GOLDBECK magazin 50

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Ausgabe 50 Herbst/Winter

2014 2015

Profile


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Editorial

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Editorial

EDITORIAL

Liebe Leserinnen und Leser, die quirlige Sängerin Ina Müller, Jahrgang 1965, nimmt in ihren Texten kein Blatt vor den Mund. In einem ihrer Lieder vergleicht sie sich mit einem blutjungen Mädchen, das in seiner Naivität noch gar nicht ahnt, was es alles nicht vom Leben kennt. Die Endvierzigerin stellt fest, dass sie selbst nie wieder 18 sein möchte und resümiert: „Lieber Orangenhaut als gar kein Profil!“ Im Klartext: Sie nimmt die Folgen des Älterwerdens gerne an, weil diese sie als unverwechselbare Persönlichkeit geformt haben. „Profile“ – das ist das Leitthema dieser Ausgabe des GOLDBECK magazins. Ein Profil konzentriert eine Form auf ihren Kern. Es streicht Überflüssiges und richtet den Blick auf das Wesentliche. Damit kann es unser Leben klarer und unsere Entscheidungen leichter machen. Doch Ina Müllers unkonventionelles Statement macht deutlich, dass eine Profilierung nicht aus dem Nichts geschieht. Es gehört ein Prozess dazu, eine Entwicklung. Und die muss nicht immer geradlinig und einfach sein. Was unser persönliches Werden angeht, sind wir da manchmal ungeduldig. „Und der ich bin grüßt trauernd den, der ich könnte seyn!“ schrieb Friedrich Hebbel. Auch nach hundertfünfzig Jahren ein brandaktuelles Thema: Bleibe ich hinter meinen Möglichkeiten zurück? Nutze ich die Chancen, die sich mir bieten? Wie forme ich mein ganz persönliches Profil? Fragen, die auch in einem Unternehmen gestellt werden. Ebenso wie ein Individuum muss es sich unter anderen behaupten, trägt es Verantwortung und sollte es Antworten auf Fragen der Zukunft finden. Diesen Entwicklungsprozess wollen wir bei GOLDBECK nicht dem Zufall überlassen. Wir gehen ihn aktiv an, mit verschiedenen Instrumenten. Eines davon ist unser Projektkreis. Junge Potenzialträger aus allen Unternehmensbereichen erarbeiteten projektbezogene Lösungen für akute Fragestellungen aus dem Unternehmen. Durch begleitendes Coaching erhält ihr

persönliches und berufliches Profil neue, positive Facetten. Und durch konstruktive und ideenreiche Ergebnisse bringen sie uns als Unternehmen voran. Damit ist der Kreis gleich doppelt wirksam. Wir stellen Ihnen auf den Seiten 21 bis 23 unseren­7. Projektkreis vor, der unser innovatives Kundenforum ins Leben rief. Doch es gibt noch mehr „Profil“: Auf den Seiten 42 bis 47 erzählen wir davon, wie die profiliertesten Architekten ihrer Zeit vor genau hundert Jahren zu einer großen, lange fast vergessenen Ausstellung nach Köln einluden. Wir zeigen die Persönlichkeitsprofile unserer Baumaterialien auf und stellen das regionale Profil einiger unserer Niederlassungen vor. Sie sehen: Profil in allen Varianten! Wir hoffen, dass wir damit Ihrem persönlichen Leserprofil nahekommen und wünschen Ihnen eine angenehme Lektüre.

Herzlichst, Ihr

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INHALT 50 | 2014

Titelthema:

Profile Ein Profil ist immer die Konzentration auf das Wesentliche. Das ist auch das Ziel des GOLDBECK magazins: Es soll all jene auf den Punkt informieren, die unsere Art des Bauens fasziniert. Und das mit dieser Aus­ gabe bereits zum 50. Mal. Damit ist das magazin inzwischen selbst zu einem markanten Bestandteil unseres Unternehmensprofils geworden – und „Profile“ ein wunderbar passendes Titelthema.

T I T E LT H E M A

S T R AT E G I E

06 Die konzentrierte Form „Profile“ in ihren vielen Facetten

12 Das Prinzip GOLDBECK Regional Profil zeigen

10 Profil: Authentisch GOLDBECK – das Unternehmen in der Innenund Außenwahrnehmung

21 Am Anfang war die Idee Kundenforen in Bielefeld und Hirschberg

18 F lexibler Typ mit hartem Image Stahl – ein Baumaterial im Profil 24 50 Ausgaben GOLDBECK magazin Die Evolution eines Mediums

BAUEN

30 Aus eigener Kraft Unverwechselbar im Profil – die Eigenfertigung bei GOLDBECK

48 Mach dein Ding Ausbildung mit Profil

32 Ein Neubau für Herrn Folgreich Komplexität des Bauens – eine Bildergeschichte

50 Profil: Familienfreundlich Kindergarten „GOLDBECKCHEN“ öffnet seine Türen

34 Bauen wird zum Kinderspiel Vom Außenwandelement zum fertigen Bürogebäude 40 Gegen Biegen und Brechen Stahl und Beton: Gemeinsam sind sie stark

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Inhalt

Die konzentrierte Form Verschiedene Perspektiven auf ein scharf geschnittenes Thema: „Profile“ haben viele Facetten …

06 Über Geschmack lässt sich streiten Und das taten die Mitglieder des Werkbundes auch – zum Beispiel auf der großen Kölner Ausstellung im Jahr 1914.

42 Mach dein Ding Ausbildung bei GOLDBECK: Drei Beispiele zeigen, wie es danach weitergehen kann.

48 ZEITSPRUNG

42 Über Geschmack lässt sich streiten Der Deutsche Werkbund: Einsatz für Qualität – und mehr

N A C H H A LT I G K E I T

36 Spurensuche Der „ökologische Fußabdruck“ macht Unsichtbares messbar – auch beim Bauen

KU RZ B E RICH T ET

51 Vorschau

38 Ausgezeichnet! GOLDBECK erhält den Intersolar Award für ein Kombinationskraftwerk

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Titelthema

Die konzentrierte Form Es kann scharf sein oder unklar, abgefahren oder nagelneu, es kann U-, L- oder T-Form haben, es kann ein markantes Gesicht oder ein stabförmiges Bauteil zeigen – hinter dem Begriff „Profil“ steht eine Vielzahl von Bedeutungen. Immer aber geht es um die Konzentration einer Form auf das Wesent­ liche. Und das ist in unserer Zeit der Beliebigkeiten ein spannendes Thema.

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Titelthema

Es ist nicht schwer darauf zu kommen, was der 4. Earl of Sandwich, Ferdinand Graf von Zeppelin und Marquis Étienne de Silhouette gemeinsam haben: Ihre Namen haben sie überlebt. Alle drei existieren weiter in so wunderbaren Dingen wie Butterbroten, Luftschiffen und Profildarstellungen. Ob die Namensträger ahnten, wie lange ihr Ruhm anhalten würde? Fest steht: Sie haben sich in ihrem jeweiligen Spezialgebiet nachhaltig profiliert. Und Monsieur Silhouette sogar im wahrsten Sinne des Wortes.

Das Steuersparer-Profil Étienne de Silhouette war „Generalkontrolleur der französischen Finanzen“ am Hof Ludwigs XV. Er war es in schwierigen Zeiten: Das Land kämpfte gemeinsam mit seinem Verbündeten Preußen im Siebenjährigen Krieg gegen die anderen europäischen Großmächte, und die Staatsfinanzen wankten bedenklich. Und obwohl der Marquis ein treuer Diener des Absolutismus war, bediente er sich höchst pragmatisch sozialistischer Methoden: Um das Geld aus den Taschen der reichen Oberschicht in die Staatskasse zu leiten, führte er Steuern auf Kleider aus kostbaren Stoffen ein, ließ Gold- und Silberschmuck beschlagnahmen und sogar Abgaben auf Fenster erheben. „À la Silhouette“ stand ab sofort für Steuervermeidung, Sparsamkeit und zugemauerte Fensteröffnungen. Die Veränderung aber, die ihrem Namensgeber Unsterblichkeit verlieh, betraf die inneren Gemächer. Nach der Devise „Schluss mit Protz und Prunk“ wurden die zuvor so beliebten Ölportraits, die die Häuser der Reichen schmückten, durch schlichte, schwarze Schattenrisse – die Silhouetten – ersetzt. Voilà! Das Mindest-Profil Ein Autoreifen mit Profil: Das sind Blöcke, Rillen und Lamellen. Manchmal führt ihre spezielle Anordnung sogar dazu, einen Täter zu überführen. „Klunker-Ede, wir konnten das Reifenprofil Ihres Fahrzeugs eindeutig den Tatortspuren zuordnen. Gestehen Sie!“ Denn zum Glück für die Ermittler in unzähligen Krimis ist der Reifenabdruck eines Autos fast so individuell wie ein Fingerabdruck. Gerät er im echten Leben ins Visier der Polizei, dann hat dies aber häufiger mit einem schwachen Profil zu tun: Mindestens 1,6 Millimeter Tiefe muss es haben; empfohlen wird ein Reifenwechsel schon ab vier Millimetern. Der Grund: Das Profil sorgt

mit seinen Rillen dafür, dass der dünne Wasserfilm, der sich bei Regen zwischen Reifen und Straße bildet, abfließen kann. Die ersten Profilreifen für Automobile wurden übrigens in Deutschland gefertigt: Continental brachte sie 1914 auf den Markt. Nachdem zuvor die Erfindung des luftgefüllten Pneus das Fahrrad- und Autofahren revolutionierte, perfektionierten jetzt die Reifenrillen Fahrverhalten und Kurvensicherheit.

Das neurotische Profil Ein Artikel über „Profile“ wäre wohl nicht komplett ohne die dazugehörige Neurose. Unter einer Profilneurose versteht man gemeinhin einen übersteigerten Geltungsdrang und die Angst, nicht genug Wertschätzung zu erhalten. Im Grimm’schen Märchen „Von dem Fischer und seiner Frau“ wird uns eindringlich vor Augen geführt, wohin das führen kann: Immer wieder trägt der Mann die Wünsche seiner habgierigen Frau dem verzauberten Butt vor, und stets erfüllt dieser sie. Doch nichts reicht der Ilsebill aus, nie ist sie zufrieden: nicht als Königin, nicht als Kaiserin, nicht einmal als Päpstin. Sie will so sein wie der liebe Gott – und landet daraufhin wieder in dem alten Pisspott, in dem sie zuvor wohnte. Zu hoch gepokert! Noch älter ist die Geschichte eines anderen Profilneurotikers. Herostratos lebte im antiken Griechenland, hütete Schafe und fühlte sich damit weder ausgelastet noch ausreichend wertgeschätzt. Er lag in den idyllischen ionischen Hügeln herum, betrachtete seine Herde und hatte viel – wohl zu viel – Zeit für unnütze Gedanken. Und so kam ihm eine im wahrsten Sinne des Wortes zündende Idee, wie er zu unsterblicher Berühmtheit gelangen könnte: Er überließ die Schafe ihrem Schicksal und machte sich auf nach Ephesos, um dort am 21. Juli 356 vor Christus den Tempel der Göttin Artemis in Brand zu setzen. Dieser Tempel gehörte zu den größten seiner Zeit und wurde zu den sieben Weltwundern der Antike gezählt. Die Bewohner der Stadt waren dementsprechend „not amused“– umso mehr, als Herostratos ihnen seine Beweggründe nicht vorenthielt. Sie verurteilten ihn zum Tode. Und damit er auch post mortem sein Ziel des unsterblichen Ruhms nicht erreichte, verboten sie, jemals wieder seinen Namen zu nennen. Erzählen Sie die Geschichte also nicht weiter. 3

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Strategie

Das tragfähige Profil Dass sich GOLDBECK als zuverlässiger Partner beim Bau unterschiedlicher Gebäudetypen profilieren konnte, hat wiederum mit einer ganz anderen Art von Profilen zu tun: dem Profilstahl. Laut Duden handelt es sich dabei um „durch Walzen geformten Stahl mit bestimmtem Querschnitt“. Er ist ein Paradebeispiel dafür, dass ein und dasselbe Material völlig unterschiedliche Funktionen übernehmen kann, je nachdem, in welche Form es gebracht wird. Doch bei der Entscheidung für ein „H“, ein „I“ oder ein „T“ hilft nicht der Duden weiter. Da kommt der Ingenieur zum Einsatz. Und der weiß: hohe Profile – also solche, bei denen das Verhältnis von Höhe und Breite zugunsten der Höhe entschieden wurde – tragen eher Biegemomente ab, während gedrungene Profile – also die breite Variante – bei Druckkräften zum Einsatz kommen. Ein Lehrstück für das Wirken von Kräften und ihre Abtragung mittels unterschiedlicher Stahlprofile sind die Fachwerkträger, die das Dach jeder GOLDBECK Halle tragen: Sie kombinieren H-Profile mit Quadratrohren und sind damit bestens auf ihre Funktion abgestimmt. Nirgends trifft der Leitsatz „Form follows function“ mehr zu. Täglich rollen große Lkw auf den Hof des GOLDBECK Werks in Bielefeld. Sie bringen H-förmige Profile aus dem Walzwerk – das „Grundmaterial“, aus dem die Ober- und Untergurte der Fachwerkträger hergestellt werden. Doch vor der Verarbeitung steht die Reinigung; hier heißt sie „Entzunderung“. Dabei werden Rost, Fett und andere Verunreinigungen per Strahlverfahren vom Stahl entfernt. Ist alles sauber, geht es ans Zusammensetzen und Schweißen: Laschen, Kopf- und Fußplatten werden angebracht und

Alu-Profil Äußerlich geradlinig und schlicht, innerlich aber voller konstruktiver Überraschungen: Der Querschnitt durch ein GOLDBECK Fensterprofil aus Aluminium zeigt sein verstecktes Innenleben. Wichtig ist die thermische Trennung von Außen- und Innenseite durch ein Mehrkammersystem plus Dämmstreifen. Sie reduziert effektiv den Wärmeverlust und sorgt damit für hohe Energieeffizienz – sogar auf Passivhausniveau, wie das renommierte ift Rosenheim bestätigte. Prüfungen durch das unabhängige Prüfzentrum für Bauelemente (PfB) in Rosenheim belegen zudem exzellente Werte bei Schallschutz und Einbruchhemmung.

