausstellende finden werden, die ihre Werke für die lange Zeit von zwölf Monaten zur Verfügung stellen, hat mittlerweile aber erfreut festgestellt, dass zahlreiche Künstler*innen an dieser Möglichkeit interessiert sind. Pavlina Kaninska, Heilmasseurin, sieht den Grund dafür auch darin, dass sich für die Künstler*innen eine Gelegenheit bietet, abseits des klassischen Kunstbetriebs eine Bühne zu finden und ein breiteres, unbefangenes Publikum zu erreichen. „Die Künstler*innen müssen sich bei der Auswahl der Ausstellungsobjekte nicht dem angesagten konzeptuellen Kunstkorsett der Galerien unterwerfen. Sie können einfach sie selbst sein, auch wenn sie noch nicht in der Kunstszene etabliert sind.“ Pavlina Kaninska Die jährlich wechselnden Ausstellungen prägen die Atmosphäre in unseren Behandlungsräumen. Die Neugestaltung der Praxisräume durch die Künstler*innen ist durchaus mit dem Neueinrichten der eigenen Wohnung vergleichbar. Steht im Herbst ein Wechsel der Werke bevor, steigt mit der Vorfreude auch die neugierige Anspannung, wie sich die Stimmung verändern wird. Unser Praxisfest mit Vernissage bietet die Gelegenheit, sich auszutauschen, neue Kontakte zu knüpfen und das medizinisch-therapeutische Netzwerk zu erweitern. Auch wenn mit Jagoda Lessel die Künstlerin für unsere nächste Ausstellung bereits feststeht, freuen wir uns, wenn interessierte bildende Künstler*innen mit uns Kontakt aufnehmen: praxis@lebenbewegen.eu Impressionen von den vergangenen Praxisfesten und Informationen zum therapeutischen Angebot finden sich auf unserer Website: www.lebenbewegen.eu



Maltherapie auf der Wachkomastation Bernhard Cociancig

Im Mai 2017 wurde von einer Geriatrie- und Pflegeinstitution angefragt, ob sich jemand aus der kunstschule wien für die Betreuung von Wachkoma-Patient*innen durch malerische Tätigkeit interessieren würde. Dieses Angebot habe ich gerne angenommen. Meine Malsitzungen in der Wachkoma-Station sind als Volontariat eines medizinischen Laien zu sehen, bei dem die Bewohner*innen – wie bei anderen basalen Stimulationen auch – durch Farben, Bewegungen und letztlich auch sprachliche Zuwendungen angeregt werden sollen. Sie befinden sich während der drei Stunden in einer nicht alltäglichen Situation, die Eintönigkeit des Alltages wird unterbrochen und auch für die Pfleger*innen bedeuten die Malstunden die Möglichkeit, etwas innezuhalten und ihre Bewohner*innen unter den geänderten Bedingungen zu beobachten. Was soll und kann Maltherapie bewirken, obwohl bis auf wenige Ausnahmen die Bewohner*innen (noch) nicht in der Lage sind, eigenständig Mal- oder Zeichenbewegungen auszuführen? Wie auch bei allen anderen Therapien – etwa der Musikoder Lichttherapie – geht es darum, durch exogene Reize Aufmerksamkeit zu stimulieren und dadurch (wenn möglich) Reaktionen auszulösen. Dabei soll es nach Angabe des Pflegepersonals egal sein, ob diese Reize positiv oder negativ belegt sind. Die Maltherapie stellt eine Möglichkeit dar, solche Reize durch die eingesetzte Farbigkeit, die Malbewegungen und die Erzählung zum Bild zu stimulieren. Die Pflegestation betreut Bewohner*innen in den unterschiedlichsten Stadien des apallischen Syndroms und obwohl mir als Laien natürlich eine Einschätzung der Schwere der Beeinträchtigung nur subjektiv möglich ist, schärft sich doch nach den beinahe wöchentlich stattfindenden Malsitzungen meine Beobachtung: Bei Beginn der Sitzungen, zu denen die Bewohner*innen mobilisiert (d.h. aus den Betten in Rollstühle gesetzt) werden, erscheint es oft so, als ob einige der Zuseher*innen schlafen, die Augen sind geschlossen, die Kanülen geben ein röchelndes Geräusch von sich. Dann, nach ca. dreisig Minuten meiner Maltätigkeit öffnen sich manchmal Augen und folgen den Malbewegungen, einige Zuseher*innen reagieren und kommunizieren mit vermehrter Schweißproduktion, kleinen Kopf- oder Handbewegungen oder auch Lauten.


Ich freue mich jedes Mal auf unsere Malsitzungen, nicht nur, weil ich inzwischen viele – aber noch nicht alle – der Bewohner*innen kenne und glaube, dass sie auch mich erkennen. Es ist auch eine Freude zu erleben, mit welch herzlichem und unprätentiösem Einsatz die Pfleger*innen ihrer physisch und psychisch sicher nicht leichten Arbeit nachgehen. Einmal wurde ich sogar zu einem Ausflug mit vier der mobilsten Bewohner*innen nach Schloss Laxenburg eingeladen, wobei ich zum ersten Mal mit dem Schieben von Rollstühlen und dem erheblichen apparativen Aufwand (Speichelabsaugung, Sonden-Ernährung) konfrontiert war, den ein solches Unternehmen erfordert! Und doch, trotz aller Schicksalsschläge, die diese Menschen ereilt haben, gibt es unter ihnen bemerkenswert Bestimmte und Zielgerichtete, die sich mit ihrem Los nicht abfinden wollen, an sich hart arbeiten und zum Teil erstaunliche Erfolge und Verbesserungen erzielen. Immer wieder gibt es Rückschläge, wie mir die Pfleger*innen erzählen, aber die Fortschritte, so klein sie sein mögen, sind stetig. Malstunden mit und für Wachkoma-Patient*innen – eine Erfahrung, die ich nicht missen und eine Tätigkeit, die ich gerne weiterhin betreiben möchte. Der künstlerische Inhalt der dabei entstehenden Werke mag homöopathisch gering sein, aber das ist auch nicht das Ziel – es ist für mich eine Möglichkeit, Demut zu lernen, der Gemeinschaft etwas geben zu können und dabei doch so viel zurück zu bekommen. Ich hoffe, dass es mir in irgendeiner Weise gelingt, den Bewohner*innen und Pfleger*innen der Wachkomastation meine Dankbarkeit zu vermitteln, weil mir von ihnen wesentlich mehr gegeben wird, als ich ihnen jemals zu geben in der Lage sein werde. An dieser Stelle möchte ich gerne eine Bewohnerin, die nach langjähriger und erfolgreicher Tätigkeit in den Kunstfeldern von Österreich, Deutschland, Frankreich, Japan und zuletzt den USA tätig war, vorstellen: Frau Univ. Prof. Dr. Katarina Posch, die nach einer tragischen Verkettung unglücklichster Umstände nunmehr nur mittels Eye-Scanner und Buchstaben-Tafel kommunizieren kann. Sie verfasste für unser Magazin einen Beitrag zum Thema Kunstvermittlung.


Verschiedene Welten des Wissenstransfers Dr. Katarina V. Posch

Den Begriff „Kunst“ zu definieren ist nicht einfach. Sogar (oder vor allem) Expert*innen – also Menschen, die beruflich damit zu tun haben – haben oft Schwierigkeiten, zu einer klaren Definition zu kommen. Kunstvermittlung hingegen ist für alle, die sich im Dunstkreis der Kunst befinden, eine Selbstverständlichkeit. Jede*r, die/der jemals einen Pinsel in der Hand gehabt hat, glaubt darüber ganz genau Bescheid zu wissen. Da war ich keine Ausnahme, war ich doch durch das österreichische Schulsystem gegangen, zwei Universitäten inklusive! Und eine davon – die Universität für Angewandte Kunst – hat mir sogar ein abgeschlossenes Grafik-Design-Studium beschert. Auch beruflich war ich immer in der Vermittlung tätig: in jungen Jahren in der Sprachvermittlung am Goethe-Institut in Wien, in der visuellen Vermittlung in Museen, und an der Wiener Kunstschule, an der ich unterrichtet habe. Ich habe sogar im Zug meiner damaligen Unterrichtstätigkeit an einer Wochenend-Klausur teilgenommen, um über einen neuen Lehrplan zu brainstormen! Details darüber weiß ich nicht mehr, aber ich weiß, dass ich damals nicht

den geringsten Zweifel an meiner Befähigung dazu hatte. Heute sehe ich das ganz anders: Ich hatte zwar eine Karriere, die mich in die Akademia auf drei Kontinenten brachte, und die mich Kunstvermittlung von allen Seiten erfahren ließ – Centre George Pompidou in Paris, Vitra Design Museum in Weil am Rhein, Isamu Noguchi Museum in New York, MoMA (Museum of Modern Art) und MAD (Museum of Arts and Design) ebendort, und schließlich eine Professur am Pratt Institute in New York – aber meine lange Karriere hat mich bescheiden werden lassen. Als Fulltime-Professorin am Pratt Institute war ich zwar vertraglich verpflichtet, mich in die Administration einzubringen – und das habe ich auch mit vollem Elan getan: Ich war jahrelang Mitglied des Peer Review Committees, in der Task Force for General Education, im International Committee und in zahllosen Search-Committees tätig. Aber als ich dann Vorsitzende (Chairperson) des Departement of the History of Art and Design wurde und mich fast ausschließlich auf die Administration konzentrierte, habe ich gelernt, dass das ein ganz anderer Beruf ist, als Vorlesungen über Design-Geschichte zu erstellen und zu halten.


Durch meine vielseitige Unterrichtstätigkeit in den vergangenen Jahren zeichnete sich für mich ab, dass es zwischen dem österreichischen und dem amerikanischen Universitätssystem einige fundamentale Unterschiede gibt. Vielen Leuten ist bekannt, dass das Wissen österreichischer Maturant*innen weit über das amerikanischer Schulabgänger*innen hinausgeht. Erst das amerikanische „Undergraduate“ Studium umfasst Fächer wie Englisch oder Geschichte und ist neben einer Grundausbildung in einem Beruf auch als Erweiterung des Allgemeinwissens zu verstehen. Nicht umsonst sollte man „Bachelor“ eigentlich (korrekt) mit „Maturant*in“ übersetzen. Obwohl das bekannt ist, lädt die Begrifflichkeit zu allerlei Fehlinterpretationen ein. Warum das amerikanische System jedoch Wissenschafter*innen von Weltrang hervorbringt, liegt vielleicht an den Vorzügen, die diesem System dennoch eigen sind – allen voran sei hier die Verwendung von Syllabi hervorzuheben. Bereits in den ersten Unterrichtsstunden eines neuen Semesters (oder Trimesters) bekommt jede*r Studierende einen Syllabus ausgehändigt. Darin sind nicht nur eine inhaltliche Beschreibung des Unterrichtsgegenstands, das Lernziel und die Methode der Veranstaltung enthalten, sondern auch die Beschreibung der Zusammensetzung der einzelnen Teilleistungen, die zur Gesamtnote führen. Somit ist jede Studentin und jeder Student informiert, ob sie/er sich für eine Vorlesung, ein Seminar oder eine Übung

angemeldet hat, was von ihr/ihm erwartet wird, um darin positiv abzuschließen, oder welcher Aufwand zum Erreichen welcher Note erforderlich ist. Im weiteren umfasst der Syllabus auch einen detaillierten Wochenplan, in dem die Termine der Prüfungen, alle Exkursionen (field trips) und Veranstaltungs-Thematiken enthalten sind. Die Literaturbeispiele umfassen Autor*in, Titel, Erscheinungsdatum, und -ort und sogar die genauen Seitenanzahlen, die pro Woche zu bewältigen sind. Der Syllabus kann aber auch Informationen über Universitätsregeln enthalten – zum Beispiel die Definition eines Plagiats. Für die von mir in meinem Fach Design-Geschichte erstellten Syllabi habe ich noch zusammengefasste Bibliographien, Adressen von Websites und die wichtigsten Bibliotheken beigefügt. Die Studierenden erhalten somit schriftlich nicht nur, was sie wann zu leisten haben, sondern auch, wann sie was zu erwarten haben – und sie können darauf pochen! Selbst wenn der Syllabus nicht von beiden Parteien unterzeichnet wird, stellt er eine Art Vertrag zwischen Professor*in und Student*in dar. Sollte eine Unterrichtseinheit durch äußere Umstände dennoch entfallen (etwa wetter- oder krankheitsbedingt), ist in der darauf folgenden Woche ein aktualisierter Syllabus zu erstellen. Das klingt nach viel Arbeit – und ist es auch. Zu Beginn einer akademischen Karriere verbringen Professor*innen oft Wochen mit der Erstellung der Syllabi. Erst später kann


man sich die Arbeit durch „copy and paste“ erleichtern. Der größte Vorteil eines erstellten Syllabus ist ein gut durchdachter Plan, den man Woche für Woche abarbeiten kann. Ein Syllabus ist also das Gerüst, an dem sich sowohl Studierende als auch Lehrende festhalten können, und das ein mögliches Ausufern verhindert. Ich bin eine große Verfechterin des Syllabus, obwohl er von allen Beteiligten viel Disziplin verlangt.

Im österreichischen Schulsystem müssen Hausaufgaben und andere Lernnachweise abgeliefert werden, die über das bereits gelernte Auskunft geben. Jede Prüfung erstreckt sich über ein Pensum, das im Unterricht bereits behandelt wurde. Egal ob in Schulen oder Universitäten, die Student*innen geben nur wieder, was sie schon ge-

hört haben müssten oder was in Skripten und/oder Lehrbüchern zu finden ist. Ich bezeichne das als retrospektes Lernen, weil es sich auf einen Lehrstoff, der bereits von anderen erarbeitet worden ist – im Rückblick – bezieht. Zwar werden Professoren*innen dafür ja auch bezahlt, aber die Kreativität der Studierenden wird weder gefordert noch gefördert. Im amerikanischen Ausbildungssystem werden den Studierenden Assignments zugeteilt, diese sind als schriftliche Arbeit (Paper) und als Präsentation abzuliefern. Assignments sind Arbeiten über ein noch nicht erschlossenes Gebiet. Sie sind oft pointierte Beispiele eines Themas, das erst in Zukunft Teil einer Lehrveranstaltung sein wird. Damit erarbeiten Studierende selbstständig ein Gebiet, in welchem sie ihre Arbeiten in einen Kontext stellen. Die Kreativität wird massiv durch das Schreiben von „Papers“ und durch die Visualisierung in Präsentationen herausgefordert. Dazu haben die Präsentationen noch den Vorteil, Wissen vor einem Publikum zeigen zu können. Natürlich sollten die Arbeiten der Studierenden nicht in die Thematik der Lehrveranstaltung eingreifen und sie verändern. Die/der Professor*in erklärt nach wie vor die Thematik, die/der Student*in ergänzt den Unterricht durch ihr/sein Beispiel. Der Unterricht wird somit zu einer Co-Produktion. Die/der Lehrende wird für die Studierenden dadurch zu einer Begleiterin/einem Begleiter. Sie/er beurteilt die akademische Leistung nur mehr bedingt, sie/er bietet den


Studierenden Unterstützung auf dem Weg zum Ausbildungsziel an. Das bedeutet, dass ein mögliches Versagen der Studierenden eigentlich auch ein Versagen der/des Lehrenden ist. In unserem System bleibt es dagegen bei einer Bewertung von Professor/in zu Studierenden. Wenn Studierende auf etwas in der Zukunft Liegendes hinarbeiten, nenne ich das prospektes Lernen. Die Studierenden verinnerlichen einen Stoff durch Kreativität, erschaffen daraus Neues und übernehmen die Verantwortung, damit etwas zur Veranstaltung beizutragen. Die Studierenden werden dadurch sehr ernstgenommen, was sich in ihren Leistungen niederschlägt. Das klingt jedoch fast nach Abwälzung des Lehrstoffes von den Lehrenden auf die Studierenden – aber es liegt in der Verantwortung der Lehrenden, Assignments so zu geben, dass sie einerseits den Fluss der Veranstaltung nicht stören, andererseits aber auch für die Studierenden auf ihrem Niveau bewältigbar bleiben. Erfolgserlebnisse, sowohl bei der Recherche in der Bibliothek als auch im Veranstaltungsraum, sind wichtig. Erfolgserlebnisse helfen, Gelerntes zu verinnerlichen und die Studierenden in ihrer Würde zu bestätigten. Abschließend möchte ich noch über ein Phänomen schreiben, das von den Studierenden ausgeht und das ich mir nur schwer erklären kann: Amerikanische Studierende schummeln nicht. Sie benutzen keine unerlaubten Hilfsmittel, sondern verlassen sich auf das, was sie selbst

gelernt haben. Diese Generalisierung wage ich zu machen, habe ich doch in meiner Laufbahn zwischen 360 und 600 schriftliche Prüfungen beaufsichtigt. Dabei hätte ich wahrscheinlich den Saal verlassen können und es hätte trotzdem keine Unregelmäßigkeiten gegeben. Wann immer ich jemanden auf frischer Tat ertappt habe, war es sicherlich kein/e Amerikaner*in. Das Vergehen hatte bittere Konsequenzen, die Bestrafungen reichten vom automatischen Verfehlen des Kurszieles bis hin zum Ausschluss aus der Schule. In Österreich und vielleicht sogar in ganz Europa scheint es dagegen fast schon ein Sport zu sein, sich anderer – und immer originellerer – Hilfsmittel zu bedienen. Das beginnt mit dem Schielen zu Nachbar*innen, geht über Schummelzettel in der Strumpfhose, bis zum Handy auf den Toiletten mit einer/m kundigen Gesprächspartner*in auf der anderen Seite. Man kann eventuell auch auf diese Weise etwas lernen, aber für das Aufsichtspersonal ist so ein Verhalten sehr anstrengend – und es ist unehrlich. Auch überschätzen sich amerikanische Studierende nicht. Ich habe, wenn jemand mit einer glaubhaften Begründung nicht an der regulären Prüfung teilnehmen konnte, stattdessen eine mündliche Prüfung angeboten und abgehalten. Am Ende habe ich die Studierenden stets aufgefordert, ihre eigene Leistung selbst zu beurteilen. Dabei waren ihre und meine Noten sehr selten unterschiedlich. In einer Kultur, in der jedes Kind lernt, sein Licht nicht unter den Scheffel zu stellen (was in einen beachtlichen


Geräuschpegel der Wichtigkeit ausarten kann!), ist ein solcher Fokus auf die eigene Leistung doch erstaunlich. Fakt ist, Plagiatsfälle und Unehrlichkeiten sind im amerikanischen Unterrichtssystem sehr selten und falls vorhanden, werden sie schwerstens geahndet. Vielleicht tragen vorausschauende Maßnahmen wie der Syllabus und die Assignments zu dem hohen Grad an Ehrlichkeit bei.

Akademisch Künstlerische Koevolution Johannes Doppler und Julia Bugram

Wissenschaft mit kreativem Potential Die Zusammenarbeit von Wissenschaft und Kunst hat in den vergangenen Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen. Auch die kunstschule wien ist bemüht, diese Annäherung zu unterstützen und versucht, ihre Studierenden auf Ausschreibungen und mögliche Stipendien hinzuweisen. 2017 hat die kunstschule wien zwei Studierende dabei unterstützt, ein Wissenschaftsstipendium bei der MA7 (Magistrat für Kunst und Kultur) zu beantragen. Im Zuge mehrerer Gespräche wurden die Bewerber*innen bei der Entwicklung ihrer Projekte unterstützt, die sie dann eigenständig beim entsprechenden Magistrat einreichten. Glücklicherweise konnten beide Studierende einen Erfolg verzeichnen und bekamen die Zusage zum Stipendium. Die finalen Berichte wurden Anfang 2018 beim Magistrat eingereicht und werden nachstehend kurz vorgestellt.


