net culture lab Projekte 2007-2008

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net culture lab Eine Innovationsinitiative von Telekom Austria TA AG




net culture labs: Werkstätten für Netzkultur 06 Von der freien Entwicklerszene lernen 08 Offen, vernetzt, kollaborativ: Geschichte der net culture labs 14 Blitzlicht: Erfindungen 22

Was ist/Wie funktioniert Innovation? 24 Blitzlicht: Open Innovation 38

Eindrücke aus dem Labor im fernen Westen 40

Blitzlicht: Selbermachen bildet 48

Hacked Opening 50 Blitzlicht: Do you GNU? 60

Open Source als Baustein für Innovationen 62 Projektübersicht 66 make your own thing 84


net culture labs: Werkstätten für Netzkultur Eine ungewöhnliche Form der Innovationsförderung findet seit Sommer 2007 in Wien und Dornbirn statt: Auf eine Initiative von Telekom Austria TA AG wird in den net culture labs (ncl) genannten Werkstätten für Netzkultur gebastelt, gespielt, geforscht und entwickelt. Unmittelbarer Verwertungsdruck? Keiner. Unmittelbare Beteiligung von Telekom Austria TA AG an der Urheberschaft? Fehlanzeige. Und statt internationaler Softwaregrößen ist osAlliance, eine österreichische Genossenschaft für offene Software, an der Entwicklung und Organisation der net culture labs beteiligt. Die selbst erklärten Ziele der Initiative: die Rahmenbedingungen für Kreativschaffende verbessern, Innovation losgelöst vom etablierten Technologiemarkt ermöglichen, von der Open Source Bewegung lernen. 150.000 Euro ist dieses Vorhaben der Telekom Austria TA AG im Jahr wert, statt pauschalen Fördersummen werden gezielte Unterstützungen für einzelne Projekte von bis zu € 5.000 vergeben. Auch abseits der finanziellen Beihilfe: Jeder darf in den net culture labs vorbeischauen und dort arbeiten; registrierte Lab-User haben 24 Stunden am Tag Zugang zu Raum, Technik und Infrastruktur. Wie diese Initiative zustande kam und wer daran beteiligt war und ist, dokumentiert diese Broschüre. DI Helmut Leopold berichtet als Leiter des Plattform- und Technologiemanagements von der Motivation und den Erwartungen von Telekom Austria TA AG. Eine Innovationsinnovative soll es sein – aber wie denken wir eigentlich Innovation? Mit dieser Frage befasst sich der Beitrag von DI Thomas Fundneider, MBA, Innovationsexperte, und Prof. Dr. DI Markus Peschl, Professor

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für Wissenschaftstheorie und Cognitive Science an der Universität Wien. Ein Stimmungsbericht aus den Labs, Impulsbeiträge zu verwandten Themen wie open innovation und Do-It-Yourself-Kultur und eine aggregierte Version der Eröffnungsdiskussionen in Wien und Dornbirn vervollständigen das Bild. Vor der abschließenden Projektübersicht gibt DI Dr. Roland Alton-Scheidl, Mitinitiator auf Seiten von osAlliance und der Fachhochschule Vorarlberg, Einblick in den Zusammenhang von Open Source und Innovation. Ursprünglich für ein Jahr geplant, stehen die net culture labs nun länger zur Verfügung. Schauen Sie doch mal vorbei: net culture lab Museumsquartier Wien quartier21 Museumsplatz 1 1070 Wien net culture lab Bertolini-Haus, 5. Stock Marktstraße 4 6850 Dornbirn http://lab.netculture.at

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„Wir können von der freien Entwicklerszene viel lernen“ DI Helmut Leopold, Technologiechef von Telekom Austria TA AG, beschreibt Motive und Gewinn der Gründung der net culture labs. Permanente Forschung und Entwicklung sowie zeitgemäßes Innovationsmanagement sind zentrale Säulen für eine lückenlose Versorgung mit fortschrittlicher IKT-Infrastruktur, um nachhaltige Effekte für den Technologiestandort Österreich und die Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes auszulösen. Durch den kontinuierlichen Umbau der Telekom Austria TA AG Netzinfrastruktur auf ein zukunftssicheres Netz für die nächste Generation (NGN - Next Generation Network) wurde die Basis für kontinuierliches Wirtschaftswachstum und für ein Partizipieren aller ÖsterreicherInnen an der modernen Informationsgesellschaft gelegt. Breitbandnetze alleine machen allerdings noch kein neues Informationszeitalter. Was gebraucht wird, sind neue Anwendungen, Informationsinhalte und ein kritischer Diskurs, damit im Zusammenspiel mit den enormen technologischen Möglichkeiten unserer Breitbandnetze „Neues“ entsteht. Erst dann wird die heimische Ökonomie als auch unsere Gesellschaft das gesamte Potenzial der neuen Technologien und damit des Informationszeitalters zum vollen Vorteil nutzen können. Bei aller Fortschrittlichkeit in Technologieerprobung und -einsatz für die Einführung neuer, innovativer Services im Kräftefeld zwischen Fernsehen, Internet und mobilen Kommunikationslösungen ist Telekom Austria TA AG als Technologieführer nur ein Akteur in

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der Value Chain, der sich allerdings als Enabler revolutionär neuer Innovationen und Geschäftsmodelle sieht. Erfolgreiche Innovationen sind die Bedingung für gesellschaftlichen Fortschritt, die Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit von Volkswirtschaften und die Generierung von Wohlstand für alle. Innovation durch Schwarmkreativität Telekom Austria TA AG ist mit den net culture labs einen komplett neuen Schritt in der nationalen Innovationsszene gegangen. Mit der im Vorjahr fixierten Zusammenarbeit mit der osAlliance hat sich Telekom Austria TA AG ganz bewusst auf einen alternativen Zugang zu Innovation eingelassen. Die net culture labs mit ihrer radikal neuen Herangehensweise an Innovation sind Freiräume, in denen eine vielschichtige und unabhängige Szene Ideen weiter entwickeln kann – auch wenn diese sozusagen nur den Status einer Pre-Pre-Marktreife erreichen. Telekom Austria TA AG unterstützt diese Werkstätten für Innovation, um gruppendynamische Prozesse auslösen, multidisziplinäre Ansätze zu verfolgen sowie den Ideenaustausch zwischen der Community der “Digital Natives” und den Telekom Austria TA AG Forschungslabors durchzuführen, um nachhaltige positive Impulse für den Technologiestandort Österreich zu erreichen. Der kreativen und freien Entwicklerszene in Österreich steht mit den net culture labs das bestmögliche technische Environment zur Verfügung, damit alle Voraussetzungen für Vernetzung und kollaboratives Forschen und Entwickeln gegeben sind. Telekom Austria TA AG moderiert diesen Prozess, indem das Unternehmen sich gemeinsam mit der osAlliance in einem standardisierten Kuratorenprozess auf Themenschwerpunkte verständigt, die in einem

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“artverwandten” Verhältnis zum neuen Kerngeschäft von Telekom Austria TA AG stehen. Innovationsprozesse brauchen Kreativität und sind hochgradig durch soziale Netzwerke und dynamische Interaktionsprozesse bestimmt. Die net culture labs sind für Telekom Austria TA AG Ausdruck von „Emergence“, für das Entstehen von Neuem durch Schwarmkreativität. In den Labs, in den Communities, werden Web 2.0 Prinzipien wie selbstverständlich gelebt, der „Commons“-Ansatz in Produktion und Nutzung hochgehalten. Diesen Erkenntnisfortschritt, dass viele in einer Mischung aus persönlich und gemeinsam getragenen Motiven ein anderes Kreativitätsniveau erreichen als isolierte ForscherInnen und EntwicklerInnen im sprichwörtlichen Elfenbeinturm, versucht Telekom Austria TA AG sukzessive in ihre Arbeit zu integrieren. Die Zusammenarbeit mit den net culture labs ist Ausdruck dieses sozialen Upgrades in der Innnovationsphilosophie. Nur durch solch radikale Ansätze können die veränderten Kommunikationsstrukturen in einer sich rasant wandelnden Mediengesellschaft besser adressiert werden. Spielerische Entwicklung statt Verwertungsdruck Telekom Austria TA AG übt bei dieser Kooperation keinen unmittelbaren Verwertungsdruck im ökonomischen Sinne aus. Ergänzend zu ihrer wahrgenommenen gesellschaftlichen Verantwortung der Förderung kreativen Potenzials wird in der Zusammenarbeit versucht, die Grenzen eines zu sehr durch Projektmanagement getriebenen Denkansatzes zu überschreiten. Wir können von der freien Entwicklerszene viel lernen. Sie zeigt, wie mit granularer Aufgabenverteilung neben extrinsischen Motiven wie

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Verdienst oder Selbstnutzung der entwickelten Innovation auch hochgradig intrinsische Motive wie Spaß, Kompetenz, Exploration, Kreativität und Interaktion in der Community den Innovationsprozess bestimmen und vorantreiben. Die Förderung des Kreativen muss auch in den noch immer sehr technokratisch orientierten Ausbildungssystemen Entsprechung finden. Telekom Austria TA AG sieht diesen Wandel u.a. in der Kooperation mit der Linzer Ars Electronica oder dem Projekt Web 2.0 Klasse in Gang gesetzt. Die net culture labs in Wien und Dornbirn mit ihrer engen Vernetzung zur creativ wirtschaft austria und Hochschulen wie z.B. der FH Vorarlberg mit ihren Bachelor- und Masterstudiengängen Mediengestaltung/Intermedia, die kreative Leidenschaft mit Profil und Professionalität verbinden und somit punktgenau auf die Bedürfnisse unserer New Media Gesellschaft ausbilden, zielen ebenfalls auf diese neue Innovationssicht. Die User Generated Content-Plattform current.tv oder das preisgekrönte Innovationsprojekt Engerwitzdorf haben gezeigt, wie Citizen Journalism funktionieren kann. Die produzierten Videos leben von der Freiheit, Themen aufzugreifen, die brennend interessieren – entweder gesamtgesellschaftlich aber abseits des verordneten Mainstreams, oder sehr regional und lokal. So entsteht über die Zeit ein Themenspektrum komplementär zu den großen Nachrichtenagenturen und Sendern. Open Source: Demokratisierung der Innovation Auch aus Sicht der Medientheorie ist dem Open Source-Prinzip, den von Usern generierten Inhalten, gerade im Hinblick auf

Von der freien Entwicklerszene lernen

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Demokratisierung der neuen Medien einiges abzugewinnen. Ähnlich verhält es sich mit Open Innovation. Mit diesem Modell können neue Impulse gesetzt werden. Open Innovation ist die Freiheit von kurzweiligen Marktzwängen. Wer sie lebt, muss sich aber bewusst sein, dass diese Freiheit dort an ihre Grenzen stößt, wo die Freiheit der anderen Mitwirkenden in einer freien Forschungs-Community berührt wird. Open Innovation setzt also auch eine andere Unternehmenskultur voraus, in der die Fixierung auf Urheberschaft und Patente durch Common Knowledge ersetzt wird. Open Innovation mündet – nicht substituierend, sondern komplementär eingesetzt – in der Kreativität, neue Dinge auszuprobieren. So entstehen risikoarme Freiräume, in denen auch Scheitern und Neuansatz erlaubt sind. Das Hauptmotiv von Telekom Austria TA AG für die Gründung der net culture labs lag und liegt in der Möglichkeit, Grenzüberschreitung im Berührungsgeflecht von Freiheit und Kreativität intensiv zu erproben und bei Innovation neue Wege zu beschreiten. Dieses Wagnis hat sich gelohnt, wie die vorliegende Broschüre mit der Dokumentation der vielen spannenden Projekte eindrucksvoll beweist.

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Von der freien Entwicklerszene lernen

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Offen, vernetzt, kollaborativ Und es geht doch: Die net culture labs in Wien und Dornbirn zeigen, dass Open Source und Großunternehmen wie Telekom Austria TA AG kein Widerspruch sein müssen. „Das Glück bevorzugt den vorbereiteten Geist“ - das wusste schon Louis Pasteur. Einschlägig auf die brennenden Themen der Kreativund Medienwirtschaft vorbereitet waren auch Roland Alton-Scheidl und Martin Bredl, als sie im Oktober 2006 an der Generalversammlung der creativ wirtschaft austria teilnahmen. Wichtiges stand auf der Tagesordnung: Präsentation und Verabschiedung des zweiten Kreativwirtschaftsberichts, Launch der Impulsprogramme, Förderung regionaler Initiativen, u.v.m. In ihren Gesprächen abseits der großen Runde stellen sie fest, dass Kreativität ihrer Ansicht nach eigentlich ein recht anspruchsloses Geschöpf ist: „Es braucht nicht viel, dass Innovationen sprießen können: einen beheizten Raum, Steckdosen, Netzverbindungen, viel Platz auf einem Server... und die Kreativen einfach machen lassen.“ Ein Gespräch, wie es in Österreich und anderswo sicher schon hundertfach geführt worden war; in diesem Fall unterhielten sich aber zwei, deren Perspektiven und Möglichkeiten aus einer einfachen Idee mehr machen konnten. Roland Alton-Scheidl, einer der Gründer des Public Voice Labs und der 2006 daraus hervorgegangenen Genossenschaft osAlliance, beschäftigte sich bereits seit über einem Jahrzehnt mit der Entwicklung von Kreativinfrastrukturen in Österreich. Welch Potenziale es zu fördern gab und welche Früchte dies tragen konnte, wusste er als vormaliger Leiter des Studiengangs Mediengestaltung und

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Mitorganisator des Kompetenznetzwerk Mediengestaltung genau und ebenso, an wie wenig es vielen Kreativen oft mangelte, um ihre Ideen umzusetzen. Martin Bredl hatte als Leiter der Unternehmenskommunikation von Telekom Austria TA AG – und als einer der ersten PR-Entscheider des Landes, die Web 2.0-Anwendungen wirklich ernst nahmen – schon etliche netzkulturaffine Akzente gesetzt. Zwei Blogs aus Österreich hatten es 2006 in die Top 100 deutschsprachiger Businessblogs geschafft – Bredls Blog war dabei, und das nach nur zwei Monaten. Zufrieden war er mit dieser Gesamtplatzierung Österreichs noch lange nicht: Eine Initiative, die den Kreativen des Landes den innovativen Einstieg ohne großen bürokratischen Aufwand erleichterte, so Bredls Vermutung, könnte auch dieser Statistik auf die Sprünge helfen. Bredl und Alton-Scheidl beschlossen, in Kontakt zu bleiben und die Idee von den beheizten Freiräumen in ihr jeweiliges Umfeld zu tragen: Telekom Austria TA AG einerseits, die FH Vorarlberg und die österreichischen Open Source Netzwerke andererseits. Der Funke zündete. Nur wenige Tage darauf war schon auf Bredls Blogs zu lesen: „Yes! Hab heute mit Generaldirektor Rudolf Fischer gesprochen. Wir machen das. Meine Gespräche mit Roland AltonScheidl haben mir die Augen geöffnet.“ Entwicklungsraum für Kreativität und Netzkultur Grundlegendes war nun zu klären: Wo sollten die Innovationsräume eingerichtet und wie die Kreativen dafür interessiert werden? Was konnte ein Modus Operandi sein, geeignete Personen und Projekte auszuwählen, das Ausmaß an Bürokratie aber gering zu halten?