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dann der gesamte Fachwerkträger aus Ober- und Untergurt samt Diagonalverbindungen konstruiert. Nun steht noch eine weitere Reinigung an, um Schweißspuren zu beseitigen, dann geht’s in die Pulverbeschichtungsanlage. Hier erhält der Fachwerkträger eine robuste Schutzschicht, die ihn vor Korrosion schützt. Wie an einer riesigen, mobilen Wäscheleine hängend, fahren die großen Bauteile durch die „Pulverkabine“. Jedes einzelne Element kann bis zu drei Tonnen wiegen! Nach dem Trocknen ist es geschafft. Die fertigen Träger verladen und per Lkw just in sequence auf die Baustelle gebracht, wo ein Neubau gerade sein eigenes, unverwechselbares Profil erhält … ❚


Strategie

Ein kleiner Überblick der Profile, die wir für unsere Konstruktionen einsetzen

Untergurt Fachwerkträger

Ringankerwinkel für das GOLDBECK Außenwandelement

Quadratisches Hohlprofil für diagonale Fachwerkträger

Randstütze für das GOLDBECK Außenwandelement

Rechteckiges Hohlprofil

Stützenadapter für Fachwerkträger

Schweißprofilstütze

Kreisförmiges Hohlprofil

Abfangträger

Anschlussstück für Druckrohre

Parkhaus-Deckenträger

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Titelthema

INTERVIEW

Profil: Authentisch GOLDBECK – das Unternehmen in der Innen- und Außenwahrnehmung In einer Magazinausgabe mit dem Leitthema „Profile“ darf natürlich der Blick auf das eigene Unternehmen und seine speziellen „Charaktereigenschaften“ nicht fehlen. Wir haben dazu jemanden befragt, der noch neu genug ist, um alles frisch und unverstellt aufnehmen zu können, der aber auch bereits Gelegenheit hatte, tiefergehende interne Erfahrungen zu sammeln: Karin Padinger, seit Mai 2014 Marketing­ leiterin bei GOLDBECK.

Frau Padinger, was war Ihr Eindruck, als Sie erstmals den

Sie bringen Erfahrungen aus verschiedenen

Firmenstammsitz in Bielefeld besuchten?

Unternehmen und unterschiedlichen Bran-

Karin Padinger: Visuell war der erste Eindruck: Hier ist alles licht,

chen mit in Ihre neue Arbeitswelt und können

hell und groß. Emotional empfand ich eine große Authentizität meiner Ansprechpartner, und auch der Geist des Familienunternehmens war deutlich spürbar. Auf Verstandesebene wurde mir rasch klar, dass ich es mit hochintelligenten Produkten zu tun habe. Ich habe gestaunt: Das Ausmaß der Komplexität des Unternehmens mit seinen vielfältigen Gebäudetypen und Dienstleistungen war mir zuvor nicht bewusst. Faszinierend finde ich die eigene Produktion und die Tatsache, dass die Entwicklung und Perfektionierung der Systeme im eigenen Haus stattfindet – in maßgeschneiderten Produktionsanlagen und unabhängig von externen Firmen. Von den systematisierten Prozessen und Produkten profitieren unsere Kunden enorm. „Hohe Komplexität“ und „Familienunternehmen“ – passt das zusammen? Karin Padinger: Ja! Und mir ist auch schnell klar geworden, warum. Mir – und jedem anderen, der neu zu GOLDBECK kommt – wird ein Vertrauensvorschuss gegeben. „Vertrauen vor Kontrolle“ wird gelebt. Das schafft Freiräume, in denen sich eigene Fähigkeiten entfalten können, was – wie man sieht – zu hervorragenden Ergebnissen führt. Als ich anfangs die verschiedenen Unternehmensbereiche kennenlernte, überraschte es mich, wie häufig – für ein Unternehmen dieser Größe, mit über 3.600 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern – die Namen der Unternehmerfamilie genannt werden. Alle Mitglieder – die drei Brüder Jörg-Uwe, Joachim und Jan-Hendrik Goldbeck, natürlich auch ihr Vater Ortwin Goldbeck – sind präsent. Sie werden als Ideengeber wahrgenommen, aber auch als diejenigen, die sich für ein gutes Arbeitsumfeld einsetzen.

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deshalb vergleichen: Wo unterscheidet sich GOLDBECK von anderen? Karin Padinger: Spannend für mich ist die Niederlassungskultur im Unternehmen und die damit verbundene Nähe zu unseren Kunden. GOLDBECK ist an insgesamt 42 Standorten im In- und Ausland vertreten, die sich natürlich aufgrund regionaler Gegebenheiten unterscheiden. Umso erstaunlicher empfinde ich es, dass der „GOLDBECK Geist“ überall, auch fernab des Stammsitzes in Bielefeld spürbar ist: starke Kundenorientierung, Wirtschaftlichkeit und Qualität, hohe Motivation, eine gute Markenführung. Zum guten Geist des Unternehmens zähle ich übrigens auch das GOLDBECK magazin: Es wird im eigenen Haus, von eigenen Mitarbeitern erstellt und knüpft ein enges Band zwischen Kunden und Unternehmen. Das ist keine Selbstverständlichkeit. Besonders interessant finde ich – natürlich auch berufsbedingt –, dass das positive Unternehmensbild, das mir bei Kunden und Kollegen begegnet, nicht das Ergebnis bewusst gesteuerter Kampagnen, sondern natürlich gewachsen und authentisch ist. Ich denke, das hat viel mit der Persönlichkeit von Ortwin Goldbeck zu tun, dessen Authentizität nun auch die zweite Generation lebt. ❚


Titelthema

Von den systematisierten Prozessen und Produkten profitieren unsere Kunden enorm.“ — Karin Padinger

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Stragetie

Re gion

a l P r o f i l ze i g e n

Goldbeck Möchten Sie die regionale Vielfalt Deutschlands erleben? Dann könnte eine Reise entlang der GOLDBECK Standorte genau das Richtige sein! Wir laden Sie in dieser und in den kommenden Aus­ gaben unseres Magazins zu Stippvisiten in einigen unserer Niederlassungen ein. Als besonderes Schmankerl garnieren wir unsere Besuche mit einer regionalen kulinarischen Spezialität. Denn hier gibt es Parallelen: Genauso, wie jeder Landstrich seine typische Küche hat, ist auch das Bauen regional geprägt. Bon Appétit Roter Klinker im Norden, Holz im Süden Deutschlands – und unglaublich viel dazwischen … Wir lieben die Vielfalt! Dank ihr gibt es immer wieder Neues zu entdecken. Spannend ist es aber auch, Gemeinsamkeiten zu entdecken. Denn genauso wie der Majoran sowohl der Hamburger Kartoffelsuppe wie auch der Münchener Weißwurst den richtigen Pfiff verleiht, gibt es auch beim Bauen Klassiker, die das Beste aus den verschiedenen Welten vereinen. Fünf Regionalgesellschaften, 22 Niederlassungen, neun Geschäftsstellen – GOLDBECK ist in Deutschland flächendeckend vertreten. Wer mit dem Unternehmen baut, hat es nie weit bis zum nächsten kompetenten Ansprechpartner. Vor Ort trifft er auf erfahrene Mitarbeiter, die sich in der Region bestens auskennen, ganz überwiegend dort beheimatet sind und den Kunden sicher durch alle baulichen Herausforderungen navigieren. Diese inzwischen bewährten Strukturen sind über Jahrzehnte gewachsen. Die Basis dafür wurde bereits Anfang der 70er Jahre gelegt. Heute ist das „Prinzip GOLDBECK“ so ausgereift, dass es trotz des starken Unternehmenswachstums gelingt, die mittelständischen Strukturen für die Kunden zu erhalten. Werden Regionalgesellschaften zu groß, erfolgt eine Zellteilung in zwei kleinere Einheiten. Erfolgreiche Niederlassungen werden um Geschäftsstellen erweitert, erfolgreiche Geschäftsstellen entwickeln sich selber zu Niederlassungen. Auch Wachstum hat bei GOLDBECK System.

Wichtige Bauabschnitte Die erste „Filiale“ des Unternehmens feierte bereits ihren 40. Geburtstag: die Niederlassung Hannover. Sie ging 1973 an den Start. Schnell zeigte sich damals, dass die Nähe zum Kunden,

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die Nähe zur Baustelle und die Nähe zu den Dienstleistern sich für alle Seiten positiv auswirkt. Schon bald wurden weitere Niederlassungen in Düsseldorf, Frankfurt und Stuttgart eröffnet. Kurz nach der Wende erarbeitete sich GOLDBECK mit neuen Niederlassungen in Berlin, Leipzig und Dresden als „Nahversorger“ auch im Osten schnell einen guten Ruf. Hier hatte das Geschäftsstellenmodell seinen Ursprung. In Thüringen betreut seit 2000 die Geschäftsstelle Suhl als „kleinerer Ableger“ der Niederlassung eine Region intensiv. Viele weitere Geschäftsstellen folgten – erst im April ist das Unternehmen mit einer neuen Geschäftsstelle in Kiel vor Anker gegangen.

Durchdachte Konstruktion Die Niederlassungen mit ihren Geschäftsstellen sind autarke Einheiten, die wie eigenständige Unternehmen agieren. Sie können selbstständig und schnell Entscheidungen treffen und flexibel auf Kundenwünsche reagieren. Sie pflegen engen Kontakt zu den Kunden und können auf ein verlässliches Netz von Dienstleistern zurückgreifen. Bei Bedarf sind sie auch nach Projektende in der Nähe. „Heute kommt zur räumlichen Nähe zu unseren Kunden noch die fachliche Nähe für spezielle Gebäudetypen hinzu“, erklärt Lars Luderer, Geschäftsführer GOLDBECK GmbH. Besonderes Knowhow ist in Geschäftsbereichen gebündelt, die auf Produkte wie Schulen, Seniorenimmobilien und Hotels, aber auch auf Kundengruppen spezialisiert sind. Diese „Wissens-Insider“ arbeiten eng mit den regionalen Insidern zusammen. So bleiben Niederlassungen und Geschäftsstellen immer erste Ansprechpartner für die Kunden. ❚


Strategie

Berlin Brandenburg

Wir halten Wort Berlin hat mit Bauskandalen bundesweit von sich reden gemacht. Dabei gibt es auch in der Hauptstadt durchaus Erfolgsgeschichten vom Bau. Etliche davon hat GOLDBECK geschrieben. Eines der jüngsten Kapitel handelt von sieben Schulergänzungsbauten, alle termingerecht und im vereinbarten Kostenrahmen realisiert.

Die sieben Schulprojekte liefen parallel, der Zeitkorridor war eng, aber am Ende konnten alle Schüler nach den Ferien pünktlich in den neuen Klassenräumen Platz nehmen. „Das ist Balsam für die Seele der Stadt, die unter den Desastern beim Bau des Hauptstadtflughafens und der Staatsoper leidet“, zeichnet Uwe Peuker ein Stimmungsbild. Der langjährige GOLDBECK Mitarbeiter weiß, wovon er redet. Er ist Leiter der GOLDBECK Niederlassung Berlin-Brandenburg und seit fast 25 Jahren vor Ort tätig. Seit den Bauskandalen spürt er bei den Kunden eine stärkere Sensibilität hinsichtlich Kosten- und Termintreue. „Unsere Zuverlässigkeit in diesen beiden Punkten wird jetzt noch mehr wertgeschätzt“, so der Niederlassungsleiter, der auch auf der Großbaustelle Hauptstadtflughafen drei Projekte verantwortet hat. Die Frachthalle, den Air-Berlin/GermaniaWartungshangar und das Gebäude für den Caterer – alle pünktlich fertiggestellt und längst übergeben. Uwe Peuker ist fast waschechter Berliner und spricht die Sprache der Einheimischen. In der Weltstadt mit Herz und Schnauze ist die Kommunikation oft sehr direkt. Wer keine „echte Bulette“ ist – so der scherzhafte Ausdruck für Berliner – kann sich schon mal brüskiert fühlen. Der Niederlassungsleiter und seine Mitarbeiter

Berliner Currywurst Sie hat Kultstatus in der Hauptstadt, die ihr sogar ein eigenes Museum gewidmet hat. Vor 65 Jahren soll sie an einer Imbissbude in Charlottenburg zum ersten Mal serviert worden sein: die gebratene Brühwurst mit einer Sauce auf Tomatenbasis und ordentlich Currypulver. wissen die berühmte „Berliner Schnauze“ jedoch richtig zu nehmen und hatten so von Anfang an beste Voraussetzungen für die Gestaltung nachhaltiger Kontakte. Sie haben den Aufbau nach der Wende

hautnah miterlebt und auch ein Stück mitgestaltet. An einigen Stellen in der Stadt ist die Handschrift von GOLDBECK deutlich zu erkennen, zum Beispiel am Wissenschafts- und Wirtschaftsstandort Adlershof, kurz WISTA. Dort hat das Unternehmen bereits sieben Projekte realisiert, drei weitere werden folgen. Insgesamt kann die Niederlassung BerlinBrandenburg über 233 Projekte vorweisen und hat sich auch unter architektonischen Gesichtspunkten profiliert. Ein viel gelobter Hingucker ist das neue Parkhaus für die O2 World Berlin, dessen Fassade mit ihrem Wechsel zwischen Betonfertigteilen, Kassettenelementen und Profilglas einen besonderen städtebaulichen Akzent setzt. GOLDBECK genießt in der Region das Vertrauen vieler zufriedener Kunden, zu denen neben dem Mittelstand auch namhafte große Unternehmen wie die Messe Berlin, Siemens und der Berliner Großmarkt zählen. „Wir werden häufig weiterempfohlen“, freut sich Uwe Peuker. Das gilt sowohl für den Großraum Berlin als auch für die Gebiete außerhalb. „Die Vereinigung von Berlin und Brandenburg hat auf politischer Ebene zwar nicht stattgefunden, aber wir leben diesen Bindestrich. Es liegt uns am Herzen, auch die Entwicklung außerhalb der Hauptstadt mit voranzutreiben“, unterstreicht er. Seit der Gründung der Geschäftsstelle Rostock 2010 kann der Berliner mit seinem Team auch im Norden des Einzugsgebietes die Nähe zu Land und Leuten noch intensiver pflegen. ❚

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Strategie

Magdeburg

Liebe kann wachsen Worte, die mit Sachsen-Anhalt in Verbindung gebracht werden, klingen oft nicht gerade nach der großen Liebe: Strukturschwäche, Abwanderung, Perspektivlosigkeit. Thomas Poege hält dagegen. „Das Land ist viel besser als sein Ruf“, sagt der Leiter der GOLDBECK Niederlassung Magdeburg. Er liebt seine Heimat und zweifelt nicht an ihrem Potenzial.