Johannes Doppler – Spuren von Gestern Wie Sie wohl aus vorangegangenen Texten in diesem aber auch im letztjährigen Magazin „o ignored“ schließen können, ist für mich Schreiben eine wichtige Ausdrucksmöglichkeit. Kreativität äußert sich bei mir in erster Linie in meinen Geschichten. Seien diese nun fantastisch, historisch oder utopisch, ich arbeite mit Wort und Bild daran, ihnen Gestalt zu verleihen. Aus diesem Grund habe ich 2008 auch ein Germanistikstudium an der Universität Wien begonnen, in dessen Verlauf ich diverse Künste der Schriftstellerei kennenlernen durfte. Nach dem Abschluss des Studiums und dem Eintritt in die kunstschule wien dachte ich nicht, dass ich dieses Studienfach noch einmal auf akademischem Niveau werde nutzen können. Nun, weit gefehlt, denn die Möglichkeit des Wissenschaftsstipendiums bot nun die ideale Gelegenheit, meine Profession als Germanist erneut einzusetzen. Foto: Sandleiten-Kino in der Zwischenkriegszeit © Bezirksmuseum Ottakring

Mein Projekt trägt den Titel „Spuren von Gestern – Erinnerungsarbeit im Sandleitenhof“ und ist die Grundlagenforschung für ein geplantes Buch. Seit Juni 2017 sammle ich hierzu Informationen aus verschiedenen Quellen innerhalb und außerhalb des Bezirks. Mehrere Institutionen und ambitionierte Privatpersonen sind seit einigen Jahren darum bemüht, die spannende Geschichte des Widerstands im Gemeindebau vor und während des zweiten Weltkriegs nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Zu diesem Zweck organisieren sie bis in die Gegenwart Events, Lesungen und Zeitzeug*innengespräche. Auch die Errichtung mehrerer Denkmäler ist diesen Menschen geschuldet und die kunstschule wien ist stolz darauf, sich ebenfalls in diesem Feld zu betätigen. Meine Arbeit sieht nun vor, diese Aktivitäten und deren Dokumentationen zu sammeln, mit den Ressourcen von Bibliotheken und Museen zu erweitern und in einem Buch zusammenzuführen. Auf diese Weise möchte ich künftigen Interessent*innen einen möglichst detaillierten Zugang zu diesem lobenswerten Beispiel von Erinnerungsarbeit bereitstellen. Nach sechs Monaten Nachforschung bin ich dabei, den historischen Teil zur Widerstandsgeschichte im Sandleitenhof schriftlich festzuhalten. Mein fünfzehnseitiger Bericht für das Magistrat beinhaltet meinen Forschungsweg, sowie die Themenblöcke samt ihren Informationsquellen, die für das finale Buch vorgesehen sind. Das Quellenmaterial stammt aus Ausstellungsberichten des Wien Museums, Aussagen von Zeitzeug*innen und dem umfassenden Datenzentrum des


österreichischen Widerstands. Vor allem dort liegen zeitechte Dokumente über die damaligen Entwicklungen parat, die eine ungeahnte Tiefe in die Berichte der Gegenwart bringen. Familienschicksale und Geschichten von Mut werfen Licht auf die Zurwehrsetzung dieser Menschen und auch auf jene, die über sie zu Gericht saßen. Das ist beileibe kein leicht verdauliches Material. Aber ich bin davon überzeugt, dass es sich lohnt, diese Erinnerungen zu sammeln und zu bewahren und vor allem, dass wir alle daran wachsen und davon lernen können. Wir müssen nur Anteil nehmen.

Julia Bugram – Mateotti works Mein Bericht trägt den Arbeitstitel „Mateotti works“ – frei übersetzt heißt das so viel wie „am Matteotti Platz klappt’s“ – und umfasst in der aktuellen Fassung (Mitte Jänner) gut 25 Seiten. Es handelt sich dabei um einen Forschungsbericht über die Möglichkeiten zur Belebung des Stadtraums. Insbesonders künstlerische Eingriffe, welche die sozialen Interaktionen im Stadtgefüge fördern, liegen im Fokus der Ausarbeitung. Der Bericht dokumentiert sowohl einen sozialen als auch einen künstlerischen Ansatz. Mögliche Themen sollen speziell für die Wohn- und Lebenssituation im Gemeindebau Sandleiten erforscht und die möglichen Chancen für die Bewohner*innen bei Realisierung eines Projekts aufgezeigt werden. Wie kann dieser Lebensraum für ein besseres Miteinander genutzt werden? Was ist den Bewohner*innen wichtig und welche Rolle kann dabei die Kunst spielen? Unter der Annahme, dass Kunst als Form der nonverbalen Kommunikation Brücken schlagen kann, habe ich zwei Projekte entwickelt, die auf den Erkenntnissen meiner Recherche aufbauen. Das Projekt „Soziale Intervention – Achtung Ameisen!“ möchte ich gerne vorstellen. Zusammen mit einem Team (geeignete Kooperationspartner*innen sind bereits im Gespräch) möchte ich den persönlichen Kontakt zu den Bewohner*innen des Gemeindebaus herstellen. Bei diesen Hausbesuchen wird das Gespräch mit den Anrainer*innen gesucht und sie werden über das Projekt informiert. In Zusammenarbeit mit interessierten Bewohner*innen sollen dann ca. 12 mm große, bunte Kunststoff-Ameisenstraßen im Areal Sandleitenhof aufgeklebt werden. Durch diese Ameisenstraßen soll der gemeinsa-


me Wohn- und Lebensort miteinander vernetzt werden. Unter anderem sollen Interessent*innen, die möglicherweise in ihrer Mobilität eingeschränkt sind, nach Plätzen im Gemeindebau befragt werden, die sie selbst gerne miteinander verknüpft sehen wollen. Durch die auffälligen, bunten Ameisenstraßen sollen auch Menschen und Erinnerungen Einzelner miteinander in Beziehung gesetzt werden. Es soll ein neues, verzweigtes, gemeinsames Netz mit vielen Möglichkeiten entstehen. Die Ameisenstraßen, die an unterschiedlichen Stellen ihren Ursprung haben, sollen sich an einem gemeinsamen Platz treffen und einen Ameisenbau bilden. Dieses „Zuhause“ soll am Matteottiplatz stehen und entspricht einem der Natur nachempfundenen Ameisenbau, der allerdings aus auffälligen, bunten Kunststoffameisen besteht und nicht aus ihren unauffälligen Artgenossen. Auf dem Weg zum Ameisenbau ergeben sich für die Ameisen neben direkten Verbindungen auch lustige Umwege und ungewöhnliche Formationen, die aufgezeigt werden. Wie das genau aussieht, ist den Teilnehmer*innen frei gestellt. Bei diesem Projekt geht es darum, die Bewohner*innen aus einer etwaigen Isolation zu holen. Die Aktion soll Kommunikation und Kreativität fördern und den Forscherdrang unterstützen. Zwei Wochen vor dem Beginn von SOHO in Ottakring (einem alle zwei Jahre stattfindenden Kunstfestival in Ottakring) sollen die Ameisen angebracht werden. Diese Intervention ist deshalb zeitlich vorgelagert, damit die Anrainer*innen bereits vor dem offiziellen Start von SOHO eingebunden und in ihrer Wahrnehmung sensibilisiert werden. Sie sollen neugierig gemacht werden und Spaß an den Wegen und Formationen der bunten Insekten finden. Die Umsetzung ist in Planung und wird im Mai 2018 stattfinden. Der Bericht „Matteotti Works“ soll Basisinformationen bereitstellen, die darüber Auskunft geben, welche Aktivitäten zur Belebung des Sandleitenhofs bereits stattgefunden haben und welche Schlüsse sich daraus ziehen lassen. Ziel ist es, langfristig die soziale Entwicklung in diesem riesigen Gemeindebau positiv zu unterstützen, Menschen zu einem respektvollen und aktiven Miteinander zu motivieren und den entsprechenden Rahmen hierfür bereit zu stellen. Ich hoffe, mit meinem Bericht vermehrt die aktive Unterstützung der entsprechenden Stellen für die Zukunft zu gewinnen. Gemeinsam sind wir mehr.

Impressum Herausgeberin: kunstschule.wien, Lazarettgasse 27, 1090 Wien, www.kunstschule.wien Für den Inhalt verantwortlich: Mag.a art Gelinde Thuma, Direktorin der kunstschule.wien Gestaltung und technische Ausarbeitung: Julia Kieslinger, Studentin © Texte und Fotos bei den Autor*innen Diese Publikation ist Bestandteil von ARTAPAX0002 Irrtümer vorbehalten II 2018 © kunstschule.wien


Nachteile von Kombinationspräparaten: ◊ Eine individuelle Dosisanpassung ist nicht möglich. ◊ Es ist unmöglich, Unterschiede im therapeutischen Effekt zwischen zwei, drei oder gar mehreren Komponenten festzustellen bzw. zu klären, welcher von mehreren Bestandteilen für eine beobachtete Wirkung verantwortlich ist. ◊ Die Gefahr von vorher nicht überschaubaren toxischen oder allergischen Wirkungen wächst mit der Zahl der Bestandteile. ◊ Die Wirkungsdauer der Komponenten ist oft ungleichmäßig (pharmakokinetische Inkompatibilität). ◊ Das anfangs bestehende Gleichgewicht zwischen den Wirkungen der Komponenten kann durch eine Enzyminduktion im laufe der Therapie gestört werden. Nebenwirkungen: Wie alle Arzneimittel kann auch ARTAPAX0002 Nebenwirkungen haben, die aber nicht bei jeder/m auftreten müssen. Die Nebenwirkungen sind abhängig von der Dosis des angewendeten Arzneimittels und reproduzierbar. Wiederholte Anwendungen führen zu stärkeren Nebenwirkungen. Bei Missbrauch von ARTAPAX0002 besteht die Gefahr der Abhängigkeit von kulturellen Produktionen und könnte damit Ihren Fernsehkonsum einschränken. Wenn Sie Nebenwirkungen bemerken, wenden Sie sich an die Mitarbeiter*innen der Kunstapotheke oder nützen Sie die Möglichkeit der elektronischen Meldung unter direktion@kunstschule.wien. Ihre Meldung kann helfen, weitere allfällige Nebenwirkungen zu bewerten. Laut § 1954 Abs. 2 des Kunstapothekengesetzes werden Ihre Angaben streng vertraulich gehandhabt. Laut § 2018 Abs. 4 des Kunstapothekengesetzes dienen Ihre Angaben ausschließlich zur Risiko-NutzenBewertung des Kunstapothekenunterrichts und der Vorbereitung eines kulturellen Aufstandes in Form des nächsten Magazines der kunstschule wien. Entsorgen Sie ARTAPAX0002 nicht im Abwasser oder Haushaltsabfall. Verfalldatum: unbegrenzt haltbar Herstellerin: kunstschule.wien


Magazin der

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Pillenalphabet von Julia Macho, Orientierungsjahre

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Inhaltsstoffe

Viel mehr ARTAPAX in der Kunstapotheke | Gerlinde Thuma, Direktorin

4 Das Logbuch zur Kunstapotheke | Eliane Huber-Irikawa

6 Von verknoteten Problemen, Eisprinzessinnen, „richtigen Jobs“ und einfach einem schönen Grün: Nada Grün | Interview: Angela Proyer

11 Interviews Sandleiten | Comics: Amelie Kinsky

12 Christina Huber gibt eine Nachricht ein … | Skype Interview: Angela Proyer

18 Realise – Stufen zum Erfolg | Johannes Doppler

24 Zeitzeugen – Editorial und Mapping | Birgit Kerber

30 Art Gang, Ausstellungsimpressionen

37 Druckgrafik | Tom Phelan

39 Malerei und Prozess | Ulrich Plieschnig und Anna Stangl

42 Comic | Johannes Doppler und Emilia Prodinger

47 Animation und Experimentalfilm | Peter Muzak und Karoline Riha

51 Zeichnen, ein Mittel | Barbara Höller

54 Portfolio | Bettina Schülke

57 Design und Raum | Katharina Bruckner

58 Comic Workshops | Sara Schuchter und Vanessa Kronjäger

60 Best 2017 | Birgit Kerber

61 Tiger | Bernhard Cociancig

66 Depot | Martina Reuter

69 ®Ausblick Impressum

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VIEL MEHR ARTAPAX IN DER KUNSTAPOTHEKE Vorwort der Direktion, Gerlinde Thuma

Das zweite Jahr der kunstschule wien NEU brachte MEHR Studierende (in zwei Jahrgängen studierten nun insgesamt 61 Menschen), brauchte MEHR Energie – mehr Einsatz – mehr Leistung – und brachte VIEL MEHR an künstlerischen Ergebnissen mit sich. (Siehe auch http://vielmehr.kunstschule.wien) In der Ausstellung der Studierenden im Frühjahr 2017 unter dem Titel „Realise" war das eindrucksvoll zu sehen. Die Kunst VHS hatte uns eingeladen, in ihren Räumen in der Lazarettgasse eine umfassende Präsentation der Arbeiten aus unseren Werkstätten zu zeigen – mehr dazu findet sich im Inneren des Magazins. Die gemeinsame intensive Arbeit an der Ausstellung hat bewiesen, dass Studierende und Lehrende der kunstschule wien mit einer robusten Natur und starken Abwehrkräften gegenüber allerlei widrigen Gegenwinden ausgestattet sind – Eigenschaften, die übrigens auch bei kalten Füssen helfen, wenn der Winter einmal streng und die Heizung defekt sein sollte! Auch um die benötigte Energie für anfallende Herausforderungen im Prozess der künstlerischen Umsetzung von Ideen und Projekten aufzubringen, braucht es eine gesunde innere Balance und ein starkes Immunsystem! Diese Zeilen bereiten die Brücke zur Apotheke – zur Kunstapotheke – zu unseren neuen Räumlichkeiten in der ehemaligen Apotheke Ecke Sandleitengasse/Liebknechtgasse. Auch dafür waren ein langer Atem und starke Nerven nötig, um zwei Wochen vor Beginn des neuen Studienjahres (wesentlich später als erwartet!) den Schlüssel entgegen nehmen zu

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dürfen. Aber jetzt sind die neuen Räume einsatzbereit. Ganz im Sinne von „Vorbeugen ist besser“ – um das Lokalkolorit zu bemühen – soll eine gute Basis geschaffen werden, auf deren Grundlage allen zukünftigen Anforderungen Stand gehalten werden möge. Die Studierenden des zweiten Studienabschnittes haben ein dichtes Jahr mit vielen Herausforderungen hinter sich gebracht, Anforderungen, die sie hin zu einem selbstständigen Agieren und Reflektieren stimulierten. Denn ARTAPAX macht es möglich: ARTAPAX ist das geniale kunstschule-wien-Medikament, das homöopathische Mengen von Provokationen und Stress (u. a. verabreicht durch die Lehrenden) beinhalten kann, manchmal vielleicht sogar Überdosierungen an Motivationen, theoretischen Inhalten und Arbeitspensa – all das nur um die Abwehrkräfte zu stärken, die Persönlichkeit zu stabilisieren und im Rahmen des erlaubten Dopings – die künstlerischen Methoden bergen eine Vielzahl davon – Höchstleistungen auszulösen. Mit der so aufgebauten Konstitution sollte dem Erfolg im kommenden Diplomjahr nichts im Wege stehen. Die Studierenden des Orientierungsjahres konnten die erprobte Medikation im Rahmen des Kunststudiums weitgehend nebenwirkungsfrei übernehmen und individuell dosieren. In diesem Sinn werden gewünschte und unerwünschte Wirkungen weiterhin beobachtet und die Verabreichung gewissenhaft verfeinert und auf persönliche Bedürfnisse abgestimmt.

Auf die (Mundschutz-) Freiheit der Kunst!


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Grafik: Kenan Sutkovic


Das Logbuch zur Kunstapotheke Eliane Huber-Irikawa

MAI 2017

Spätestens seit November 2016 war klar, dass die kunstschule wien bessere räumliche Verhältnisse braucht und die Lösung nicht darin liegen konnte, mehr Räumlichkeiten in der Lazarettgasse (Kunst VHS) anzumieten. Bei einer Sitzung auf Initiative von Ula Schneider mit der Gebietsbetreuung und dem Fonds Soziales Wien, bei der es eigentlich um die Zukunft des ehemaligen Elektropathologischen Museums ging, hatten wir im November 2016 zum ersten Mal davon gehört, dass die Apotheke im Sandleitenhof ab 2017 frei werden wird. Der Vorstand und die Direktion sahen sich jedoch bald nach Angeboten auf dem freien Markt um, da sich eine Übernahme der Apotheke, die seit Dezember 2016 ohne Mieter war, als schwierig herausgestellt hatte. Das Problem war von Anfang an der an das Mietobjekt gebundene, 154 m² große Keller unter der Apotheke. Die Apotheke an sich wäre laut den Anforderungen an Schulungsräume von Seiten des Stadtschulrats sehr geeignet gewesen. Der Keller jedoch ist ein teurer und unbrauchbarer Klotz am Bein.

JUNI 2017

Die Bezirksverwaltung des 16. Bezirks bietet ihre Unterstützung bei der Übernahme der Apotheke an und verspricht uns einen zahlbaren Mietzins und die Trennung des Kellers vom Mietobjekt. Natürlich sind wir über das Angebot sehr erfreut und erleichtert. Entspannt begeben wir uns in die Sommerpause.

JULI UND AUGUST 2017

Die schönste Zeit des Jahres: Direktion, Vorstand und Studierende genießen die Sonne, Neuinskribierte freuen sich auf den Herbst und das Orientierungsjahr 17/18. Ab und zu schleicht sich der

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Gedanke an die anstehende Apothekenübernahme ins Bewusstsein, kann aber noch erfolgreich verdrängt werden, da das neue Semester glücklicherweise erst am 30. Oktober beginnen wird.

SEPTEMBER 2017

Schon Ende August laufen die ersten Telefonate mit dem Bezirk und unserem Kontaktmann bei Wiener Wohnen, wie und wann nun die Sache mit der Apotheke wohl Wirklichkeit werden kann. Ula Schneider und ich telefonieren fast täglich und überlegen, wie man Bewegung in die Sache bringen kann. Es finden die ersten offiziellen Besichtigungen statt. Der Apotheker hatte uns allerdings die Räumlichkeiten schon einmal im Januar gezeigt. Eine sofortige Übernahme haben wir da wegen des Kellerproblems und der anstehenden Räumung der Erdgeschossfläche ausgeschlagen. Außerdem hätten wir dann die Miete über den ganzen Sommer zahlen müssen, für uns aus budgetären Gründen nicht vorstellbar. Die erste Besichtigung der nun leeren Räumlichkeiten offenbart den mangelhaften Zustand der Elektrik. Alle ehemaligen Anschlüsse der Geschäftsvitrinen wurden einfach gekappt und hingen überall aus den Wänden. Dies in Ordnung zu bringen, würde wohl sehr teuer werden. Sonst sind wir von der Helligkeit und Freundlichkeit der Räume beeindruckt. Merkwürdigerweise scheint der Immobilienmakler von Wiener Wohnen aber nichts von einer Separierung des Kellers vom Mietvertrag zu wissen und die Höhe der Miete ist keineswegs die vom Bezirk vermittelte. Das Tempo der Verhandlungen mit Wiener Wohnen spielt sich im mikroskopischen Bereich ab. Es schleicht sich Sorge ein, die sich auch nicht mehr verdrängen lässt, da der Semesterbeginn unbarmherzig näher rückt.