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Wie mussten die Auswahlkriterien definiert sein, um Kreativität und Umsetzbarkeit zu vereinen und welche Rolle sollten darin Begriffe wie ‚Marktfähigkeit’ und ‚Businessplan’ spielen? Und schließlich: Welche Rechte würde Telekom Austria TA AG bei der Auswahl, Weiterentwicklung und Auswertung haben? Über die Kernprinzipien war man sich schnell einig: Die Innovationsräume sollten nach dem Prinzip des Labs, des offenen Forschungsund Entwicklungsraums funktionieren, in dem alle technischen und sozialen Voraussetzungen für kollaboratives Arbeiten gegeben sind. Telekom Austria TA AG würde dabei als Enabler, d.h. als Träger und Möglichmacher fungieren und so den multidisziplinären Ideenaustausch fördern, ohne ihn mit engen Zielvorgaben einzugrenzen. Kein technisches Medium hat zuvor die sozialen, beruflichen und privaten Kommunikations- und Informationsformen so schnell und so global verändert wie das Internet. Netzkultur ist geprägt von gemeinschaftsorientierten Prinzipien wie Open Source und Userpartizipation, aber auch ein Beweis für die Wirkmacht des mit digitalen Tools ausgestatteten Individuums – ein idealer Nährboden für Innovationen also, und ein guter Grund, Netzkultur zum Hauptthema und zur Namensgeberin zu machen: net culture lab. Im Mai und Juni 2007 – kaum acht Monate nach den ersten Besprechungen – konnten die beiden Werkstätten des net culture labs den ersten potentiellen LabnutzerInnen zugänglich gemacht werden: zum einen tief im Osten, wo das net culture lab Wien inmitten des größten Kulturareals Österreichs, dem Museumsquartier, angesiedelt ist, zum anderen im fernen Westen des Landes, wo man von der Dachterrasse des net culture labs Dornbirn das Treiben auf dem Marktplatz beobachten kann. Im Herbst folgten die offiziellen Eröffnungen mit den Entscheidungsträgern und die Vorstellung der net culture labs an die Presse.

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Alles in einem: Gemeinsam denken, werken und spielen Dass die Labs so schnell angenommen wurden, ist auch dem Raumkonzept zu verdanken, das von den Mediengestaltern Stefan Kainbacher und Tim Devine entwickelt wurde: Als Kommunikations- und Interaktionsraum dient in beiden Labs eine Art Bar mit Wohnzimmer, die ncl lounge, die die LabbesucherInnen zuerst betreten. Von hier aus geht es in den ncl workshop, den gemeinsamen Arbeitsraum, in dem gehackt, programmiert, gelötet und verdrahtet werden darf. Weil der Mensch laut Schiller nur da ganz Mensch ist, wo er spielt, gibt es auch Spielplätze: Im ncl playground bieten weiche Kissen, Matten und mit digitalen Sensoren gehackte Stofftiere anregende Entspannung. Hier befindet sich auch die Videobridge: Mit Hilfe von Kamera, LCD-Screen und VoIP-Verbindung wurde zwischen dem Lab in Wien und Dornbirn ein Video-Interface eingerichtet, das die Aktivität des einen Labs in das andere hineinspiegelt und umgekehrt. Aber auch für ganz profane Filmabende oder Präsentationen können die Screens genutzt werden. Ein Besonderheit im Wiener Lab ist das ncl foyer: Dieser Eingangsbereich ist zum einen Schnittstelle zum net.culture.space – einem gemeinsam mit der Ars Electronica kuratierten Ausstellungsraum – zum anderen ein offener Arbeitsraum, in den man sich zum Konzipieren zurückziehen oder entstehende Arbeiten präsentieren kann. Das Kuratorenprinzip: Jury und Mentor Für die Auswahl geeigneter Projekte sind eigens nominierte LabKuratorInnen zuständig – für sich genommen bedeutet dies bereits eine kleine Innovation in der Förderlandschaft. Nach wie vor dominiert in Österreich die Form des Businessplanwettbewerbs, bei der

Offen, vernetzt, kollaborativ: Die Geschichte der net culture labs

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vor allem Marktanalyse und Verwertungsstrategie im Vordergrund stehen – eine Ausrichtung, die bei den auf Gemeinschaft und freien Zugang ausgerichteten Netzkulturprojekten eine volle Auseinandersetzung sogar verhindern kann. Auch für individuelle und zügige Entscheidungen ist das Kuratorenmodell deutlich besser geeignet. Die KuratorInnen unterstützen die einreichenden Personen bei der Projektgestaltung und vermitteln ihnen bei Bedarf Kontakte und Ressourcen, die ihnen bei der Entwicklung eines Prototyps weiter helfen. Damit dies funktioniert, muss es sich bei den KuratorInnen um Individuen handeln, die selbst eng mit der Szene verbunden sind und somit den Beitrag eines Projekts zur Sphäre der Netzkultur abschätzen können. Für das Dornbirner Lab übernahm Roland Alton-Scheidl selbst die Kuratorenschaft – ein Glücksfall für die Studierenden der dort ansässigen FH Vorarlberg. Vor allem Kreative aus den Studiengängen Mediengestaltungen und Informatik, aber auch SchülerInnen der Abschlussklassen der Dornbirner HTL zählten bald zu den regelmäßigen und gern gesehenen Gästen des net culture labs. In Wien wurden Gerin Trautenberger und Andrea Mayr-Stalder als Kuratorinnen benannt. Trautenberger ist Industriedesigner, der vor einigen Jahren den Weg in die Selbständigkeit wählte und in Wien mit dem ‚Gemeindebauquartett’ zu lokaler Bekanntheit gelangte. Mayr-Stalder ist Projektleiterin von JUX, einer Initiative, die offene Software für die Kinder- und Jugendarbeit entwickelt. Die JuxlalaCD, Mayr-Stalders jüngstes Projekt, bietet Lernprogramme für Kinder im Vorschulalter – Kopieren ausdrücklich erlaubt! Komplett wird das Betreuungsprogramm durch die Facilitatoren: Thomas Thurner in Wien und Eric Poscher in Dornbirn sind die

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alltäglichen Ansprechpartner in den Labs. Sie registrieren neue User, helfen bei technischen Fragen weiter und leisten allererste Beratung bei der Aufbereitung von Projektideen. Trendcamp: Open Source & Open Innovation Eine weitere wertvolle Schnittstelle zwischen Wirtschaft und Kreativen wurde mit der Beteiligung des Teams von Helmut Leopold, Leiter des Plattform- und Technologiemanagements von Telekom Austria TA AG geschaffen. „Es ist Teil unserer Strategie, dass wir den internen Wissenserwerb nach außen öffnen,“ kommentiert Leopold, „in diesem Fall, indem wir eine Community unterstützen, die ihrer Zeit eigentlich voraus ist und ihr Freiraum für Kreativität geben.“ Ebenso profitieren die Technologiemanager von Telekom Austria TA AG von den zweimal jährlich stattfindenden Trend Camps, die vom Wiener Innovationsberater Thomas Fundneider für die net culture labs organisiert werden. Innovative Strömungen der Netzmedienwelt stehen im Zentrum der Trendcamps: Unter dem Schlagwort Open Innovation - Mass Customization wurden etwa beim ersten Trendcamp im Dialog Strategien und Perspektiven gemeinsam erkundet, um dem Kern des Trends auf den Grund zu gehen und somit auf mögliche Auswirkungen besser vorbereitet zu sein. Besonders der Open Source Gedanke, der Inhalt verschiedener Beiträge auf dem ersten Trendcamp war, wird oft als unvereinbar mit den Prinzipien eines profitorientierten Unternehmens verstanden. Umso bemerkenswerter ist, dass sich Telekom Austria TA AG mit Roland Alton-Scheidl und der osAlliance einen Partner suchte, dessen Hauptfokus auf der Entwicklung und Förderung von offener Software liegt.

Offen, vernetzt, kollaborativ: Die Geschichte der net culture labs

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Auch in den net culture labs kommt, wo immer möglich, Open Source Software zum Einsatz. Die Urheberrechte der Projekte bleiben bei den EntwicklerInnen – wo möglich, wird die GNU General Public License eingesetzt, die es anderen erlaubt, auf die Idee aufzubauen. „Für Telekom Austria gibt es aber eine Art First-ViewRecht,“ so Kurator Trautenberger, „bei dem entschieden werden kann, eine Idee über die Dauer der net culture labs hinaus mit Telekom Austria weiter zu entwickeln.“ Einen ersten Überblick über die Projekte gab es in der Vorweihnachtszeit 2007 im Wiener Museumsquartier zu bestaunen: Insgesamt 16 Projekte aus der Community wurden beim dig.it|all project slam vorgestellt und mit einer Schaufel (engl: to dig: schaufeln; auch: gut finden) von Kommunikationsleiter Martin Bredl ausgezeichnet. Auch 2008 sollen noch weitere Projekte an Bord genommen und dabei der Wissensaustausch mit Telekom Austria TA AG intensiviert werden. Auf die Resultate darf man jetzt schon gespannt sein.

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Auf der Basis des net culture lab-Logos entwickelte der Designer Stefan Kainbacher ein kollaboratives Sticker-Toolkit, mit man sich sein eigenes, n-fach verflochtenes Rhizom kleben kann. Die Grundfarben rot, gr체n und blau repr채sentieren den digitalen Farbraum. Was passiert, wenn Menschen und Toolkits aufeinandertreffen, l채sst sich an den W채nden der net culture labs bewundern.

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BLITZLICHT Der Klapperstorch war es nicht: Wo die Erfindungen herkommen Der einsame Erfinder, der die Welt aus den Angeln hebt, ist ein Mythos. Viel häufiger entstehen Erfindungen in einem kollaborativen, kommunikativen Umfeld. Erfindungen haben viele Eltern. Wann begann etwa die Geschichte des Computers? Die Vorschläge reichen vom babylonischen Sandabakus über die Renaissance-Rechenmaschinen von Pascal und Leibniz zu Babbages differential engine und den Hollerith-Karten, schwanken zwischen Konrad Zuses Z1 und Vannevar Bushs MemexModell und enden spätestens bei ‚Trinity 1977’ und damit mit dem Jahr, in dem der Computer als PC zu sich selbst fand. ‚Trinity 1977’ – jenes Computerdreigestirn aus Apple II, Commodore PET, und TRS-80, das die digitale Revolution nach Hause brachte – zeigt außerdem, dass Erfindungen auch Geschwister haben. Weitere Beispiele: Die Brüder Lumière gelten als die Erfinder des Kinos – doch im selben Jahr 1895, in dem sie den Cinématographe öffentlich vorführten, boten auch die Brüder Skladanowsky in Berlin, Woodville Latham in New York und Robert W. Paul in London ihre bewegte Bilder dar. Nicht immer soll es das beste Produkt sein, das sich am Markt durchsetzt: Noch heute schwärmen etwa Heimkino-Fans der ersten Stunde von den Vorteilen der beidseitig bespielbaren Video2000-Kassetten – gegen VHS und Betamax konnte sich der Spätstarter jedoch nicht mehr durchsetzen.

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Da Innovationen komplex sind, sind sie selten auf eine einzelne Erfindung zurückzuführen: Wie ließe sich etwa die Entwicklung des PCs denken ohne die des Compilers? Wo wären wir heute ohne die Computermaus? Und wie oft würden wir verzweifeln ohne die Tastenkombination Ctrl-Alt-Del? Auch temporäre Zwischenspiele wie der Lichtgriffel oder das ZIP-Laufwerk gehören dazu: Wären sie nicht zum rechten Zeitpunkt verworfen worden, sähe das Inventar eines Computerfachhandels aus wie ein sozialistisches Automobilangebot – darf’s ein Trabant sein oder doch lieber ein Wartburg?