Wer sich an der Turnstange schon mal an einem Aufschwung versucht hat, der weiß es ganz genau: Eine solche Übung kostet Anstrengung. Wenn aber nicht nur eine Person, sondern ein ganzes Bundesland mit rund zwei Millionen Einwohnern zu neuen Höhen finden soll, dann ist der Kraftakt dementsprechend größer. „Nach der Wende ist von der ehemals hier ansässigen chemischen Industrie und dem Schwermaschinenbau nicht viel übrig geblieben. Viele Menschen haben ihr Glück im Westen gesucht“, erinnert sich der 47-Jährige. Der Sachsen-Anhalter ist in Haldensleben geboren. Die Stadt wirbt auf ihrer Homepage mit dem Slogan „Wer kommt, bleibt“. In Poeges Fall eine Art selbsterfüllende Prophezeiung, denn für ihn wäre ein Umzug in den Westen aus Liebe zu seiner Heimat nicht infrage gekommen. Seit 2001 ist der Baufacharbeiter und Bauingenieur am 1994 gegründeten Standort bei GOLDBECK in Magdeburg tätig. Neben dem Rückhalt im Unternehmen haben ihn auch die vielen guten Dinge in „seinem“ Land Kraft gegeben. „Eine gesunde Skepsis war zwar vorhanden, aber die Geschichte hat Mut gemacht, hier etwas aufbauen zu können“, sagt er. Nach Angaben der Landesmarketinggesellschaft ist Sachsen-Anhalt das Bundesland mit der höchsten Dichte an UNESCO-Welt-

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Magdeburger Bötel Diese herzhafte sachsen-anhaltinische Spezialität wird oft als „Bötel mit Lehm und Stroh“ serviert und besteht aus Eisbein mit Sauerkraut („Stroh“) und Erbspüree („Lehm“). Das Fleisch wird gepökelt und anschließend zusammen mit Gewürzen etwa drei Stunden lang gekocht. Das Ergebnis ist wunderbar zart und aromatisch.

kulturerbe im ganzen Bundesgebiet und hat eine ganze Reihe von Attraktionen zu bieten: Dazu gehören das Bauhaus Dessau, die Luthergedenkstätten in Wittenberg und Eisleben, die Altstadt von Quedlinburg und das Dessau-Wörlitzer Gartenreich mit dem Wörlitzer Park. Die Weichen neu gestellt hat in den frühen Jahren des neuen Jahrtausends auch die Politik – und das beinahe buchstäblich. Durch die verkehrsgünstige Lage im Herzen Deutschlands und der Mitte Europas wurde in die Infrastruktur investiert. Dazu gehören die ausgebauten Strecken der A2 und der A14 und in besonderer Weise auch das Wasserstraßenkreuz zwischen Mittellandkanal und Elbe, nach Angaben des Landes das größte seiner Art in Europa. Mit viel Optimismus, Engagement und Netzwerkarbeit haben Thomas Poege und sein Team den Standort nach und nach ausgebaut. „Neben kleinen und mittelständischen Betrieben gehören auch internationale Firmen zu den Kunden, die von der verkehrsgünstigen Lage profitieren.“ So hat dort beispielsweise das deutschniederländische Joint-Venture-Unternehmen „F-Glass“ eine neue Heimat gefunden ebenso wie der Bäckereibetrieb Harry-Brot, der gleich mehrmals mit GOLDBECK gebaut hat. Seit 20 Jahren ist das Unternehmen nun in Sachsen-Anhalt vertreten. Heute besteht das Team um Thomas Poege in der Niederlassung Magdeburg aus 16 Mitarbeitern, die alle aus der Region stammen. „Liebe kann nicht nur wachsen, man kann sie auch teilen“, sagt er. ❚


Strategie

Thüringen

„Wir gestalten mit! Thüringen bietet eine hohe Lebensqualität und liegt hervorragend zentral“, ist Andreas Kiermeier ehrlich begeistert. Der Leiter der GOLDBECK Niederlassung Thüringen ist fest im Freistaat verwurzelt. Und er engagiert sich für seine Heimat, zum Beispiel im Regionalausschuss der IHK, als Erfurt-Botschafter oder im Unternehmerverband Thüringen.

„Wer zum ersten Mal zu uns nach Thüringen kommt, ist meist vollkommen überrascht und kehrt immer gern wieder“, so der Erfurter. Die starke Verbundenheit mit Heimatstadt und Bundesland teilt er mit seinen Mitarbeitern, die sich landauf, landab in Wirtschaftsverbänden und -initiativen, in Ausschüssen und Vereinen für die Region einsetzen. „Wir gestalten einfach gerne mit“, bringt Andreas Kiermeier das besondere Profil seiner Mannschaft auf den Punkt. Das gilt privat und auch beruflich. Mitgestalten kann im Freistaat allerdings nur, wer die Mentalität der Menschen kennt und versteht. „Von Wortblasen lässt sich hier niemand blenden“, weiß Andreas Kiermeier und findet als „Zugangscode“ für seine Landsleute ein Zitat von BMWAufsichtsrats-Chef Joachim Milberg besonders treffend: „Nicht das Erzählte reicht, sondern nur das Erreichte zählt.“ Die Niederlassung hat in den 20 Jahren seit ihrer Gründung vieles erreicht. Sie konnte etwa 350 Projekte realisieren, von denen vor allem die Skilanglaufhalle in Oberhof in der Region für Aufmerksamkeit sorgte. Bei der Planung und Realisierung dieser Halle setzten die Thüringer ihr Knowhow aus dem Tiefkühlbereich ein, denn die Niederlassung hat sich innerhalb der GOLDBECK Gruppe zu einem Kompetenz-

Thüringer Roster Für einen echten „Thüringer Roster“ ist ein Holzkohlegrill unabdingbar. An ihn schmiegt sich die rohe Wurst, die zuvor gern in einem Biersud mit Senf und Zwiebelringen gebadet hat. Gut gebräunt wird sie anschließend im Brötchen serviert, am besten mit einem original Thüringer Senf, der ausschließlich aus gemahlener Senfsaat, Branntweinessig und Meerrettich besteht.

zentrum für Kühl- und Tiefkühllogistik entwickelt. Daneben baut das Team im Freistaat branchenübergreifend vor allem für den klassischen Mittelstand, der prägend ist für die ansässige Wirtschaft. „Wir haben viele Stammkunden gewinnen können“, freut sich Andreas Kiermeier über das langjährige Vertrauen etlicher Auftraggeber. Die Nähe zu den Kunden ist für den 46-Jährigen ein wesentlicher Schlüssel für den Erfolg. Sie definiert sich zunächst einmal ganz konkret über Kilometer und Minuten. Ortsnähe und schnelle Erreichbarkeit spielen neben dem Verständnis der Mentalität eine entscheidende Rolle. „Das war der Grund, im Jahr 2000 eine Geschäftsstelle in Suhl zu eröffnen. Der wirtschaftlich interessante Südthüringer Raum war damals verkehrstechnisch noch nicht so gut zu erreichen. Wir sind mit diesem Schritt im wahrsten Sinne des Wortes auf die Kunden zugegangen“, betont Andreas Kiermeier. Nähe zum Kunden drückt sich bei ihm auch durch individuelle und intensive Beratung und Betreuung aus: „Wir sehen uns als Partner auf Augenhöhe des Mittelstands. Wir kennen dessen Bedürfnisse und Wünsche.“ Für seine Kunden müssen die Projekte höchst funktional, finanziell zuverlässig planbar und gleichzeitig architektonisch ansprechend sein. Mit seinem Team hat Kiermeier nicht nur die reinen Baukosten, sondern auch die Erschließungs- und mögliche Folgekosten im Blick: „Uns geht es immer darum, den Kunden Sicherheit zu geben.“ ❚

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Hamburg

Perle im Norden Hamburg hat mehr Brücken als Venedig. Für viele ist „HH“ die schönste Stadt Deutschlands – auch wenn sie weniger als ihre italienische Schwester auf Romantik, sondern vielmehr auf hanseatische Ehrbarkeit setzt. Doch wie in Venedig ist das Wasser auch in der Hansestadt und im norddeutschen Umland ein alltäglicher Begleiter.

Die Lage an Elbe, Nord- und Ostsee prägt nicht nur wirtschaftlich die Region, sondern hat auch Auswirkungen auf das Baugeschehen. „In vielen Regionen gehören Hochwasserschutzmaßnahmen zu ganz normalen Bauauflagen. Zudem sind die Böden in den oberen Schichten häufig so weich, dass wir die Gebäude auf Pfähle stellen müssen, damit diese im Boden nicht ‚versinken‘“, sagt René Kaldenhoven. Außerdem pfeift der Wind den Immobilien in der norddeutschen Tiefebene auch heftiger um die Ohren als anderswo. „Die dadurch entstehenden Lasten berücksichtigen wir schon bei der Konstruktion“, erklärt der Bauingenieur. Wo Wind und Wasser sind, da liegt oft auch Salz in der Luft. „In den Küstenregionen ist die Konzentration enorm, ganz besonders an der Nordsee“, so der 36-Jährige, der seit 13 Jahren in Hamburg lebt. „Das stellt höchste Anforderungen an den Korrosionsschutz“. Ob Halle, Büro oder Parkhaus in einem Urlaubsort an der Küste oder mitten im Hafen von Hamburg – die besonderen klimatischen Bedingungen finden Berücksichtigung im gesamten Vertriebsgebiet, das sich von Schleswig-Holstein über Hamburg und über Teile von Niedersachsen bis nach Mecklenburg-Vorpommern erstreckt. Fisch auf dem Tisch: Die geografische Lage an der Elbe und in Küstennähe zu Nord-

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Hamburger Labskaus Es gibt viele Varianten dieses Hamburger Klassikers, aber allen ist eines gemeinsam: Die Optik ist ein bisschen gewöhnungsbedürftig. Doch wer beherzt zugreift, wird beim Labskaus mit einem besonderen kulinarischen Genuss überrascht, der das Beste aus Kartoffelbrei, Rindfleisch, Matjes und Roter Bete vereint. Traditionell gibt’s dazu Spiegeleier und Gewürzgurken. und Ostsee macht sich selbstverständlich auch auf vielen Speisekarten bemerkbar: Auf den Tisch kommt gerne mal Fisch oder das traditionelle Seemannsgericht Labskaus. „Es schmeckt toll und sieht

spannend aus“, schmunzelt der Niederlassungsleiter. Labskaus besteht aus püriertem Fleisch, Matjes, Kartoffeln, Roter Bete und Spiegelei. Ursprünglich war es für Matrosen und Seeleute gedacht, die wegen vom Skorbut schmerzender Zähne keine feste Nahrung zu sich nehmen konnten. „Die Menschen hier pflegen Traditionen und legen viel Wert darauf.“ Und so hat sich das typische Gericht auch bei bester Ernährungslage erhalten.

Die Tugenden des Kaufmanns Ebenso fest zu Hamburg gehört das Bild des ehrbaren Kaufmanns. Seine Tugenden haben in der Hansestadt und dem Umland einen sehr hohen Stellenwert. „Beständigkeit, Verhandlungsgeschick und professionelles Understatement statt großer Geste – hier gilt: Ein Mann, ein Wort“, weiß René Kaldenhoven. Doch nicht nur der hanseatische Mittelstand gehört zu den Kunden von GOLDBECK. Auch international agierende Unternehmen zählen dazu, beispielsweise aus China oder Singapur. „Hamburg ist durch seinen Hafen das Tor zur Welt“, sagt René Kaldenhoven. Nach Rotterdam ist der Hamburger Hafen der zweitgrößte in Europa. Viele weltweit operierende Logistikunternehmen finden hier einen idealen Standort, ebenso Investoren. Ganz besonders freut sich René Kaldenhoven darüber, dass GOLDBECK nun auch direkt im Hafen einen „Anker“ geworfen hat: „Wir bauen hier aktuell den neuen Cruise-Terminal 3 für die großen Kreuzfahrtschiffe, ganz nah am Wasser und mit einem tollen Blick auf Hamburg.“ ❚


Strategie

Stuttgart

Mir könnet au schwätza! „Wir können alles. Außer Hochdeutsch.“ Mit diesem Slogan wirbt Baden-Württemberg für sich. Aus gutem Grund: Die vielfältigen Dialekte im „Ländle“ sind identitätsstiftend, noch sehr lebendig und vor allem außerhalb der großen Städte auch im Geschäftsleben willkommen.