OKTOBER 2017

Die Spannung steigt. Es steht nun fest, dass wir nur das Recht für die Untervermietung des Kellers bekommen werden, dieser jedoch leider Teil des Mietvertrags bleiben wird. Täglich stehen Telefonate mit Wiener Wohnen und zur Bezirksvorstehung oder Gebietsbetreuung an, um den Prozess bis zur Mietvertragsunterzeichnung zu beschleunigen. Die Nerven liegen mehr als blank als selbst 20 Tage vor Semesterbeginn noch kein Vertragsunterzeichnungstermin vorliegt. Der Bezirk setzt alles in Bewegung, damit der Vertrag noch rechtzeitig unterschrieben werden kann. „Rechtzeitig“ ist jedoch Interpretationssache. Am 16. Oktober ist es dann endlich soweit. Ich sitze vor dem Mietvertrag und lese mit Staunen und Schrecken die Zahlen auf dem Papier, die ziemlich weit von dem entfernt sind, was uns einmal versprochen wurde. Fest steht, mit diesen Zahlen sind wir in diesem Jahr weit über der Belastungsgrenze. Nur großes Glück kann uns im Jahr 17/18 noch in die schwarzen Zahlen bringen. So ist leider diese langersehnte Vertragsunterzeichnung ein Grund zu neuer, großer Sorge. Eisernes Sparen hat also wieder einmal höchste Priorität. Großes Glück serviert uns jedoch Lösungen in kleinen Portionen. Die Inskriptionen laufen sehr gut und mein Neffe, der im Juni seine Lehrabschlussprüfung als Elektroinstallateur gemacht hat, rettet uns. Er ist bereit, gegen Kost und Logis und Übernahme der Fahrtkosten fast zwei Wochen Fronarbeit für die kunstschule wien zu leisten und richtet uns die gesamte Elektrik. Der formelle Elektrobefund vom hiesigen Installateur ist danach eine Sache, die in einer halben Stunde erledigt

werden kann. Der frühere Mieter, der Apotheker, ist ein wahrer Segen und weiht mich stückchenweise in die Geheimnisse der Heizung und der tausend Schlüssel ein. Einige Tage nach Vertragsunterzeichnung funktioniert die Heizung und das warme Wasser. Ula Schneider steht immer mit Rat und Tat hinter unserem Projekt und unterstützt mit Kontakten und Ideen.

NOVEMBER 2017

Wir sind umgezogen. Der Unterricht in der Apotheke hat begonnen und noch immer sind Berge von Arbeit zu erledigen. Bis zu 55 Stunden pro Woche plus Zweitjob gehen an die Substanz. Dank Natascha Peller, unserer Praktikantin, und der Hilfe von Johannes Doppler, Julia Bugram und vielen anderen Studierenden des 3. und 5. Semesters, die bei Transporten helfen, geht es jedoch Schritt für Schritt voran. Die Stimmung ist gut und wir haben motivierte und begabte neue Studierende, für die sich die Anstrengung lohnt.

DEZEMBER 2017

Die Formalitäten zur Anzeige neuer Unterrichtsräume beim Stadtschulrat sind erledigt. Es ist sehr gemütlich in der Kunstapotheke. Lehrende und Studierende halten sich gerne in den neuen Räumen auf. Nur: Was tun wir mit dem Keller? An die 20 Interessierte schauen sich die Räume an, aber niemand will sie wirklich. Ein Problem, das wir ins neue Jahr mitnehmen werden. Glücklich kann man jedoch auf das Geleistete zurückblicken, und die Aussichten für die kunstschule wien sind besser als seit Jahren. ◊

Eine Pause und Leerlauf bringen oft mehr an späterer Effizienz, als stur weiterzuarbeiten! Das Gehirn braucht Zeit, Gelerntes zu verarbeiten und wenn Du gleich neues Wissen darübersetzt, ist das Erstgelernte wieder weg. Kreativität entsteht oft erst in Freiräumen ohne starre Struktur, bei Kindern oft erst durch Langeweile. Das Zumüllen mit Informationen – Texte, SMS, social media, Nachrichten, Videos – nimmt da Freiraum weg. Bettina, Arbeitsmedizinerin

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Von verknoteten Problemen, Eisprinzessinnen, „richtigen Jobs“ und einfach einem schönen Grün

Nada Grün - Alumni und bis vor Kurzem Praktikantin der kunstschule.wien Interview: Angela Proyer

Nada hatte schon sehr viele Namen. Generell fühlt sich Nada mit ihren immer wieder neuen Namen wohl: Ein neuer Name steht für eine neue Zeit, eine neue Rolle. Wenn sie das Geld hätte, würde sie diese ganzen Namensänderungen auch offiziell beantragen und jeweils ihren Pass und alle Dokumente ändern lassen, „so als Projekt“. Nada hadert noch mit ihrer Person und ihrer Ausdrucksmöglichkeit: Einerseits soll ihr die künstlerische Arbeit Freude bereiten, andererseits beschäftigt sie sich intensiv mit kritischen Themen, die ihrer Meinung nach in die Arbeit sichtbar einfließen sollten. Aber gerade das Verweigern einer vordergründig angebrachten Gesellschaftskritik und der subtile unterschwellige Einsatz macht die Qualität ihrer Arbeit aus. Nada ist eine Künstlerin mit vielen Ideen, die genau beobachtet, viel diskutiert, alles ausprobieren will. Gesellschaftliche Strukturen bzw. deren Nichtvorhandensein beschäftigen sie. Sie hatte ei-

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nige äußerst unangenehme und schwer unterbezahlte Jobs. „Manche Firmen unterstützen Arbeitsverhältnisse, die ich kritisiere. Ich weiß noch nicht, ob ich dieses Thema in meinen Werken einfließen lassen will. “ Auf die Frage nach ihren bevorzugten Themenbereichen antwortet Nada lachend: „Schöne Sachen!“ Damit sind natürliche, harmonische Dinge gemeint, die — auf den ersten Blick nicht besonders beachtet — erst auf den zweiten Blick interessant erscheinen.

A: N:

Kann man dein Foto mit dem blühenden Baum auch kritisch sehen?

Doch, natürlich. Dieser Baum steht zum Beispiel in einer riesigen, neu erbauten Wohnhausanlage, wo nur Beton ist. Jeder der da hinfährt, sagt: ,ah da ist es aber schiach, da ist nur Beton, früher war da nur Wald und Wiesen‘. Und dann steht da ein Baum und ich kann ihn fotografieren und jeder glaubt anhand des Fotos, der steht mitten in der Natur.


Nada Grün hat 2011 an der alten „Wiener Kunstschule“ das Studium der Bildhauerei begonnen und im Jahr der Schließung 2014 ihr Diplom noch regulär machen können. Sie war Studierendenvertreterin, hat die Übersiedlung der Schule von der Lazarettgasse (9. Wiener Gemeindebezirk) in die Nobilegasse (15. Bezirk) mitgemacht, und war gemeinsam mit anderen Studierenden engagiert, die Schließung der Kunstschule zu verhindern.

N:

Im neuen Schulgebäude (Nobilegasse) mussten die Werkstätten erst einmal neu eingerichtet werden. Dabei haben Schüler*innen und Lehrer*innen intensiv zusammengearbeitet.

Dann wurde die Schließung der Schule angekündigt und wir (Studierende) haben für den Weiterbestand der Schule so viel Werbung wie nur möglich gemacht. Wir haben zum Beispiel eine Aktion gestartet, bei der wir uns am Wiener Eislaufplatz am Rathausplatz — als Eisprinzessinnen verkleidet — versammelt und Schilder hochgehalten haben mit der Info, wie wichtig es ist, dass die Schule nicht geschlossen wird.

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Nadas Diplomarbeit bestand aus einem Karussell, an dem mehrere Seile mit unterschiedlichen Knoten befestigt waren. Jeder Knoten war als Platzhalter für eine individuelle Herausforderung zu sehen, der man im Leben begegnet. Die Ausstellungsbesucher*innen wurden angehalten, einen Knoten in die Hand zu nehmen, allein oder gemeinsam mit anderen das Karussell zum Drehen zu bringen. Das Karussell dreht sich immer weiter — kommt immer wieder zum Ausgangspunkt zurück. Die Knoten stehen sowohl für individuelle Geschichten, als auch für zwischenmenschliche Beziehungen.

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A: N:

Und die Herausforderungen, hast du die definiert?

Nein, das sollte jeder für sich selber definieren. Ich hatte schon Vorstellungen, was diese Herausforderungen sein könnten — nicht Probleme — das klingt so negativ. Ich wollte keine negativ besetzte Arbeit machen. Apropos „zwischenmenschliche Beziehungen“: im Rahmen ihres Praktikums hat Nada nicht nur Regale geschleppt und meditativ Löcher in Trennwänden verspachtelt oder bei Organisatorischem geholfen. Sie tauchte auch in die Atmosphäre des Unterrichts ein, war Mäuschen und stolperte über die sich erst im Entstehen befindliche Gemeinschaft unter den aktuellen Studierenden, die sie als situationsbedingt, aber veränderbar sieht: Die neuen Räumlichkeiten könnten außerhalb der Unterrichtszeiten bespielt werden, die Studierenden würden mehr gemeinsam machen, es könnte mehr Austausch zwischen den Studierenden aus den unterschiedlichen Jahrgängen passieren.

N:

Während meiner Schulzeit haben wir viel gemeinsam gemacht. Hier kommt es mir nicht so vor. Jene, die Unterricht haben, kommen direkt zur Stunde und gehen dann auch gleich wieder. Ich habe das Gefühl, dass die Gemeinschaft in der kunstschule wien erst im Entstehen ist. Vielleicht kann sich das aber auch erst entwickeln, weil es ja jetzt erst wieder mehr Studierende gibt. Ich habe mir von den älteren Studierenden viel abgeschaut und dann kommt man voll rein in das Ganze!

N:

Bei einer künstlerischen Ausbildung geht es auch darum zu lernen, sich mit seinen Werken in einen spannenden Diskurs zu begeben, hinter die Fassade zu blicken, Inhalte sichtbar zu machen — den „geschützten Rahmen“ zu nutzen.

Nadas letzterTipp für die aktuellen und künftigen Studierenden der kunstschule wien: mehr gemeinsam unternehmen, mehr miteinander diskutieren, sich besser kernenlernen, voneinander lernen, den roten Faden in der Kunst finden. Eine Gemeinschaft bilden! ◊

A:

Damals gab es in der Wiener Kunstschule eine interdisziplinäre Klasse, warst du da?

Ja, da war ich, das war super. Egal aus welcher Werkstätte du gekommen bist, du bist mit allen Studierenden zusammengekommen und hast dich austauschen können. Man hat eng mit anderen zusammengearbeitet und gemeinsam Ideen entwickelt und alles in unterschiedliche Richtungen kombinieren gelernt! Man hat einen guten Überblick darüber bekommen, wie du vielleicht anders arbeiten kannst oder wie du mit Anderen gemeinsam anders arbeiten kannst.

Für mehr: www.nadagrün.com

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Erhältlich unter vielmehr.kunstschule.wien

Ich persönlich finde es oft gut, sich ein ganz kleines Thema auszusuchen, gut überschaubar, leicht zu lösen und das dann in kurzer Zeit abzuschließen. Dadurch hat man ein Erfolgserlebnis, kann sich BELOHNEN und das Interesse am Rest steigt ... sprich: den riesigen Berg in appetitliche Häppchen zu unterteilen. Bettina, Arbeitsmedizinerin

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Der Fotograf

Comics : Amelie Kinsky

Die Dame

Interviews im Sandleitenhof

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Christina Huber gibt eine Nachricht ein … Skype-Interview: Angela Proyer

[30.01.18, 20:54:19] Angela: Hallo Tini, schön, dass ich das Interview heute mit dir online führen kann. Ich freue mich schon darauf!

[30.01.18, 20:55:26] Christina Huber: Ich hoffe, ich kann hier ein paar sinnvolle und hilfreiche Dinge von mir geben.

[30.01.18, 20:55:38] Angela: Tini, du bist Quereinsteigerin in der kunstschule wien. Du konntest durch deine Vorbildung direkt in den zweiten Studienabschnitt einsteigen. Wo und was hast du vor der Kunstschule studiert?

[30.01.18, 20:58:05] Christina Huber: Ich war für ein Jahr in Holland an der „Design Academy Eindhoven“ und habe konzeptuelles Produktdesign studiert. Danach war ich ein halbes Jahr in Linz an der Kunstuniversität und habe „textil kunst design“ studiert – beide Studien bieten einen Bachelorabschluss an. In Holland bekam ich auch Einführungen in alle Werkstätten – deshalb konnte ich das Orientierungsjahr hier in Wien überspringen.

[30.01.18, 20:59:19] Angela: Ein paar Veranstaltungen des Orientierungsjahrs musst du allerdings noch besuchen und dort auch die Prüfungen nachholen. Welche sind das und gibt es da spezielle Gründe dafür? Und wie bringst du das alles unter einen Hut?

[30.01.18, 21:02:09] Christina Huber: Ja, dieses Semester hole ich Druckgrafik, Comic, Animation und Experimentalfilm nach. Druckgrafik (außer Siebdruck) und Comic sind komplett neu für mich. Mit Film habe ich in Holland schon gearbeitet. Es geht sich meistens alles gut aus und wenn nicht, versuche ich ein Minimum zu absolvieren.

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[30.01.18, 21:03:57] Angela: Also kannst du einiges ausprobieren und dich in bestimmten Disziplinen, von denen du vielleicht dachtest, dass sie dir nicht liegen, versuchen?!

[30.01.18, 21:06:33] Christina Huber: Ja! Besonders Druckgrafik macht mir großen Spaß. Das Drucken auf Papier hat mich auf den ersten Blick begeistert, da ich Drucken nur von SIebdruck kenne.

[30.01.18, 21:07:33] Angela: Kannst du uns ein bisschen etwas darüber erzählen, wie die beiden Universitäten, die du besucht hast, strukturiert sind? Und was es da für Abschlüsse gibt?

[30.01.18, 21:14:44] Christina Huber: An der „Design Academy“ ist das erste Jahr in Trimester unterteilt. Ich habe Malerei, Metall, Holz, Plastik, Siebdruck, Philosophie, Zeichnen, Typographie, Performance, Architektur, Ernährung, Formlehre, Film, 3D-Drucken, Keramik, Photoshop und Kunstgeschichte besucht. Je nach den persönlichen Stärken wird man*frau dann für das zweite Jahr in eine Abteilung eingestuft. Ich bin in „Men and WellBeing“ eingeteilt worden, habe aber zu „Men and Identity“ gewechselt. Dann in Linz gab es andere Schwerpunkte. Dort hatte ich Unterricht in Kunst und derzeitige Strömungen, Papier, Siebdruck, Weben, Zeichnen, Kunstgeschichte und Nähen. Der Abschluss wäre ein Bachelor of Arts gewesen. In Linz besuchte ich ein Bachelorstudium mit Schwerpunkt Textildesign. (das ist dem „Men and Identity“ ähnlich). Beide Unis haben mich sehr geprägt, allerdings in die Arme der Malerei getrieben, zu der ich durch meinen eher technischen und praktischen Zugang bis jetzt wenig Bezug hatte.

[30.01.18, 21:16:28] Angela: Das klingt tatsächlich alles sehr „technisch“ – im Sinne von viel Planungsarbeit im Vorfeld und einer Umsetzung nach Vorgabe. Jetzt studierst du „Malerei und Prozess“ und „Bildhauerei“ – ist das nicht ein komplett anderer kreativer Zugang? Auch in der Druckgrafik – selbst bei Wissen um Technik und Abläufe ist der ganze Prozess sehr frei. Ging es dir um diese Freiheit oder um etwas ganz anderes?

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[30.01.18, 21:21:34] Christina Huber: Ja, bei Design steckt wirklich viel Planerei drinnen. Damit bin ich eigentlich gut zurechtgekommen – früher! Aber heute bin ich mit dieser Freiheit, die Kunst hervorrufen kann, sehr glücklich. Manchmal merke ich, wie mir das Durchdenken abgeht, aber das ist eher selten. Kunst macht man mit dem Herzen, während Design oft mit dem Hirn zu tun hat. Darum liebe ich Kunst.

[30.01.18, 21:24:06] Angela: Wie bist du auf die kunstschule wien aufmerksam geworden und war dieser Wunsch nach Freiheit vielleicht deine Motivation, hier bei uns ein Studium zu beginnen?

[30.01.18, 21:27:54] Christina Huber: Ich hatte im Sommer ein bisschen Zeit und meine früheren Lehrer*innen haben mir immer wieder klar gemacht, dass ich mich in der Malerei sehr wohl fühlen könnte. Eigentlich war mir ein Platz am Kolleg für Grafikdesign an der Grafischen schon gesichert gewesen. Im Sommer habe ich dann spontan einen Malkurs an der Kunst VHS besucht und war so begeistert, dass ich meinen Eltern mitgeteilt habe: „… ich entferne mich ein bisschen vom Design und mache Kunst!“. Im Prospekt der Volkshochschule habe ich mir angesehen, wo die Kursleiter*innen studiert hatten und da war oft die Kunstschule gefallen, also habe ich mich angemeldet.

[30.01.18, 21:30:51] Angela: Das ist fein! Ich gratuliere dir zu dem Schritt, der sicherlich auch sehr mutig war. Kannst du ein bisschen etwas darüber erzählen, welche Themen du gerne behandelst, gibt es überhaupt bestimmte Themen und/oder wiederholen sich diese?

[30.01.18, 21:36:43] Christina Huber: Ich habe unterschiedliche Herangehensweisen. Vieles aus der Typografie verwende ich gerne. Ebenso außergewöhnliche Formelemente, besonders gern habe ich organische Formen wie Zellen, Spiralen und Kurven. Ich arbeite auch häufig mit unterschiedlichen Mustern (das habe ich aus Linz ein bisschen mitgenommen), um verschiedene Dimensionen zu erzeugen. Momentan beschäftige ich mich mit Zellen – und der Grenze zwischen Körper und Geist. Es verwundert mich immer wieder, wie so ein kleiner Organismus so ästhetisch proportioniert sein kann.

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...

[30.01.18, 21:39:25] Christina Huber: Auch die verschiedenen Religionen mit ihren Symbole sind ein sehr interessantesThema. Dadurch, dass ich sehr abstrakte realistische Formen male, interessieren mich Symbole und das Bild an sich meist mehr als ein Thema.


[30.01.18, 21:42:44] Angela: Entschuldige die kurze Pause – meine Tochter hat im Schlaf kurz geweint, musste sie bissi trösten – geht schon wieder :)

[30.01.18, 21:43:14] Angela: Apropos Tochter … Deine Bilder erinnern mich an das Innere von weiblichen Körpern – Gebärmütter, Bauchräume … Und deine Serien haben klingende Namen wie: Maximum Feels oder Abstract Dreaming. Das ist alles sehr audrucks- und gefühlsstark.

[30.01.18, 21:44:01] Christina Huber: Ach so, ok passt :)

[30.01.18, 21:44:01] Angela: Und „abstrakte realistische Formen“ – was kann man sich darunter vorstellen?

[30.01.18, 21:45:28] Christina Huber: Die meisten Formen, die ich zeichne, möchte ich gerne abstrakt halten. Das bedeutet für mich nicht real, aber doch in einer realistischen Weise gemalt. Ist das verständlich? Meine Werke kommen meistens aus einem sehr ruhigen Punkt aus mir. Ich liebe es, wenn ich Menschen damit beruhigen und berühren kann.