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Was ist/Wie funktioniert Innovation? Von inkrementeller zu emergenter Innovation Ein Beitrag von Thomas Fundneider und Markus F. Peschl 1. Innovation oder der Reiz des Neuen Wie denken wir Innovation? Wie denken wir neue Dienstleistungen oder Produkte? Die Antwort fällt in den meisten Fällen – wenn überhaupt – erschreckend nüchtern aus: Bestehendes wird aufgegriffen, in Details verbessert oder angepasst, die Marketingstrategie neu konzipiert und die vermeintlich entstandene Neuschöpfung als ‚die Innovation‘ in den Markt hinausposaunt. Beispiel: Man nehme ein Mobiltelefon, ersetze die Plastikhülle durch Aluminium und verkaufe es als ‚Top-Handy’. Die neue Marketingstrategie ist in vielen Fällen noch das innovativste Element in diesem Kontext. Bei genauerem Hinsehen und Hinhören (z.B. in Gesprächen mit Experten im Feld, mit Managern, etc.) wird deutlich, dass eine große Rat- (und Tat-) Losigkeit herrscht, wenn das Thema Innovation angeschnitten wird. Die größte Einigkeit besteht darin, dass Innovation von den meisten als kritischer Faktor im Wettbewerb von Organisationen und Personen verstanden wird. Dass sich momentan so viele Organisationen und Unternehmen mit Innovation auseinandersetzen, ist nur bedingt ein Anzeichen dafür, dass verstärkte Auseinandersetzung mit der Natur der Innovation stattgefunden hat. Wie bei vielen Hypes ist es auch in diesem Fall schwierig, die Trendsetter und eigentlichen ‚Innovateure der Innovation’ von den Mitläufern zu unterscheiden. Abgesehen davon ist es wohl auch der Reiz des Neu-

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en, der das Konzept der Innovation so unwiderstehlich macht. Dieser Buzzword-Status ist zugleich gefährlich, da dadurch unter Umständen die Notwendigkeit von Innovation selbst in Frage gestellt wird. In der Tat ist Innovation zeitlos – erfolgreiche Unternehmen beschäftigen sich schon immer mit Innovation – und dennoch nur schwer kommunizierbar, denn es geht immer um viel mehr als nur um Regeln, Prozesse oder Methoden. 2. Innovation verstehen Eine Erfindung oder Idee ist noch keine Innovation? Der Auseinandersetzung mit Innovation stehen viele Mythen im Wege, wie z.B. der des einsamen Erfinders, der – isoliert von Mitmenschen und Kollegen aus der Wissenschaft – eine bahnbrechende Entdeckung macht. Gerade in Gesprächen über Erfindungen stößt man immer wieder auf unterschiedliche Antworten auf die Frage, ab wann Innovation eigentlich beginnt: It is open for question whether „inventor“ should suggest the person who came up with the initial idea for an item, the first person to build a working model, or the first person to successfully commercialize the invention. Obviously, for a new technology to ever make it into practical use, all three of these steps must be taken – but they will never be made all at once by the same individual, with no influences (Berkun 2007:74).

Dies liegt u.a. daran, dass keine eindeutige, über Disziplinen hinweg gültige Definition von Innovation existiert. Eine noch heute nützliche Beschreibung aus dem Jahre 1912 stammt von Joseph Schumpeter, einem der ersten Innovationspropheten, der u.a. zwischen invention (als konkrete Erfindung) und innovation (als Integration von Erfindungen in wirtschaftliche Kreisläufe) unterscheidet:

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Invention implies bringing something new into being; innovation implies bringing something new into use (Schumpeter 1912 in The Open University 2001:16).

Auf den Spuren Schumpeters haben Rosanna Garcia und Roger Calantone den Gedanken der erfolgreichen Umsetzung für heutige Arbeitskontexte weiter ausgearbeitet: Das Formulieren einer Idee reiche allein nicht aus, stellen sie fest, um eine Innovation auf den Weg zu bringen; der Idee folge vielmehr die Schweiß treibende Arbeit der Implementierung und Diffusion. Dass dieser Punkt entscheidend ist haben Untersuchungen gezeigt, denen zufolge Organisationen, die den Unterschied zwischen ‚Erfindung’ und ‚Innovation’ verstanden haben, erfolgreicher Innovationen hervorbringen: Innovation is an iterative process initiated by the perception of a new market and/or new service opportunity for a technologybased invention which leads to development, production, and marketing tasks striving for the commercial success of the invention. [...] It is important to elucidate that an invention does not become an innovation until it has processed through production and marketing tasks and is diffused into the marketplace [...]. The solution to a basic scientific puzzle or the invention of a new product only in a laboratory setting makes no direct economic contribution. Innovation includes not only basic and applied research but also product development, manufacturing, marketing, distribution, servicing, and later product adaptation and upgrading (Garcia/Calantone 2002:112).

Wissen und seine Erzeugung als primäre Quelle von Innovation Innovation und Wissen. Waren es in der ‚Vor-Wissensära’ große Mengen von Rohstoffen, hoch effiziente Produktionsprozesse, Materialvorteile oder ein großes Heer an Arbeitskräften, so ist

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vor allem in den letzten 20 Jahren deutlich geworden, dass Wissen die Ressource schlechthin für jegliche Form der Wertschöpfung geworden und die materielle Dimension stark in den Hintergrund gerückt ist (vgl. Rifkin 2005; Friedman 2006). Ob es nun um neue Prozesse oder neue Produkte geht – am Anfang steht im Zeitalter des Knowledge-Managements immer ein individueller und/oder kollektiver Prozess der Generierung neuen Wissens, welches im weiteren z.B. in Form neuer Prozesse oder Produkte umgesetzt wird. In diesem Sinne ist Wissen nicht bloße Zutat, sondern die primäre Quelle von Innovation. Die Generierung neuen Wissens ist der Ursprung für neue Produkte, Dienstleistungen und Geschäftsmodelle. Natürlich muss sich dieses Wissen letztlich in einer materiellen Form äußern, damit es als Innovation bezeichnet werden kann; das Primäre ist jedoch das neue Wissen auf allen Ebenen. Dieses Wissen ist die Quelle für die Umsetzung in eine konkrete materielle Form oder Realisierung. Der eigentliche ‚Mehr-Wert‘ liegt nicht in erster Linie in dieser Realisierung, sondern in dem Wissen, das dazu geführt hat. Dies hat freilich weit reichende Folgen auf das Verständnis von Wertschöpfung bis hin zur konkreten Organisation von Unternehmen und ihren Zielen. 3. Arten der Innovation Üblicherweise wird zwischen inkrementeller, d.h. sich schrittweise vollziehender und radikaler Innovation unterschieden. Daneben gibt es natürlich noch andere Möglichkeiten der Klassifizierung z.B. der Unterscheidung von Prozess- und Produktinnovation, von offener Innovation und interner Forschungs- und Entwicklung, evolutionä-

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rer vs. revolutionärer Innovation, Nischenschaffung, Architekturbildung etc. (vgl. Garcia/Calantone 2002). Eine Definition, welche die Europäische Kommission vorschlägt, deutet diese Vielzahl an: Innovation as defined by the European Commission is “the renewal and enlargement of the range of products and services and the associated markets; the establishment of new methods of production, supply and distribution; the introduction of changes in management, work organisation, and the working conditions and skills of the workforce (European Commission 2004:23).

Auch wir wollen im Folgenden, nach einer kurzen Diskussion der üblichen Unterscheidungen, noch eine weitere, die der emergenten Innovation als Variante der radikalen Innovation, hinzufügen. Inkrementelle Innovation Wenn von Innovation die Rede ist, so haben wir es zumeist mit dieser Form der Innovation zu tun. Das Neue in der inkrementellen Innovation beschränkt sich meistens auf – wie der Name bereits verrät – eine schrittweise Anpassung oder Verbesserung des Gegenstandes, hier verstanden als Stellvertreter für Begriffe wie Produkt, Prozess, Geschäftsprozess, Technologie, etc. Das Bestehende dient als Ausgangsbasis für den Prozess der Innovation und wird in einigen Details wie z.B. Design, Funktionalität, Herstellung etc. verändert, überholt, Kundenwünschen angepasst: Incremental innovations can easily be defined as products that provide new features, benefits, or improvements to the existing technology in the existing market. “An incremental new product involves the adaptation, refinement, and enhancement of existing products and/or production and delivery systems [Song M., 1998]. (Garcia/Calantone 2002:123).

Charakteristikum inkrementeller Innovation ist, dass die Grund-

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idee bzw. das Kernstück des Gegenstandes unverändert bleibt, während an der Peripherie gearbeitet wird. Das heißt, dass keine fundamentale Veränderung stattfindet. Das Bestehende wird auf den Kundennutzen, auf Wünsche, auf Effizienzsteigerung, etc. hin optimiert. Dies hat den Vorteil, dass man mit relativ geringem Risiko und geringem Entwicklungsaufwand operieren kann, da in den meisten Fällen nur minimal in bestehende Prozesse eingegriffen werden muss und man zugleich behaupten kann, eine Innovation hervorgebracht zu haben. Ein einfaches Beispiel für inkrementelle Innovation ist etwa die Steigerung der Geschwindigkeit im Folgemodell eines Computers: Diese Optimierung in einer bereits bestehenden Dimension (der Geschwindigkeit) impliziert keine wirkliche Neuerung. Radikale Innovation Demgegenüber nimmt der Prozess der radikalen Innovation die Herausforderung und das Risiko an, sich in gänzlich neue (Wissens-)Räume in Form radikal neuer Ideen, Dienstleistungen, Märkte, Verbindungen von Branchen, etc. vorzuwagen. Nicht nur, dass neue Wissensräume erforscht werden, neue Marktbereiche werden zum Teil auch erst erschaffen. So kann es geschehen, dass eine Dienstleistung, die zunächst überflüssig erscheint, beim Eintritt in den Markt einen neuen Raum erschließt, der so allmählich sichtbar wird. Die Radikalität des Neuen betrifft in diesem Kontext das Erschaffen neuer Kernideen, neuer Prinzipien, neuer Annahmen über fundamentale Fragen, das radikale Hinterfragen mentaler Modelle. Wie der lateinische Ursprung des Wortes ‚radikal‘ verrät (radix = die Wurzel), geht es in dieser Form der Innovation um Veränderungen, die an der Wurzel von Unternehmensprozessen, -zielen, -strukturen, Dienstleistungen, Strategien, etc. ansetzen. Mit dem Prozess der radikalen Innovation verhält es sich ähnlich wie mit dem Übergang von einem wissenschaftlichen Paradigma

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in ein anderes (vgl. Kuhn 1973). Man stelle sich etwa die Radikalität des Übergangs vom geozentrischen zum heliozentrischen Weltbild vor. Dass künftig nicht die Erde, sondern die Sonne im Zentrum des Universums stehen sollte, war nicht nur eine triviale Annahme über ‚Gott und die Welt‘, sondern veränderte diese radikal, indem bestehende Ordnungen des Denkens, die seit Jahrhunderten für unverrückbar oder als gegeben angenommen wurden, auf den Kopf gestellt wurden. Für viele waren diese impliziten Ordnungen nicht einmal bewusst; sie wurden erst durch die Veränderung explizit und dem Denken zugänglich gemacht. Ähnlich verhält es sich mit radikalen Innovationen: Neue Wissensräume werden aufgemacht, indem bestehende in ihren Annahmen radikal hinterfragt werden. Emergente Innovation − „radikale Innovation von innen“ Als eine Unterkategorie möchten wir hier das Konzept der emergenten Innovation vorstellen, welches die Autoren entwickelt, theoretisch ausformuliert und in konkreten Innovationsprojekten bereits zur Anwendung gebracht haben. Auch bei der emergenten Innovation geht es um radikale Veränderungen auf einer fundamentalen Ebene: Während die Sichtweise der radikalen Innovation im Allgemeinen keine explizite Aussage darüber macht, wie das radikal Neue zustande kommt, geht der Ansatz der emergenten Innovation einen anderen Weg: Veränderung bzw. das radikal Neue wird nicht von irgendwo außen hereingeholt und künstlich ‚aufgepfropft‘, sondern die radikale Veränderung vollzieht sich von Innen heraus, quasi auf organische Weise. Worum es im Kontext der emergenten Innovation geht ist, aus dem tiefen Verstehen des Kerns eines Gegenstandes (z.B. Dienstleistung, Organisation, Markt, Businessmodell, etc.) heraus, dessen tiefstes/höchstes Potential (im Sinne von Entwicklungspotential) zu entdecken und daraus das radikal Neue entstehen, d.h. emergie-

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ren zu lassen. Dies ist damit verbunden, dass man sich profundes Wissen und tiefes Verstehen über den Gegenstand in all seinen Dimensionen aneignen muss – dies ist eine ressourcenintensive und zugleich intellektuell herausfordernde Aufgabe, da dies beinhaltet, auch lieb gewordene und eingefahrene Perspektiven und Strukturen systematisch zu hinterfragen und zu verändern (vgl. Ansätze der Reflexion, des Dialogs, des double/triple-loop learnings, etc.; Peschl 2007). Letztlich geht es um eine sehr persönliche und fast existenzielle Veränderung der eigenen Wahrnehmungs- und Denkmuster (mehr hierzu unter www.emergent-innovation.com). 4. Die net culture labs als Innovationsumgebung Soviel zur Theorie. Innovationen – ob inkrementell, radikal oder emergent – beweisen und vollziehen sich jedoch erst in der Praxis, am Werk. Die net culture labs sind Werkstätten: Wie zwei eigenständige Netzkulturlabors im Zusammenspiel mit einem Unternehmen als Innovationsumgebung agieren können, lässt sich mit einer Untersuchung der hier relevanten Innovationsfaktoren darstellen. Enabling Space und das Primat des Ermöglichens Innovationen entstehen einerseits nicht von alleine und können andererseits nicht ‚gemacht’ werden. Um diesen Widerspruch aufzulösen, müssen Rahmen- und Randbedingungen geschaffen werden, innerhalb derer Innovation entstehen kann: Dies ist die Grundidee des Konzepts des Enablings (Ermöglichens). Daher setzen die net culture labs auf die Einbettung in einem sogenannten Enabling Space, in dem konkret Innovationen stattfinden (bzw. ermöglicht werden) sollen. Dieser Enabling Space ist jedoch nicht nur als physischer Raum im engeren Sinn (Layout, Ausstattung, unterschiedliche Bereiche etc.) zu verstehen, sondern als multidimensionaler Raum, in dem soziale Aspekte (Vertrauen, Gruppendynamik, Werte

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etc.), mentale Aspekte (herausforderndes Umfeld, Überschneidungen unterschiedlicher Disziplinen, Konfrontation mit Widersprüchlichem etc.) sowie technologische Aspekte (Kommunikation, Darstellen der eigenen Arbeit, Recherche etc.) berücksichtigt werden. Mit der Idee arbeiten: Kuratoren helfen Ein weiterer Aspekt des Enabling Space ist der Einsatz von Mentoren und Coaches als Enabler. Many technologists think that advantageous innovations will sell themselves, that the obvious benefits of new idea will be widely realized by potential adopters, and that the innovation will therefore diffuse rapidly. Unfortunately, this is very seldom the case. Most innovations in fact diffuse at a surprisingly slow rate (Rogers 1995).