Jörg Strohmeier, Leiter der GOLDBECK Niederlassung Stuttgart, kann das bestätigen: „Wir haben viele Kunden, mit denen wir ‚schwätza‘. Schließlich sind wir fast alle in der Region beheimatet, sprechen und lieben die Sprache der Menschen hier.“ Er und seine Mitarbeiter verstehen nicht nur Wörter wie Breschdlingsgsälz (Erdbeermarmelade), Dreiblaskuacha (Johannisbeerkuchen) und Huschdaguatsle (Hustenbonbon), sondern können sie auch unfallfrei über die Lippen bringen. Sprachbarrieren gibt es nicht, die Kommunikation funktioniert. „Anders als im Werbeslogan behauptet, beherrschen wir natürlich alle auch perfektes Hochdeutsch“, stellt Jörg Strohmeier – augenzwinkernd und vollkommen akzentfrei – klar. Geologisch hat Baden-Württemberg ebenfalls einige Eigenheiten. Das Land gehört zu den flächenmäßig am stärksten von Erdbeben bedrohten Gebieten Deutschlands. In den gefährdeten Regionen ist erdbebengerechtes Bauen Vorschrift. „Es sind zwar keine starken Beben zu erwarten, aber im Falle eines Falles könnten sie schon Schäden an Gebäuden verursachen“, erklärt Jörg Strohmeier. Um das abzuwenden, müssen Fundamente und Außenwänden mit Zerrbalken verstärkt werden. Sie können ein Auseinanderdriften der Wände und Risse im Mauerwerk verhindern.

Schäbische Maultaschen „En de kloinschte Täschla sind oft de beschte Sächla.“ Auf die Maultaschen trifft das auf jeden Fall zu, denn in den appetitlichen Nudel­taschen befindet sich eine leckere Mischung aus Fleisch- oder Gemüse­brät plus Spinat. Sie werden auch als „Herrgottsb‘scheißerle“ bezeichnet, weil sie in der eigentlich fleischlosen Fastenzeit so manches herzhafte Stück gut verbargen …

Ein weiteres wichtiges Thema für die Stuttgarter ist die Bodenkunde. Ob sandige oder schluffige Böden, Gipskeuper oder Sandstein, Jura oder Seeton, Knollenmergel oder Kalktuff, die Region hat für Architekten und Ingenieure manche Herausforderung zu bieten. Der Seeton in Bodenseenähe etwa macht Pfahlgründungen unerlässlich, um Gebäuden die nötige Standfestigkeit zu verleihen. „Für das dreigeschossige Produktionsgebäude des Nahrungsmittelhersteller Hügli in Radolfzell haben wir 180 Stahlbetonrammpfähle 40 Meter tief in den Boden eingebracht“, nennt Jörg Strohmeier ein Beispiel, mit dem sich GOLDBECK als Spezialist für besondere Aufgaben regional profilieren konnte. Im Schnitt realisiert die Niederlassung Stuttgart, zu der auch die Geschäftsstelle Bodensee / Singen gehört, 25 Projekte pro Jahr. Oft stehen die Bauschilder in kleinen Orten wie Nufringen, Ditzingen, Wimsheim, Rottweil, Küssaberg oder Klettgau. Die Kundenliste ist inzwischen lang und enthält sowohl die Namen vieler mittelständischer Unternehmen als auch die von Global Playern wie Daimler, Porsche und Bosch. Sie ist ein Spiegelbild der regionalen Wirtschaftskraft und -struktur. Mit ihren Kunden fühlen die GOLDBECK Mitarbeiter sich eng verbunden. Das zeigt sich beim gemeinsamen Besuch des traditionsreichen Volksfestes Cannstatter Wasen genauso wie beim traditionellen Christbaumevent, zu dem die Stuttgarter alle Geschäftspartner kurz vor Weihnachten einladen. Und auch wer keinen Baum möchte, nutzt die Veranstaltung gerne als Plattform zum Netzwerken. ❚

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Flexibler Typ mit hartem Image Stahl – ein Baumaterial im Profil Klassiker wie das Chrysler Building machten ihn zum Star: den Stahl. Noch heute ist er der Liebling von Ingenieuren und Architekten. Und die Keimzelle von GOLDBECK.

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Stahl ist ein Baumaterial mit unglaublich vielen Vorteilen. Durch die wachsende Bedeutung nachhaltigen Bauens eröffnen sich dem Werkstoff auch in Zukunft große Chancen. Hier ein kleiner Auszug wichtiger Vorzüge: für die Umwelt: ❚ 100 % recyclebar ❚ kleine Baustelleneinrichtung ❚ weniger Transportaufwand

für die Architektur: ❚ innovative Baustrukturen ❚ transparente und leichte Konstruktionen ❚ gute Kombinationsmöglichkeiten mit anderen

Materialien wie Beton, Glas und Holz für den Bauprozess: ❚ Maßgenauigkeit und Planungssicherheit ❚ kurze Bauzeit ❚ witterungsunabhängige Montage

für die Wirtschaftlichkeit: ❚ frühe Nutzung durch kurze Bauzeit ❚ hervorragendes Raumnutzungsverhältnis ❚ lange Nutzungsdauer

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Alle wissen, dass er ein harter Typ ist. Einige sagen ihm deshalb auch nach, er sei kalt. Von seiner Flexibilität, seiner Fähigkeit, sich zu integrieren und zu verbinden, redet allerdings kaum jemand. Wir sorgen für Abhilfe und bringen Ihnen diesen vielseitigen Charakter näher! Stahl bezeichnet eine metallische Legierung mit dem Hauptbestandteil Eisen. Dessen Geschichte beginnt vermutlich vor über 5000 Jahren: Die Ägypter verarbeiteten damals eisenhaltiges Meteoritengestein. Guss- und Schmiedeeisen nutzte man im 19. Jahrhundert gern als leichtes, flexibles Baumaterial – doch es hatte gravierende Nachteile. Besonders Gusseisen neigte unter Spannung zum Zersplittern, das besser geeignete Schmiedeeisen war nur sehr aufwändig herstellbar. Mehrere Unglücke zeigten die Schwächen von Eisenkonstruktionen auf tragische Weise. Theodor Fontane setzte einem davon mit seiner Ballade „Die Brück‘ am Tay“ ein literarisches Denkmal. Am 28. Dezember 1879 brach die Eisenbahnbrücke über den schottischen Fluss Firth of Tay ein, als ein Zug sie überquerte. Über siebzig Menschen starben. An beiden Ufern beobachteten Menschen in dieser stürmischen Nacht entsetzt, wie die Lichter des Zuges in den Fluten verschwanden. Bei Tagesanbruch stellte man fest, dass die Brücke auf über 1.000 Metern einfach nicht mehr existierte. In Fontanes Ballade heißt es: „Tand, Tand ist das Gebilde von Menschenhand.“

Gewagt – und gewonnen Der englische Geschäftsmann Henry Bessemer war der erste, dem es gelang, ein Verfahren zur industriellen Herstellung von Stahl zu entwickeln. Er ließ sich auf ein – nach damaligem Wissensstand – gewagtes Experiment ein und blies Luft in geschmolzenes Roheisen. Bill Bryson beschreibt dies in seiner „Geschichte der alltäglichen Dinge“ so: „Was nach herkömmlichen Wissen hätte passieren sollen, war eine gewaltige Explosion. Weshalb ja auch noch niemand, der einigermaßen bei Sinnen war, ein solch närrisches Experiment durchgeführt hatte. Aber bei Bessemer explodierte nichts, sondern es entstand eine Flamme von sehr hoher Intensität, die alle Unreinheiten aus dem Eisen herausbrannte und harten Stahl daraus machte.“ Von nun an stand Stahl in großem Umfang zur Verfügung.

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Eine konstruktive Revolution Als konstruktiver Baustoff wurde Stahl zum Sinnbild der Technologie und der Moderne des 20. Jahrhunderts. Die Konstruktionen revolutionierten die Bautechnik. Der Stahlbau gilt als eine der ersten Hightech-Branchen; das Hochhaus in Stahlskelettbauweise wird zum Sinnbild modernen, rationalen, platzsparenden Bauens. Würde man für den Bau hoher Gebäude keinen Stahl, sondern Stein verwenden, dann müssten die Wände in den unteren Etagen meterdick sein, um das Gewicht des Bauwerks tragen zu können. Mit der Zeit würde es mehr und mehr im Boden versinken. Auch die Wurzeln der GOLDBECK Gruppe liegen im klassischen Stahlbau. Am 1. September 1969 gründete Ortwin Goldbeck die damalige „GOLDBECK Stahlbau KG“. Durch Entwicklungen in der Vorproduktion und Systematisierung entwickelte er die Kompetenzen vom Stahlbau zum schlüsselfertigen Bauen weiter und kombinierte Stahl mit Beton. Als Werkstoff der Gegenwart beeindruckt Stahl Schöngeister ebenso wie Rechner am Bau. Zum Beispiel Joachim Gugolka, Leiter des Bielefelder Stahlbauwerks bei GOLDBECK, den das Material aus ästhetischen ebenso wie aus praktischen Gründen fasziniert: „Sogar filigrane Trägerkonstruktionen mit geringem Eigengewicht können stark belastet werden. Das spart Platz und schafft Transparenz.“ Die Augen des Maschinenbau-Ingenieurs leuchten, wenn er die vielfältigen Formen und Facetten des Baumaterials Stahl beschreibt. Ist der Fußball-Fan in einem der großen und modernen Stadien, wandert sein Blick zuerst ins Tragwerk. Aber auch der Blick in eine Logistikhalle kann beeindruckend sein. „Eine Konstruktion mit bis zu 30.000 Quadratmeter Fläche ohne Trennwände ist imposant.“ Selbst für ihn, der Tag für Tag mit Stahl arbeitet. Doch Stahl hat nicht nur ökonomisch viel zu bieten. Auch in ökologischer Hinsicht sucht der Baustoff seinesgleichen: Stahl ist nahezu ohne Qualitätsverlust unbegrenzt wiederverwertbar, indem der Schrott eingeschmolzen und wieder zu Stahl verarbeitet wird. Unter dem Gesichtspunkt Nachhaltigkeit steht der Baustoff damit an vorderer Stelle. ❚


Strategie

Am Anfang war die Idee Nichts wirkt so nachhaltig wie die eigene Erfahrung. Und genau so funktionieren die GOLDBECK Kundenforen in Bielefeld und Hirschberg: Dank 3D-Technik und realer Bemusterung machen sie geplante Gebäude erfahrbar. Sie transportieren Ideen ein gutes Stück in die Realität und helfen dabei, Entscheidungen zu treffen. Und auch sie selbst sind aus einer guten Idee geboren. Geburtshelfer war der GOLDBECK Projektkreis.

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„Ich glaube an das Pferd. Das Automobil ist eine vorübergehende Erscheinung.“ Dieses Zitat von Kaiser Wilhelm II. führt uns deutlich vor Augen, wie sehr man mit einer Prognose daneben liegen kann. Für Staatsoberhäupter gewiss fatal, aber auch auf Unternehmensebene verhängnisvoll. Denn jeder Marktteilnehmer muss Veränderungen rechtzeitig wahrnehmen und einschätzen können, um nicht von seinen Konkurrenten überflügelt zu werden. Welche neuen technischen Entwicklungen und Möglichkeiten gibt es? Wie verändern sich die Wünsche meiner Kunden? Es gilt, Indizien wahrzunehmen und Ideen zu entwickeln. Wer sich darauf verlässt, dass dies einfach nebenbei, sozusagen als Begleiterscheinung zum Alltagsgeschäft passieren wird, handelt blauäugig. Hier müssen stattdessen fest implementierte Instrumente greifen.

Ideen auf die Sprünge helfen Bei GOLDBECK ist eines dieser Instrumente der Projektkreis. In ihm kommen junge und engagierte Mitarbeiter in interdisziplinären Gruppen zusammen, um ganz gezielt in ihrer methodischen, sozialen und persönlichen Entwicklung gefördert zu werden. Sie kommen aus unterschiedlichen Unternehmensbereichen und Berufsgruppen und fördern damit auch die Vernetzung innerhalb der Unternehmensgruppe. Konkrete Projektarbeiten dienen als „Werkstatt“. Dank dieser Kombination aus individueller persönlicher Förderung und Projektarbeit funktioniert der Projektkreis als „Wirkbeschleuniger“ auf beiden Ebenen. Die gestellten Themen stammen immer aus dem Unternehmen. Ausgewählt werden sie im Hinblick auf ihre praktische und zukünftige Bedeutung für GOLDBECK. „In der Regel gibt es pro Projektkreis jeweils ein Zukunftsthema und ein Optimierungsthema“, so Diplom-Psychologin Sabine Nathaus-Hünnemann. Seit zehn Jahren unterstützt sie projektbezogen die GOLDBECK Personalentwicklung und damit auch die Projektkreise. „Die zwölf Teilnehmer jedes Projektkreises teilen sich in zwei Gruppen auf. Über einen Zeitraum von anderthalb Jahren lösen sie die gestellten Aufgaben und erarbeiten greifbare Ergebnisse.“ Flankiert wird diese Projektarbeit durch eine Vielzahl ergänzender Module, bei denen die Teilnehmer zum Beispiel Rhetorik und Präsentationstechniken, Moderation, Zeit- und Konfliktmanagement oder Kreativität trainieren. Zwei Mentoren aus der Geschäftsführung begleiten den Kreis und sorgen für seine Verankerung im Führungsnetzwerk. Die kleine Denkfabrik Die Aufgabenstellung, mit der der 7. Projektkreis 2011 an den Start ging, war komplex. Es ging um die Frage: Wie können wir unseren Kunden die Entscheidungsfindung erleichtern? Denn wer baut, hat eine Vielzahl von Entscheidungen zu treffen. Unzählige architektonische, technische und energetische Details sind festzulegen, um zum idealen, individuellen Gebäude zu gelangen. Viele dieser Details und Varianten sind bereits in den GOLDBECK SystemZentren in Bielefeld und Hirschberg offengelegt. Dort laden begehbare Exponate in Originalgröße dazu ein, sich ein Bild vom fertigen Gebäude zu machen. Kunden können verschiedene Lösungen betrachten, auf sich wirken und sie sich

in ihren Spezifika erklären lassen. Doch GOLDBECK möchte mehr bieten: Eine optimale Bemusterung auf dem aktuellen Stand der Technik soll es sein, durchdacht und 3D-unterstützt. Die Aufgabe lautet deshalb: „Der Projektkreis soll die Möglichkeiten untersuchen, die uns virtuelle Modelle geben, in denen der Kunde durch ‚sein‘ 3D-Modell gehen und dabei verschiedene Materialien auf sich wirken lassen kann. Er soll eine Bedarfs- und Nutzenanalyse machen, das Projekt budgetieren, planen, einkaufen und bauen lassen.“ Der Projekttitel gibt das Ziel vor: „Begeisterungsfaktor Bemusterung“.