[30.01.18, 21:49:34] Angela: Das heißt, die „Formen“ die du malst od zeichnest, die gibts schon real? Sind also nicht „nur“ irgendwelche – sagen wir mal – „Phantasiegebilde“?

[30.01.18, 21:49:58] Christina Huber: Genau, zumindest momentan gerade :)

[30.01.18, 21:50:27] Angela: Dass die Werke aus einem sehr ruhigen Punkt, wie du es beschreibst, kommen, spürt man total! Was geht in dir vor, wenn du malst – denkst du an etwas Bestimmtes?

[30.01.18, 21:53:07] Christina Huber: Meistens versuche ich nur an den Strich oder die Farbe zu denken und wo ich sie positionieren will. Manchmal höre ich daneben Musik oder schaue fern. Ich war schon als Kind so, dass ich immer gemalt und gezeichnet habe, da musste ich mir angewöhnen, das nebenbei zu machen (wie Schule oder Freizeit). Wenn ich abgelenkt bin, zeichne ich am liebsten, obwohl ich momentan versuche, das ein bisschen zu ändern, da es mir mit der Malerei doch sehr ernst wird.

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[30.01.18, 21:55:42] Angela: Und bei Bildhauerei? Kommst du da auch in diesen flow?

[30.01.18, 21:56:36] Christina Huber: Hmmm – es geht. Es erinnert mich eher an Design, darum eher selten. Um ehrlich zu sein, zeichne ich gerade in Bildhauerei auch :)

[30.01.18, 21:57:09] Angela: Hast du Angst davor, als Künstlerin zu leben? Also von deiner Kunst zu leben – finanziell und energetisch?

[30.01.18, 21:58:32] Christina Huber: Ja große! Aber ich weiß auch, dass es nichts anderes für mich je geben wird.

[30.01.18, 22:01:39] Angela: Wie schaffst du diesen Ruhepol in dir? Kommt das durch die Malerei oder machst du auch noch zusätzlich irgendwelche Entspannungstechniken? Und was inspiriert dich?

[30.01.18, 22:08:21] Christina Huber: Mich inspiriert Mode, Sport (ich mache gerne Ballett und Yoga), Musik inspiriert mich am meisten. Ich glaube das wichtige ist, den Moment der Inspiration zu erkennen und irgendwie festzuhalten. Dafür habe ich mein Skizzenbuch, das zu führen wurde mir in Holland antrainiert – wie ein Tagebuch – ein Inspirationsbuch führen. Da kann bei mir wirklich alles drinnen sein. Zur Zeit ist es hauptsächlich die Natur. Ich liebe es, im Grünen und am Land zu sein, spazieren und wandern zu gehen. Museen besuche ich auch gerne. Am liebsten habe ich das „21er haus“. Alles im Leben ist eigentlich eine Inspirationsquelle.

[30.01.18, 22:12:49] Angela: Oh ja, das Skizzenbuch und die Inspirationssammlung!! Das ist schon sehr wichtig und wird oft unterschätzt.

[30.01.18, 22:13:40] Angela: Ich mag noch einmal zu deinen Erfahrungen mit deinen vorherigen Kunstausbildungen zurückgehen und wie du sie im Vergleich zur Kunstschule siehst. Gibt es etwas, was dir an der Kunstschule besonders gefällt bzw. fehlt dir etwas, stört dich etwas?

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[30.01.18, 22:16:03] Christina Huber: Es gefällt mir die Freiheit, die man hat. Vielleicht fehlt ein Unterricht in Philosophie – also angewandte Philosophie wäre toll.

[30.01.18, 22:17:40] Angela: Noch eine letzte Frage, auch weil wir unser Interview hier im Skype machen. Nützt du häufig verschiedene Kommunikations-Apps und bist du viel in sozialen Medien unterwegs? In der Kunstschule haben wir Studierende zwischen 16 und bald 70 Jahren – da kann Kommunikation sehr unterschiedlich funktionieren. Wie ist das für dich? Kannst du dir ein Leben ohne Internet überhaupt vorstellen?

[30.01.18, 22:29:09] Angela: Ja, anstrengend und auch oft etwas seltsam – gell! Man kann sich angeregt unterhalten und nebenbei ungeniert ein Haar am Kinn auszupfen oder in einem wirklich „schiachen“ Pulli dasitzen und muss sich keine Sorgen machen, dass man komisch rüberkommt.

[30.01.18, 22:31:43] Christina Huber: Oder man kann währenddessen essen. Ja, es ist etwas schwierig: Für ein Interview ist es ok, für eine emotionale Szene wahrscheinlich weniger : Es ist doch eine „abwesende“ Art der Kommunikation.

[30.01.18, 22:34:22] Angela: Ja, die Emotionen brauchen ein direktes, reales Gegenüber! Egal, was das für eine Szene ist – oder gar ein Kunstwerk … :)

[30.01.18, 22:34:25] Angela: Liebe Tini, ich bedanke mich für das sehr spannende Interview und wünsche dir jetzt noch eine Gute Nacht! Danke!!

[30.01.18, 22:35:06] Christina Huber: Ich fand es sehr nett :) Gute Nacht zurück. Dankeschön!

Mehr Informationen zu Christina Huber und ihren Arbeiten unter: www.tinihuber.com

[30.01.18, 22:21:45] Christina Huber: Ja, das kann ich definitiv. Ich finde, man kann Internet und Onlineplattformen schon nutzen, aber das soll nicht der Lebensmittelpunkt werden. Ich finde, man sollte immer bedenken, die Technik soll nicht uns kontrollieren, sondern wir die Technik. Da ich vorhabe, in Zukunft einmal aufs Land zu ziehen, werde ich da hoffentlich nicht so viele Medien, die mich ständig beeinflussen, haben. Ich habe momentan auch kein Facebook oder Twitter oder Instagram mehr, weil es einfach anstrengend wird – auf Dauer.

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Realise Stufen zum Erfolg Johannes Doppler

Nach einer grandiosen Ausstellung im ersten Jahr der kunstschule wien, wollten wir auch im zweiten Jahr etwas vergleichbar Erfolgreiches aufbauen. Nur konnten wir wohl kaum erwarten, tatsächlich nochmals eine derartige Dimension zu erreichen, zumal uns die Unterstützung von SOHO in Ottakring fehlen würde, der wir die enorme Aufmerksamkeit von Seiten der Öffentlichkeit verdanken konnten. Aber wir wollten uns der Herausforderung auch ohne diese Hilfe stellen. Den Studierenden stand es im vergangenen Schuljahr frei, sich mit eigenen Themen auseinander zu setzen und diese künstlerisch weiter zu verfolgen – neue Ideen wurden ausprobiert, interessante Interpretationen geschaffen und unterschiedliche Umsetzungsmethoden eingesetzt. Wer sich allerdings lieber mit dem direkten Umfeld der Kunstschule beschäftigen wollte, hatte hierzu die Möglichkeit zum Jahresthema „Widerstand Zivilcourage“ Projekte zu entwickeln. Der Sandleitenhof im 16. Wiener Gemeindebezirk, in dem unsere Schule seit einem Jahr Unterrichtsräume bespielt, nahm im Widerstand eine wichtige Position ein, als in den Februaraufständen des Jahres 1934 in den sozialistisch geprägten Gemeindebauten gekämpft wurde. Ein Wissenschaftsprojekt hierzu wird noch an späterer Stelle dieses Magazins präsentiert. Das Widerstandsthema sollte jedoch nicht nur auf geschichtlicher Ebene behandelt werden. Auch im täglichen Leben treffen wir immer wieder auf Ungerechtigkeiten aller Art und auch auf Menschen, die sich dagegen behaupten wollen. Viele von uns sind der Ansicht, dass Optimismus und Vertrauen die Fundamente für eine bessere Zukunft darstellen. In der Realität mag das jedoch auch anders aussehen: Gleichgül-

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tigkeit und Furcht können sowohl vom Handeln abhalten, als auch zu mutigen Taten bewegen. Nach der Entscheidung für ein künstlerisches Thema begann einmal mehr die Arbeit an unseren großen Projekten und die Zeit war wieder einmal knapp. Die Ausstellung sollte bereits Ende April in den Räumen der langjährigen Partnerinstitution der Kunstschule, der Kunst VHS stattfinden. Mit weit weniger Zeit als im Vorjahr wollten wir dennoch unsere Projekte realisieren. Das war bei weitem nicht einfach, denn im vergangenen Schuljahr mussten wir auch einer neuen Generation von Kunstschüler*innen Platz einräumen. Das neue Orientierungsjahr musste neben den höheren Semestern unterrichtet werden und deshalb hatte die Schulleitung alle Hände voll zu tun, um die nötigen Lehrkräfte und den erforderlichen Platz zu gewährleisten. Unser Standort in der Rosenackerstraße 14 war darum häufig sehr vollgepackt. Auch musste der Unterricht gestaffelt abgehalten werden, um die parallele Nutzung der Räume zu ermöglichen. Natürlich bekamen wir aber auch Unterstützung. Unsere neue Expertin für Display und Projektmanagement, Bettina Schülke, stand uns mit ihrer Erfahrung von Anfang an zur Seite.


Sie übernahm die allgemeinen organisatorischen Aufgaben und koordinierte sowohl Ablauf als auch Terminplan. Auch viele Unterrichtende boten über den Unterricht hinaus wertvolle Beratung und Hilfe an. Installationen und performative Arbeiten als Teil der Ausstellung verlangten eine umfassende Koordination mit den Organisator*innen der Kunst VHS, um allen Eventualitäten Rechnung zu tragen. Besonderen Dank gebührt dem gesamten Team der Kunst VHS, vor allem aber Frau Mag.a Monika Fischer, die sich bei Planung und Hängung der Werke stark engagiert hat. Dennoch standen wir enorm unter Stress. Die schulischen Pflichten, kombiniert mit der Arbeit am ersten Magazin der kunstschule wien und der Organisation der Ausstellung stopfte unseren Terminkalender enorm voll. Hinzu kam, dass die Presse- und Werbearbeit ebenfalls zu erledigen war und glücklicherweise von der Werkstätte Grafikdesign übernommen und koordiniert wurde. Wegen der unterschiedlichen inhaltlichen Positionen in unseren Arbeiten lieferte im Folgenden die Direktion der kunstschule wien den Titel der Ausstellung: „Realise“ – die Realisierung unserer Ideen stand nun im Vordergrund.

Die nächste Hürde bestand in der Hängung der Werke selbst. Hierfür wurden uns von der Kunst VHS Rahmen und Hilfsmittel zur Verfügung gestellt. Damit allein war es natürlich nicht getan. Wir mussten ein Leitsystem entwickeln, das den Ausstellungsraum deutlich kennzeichnete und uns allerlei sicherheitstechnischen Fragen stellen. Hinzu kam, dass die Mehrheit im Orientierungsjahr noch nie mit den Modalitäten einer Ausstellung zu tun hatte und in Sachen Präsentation der Arbeiten unterwiesen werden musste. Hier sei Barbara Höller gedankt, die uns in den beiden Aufbautagen Ende April kräftig unter die Arme gegriffen hat. Das Treppenhaus der Kust VHS ist kein einfacher Ausstellungsraum. Viele Stufen mussten erklommen werden, um jedes einzelne Werk an seinen Platz zu bringen. Diese körperliche Anstrengung machte es auch nicht leichter, die Bilder korrekt in der Waage zu halten, vor allem, da wir nur eine einzige Wasserwaage zur Hand hatten. Wichtig bei der Hängung war natürlich auch die kompositorische Zusammenstellung. Die Bilder sollten einem Muster folgen, das sich wie ein roter Faden durch das Stiegenhaus zog. Das mag thematisch zwar nicht möglich gewesen sein,

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dafür aber methodisch. Wir einigten uns auf ein System, das Werke gleicher Machart auf die vier Stockwerke verteilte. Am fünfundzwanzigsten April war es dann soweit und wir eröffneten unsere Ausstellung mit einer großen Vernissage in der Kunst VHS. Gleichzeitig fand die Erstpräsentation unseres Magazins 0001 „O Ignored“ statt, welches vor Ort zusammen mit Originalzeichnungen und Skizzen der Studierenden zum Kauf angeboten wurde. Wir konnten uns über zahlreiche Besucher*innen freuen, die sich genau wie wir selbst die vielen Stufen bis ins oberste Stockwerk hinaufarbeiteten, um alle Werke bestaunen zu können. Nachdem auch unsere Spendenkasse am Ende des Abends gut gefüllt war, waren wir uns einig, einen guten Start hingelegt zu haben. Als die Kunst VHS uns später um eine Verlängerung unserer Ausstellung um einen weiteren Monat und im Falle einiger besonders auffälliger Werke auch über diesen Zeitraum hinaus

ersuchte, haben wir uns – die Qualität der Ausstellung betreffend – bestätigt gefühlt. Für uns war es nämlich eine sehr stressige Zeit und wir waren froh, wieder etwas Luft zu bekommen. Jetzt aber, wo wir ARTAPAX, den neuen Kreativitätspusher der kunstschule wien haben, gehören die anstrengenden Tage der Vergangenheit an. ARTAPAX macht uns wieder fit und öffnet unsere Gemüter für neue kreative Herausforderungen. Und die werden wir allemal brauchen. Denn dieses Jahr ist es nun auch soweit: das erste Diplomjahr der kunstschule wien. Jene von uns, die schon von Anfang an dabei waren, werden dieses Jahr zeigen, wie sie sich in drei Jahren der künstlerischen Aus- und Weiterbildung entwickelt haben. Eine Gelegenheit, auf die wir uns schon alle vorbereiten. In diesem Sinne dürfen Sie sich schon einmal auf die nächste Ausgabe dieses Magazins 2019 freuen. ◊

Im Moment sein: „Später“ aus dem Wortschatz entfernen. Besser ist für sich zu klären, was geht und was brauch ich dafür! Barbara, Psychotherapeutin

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O ignored magazin 0001 der kunstschule.wien

Hardfacts:

Die Ausstellung „Realise“ versammelte Arbeiten der Studierenden der kunstschule wien aus dem Schuljahr 2016/17 sowie Beiträge zum Jahresthema „Widerstand Zivilcourage“. 26. April bis 19. Mai 2017, Kunst VHS, Lazarettgasse 27, 1090 Wien Fotos von der Eröffnung: http://kunstschule.wien/realise-das-war-die-vernissage/ O ignored magazin 0001 der kunstschule.wien 2017. Das Magazin bietet eine Einblick in Studierendenarbeiten, Lehrveranstaltungen, Projekte und Kooperationen der kunstschule.wien. Theoretische Texte von Lehrbeauftragten und Gastautor*innen befassen sich mit Kunstausbildung im Allgemeinen und der kunstschule.wien im Besonderen. Das Werk wurde von Studierenden konzipiert und umgesetzt. (Leitung Birgit Kerber) Magazinkonzept: Studierende im 3. Semester Redaktionsteam: Johannes Doppler und Angela Proyer Konzept/Layout/Grafik: Bernhard Cociancig und Kenan Sutkovic https://issuu.com/kunstschule.at/docs/magazin_o_ignored_kunstschule_wien

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Zeitzeugen – Editorial Design und Mapping Ein Projekt der Werkstätte Grafik Design in Kooperation mit wohnpartner

Im Oktober 2016 beteiligte sich die kunstschule wien, auf Einladung der wohnpartner, an den Vernetzungstreffen der Arbeitsgruppe „Erinnern und Gedenken in Sandleiten“.

„Ziel der Arbeitsgruppe war es die Informationen vor Ort der Allgemeinheit auf eine anschauliche Art und Weise zur Verfügung zu stellen, und Erinnerungsorte zu gestalten.“ wohnpartner Im Zuge dieser Zusammenarbeit gestalteten Studierende der Werkstätte Grafik Design einen Stadtplan, der die Standorte des Widerstands in Sandleiten mit Bild- und Textmaterial dokumentiert und sich inhaltlich mit der Dokumentation der 2015 von den wohnpartner erschienenen Broschüre „70 Jahre kampflose Befreiung von Ottakring” auseinandersetzt. Die entstandenen Einzelarbeiten visualisieren Zeitzeug*innen-Projekte intellektuell als auch emotional aus unterschiedlichen Sicht- und Herangehensweisen.

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Der Faltplan von Johanna Gratzer wird seit seinem Erscheinen sehr gut angenommen. Offensichtlich hat sich die Information über die Existenz dieses Planes weit über die Grenzen von Ottakring verbreitet, da wir auch Gäste aus Deutschland und der Schweiz als Interessent*innen begrüßen durften, was Birgit Elsner, wohnpartner uns sehr freut.


Alle entstandenen Arbeiten wurden im Lokal der wohnpartner, am Matteottiplatz, im Zuge der Art-Gang-Ausstellung präsentiert.

Projektleitung: Birgit Kerber, kunstschule.wien | Birgit Elsner, wohnpartner wohnpartner: Die Serviceeinrichtung setzt sich im Auftrag der Stadt Wien gemeinsam mit den Bewohner*innen für ein gutes Zusammenleben im Wiener Gemeindebau ein. „wohnpartner“ vermittelt bei Konflikten und führt vielfältige Projekte und Veranstaltungen in den Wohnhausanlagen durch. Weitere Informationen: www.wohnpartner-wien.at

Such Dir etwas in deiner Nähe - eine Person, ein Stillleben, eine Landschaft und beginne zu zeichnen ohne auf das Papier zu schauen und ohne den Stift zu heben. Versuche so viele Details wie nur möglich zu zeichnen. Erst wenn Du fertig bist, darfst Du wieder auf das Papier schauen! Angela, Studierende der kunstschule wien

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Eine Jury, bestehend aus wohnpartner-Mitarbeiter*innen, wählte ein Projekt aus, das den Kriterien ihrer Vermittlungsarbeit entsprach. Die von „wohnpartner“ prämierte Arbeit von Johanna Gratzer konnte dankenswerterweise durch die Unterstützung von der OEADF und facultas realisiert werden und liegt in einer Auflage von 500 Stück im wohnpartner-Lokal Sandleiten zur freien Entnahme auf.

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Paprikakistn

Zeillergasse 7–11, Stiege 11, 1170 Wien

1943 wurde unter den schwierigsten Umständen in der Wohnung der Fam. Burda die illegale Zeitung „Die Wahrheit“ von Helene „Helli“ Neuhaus, Frieda und Franz Burda und Karl Hodumali (Leo), von dem es sich später herausstellte, dass er Mitglied der Komintern war, produziert. Mit der Verhaftung von Friedl Burda und „Leo“ Anfang 1944 wurde sie wieder eingestellt. Hodumali wurde in einem KZ umgebracht.(8) Buchtipps: Den Krieg um ein paar Tage verkürzen. Friederike Burda, http://www.doew.at/erinnern/ biographien/erzaehlte-geschichte Der Himmel ist blau. Kann sein. Berger,/ Holzinger, Elisabeth/ Podgornik, Lotte/ Trallori, Lisbeth N (Hg.): Promedia, 1985

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Bernhard Cociancig

Kenan Sutkovic

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Lena Faustenhammer

Julia Kieslinger

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ART GANG 2017

Ausstellungsimpressionen

Jede ARTGANG widmet sich unterschiedlichen inhaltlichen Perspektiven auf einen Stadtteil oder auf einen thematischen Schwerpunkt. Die Ausstellungen fanden im ehemaligen elektropathologischen Museum und im wohnpartner - Lokal, im 16. Bezirk statt.