Wie zuvor beschrieben sind gute Ideen nicht ausreichend, um Innovation zu schaffen. Der steinige, meist mit Rückschlägen versehene Weg folgt der Idee. Um Ideen auf die nächste Entwicklungsstufe zu bringen wurde für die net culture labs ein Kuratoren/CoachingModell entwickelt, um so die Personen hinter den Ideen über einen Zeitraum von einigen Monaten zu unterstützen. Die Unterstützung ist abhängig von der Art der Idee und geht von der Formulierung der Problemstellung bis zur Begleitung bei der Firmengründung. Kollaborative Arbeitsmilieus Find a few soulmates. History loves the notion of the sole innovator: Thomas Edison (lightbulb), Steve Jobs (Macintosh), Henry Ford (Model T), Anita Roddick (The Body Shop) ... History is wrong. Successful companies are started, and made successful by at least two, and usually more, soulmates. After the fact one person may come to be recognized as „the innovator“, but it always takes a team of good people to make

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any venture work (Guy Kawasaki in Berkun 2007:77).

Dieser Ausspruch von Guy Kawasaki hebt die Bedeutung von kollaborativen Arbeitsmilieus als Innovationsmilieus hervor. Schon nach einem halben Jahr Tätigkeit in den net culture labs hat sich gezeigt, in welchem Maß der Output eines Projekts als Input für ein anderes dienen kann. Sowohl im Lab-Alltag, aber auch vor allem bei so genannten Trend- und Projektcamps findet diese Transmission in alle Richtungen statt – zwischen Ideen, Ideenumsetzern, Telekom Austria TA AG und externen Experten. Ein Rückblick von Frank Piller, beteiligter Experte zum Thema ‚Open Innovation – Mass Customization‘, auf das erste Trendcamp unterstreicht dies: The day was a great surprise for me: I frequently do this kind of workshop with companies, and regularly the reaction is one of fascination for the opportunities of open innovation, but always paired with a very strong resistance towards change and how this could work in their own corporation. Not this time, however. The Telekom managers seemed to be even more open on the topic than the “net people”, and thus it was a very refreshing experience, one that really filled me with hope that Crowdsourcing and open innovation really can change large corporations fundamentally. In many small presentations by everyone from the group, and two large structures open table discussions, we generated lots of ideas and great input. I also learned a lot – and now I am curious to see what Telekom Austria will do with our results. (Piller 2008).

net culture labs als unabhängige Einheit Die net culture labs sind nicht als verlängerte Forschungs- und Entwicklungsabteilung von Telekom Austria TA AG konzipiert, sondern als unabhängiges und eigenständiges Innovationslabor. Alle Entwicklungen, die in den Labs stattfinden, stehen unter offenen Lizenzen (Creative Commons, GPL etc.) und der geistige Schöpfer

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kann seine oder ihre Weiterentwicklung aus dem Lab wieder mitnehmen – es gibt keine Verpflichtungen gegenüber Telekom Austria TA AG, einzig ein 3-monatiges sogenanntes first view Prinzip (d.h. nach Projektende hat Telekom Austria TA AG drei Monate Zeit, in Kontakt mit den Kreativen/Entwicklern zu treten) ist vereinbart. Mehr als ein Think Tank: Prototyping als Leitprinzip It doesn´t matter where you start, as long as you start [John Cage] Until one is committed, there is hesitancy, the change to draw back – Concerning all acts of initiative (and creation), there is one elementary truth that ignorance of which kills countless ideas and splendid plans; that the moment one definitely commits oneself, then Providence moves, too. ... Whatever you can do, or dream you can do, begin it. Boldness has genius, power, and magic in it. Begin it now [Goethe] (both in Berkun, 2007:39).

Die net culture labs sind kein Think Tank, sondern ‚Experimentierstube’: Das Wesen eines Experiments besteht darin, dass eine Hypothese in der Umwelt realisiert und geprüft wird, also, dass hypothetisches Wissen konkret wird. Es geht nicht primär um fertige Produkte, sondern um eine erste prototypenhafte Umsetzung; in den net culture labs wird daher permanent an Ideen gearbeitet, werden Prototypen fertig gestellt und verworfen und (Zwischen-) Präsentationen vorbereitet. Natürlich geht es einerseits um die grundsätzliche und geistige Auseinandersetzung mit der Idee, jedoch immer in Hinblick auf deren anschließende Umsetzung und Weiterentwicklung in Richtung eines Prototypen. Das Interessante am Prototyping ist nicht nur die konkrete Realisierung einer Idee, sondern dass sich gerade erst durch den Prozess der Umsetzung und der (öffentlichen) Aus-(einander)setzung (mit) der Idee oft neue Perspektiven öffnen, die der ursprünglichen Idee eine neue,

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vorher nicht da gewesene Dimension geben. Design is about being able to create interim understandings of what you want that you then work hard to go beyond. Specifically, it’s a process of prototyping, which is modeling or simulating your best current understandings precisely so you can have some kind of a shared set of understandings that will enable communication, especially among people with very different discipline bases. That will also allow you to break that prototype and iterate, prototype and iterate, until you get to some desired outcome which you could not have predicted in the beginning (Kao et al. 2000:10).

Es sind die in diesem Kapitel angeführten Faktoren, welche in den net culture labs hauptverantwortlich dafür sind, dass sowohl eine Atmosphäre der Offenheit für das Neue und für das Denken des Ungewöhnlichen etabliert werden als auch der Anspruch der Produktorientiertheit erfüllt werden konnte. Dass dies ein heikler Balanceakt ist und hier keine finalen Rezepte gegeben werden können, ist klar – dies ist genau der Grund, warum das Konzept des Enabling Space eine zentrale Rolle in den net culture labs spielt.

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Thomas Fundneider ist Gründer von tf consulting. Nach mehrjähriger Tätigkeit in der Multimediabranche wechselte er in die Geschäftsführung einer privaten Forschungseinrichtung, welche leading-edge Softwarelösungen für Internet- & Telekommunikationsdienste entwickelte. Das Beratungsunternehmen tf consulting mit Sitz in Wien begleitet Organisationen bei sämtlichen Aspekten des Innovationsmanagements. web: www.tfc.at Markus F. Peschl ist Professor für Wissenschaftstheorie und Cognitive Science/Kognitionswissenschaft an der Universität Wien. Er studierte Informatik, Psychologie und Philosophie und verbrachte 4 Jahre als Post-Doc in den USA (UC San Diego), Großbritannien und Frankreich (Cognitive Science, Neurowissenschaft, Philosphie). Sein Fokus in der Forschung liegt auf der Frage des Wissens, seiner Entstehung in kognitiven Systemen, in Wissenschaft und Organisationen und der (radikalen) Innovation. web: www.univie.ac.at/wissenschaftstheorie/peschl

Referenzen Berkun S. (2007). The Myths of Innovation. O´Reilly Media. European Commission (2004). Innovation management and the knowledge-driven economy. Brussels: European Commission, Directorategeneral for Enterprise. Friedman, T.L. (2006). The world is flat. A brief history of the twenty-first century. New York: Ferrar, Straus and Giroux.

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Garcia, R. and R. Calatone (2002). A critical look at technological innovation typology and innovativeness terminology: a literature review. The Journal of Product Innovation Management 19, 110–132. Jacoby, R. and D. Rodriguez (2007). Innovation, growth, and getting to where you want to go. Design Management Review 18 (2007), 10–15. Kao, J., I. Nonaka, and C.O. Scharmer (2000). The seventh career building an innovation keiretsu. Conversation with John Kao (The Idea Fac tory). http://www.dialogonleadership.org/Kao-2000.pdf [21/09/2005]. Kuhn, T.S. (1973). Die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen (second ed.). Frankfurt/M.: Suhrkamp. Peschl, M.F. (2007). Triple-loop learning as foundation for profound change, individual cultivation, and radical innovation. Construction processes beyond scientific and rational knowledge. Constructivist Foundations 2(2-3), 136–145. Peschl, M.F. (2007a). Enabling Spaces—epistemologische Grundlagen der Ermöglichung von Innovation und knowledge creation. In: N. Gronau (Ed.), Professionelles Wissensmanagement. Erfahrungen und Visionen, pp. 362–372. Berlin: GITO. Piller, F. (2005-2008): Trendcamp Open Innovation by Net Culture Lab Austria. Mass Customization & Open Innovation News. URL: http:// mass-customization.blogs.com/mass_customization_open_i/2008/01/ trendcamp-open.html [08/01/2008]. Reichwald, R. and Piller F. (2006). Interaktive Wertschöpfung: Open Innovation, Individualisierung, und neue Formen der Arbeitsteilung. Gabler Verlag Rifkin, J. (2005). Das Ende der Arbeit und ihre Zukunft. Neue Konzepte für das 21. Jahrhundert. Frankfurt/M.: Fischer. Rogers, E. M. (1995). Diffusion of Innovation. Free Press. The Open University (2001). B823 Managing Knowledge and Innovation, Unit 8, Milton Keynes, The Open University Business School, 2001.

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BLITZLICHT Vom Wettstreit der Labors zur globalen Knowledge Community Seit der industriellen Revolution war der Umfang der internen Forschung bestimmend für den Erfolg eines Unternehmens . In der globalen Wissensgesellschaft gelten nun neue Regeln. Das Modell Thomas Alva Edison war einmal: In einer Welt, in der immer mehr Arbeitnehmer selbst Knowlegde Worker sind, stößt das traditionelle, betriebsinterne Forschungs- und Entwicklungsmodell an seine Grenzen. „Unternehmen können ihre eigenen Innovationen nicht länger unter Verschluss halten“, diagnostiziert Henry Chesbrough, Direktor des Center for Open Innovation in Berkeley. „Der Weg zum Erfolg besteht vielmehr im Schaffen von offenen Plattformen um die eigenen Innovationen herum, so dass Kunden und Mitarbeiter und sogar Mitbewerber darauf aufbauen können. Denn nur durch dieses darauf Aufbauen kann eine dauerhafte, sich weiter entwickelnde Gemeinschaft von Nutzern, Machern und Schaffenden entstehen.“ Ein oft zitiertes Beispiel für die Effekte von Open Innovation ist die Plattform Innocentive.com, die selbst keine Forschungsarbeit leistet. Stattdessen hat Innocentive eine globale Community aus mittlerweile über 125,000 sogenannten Problemlösern aufgebaut: WissenschaftlerInnen und ForscherInnen mit freien Kapazitäten, darunter Studierende, Pensionierte und TüftlerInnen aus Industrienationen als auch aus Schwellenländern wie Indien, Russland oder China.

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Unternehmen, die bei kniffligen Problemen nicht weiter wissen, können via Innocentive eine Preisfrage ausschreiben lassen. Die Prämie für die zuerst eintreffende Lösung beträgt mindestens $ 5000, d.h. einen Bruchteil der zu erwartenden Forschungskosten. Antworten kommen häufig aus unerwarteten Ecken: Ein Experte in Röntgenkristallographie löste etwa ein Problem aus dem Bereich Substanzenstoffwechsel. Oft treffen die ersten Lösungen innerhalb von 72 Stunden ein – weil die Problemlöser die Antwort bereits kannten.

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Eindrücke aus dem Labor im fernen Westen Eric Poscher, Facilitator im Dornbirner net culture lab, berichtet aus der Vorarlberger Netzkulturwerkstätte. Alles neu macht der Mai lautet das Sprichwort. Der Mai 2007 war es, in dem das net culture lab eingerichtet wurde. Neu war damit, dass es nun in Vorarlberg einen Raum für Netzkulturprojekte gibt, der allen Interessierten offenen Zugang ermöglicht. Für mich als Facilitator galt es, für das Lab nicht nur die technische und räumliche Infrastruktur einzurichten, sondern auch eine angenehme Atmosphäre für die innovativen BenutzerInnen zu schaffen. Via E-Mail und Mundpropaganda luden wir interessierte Menschen und potentielle UserInnen ein, im noch spärlich möblierten Raum vorbeizuschauen. Mit dem fünften Stock des Bertolini-Hauses über dem Dornbirner Marktplatz (inklusive Dachterrasse) hatten wir in der Tat ein hervorragend gelegenes Quartier gefunden. Noch jede Person, die die etwas versteckte Eingangstüre zum Lab fand, war nach der Fahrt mit dem Lift begeistert von Ambiente und Ausblick. Labino, das (Anti-)Schlüsselprojekt Die Frage Nummer Eins, die wir zu lösen hatten, war nun, wie wir den BenutzerInnen des Labs möglichst einfach und unbürokratisch Zugang geben konnten, ohne zahllose Schlüssel oder RFID-Chips verteilen zu müssen. Nach einigem Brainstorming wurde so das erste Projekt geboren – das Zugangssystem Labino. Glücklicherweise verfügt im Zeitalter der mobilen Kommunikation praktisch

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jeder (zumindest in der Gruppe der Lab-BenutzerInnen) über ein eindeutiges Identifikationsmerkmal: die persönliche Handynummer. Diese wollten wir uns für Labino nun zunutze machen. Von der Idee bis zum fertigen Zugangssystem war es aber noch ein langer Weg, der uns zunächst einmal in den Keller führte: Hier musste eine Schnittstelle zur Liftsteuerungszentrale geschaffen werden – die nötigen Angebote sollten im Endeffekt die größten Kosten verursachen. Die weiteren Komponenten bestanden im Wesentlichen aus ein paar elektronischen Bauteilen, die mit dem Open Hardware Mikrocontroller Arduino angesteuert wurden, Asterisk für die virtuelle Telefonanlage und OpenSSH, das die Verbindung zum Rechner des Zugangssystems herstellt - beide bauen auf dem offenen GNU/Linux-Betriebssystem auf. Beim Zusammensuchen, Testen und Verlöten der Bauteile und Kontakte auf dem Prototypenbrett kamen Erinnerungen an frühe Elektronikerfahrungen auf - im Vergleich zu heute war es damals aber weder möglich, die entsprechenden Datenblätter einfach im Netz nachzuschlagen, noch gab es Mikrocontroller, die auf so einfache Weise programmiert werden und mit einem Rechner kommunizieren konnten. Nach weiterem Feilen an der Software und ersten erfolgreichen Testanrufen und Auf- und Abwärtsfahrten konnten Anfang Juli dann die ersten registrierten BenutzerInnen zum BetaTest eingeladen werden. Bis dahin war das Lab meist ganztägig besetzt gewesen; auch, weil in dieser Zeit zahlreiche Sendungen von Paketdiensten abgeladen wurden und auch die Möblierung allmählich Gestalt annahm. Die ersten Erfahrungen im Selbstbedienungsbetrieb waren sehr positiv. Mit Labino konnten registrierte BenutzerInnen ab sofort