Auf die Plätze – fertig! „Und um es vorwegzunehmen: Die Begeisterung ist da!“, sagt Diplom-Ingenieurin Eva-Marie Stinshoff. Sie muss es wissen, denn aus der erfolgreichen Performance des Projektkreises ist ihr Arbeitsplatz entstanden: Das GOLDBECK Kundenforum in Bielefeld. Fast täglich sind bei ihr Kunden zu Gast, die – gemeinsam mit ihrem jeweiligen Verkaufsingenieur – auf eine virtuelle Reise durch ihr geplantes Gebäude gehen. Und die fasziniert sind von den Eindrücken, die ihnen die moderne Technik ermöglicht. Stinshoff: „Anhand von Plänen fällt es Laien in der Regel schwer, die Ausmaße eines Projekts und seine technischen Details zu verstehen. Unsere Visualisierungen empfinden sie deshalb als überaus hilfreich.“ Herzstück des neuen Kundenforums ist ein riesiger Plasmabildschirm, auf dem die verschiedenen Gebäudevarianten präsentiert und auf Wunsch verändert werden. Fenster im Normalmaß oder bodentief? Aluminium- oder Natursteinfassade? Wenige Klicks führen die unterschiedlichen Möglichkeiten vor Augen. Sogar dreidimensionale „Kamerafahrten“ durch das geplante Gebäude sind möglich. Dafür sorgt das Zusammenspiel der Planungssoftware der GOLDBECK Ingenieure und Architekten mit den technischen Möglichkeiten des Kundenforums. Mit 3DBrillen ausgestattet, bekommen die Zuschauer so ein Gefühl für die Räumlichkeiten, ihre Abmessungen und Dimensionen. Diese virtuelle Echtzeit-Begehung ergänzen die Gastgeber durch eine Vielzahl von Handmustern zum Beispiel für Armaturen, Teppiche und Decken sowie für verschiedene Farb- und Oberflächenvarianten. Ein Zwilling des Bielefelder Kundenforums ist inzwischen am Standort Hirschberg entstanden. Auch dort kombiniert ein Showroom klassische und virtuelle Bemusterung. Hier kommt statt eines Plasmabildschirms ein 3D-Beamer zum Einsatz. Und auch damit kommen Kunden ihrem zukünftigen Gebäude so nah, wie es in der Planungsphase nur möglich ist. „Da ist Bewegung drin!“ „Wichtig ist mir die immanente Dynamik der Kundenforen. Sie müssen sich kontinuierlich weiterentwickeln, neue Referenzen aufnehmen, die Exponate aktuell halten“, sagt Eva-Marie Stinshoff. Und wertet auch die nach innen gerichtete Wirkung positiv: „Die Kundenforen sind ein gutes Beispiel dafür, wie gut bei GOLDBECK Mitarbeiter standort- und abteilungsübergreifend arbeiten können und damit das Unternehmen – im Dienst unserer Kunden – voranbringen.“ ❚

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50 Ausgaben 1992 Ein Klassiker hat Geburtstag – mit dieser Ausgabe erscheint unser GOLDBECK magazin zum 50. Mal! Grund genug, einmal in den Archiven zu stöbern. Der Blick auf die vergangenen Ausgaben zeigt die Evolution eines Kundenmagazins.

1991 01

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Es geht los! In diesem Jahr fällt gleich ein doppelter Startschuss: GOLDBECK baut ein Werk im vogtländischen Treuen und bekommt ein Magazin. Damals wandte es sich als Informationsmedium vor allem an die eigenen Mitarbeiter. Die Startauflage: 1.000 Stück.

1996

1998 13

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1997

GOLDBECK hat sich vom reinen Stahlbauunter­­ nehmen zum Anbieter schlüsselfertiger Gebäude entwickelt. Das spiegelt sich – nicht nur im magazin – im neuen Unternehmensclaim: „GOLDBECK Netzwerk innovatives Bauen“, der später von „GOLDBECK konzipieren – bauen – betreuen“ abgelöst wird.

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Hoher Besuch GOLDBECK feiert das 25. Firmenjubiläum. Als Ehrengast hält Bundesminister Dr. Norbert Blüm den Festvortrag – das GOLDBECK magazin berichtet.

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Die Welt ist bunt Die schwarz-weißen Zeiten sind vorbei: Das GOLDBECK magazin erscheint ab sofort komplett in Farbe.

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1993

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1995 11

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Handarbeit Bevor die Computer in den Grafikagenturen einzogen, wurden die Magazinseiten per Handzeichnung vorgestaltet und abgestimmt.

1999

2001 19

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2000 Die EXPO 2000 eröffnet ihre Tore, und mit dem britischen und dem mexikanischen Pavillon sind auch zwei GOLDBECK Gebäude dabei. Das magazin schaut hinter die Kulissen.

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Fotos Digital statt analog: Mit Beginn des neuen Jahrtausends geht die Zeit der analogen Fotografie langsam zu Ende. Negativstreifen wie diese sind nur noch selten zu sehen.

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50 Ausgaben

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Sehen Sie den Unterschied? Unser Layout bekommt ein Facelifting!

2004 25

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2002 2009

2011

p Erweiterung GOBAZENTRUM Bielefeld p Neues Montageteam Süd p Das Projekt Nokia p Was ist das Karriereportal? Ausgabe 01 | 2009

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Das Mitarbeitermagazin der GOLDBECK Gruppe

Den Lichtbogen im Griff Ein Tag als Schweißer

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Stärker fokussiert Das GOLDBECK magazin bekommt mit dem team magazin einen Partner, der die Aufgabe des Mitarbeitermediums übernimmt. Nun kann es sich noch stärker auf Kundenthemen fokussieren.

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2005

2007 Ausgabe 35 Frühjahr 2007

Ausgabe 36 Herbst 2007 Mit GOBACAR Europameister im Parkhausbau Mit Solaranlagen weiter auf Erfolgskurs Stammkunde der ersten Stunde: Kraftverkehr Nagel

Geordneter Übergang

Karriere bei GOLDBECK GOLDBECK in Polen weiter auf Erfolgskurs Internationale Schule in Neuss eröffnet

Wachstum und Chancen Strategien in der Unternehmensentwicklung

Wechsel in der Unternehmensführung

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Von allem etwas Großaufträge, Branchen und Projekte, Unternehmens- und Produktentwicklung – das GOLDBECK magazin ist prall gefüllt. Die Auflage liegt bei 10.000 Stück.

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2006

2008 Ausgabe 34 Herbst 2006

Ausgabe 37 Frühjahr 2008

Bürogebäude mit Flair

Produktionsstandort Deutschland

Wachsendes Geschäftsfeld PPP

Maßanfertigung für HUGO BOSS

Montage by GOLDBECK

Freiland-Solaranlagen für Spanien

Nachhaltigkeit gefragt

Wachstum weist den Weg nach Europa

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Ökonomisch, ökologisch und sozial

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2012

2014 Weitblick inklusive Von nun an bekommt jede Ausgabe ein eigenes Leitthema – das erste lautet „Zeiträume“. Der Blick wird weiter und erlaubt es, auch mal über den Tellerrand des Bauens zu schauen.

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Ausgabe 50

Herbst/Winter

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Alle Kunst praktischer Erfolge besteht darin, alle Kraft zu jeder Zeit auf einen Punkt – auf den wichtigsten – zu konzentrieren. Ferdinand Lasalle


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Aus eigener Kraft Unverwechselbar im Profil – die Eigenfertigung bei GOLDBECK

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GOLDBECK produziert selbst. Aus gutem Grund. Wie der Systemgedanke ist auch die Eigenfertigung fest verankert im Unternehmen. Systematisierte Bauelemente aus eigener Produktion spielen in der Erfolgsgeschichte des Unternehmens eine wesentliche Rolle. Und was überzeugt die Kunden? Um es vorweg zu sagen: Es ist nicht allein die hohe Qualität.

In den vergangenen Jahren ist die eigene Produktion kontinuierlich erweitert worden. Es wurde gezielt investiert. Inzwischen sind es sechs Werke, die Bauteile in standardisierten Prozessen herstellen. Aus Stahl, Beton und Aluminium. Im Zwei- bis Drei-Schichtbetrieb werden jährlich insgesamt rund 70.000 t Stahl und über 150.000 m³ Beton verarbeitet. So konnten allein in den vergangenen fünf Jahren mehrere Hundert Arbeitsplätze entstehen. Zwar erfüllte die Eigenfertigung schon in den Anfängen des Unternehmens im klassischen Stahlbau eine wichtige Funktion, doch im Laufe der Zeit nahm ihre Bedeutung zu. Als sich GOLDBECK zum Anbieter schlüsselfertiger Gebäude entwickelte, erwies sich eine eigene Produktionskompetenz als überaus wertvoll. Sichtbar ist der Systemgedanke vor allem im erprobten und varianten­ reichen Tragwerk. Dass GOLDBECK Kunden von der Eigenfertigung profitieren, liegt auf der Hand. Doch was begeistert sie? Fabian Metz, Werkleiter in Bielefeld: „Kurze Lieferzeiten. Sehr konkurrenzfähige Preise. Hohe Qualität.“ Zuverlässigkeit ist ein weiterer Aspekt. Und Wirtschaftlichkeit, die sich auch langfristig auszahlt: in der Betreiberphase des Gebäudes, wenn es um Energieeffizienz geht. Damit nicht genug: „Bei uns gewonnene Erfahrungen mit Fertigungstechnologien, Materialien und Systemen fließen in einem kontinuierlichen Verbesserungsprozess direkt in die Produktion ein“, sagt Fabian Metz. Ein erzielter technologischer Vorsprung wird ebenfalls an die Kunden weitergegeben. Bestes Beispiel sind die nach einer exklusiven Betonrezeptur hergestellten beschichtungsfreien Parkhaus-Deckenplatten.

Vorteile industrieller Fertigung Vor allem bei Neuentwicklungen, bei Normen-Änderungen, aber auch bei sich wandelnden Kundenanforderungen lassen sich Bauteile in der eigenen Fertigung unkomplizierter und schneller anpassen als mit externen Produktionspartnern. Etwa das neu entwickelte 3-D-Winkel-Element aus Beton für Parkhaus-Treppenhäuser. Für Thimo Schmerling, Leiter der beiden deutschen Betonwerke, ist es als Lösung „ziemlich optimal“, denn mit

diesem „Trick“ habe man drei Bauteile weniger als früher und spare noch 50 Prozent Fugenanteil ein. „Auch Transport- und Montageaufwand verringern sich.“ Bielefeld ist als Stammwerk traditionell der Standort für die Produktion der Stahltragwerke. Zu diesem Bereich zählen etwas Stahlstützen, Fachwerkträger (Gitterbinder), aber auch Fenster-/Türen- und Fassadenelemente aus Glas und Aluminium. Ca. 350 Mitarbeiter sind in der Bielefelder BauelementeFertigung beschäftigt. Ein weiterer Standort für Stahltragwerke und Aluminium-Elemente mit rund 300 Mitarbeitern befindet sich im sächsischen Treuen / Plauen. Dort werden unter anderem Feinbleche für Colorfassaden gebogen und Stahlmatten für Parkhäuser geschweißt.

Bedeutung der Betonfertigteile wächst Seit 2009 stellt GOLDBECK im neu errichteten Werk in Hamm selbst Betonfertigteile in Deutschland her. Heute arbeiten 140 gewerbliche Mitarbeiter und 24 Angestellte in Hamm. Stützen und Fundamente, Sockel, Überladebuchten, Decken, Wände, aber auch Toreinfassungen und Brandwandplatten nehmen hier die gewünschte Form an. Unter anderem entstehen im Werk exklusiv Außenwand-Betonelemente, die weitgehend komplett sind: Verglaste Fenster, Sonnenschutz und Dämmung sind bereits eingebaut. Produktionstechnisch redundant aufgebaut in Sachen Ausfallsicherheit ist das Programm im Werk der GOLDBECK Betonelemente Süd GmbH in Vöhringen bei Ulm, in dem 40 gewerbliche und sechs angestellte Mitarbeiter tätig sind. Betonfertigteile produzieren auch die beiden Werke in der Tschechischen Republik, in Kutná Hora und in Tovačov. Kundenanforderungen entwickeln sich weiter – die Vorteile der industriellen Vorfertigung bleiben. Thimo Schmerling: „Um all das, was für den Kunden zählt, unter einen Hut zu bekommen, muss man schon etwas Besonderes bieten. Daran arbeiten wir.“ ❚

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Ein Neubau für Herrn Folgreich Dürfen wir vorstellen? Das ist Rainer Folgreich. Er braucht mehr Platz für sein expandierendes Unternehmen. Deshalb hat er sich an GOLDBECK gewendet. In unserer vergnüglichen Bilderreise begleiten wir ihn durch das Projekt und erleben, wie sein neues Gebäude entsteht.

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Bauen wird zum Kinderspiel Auch der längste Weg beginnt mit dem ersten Schritt. Und auch das größte Bürogebäude entsteht bei GOLDBECK aus einem Detail – einem vorgefertigten systematisierten Element. Es wird bereits mit eingebauten Fenstern geliefert und muss auf der Baustelle nur noch montiert werden.

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„Sie müssen sich das vorstellen wie Legosteine, die passgenau ineinander greifen“, erläutert Marc Seidel, GOLDBECK Produktmanager für den Bereich Bürogebäude, seinen Kunden das GOLDBECK System. Wenn der wichtige Baustein an der Baustelle ankommt, enthält er bereits Fenster, Dämmung und Sonnenschutz. „Wir fertigen die Außenwandelemente in unserem Betonfertigteilwerk in Hamm selbst – mit hoher Präzision und in gleichbleibend hoher kontrollierter Qualität“, sagt Seidel. So seien die Fenster beispielsweise alle vom Institut für Fenstertechnik (ift) und dem Prüfzentrum für Bauelemente (PFB) in Rosenheim geprüft und zertifiziert.