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Plakat zur Art-Gang 2017, Grafik: Kenan Sutkovic

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ARTAPAX PLAZEBO INHALATOR WERTFREIES WAHRNEHMEN HINTER DIE OBERFLÄCHE BLICKEN WAHRNEHMEN MIT ALLEN SINNEN DURCHBLICKEN/ AUFNEHMEN/ SAMMELN

ARTAPAX PLAZEBO INHALATOR WERTFREIES WAHRNEHMEN HINTER DIE OBERFLÄCHE BLICKEN WAHRNEHMEN MIT ALLEN SINNEN DURCHBLICKEN/ AUFNEHMEN/ SAMMELN

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Fotos: Chris Uiberacker

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Druckgrafik Tom Phelan, Dozent

In the past two years, we were teaching the printmaking course at a small studio in Wolfganggasse in the 12th district, but since November we have now been in our own large space which has an areas specifically for printmaking. This development is a greatfully enhanced experience for me and the students as we now have a large open space to work and print in. When we are fully set up, we will be able to expand the printing processes we can offer with photo polymer with our newly acquired light exposure unit. We now also have a large new aquatint box which is a fantastic development allowing for a more comprehensive etching process and enabling students to fully exploit the possibilities of the medium of printmaking.

The course covers the mediums of woodblock, lino (relief printing) along with a comprehensive study of the medium of intaglio print making (etching). This medium is a more complex process and the techniques are explained and demonstrated in full during the course. With completion of the course, the students will be equipped and have the necessary technical skills and knowledge to confidently continue their exploration into this expansive medium. From the students’ side, the following are our observations and comments to Tom’s statements as well as our collectively gathered impressions:

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Sezen Nasvadi– 3rd semester

“The presence of print graphics art works has strongly diminished in the art scene, it seems to have almost disappeared and the younger generation seem less interested in this discipline. In addition, very few institutes still have print graphics on their curriculum. In contrast to graphic design, print graphics is ‘made by hand’ and not by the computer, it seems livelier with more ‘soul’. I in particular like the intaglio work with copper and zinc plates, it very much reminds me of illustrations in old books. I have also decided to continue with print graphics in the following semesters.”

Bernhard Cociancig – 5th Semester

“I have chosen print graphics as my major subject after having enjoyed the experience during the introductory year: the multitude of techniques such as intaglio, relief and silk screen printing paired with the many different ways to prepare and print the plates provides a wide array of possibilities to fulfill my ideas and turn them into art works. It also provides a rare way to combine very technical, artisan work with art. Without the opportunity to experiment and trying the printing techniques hands-on in the kunstschule, I would most likely never have taken up this traditional craft. Much of that I and my fellow students owe to the very professional and enjoyable lectures with Tom.“

Zsuzsanna Vécsei – 5th semester

“I wholeheartedly second JB’s above mentioned opinion on Tom and his qualities as a lecturer – in his classes I feel simultaneously challenged, supported and respected, although I can see myself that I am still working on the basics of print graphics. Refinements and polished results are of less importance for me at this stage, they might come later with more experience and work. Nonetheless, I can feel and see the progress I have made and enjoy both the process and my products.”

Marlene Hollerweger – 3rd semester

“In my previous education, I have been involved with silk screen printing and was hence interested to learn about other printing techniques such as lino and intaglio printing from plastic and cop-

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per plates. We now have more space to work in and I have gathered quite some experience in the etching processes, but have also seen that I will still need much more practice. Therefore, it is my decision to continue with print graphics in the following semesters.”

Christina Mayerhofer – 5th semester

“As I am a very graphic oriented person, also in other art disciplines like drawing and also painting, print graphics fits in very well with my desires and imagination. In my previous art education, I have already been told that print graphics will most likely become the technique of choice for me. Aside from transforming my ideas into artwork, I also feel very comfortable with the decelerating and somehow often meditative processes: they calm me down, I take my time to work on the intaglio copper plates, which are my favorite print graphics technique.”

Ingeborg Doppler - 5th semester

“Since I very much enjoy working with my hands, print graphics provides a multitude of different ways to fulfill my ambitions. The variety and quantity of techniques allows me to express my artistic inspirations. While I have tried all possibilities of producing print graphics, I very much lean towards the relief printing techniques: intaglio with the long and repetitive processes of etching, stopping out, inking up, printing, retouching – that’s all a bit too long winded for me before I see a result, in particular a result which satisfies me!”

Julia Bugram – 3rd semester

“I am really impressed with Tom’s dedication to teach us students the elements of print graphics, he is coming across as very professional in technical but also pedagogical matters, providing very useful and practical hints on how to achieve the objectives without being pushy. In particular, I have come to like the aquatinta technique on zinc plates a lot which produces effects of different shading – although, sometimes the results are a bit unexpected and surprising, but that often adds to quite a unique outcome! I will certainly continue the print graphics classes in the coming semesters.” ◊


Malerei und Prozess Ulrich Plieschnig und Anna Stangl, Dozent*innen

Wie lehrt man Kunst? Wie kann ich etwas von mir weitergeben, mitteilen, das so personalisiert ist, so sehr mit meiner Person verbunden, dass ich es einfach so weitersage? Wie kann ich etwas vermitteln, das ich für mich dank meiner persönlichen Erfahrung, Intuition, Leidenschaft gut umsetzen kann, das ich aber erst ansatzweise mit anderen geteilt habe? Wie kann ich etwas, das in meinem Geiste, aber auch in meiner Seele verankert ist, in allen Facetten und in einer Lehrsituation nach außen tragen?

Diese Fragen stellten sich mir, als ich mich damit beschäftigte, mit dem Unterricht an der kunstschule wien zu beginnen. Nach mehreren Jahrzehnten freischaffender Tätigkeit weiß ich, was ich kann und was ich mir zutraue, sowohl bei meiner Arbeit im Atelier, im Steinbruch oder bei einer Performance im öffentlichen Raum, beim Gestalten und Kuratieren von Ausstellungen und anderen Angelegenheiten auf dem Kunstmarkt. Das alles gut verpackt an Student*innen weiter zu geben, war nun die neue Herausforderung. Und siehe da, bei so viel Motivation und Tatendrang der Studierenden hätte ich mir viele Überlegungen ersparen können! Ich war überrascht und überwältigt, mit welcher Lust und Intensität die Studierenden ab der ersten Stunde an ihre Aufgaben herangingen, wie selbständig die meisten ihre malerischen Fragestellungen in Angriff nahmen. Natürlich entwickelt sich eine Künstler*innenpersönlichkeit nicht innerhalb von wenigen Semestern Ausbildung zur vollen Blüte – aber ein gutes Fundament kann allemal geschaffen werden. Durch persönliche Gespräche und abgestimmt auf jede*n einzelne*n Studierende*n werde ich – gemeinsam mit meiner Kollegin Anna Stangl – anstreben, soviel wie möglich von meiner eigenen Freude an der Malerei an die Studierenden weiterzugeben, sie zu bestärken, zu unterstützen und zu fördern. In diesem Sinne freue ich mich auf die Konfrontation und den Diskurs und bleibe in angespannter Erwartung möglichst vielfältiger und vielschichtiger Ergebnisse, die bei weitem keine MeisUlrich Plieschnig terwerke sein müssen. Die kommen später.

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Nun bin ich also eine der neuen Leiter*innen der Werkstätte Malerei und Prozess. Ich finde die Gruppe der Studierenden sehr angenehm. Es gibt viele Talente, viel Phantasie und viele unterschiedliche Welten, die aufeinandertreffen. Unterschiedlich im Alter, in der künstlerischen Ausdrucksweise und in vielem mehr. Das verspricht interessant zu werden. Diese Diversität gefällt mir sehr gut. Ich bin sehr gespannt, was sich in diesem Jahr entwickeln wird. Noch sind es erste Eindrücke, aber vielversprechende. In diesem Sinne freue ich mich auf ein Jahr, in dem wir voneinander lernen können. Anna Stangl

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Comic

Walter Fröhlich, Thomas Fatzinek, Leo Koller / Dozenten

Eines durchschnittlichen Tages in einer nicht so durchschnittlichen Schule trafen sich in der am wenigsten durchschnittlichen Klasse einige seltsame Leute. Diese bilden heute die Werkstätte Comic. Jene besonderen Exemplare dieses Studienzweiges bereichern die kunstschule wien mit ihrem einzigartigen, speziellen Flair. Denn dort versammeln sich Freaks, Geeks, Nerds, Otakus, Verschlossene, Hypersensible, Exzentriker, Visionäre, Ultraspezielle, und Gamer*innen. Es spricht demnach für sich, dass sie die größte und bestbesuchte aller Werkstätten der Kunstschule ist.

Name: JoDo Level: 28 Mythen-Nerd Quirks: Faible für Helden, für die heutige Technik zu langsam

Name: Max Level: 18 Zombie-Nerd Quirks: lichtscheu, extensiver Musikkonsum

Name: Johannes Level: 22 ScienceFantasy-Nerd Quirks: Comicsammler, Marathonzeichner

Name: Florian Level: 19 Fantasy-Nerd Quirks: zeitweilige Abwesenheit, Abneigung gegen Elfen/Elben

Name: ChrisUi Level: 45 (gefühlte 66, denn da fängt das Leben an) Politkritischer Sci-Fi-Nerd Quirks: lästig akribisch, mehr Motivation als gut für ihn ist

Name: Junia Level: 21 Fantasy-Nerd Quirks: Procrastination, musikaffin

Name: Sarah Level: gefühlte 90 Crazy-Fiction Nerd Quirks: hasst Romantik, Verwandlungskünstlerin

Name: Emilia Level: 21 Irgendwas mit Stil Quirks: Schauspielerin, kriegt bei Langeweile Schluckauf

Name: Sebastian Level: 23 No Limit-Nerd Quirks: trägt immer Jacken, größter Comiczeichner (genialer Lügner)

Name: Vanessa Level: 24 Cartoon-Nerd Quirks: Tagträumerin, der letzte Vogel, der das Mahl verpennt

Wer ist also diese seltsame Gruppe? Nun, da haben wir:

Name: Luna Level: 17 X-Nerd Quirks: Soziophobie, steht auf Rüstungen

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Was treibt man also in einer solchen Klasse? Nun, wir können dort Held*innen sein, Menschen, die ihren Träumen folgen, gegen das Böse zu Felde ziehen, die Massen für das Gute begeistern und allen anderen Fantastereien nachjagen, zu denen das menschliche Vorstellungsvermögen nur in der Lage ist. Wir widmen uns der Verbildlichung von Geschichten, die wir selbst erfinden oder aus anderen Quellen beziehen und weiterentwickeln. Wir verwirklichen unsere Grundideen in Form von Drehbüchern und Storyboards und probieren verschiedenste grafische Techniken und Erzählstile aus. Dazu braucht es einen besonderen Sinn für Dramaturgie, aber auch ein Feingefühl für Blickwinkel und Szenenkomposition sind durchaus von Vorteil. Trotz der vielen Planungs- und Umsetzungsarbeit – wir bauen gerne an unseren eigenen kleinen und große Welten!

Ein Comic-Buch fertigzustellen ist ein langwieriger Prozess, denn schlussendlich darf es an Details nicht fehlen, die die Geschichten erst interessant und lesenswert machen. Zuerst geht es um das Erstellen der Charaktere, als nächstes darum, die Geschichte, die erzählt werden soll, grob zusammenzufassen.

Sobald Figuren und Geschichten klar sind, machen wir uns an die Arbeit, einen Stil zu finden, der den Inhalt des Comics unterstützt. Im Verlauf des Zeichnens sind wir ständig auf der Suche nach dem „perfekten Stil“, der schlussendlich und meist nach harter Arbeit gefunden wird. Das ist gar nicht so leicht, wenn deine Entwürfe gleich von drei Unterrichtenden unter die Lupe genommen werden.

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Wenn die Arbeit dann mal richtig ins Rollen gekommen ist, werden Abgabetermine fßr einzelne Projektfortschritte und die tatsächliche Fertigstellung aktuelle Themen. Um unnÜtigen Stress zu vermeiden, ist es wichtig, Aufgaben zu koordinieren. Kommunikation ist hierbei das A und O.

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Natürlich braucht man in der Comicbranche auch gute Publicity. Comicmessen und Magazine bietet uns Künstler*innen die Möglichkeit, unsere Arbeit zu präsentieren. Die Werbe- und Marketingarbeit, die hiermit verbunden ist, sollte nicht kleingeschätzt werden.

Comiczeichnen bedeutet also, eine Vielzahl von Geschichten zu entwickeln, sehr viel Zeit aufzuwenden, um die Geschichten zu Papier zu bringen und sie dann auch noch unter die Leute zu bringen. Doch letztendlich ist es die harte Arbeit wert, wenn man eines Tages stolz sein eigenes, selbst produziertes Comicbuch vorzeigen kann. ◊

Text: Emilia Prodinger, Johannes Doppler

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Animation und Experimentalfilm Karo Riha und Peter Muzak, Dozent*innen

Eine Geschichte in 100 Worten – Drehbuch und Storytelling steht dieses Jahr in der Werkstätte Animation und Experimentalfilm ganz oben. Eine gute Geschichte braucht weit weniger Mittel als man zunächst glaubt. Deshalb bekamen wir die Aufgabe, den Plot für unsere Filmprojekte in nur 100 Worten zusammenzufassen und zu präsentieren.

„That’s the way I look at everything!“ von Kenneth Anger, aus Scorpio Rising, US 1961

Johannes Doppler | AE, Legetrick s/w, Dauer: 7 min

Filmstill aus AE, 2017

Ausgehend von Filmen von alten Stummfilmkünstler*innen der 20er Jahre konzipierte ich meine Geschichte ohne gesprochene Worte. Allein Aktionen sollen die Handlung des Films, die Spannung zwischen den Charakteren und die Lösung des Problems liefern. Aber nicht nur meine Sprachpalette habe ich reduziert, sondern auch die Farbpalette. AE wird ein Legetrickfilm mit schwarzem und weißem Papier. Es sind diese sprechenden Kontraste selbst, die eine Welt der Gegensätze aufbauen, in der wir sowohl Schönheit finden, wie auch Schmerz.

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Reise ins Herz der Künste | Johannes Doppler

Die Werkstätte Animation und Experimentalfilm fasste letzten Sommer den abenteuerlichen Entschluss, im Rahmen des Unterrichts zur großen Biennale nach Venedig zu reisen. Sechs unserer Studierenden übernahmen die eigenverantwortliche Organisation der Zugfahrt, Hotelbuchung und Programmgestaltung. Peter Muzak und Karoline Riha begleiteten uns bei diesem Ausflug ins Herz der Künste. Als kleine Bonusaufgabe sollten wir im Rahmen der Werkstätte eine filmische Arbeit zum Thema „Bewegung in der Stadt“ machen. Da Bewegung das Kernelement des Films ist und die vielen Ausstellungsorte der Biennale quer durch die Stadt verteilt waren, bekamen wir ausreichend Gelegenheit, kreative Herangehensweisen für die Aufgabe zu entwickeln. Ich war von der Spiegelarbeit von Michelangelo Pistoletti angetan, besonders der Kreis aus Spiegelflächen faszinierte mich sehr, wegen der Ähnlichkeit, die er mit einem Stroboskop hatte. Spontan hatte ich den Einfall, Bewegung im Spiegel zu filmen, unterbrochen durch die Leerstellen im Spiegelkreis. Diese Leerstellen führen die Bewegung jedoch weiter und zwar über Personen, die hinter den Spiegeln gehen. So entwickelten sich zwei parallele Bewegungsaufnahmen, die durch Kontinuität und Variation begeistern.

Shot at the Korean Pavilion, 57th Biennale di Venecia 2017 © muz

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Filmstills: Spiegelkreis 01, Spiegelkreis 02, ~ 30 sek


Shot at San Giorgione, 57th Biennale di Venecia © muz

Venedig - eine Reise | Christoph Uiberacker

„Also wie war Venedig jetzt!?“, wollt ihr wissen. Nun, auf den ersten Blick sieht man Tourist*innen, und dann … Tourist*innen. Doch es war gerade Biennale, dieses Festival der Kunst aus aller Welt. Und wie war es von Welt! Wie im Labyrinth Venedig selbst, verlor ich mich in den Myriaden von (Zu)gängen und Ebenen in den Giardini und dem Arsenale, und habe doch nur einen kleinen Teil in vier Tagen gesehen. Die Offspaces erlaubten Einblicke in Hinterhöfe, vielleicht in das „echte“ Venedig. Jedenfalls für mich ist der Eindruck der Installation eines riesigen Irrgartens geblieben.

Stills aus Stop-Motion-Animation (Irr)Weg vom Plazza di Roma zum Arsenale, bei der konzeptuell jede Straßenmündung fotografiert wurde, insgesamt 362 Fotos, mit dem jeweiligen GPS-Pfad versehen.

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Venedig | Julia Wolfahrt

Venedig war echt schön von den ganzen Eindrücken und Kanälen her. Und da es so viele Gassen gibt, war es echt nicht einfach für mich, da die Orientierung zu bewahren. Wir konnten uns eigentlich ziemlich frei bewegen. Am Anfang gab es ein paar Treffpunkte, am Schluss wurden es immer weniger. Meine erste Reise wird mir immer

in Erinnerung bleiben, nachts durch die ganzen Gassen mit den Filmleuten, die Biennale, die Altbauten, … Vor allem der Tag, an dem ich nur mehr 3€ hatte und auf der Suche nach einer Bank war. Und weil ich einen Orientierungssinn von gleich Null habe, habe ich mir eine Art Comic erstellt, um die Wege nicht zweimal zu gehen. ◊

Mein Tipp gegen Schreibblockaden: Ich schreibe mich sozusagen „warm“ zuerst Unwichtiges, auch Mailbeantwortungen etc., dann gehe ich möglichst rasch zum eigentlichen Text über. Wenn ich dort nicht vorankomme, gehe ich wieder ähnlich vor - zuerst verfasse ich Teile, die mir leicht von der Hand gehen, damit ich in Schwung komme, der Rest ergibt sich dann im Fluss und bei der genauen Überarbeitung (z. B. Quellenangaben, Zitate). Und beim PC ist es ja ohnehin leichter wie am Papier „die Spreu vom Weizen“ zu trennen. Maria, Kunsthistorikerin

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Zeichnen, ein Mittel Barbara Höller, Dozentin

Unter dem Begriff „Grundlagen des Zeichnens II“ läuft in der kunstschule wien ein künstlerisches Programm, welches versucht, den Begriff des Zeichnens zu zeichnen und zu bezeichnen. Es wird gemeinsam untersucht, was Zeichnen bedeuten kann, woraus es besteht, wofür es steht und was es kann, was es schützt und wem es nützt. Wie kann die ZEICHNUNG beschaffen sein – freizeichnend, überzeichnend, nach innen und außen Räume bezeichnend …

Johannes Doppler, 2017, Temporäre Wandinstallation (Herthergasse 22, 1150 Wien), Klebeband, ca 300 x 500 cm Foto: Bernhard Cociancig

Gezeichnet kann mit vielerlei Materialien werden – auf und in diversen Stoffen. Nicht nur der Rand des Papiers wird überzeichnet, auch wird die umgebende Realität als Zeichengrund mit einbezogen. Es lässt sich mit Bewegungen von Körpern ebenso zeichnen wie mit Licht, Atem, Geräuschen und Motoren – in die Fläche wie in den Raum.

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Platz zum Zeichnen:

Das Schuljahr 2016/17 entwickelte unter den Titeln

AUFZEICHNEN, MITZEICHNEN, VERZEICHNEN, NACHZEICHNEN, WEGZEICHNEN, SCHNELLZEICHNEN, FREIZEICHNEN, HINEINZEICHNEN oder ÜBERZEICHNEN Gebrauchsanweisungen für den täglichen Umgang mit unserer Zeit. Vielleicht sind einige Anregungen hilfreich, um kommende persönliche oder gesellschaftliche Herausforderungen zu bezeichnen und zeitgemäße Mittel der Zeichnung zu finden. ◊

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Gerade gerade Linien erfordern eine gef체hlvolle Mischung an Sensitivit채t und Radikalit채t.