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das Lab betreten, wann immer ihnen danach war, um an ihren Projekten und Ideen zu arbeiten, bei Bedarf 24 Stunden am Tag. Das Team konnte sich nun auf die Service-Zeiten konzentrieren und neuen BenutzerInnen jeweils nachmittags zur Verfügung stehen, um ihnen das Lab zu zeigen oder sie zu registrieren. Open Lab Night: Digitale Kultur für alle Zahlreiche BesucherInnen konnte das Lab in Dornbirn anlässlich der Open Lab Nights begrüßen, die ab Mitte Mai bis im Herbst jeweils donnerstags stattfanden. Donnerstag, das muss man erklären, ist in Dornbirn jener Abend, an dem der sonst nur mäßig belebte Marktplatz zur pulsierenden Partymeile wird, auf der sich eine Schirmbar an die andere anschließt. Trotz dieser Nachbarschaft war die Lab Nights nicht etwa ein Partyableger: Meist begann sie um etwa 20 Uhr mit einem inhaltlichen Teil – einem Vortrag, einem Film oder einer Diskussion – und ging, wann immer ein DJ sein Werk begann, in einen informellen, unterhaltsamen Teil über. Angelockt von der Beleuchtung und den Silhouetten auf der sommerlich lauschigen Dachterrasse kamen zahlreiche Neugierige ins Lab. Dabei ergab sich manche Begegnung zwischen den BesucherInnen und den Lab-Usern, die noch am Notebook saßen, fachsimpelten oder versuchten, die eine oder andere technische Nuss zu knacken. Boa, isch des a coole Location! Was isch des da eigentlich? Kann man das mieten? Was macht ihr da eigentlich?

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So fand auch im Sommer 2007, der in Dornbirn von der Worldgymnaestrada geprägt war, ein reger Kulturaustausch mit der Außenwelt statt, in diesem Fall mit SportlerInnen, die mit uns z.B. über Blogs und Privatsphäre diskutierten. Am Beamer waren plötzlich Gymnastik-Performances von Youtube zu sehen, während die LabUser erklären mussten, was es nun mit Weblogs auf sich hat, was das net culture lab ist und was da sonst noch so passiert. Mit der Jahreszeit änderten sich die Gäste: Im Herbst wurde die Lab Night abgelöst von einer transdisziplinären Lehrveranstaltung der Fachhochschule Vorarlberg, die jeweils am frühen Abend das Lab mit geschäftiger Atmosphäre füllte. Projekte wurden voran getrieben, Filme gedreht und gelegentlich gemeinsam gekocht; dabei fusionierten die türkische und finnische Küche und eine argentinische Tarte wurde ganz österreichisch im Strudelteig verpackt. Burnstation: Freie Musik auf die Straße bringen Eines der ersten Projekte aus der internationalen Netzkulturszene, das in Dornbirn Station machte, war die Burnstation: eine öffentliche Musik-CD-Brennanlage, bei der Interessierte aus freier Musik eine Playlist zusammen stellen und gleich für den Heimgebrauch brennen und mitnehmen können. Die erste Version der Burnstation war vom argentinischen Softwaredeveloper und Medienkünstler Rama in Zusammenarbeit mit PlatoniQ in Barcelona entwickelt und zuvor im Medienkunstlabor in Graz und bei der Wizards of OS Konferenz in Berlin 2006 gezeigt worden. Da ein Schwerpunkt der net culture labs auf Open Source-Software und freien Inhalten liegt, war schnell klar, dass das Lab eine eigene Burnstation braucht.

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Ende 2007 kam Rama als „Developer in Residence“ für einen Monat ins Lab nach Dornbirn, um dem User-Interface ein neues Touch & Feel zu geben, das nun dank der Steuerung mittels Joystick mehr an die Ästhetik einer Spielkonsole erinnert. Vor allem die Studierenden der Fachhochschule waren von der Burnstation sehr angetan und beteiligten sich rege an dem Projekt. Eine Gruppe von international students drehte ein Video, in dem das Weitergeben von Musik als Dealen mit Drogen in düsteren Bahnhofsunterführungen inszeniert wurde. Bei der Arbeit an der neuen Benutzeroberfläche wurde Rama von einer Informatikerin und einer Mediengestalterin tatkräftig unterstützt. Die Konstruktion einer Hardware für die Burnstation ist prinzipiell keine rocket science. Benötigt werden ein PC oder Notebook als Herzstück, Lautsprecher für die Jukebox und Kopfhörer fürs Zusammenstellen der Playlist. Als Interface wird ein Joystick am USB-Port angestöpselt und das war’s in der Theorie auch schon. Da das Ganze in unserem Fall auch noch mobil einsetzbar und mit einer eigenständigen Stromversorgung ausgestattet sein sollte, wurde die Sache schon wieder komplexer. Auch war die Wunschliste für neue Funktionen und Erweiterungen der Software groß; so mussten Prioritäten gesetzt werden, welche Neuigkeiten in dem zur Verfügung stehenden Zeitraum entwickelt werden konnten. Nicht nur das Interface wurde mit studentischer Unterstützung komplett neu definiert: Die Burnstation wurde um eine JukeboxFunktion ergänzt, deren Playlist im Lab von allen UserInnen über das LAN verändert und um neuen Content erweitert werden kann. Der Impuls, der durch die Weiterführung des Projekts in Dornbirn gesetzt wurde, hat auch nach außen gewirkt: Andere EntwicklerIn-

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nen haben Software-Module beigesteuert, ebenso denkt Rama nun mit weiteren Musikfreunden über die Verwendung der Burnstation in Bars oder Cafés nach. Erfreulicherweise ist die Burnstation aber nicht das einzige Projekt mit grenzüberschreitender Wirkung: Enter Cropster. Cropster: Vernetzt für eine bessere Welt Was also ist Cropster? Crops (engl.) sind zunächst einmal landwirtschaftliche Erzeugnisse: Getreide, Kaffee, Feldfrüchte. Cropster ist eine internetbasierte Anwendung für den Handel von qualitativ hochwertigen Kaffeesorten. Die Entwickler von Cropster treten aber nicht als Zwischenhändler auf: Sie stellen vielmehr eine Plattform zur Verfügung, die Produktwege transparent macht und versucht, faire Handelsbedingungen zu schaffen. Weil mobile Kommunikation in sich entwickelnden Ländern verbreiteter ist als Internet-PCs, soll Cropster nicht nur als Webanwendung bedient werden können, sondern sich an die Infrastruktur der Zielgruppe anpassen, die per SMS mit der Plattform kommunizieren kann. Die Idee für Cropster entstand in Kolumbien, wo Andreas Idl gerade einige Monate verbracht hatte. Idl und sein Studienkollege Martin Wiesinger hatten über eine Mailingliste der FH und über Bekannte vom net culture lab erfahren. Beide sind Absolventen der FH Vorarlberg und waren nun eigentlich wieder in Innsbruck und Wien ansässig. Um Cropster voranbringen zu können, schlugen sie für einige Wochen ihre Zelte im Dornbirner net culture lab auf. Das Team verbrachte so etliche Nachmittage mit dem Notebook am Schoss auf den Couches im Lab – über Konferenzschaltung verbunden mit dem Dritten im Team, der an einem anderen Ort weilte. In mehrstündigen Telefonkonferenzen wurde der weitere Verlauf des

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Projekts geplant. Ausgestattet mit Headset und zur Vermeidung von Rückkopplungen jeweils einige Meter voneinander entfernt platziert, ergab sich so ein ungewöhnliches Bild einer (örtlich) fragmentierten Besprechungssituation. Das Cropster Team nahm gerne das Angebot an, sich von den BetreuerInnen der net culture labs beraten zu lassen, um ihrem Projekt einen formalen Mantel zu geben. Im Jänner 2008 kam es dann zur Firmengründung, einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit Sitz in Dornbirn. Die Atmosphäre, die im net culture lab in Dornbirn entstanden ist, ist nicht zuletzt auch den BenutzerInnen und Gästen zu verdanken, die hier an ihren Projekten arbeiten, untereinander Erfahrungen austauschen, Fragen stellen und so neue Verbindungen entstehen lassen. Auch in einer digital durch und durch vernetzten Gesellschaft ist die lokale Anwesenheit an einem gemeinsamen Ort eine Chance für den Austausch, bei der unterschiedliche Ideen und Disziplinen aufeinander treffen und Innovation entstehen kann.

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BLITZLICHT Nicht immer nur konsumieren: Selbermachen bildet Do It Yourself galt lange als Slogan der Heimwerker und meinte: sägen, schrauben, anstreichen. Eine neue Generation von SelbermacherInnen erfindet DIY dank digitaler Tools neu. Eine kuriose Mischung aus Hi-Tech und Kunsthandwerk erwartete die BesucherInnen der Maker Faire 2007 in Austin: HalloweenKürbisse blinzelten aus LED-Augen, Marionetten liefen auf selbst geschriebener Software, nicht näher identifizierbare Objekte produzierten einfach nur niedliche Geräusche. ‘Build, CRAFT, hack, play, MAKE’ lautet das Motto der neuen DIY-Bewegung. Vor allem um die Definition des Begriffs hacking herrschte lange Zeit eine Kontroverse, galten Hacker doch als kriminelle Computereindringlinge. In der Szene selbst ist ‚Hacker’ jedoch eine Auszeichnung für besonders kreative ProgrammiererInnen. Wer beim Coden böse Absichten hegt, wird als ‚Cracker’ denunziert. Die Kunst und Praxis des Hackens beschränkt sich nicht aufs Digitale: Hacken bedeutet, etwas so zu verbessern, dass es optimal funktioniert, gemessen an den eigenen Vorstellungen. Wer Blumen liebt, kann Pflanzen hacken: Petunien oder Geranien eignen sich besonders für die Einsteigerzucht. Auch Essen ist hackbar: Eiswürfel in Tetris-Form oder Leckereien aus der molekularen Küche wie Karotten-Kaviar sind bei Selbermachern heiß begehrt. Dabei gehört es zum guten Ton und schafft Anerkennung in der Community, seinen jüngsten Hack online zu dokumentieren. Auf

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Seiten wie instructables.com, makezine.com und lifehack.org tauschen User ihre Ideen und Anleitungen aus. Variable Nutzerlizenzen, die z.B. kommerzielle Nutzung untersagen, künstlerische Weiterentwicklung aber zulassen, können gleich mit ausgewählt werden. Auch in der net culture lab Ausstellung make your own thing wird selbst gelötet, programmiert und gebaut. Jeder kann mitmachen – und mindestens ein paar schöne Anregungen für Geschenke für FreundInnen und Familie mitnehmen: denn mit Liebe Gemachtes kommt bekanntlich immer noch am besten an.

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Hacked Opening 2.0 Ein knapper Monat und je nach Reisemittel mindestens 630 km lagen zwischen den offiziellen Eröffnungen des Wiener und des Dornbirner net culture labs. Wir haben Zeit und Raum überwunden, die Beiträge der RednerInnen und AkteurInnen syndiziert und so etwas Neues kreiert: ncl Hacked Opening 2.0. Es moderierten in Wien Oliver Lehmann, Chefredakteur at.venture, und in Dornbirn Juliane Alton, Obfrau der IG Kultur. Thema Wien: „Innovation durch kreative Freiräume “ Rudolf Fischer, CEO Telekom Austria TA AG Karin Hakl, Abgeordnete zum Nationalrat Jürgen Wutzlhofer, Gemeinderat, Abgeordneter Wiener Landtag Eva Czernohorszky, Zentrum für Innovation und Technologie (ZIT) Roland Alton-Scheidl, stv. Vorsitzender creativ wirtschaft austria, Kurator net culture lab Dornbirn, Koordinator F&E FH Vorarlberg Thema Dornbirn: „Kreativwirtschaft als Innovationsmotor“ Helmut Leopold, Leiter Plattform- und Technologiemanagement Telekom Austria TA AG Regine Bolter, Vizerektorin, Studiengangsleiterin Informatik, Fachhochschule Vorarlberg Hubert Matt, Leiter Wissenspool Gestaltung, Medientheoretiker, Fachhochschule Vorarlberg Gerin Trautenberger, Kurator net culture lab Wien Gerald Mathis, Gründungsberater der Stadt Dornbirn Egon Hajek, Standort- und Regionalentwickler

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MODERATION: Was macht Telekom Austria TA AG nun mit so einer Einrichtung wie dem net culture lab? RUDOLF FISCHER: Traditionell ist Telekom Austria TA AG das Unternehmen in Österreich, das für die Entwicklung der Kommunikationsinfrastrukturen zuständig ist. Dieser Bereich befindet sich mitten in einer Transformation in eine neue Netzarchitektur – die Stichworte hier sind Next Generation Networks und IP-Technologien. Als Innovationsführer versuchen wir immer, diesen Prozess auch einmal anders zu gestalten, abseits von den üblichen Forschungsund Entwicklungsprogrammen. Und die net culture labs sind Teil dieser Strategie, nämlich der Versuch einen Nucleus zu schaffen für innovative Ideen, für kreative Ansätze, die zu verfolgen man sich im F&E-Setting oft nicht leisten kann. ROLAND ALTON-SCHEIDL: Das Besondere an den Labs ist, dass wir mit dem Kuratorenmodell die Möglichkeit haben, uns auf den Prozess mit den Leuten einzulassen und sie etwa auch passenden Partnern vorzustellen. Im Netzwerk der osAlliance haben wir etwa 30 Mitglieder, die viel Erfahrung haben von der Umsetzung von Internet- und Gestaltungsprojekten bis hin zu Raumkonzepten. RUDOLF FISCHER: Es gibt ja auch den sehr interessanten Wissensaustausch zwischen unseren innovativen Köpfen und den Menschen in den Labs. Hier soll eine sehr offene Diskussion, vergleichbar dem Open Source-Prinzip, stattfinden. MODERATION: Hat Telekom Austria TA AG es satt, Software-Lizenzen zu zahlen oder wie ist die Zusammenarbeit mit einem Partner wie der osAlliance zu erklären?