Neubau im Zeitraffer Im Betonfertigteilwerk in Hamm wird projektorientiert gefertigt. „Unsere Kunden sind immer begeistert, wenn wir sie einladen, bei der Erstellung ihrer eigenen Außenwandelemente zuzusehen“, erzählt Seidel. Die projektorientierte Planung führt zu einer termingerechten Anlieferung der einzelnen Bauelemente. Rund fünf Tonnen – etwa das Gewicht eines Kleintransporters – wiegt

ein Element, das per Tieflader zur Baustelle gefahren wird. Und zwar genau dann, wenn es auch gebraucht wird. Die Größe des Elements basiert auf dem Grundraster von 2,50 oder 2,70 Metern. Seine maximalen Abmessungen sind transporttechnisch begrenzt und betragen 8,10 mal 3,85 Meter. Die Systembauteile werden auf der Baustelle passgenau aneinander gesetzt. So können binnen einer Woche 800 bis 1.000 Quadratmeter veredelten Bauwerks entstehen. „Ein weiterer Vorteil: Da die Montage der Außenwandelemente und unserer Rippendecken schnell erfolgen und die Gebäudehülle so rasch geschlossen ist, kann sofort mit dem Innenausbau begonnen werden“, sagt der GOLDBECK Produktmanager.

Individualität wird großgeschrieben Das Bauen mit System, ein Stück industrialisierte Bauweise, bedeutet jedoch nicht den Verzicht auf Individualität. Der Grundriss des Bürogebäudes, die Wahl und Gestaltung der Fassade bleiben frei wählbar. Bodentiefe Verglasungen, Lichtbandstrukturen oder Lochfenster sind ebenso möglich wie Metall, Verblendmauerwerk, Naturstein, Putz oder Keramik. „Das Außenwandelement besitzt bereits die Unterkonstruktionen für vorgehängte Fassaden“, erläutert der GOLDBECK Experte. So kommt es, dass ein und dasselbe Außenwandelement sich einmal futuristisch mit Metall und Glas präsentiert, ein anderes Mal elegant mit Naturstein oder bodenständig mit Klinker. Die gleiche Wandlungsfähigkeit wie außen bietet das Element dem Gebäude auch innen. Großraumbüro, Einzelräume oder Business-Club? System- und Trockenbauwände sorgen dafür, dass Umnutzungen stets ohne großen Aufwand möglich sind. Durch die Optimierung der Bauweise wird auch die Ressource Umwelt geschont. „Wir verbrauchen nur halb so viel CO2 wie bei herkömmlicher Bauweise“, sagt Seidel. GOLDBECK kümmert

sich um den Einsatz ökologisch unbedenklicher Baustoffe und sorgt für einen niedrigen Energieverbrauch. Die fertig gelieferten Fassadenelemente mit einer Dämmung von 160 Millimetern bei einer hinterlüfteten Fassade entsprechen bereits den Anforderungen der Energie-Einspar-Verordnung (EnEV) von 2016. So tragen bereits viele GOLDBECK Bauwerke die Zertifikate der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) in Gold und Silber. Beim Zertifizierungsprozess steht GOLDBECK seinen Kunden zur Seite. Eine ganz neue Erleichterung dabei: Das komplette Bausystem ist seit Oktober 2014 mit dem DGNB-Mehrfachzertifikat in Silber ausgezeichnet – die erste und bisher einzige Zertifizierung dieser Art für Bürogebäude. „Das ermöglicht unseren Kunden, ihr eigenes Projekt noch einfacher zertifizieren zu lassen“, sagt Seidel. So wird Bauen fast zum Kinderspiel … ❚

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Der „ökologische Fußabdruck“ macht Unsichtbares messbar – auch beim Bauen Ein Mensch läuft am Strand entlang und hinterlässt Fußabdrücke. Eine Spur, die zeigt: Ich war hier. Zumeist unsichtbar bleibt dagegen eine zweite Spur, die jeder Mensch auf der Erde hinterlässt: der ökologische Fußabdruck. Diese virtuelle Berechnungsgröße ermöglicht wissenschaftlich fundierte Aussagen darüber, wie (wenig) nachhaltig ein Lebensstil ist – sei es der eines Individuums oder eines Kontinents. Doch wer informiert ist, kann seine persönliche Umweltbilanz verbessern, auch beim Bauen.

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Die Welt ist nicht genug – zu diesem Ergebnis kamen 1994 ein schweizerischer und ein kanadischer Wissenschaftler, als sie gemeinsam das Konzept des ökologischen Fußabdrucks entwickelten. Mathis Wackernagel und William Rees analysierten zunächst, wie viel „biologische Kapazität“ – gemeint sind Ressourcen zur Lebenserhaltung – überhaupt auf der Erde vorhanden ist. Hierfür addierten die beiden alle Land- und Wasserflächen, die biologisch nutzbar sind, also Wälder, Ackerflächen und für Fischfang geeignete Gewässer. Auf Basis dieser Erkenntnis ermittelten sie in einem zweiten Schritt eine Methode, durch die sich berechnen lässt, wie viel von dieser Kapazität ein Mensch oder eine Gruppe in An­­spruch nimmt, um den Bedarf des täglichen Lebens zu decken – also etwa für Nahrung, Kleidung oder Energie, um produzierte Schad­stoffe, Müll oder freigesetztes Kohlendioxid (CO2) abzubauen. Für die allgemeine Vergleichbarkeit rechneten Wackernagel und Rees diesen Verbrauch mit Hilfe von Produktivitätsfaktoren in eine Fläche um – den ökologischen Fußabdruck.

Wie viel Platz benötigt ein einzelner Mensch auf der Erde? Das Ergebnis der Wissenschaftler: Die modernen Industriegesellschaften leben auf großem Fuß – auf zu großem Fuß: So benötigt ein Mensch in Deutschland durchschnittlich 4,6 Hektar biologische Kapazität für seinen Lebensstil. Für einen nachhaltigen Lebenswandel, der nicht mehr Ressourcen verbraucht als gleichzeitig nachwachsen, stehen dagegen gerade einmal 2,0 Hektar zur Verfügung, weniger als die Hälfte also.

deutlich weniger Ressourcen verbraucht. CO2-neutral ist der Bau von Bürogebäuden so gut wie nie, aber Bauherren können optimieren und ausgleichen – vorausgesetzt sie kennen die „Schuhgröße“ ihres neuen Gebäudes, den ökologischen Fußabdruck.

Ein erster Schritt zu weniger Spuren Um ein Bewusstsein für die vielfältigen Möglichkeiten des nachhaltigen Bauens zu schaffen, hat GOLDBECK ein spezielles Tool entwickelt. Mit ihm lässt sich genau ermitteln, welche Treibhausgasemissionen bei der Herstellung eines Bürogebäudes in Systembauweise entstehen. In einem Computersystem sind die einzelnen GOLDBECK Bauelemente mit CO2-Werten hinterlegt, in denen sich alle umweltrelevanten Vorgänge bei der Herstellung des Gebäudes widerspiegeln. Noch vor dem ersten Spatenstich lässt sich so ausrechnen, wie viel CO2 durch die Herstellung eines neuen Gebäudes anfällt. Auf Wunsch erhält jeder Bauherr eine detaillierte Analyse der Klimabelastung durch die Fertigung „seines“ Gebäudes – und kann diese Bilanz freiwillig ausgleichen, beispielsweise durch die Unterstützung internationaler Klimaschutzprogramme. GOLDBECK arbeitet dabei mit Climate­Partner zusammen, einem internationalen Experten für Klimaschutz. Klimaneutral erstellte Gebäude erhalten von ClimatePartner ein Siegel, das dies nach außen dokumentiert. Eine vollständige Nachhaltigkeitszertifizierung über die DGNB ersetzt dies zwar nicht, aber es ist ein erster Schritt auf dem Weg, etwas weniger Spuren zu hinterlassen. Ein weiterer sind die Mehrfachzertifikate, mit denen die GOLDBECK Systeme für Bürogebäude und Logistikhallen von der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) ausgezeichnet

Info: EXPO REAL 2014 GOLDBECK auf der EXPO REAL 2014 Zum 18. Mal öffnete die EXPO REAL in München ihre Tore, und als Aussteller der ersten Stunde war GOLDBECK auch diesmal auf der Leitmesse der Immobilien- und Baubranche dabei. Intensiver Austausch, gute Gespräche und eine Auszeichnung waren die Quintessenz: GOLDBECK erhielt als erstes Unternehmen ein DGNB-Mehrfachzertifikat für Bürogebäude, das Kunden die Zertifizierung ihres Gebäudes nach den Nachhaltigkeitskriterien der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen erleichtert. Klimafreundlich, weil CO2neutral, war übrigens auch der GOLDBECK Messestand, auf dem das Zertifikat verliehen wurde.

Der ökologische Fußabdruck eines Gebäudes Wackernagel und Rees haben eine Methode entwickelt, mit der nicht nur menschliche Verbräuche analysierbar werden, sondern auch diejenigen von Unternehmen, Nationen und Organisationen. Verleihung des Mehrfachzertifikates in Silber Auch GOLDBECK hat sich dieser Thematik auf der ExpoReal in München angenommen: Seit seiner Gründung vor 45 Jahren setzt das Unternehmen auf elementiertes Bauen mit System. Diese Bauweise verursacht weniger wurden. Alle Projekte, die nach der Basis-Baubeschreibung inTreibhausgasemissionen als die konventionelle Herstellung. Der nerhalb dieser Systeme gebaut werden, erfüllen automatisch die Grund: Die einzelnen Systemelemente aus Stahl und Beton sind DGNB-Kriterien. Zu prüfen bleiben dann nur die individuellen, so passgenau für ihre Nutzung konstruiert, dass ihre Herstellung projektabhängigen Kriterien. ❚

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Nachhaltigkeit

GOLDBECK erhält den Intersolar Award für ein Kombinationskraftwerk

Ausgezeichnet! Erdbeeren mit Sahne. Jogi Löw und die deutsche Fußballnationalmannschaft. Brad Pitt und Angelina Jolie. Ganz klar: Traumhafte Kombinationen gibt es viele. Doch nur wenige sind so effizient wie das Dreamteam von Marienheide: Im dortigen Schul- und Sportzentrum kombinierte GOLDBECK eine Photovoltaikanlage mit einem Blockheizkraftwerk. Für diese höchst energieeffiziente Innovation erhielt GOLDBECK den Intersolar Award 2014.

Wenn im nordrhein-westfälischen Marienheide nahe Gummersbach einmal nicht die Sonne scheint, müssen Schüler und Lehrer im dortigen Schulzentrum trotzdem nicht auf umweltfreundlichen Strom verzichten. Der Grund: GOLDBECK kombinierte hier eine Dach-Photovoltaikanlage mit einem gasbetriebenen Blockheizkraftwerk (BHKW). Diese Verknüpfung hat viele Vorteile: Das Kraftwerk gleicht die wetter- und jahreszeitlich bedingt schwankenden Erträge aus Sonnenenergie aus. Das System ist so bestens an den zeitlich variierenden Bedarf an Elektrizität und Wärme angepasst. Das schafft eine hohe Autarkie in der Strom- und Wärmeversorgung. Und weil auch die Abwärme des Blockheizkraftwerks direkt vor Ort genutzt wird, ist der Wirkungsgrad der Anlage insgesamt deutlich höher als beim Strombezug von zentralen Kraftwerken.

Es muss nicht immer Süden sein Auf den ersten Blick ungewöhnlich, aber bei diesem Objekt höchst sinnvoll, ist die Ost-West-Ausrichtung der Photovoltaikanlage. Dank ihr erzeugt die Anlage den Großteil des Stroms genau dann, wenn er gebraucht wird: morgens, während des Schulbetriebs, und abends, wenn die multifunktionale Turnhalle von Vereinen oder für Konzerte und Theaterstücke genutzt wird. Eine wenig lukrative Mittagsspitze wird vermieden. Hintergrund: Nach der Verringerung der staatlichen Einspeisevergütung lohnt sich heute vor allem der Eigenverbrauch des erzeugten Stroms. Das Bedarfsprofil der Gesamtschule bietet zudem ideale Einsatzbedingungen für das BHKW: Der Warmwasserbedarf ist vergleichsweise hoch, viele Wärmeverbraucher – zum Beispiel Duschen – sind zusammengeschlossen, die Nutzungszeiten sind lang und reichen teilweise bis 24 Uhr. Das Kraftwerk läuft wärmegeführt, richtet sich also nach dem lokalen Wärmebedarf. Es deckt den Grundlastanteil des Wärmebedarfs für Heizung und Warmwasser ab. Im Ergebnis führt die Kombinationsanlage jährlich zu einer spürbaren Einsparung an Betriebskosten. Das Modell erfuhr höchste Anerkennung auf der Fachmesse Intersolar: Der renommierte Intersolar Award, mit dem herausragende und zukunftsweisende Projekte ausgezeichnet

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werden, ging an GOLDBECK. Begründung: Die beiden Eigenerzeugungstechnologien stehen in Marienheide nicht in Konkurrenz, sondern ergänzen sich sinnvoll.