Was ist eine gerade Linie?

Warum gerade?

Warum gerade gerade?

Wer ist gerade und wer l채sst sich verbiegen? 55


Portfolio Bettina Schülke, Dozentin

Welche Form der Präsentation wähle ich für welchen Zweck? Wie kann ich meine Arbeiten am besten präsentieren? Welche Strategien der Selbstvermarktung wähle ich? Was sind Kriterien für ein gutes Portfolio und was soll es enthalten? Diese und ähnliche Fragestellungen bilden den Ausgangspunkt für das Unterrichtsfach Portfolio. Im Orientierungsjahr ist es das Ziel, sowohl ein analoges als auch ein digitales Portfolio zu erstellen. Um die eigenen künstlerischen Arbeiten in eine adäquate, systematische Ordnung zu bringen, ist es wichtig, die Dokumentation von realisierten Arbeiten als wertvollen Abschluss einer Arbeitsphase zu verstehen. Welche Form der Dokumentation wähle ich für welche künstlerische Richtung?

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Viele Fragen, viele Überlegungen und viele Diskussionen in der Gruppe. Um diese Aufgaben zu realisieren, beginnen wir im Unterricht mit der Analyse von bereits vorhandenen künstlerischen Arbeiten. Das können Skizzen, Tagebücher, analoge oder digitale Arbeiten oder aber auch bereits realisierte Projekte sein. Auf Vorhandenem wird aufgebaut und Neues, das während des Orientierungsjahres entsteht, kann integriert werden. Auf diese Weise erarbeiten wir eine geeinte Präsentation in unterschiedlichen Medien (z.B. Bewerbungsmappe, Webblog, Social Media, Homepage oder Flyer). Individuelle Arbeiten verlangen eine individuelle Form der Präsentation mit unterschiedlichen Herangehensweisen. ◊


Artist-Statement: Jasmin Thurzo In meinen Arbeiten geht es mir darum, Gefühle und Ansichten näher zu bringen. Gefühle in Situationen kann ich meist mit Farbe am besten verarbeiten. Meine Arbeiten nutze ich gerne als Spiegel der Selbsterkenntnis. Hierfür sind von Tagebüchern über Sketches bis hin zu abstrakten Bildern der Kreativität keine Grenzen gesetzt.

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Artist-Statement: Clara Koch

Ich finde, die Überhöhung der Materialien und in einem Werk keine Normen zu beachten, ist ein Muss in der Kunst. Diese Nichteindeutigkeit und Unklarheit, die dadurch in einem Kunstwerk entsteht, fasziniert mich immer wieder. Aus dieser Faszination und einer gewissen Vorstellung nehme ich meine Inspiration und Motivation für meine Arbeiten.

Zeichne etwas auf ein Papier. Starre es an. Zerknülle das Papier und wirf es weg. Zeichne es erneut auf ein neues Papier. Starre es wieder an. Zerknülle es wieder und wirf es auch wieder weg. Wiederhole das Ganze. Wenn du das Gefühl hast, fertig zu sein, hol die ganzen Papierknäuel und streich sie wieder glatt und gib die Zeichnungen in der richtigen Reihenfolge aneinander. Angela, Studierende der kunstschule wien

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Design und Raum Katharina Bruckner, Dozentin

Den Funken zum Thema Widerstand im Blickfeld Design und Raum entfachte das Buch „Weltentwerfen: eine politische Designtheorie“, Friedrich von Borries (Suhrkamp Verlag, 2016).

… Entwerfen, verstanden als Gegenteil von Unterwerfen … Entwerfen ist Befreiung. Entwerfen ist der Ausgang des Menschen aus seiner Unterworfenheit.

… Design gestaltet die Form, in der eine Gesellschaft ihr Zusammenleben organisiert. Design ist seinem Wesen nach interventionistisch, denn es greift konkret in Objektkonstellationen, Räume, Beziehungen ein. Mit dem Gestalten positioniert sich daher jede/r Designer*in – bewusst oder unbewusst – zur bestehenden gesellschaftlichen Ordnung … Von diesen spannenden Gedanken geimpft, streiften wir die Thematik des Selbstentwurfs, die Gestaltung und Optimierung des eigenen Ichs und dazu passend eigneten wir uns ein magisches Werkzeug an und erlernten die Kunst, ein Notizbuch zu führen. Wir alle „projektierten“ uns selbst und unsere eigenen Thematiken. Was meldete sich und wollte entstehen? Unter anderem ein Traumhaus, das sich als Wohnung mit drei verschiedenen Wohnelementen entpuppte ­– einem Tisch für einen Vampir, einem Sonnenfänger, einem Spiegel aus Porzellan. ◊

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Comic Workshops Leitung: Vanessa Kronjäger und Sarah Schuchter | Studierende der Werkstätte Comic Text: Johannes Doppler | Studierender der Werkstätte Comic

Unsere Fantasie kennt keine Grenzen. Den Gedanken freien Lauf zu lassen und damit schrille und farbenfrohe Dinge zu produzieren, ist sowohl ein höchst kreatives wie auch befreiendes Erlebnis. Es entstehen großartige Geschichten und tolle Bilder in unseren Workshop-Einheiten. Die Teilnehmer*innen sind mit vollem Interesse dabei. Es ist immer wieder fantastisch, mit welchen Ideen die Kinder in unsere Stunden kommen. Wir helfen ihnen dabei, diese Vorstellungen in Bildern umzusetzen. Spiel und Spaß kommt natürlich auch nicht zu kurz. Mit einfachen Schritten und spielerischen Sequenzen üben wir den Comicstil anhand menschlicher Figuren und Tiere. Ab und zu ist es gar nicht so leicht. Doch die Kinder machen eifrig mit und zeigen stolz ihre Werke her.

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Unser Team besteht aus einem buntgemischten Haufen junger Künstler*innen: Sarah Schuchter und Vanessa Kronjäger besitzen bereits mehrjährige Erfahrung im Unterrichten von Kindergartenkindern und jungen Schüler*innen in den Bereichen Zeichnen und Gestalten. Johannes Doppler dagegen arbeitet vorwiegend mit Sprache und Erzählung und setzt diese Fähigkeiten erfolgreich in Form von Comics und Romanen um. In unseren Workshops experimentieren wir mit Comicfiguren und verpacken sie in lustige Geschichten. Es ist immer wieder eine Freude, unsere Leidenschaft an der Comiczeichnung an Kinder weiterzugeben. Wir bieten frei zugängliche Comic- und Mangazeichenworkshops für Kinder und Erwachsene an. ◊


Im März 2018 fand wöchentlich in der kunstschule wien ein Comicworkshop für Kinder (6-12 Jahre) und ein viertägiger Workshop für Mangazeichnen (ab 13 Jahre) statt. Auf unserer Website erfahren Sie mehr: nevoka.net !

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BeSt 2017

Messe für Beruf, Studium und Weiterbildung

Die kunstschule wien war auch 2017 wieder mit einer Präsentationswand in der Wiener Stadthalle vertreten. Mit der Gestaltung der Plakatwand und der Infobroschüre wurde wie jedes Jahr ein*e Studierende*r der Werkstätte Grafik Design beauftragt. Bernhard Cociancig entwickelte ein expressives Gestaltungskonzept, das ausdrucksstark die Vielfalt und Lebendigkeit der kunstschule wien widerspiegelt. ◊

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TIGER Bunt, glitzernd, robust und funktional – diese Eigenschaften vereinen die Produkte zur Oberflächenveredelung aus dem Hause TIGER. Ursprünglich am Nasslack-Sektor tätig, ist der Familienbetrieb mit Hauptsitz in Wels heute eine multinationale Unternehmensgruppe mit neun Produktionsstätten sowie drei Forschungsund Entwicklungszentren rund um den Globus. Die Geschichte von TIGER beginnt um das Jahr 1900, als Julius Berghofer einen Malerbetrieb im niederösterreichischen Gmünd eröffnet. Sein Fachgebiet: Wandanstriche mit effektvollen Mustern für die Wohnräume wohlhabender Familien. Eine Technik, die großes handwerkliches Geschick erfordert. Seine Söhne Gustav, Theodor und Johann arbeiten nach ihrer Ausbildung für längere Zeit im elterlichen Unternehmen (mittlerweile in Wels ansässig), wo sie nach einfachen Rezepturen Öl- und Trockenfarben, Kitte sowie Verdünnungen herstellen. 1934 lassen sie die Marke TIGER registrieren.

Immer einen Schritt voraus:

Autofelgen, Maschinen, Möbeln, Kühlschränken etc. Farbe, Effekt, Funktionalität, Struktur und Schutz. Mit Innovationen für industrielle Inkjet-Drucksysteme gelang TIGER der Schritt ins digitale Zeitalter. Zu bedruckende Materialien wie Papier, Glas, Holz, Metall oder Kunststoff stellen dabei spezifische Anforderungen an die Tinten, die nur durch maßgeschneiderte Rezepturen optimal realisiert werden können. „TIGITAL® Inks & Powders“ bieten hier individuelle Lösungen für alle Oberflächen.

industrielle Pulverbeschichtungen und Tinten

TIGER erobert Blaue Ozeane

34 Jahre später wagt Kurt Berghofer – der Sohn von Theodor und seit 1966 Geschäftsführer – den Einstieg in die damals noch unbekannte Pulverlack-Technologie. Als einer der ersten europäischen Lackhersteller setzt TIGER 1968 auf diese revolutionäre Beschichtungstechnologie und produziert und vertreibt seitdem seine Erzeugnisse unter der Marke „TIGER Drylac®“. Umweltschonend, verarbeitungssicher und mit einem Materialnutzungsgrad von annähernd hundert Prozent reifen die duroplastischen Beschichtungen schnell zum Herzstück der TIGER Sortiments-Palette heran und verleihen weltweit Gebäudehüllen, Fenster- und Türelementen,

Um unberührte Marktnischen – so genannte Blaue Ozeane – aufzuspüren, forscht TIGER in hochmodernen Labors und entwickelt spektakuläre Erfindungen im Pulverlack- und Tintenbereich, die regelmäßig zum Patent angemeldet werden. Das Spektrum dieser Innovationen reicht vom umweltfreundlichen 3D-Metallic-Pulverlack, der Flüssiglack-analoge Effekte zeigt, über industriell einsetzbare Tinten mit bisher unerreichten Performance-Eigenschaften bis hin zum neuartigen Materialkonzept für den industriellen 3D-Druck und schafft einen nachhaltigen Mehrwert für bestehende sowie zuAlle Fotos: © TIGER Coatings künftige Kunden.

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Wettbewerb für die künstlerische Neugestaltung der Fassade des Administrationsgebäudes in Wels Tiger A-06 (überarbeitet)

Siegerprojekt

Bernhard Cociancig

Anfang Juli 2017 ersuchte mich die Geschäftsführung der Tiger GmbH, über Ausschreibung und Modalität eines Wettbewerbes für die künstlerische Gestaltung der Fassade ihres Administrations-Gebäudes in Wels nachzudenken. Der Vorschlag, diesen Wettbewerb innerhalb der Studierenden der kunstschule wien auszuschreiben, habe ich gerne angenommen: In der Folge erhielt ich dann Ende Oktober 2017 die Unterlagen mit dem Briefing von Tiger, die daraufhin an alle Studierenden der Kunstschule mit der Einladung zur Teilnahme weitergeleitet wurden. Da das Echo anfänglich etwas zögerlich war, wurde diese Einladung (auch in Englisch für unsere nicht so gut Deutsch sprechenden Kolleginnen und Kollegen) nochmals wiederholt. Zum Ende der Einreichfrist Mitte Dezember 2017 erhielt Tiger insgesamt 29 Entwürfe von 8 Studierenden zur Entscheidung für eine Short-List, die noch vor den Weihnachtsfeiertagen bekannt gegeben wurde. Am 21. Dezember erhielt ich die Nachricht von Tiger, dass vier Werke von drei Studierenden ausgewählt wurden. Die Geschäftsführung ersuchte jedoch die Studierenden, ihre Konzepte nochmals zu überarbeiten und zu reduzieren, um die Fensterflächen nicht zu sehr mit Folien abzudunkeln und auch die Farbigkeit etwas abzuschwächen.

Diese nachträgliche Anforderung rief bei einigen Studierenden Ärger und Kommentare wie „… diese Bedingungen waren ja nicht zu Anfang bekannt gegeben worden …“ hervor. Doch es scheint eine Normalität im Arbeitsfeld Grafik Design und angrenzender Bereiche zu sein, dass Auftraggeber*innen nach ersten oder sogar erst nach weiteren Vorschlägen erkennen, was eigentlich erwünscht – bzw. NICHT gewünscht ist. Die so überarbeiteten Konzepte wurden am 8. Jänner 2018 zur finalen Bewertung übersendet und die Geschäftsführung informierte am 15. Jänner 2018, dass sie den Entwurf A-06 (die Einreichungen erfolgten anonym) als Gewinner ausgewählt hat und allen Mitwirkenden herzlich für ihre Mühen und die Teilnahme dankt. Tiger wird das Ergebnis des Wettbewerbs übrigens auch in ihrer Quartals-Zeitung dokumentieren und kommentieren. Insgesamt glaube ich, dass dieser Wettbewerb für den Namen und die Reputation der kunstschule wien sehr förderlich war. Schade finde ich nur, dass sich nicht mehr unserer Studierenden für eine Teilnahme entschieden haben – nicht nur um zu gewinnen, sondern auch um Erfahrungen mit dem Ablauf von künstlerischen Wettbewerben zu sammeln. ◊ Einreichungen — —>

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Barbara Lapsys

Barbara Lapsys

Angela Proyer

Angela Proyer

Bernhard Cociancig

Barbara Lapsys

Barbara Lapsys

Barbara Lapsys

Chris Uiberacker

Bernhard Cociancig

Bernhard Cociancig

Barbara Lapsys

Bernhard Cociancig

Barbara Lapsys

Bernhard Cociancig

Katrin Ullmann

Bernhard Cociancig

Barbara Lapsys

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Bernhard Cociancig

Kenan Sutkovic

Tiger A-23

Chris Uiberacker

Ingeborg Doppler

Katrin Ullmann

Chris Uiberacker

Bernhard Cociancig

Katrin Ullmann

ZWEITE RUNDE:

Chris Uiberacker

Bernhard Cociancig

Ingeborg Doppler

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Das Depot. Fast 25

Martina Reuter

„Ich habe das Depot bei meinem Besuch als außerordentlich wichtige und in seiner Ausrichtung auch – zumindest im Vergleich mit Deutschland – einmalige Einrichtung erlebt. Gerade in den Zeiten der Globalisierung ist es im Bereich der Kultur notwendig, über den Tellerrand sowohl des nationalen Kontextes als auch der Disziplin hinauszugehen. Dies wird im Depot durch seine Bibliothek und das Veranstaltungsprogramm geleistet. Ich würde mir eine ähnliche Einrichtung – und besonders im Sinne der jüngeren Generation – in meiner Stadt wünschen.“ Mark Terkessidis, Kulturwissenschaftler, Köln

Wie es kam

Depot - Verein zur Förderung der Diskurskultur in der Gegenwartskunst - so lautet der etwas holprige aber rechtlich eingetragene Vereinsname, der immerhin ein wenig über das Kunstgeschehen zur Gründungszeit dieser Einrichtung verrät. Der in den 1980er Jahren, bis dahin ungewohnt gehypte Markt für zeitgenössische Kunst brach am Ende des Jahrzehntes - vorübergehend - ein. Für viele Galerien, Sammlungen und Auktionshäuser ein Schock. Für einen Teil der Kunstschaffenden ein Anlass, sich dem Druck des Marktes zu entziehen, sich kritisch mit der Institution Kunst zu beschäftigen. Die wiederentdeckte Distanz zum sogenannten White Cube, gewissermaßen der „Tempel der Eingeweihten” der Kunstszene, bestärkte viele Kunstschaffende, ideengeschichtlich an die Zeit vor der, allzu oft marktkonformen Kunstproduktion anzuknüpfen. Damit einher ging auch eine neue maßgebende Bedeutung der Kunsttheorie sowie der Kunstvermittlung. Obwohl in den ersten Jahren der 1990er verhältnismäßig viele in Österreich lebende Kunstschaffende die Diskussionen um die neuen Kunstpraxen mit entfacht haben, war es mit der Auseinandersetzung im theoretischen Diskurs hierzulande nicht so weit her. Dies sollte sich mit dem Depot ändern.

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1991 implementierte der damalige Bundesminister für Kunst, Rudolf Scholten mit dem sogenannten Bundeskuratorienmodell ein neues und international wohl einmaliges Förderkonzept. Zusätzlich zu den bestehenden staatlichen Förderoptionen konnten nun, für jeweils zwei Jahre, zwei unabhängige Bundeskurator*innen, ausgestattet mit einem Budget von umgerechnet ca. zwei Millionen Euro, nachhaltige Projekte für die Kunst nach ihren persönlichen Präferenzen und Konzepten fördern beziehungsweise entwickeln. Von 1994 bis 1996 war Stella Rollig – heute Direktorin der Österreichischen Galerie Belvedere – eine der beiden Bundeskurator*innen für bildende Kunst und gründete unter anderem das Depot. Zunächst in einem ehemaligen und räumlich sehr kleinen Gerätedepot – daher der Name – am Areal des heutigen Museumsquartiers untergebracht, wirkte es rasch als anerkannter „Ort für einen Dialog zwischen Kunstschaffenden und Rezipient*innen, Fachpublikum und erweiterter Öffentlichkeit“ gegen den bereits erwähnten Mangel an kunsttheoretischer Auseinandersetzung im Land. So lautetet auch gleich die erste Gesprächsreihe zur Eröffnung des Depot am 15. September 1994: Zur Notwendigkeit des Sprechens über Kunst – unter anderem mit Marius Babias aus Berlin, Ute Meta Bauer aus Stuttgart und Rainer Ganahl aus New York. Die ausreichenden Fördermittel der ersten Jahre konnten Einladungen internationaler Gäste garantieren. Als weiteres Angebot wurde eine außerordentlich gut sortierte und stets durch Neuankäufe


aktuell gehaltene Handbibliothek, Zeitschriftensammlung und Videothek zu Kunsttheorie und Kunstkritik eingerichtet. Sie stand Interessierten ohne Anmeldung, ohne Leihgebühren zur Verfügung.

