FRIZZ Das Magazin für Mittelhessen

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Eva Kühne-Hörmann, dahinter von links: Michael Breitbach, Dietlind Grabe-Bolz, Frank Pesch und Ferdinand Heide.

So soll das neue Philosophikum aussehen

wählt. Beim kathodischen Korrosionsschutz wird eine Anode eingebaut, die aus einem speziellen Metall besteht. Die Anode wird zum Pluspol mit Gleichstrom, und der Stahl im Beton zum Minuspol. Der Stromfluss schwächt oder verhindert die Korrosion. Ob das funktioniert werden wir in zehn Jahren erfahren.

DDR-Platte: gefälschter Beton

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fusch am Bau ist ein uraltes Problem. So hatte beim Neubau eines Archivgebäudes in Wetzlar die Bauaufsicht bereits 1796 festgestellt, dass statt auf dem beauftragten Fundament einfach auf Bauschutthaufen gebaut worden

war. Die Folge war eine gefährliche Schieflage, in die bereits der Rohbau geriet. Das Reichskammergericht, das den Bau in Auftrag gegeben hatte, musste den Rohbau zunächst abreißen und erließ dann ein Verbot, einheimische Handwerker für den Neubau zu beauftragen. fertig gestellt wurde das Haus, das heute als „Altes Rathaus“ das Stadtarchiv und den Wetzlarer Kunstverein sowie das Standesamt beherbergt von Aschaffenburger Handwerkern. Dass der Pfusch am Bau im System liegt, ist neu. Trotz der Erfahrungen mit Betonbauten, die Weltweit zu Einstürzen, Abrissen und Sanierungen nach wenigen Jahren führen, wird weiter auf den Wun-

derbaustoff Beton gesetzt. Schon Rudolf Steiner propagierte diesen Baustoff und ließ das zweite Goetheanum in Dornach aus Beton gießen. Das erste Goetheanum in Weimar war aus Holz und brannte in den dreißiger Jahren ab. „Beton ist und bleibt ein billiger Baustoff“, so Seel. Zudem wisse bis heute noch niemand so genau, ob moderne Maßnahmen, wie die Rostschutzbehandlung des Armierungsstahls wirken werden. Und so setzt man auf Hoffnung und baut anstelle der alten Betonklötze einfach neue. Für die Bauindustrie ein komfortables Vorgehen. Wenn der neue Campus irgendwann eingeweiht ist, braucht man nur wieder zwanzig Jahre warten

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und dann beginnt die Planung des Neubaus. Warum die Plattenbauten in der ehemaligen DDR so viel haltbarer sind, erklärt Seel ganz einfach. „Der DDR war Beton zu teuer“, so der Ingenieur. Die Bauelemente waren normale Mauersteine, die in Betonoptik verputzt wurden. So konnte man die tristen Bauten des Westens mit den reichlich verfügbaren Arbeitskräften imitieren. Dieser Ausweg ist heutigen Planern verschlossen. Die Arbeit ist hier teurer als der Beton. Also hilft nur eins: Augen zu und durch. Und wenn es wieder bröckelt kommt halt die Abrissbirne.

November 2011

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