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HELMUT LEOPOLD: Produktionskostensenkung ist absolut nicht das Ziel, auch weil wir dann die Open Source-Bewegung gezielt für eine Produktentwicklung arbeiten ließen und das funktioniert so nicht. Ich glaube, dass die Arbeitsweise der Open Source-Bewegung durch einen kreativeren Ansatz, bei dem durch Freiräume etwas entstehen kann, andere, eher hierarchisch vorgegebene Arbeitsweisen komplementiert. GERIN TRAUTENBERGER: Open Source folgt so einer Legologik: Ich kann Dinge modifizieren, verändern, sie zitieren, ich kann damit arbeiten. HELMUT LEOPOLD: Für mich greift der Begriff Open Source auch noch viel weiter: Wir erleben das tagtäglich im Internet, wo schon jeder, der einen Link auf eine andere Homepage legt, auf Vorhandenes aufbaut und das Netz so zu einer gigantischen Wissensverarbeitungsmaschine wird. REGINE BOLTER: Wobei wir in der Lehre an der Fachhochschule Vorarlberg nicht diese Entweder/Oder-Unterscheidung treffen: Selbstverständlich sind freie Lizenzen ein Thema in einem Informatik- und Software-Engineering-Studiengang, aber wir setzen beides ein: Open Source-Software gerade in kollaborativen Projekten und genauso auch Standard-Software. MODERATION: Werden die Ergebnisse der net culture lab-Projekte ebenfalls offen zur Verfügung stehen? GERIN TRAUTENBERGER: Am Anfang haben wir gesagt „Wenn wir etwas gemeinsam entwickeln, dann wollen wir das unter einer General Public Licence offen legen und jeder, der das weiter verwenden will, kann das tun.“ Allerdings sollte es mit Rücksicht auf den

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Beitrag von Telekom Austria nicht so sein, dass es sich dabei um unmittelbare Mitbewerber handelt. Die sprachliche Regelung ist jetzt die, dass wir Telekom Austria den First View geben, bei dem dann über eine mögliche Weiterentwicklung entschieden wird. RUDOLF FISCHER: Uns ist bewusst, dass sich die Projekte in den net culture labs eher in der Pre-Pre-Marketphase befinden werden – diese Freiheit vom Verwertungsdruck ist uns wichtig. Es wird nicht so sein, dass da auf einmal der Gigant kommt und sich auf die entstehenden Ideen drauf setzt. Und nur so kann der Wissensaustausch zwischen Telekom Austria TA AG und den net culture labs auch interessant bleiben. FRAGE AUS DEM PUBLIKUM: Werden die net culture labs mit ihrem Open Source-Ansatz in der Führungsriege überhaupt ernst genommen? HELMUT LEOPOLD: Bei den net culture labs handelt es sich in der Tat um einen Risikoansatz und nicht um ein klassisches Kooperationsmodell, bei dem wir eine bestimmte Summe investieren und irgendwann mit einem Profit rechnen können. Von außen wird Telekom Austria TA AG mitunter wahrgenommen als ein Großunternehmen, für das Geldbeträge keine Rolle spielen. RUDOLF FISCHER: Es ist sehr viel Geld, das wir hier investieren, und wir nehmen das Projekt sehr ernst, auch in der Führungsriege. MODERATION: Was sind Erwartungen der Standorte Dornbirn und Wien an die net culture labs? EVA CZERNOHORSZKY: Im Kern geht es immer darum, Menschen zusammenzubringen und dazu zu bringen, gemeinsam Ideen zu en-

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twickeln und Partnerschaften einzugehen. Solche Partnerschaften erfordern Geduld und Zeit, bis Vertrauen entsteht. Dafür sind Räume wie das net culture lab wieder ideal, denn hier kennt man seinen Partner, hier kann Erwartungssicherheit entstehen. GEROLD MATHIS: Dornbirn hat sich aus einer Textilmonokultur zu einer Multibranchenkultur entwickelt, in der auch die sogenannte Kreativwirtschaft mittlerweile angekommen ist. Da freuen wir uns natürlich, dass das net culture lab jetzt hier stattfindet. Kreativität ist schließlich ein sozialer Prozess, für den man Infrastrukturen zur Verfügung stellen muss, damit das kreative Milieu am Standort überhaupt entstehen kann. JÜRGEN WUTZLHOFER: Die net culture labs sind nicht nur eine Chance für die geförderten Projekte, sondern sicher auch eine kluge Entscheidung für Telekom Austria, weil sie sich öffnet für das Wissen von anderen. Ebenso profitiert eine Gesellschaft oder eine Stadt, die solche Räume hat, auch wenn deren Entstehen nur schwierig städtisch gesteuert werden kann. Ein möglicher Weg ist es, auf die Selbstverwaltungskompetenz der Initiativen zu setzen und ihnen bei Bedarf mit Expertenrat zur Seite zu stehen. EGON HAJEK: Es ist zu jeder Zeit wichtig, die Stärken einer Region und ihrer Menschen herauszuarbeiten, zu positionieren und nachhaltig weiter zu entwickeln. Denken Sie an die Architekturszene in Vorarlberg, die vor einigen Jahrzehnten noch belächelt worden ist und die heute ein erstklassiges Aushängeschild für Vorarlberg ist, oder denken Sie an den Werkraum Bregenzerwald. HUBERT MATT: Der Werkraum Bregenzerwald ist für mich ein hervorragendes Beispiel für nachhaltige Kreativität. Der Werkraum zeigt, dass man lustvoll an etwas arbeiten kann, das dadurch an

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Qualität gewinnt, und dass gleichzeitig eine Region und eine Landschaft in ihrem Wert erhalten bleibt und nicht vernichtet wird. Denn was man einigen Formen der kreativen Kunst vorwerfen muss ist, dass sie ganz gern Ökonomie kritisiert und auch ganz gut davon gelebt hat, aber so gut wie nie neue Ökonomisierungsformen kreativ entwickelt hat. KARIN HAKL: Solche Kooperationen zwischen den Big Playern und jungen Kreativen haben ganz wichtige Funktionen. Das Mautsystem z.B. wurde ja nicht ursprünglich von Kapsch, sondern von einem kleinen Unternehmen in Tirol entwickelt. Ich würde mir wünschen, dass noch mehr Großunternehmen Kreative in den Entwicklungsprozess mit einbeziehen und sie auch entsprechend an den künftigen Gewinnen beteiligen. MODERATION: An dieser Stelle mag folgende Zahl von Interesse sein: Im Kunstbereich in Deutschland liegt das jährliche Durchschnittseinkommen bei ungefähr 10,500 Euro, und zwar brutto. Werden die Absolventen von Kreativstudiengängen da nicht auch in eine prekäre Existenz hineingetrieben? HUBERT MATT: Gerade bei Designern und Designerinnen ist die Leidenschaftlichkeit im Job, der Gestaltungswille entscheidend. Notfalls müssen sie Strukturen ändern, neu designen, um leben zu können. Die Diskussion um creative industries zeigt, dass kritische Positionen nun offenbar als Motor entdeckt werden. Wer nur hinterher hechelt, affirmativ arbeitet, der wird ein Verlierer sein. KARIN HAKL: Es ist sicher die Aufgabe der Politik, dass die Menschen in unserem Land frei sind ihre Kreativität zu leben und dass sie – wenn sie von und mit ihrer Kreativität auch leben wollen – auch im Markt entsprechend reüssieren können.

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RUDOLF FISCHER: Auch aufgrund der Größe unseres Landes glaube ich, dass wir die Möglichkeit haben, in kreativen Nischen zu arbeiten, und das ist der Punkt, den man fördern sollte, z.B. in Form der Freiräume, die das net culture lab bietet. HELMUT LEOPOLD: Für mich ist Kreativität ein wichtiger Eckpfeiler für ein erfolgreiches Innovationsprogramm, und zwar Kreativität­, die durch Vielfalt entsteht, Expertise durch entsprechenden Tiefgang. Ein erfolgreicher Innovationsprozess, der am Anfang ­durch Spaß und Kreativität getrieben ist und im Verlauf zu wirklichem Know-How-Aufbau auch im internationalen Vergleich führt, garantiert schlussendlich die wirtschaftliche Gesundheit unseres Produktionsstandorts. HUBERT MATT: Was erkannt ist mit dem Begriff creative industries ist, dass Design, dass die Form zum großen Wachstumsfaktor der Wirtschaft geworden ist. Wer kauft sich heute eine Hose, weil die alte kaputt ist, oder weil die neue enger, blauer, grüner, was immer ist? Da ist die Frage dann, auch im ökologischen Kontext, ob diese Wachstumsdebatte wirklich sinnvoll oder ob nicht Wachstum ein Begriff für ein Karzinom ist. GERIN TRAUTENBERGER: In Wien wohnen die Kreativen übrigens nicht in den 200-Quadratmeter-Wohnungen, sondern in Gemeindewohnungen, die sehr billig sind. Technologie ist das eine, soziale Rahmenbedingen wie z.B. günstiges Wohnen das andere. Was Telekom Austria uns anbietet ist Infrastruktur: schönes, dickes Kabel und neue Computer. Was wir als net culture lab dazugeben können ist Kommunikation, dass wir Leute zusammenbringen. Und drittens leisten wir die Transmission der generierten Ideen in Telekom Austria hinein und bekommen von dort auch Feedback.

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ROLAND ALTON-SCHEIDL: Das ist auch einer der zehn Punkte, die wir uns in der creativwirtschaft austria vorgenommen haben, nämlich die Rahmenbedingungen für Investoren zu verbessern und einen eigenen Fonds einzurichten, um für junge Kreative die Fördermodalitäten zu vereinfachen. EVA CZERNOHORSZKY: Bislang lag der Fokus von Förderungen oft rein auf der Technologie, sinngemäß reduziert auf Maschinen und Geräten. Aber da wir in einer Dienstleistungsgesellschaft leben, müssen Technologie und Innovation zwangsläufig auch etwas anderes sein. REGINE BOLTER: Kreative Ideen haben ist das eine, das Ganze auch umsetzen können das andere. Die Aufgabe einer Hochschule, unsere Aufgabe ist es, den Studierenden das Handwerkszeug zu geben, um diese Ideen auch verwirklichen zu können. MODERATION: Wie sieht es aus mit den Freiräumen für Kreativität an einer Fachhochschule, gerade im Vergleich zu einer Universität? REGINE BOLTER: Sicherlich ist vieles mehr verschult und wir würden uns wünschen, dass sich Studierende wie an einer Universität auch einmal mehr Zeit gönnen könnten. Von Universitäten unterscheiden wir uns schon dadurch, dass wir kleine Gruppen haben, die relativ individuelle Betreuung ermöglichen. Auch dank unserer sehr guten Ausstattung hat jeder die Chance, nicht nur in der Theorie zu lernen, sondern wirklich alles auszuprobieren. Da sind auch die net culture labs ein gute Gelegenheit für Studierende, einmal aus der gewohnten Lernumgebung herauszukommen. HELMUT LEOPOLD: Ich möchte noch einen anderen Aspekt von Kreativität herausheben. 2004 haben wir in der Gemeinde

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Engerwitzdorf in Oberösterreich aus einem ähnlich kreativen Kontext heraus eine Art Dorffernsehen gegründet. Diese Gemeinde produziert seitdem ihre eigene Nachrichten, Politikberichte, Unterhaltungssendungen – quasi eine Art YouTube für den Fernseher, ohne Kontrolle, das macht nur die Community. Das Projekt hat weltweit Furore gemacht und wir werden vielfach aufgefordert, das gleiche an anderen Orten auch noch zu tun. Bevor wir das tun, sind aber noch viele Regeln zu klären: Wie verwenden wir diese Freiheit, wo sind Urheber- und Persönlichkeitsrechte oder Markenrechte betroffen? Ein solches Projekt greift in viele bestehende Geschäftsmodelle ein. Wir müssen uns diesen Fragen, die durch neue Formen von Kreativität gestellt werden, stellen, wenn wir nicht überrollt werden wollen. Ein Ort, an dem wir uns diesen Fragen stellen, ist etwa auch in den net culture labs.

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BLITZLICHT Do you GNU? General Public License ist gut für alle Von Open Source und Freier Software hat mittlerweile jeder schon einmal gehört. Wie aber definiert man Freie Software und wofür braucht es da Lizenzen? „Am Anfang war alle Software frei“ – so beginnt Georg Greven, Präsident der Free Software Foundation Europe (FSFE) gerne seine Vorträge. GNU ist ein von der FSF initiiertes, freies Betriebssystem – doch frei bleiben ist gar nicht so einfach. Vier Arten von Freiheit braucht es dazu: 1_Die Freiheit, ein Programm für jeden Zweck zu benutzen: Software, die z.B. nur 30 Tage, nur in den USA oder nur für private Forschung genutzt werden darf, ist nicht frei. 2_Die Freiheit, ein Programm weiter zu geben: Es liegt in der Natur von Software, dass sie kopiert und weitergegeben werden kann. Wird dies behindert, ist Software nicht frei. 3_Die Freiheit, ein Programm an seine Bedürfnisse anzupassen: Nur, wenn der Quellcode zugänglich und dessen Bearbeitung nicht eingeschränkt wird, bleibt Software frei. 4_Die Freiheit, ein verbessertes Programm weiter zu geben: Mit freier Software können die Fähigkeiten Einzelner gespeichert und an andere, die nicht programmieren können, weiter gegeben werden. So profitiert die ganze Gesellschaft.