Wie es lief

1997 übernahm Wolfgang Zinggl – heute Abgeordneter im österreichischen Parlament – als neuer Bundeskurator die Förderung des Depot, übersiedelte den Veranstaltungsraum mitsamt der Bibliothek in größere Räumlichkeiten und gliederte einen Barbetrieb ein. Entsprechend seinem Kuratoriumskonzept zum erweiterten Kunstbegriff hat er speziell auf die Einbeziehung gesellschaftlich und politisch relevanter Themenfelder in das Programm gesetzt. Die Anzahl der öffentlichen Veranstaltungen und, damit der Besucher*innen vervielfachten sich, zudem wurden die Räume für Arbeitskreise, Workshops und interne Runden in Anspruch genommen. Initiativen, die kaum Zugang zu

Mainstream-Medien hatten wurden vermehrt eingeladen um ihnen Raum zur Artikulation ihrer Interessen sowie zur Präsentation ihrer Ideen und Projekte zu geben. 2000 wurde das Bundeskuratorienmodell vom neuen Staatssekretär für Kunst im Bundeskanzleramt – ein eigenes Ministerium für Kunst gab es nun nicht mehr – abgesetzt. Dieses Jahr brachte mit dem Ergebnis der Nationalratswahlen erstmals nach 1945 eine Regierungsbeteiligung einer rechtspopulistischen Partei. Die Reaktionen waren, international aber besonders auch in Österreich ungleich vehementer und stärker als heute, im Jahr 2018, wo wieder eine Koalition der Konservativen mit der FPÖ regiert. Damals gab es jedenfalls einen positiven Effekt, nämlich die Entdeckung der Zivilgesellschaft und – zumindest die Bereitschaft, Widerstand anzudenken und öffentlich zu diskutieren. Zahlreiche Organisationen aus Kunst und Kultur, wie eben auch das Depot, haben dazu einen erheblichen Beitrag

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geleistet, wenn auch nur für eine begrenzte Zeit. Der anfängliche Enthusiasmus zur Gründung von Allianzen gegen Schwarz-Blau in der Kulturszene wich schließlich dem finanziellen Überlebenskampf. Zahlreichen Kunst- und Kulturinitiativen wurden die Förderungen gekürzt oder gar gestrichen, viele mussten in dieser Zeit schließen. Auch das Depot hatte drastische Mitteleinbußen zu verkraften unter anderem den Verlust der Jahresförderung. In dieser Zeit musste sich das Depot mit Projektgeldern aus der staatlichen Kunst- und Kulturabteilung des Bundes über Wasser halten. Mit zahlreichen Solidaritätsveranstaltungen, Unterschriften österreichischer und internationaler Kulturschaffender und dem Einspringen der Stadt Wien als Förderin wurde während der Jahre, in denen die Existenz des Depot nicht gesichert war, für dessen Fortbestand gekämpft. Es sollte allerdings noch sieben Jahre dauern, bis zumindest der Veranstaltungsbetrieb wieder durchgehend finanziert wurde, wenn auch mit einem bedeutend geringeren Budget.

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Und weiter

Trotz immer wiederkehrender Kämpfe um den Fortbestand, langjähriger Unterfinanzierung, Angriffen aus dem rechten Eck hat sich das Depot als lebendiges Diskussionsforum gehalten und wird weiter alles versuchen, um Interessierten die Teilnahme und Mitgestaltung an Vorträgen, Podien, Filmpräsentationen, Tagungen, Workshops zu ermöglichen und die öffentliche und kritische Auseinandersetzung mit gegenwärtigen Entwicklungen in Kunst und Wissenschaft, in Gesellschaft und Politik fördern. 2018 wird das Depot 25 Jahre. Dafür wünschen wir uns alles Gute und hoffen, dass es Grund zu Feiern geben wird. ◊ Fotos: © Depot Wien

Das Depot wird vom Bundeskanzleramt, Kunst und Kultur und der Kulturabteilung der Stadt Wien gefördert.


®AUSBLICK Berufsbild Künstler*in

Gespräche mit Kunst- und Kulturproduzent*innen über ihre Arbeit und ökonomische, soziale und politische Parameter der Tätigkeit im Kunstfeld. Die Gespräche sind öffentlich! Einritt frei! Depot, 1070, Breite Gasse 3 12. April 2018, 19:15 Uhr 17. Mai 2018, 19:15 Uhr 14. Juni 2018, 19:15 Uhr Kunstapotheke, 1160, Liebknechtgasse 30 22. März 2018, 18:30 Uhr 03. Mai 2018, 18:30 Uhr 24. Mai 2018, 18:30 Uhr 21. Juni 2018, 18:30 Uhr Veranstaltungen im Rahmen von SOHO IN OTTAKRING

Ausstellung „Kunst auf Rezept“

Kuratiert: Philipp Wegan und Elisabeth Schafzahl vom Kunstverein precarium.at, Labor für Kunst Ausstellungseröffnung am 2. Juni 2018, 19:00 Uhr Kunstapotheke, 1160, Liebknechtgasse 30

Stunden der offenen Tür

6., 7., 8., 9., 13., 14., 15. Juni 2018, jeweils 15:00 -17:00 Uhr Kunstapotheke, 1160, Liebknechtgasse 30

Symposium „Summerinstitut“

9. Juni 2018 ab 10:00 Uhr Kunstapotheke, 1160, Liebknechtgasse 30

Diplomausstellung

Erste öffentliche Ausstellung der Arbeiten der Diplomand*innen der kunstschule wien im elektropathologischen Institut. Der genaue Termin wird noch bekanntgegeben, vermutlich wird die Eröffnung aber am 30. Juni 2018 sein.

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Öffentliche Comicworkshops

Leitung: Vanessa Kronjäger, Sarah Schuchter und Johannes Doppler (Studierende der kunstschule.wien), Anmeldung bitte auf www.nevoka.net Comicworkshop (6 bis 12 Jahre) Jeden Freitag im März 2018, 16:00 – 17:00 Uhr Mangaworkshop (ab 13 Jahren) Montag bis Mittwoch, 17:00 Uhr - 19:00 Uhr 5. März 2018 – 7. März 2018 26. März 2018 – 28. März 2018 Digitales Zeichnen (ab 13 Jahren) Donnerstag, 8. März 2018 oder Donnerstag, 29. März 2018 jeweils 17:00 – 19:00 Uhr (2.Termin: 26. März 2018 – 28. März 2018)

Keramikkurs

Leitung: Clemens Kristen, Werkstätte Keramik Kursort: Expositur Rosenackerstraße 14, 1160 Wien ab 7. März 2018 von 19:00 – 21:30 Uhr Vorerst jeden Mittwoch bis Ende April

Art-Gangs 2018

Die Stadt in Gruppen - den sogenannten „Art-Gangs“ - erforscht. Deren „Gang-Leader“ entwickelt das Tagesprogramm, das kurze Vorträge zu städtischen Strukturen, sozioökonomischen Fragestellungen oder kunsthistorischen Zusammenhängen beinhaltet. Neben den technische Umsetzungsmöglichkeiten wird der Hauptaugenmerk auf die Multiperspektive als gegenwärtiges Wahrnehmungsprinzip gelegt. Art-Gang DRUCKGRAFIK am 4. Juni 2018 10:00 - 13:00 Uhr Art-Gang KERAMIK am 11. Juni 2018 10:00 - 13:00 Uhr Art-Gang MALEREI am 18. Juni 2018 10:00 - 13:00 Uhr Art-Gang ANIMATION + EXPERIMENTALFILM 25. Juni 2018 ab 15:30 Uhr

Anmeldung für das Schuljahr 2018/19

Mittwoch 20., 27. Juni und 4. Juli 2018, jeweils von 14:30 – 17:00 Uhr weitere Inskriptionstage ab Ende August

Angenehmes Arbeitsumfeld schaffen. Trennung zwischen Arbeit und Freizeit – räumlich und zeitlich ... nona! Ausreichend Trinken, Essen und SCHLAFEN. Kopf frei machen … Loslegen … Feinschliff später ...Kein Perfektionismus!!! Zeitmanagement erstellen und an PAUSEN denken!!! Maria, praktische Ärztin

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Breite Gasse 3, 1070 Wien

Depot

Das Depot bietet als unabhängiger Diskussionsort und Forum einer kritischen Öffentlichkeit Veranstaltungen zur Reflexion zeitgenössischer Kunst und Kultur, sowie zu aktuellen Themen aus Politik und Wissenschaft.

Programm unter:

Das Depot wird vom Bundeskanzleramt Österreich, Kunst und Kultur und der Kulturabteilung der Stadt Wien gefördert.

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Wir unterstützen Sie dabei, Ihre Bewegungsfähigkeit und Ihr Wohlbefinden zu optimieren! • Team erfahrener WahltherapeutInnen • individuell auf Sie und Ihr Therapieziel abgestimmte therapeutische

Maßnahmen bei neurologischen, internistischen, orthopädischen und unfallchirurgischen Erkrankungen sowie Prävention und Beratung: Physiotherapie, Trainingstherapie, Funktionelles Training, Osteopathie, Manuelle Lymphdrainage, Heilmassage, Softlaser ... • modern ausgestattete, barrierefreie Praxis

Weinheimergasse 4 / 1. Stock / Tür 5, 1160 Wien Telefon & Fax: +43 (0) 1 4813062, praxis@lebenbewegen.eu www.lebenbewegen.eu

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Impressum Herausgeberin kunstschule.wien, Lazarettgasse 27, 1090 Wien, direktion@kunstschule.wien www.kunstschule.wien Für den Inhalt verantwortlich Maga art Gelinde Thuma, Direktorin der kunstschule.wien Magazinkonzept Diese Publikation besteht aus fünf Teilen: Verpackung, Magazin, Katalog, Faltblatt und Packungsbeilage Redaktionsteam Student*innen: Johannes Doppler, Tini Huber, Amelie Kinsky, Angela Proyer Leitung: Barbara Höller, Dozentin Gestalterisches Gesamtkonzept/Layout und technische Ausarbeitung Student*innen: Bernhard Cociancig, Julia Kieslinger, Kenan Sutkovic Leitung: Birgit Kerber, Studienbereich Grafik Design Magazingestaltung Kenan Sutkovic, Studienbereich Grafik Design © Texte und Fotos bei den Autor*innen Für den Inhalt der einzelnen Artikel sind die jeweils benannten Autor*innen verantwortlich. Die Inhalte der Artikel spiegeln nicht zwangsläufig die Meinung der Herausgeberin wieder. Lektorat/Korrektur Brigitte Ammer und Barbara Höller Sonderzahl Verlag ISBN 978 3 85449 506 2 Förder*innen

Kooperationspartner*innen Mit freundlicher Unterstützung Sigrid Hofmeister-Watanabe (Förderin), OEADF und Facultas (Projektförderung) Irrtümer vorbehalten, 2018 © kunstschule.wien

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Bestehende Kreativitätsblockaden kÜnnen durch eine Anmeldung an der kunstschule wien behoben werden. Wird von fßhrenden Kunstapotheker*innen als Blockadenhemmer empfohlen.

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ARTAPAX0002


Studierende des 2. Jahrganges 3. Jahrganges


Das Team (von links nach rechts): Bernhard, Amelie, Christina, Julia, Angela, Johannes und Kenan Editorial Never Change a Winning Team… just add further competence! Unter dieser Überschrift könnte die Arbeit des diesjährigen Teams von Redaktion, Layout und Grafik Design zu unserem Magazin ARTAPAX0002 der kunstschule.wien stehen. Manche sind sehr schnell, andere brauchen mehr Zeit - was OK ist; ARTAPAX bildet den Rahmen um das Schaffen der Studierenden der kunstschule.wien zu präsentieren. Die Apotheke ist bezogen, wir haben Platz genommen und frieren uns heuer zum ersten Mal nicht mehr das Popscherl ab. Es zwickt natürlich hie und da, aber langsam wachs ma zam, das wird schon. Entspannung ist angesagt – was gut ist für uns, weil wir uns so besser aufs Studieren konzentrieren können und nicht, lange überlegen müssen, wo wir welchen Heizstrahler anstecken können, ohne dass die Sicherungen schnalzen. Dafür fetzen wir unsere Ideen in lauten Sitzungen quer über die Tische – diskutieren über Formate und kriegen Lachkrämpfe vor Deadlinestress und sehen in einfachen Skizzen seltsame Maxerln … Charakters,

vielleicht sind das ja diese kleinen Heinzelmännchen, die es dann in letzter Minute irgendwie geschafft haben, dass sich letztlich eh alles wieder gut ausgegangen ist. Wehe, jemand findet dann noch einen Fehler – dann kann er/sie gleich nächstes Jahr mitmischen, gell! – Wer sollte schon auf so einen Job scharf sein? Die üblichen Verdächtigen oder die Auserkorenen des ARTAPAX? Einige Mitmischer*innen, die unsere Beipacktexte durchgehen und stirnrunzelnd zu schmunzeln beginnen. Ist es zu fassen, dass es nur 10 Euro kosten soll, unser Wundermittel herzustellen? Da kommen uns ja gleich die Freund*innen der Legalisierung von Hanf ins Haus und rennen uns die Türen ein. Art is free and so is ARTAPAX! Und dann stolpern sie über uns brave Kunststudierende, die herzzerreißend mit den Äuglein klimpern. Und – Pardauz! – schon sind wir alle Freund*innen. Etwas vergessen?


Verwenden statt Verschwenden 2016, Plakat, Collage, digitale Bearbeitung, 30 x 42 cm Julia Kieslinger Mich in wenigen Worten zu beschreiben, erscheint mir beinahe unmöglich, darum nur einige Statements, die mein Denken und Handeln wohl am besten zum Ausdruck bringen: Ich bin ein geordnetes Chaos! Ich liebe Komplexität und Vielfalt! Ich bringe Sachen gerne auf den Punkt! Verwenden statt Verschwenden ist ein Aufruf zum Widerstand gegen einen verschwenderischen Konsum! Ein Plakat, ein Wortspiel, eine Aussage – so einfach und wertvoll wie seine Umsetzung!


Foto © Ines Kaufmann Ines Kaufmann Die Auseinandersetzung mit der Kombination Malerei, Poesie und Film ist für mich persönlich eine wichtige Komponente meiner Ausbildung und hat einen spezifischen Einfluss auf meine Werke. Neben Gedanken über den Menschen als einzelnes Individuum, ist die Vergänglichkeit eines meiner Hauptthemen, wobei ich stark mit Symbolen arbeite. Das Werk zweisiebzehnich ist eine Selbstdarstellung. Ich habe es explizit gewählt, weil es für mich persönlich eine besondere Wertigkeit besitzt, da es einen Meilenstein meiner persönlichen Entwicklung im Bezug auf meinen bisherigen künstlerischen Werdegang und die positive Veränderung zeigt, die ich in mir selbst sehe.

zweisiebzehnich 2017, Aquarellbuntstifte auf Passepartoutkarton, 50 x 30 cm


Resis‘Dance 2017, Stop-Motion Animation mit Schauspieler*innen in Zusammenarbeit mit Vanessa Kronjäger, Dauer 1' 35" Sarah Schuchter Ich verbinde immer sehr gerne Musik mit meinen künstlerischen Arbeiten. Die Klangwelten lassen mich in eine neue Welt eintauchen, welche ich in meinen Werken zu veranschaulichen versuche: Resis‘Dance: Alle Schuhe sind gleich und bewegen sich auch im Gleichschritt nach vorne. Doch ein Paar will nicht so richtig dazugehören. Anfangs versucht es mit den anderen Schritt zu halten und sich anzupassen. Doch nach einiger Zeit, bewegt sich das Paar nach seinen eigenen Vorstellungen. Begeistert sind die anderen Schuhe nicht davon, doch der Tanzenden Widerstand lässt sich nicht so einfach aufhalten. Mit diesem Werk möchte ich auf die Individualität jedes Menschen aufmerksam machen und dass man sehr wohl auch auf sein Andersein stolz sein kann.


Praise 2017, RĂśtel und Collage, 30 x 21 cm

Luna Luschnig Ich habe immer gewusst, dass Zeichnen fĂźr mich etwas sehr Wichtiges ist, da es mir Sinn gibt. Wenn ich zeichne, bin ich in meiner eigenen Welt, meinem Element. Mit meinen Arbeiten erhoffe ich mir, andere Menschen zum Nachdenken, Lachen, sogar zum Weinen zu bringen und meine Geschichten und Gedanken mit der Welt zu teilen. Noch bin ich auf der Suche nach meinem Ausdruck und Medium. Dieses Bild ist in der Lehrveranstaltung "Grundlagen des Zeichnens I" entstanden. Unsere Aufgabe war es, etwas auszuschneiden und es in eine Hand zu setzen. Die Figur in meiner Hand ist eine Anspielung auf ein Videospiel.


Du gehst mir unter die Haut 2017, Absperrgitter, Frischhaltefolie und Acrylfarbe, 110 x 190 x 150 cm

Foto © Mariana Kriegel

Mariana Kriegel Meine Arbeiten entstehen, indem ich den Raum, in dem ich arbeite, oder geometrische Zusammensetzungen, die mich im Alltag anziehen, verarbeite. Dazu fließen noch persönliche Erlebnisse und Empfindungen ein. Momentan arbeite ich sehr viel mit durchscheinenden Materialien und experimentiere mit den verschiedensten Malutensilien. Die Plastik ist ein Versuch, die Malerei ins Dreidimensionale zu bekommen. Die Form entstand willkürlich, aber mit Bezug zu dem Ort, an dem sie entstand. Die Farbe hebt bestimmte Stellen hervor und betont die Mehrschichtigkeit der durchsichtigen Hülle. Der Titel entstand aus einer Kombination von Erlebtem und einem Lied der Sängerin Elif.


Foto © Amelie Kinsky

Endlessly 2017, Tuschezeichnung auf Papier, 30 x 42 cm

Amelie Kinsky Kunst ist für mich Lebensessenz. Ohne künstlerisches Schaffen erscheint das Leben sinnlos, eintönig. Meine Motivation schöpfe ich aus der Erfüllung, die mir das künstlerische Arbeiten gibt. Egal was ich mache, meine Kunst hält mich am Leben und gibt mir das, was ich brauche. Mein Werk Endlessly ist eine Verbildlichung des Weges, den jeder Mensch gehen muss, um im Leben oder in einer schwierigen Situation weiter zu kommen. Der Boden, auf dem sich die Figur bewegt, wirkt spitz und unangenehm. Trotzdem greift die Frau in Richtung des Gipfels und ist entschlossen, ihren Weg zu erklimmen. Und egal wie schwer und schmerzhaft dieser Weg auch ist, vorwärts zu gehen wird zum Ziel.


Afro Samurai 2017, Malerei, 50 x 60 cm Michelle Tittel Meine Arbeit entstand in der Werkstätte Malerei und Prozess. Die Idee für mein Werk Afro Samurai entwickelte sich aus meiner neuen Vorliebe für Portraits. Um es mir einmal anders zu beweisen, entschied ich mich dafür, eine größere Leinwand zu probieren. Ich habe ausschließlich mit den Acrylfarben Schwarz und Weiß gearbeitet. Die Arbeit hat mich dazu angeregt, auf größeren Leinwänden weiter zu malen.


Sometimes you all have to go thru something 2017, Swimmingpoolabdeckplane und Pfeifenreiniger, 170 x 20 x 9 cm Angela Proyer Wird die Idee der Unverwundbarkeit durch einen plötzlichen Einbruch von Gewalt zerstört, platzt die schützende Hülle. Tiefgreifende psychische Folgen sind kaum zu vermeiden. Ein schweres Verkehrsunglück, ein plötzlicher medizinischer Notfall oder eine Naturkatastrophe können traumatisierend wirken. Aber noch viel schwerer verletzen Situationen, in denen andere Menschen mittels physischer oder psychischer Gewalt in die persönliche Sphäre eindringen, in der wir uns normalerweise sicher und selbstbestimmt fühlen dürfen. Das Werk widmet sich der Aufarbeitung eines väterlichen Missbrauchs an dessen Tochter.


ohne Titel 2017, Zeichnung, 30 x 21 cm Junia Horvath In meinen Arbeiten versuche ich entweder, meine Emotionen darzustellen oder Geschichten zu erzählen. Ich verwende sehr gerne ein bis zwei Farben in Kombination mit Bleistift oder schwarzer Tusche. Meine Arbeiten entstehen meist aus dem einfachen Verlangen heraus etwas zu zeichnen, wodurch mir das Arbeiten mit einer Deadline eher schwer fällt. Dieses Werk soll eine Facette meiner PersÜnlichkeit darstellen und ist Teil einer Serie.