Und das ist noch längst nicht alles Das innovative Energiekonzept ist wegweisend, aber nur ein Baustein von vielen im Gesamtprojekt Marienheide. Schon 2010 beschloss die Gemeinde die Sanierung von drei aus den siebziger Jahren stammenden Schulgebäuden und zwei Sporthallen, den Abriss des in die Jahre gekommenen Schwimmbads und die Sanierung einer Sporthalle. Die Projektpartner erarbeiteten ein lebenszyklusorientiertes, projektphasenübergreifendes Konzept für die gebäudetechnische und energetische Sanierung des Schul- und Sportzentrums Marienheide im Rahmen einer öffentlich-privaten Partnerschaft. GOLDBECK prognostizierte dabei realistische Verbrauchsmengen für Strom, Wasser und Wärme – die Erfahrungen aus zahlreichen anderen Schulbauten flossen hier ein. Für die Über- oder Unterschreitung dieser Mengen haben die Partner eine Risikoteilung vereinbart, sodass auch seitens der Nutzer ein Anreiz für den sorgsamen Umgang mit Energie und Wasser gegeben ist. Zudem profitiert die Gemeinde Marienheide von einem Rundum-Sorglos-Paket. GOLDBECK betreut die Objekte und steht für die Verfügbarkeit des Blockheizkraftwerks ein. Eine Online-Überwachung sorgt dabei für Sicherheit und schnelle Reaktionsmöglichkeiten. Das Fazit Das Projekt Schul- und Sportzentrum Marienheide zeigt: Strom mit dezentralen Anlagen selbst zu erzeugen ist eine lukrative Möglichkeit, Betriebskosten einzusparen. Hat man eine geeignete Dachfläche, ist eine Photovoltaikanlage eine sichere Investition. Die Kombination mit einem Blockheizkraftwerk sorgt für Flexibilität und schafft Möglichkeiten, den Eigenverbrauch optimal zu steuern. In Zukunft wird der Einsatz von Stromspeichern den Eigenverbrauch noch weiter optimieren helfen. ❚


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Schulzentrum Marienheide Das Schul- und Sportzentrum Marienheide ist in die Jahre gekommen: GOLDBECK saniert in öffentlich-privater Partnerschaft die Schulgebäude und baut eine moderne Multifunktionshalle, die der Schule zudem als Mensa dient.

Photovoltaikanlage Zum Neustart gehört auch ein modernes Energiekonzept, das regenerative Energien einbezieht: Auf dem Dach der Schule installiert GOLDBECK eine Photovoltaikanlage, die für Unabhängigkeit beim Stromeinkauf sorgt.

Blockheizkraftwerk Weil die Sonne leider nicht immer scheint, ergänzt ein Blockheizkraftwerk die Leistung der Photovoltaikanlage und sorgt für einen Ausgleich der schwankenden Erträge aus Sonnenenergie. Zudem wird die Abwärme des Blockheizkraftwerks energetisch genutzt.

Intersolar Award Die gelungene, zukunftsweisende Kombination aus Strom- und Wärmeversorgung überzeugt die Jury des Intersolar Awards 2014: GOLDBECK erhält die Auszeichnung in der Kategorie „Solare Projekte in Europa“. Begründung: „Das System ist ideal an den zeitlichen Bedarf von Elektrizität und Wärme angepasst.“ Die eigentliche Gewinnerin ist aber die Gemeinde Marienheide, die jährlich hohe Energiekosten einspart.

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Gegen Biegen und Brechen Stahl und Beton: Gemeinsam sind sie stark

Was sich einst bei Booten und Blumenkübeln bewährt hat, funktioniert auch bei modernen Gebäuden: Durch die geniale Kombination von Beton und Stahl erhalten sie Stabilität und erwehren sich Beanspruchungen wie Zug und Druck. GOLDBECK arbeitet permanent daran, die beiden Baustoffe und ihre Verbindung weiter zu optimieren.

Ob Ehemann und Angetraute, Schraube und Mutter oder der berühmte Topf und sein Deckel: Wenn zwei sich so richtig gut ergänzen, dann ist das die beste Voraussetzung, damit eine Verbindung auch auf Dauer hält. Zwei, die nicht nur zusammenhalten, sondern mit denen sich buchstäblich gemeinsam etwas aufbauen lässt, sind Beton und Stahl. Jeder der beiden Baustoffe bringt seine ganz besonderen Eigenschaften mit: Die einmalige Stärke des Betons liegt darin, dass er allerhand aushalten kann und eine hohe Druckfestigkeit mitbringt. Wenn das Gewicht von Menschen, Büromöbeln oder Fahrzeugen auf seiner Oberfläche Druck ausübt, dann hält er‘s aus und nimmt´s gelassen. Wo Druck ist, da ist aber auch Zug: Damit ist nicht etwa der unangenehme Windhauch gemeint, der uns einen verspannten Nacken oder Rücken bescheren kann, sondern eine andere Kraft, die es in Sachen Spannung ebenfalls in sich hat.

Es bleibt spannend Wer schon einmal versucht hat, mithilfe eines wenig vertrauenerweckenden Bretts einen Bach zu überqueren, hat bereits mit Druck- und Zugkräften experimentiert. Bei Belastung biegt sich das Brett durch. An seiner Unterseite wirkt nun eine Zugkraft – hier werden die Holzfasern auseinandergezogen. An der Oberseite des Bretts wirkt Druckkraft, denn hier werden die Holzfasern zusammengedrückt. Überträgt man dieses Beispiel auf moderne Baustoffe, dann ist es der Stahl, der eine hohe Zugfestigkeit aufweist. In Kombination mit Beton, der eine hohe Druckfestigkeit mitbringt, ergibt sich die gemeinsame Tragkraft. Auf „Bewehrung“ Prinzipiell werden die auf Zug beanspruchten Stellen eines Betonbauteils mit Stahl verstärkt. Diesen Vorgang nennt man auch bewehren oder armieren. Typische Konstruktionen, in denen dieses Duo zum Einsatz kommt, sind biegebeanspruchte Teile

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wie Decken, Balken oder Stützwände. Bei GOLDBECK werden diese Komponenten im Zuge der Systembauweise bereits für die jeweilige Verwendung perfekt aufeinander abgestimmt und im Werk vorgefertigt. Neben der hohen Tragkraft hat die Kombination im Fall von Beton und Stahl auch noch einen weiteren Hintergrund: Der Beton, der den Stahl in den vorgefertigten Bauteilen umgibt, schützt ihn auch vor Korrosion durch schädliche Umwelteinflüsse wie Frost oder chemische Stoffe.

Wer hat’s erfunden? Mitte des 19. Jahrhunderts machte sich der Franzose Joseph-Louis Lambot erstmals das Zusammenspiel von Beton und Stahl zunutze: Er baute ein Boot aus verstärktem Zementmörtel und ließ es sich patentieren. Auch der Gärtner Joseph Monier wusste das Miteinander der Baustoffe zu schätzen: Er produzierte Pflanzkübel aus Zementmörtel und verstärkte sie mit einem Eisengeflecht, damit


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Biegen des Bewehrungsstahls im GOLDBECK Werk Hamm.

sie nicht so schnell zerbrachen. Er prägte den Begriff „Moniereisen“, der teilweise auch heute noch verwendet wird. Die erprobte Kombination wurde stetig weiterentwickelt und auch bei GOLDBECK für die Anwendung im Systembau optimiert.

Auf Stahl gebaut Nicht nur die Ursprünge des Unternehmens GOLDBECK gehen auf den Stahlbau zurück, auch bei den Gebäuden nimmt der Werkstoff über die beschriebene Verwendung in Systemelementen wie Decken und Wänden hinaus eine tragende Rolle ein: Im „Skelett“ der Immobilien sorgt er in Form von Stützen und Fachwerkträgern für Stabilität. Um eine möglichst hohe und gleichbleibende Qualität zu gewährleisten, legt das Unternehmen Wert auf eine hohe Fertigungstiefe und damit verbundene Eigenleistungen: „Bei den Stahlprofilen werden die am besten geeigneten Spezifikationen gewählt und dann im Unternehmen sorgfältig und präzise weiterverarbeitet.“ Beispielsweise werden die Parkhausträger, die aus einem Steg und zwei Flanschen bestehen, miteinander verschweißt. Bleche werden in hoch automatisierten Plattenbearbeitungszentren passgenau vorbereitet“, erklärt Michael Mues, Leiter Entwicklung Bausysteme bei GOLDBECK. Darüber hinaus bekommen die Bauteile im Werk mithilfe einer innovativen Pulverbeschichtungsanlage eine zeitgemäße Oberflächenbehandlung. Dabei erhalten sie nicht nur ihre Farbe, sondern auch eine vor Korrosion schützende Oberfläche, die besonders robust ist.

Angriffen standhalten. Dazu gehören beispielsweise Verschleißbeanspruchung durch Fahrzeuge. Auch Angriffen von Frost muss er sich erwehren können – mit und ohne Taumittel. Damit dies auch über viele Jahre gelingt und Dauerhaftigkeit und Betondeckung gewährleistet sind, ist der Baustoff in sogenannte Expositionsklassen eingeteilt, die eine definierte Mindestfestigkeitsklasse für die jeweilige Beanspruchung vorgeben. Um darüber hinaus den spezifischen Anforderungen gewachsen zu sein, hat GOLDBECK für die Verwendung im Parkhaus einen „intelligenten“ Beton entwickelt. „Im Mittelpunkt stand dabei die Frage: Wie muss der Werkstoff beschaffen sein, damit die Platten nicht beschichtet werden müssen?“, erläutert Michael Mues. Als Antwort darauf hat das Unternehmen spezielle Zuschläge für den Beton in Parkhäusern entwickelt, die eine zusätzliche Beschichtung größtenteils überflüssig machen.

Auf Wiedersehen! Ein weiterer wichtiger Aspekt ist das Recycling der Baustoffe. Wenn sich Beton und Stahl mal trennen, dann ist es vielleicht nicht für immer: Beton wird häufig als Füllmaterial auf der Baustelle wiederverwertet. Der besonders wertbeständige Stahl wird eingeschmolzen und beginnt in einer neuen Form ein zweites „Leben“ – vielleicht wieder Seite an Seite mit seinem bewährten Verbündeten Beton. ❚

Die Betonmischung macht’s Beton ist nicht gleich Beton: Der Baustoff, der aus Zement, Gesteinskörnung, Wasser, Zusatzmittel, Zusatzstoffen und Luft besteht, muss tagtäglich den verschiedensten Anforderungen und

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ÜBER GESCHMACK LÄSST SICH STREITEN Der Deutsche Werkbund: Einsatz für Qualität – und mehr Vor hundert Jahren tat sich Interessantes am Deutzer Rheinufer: Wo heute die Kölner Messe residiert, wuchs auf 200.000 Quadratmetern modernste Ausstellungsarchitektur aus dem Boden. Eine Festhalle, ein Theater und eine Musterfabrik gehörten dazu. Initiator war der sieben Jahre zuvor gegründete Deutsche Werkbund. Sein Ziel: die Veredelung der gewerblichen und industriellen Arbeit durch die Kunst.

Plan des Ausstellungsgeländes 1914. Carl Rehorst

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Nicht gegeneinander, sondern miteinander Die Idee des Werkbunds setzt hier an. Seine Prämisse lautet jedoch: Die Zeit lässt sich nicht zurückdrehen. Es gab gewaltige, nicht umzukehrende Umwälzungen in den Produktionsprozessen. Daher gelte es, eine Versöhnung zwischen Handwerk und Maschine herbeizuführen. Das Schädliche, das die Industrie verursacht hatte, lässt sich nur gemeinsam mit der Industrie bekämpfen. Ästhetisch und qualitativ hochwertige Maschinen-Möbel zum Beispiel sind dann auch für weniger Bemittelte erschwinglich. Gute Waren für alle – ein zutiefst demokratischer Gedanke. Muthesius ethisch fundierter Qualitätsbegriff fließt in die Statuten des Werkbundes ein. Bei seiner Gründungsveranstaltung ist er jedoch nicht dabei, denn er hatte kurz zuvor öffentlich den Finger auf diese höchst empfindliche Soziale Aspekte der Produktion Stelle gelegt und Qualitätsmängel in Hermann Muthesius (1861 – 1927), der kunstindustriellen Produktion einer der Väter des Deutschen Werkvon Verbrauchsgütern angeprangert. bunds, wäre ganz sicher in OhnDer Fachverband reagiert pikiert bis macht gefallen angesichts dieser ungehalten; keine gute Voraussetbillig produzierten Fülle. Er hatte zung, um seine Mitglieder an einen seinem Wirken das entgegengesetzte gemeinsamen Tisch zu bekommen. Ziel gegeben: Das Streben nach QuaMuthesius bleibt also im Interesse lität und gutem Geschmack. Seine der Konfliktvermeidung fern, als im Ideale: Gediegenheit, WahrhaftigOktober 1907 zwölf Künstler und keit, Einfachheit. Die maschinelle zwölf Industrielle in das Münchener Produktion von Gebrauchsgütern Hotel „Vier Jahreszeiten“ einladen. nur nach den Regeln des KapitaUnter den zwölf Wirtschaftsvertrelismus steht dem in seinen Augen tern sind die Inhaber einer Silberwaentgegen. Mit dieser Auffassung ist renfabrik, einer Weberei und einer Muthesius nicht allein: Schon Jahre Schriftgießerei, Verleger, Möbelfabzuvor formierten sich in England rikanten, Hersteller von Haushaltsmit der „Arts and Crafts“-Bewegung gegenständen und Spielsachen. Etwa um John Ruskin und William Morhundert Angesprochene folgen der ris Kritiker der Industrialisierung. Einladung: Künstler, Architekten, Nach Morris‘ Meinung zwinge der Industrielle, Kaufleute und KunstHermann Muthesius in einer um 1910 entstandenen Aufnahme vor seinem Kapitalismus die Menschen dazu, freunde. Das gemeinsame Ziel ist Haus in Berlin-Nikolassee. „das Wertlose zu gebrauchen und die Gründung eines Verbunds mit das Sinnlose zu produzieren“. Er forderte eine Besinnung auf der Aufgabe, handwerkliche und industrielle Produkte qualitativ handwerkliche Qualität und Materialgerechtigkeit. Wichtig war zu verbessern – und das für alle gesellschaftlichen Schichten und ihm dabei das Ganzheitliche des Herstellungsprozesses. Auch im Zusammenwirken von Kunst, Industrie und Handwerk. Die Handlungsfelder: Gegenstände, Bauten und Stadt-Planung, „vom wies er auf soziale Aspekte und die kulturelle Bedeutung der traditionellen Produktionsweisen hin. Doch angesichts des Sofakissen bis zum Städtebau“. 3 rasanten Wachstums der Maschinierung und der im Vergleich viel zu hohen Kosten traditioneller Handwerksarbeit nach Morris’ hohen Qualitätsansprüchen blieben die Produkte nur einigen wenigen Gutbetuchten vorbehalten. Viele sahen Morris als romantischen Träumer ohne Realitätsbezug. Waren Sie schon einmal in einem Ein-Euro-Shop? Tand, wohin das Auge blickt: Einweg-Kugelschreiber und Plastikblumen, Modeschmuck und billige Haushaltsutensilien aus Fernost. Willkommen in einer grell-bunten Welt aus Wegwerf-Gebrauchsartikeln, für den Moment gemacht, der Mode folgend. Keins der Stücke, die hier in Massen auf den Markt geworfen werden, hat das Zeug dazu, dauerhaft von Nutzen zu sein oder gar an die nächste Generation weitergegeben zu werden. Schiebt man sich durch die Regalgänge, ist dennoch der Reiz des Billigen spürbar. „Für den Preis nehme ich mir das mit. Da kann man ja nichts falsch machen.“ Und nicht wenige können es sich auch gar nicht leisten, zu diesem bunten, breiten Angebot nein zu sagen – zu eng ist der finanzielle Gürtel gespannt.