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Um diese Freiheiten zu wahren wurde die GNU General Public License (GPL) entwickelt. GPL kann auf jede andere Software angewendet werden und gilt auch für die Projekte in den net culture labs. GPL wird häufig als Lizenzfreiheit missverstanden: Tatsächlich behalten die AutorInnen einer Software unter GPL das Copyright in vollem Umfang. Zugleich bekennen sie sich dazu, dass jeder das Programm benutzen, modifizieren und seinerseits weitergeben darf – selbstverständlich nur unter denselben Bedingungen. Praktisch heißt das: Wer ein Programm benutzt oder modifiziert, darf auch andere in dessen Nutzung nicht einschränken. So bleibt das Wissen, dass in freie Software eingeflossen ist, auch zukünftigen Nutzern zugänglich.

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Open Source als Baustein für Innovationen Roland Alton-Scheidl, Mitinitiator der net culture labs, über die Kultur und Ökonomie des offenen Ideenaustauschs In den net culture labs beschäftigen wir uns nicht nur mit technischen Innovationen und damit, wie sie entstehen. Die net culture labs sind vor allem auch ein soziales Experiment: Wer nutzt sie, unter welchen Bedingungen, wie entsteht Gemeinsamkeit und Abgrenzung in einer Arbeits- und Lebenswelt mit digitalen Vorzeichen und analogen Bedürfnissen? Zentrales Element der net culture labs ist der Tausch: reden und zuhören, machen und schauen, kochen und essen, empfehlen und weiterreichen, performen und Anerkennung bekommen. Auf dieser Basis entsteht Identifikation und Mehrwert, zunächst für die Beteiligten und in weiterer Folge für die Community. Wer gibt, bekommt auch zurück, umso mehr, je größer der Wirkungskreis. Und plötzlich sind wir damit bei den vier Grundfreiheiten angelangt, zu denen die GPL Lizenz verpflichtet: 1_keine Einschränkung bei der Nutzung von Ideen 2_beliebige Verbreitung ist ausdrücklich erlaubt 3_die Zutaten zur Idee (der Source Code) bleiben zugänglich 4_beliebige Veränderungen sind zulässig, sofern die Ergebnisse wiederum allen zur Verfügung stehen. Die letzte Bedingung sorgt für einen Schneeballeffekt und garantiert Sichtbarkeit: Wer Schneebälle formt, bekommt garantiert welche zurück.

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Die GPL Lizenz hat im Software Sektor eine weltweite Community mit nachhaltigen Werten geschaffen. Wer sich aktiv zeigt, wird konsultiert und ist Teil der Wertschöpfung, die über Anerkennung oder Aufträge gehandelt werden. Mozilla, mySQL oder Creative Commons sind starke Marken, welche sowohl kreative EntwicklerInnen als auch Geschäftstätigkeiten anziehen. Das Erschaffene ist Gemeingut im Sinne der oben aufgezählten vier Freiheiten und erlaubt dennoch Wettbewerbsvorteile für jene, die sich mit der Materie intensiver als andere auseinandersetzen. Gewinne werden kollektiviert und Projekte, die nicht weiterverfolgt werden – bleiben privates Schicksal der Beteiligten. Dies ist die Umkehrung des Turbokapitalismus, wo spekulative Gewinne in private Taschen fließen und Verluste von der Allgemeinheit getragen werden müssen. Die GPL als strengste, aber auch am weitesten verbreitete Open Source Lizenz, entpuppt sich als politisches Manifest. Wie sieht es mit der Übertragung des GNU Konzeptes der vier Freiheiten auf andere Bereiche aus? Für Services, die über das Internet benutzt werden, gibt es die GNU Affero Lizenz, welche Nutzern zugesteht, den Source Code der auf dem Server liegenden Programmlogik zu erhalten. Wer in Wikipedia schreibt, muss Beiträge unter die GFDL (GNU Free Document License) stellen. Auch Creative Commons baut auf dem Urheberrecht auf: Mit sechs verschiedenen Lizenzmustern können Kreative jene Freiheiten flexibel bestimmen, welche anderen zur weiteren Nutzung gewährt werden sollen. Die Lizenzregeln von Creative Commons sind auf jedes Werk anwendbar: Zum Start von Creative Commons Österreich haben wir 2004 Wasser vom Dornbirner Hatler-Brunnen in

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1000 Flaschen gefüllt und diese unter eine CC-Lizenz gestellt. Die Baupläne der Burnstation 2.0, welche 2007 im net culture lab Dornbirn als Audio-Möbel gebaut worden ist, stehen ebenfalls unter einer CC-Lizenz, ebenso die Musik, die jedeR BenutzerIn dort auf CD brennen kann. Verlassen wir das Terrain der Informatik, finden wir in der Wissenschaft eine ähnliche Kultur, nämlich, dass Wissen über Publikationen weitergegeben werden soll. Strenge Zitatregeln sorgen für Nachvollziehbarkeit, die Ideen selbst sind – entsprechend dem Humboldtschen Ideal – frei. Patentschutz widerspricht dieser Kultur und behindert die Verbreitung von Wissen. In der Messung der Leistungsfähigkeit von Forschungseinrichtungen kommt man immer mehr davon ab, Patente zu zählen. Eine gute Reputation erweist sich als der bessere Investitionsschutz und diese lässt sich am effizientesten dadurch erreichen, dass Forschungsergebnisse kommuniziert werden. Das Bewusstsein über einen Standort mit speziellen Kompetenzen generiert Nachfrage, gerade auch in einem globalen Wettbewerb, wo andernorts Schutzregeln ohnehin schlecht verankert sind. Die Idee eines Open Service geht noch einen Schritt weiter: Kollektive Infrastrukturen werden von vielen Akteuren auf Basis eines gemeinsamen Standards getragen. Giss.tv etwa ist ein Netzwerk von Spiegelservern für Streaming-Anwendungen, wie es auch im net culture lab Projekt „beTV“ Anwendung findet. Künftige Webanwendungen werden wohl ähnlich von einem Netzwerk an Anbietern getragen, wie dies etwa bei Filesharing längst Realität ist. Eine Positionierung am Markt erfolgt dann nicht durch Infrastruktur, sondern durch umsichtiges Community Management und den Aufbau einer starken Marke.

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Auf organisatorischer Ebene werden wir hierzu neue Formen der Zusammenarbeit schaffen, wie wir dies etwa in der osAlliance mit einer Genossenschaft von IT-AnbieterInnen, DesignerInnen und MedienpartnerInnen bereits heute tun. Wir dürfen gespannt sein, ob sich das Open Source Prinzip in seinen vielfältigen Manifestationen auch längerfristig behaupten wird können.

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And Yet It Moves Computerspiel

Christoph Binder, Game- und Sounddesigner Felix Bohatsch, Gamedesigner und Projektleiter Jan Hackl, Gamedesigner und Visual Artist Peter Vorlaufer, Gamedesigner und Leadprogrammierer

And Yet It Moves kombiniert virtuelle Realität mit analogem Appeal: Als Papierfigur navigiert der Spieler durch ein Puzzleparadies, präsentiert als Photocollage in Bewegung. Anders als in üblichen Jump and Runs bewegt sich hier die Erde – je nach Wunsch um 90° nach links oder rechts. Das Projekt wurde 2007 in den Student Showcase des Independent Game Festivals aufgenommen und wurde weiters für den Europrix Top Talent Award nominiert. Die net culture labs unterstützen And Yet It Moves mit Hardware und bei der Weiterentwicklung des Prototyps in ein marktfähiges Computerspiel.

66 www.andyetitmoves.at


Burnstation 2.0 Jukebox und Kopierstation für freie Musik

Rama Cosentino, Mediahacktivist und Künstler Eric Poscher, Projektleitung Peter und Werner Steurer, Konstruktion Leonhard & Roland Alton, Elektronik Studierende der FH Vorarlberg aus den Bereichen Mediengestaltung und Informatik

Die Burnstation bringt freie Musik in die Öffentlichkeit und auf die Straße – Burnstation 2.0 ist die Weiterentwicklung zur Jukebox mit verbessertem User-Interface (siehe auch Eric Poschers Labreport aus Dornbirn). Als Open Source Projekt wird Burnstation 2.0 auch zukünftig in der Community weiterentwickelt werden und baut selbst auf die vorangegangene Arbeit Ramas mit PlatoniQ in Barcelona und dem Medienkunstlabor Graz auf. Konstruktionspläne und Software zum Nachbau können von der Website herunter geladen werden.

www.osalliance.com/netculture/project/burnstation/ (Bauplan) www.burnstation.org (Software)

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Cropster Informations- und Handelsplattform Norbert Niederhauser, Gründer Martin Wiesinger, Gründer Andreas Idl, Gründer

Cropster ist eine internetbasierte Informations- und Handelsplattform, deren Gründer sich zum Ziel gesetzt haben, die Transparenz auf dem internationalen Agrarhandelsmarkt zu verbessern. Cropster handelt selbst nicht, sondern ermöglicht faire Handelsbedingungen für Bauern durch Gewährleistung eines durchgängigen Informationsflusses. Die Idee zu Cropster wurde während eines Aufenthaltes in Kolumbien geboren und u.a. auf der Handelskonferenz Ramacafé 2007 in Nicaragua vorgestellt. Die net culture labs unterstützen Cropster mit Infrastruktur und Beratung bei der Gestaltung von IT-Architektur und Geschäftsmodell sowie bei der Öffentlichkeitsarbeit. www.cropster.org

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DaF-Community Michael Goriany, Online-Lektor, Projektleitung, Angelika Güttl-Strahlhofer, Beraterin, Online-Moderatorin

In der DaF-Community (DaF: Deutsch als Fremdsprache) erschließen DaF-Lehrende mit Web 2.0-Technologien neue Modelle der Partizipation in einem global vernetzten Lernumfeld. Nachhaltiger Spracherwerb funktioniert am besten direkt mit Muttersprachigen und wird in den VoIP-Echtzeit-Audioräumen der Community nahezu kostenlos möglich. Die DaF-Community gestaltet Web-Umgebungen für Social Learning und entwickelt multilinguale, interkulturelle Lernangebote nach dem Motto „Jede Schule – jede Sprache“. Im Freiraum des net culture labs wird der Weblog der DaF-Community zu einem Community Portal ausgebaut.

dafnet.web2.0campus.net (Blog) www.lion.web2.0campus.net (Audioraum-Pool)

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Digitalks Kommunikation und Netzwerk Meral Akin-Hecke, Initiatorin Koordinatorin & Moderatorin

Digitalks ist eine Veranstaltungsreihe, die digitale Medien in einer verständlichen Sprache erklärt und digitale Mythen aufdeckt. In Live-Sessions wird gezeigt, wie etwa Blogs, Wikis oder virtuelle Welten funktionieren und wie man sie für sich nutzen kann. Neben einem offenen Bildungsevent sind die regelmäßig statt findenden Digitalks auch Gelegenheit zur Vernetzung und zum informellen Lernen von den sogenannten ‚digital natives’. Die net culture labs sponsern Digitalks mit einem kongenialen Veranstaltungsumfeld im Quartier für Digitale Kultur im Wiener Museumsquartier.

70 www.digitalks.at


Mobilotsen Bildung und Community

Peter Jedliczka, Initiator & Mobilotse Ingrid Wachsenegger, Mobilotsin Dagmar Kapke, Mobilotsin

Das Internet hat unsere Welt verändert – doch gerade ältere Menschen sind oft kaum mit dessen Möglichkeiten vertraut. Hier setzen die mobilen Internetlotsen (=Mobilotsen) an: Ausgestattet mit Laptops und mobilem Internet besuchen sie PensionistInnenrunden und SeniorInnenresidenzen. Dabei geht es weniger um Vermittlung der Technik, sondern um das Aufzeigen, was alles im Internet gefunden werden kann. Als Recherchedienst werden Fragen beantwortet wie: Wo lebt Heinz eigentlich heute? Gibt es mein Lieblingsbuch noch irgendwo zu kaufen? Das Projekt wurde mit der Netidee 2007 ausgezeichnet. Die net culture labs bieten den Mobilotsen die nötige Büroinfrastruktur.

http://mobilotsen.twoday.net Telefonnummer für den Recherchedienst: 0699-1075 6721

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Motionlab Visual Arts

Gerry Miller, Art Director, Konzepter Glenneroo, Fotograf, Software Engineer Hector Graffix, 2D/3D-Designer Markus Blender, Hardware Engineer Miss Moneypenny, Projektmanagerin Motionlab untersucht die künstlerischen Möglichkeiten den Raum der Alltagswahrnehmung zu überwinden und einzutauchen in ein Universum aus Licht, Farbe und Form. Bisherige Experimente reichen u.a. von 360°-Surround-Projektion über stereoskopische 3D-Visuals bis hin zu Multi-Layer-Choreographien, in denen TänzerInnen und AkrobatInnen in multiplen Realitäten agieren. Ein weiteres Arbeitsfeld von Motionlab ist die Nutzbarmachung von kunstfernem Unterhaltungsequipment wie der Wiimote für den Bereich der Visuals Arts. Die net culture labs bieten Motionlab Besprechungs- und Versuchsräume für visuelle Grenzgänge.

