Volk auf dem Weg

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ÖFFENTLICHKEITSARBEIT

„Wer mehr weiß, versteht uns besser“ Ausstellung über Deutsche aus Russland in drei Dillenburger Schulen

E

s war eine gute Entscheidung der Stadt Dillenburg, auf Vorschlag der Arbeitsgemeinschaft „Integration von Migranten in Dillenburg (Hessen)" die Wanderausstellung „Volk auf dem Weg. Geschichte und Gegenwart der Deutschen aus Russland“ in Dillenburger Schulen zu zeigen.

Die Ausstellung wurde am 13. September in der Wilhelm-von-Oranien-Schule (WvO) in Dillenburg mit einem gut besuchten Abend der Begegnung eröffnet. Musikalisch wurde die Veranstaltung durch den Musiklehrer Martin Giebeler, Cembalo, und die Schülerin Lois Sartor, Flöte, die Werke von Bach und Händel eindrucksvoll darboten, umrahmt. In seinen Grußworten skizzierte der Direktor der Schule, Martin Henrich, nicht nur den Leidensweg der Russlanddeutschen, sondern verwies auch auf Beispiele einer gelungenen Integration von russlanddeutschen Schülern der WvO. Bürgermeister Michael Lotz sprach Grundsätze der Integrationspolitik an. Am Beispiel eines älteren Ehepaars aus der früheren Sowjetunion, das dort ein Leben in Angst geführt habe und nach Deutschland gekommen sei, um hier in Würde und Freiheit zu leben, machte er deutlich, dass die Spätaussiedler ihren Weggang aus der früheren Heimat oft reiflich überlegt haben. Die Projektleiter Jakob Fischer und Josef Schleicher führten fachkundig in die Ausstellung ein, erklärten die einzelnen Tafeln zur 250-jährigen russlanddeutschen Geschichte sowie die unterschiedlichen Module und zeigten dazu zwei gut ausgewählte Filmausschnitte über die Geschichte der Deutschen aus Russland und ihre Integration in Deutschland. Elina Quiring, russlanddeutsche Schülerin der WvO, las das Anfangskapitel aus dem Buch „Der Schlittschuhclown“ der russlanddeutschen Autorin Nelly Däs vor. Dieses Buch habe sie fasziniert, erklärte sie, da es Geschichten enthalte, die ihr auch ihre 96-jährige Urgroßmutter erzählt habe, die nach Sibirien deportiert worden sei. An der Figur des Schlittschuhclowns werde deutlich, wohin Hass und Ausgrenzung führten. Ihr Fazit: „Wer nicht weiß, was die Deportation für die Russlanddeutschen bedeutete, wird es hier erfahren, denn das ist das Motto von Nelly Däs und dieser Ausstellung: 'Wer mehr weiß, versteht uns besser.'" Im Verlauf einer Woche haben über 400 Schüler der Oberstufe des Gymnasiums

und viele weitere Besucher die Ausstellung sehen und an den Informationsmodulen von Josef Schleicher teilnehmen können. Dazu gab es nur positive Rückmeldungen. Die Durchführung der Veranstaltungen zeigte, dass das Thema Integration noch nicht die Bedeutung besitzt, die es haben sollte. Wissenslücken konnten mit dem Informationsblatt „Migration und Integration“ geschlossen werden. Viele Jugendliche hörten hier zum ersten Mal von der Deportation der Russlanddeutschen, die als Reaktion auf den verbrecherischen Überfall der Deutschen Wehrmacht auf die Sowjetunion erfolgte. Für viele Schüler war es auch neu, dass seit 1950 rund 2,8 Millionen deutsche Aussiedler aus der ehemaligen UdSSR nach Deutschland zurückkehren konnten und auch in Dillenburg über 1.000 Deutsche aus Russland leben.

Ergänzend zu den Workshops von Projektleiter Josef Schleicher, konnte Lilli Becking, Mitglied im Eingliederungsausschuss des Hessischen Landesbeirates für Vertriebene, Flüchtlinge und Aussiedler, am 15. September in mehreren Vorträgen über 160 Schüler/innen der Oberstufe des Gymnasiums über ihre Familiengeschichte vorzüglich die Wechselwirkungen zwischen der allgemeinen Geschichte und ihrem individuellen Schicksal aufzeigen. An der zweiten Informationsveranstaltung nahm auch die Erste Stadträtin der Stadt Dillenburg, Elisabeth Fuhrländer, teil, die eine solche konzertierte Aktion zur Integration begeistert lobte und anschaulich von ihren Erfahrungen in der Aussiedlerarbeit der letzten 20 Jahre berichtete. Die Ausstellung wurde vom 12. bis 16. September in der Wilhelm-von-OranienSchule, vom 19. bis 21. September in der Johann-von-Nassau-Schule Dillenburg und vom 26. bis 28 Oktober in der Goldbachschule im Dillenburger Stadtteil Frohnhausen präsentiert. Eckhard Scheld

Senden: Informationen und Musik

G

roßer Andrang herrschte im Rathaus von Senden, NRW, als der Wushu-Sportclub Senden in Zusammenarbeit mit der Landsmannschaft deren Wanderausstellung „Volk auf dem Weg“ mit einem „Abend der Begegnung“ eröffnete. Die Veranstaltung wurde von Jakob Fischer, der gemeinsam mit Josef Schleicher für die Projektleitung der Ausstellung verantwortlich ist, moderiert.

Philip Littau

Nach der musikalischen Begrüßung durch den Chor „Heimatglocken“ (Leitung Swetlana Heidt), der die Zuhörer mit traditionellen Liedern in seinen Bann zog, stellte Jakob Fischer die Inhalte der Ausstellung vor. Sowohl der stellvertretende Bürgermeister von Senden, Alfons Hues, als auch der stellvertretende Bundesvorsitzende der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland, Waldemar Weiz, überbrachten Grußworte und drückten ihre Hoffnung auf einen erfolgreichen Ausstellungsverlauf aus. Im Anschluss an die Grußworte gab es wieder einen Genuss für die Ohren: Die Kindergruppe „Kalinka“ (Leitung Tanja Geiger) trug traditionelle russische und deutsche Lieder vor, während Philip Littau auf einem Akkordeon spielte, das sein Onkel Viktor gebaut hat. Nach der Pause, in der den Besuchern Gelegenheit gegeben wurde, sich die Ausstellung anzusehen, gab es im zweiten Teil einen Film über die Geschichte der Volksgruppe und weiterhin viel Musik und Gesang, begleitet von Viktor Littau auf seinem Elektro-Akkordeon. Die Besucher konnten außerdem eine Ausstellung des Kinderkreativstudios von Julia Wolzenin bewundern. Nach "Neue Westfälische" (gekürzt) 11

VOLK AUF DEM WEG Nr. 11 / 2011


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