Christina Huber Das Werk ist Teil einer Serie über abstrakte, organische Formen. Ich habe mich viel mit Mustern befasst und wie man mit ihnen raumähnliche Situationen bilden kann, denn verschiedene Strukturen können eine dreidimensionale Wirkung erzeugen. Inspiriert wurde ich von Organen und Blutgefäßen und deren spefizischer Ästhetik. Sie zeigen, wie in unserem Körper ein natürliches Gleichgewicht an Formen herrscht. Medizinische Elemente und Zellstrukturen beeinflussen meine Arbeiten schon länger, denn sie lassen sich in abstrakte Welten umwandeln, die uns durch ihre Körperlichkeit so nahe erscheinen.

Ausriss 2017, Aquarell auf Aquarellpapier, 31 x 38 cm


Spaß 2016, Canvas Pad, Reißzwecken, Reste von Luftballons, 18 x 13 x 2 cm Anja Ebertz Das Material für meine Werke in der Bildhauerei sind die ,Leftovers‘ des Alltags (Andy Warhol). Ich finde sie überall oder sie finden mich. Durch die ästhetische Verfremdung gebe ich den Objekten eine neue Bedeutung. Das ist es, was mich am künstlerischen Schaffensprozess am meisten fasziniert: Gegenstände in einen Zusammenhang zu bringen, für den sie ursprünglich nicht bestimmt waren. Das Neue, das dadurch entsteht, lenkt den Blick auf das, was wir sonst übersehen würden.


Bernhard Cociancig Zu der Arbeit Coloured Birds of Darkness hat mich die Rede von Ferdinand von Schirach anlässlich der Eröffnung der Salzburger Festspiele 2017 inspiriert, in der er unter anderem von der Existenz einer ,Schwarmdummheit‘ (im Gegensatz und parallel zur Schwarmintelligenz) spricht. In meiner Arbeit flattern graue und bunte Vögel aus einem dunklen Hintergrund auf. Es scheint, als wollen die färbigen Tiere den Betrachter*innen (im Kontrast zu den noch farblosen mitfliegenden Vögeln) eine schöne und bunte Welt vorgaukeln. Allerdings kommen diese Boten ursprünglich aus einem dunklen, düsteren Milieu, das in Anlehnung an den damals aktuellen Hintergrund von Migration und Flüchtlingsdrama in Schierachs Ansprache die aus Unkenntnis aufkommende Ablehnung und Zurückweisung bedürftiger Menschen widerspiegelt.

Coloured Birds of Darkness 2017, Acryl auf Leinen, 50 x 65 cm


Die Goldgräber 2017, Tuschezeichnung auf Papier, Collage, 65 x 50 cm Christina Mayerhofer Oft ist das, was ich festhalten will, nur ein Gefühl, eine Idee, von der ich selbst noch nicht weiß, wie sie aussehen soll. Erst durch den Prozess des Tuns ergibt sich nach und nach ein Bild, das jenes Gefühl nicht nur für andere sichtbar macht, sondern auch erst für mich selbst. In meinem Werk symbolisieren Goldgräber die Kluft zwischen Arm und Reich, sie sammeln auf, was von oben abfällt. Die Goldgräber (im unteren Teil des Bildes) haben sich auf die Suche nach einem besseren Leben gemacht, nur um nun die letzten Cent Münzen aufzusammeln, die aus der CocaCola-Dose fallen.


Johannes Doppler Meine gesamte schulische Karriere über fördere ich mein Talent für das Zeichnen und Erzählen. Meine stilistischen Fähigkeiten in Comic und narrativer Kunst entwickeln sich dank der kunstschule wien stetig weiter. Darum bin ich sehr gespannt auf mein anstehendes Diplomprojekt. Mit The Wall habe ich mich in eine völlig neue Stilrichtung bewegt. Graffiti und Street Art bildeten hierfür große Inspiration, wie auch die Geschichte der Berliner Mauer. Die Figuren des Comics habe ich dieses Mal drastisch reduziert und mit möglichst wenig harten Linien entworfen. Es war ein sehr intensives Projekt, das bei unserer Ausstellung „REALISE“ auch als „real graffiti“ realisiert wurde.

The Wall 2017, Tuschezeichnung und Computerkolorierung, 21 x 21 cm


The Diver 2017, Acryl, Kohle, 100 x 80 cm Sezen Nasvadi


take a close look 2017, Kombi-Ätzung Aquatinta, Zuckertusche, 42 x 30 cm Julia Bugram Julia Bugram setzt sich in ihren künstlerischen Arbeiten mit Aspekten der Achtsamkeit auseinander. Alltägliche (meist unbeachtete) Momente werden explizit in Szene gesetzt und zu etwas Einzigartigem auserkoren. Die fünfteilige DruckgrafikSerie take a close look schwankt zwischen Figuration und Abstraktion. Die Grafiken stellen Aspekte einer gemeinsamen realen Wahrheit (Sichtweise der Künstlerin) dar. Beim Betrachten soll genügend Interpretationsspielraum vorhanden sein, um in die Werke und die eigenen Gedanken einzutauchen. Was sehen Sie, wenn Sie genau hinsehen?


Die Schattenstadt 2017, Bleistift auf Papier, 30 x 21 cm Johannes Seyfried Nach zwei Jahren an der Dr. Roland-Schule kam ich 2013 an die kunstschule wien, musste sie nach drei Semestern aber wieder verlassen, da sie geschlossen wurde. Nach zwei Jahren am SAE-Institut erfuhr ich, dass die kunstschule wien wieder ein Studium anbot und konnte so die Ausbildung fortsetzen. Gefangen in einer Stadt voller Vampire versucht ein Mann zu überleben und gerät in das Visier des „Rates der Nacht“ und der „Legion der Verdammten“.


urban alphabet 2017, Fotografie Christoph Uiberacker Geschichten zum Thema Mensch-Sein sind wichtige Themen in meinen Kunstwerken. Um neue Möglichkeiten der Umsetzung kennen zu lernen, entschied ich mich für die Werkstätten Animation und Experimentalfilm, beziehungsweise Comic. Mein Fokus abseits der kunstschule wien liegt in den Bereichen Fotografie, Skulptur und Raum. Meist arbeite ich konzeptuell, bediene mich dabei aber in der Ideenwelt meines Unterbewusstseins. Ich fühle mich auch als Wissenschafter, sammle Daten und Dinge, analysiere unsere Wahrnehmung, finde Möglichkeiten der Reflexion, und forme daraus künstlerische Werke.


Daltonien 2017, Digitale Illustration, 21 x 21 cm Vanessa Kronjäger Schon seit ich denken kann, war das Zeichnen ein wichtiger Teil von mir. Kunst ist für mich ein großer Bestandteil meiner Gefühlswelt, meiner Gedanken und meiner Träume. Das Werk ist eine Seite aus einem Comic, welchen ich in Zusammenarbeit mit Sarah Schuchter entwickelt habe. Grau, schlicht und einfach. Alle sind sie gleich. Alle müssen gleich sein! Um diesen Gesellschaftsansprüchen gerecht zu werden, braucht es Regeln. Eine der wichtigsten Regeln ist, dass alle farblos sein müssen! Doch was geschieht, wenn es doch jemand wagt, Farbe ins Spiel zu bringen? Und können wir wahrlich alle Farben komplett verlieren? Besonders die Farben in uns drinnen?


Marlene Hollerweger Meine Kunst bringt meine persönlichen Gefühle und Botschaften an die Welt zum Ausdruck. Hauptsächlich wird in meinen Arbeiten der Mensch thematisiert, seine Identität und sein Zerfall. Dabei setze ich mir kein Limit an Medium und Material. Großteils arbeite ich in den Bereichen Malerei, Druckgrafik, Mode, Design, Film, Fotografie sowie Literatur. Ein wichtiger Aspekt meiner Arbeiten ist die Gender Fluidität, die Reduktion des Menschen auf Form und Farbe und das Erzählen von Geschichten. Meine Arbeit Human wurde von dem gleichnamigen Songtext der Sängerin Sevdaliza inspiriert.

Human 2017, Tusche und Lippenstift auf Papier, 40 x 30 cm


Zsuzsi Vécsei Das Foto zeigt mich mit einem Werk aus der Serie Mother’s Ready-Made Küchenschürzen (https://goo.gl/ABJS94). Das eigentliche Werk ist aber meine self-x-hibition des bearbeiteten Fotos vom 8. 9. 2017 im MUMOK Wien anlässlich der Ausstellung „WOMAN feministische avantgarde“. (https://goo.gl/zkSdWa). „self-x-hibition“ verstehe ich als eigenständige Kunstform, sie ist eine – nicht autorisierte – Ausstellung meiner eigenen Arbeiten, passend zum Thema. In der Ausstellung „feministische avantgarde“ stellte ich mein Foto neben Birgit Jügenssens „Hausfrauen - Küchenschürze“, der ich mich durchaus zugehörig fühle.

self-x-hibition zur feministischen Avantgarde/MUMOK 2017, Foto der Künstlerin mit tragbarer, reversibler Kleiderschürze, zweimal 40 x 60 cm aus Abfallmaterial, mit Pastellkreide bearbeitet, neben Birgit Jürgenssens „Hausfrauen - Küchenschürze“ in der Ausstellung „WOMAN - feministische Avantgarde der 1970er Jahre aus der Sammlung VERBUND, self-x-hibited (21 x 30 cm)

Foto © Viktor Halb


Zenita Luis Symbolisch gesehen zeigt das Bild Freude, Optimismus, Kraft und feuriges Wesen. Der mittige Mund verbreitet eine erotische und doch sehr liebenswerte und offene Atmosphäre. Ich habe dieses Bild mit dicker oranger Acrylfarbe gemalt und habe Fäden, die ich auch in meinen gestickten Arbeiten verwende, auf das Bild geklebt. Den Mund habe ich bewusst in die Mitte gesetzt, damit im Umfeld genügend freier Raum bleibt. Der Mund behauptet sich, er ist stark und kräftig - er strahlt eine anziehende Energie aus und ist für mich das Zeichen, dass ich auf dem richtigen Weg bin. Kunst ist immer Auseinandersetzung. Meine Kunst ist für mich eine permanente Konfrontation zwischen der indischen Kultur meiner Herkunft und der europäischen Kultur, in der ich jetzt lebe.

Der Mund der in die Welt lacht 2017, Acryl auf Leinwand mit geklebten Fäden, 50 x 50 cm


Ausflug in die Gedanken 2 2016, Tusche auf Papier, 15 x 15 cm Florian Michael Khünl-Brady Die meisten meiner Zeichnungen beginnen mit einer Idee. Doch manchmal beginne ich eine Arbeit, ohne zu wissen, was ich eigentlich machen will. Ich versuche meine unmittelbaren Gedanken in das Werk einfließen zu lassen, damit das Zeichnen möglichst unbeschwert und frei ist. Da kein Planen und Vorausdenken nötig ist, kann man sich vollkommen auf die Bewegungen der Hand konzentrieren. Nach einiger Zeit festigt sich ein Konzept, das danach bis zur Vollendung der Arbeit ausgeführt wird.


Julia Wolfahrt Ich male sehr gerne, und das seit Kindheit an. Schon im Alter von zwei Jahren habe ich Gesichter gezeichnet, zwar nicht so professionell, aber ja. Ich habe immer ALLES gemalt. Von Tieren zu Menschen. Von Aquarellen zu Ă–lbildern. Und momentan versuche ich einen Stil zu finden. Meinen Stil. Die Aktzeichnung soll ein Beispiel dafĂźr sein, in welche Richtung es so gehen soll.

Aktzeichnung 2017, Pigment-Liner, Wasserfarben auf Aquarellpapier, 42 x 30 cm


Jemandem die Stirn bieten 2017, Acryl auf Leinwand, 107 x 81 cm Ingeborg Doppler Dieses Bild ist aus einer Serie von insgesamt vier Bildern, welche ich im Schuljahr 2016/17 zum Thema ,Widerstand‘ gemalt habe. Ich habe bewusst monochrom gearbeitet. Einerseits war das eine ganz neue Erfahrung für mich. Ich liebe Farben: und deshalb bin ich bei meinen Bildern auch immer versucht, ganz viel Farbe auf die Leinwand zu bringen. Andererseits wollte ich aber damit auch ausdrücken, dass Widerstand sehr oft aus einer Einschränkung heraus entsteht. Indem man seiner Freiheit beraubt und in die Enge getrieben wird, entstehen oft Gefühle von Machtlosigkeit und Wut. Die Reaktion auf diese Emotionen wollte ich durch meine Gesichter widerspiegeln.


Naima Wilk In meinen aktuellen Arbeiten befasse ich mich hauptsächlich mit dem Surrealen und der Anatomie des Menschen. Momentan lasse ich meinen Geist in der Kunst freien Lauf, versuche aber dennoch konzentriert und strukturiert zu bleiben. Das Bild spiegelt fßr mich den Kontrast zwischen Ruhe und Unruhe wider. Jede/r sollte aber das Bild aus ihrem/seinem eigenen Blickwinkel heraus betrachten.

Die Frau in Schwarz 2017, Acryl, Tusche, 100 x 80 cm


Kein Titel 2017, Bleistiftzeichung, 30 x 21 cm Sebastian Medwed


Emilia Prodinger Dieses Bild entstand beim Aktzeichnen, als ich mich zum ersten Mal an den Versuch, mit Aquarellfarben zu experimentieren, heranwagte. Als die ersten Striche entstanden waren, hatte ich ziemlich hohe Erwartungen für einen Erstversuch. Das war gut, denn so erkannte ich schließlich, dass die gezeichnete Figur, die sich mit jedem Strich immer mehr verdeutlichte, nicht für sich allein stehen sollte, und ich begann, mich von sämtlichen Erwartungen und Ansprüchen zu entfernen und übergab alle Kraft allein den Farben. Ich sehe Kunst als Möglichkeit, mich persönlich auszudrücken, meinen inneren Stimmen nachzugehen. In meinen Arbeiten werden diese sichtbar. Sie repräsentieren meine persönliche Auseinandersetzung mit mir selbst und der Welt.

Kein Titel 2017, Aquarell auf Papier, 41 x 32 cm


TTT Prototyp (2017) 2017, Formenbau, Gips, 24 x 20 x 20 cm, 1,2 kg Foto © Kenan Sutkovic

Kenan Sutkovic TTT ist der Nachbau eines Polyeders, dessen Konstruktion aus Albrecht Dürers „Melencolia I“ (1514) buchstäblich abgekupfert ist. Drei designtheoretische Fragen haben mich beschäftigt und dazu geführt, diesen Prototypen zu bauen. Warum hat Dürer gerade diesen Polyeder ausgewählt? Welche Funktion kann diese Konstruktion in zeitgenössischem Design einnehmen? Und aus welchem Material kann/soll dieser Körper gebaut werden? Wenn man die Dimensionen des Kupferstichs 1:1 übernimmt, hinterlässt man überraschenderweise ein wandelbares Objekt, welches durch seine Form und die Interaktion damit ein Spannungsfeld erzeugt. Tisch und Hocker im Produktdesign? Haus und Säule in der Architektur? Nanoteilchen und Kristallstruktur in der Wissenschaft?


Student*innen

Illustrationen von Christina Huber ∙ Studentin


Animation und Experimentalfilm Malerei und Prozess ini.ka@gmx.at www.ineskaufmann.com

Luna Luschnig Comic Animation und Experimentalfilm

Keramik Animation und Experimentalfilm amelie.kinsky@gmail.com

Michelle Tittel Malerei und Prozess Animation und Experimentalfilm

Angela Proyer (dzt in Karenz) Malerei und Prozess Animation und Experimentalfilm

Anja Ebertz Bildhauerei, Malerei und Prozess

Bernhard Cociancig Malerei und Prozess, Druckgrafik, Grafik Design bernhard@keicie.com www.keicie.com

prinzessin@piselli.at www.piselli.at

michoumissheru@gmail.com

Ines Kaufmann

Amelie Kinsky

Christina Huber Malerei und Prozess, Bildhauerei tinihuber@gmx.at www.tinihuber.com

Comic Animation und Experimentalfilm s.schuchter20@gmail.com www.nevoka.net

Sarah Schuchter

luna.marie@chello.at

Grafik Design, Malerei und Prozess julia.kieslinger@dymotions.com

Malerei und Prozess, Bildhauerei mariana.kriegel@gmx.at Facebook: Impressionen Mariana

Comic, Keramik junia.horvath@gmail.com

Julia Kieslinger

Mariana Kriegel

Junia Horvath


Comic Animation und Experimentalfilm

Sezen Nasvadi Malerei und Prozess, Druckgrafik sezen.nasvadi@gmail.com

Christoph Uiberacker Comic Animation und Experimentalfilm chris.der.ui.arts@gmail.com www.galeriestudio38.at/ChrisUi#werke

Vanessa Kronjäger Comic Animation und Experimentalfilm v.kronjaeger@hotmail.com www.nevoka.net

Marlene Hollerweger Druckgrafik, Keramik

Zenita Luis Malerei und Prozess, Bildhauerei zenitaluis@hotmail.com www.zenitaluis.at

Florian Michael Khünl-Brady Comic, Animation und Experimentalfilm

Julia Wolfahrt Malerei und Prozess, Animation und Experimentalfilm juli.wolfahrt@gmail.com

Keramik, Druckgrafik julia.bugram@gmail.com www.juliabugram.com

Julia Bugram

johannes.doppler24@gmail.com

Johannes Doppler

Malerei und Prozess, Druckgrafik panther28@gmx.at

Comic wolfgang.seyfried@aon.at

Interdisziplinär zsuzsi.vecsei@icloud.com zsuzsivecsei.wordpress.com

Christina Mayerhofer

Johannes Seyfried

Zsuzsi Vécsei


Ismail Zakaev

Sebastian Medwed

Naima Wilk Malerei und Prozess, Animation und Experimentalfilm wilknaima@gmx.at www.naimawilk.tumblr.com

Bildhauerei, Keramik emilia96@gmx.at

Malerei und Prozess, Druckgrafik inge.doppler@gmail.com www.artbydoing.com

Design und Raum, Grafik Design, Keramik studio@maskuma.com www.maskuma.com

Emilia Prodinger

Ingeborg Doppler

Kenan Sutkovic


Selbstporträt – das Orientierungsjahr 2017/18

Die kunstschule wien bietet seit ihrem Neustart 2015 nun schon zum dritten Mal ein Orientierungsjahr an. Fünfzig Studierende aus elf Nationen mit fünfzehn Muttersprachen starteten heuer das Studium. In der Lehrveranstaltung Schrift und Kommunikation erarbeiteten die Studierenden des Orientierungsjahres ein Selbstporträt, das ihre subjektive Meinung des eigenen Selbst widerspiegelt. Weil Kommunikation von Sprachmustern oder Kulturhintergründen unabhängig stattfinden soll, werden Bildreduktionen oder Piktogramme als universell verständliche Bildsprache eingesetzt. Birgit Kerber, Dozentin


Diego Avantaggiato

Patrick Braun

Leona Bereis

Alice Cimador

Benjamin Crepaz

Vanni Eden

Philomena Fischer

Bagshat Gajdarova


Benno Giesbrecht

Vanesse Gรถsenbauer

Edona Hani

Philipp Hatzis

Jana Jelinek

Emma King

Maria Klackl

Theresa Knyrim

Clara Koch

Celina Krivanek


Anna Landerl-Morawietz

Barbara Lapsys

Heather Libby

Stephanie Loisel

Julia Macho

Judith Nebelsieck

Xina Portocarrero Sandoval

Anastasia Redko

Lina Reichtetzeder

Sara Seethaler


Anna-Maria Stabentheiner

Annunziata Suess

Artina Tabrizi

Aleksandra Tadić

Jasmin Thurzo

Eva Tokar

Chineye Udeani

Katrin Ullmann

Julia Wieser

Ulla Wurm


Digitale Collage Š Dragan Mihajlovic


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