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www.motionlab.at


net culture sounds Sound Art Electric Indigo, Musikerin, DJane Herwig Kusatz, Acoustic Brand Designer

The web has a flavour and a sound... Ziel des Projekts net culture sounds war die Entwicklung eines Audiologos, das die Botschaft der net culture labs unmittelbar in den Gehörgang transportiert. Breaks und Rhythmikwechsel symbolisieren spielerisches Experimentieren, leichte Dissonanzen wecken das kognitive Interesse, die Transferfähigkeit vom Underground zum Mainstream manifestiert sich im Übergang von Noise zu Melodie. Aus der Zusammenarbeit von DJane Electric Indigo und Sounddesigner Herwig Kusatz sind außerdem eine klangliche Hintergrundstimmung und zwölf Klingeltöne entstanden.

www.femalepressure.net

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One Laptop Per Child Activities Förderung von freier Software-Entwicklung

Aaron Kaplan, Initiator Verein OLPC (Austria)

Die One Laptop per Child Initiative (OLPC) hat sich zum Ziel gesetzt, Kindern auf der ganzen Welt und vor allem in benachteiligten Regionen besseren Zugang zu Bildung und Selbstentwicklung zu verschaffen. Dafür hat sie das OLPC-Laptop (auch bekannt als 100-Dollar-Laptop) entwickelt. Das Activity Handbook der OLPC Austria erklärt Open Source Programmierern wie sie eine Activity (d.h. Software) für das OLPC-Laptop schreiben oder weiter entwickeln können und wird größtenteils durch die Unterstützung der net culture labs realisiert.

74 www.olpc.at


Playground Lifehacking

Stefan Kainbacher, Designer Tim Devine, Designer

Hacken heißt verbessern. Inmitten der Wohnzimmeratmosphäre der net culture lounges kann man sich vom spielerischen Mehrwert der Hacked Softtoys überzeugen, welche die Designer Stefan Kainbacher und Tim Devine als Unikate gebaut haben. Drückt man Captain Bär, sendet er Blogeinträge ins Netz, die Mimik des Emoticon Rabbits manifestiert sich webkonform in wechselnden Smileys und Musikfrosch Freaker ist vermutlich die kuscheligste Micromusikanlage der Welt. Playground war eines der Kickoff-Projekte und ist spielerisches Sinnbild für die Do-it-Yourself-Kultur, die in den net culture labs zu Hause ist.

www.osalliance.com/netculture/project/playground

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Radical Chic Open Source Codes

Dominique Raffa, Designerin Andrea Mayr-Stalder, Open-Source-Expertin

Schon in vordigitalen Zeiten kamen Lochstreifen zur Speicherung von Stickmustern zum Einsatz. Dank Radical Chic soll nun auch Open Source in diesen proprietären Bereich Einzug finden, denn bislang versteht manche Sticksoftware nur ein einziges Format, Cross-Kompatibilität ist meist nicht gegeben. Das Ziel ist, unflexible Industrieformate für Mitwirkung zu öffnen – mittels WebInterface soll es etwa möglich werden, neue Stickmuster zu entwickeln, zu veröffentlichen und bestehende Muster zu verändern. Die net culture labs sponsern Radical Chic mit Hardware und stellen Kontakte her zur Stickereiindustrie in Vorarlberg.

www.chmod.org

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Reflect and Act! Digital Storytelling & Youth Empowerment

Johannes Rinderer, Projektleiter Manuela Mylonas, Mediengestalterin Colin Gregory-Moores, Wissenschaftliche Beratung Gerd Dünser, Edmont Gruber, Christian Haudum, Klemens Röck, Workshopleiter

Digitale Medien machen stark – heute braucht man kein Aufnahmestudio mehr, um zum Regisseur der eigenen Geschichte zu werden. Geschichten bilden das Herzstück von Reflect and Act, einem Projekt der Stiftung Maria Ebene mit Unterstützung des Landes Vorarlberg und Mitteln der Europäischen Union (Interreg). Reflect and Act begleitet Jugendliche in ihrem Umgang mit der Welt und mit Medien und begann mit Digital Storytelling Workshops – mittlerweile ist es auf dem Weg zu einer Jugendmedienwerkstatt. Die net culture labs stellen Reflect and Act Raum und Technik für Projektpräsentationen zur Verfügung.

www.reflect.at


Slum-TV Community-Medien & Dokumentation

Alexander Nikolic, Projektleitung Lukas Pusch, Sam Hopkins, Cosmas Nganga, Vinick Kemuma, Slum-TV-Team in Mathare, Kenia

Slum-TV entstand 2006. Lukas Pusch, Sam Hopkins und Alexander Nikolic treffen im Mathare-Slum Nairobis auf BewohnerInnen, die davon berichteten, bei einem Dokumentarfilm mit gemacht zu haben und dass ein Drittel der Protagonisten nicht mehr am Leben wären. Slum-TV hat sich der Aufgabe verschrieben, das prekäre Leben in Mathare zu dokumentieren – Pusch, Hopkins und Nikolic organisieren dazu Workshops, hinter der Kamera stehen jedoch die Slum-BewohnerInnen selbst. Das net culture lab finanziert ein Filmprojekt der Slum-TV-Initiatoren, das den Einfluss von Do-it-Yourself-Ressourcen auf die Slum-Community belegt.

www.slum-tv.info

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Sommerdesignbüro Kommunikation und Netzwerk Franz Piffl, Designexperte Sofie Strasser, Designexpertin Gerin Trautenberger, Entwicklung und Projektleitung Designstudierende aus Österreich und Schweden

Im Sommer 2007 gastierte das Sommerdesignbüro in den net culture labs. Dabei handelte es sich um ein temporäres Designlabor, in dem Designstudierende aus Österreich und Schweden via Telekooperation und unter professioneller Betreuung Lösungsvorschläge erarbeiteten. Als Auftraggeber fungierten private Unternehmen und Institutionen der öffentlichen Hand. Das Sommerdesignbüro fand im Rahmen der Vienna Design Week statt und war als Pilotprojekt konzipiert, um das Zusammenspiel zwischen jungen Designschaffenden und Wirtschaft zu fördern. Das net culture lab stellte die Räume im Museumsquartier zur Verfügung.

www.sommerdesignbuero.at

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The Next Layer Kommunikation, Förderung freier Software-Entwicklung Armin Medosch, Initiator

Die Plattform The Next Layer setzt sich mit den Kernfragen rund um freie Software und kollaborative Arbeitsweisen im Kontext von Kunst und Kultur auseinander. Im Fokus steht dabei die Frage wie sozialer Wandel im Spannungsfeld von Gesellschaft, Kunst und Technik gestaltet werden kann. The Next Layer dient als collaborative research platform für AkademikerInnen, FachjournalistInnen und kreative EntwicklerInnen, wobei die Entwicklung der Site ebenfalls auf partizipative Art und Weise erfolgt. TNL wurde von Armin Medosch – Künstler, Kurator und Autor des Buches „Free Networks – Freie Netzwerke“ initiiert und von den net culture labs gesponsert.

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www.thenextlayer.org


Graffiti Research Lab Vienna Streetart und Urban Hacking Michael Zeltner, Graffiti Writer, Koordinator Florian Hufsky, Florian Frühauf, Florian Lauber, Graffiti Writers

Das Graffiti Research Lab hat sich zur Aufgabe gestellt, Individuen mit Open Source-Werkzeugen für urbane Kommunikation auszustatten und somit technologisch zu ermächtigen, ihr Umfeld kreativ umzugestalten und den öffentlichen Raum zurückzuerobern. Die von G.R.L. konzipierten Weapons of Mass Defacement (Massenenverunstaltungswaffen) erhielten zahlreiche Preise, u.a. den Award of Distinction des Ars Electronica Festivals 2006. Die G.R.L.Werkzeuge sind gemeinfrei – Anleitungen zum Nachbau und Einsatz sind im Internet verfügbar. Die net culture labs unterstützen G.R.L. Vienna mit Equipment sowie Arbeitsund Veranstaltungsräumen.

www.graffitiresearchlab.at

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The Sound of eBay Digital Arts & Life Hacking UBERMORGEN.COM Stefan Nussbaumer, Soundcoding Lia, Visualcoding Erich Kachel, Scriptcoding Grischinka Teufl, Theorycoding

In den Zeiten des Internets werden menschliche Existenzen zunehmend externalisiert: Wir hinterlassen freiwillig Spuren im Web und errichten zahlreiche Parallelidentitäten – check out my profile online. The Sound of eBay erforscht Persönlichkeitskonstellationen im weltweit größten Online-Auktionshaus und führt diese in einem Mashup zusammen. Die net culture labs fördern The Sound of eBay bei der Entwicklung einer Engine, die automatisch Klänge aus diesen Ergebnissen und Erkenntnisse über heutige Datenströme generiert. UBERMORGEN dankt neben ncl: Rhizome.org, BM:UKK, Stadt Wien MA7, The Austrian Embassy in Mexico.

URL: http://www.sound-of-ebay.com

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be TV Video Streaming Box IPTV Solutions

Denis Rojo Viele Unternehmen und Institutionen würden stattfindende Events oder Tagungen gerne in einem Video Channel übertragen – eine kostengünstige Audio-Video-CapturingLösung fehlte bislang. Das Projekt be TV will diese Lücke schließen und einen Prototypen für eine Streaming Box inkl. Mirror Server für verschiedene Codecs entwickeln. Dieser soll sich durch hohe Mobilität, geringen Energieverbrauch und den Einsatz von freier Software auszeichnen sowie einfach nachzubauen und modifizierbar sein. Die net culture labs unterstützen be TV bei der Weiterentwicklung zu einer marktfähigen IPTV-Lösung.

83 www.osalliance.com/netculture/project/beTV


make your own thing Gerin Trautenberger über die Vorhut der Nachmoderne: vom Fanzine zu Collaborative Rapid Prototyping-Werkzeugen und zur ncl-Ausstellung ‚make your own thing!’ „Do It Yourself“ war ein Schlachtruf der Punkbewegung. Mit Gitarre, Schlagzeug und drei Akkorden wurde ein Konzert organisiert. Man braucht nicht viel, um Spaß zu haben: Mit dieser Attitüde wurden Plattengeschäfte eröffnet, Labels gegründet, eine eigene Infrastruktur mit Fanzines und eigener Mode wurde geschaffen – abseits der großen Player der kommerziellen Musikindustrie. Ein ähnlicher Paradigmenwechsel eröffnete sich GrafikdesignerInnen mit der Einführung des Desktop-Rechners Ende der 80er Jahre. Vormals SpezialistInnen für den einzelnen Produktionsschritt, abhängig von einer ganzen Armee von SetzerInnen, DruckerInnen und anderen heute obsoleten Berufen, hatten die GrafikerInnen plötzlich Werkzeuge in der Hand, um das Produkt von Anfang bis zum Ende selbst zu erstellen. Heute vollzieht sich eine ähnliche Entwicklung in der Mode, im 3D-Design und selbst auf Mikroprozessorebene z.B. mit Arduino. Teure und komplexe Arbeitsschritte sind nicht mehr erforderlich. Leistbare Technologien – zugänglich über OpenSource Software – ermöglichen einfaches Prototyping und schnelle Ergebnisse. Late Modernity im net culture lab Die Soziologen Ulrich Beck und Anthony Giddens verwenden den Begriff Late Modernity, um Phänomene wie die Autonomie des

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Individuums, prekäre Arbeitsverhältnisse und andere Entwicklungen u.a. als Ausdruck der digitalen Revolution zu erklären. Durch die rasante Entwicklung in den Informationstechnologien sind neue produktionstechnische Verfahren und gesellschaftliche Wertschöpfungssysteme entstanden, denen das net culture lab in seiner täglichen Arbeit versucht gerecht zu werden. Eine Werkbank - drei Wochen - drei Projekte Das Wichtigste am Entstehen neuer Ideen ist die Kommunikation. Daher ist die DIY-Messe und Ausstellung ‚make your own thing ’ in Kooperation mit Ars Electronica im net.culture.space ein Ort des Ideenaustausches und des gemeinsamen Arbeitens, in deren Rahmen im Mai und Juni 2008 an einem einzigen großen Tisch drei Wochen lang an verschiedensten Projekten und Prototypen gearbeitet wird. Angefangen mit der Programmierung eines Microcontrollers (Arduino) über einen 3D-Plotter (Rapid Prototyping) bis hin zum Stickwerkzeug von Radical Chic sollen neue Formen der Zusammenarbeit und des Austausches probiert werden. Nicht betriebliche Gewinnoptimierung, sondern der Aufbau gemeinsamer Wertschöpfungssysteme im Rahmen von Open Source und kreativer Austausch sind das Ziel der Messe. Zwischen freischaffender Tätigkeit, Consulting und projektorientierter Anstellung bildet sich eine neue Arbeitswelt und die Basis einer neuen kreativen Klasse. make your own thing - mitmachen im net culture lab Wien: 27. 05-14. 06 2008: Do It Yourself Messe 15. 06-27. 06 2008: Fortsetzung der Messe als Ausstellung

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Impressum Herausgeber Roland Alton-Scheidl, Jana Herwig Träger der Initiative net culture lab Telekom Austria TA AG, Koordination: Wolfgang Grabuschnig, KOM Begleitforschung Fachhochschule Vorarlberg GmbH, www.fhv.at Betreiberin der net culture labs, Verlag und für den Inhalt verantwortlich osAlliance, Internationaler Medienverbund reg.Gen.m.b.H. Marktstrasse 4 6850 Dornbirn www.osAlliance.com Redaktion Jana Herwig Autoren Roland Alton-Scheidl, Thomas Fundneider, Helmut Leopold, Eric Poscher, Markus F. Peschl, Gerin Trautenberger sowie Jana Herwig (Beiträge ohne namentliche Kennzeichnung) Grafik & Layout Herbert Schmidt, aufbauend auf einem Corporate-Design-Entwurf von Stefan Kainbacher („ncl-Rhizom“) Kommunikation Dr. Hochegger Kommunikationsberatung GmbH Bilder Alle verwendeten Bilder wurden von Beteiligten der net culture lab Initiative erstellt. Es wird daher auf eine ausführliche Quellenangabe verzichtet. Druck Druckerei Piacek Ges.m.b.H., A-1100Wien RC 2008 Die Inhalte dieser Publikation, soweit nicht anders angegeben, sind unter der Creative Commons Lizenz Attribution-Share Alike-Version 2.0 veröffentlicht. Die Publikation ist RegisteredCommons.org als RC-01-LIZ0000000534-5 registriert und online abrufbar.

ISBN 3-9502013-3-5


ISBN 3-9502013-3-5


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