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ÜBER GESCHMACK LÄSST SICH STREITEN Gemeinsam für den guten Geschmack Fritz Schumacher, Professor für Architektur an der Technischen Hochschule in Dresden, hält die einführende Ansprache. Sein Credo: Weil sich aus der ungehemmten wirtschaftlichen und technischen Entwicklung der Zeit „eine große Gefahr an der Wurzel kunstgewerblichen Lebens herausgebildet“ habe, kann nur das Zusammenwachsen der erfindenden und der ausführenden Kräfte die „Gesundung des Kunstgewerbes“ ermöglichen. Immer wieder kommen die Werkbündler auf das Argument des guten Geschmacks zurück und den Wunsch, dem deutschen Konsumenten ein ästhetisches Bewusstsein zu vermitteln. Aus heutiger Perspektive, geprägt durch industrielle Massenproduktion, Individualismus und die Koexistenz unterschiedlichster Stile, wirkt dieses Engagement merkwürdig. Was ist überhaupt guter Geschmack? Warum soll nicht jeder, der dies möchte, einem schlechten Geschmack frönen dürfen? War das überhaupt ein Thema für die Menschen damals, vor über hundert Jahren? Ganz klar: Die Gesellschaft war zur Zeit der Werkbundgründung eine andere. Ein historischer Exkurs verdeutlicht die Hintergründe.

Das Bürogebäude der Versuchsfabrik – Eingangsfront Architekt: Walter Gropius

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Leiden an der Masse Anfang des 19. Jahrhunderts hatte die industrielle Revolution in Deutschland begonnen, 1871 wird mit Proklamation Kaiser Wilhelm I. der erste deutsche Nationalstaat gegründet. Am Ende des Jahrhunderts ist Deutschland Weltmacht und steht in wirtschaftlicher Blüte. Doch auch die soziale Frage drängt nach wie vor: Der Wandel von der Agrar- zur Industrienation ist vollzogen, aber das Industrieproletariat und sein Elend in den Städten verlangt nach Lösungen. Zwölfstundentage sind die Regel, Kinderarbeit ist verbreitet, es gibt kaum Schutz vor Arbeitslosigkeit, die Inflation verbrennt die nominellen Lohnanstiege, die Wohnungssituation ist katastrophal. Die bürgerlichen Rechte der Menschen enden am Werkstor. Die Denkweise der Oberschicht jedoch ist oftmals noch feudal-agrarisch geprägt, mit wenig Verständnis für die Forderungen der Arbeitsbevölkerung. Die Arbeiterschaft bildet in ihren Bildungs-, Sport- und Freizeitvereinen eine Gegenwelt und organisiert sich in einer sozialdemokratischen Gegenkultur. Es wächst die Angst vor einem rücksichtslosen technischen Optimismus und einem totalen Ausverkauf aller Werte.


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Geist, der enorme Glaube daran, dass die Grenzen der industriellen Leistungsfähigkeit noch Städter (Alfred Wolfenstein, 1914) lange nicht erreicht sind, trägt einen gewaltigen Dicht wie Löcher eines Siebes stehn wirtschaftlichen Aufschwung. Das Deutsche Fenster beieinander, drängend fassen Häuser sich so dicht an, daß die Straßen Reich wird zur wirtschaftlichen Supermacht. Grau geschwollen wie Gewürgte stehn. Aber international hat es sich isoliert, sich aufIneinander dicht hineingehakt grund der wilhelminischen „Weltpolitik“ ins Sitzen in den Trams die zwei Fassaden Abseits manövriert. Hermann Muthesius nimmt Leute, wo die Blicke eng ausladen ein Stichwort von Reichskanzler Bernhard von Und Begierde ineinander ragt. Bülow auf, als er argumentiert: Deutschland sei Unsre Wände sind so dünn wie Haut, „eingekreist“ und arm an Kolonien und NaturDaß ein jeder teilnimmt, wenn ich weine. schätzen. Um sich langfristig auf dem Weltmarkt Flüstern dringt hinüber wie Gegröle: behaupten zu können, müsse es daher „die Und wie stumm in abgeschlossner Höhle sittlichen und geistigen Gaben seiner Bürger Nollendorfplatz, 1912, Unberührt und ungeschaut Ernst Ludwig Kirchner (1880 – 1938), auch kaufmännisch zur Geltung bringen“. Die Steht doch jeder fern und fühlt: alleine. Stiftung Stadtmuseum Berlin Werkbund-Aktiven glaubten daran, eine kulturelle Mission zu erfüllen, durch Qualität Gegner des Reiches zu Bewunderern umzuwandeln, Die expressionistische Lyrik gibt dieser Angst ebenso Ausdruck wie damit andere Länder mit dem Deutschen Reich auszusöhnen und die Malerei. Besonders der Moloch Stadt als entmenschlichende so dem Weltfrieden zu dienen. Es gibt also einen volkswirtschaftlichen Ansatz für den Werkbund: Zusammenballung von Leben ist ihr Thema. In seinem Gedicht „Städter“ beschreibt Alfred Wolfenstein die städtische Architektur Sind deutsche Produkte konkurrenzfähig, dann erhöht dies die als Bedrohung. Sie ruft klaustrophobische Ängste hervor und deutsche Wirtschaftskraft. Der liberale Politiker Friedrich Naumann, macht die Menschen trotz – oder wegen – der aufgezwungenen ebenfalls Mitbegründer des Deutschen Werkbunds, betont vor allem die sozialen Aspekte: Indem der Werkbund das Prinzip der Nähe einsam und gleichgültig. Qualität proklamiere, mehre er den Wert der Arbeit, das Ansehen Die andere Seite der Gesellschaft berührt das kaum. Die Eliten genießen Glanz und Gloria, Flottenparaden und Kaisermanöver. des Arbeiters und die Freude an der Arbeit. Damit wirke er der Großindustrielle und Bankiers, Offizierskorps und höhere Be- Proletarisierung entgegen, die man bisher als unausweichlichen amtenschaft leben im vollen Bewusstsein der deutschen Welt- Begleiter des Kapitalismus angesehen hatte. Die Arbeiter können machtstellung und mit ausgeprägtem Selbstbewusstsein. Das sich mit dem kapitalistischen System aussöhnen und zufriedene vom Kaiser geliebte und beförderte Militär bestimmt den Geist Bürger werden – soziale Harmonie statt Klassenkampf. der Zeit. „Wo ham se jedient?“ lautet die Frage – siehe Heinrich Wie auch immer man heute die Ziele des Werkbundes beurteilt – eines vermochte er auf jeden Fall: Ein lebendiges Forum für Kunst Manns „Der Untertan“ oder Carl Zuckmayers „Hauptmann von Köpenick“, dessen reale Vorlage sich im Jahr vor der Werkbund- und Industrie zu sein, eine Plattform für noch heute aktuelle Diskussionen über Arbeitsqualität in der Industriegesellschaft, gründung abgespielt hatte. Die „Köpenickiade“ verdeutlicht die über die Verbindung von hoher und volkstümlicher Kultur, über Bedeutung des Militärs in wilhelminischer Zeit und die Macht (Produkt-)Qualität und Ästhetik. Industriellen und bildenden der Uniform. Ganz gleich, welche gehobene Stellung man auch hatte, angesehen war ein Mann erst, wenn er „gedient“ hatte und Künstlern, Universitätsprofessoren, Handwerkern und Politikern als Reserveoffizier ins Privatleben zurückgekehrt war. gab er die Möglichkeit, persönliche Beziehungen zu knüpfen, zu diskutieren, zu streiten und sich gegenseitig zu befruchten. Qualität für den Weltfrieden Die deutsche Wissenschaft ist weltweit führend – auch sie gefördert Viele Wege führen zum Ziel von Wilhelm II. 17 Nobelpreise gehen zwischen Jahrhundertwen- Das Spektrum zur Verbreitung des Werkbundgedankens und zur de und erstem Weltkrieg an Deutsche, darunter Wilhelm Conrad Schulung des guten Geschmacks war breit gefächert. Museen wurden kontaktiert, gemeinsam mit dem Auswärtigen Amt Vorträge 3 Röntgen, Robert Koch und Paul Ehrlich. Der wissenschaftliche

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ÜBER GESCHMACK LÄSST SICH STREITEN für Diplomaten organisiert, private Firmen direkt angesprochen und natürlich der Einzelhandel einbezogen. Auch dort gab es Vorträge, aber zum Beispiel auch praktische Schulungen und Wettbewerbe für Schaufenstergestaltung, die in die Gründung einer Spezialschule mündeten. Vor allem Großunternehmen sprangen auf den Qualitätsgedanken an: Die Schifffahrtsgesellschaften Norddeutscher Lloyd und die Hamburg-Amerika-Linie traten dem Werkbund bei und beauftragten Mitglieder mit dem Entwurf der Innenarchitektur ihrer Transatlantik-Linienschiffe. Eine Art „Baedeker“ für Qualitätsware sollte als praktische Verbraucherberatung dienen und wurde 1915 realisiert. Themenspezifische Ausstellungen boten der Industrie Austauschmöglichkeiten bei speziellen Problemen, zum Beispiel in der Ton- und Zementherstellung. Der Entschluss für eine große Gesamtausstellung in Köln fiel 1912. Diese zeigte dann, wie lebendig das Forum „Werkbund“ war und wie leidenschaftlich die Diskussionen.

Funkeln bis zum Kriegsbeginn Mit Unterstützung der Stadt Köln startete die Bebauung des Ausstellungsgeländes am Deutzer Rheinufer 1913. Neben 550.000 Mark Startkapital stellte sie auch einen 115-köpfigen Mitarbeiterstab zur Verfügung. Das Ziel der Ausstellung: Eine Präsentation deutscher Produktion und Architektur und die anschauliche Zusammenfassung der künstlerischen Bestrebungen. Dauerhafte und temporäre Bauten entstehen, die Architektenliste liest sich wie das „Who is Who“ der maßgeblichen Köpfe der Zeit: Henry van de Velde gestaltet das Werkbund-Theater, Walter Gropius baut eine Musterfabrik, Peter Behrens die Festhalle. Unter Hermann Muthesius Leitung entsteht das Haus der Farbenschau und Bruno Taut errichtet für die Deutsche Glasindustrie einen prismenartigen Glaspa- Henry van de Velde. villon, der abends wie ein funkelnder Kristall das Messegelände erleuchtet. Es gibt ein „Rheinisches Dorf“ mit Gehöften und Mustersiedlungen für Arbeiter, eine Kirche (samt Friedhof), eine Ladenstraße, Erfrischungshäuschen, Sektpavillons und vieles mehr – insgesamt über hundert Gebäude und eine Vielzahl von Produktausstellern. Die Menschen kommen in Strömen und sind begeistert: Mehr als eine Million Besucher verzeichnet die Ausstellung. Kritiker aber bemängeln ein Sammelsurium sich widersprechender Stile, eine

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Das Glashaus, Pavillon der Deutschen Glasindustrie Architekt: Bruno Taut

Mischung aus Pseudo-Biedermeier und Repräsentations-Anspruch. Wesentliche Bauten – etwa van de Veldes Theater und der Glaspavillon von Bruno Taut – sind jedoch davon ausgenommen. Heute gilt die Kölner Werkbundausstellung als Meilenstein auf dem Weg zur modernen Architektur. Der Ausbruch des Weltkriegs sorgt jedoch für ein abruptes, verfrühtes Ende. Tragisch: Kein einziges Gebäude hat die Zeit überdauert, ungenutzt oder zweckentfremdet mussten sie bis 1924 der Entwicklung des Kölner Messegeländes weichen.

Der Streit Zu Beginn der Ausstellung ahnt das noch niemand. Im Gegenteil: Motiviert treffen sich die Mitglieder zur Jahreshauptversammlung. Und hier kommt es zu einem offenen Streit zwischen Hermann Muthesius und einer Gegenpartei, angeführt von Henry van de Velde und Walter Gropius. Eine ideologische Debatte wird ausgetragen, es geht um das Thema „Typisierung oder Individualismus“. In einem Thesenpapier hatte Muthesius vor der Tagung die Gestalter aufgefordert, typische Formen zu entwerfen, die in großer Menge für die Bedürfnisse des Exports herzustellen seien. Die Formel war einfach: Besser ein zwar normierter, aber guter Geschmack als gar keiner, besser eine Verfeinerung bewährter Formen als die immerwährende Schaffung neuer. Nur so sei, so


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Muthesius, die Eroberung der Weltmärkte durch die deutsche Industrie möglich. Und obwohl Muthesius unmittelbar vor der Tagung seine Thesen noch einmal abschwächte und an die Einheit des Bundes appellierte, formierten sich seine Gegner zu einer leidenschaftlichen Verteidigung der Individualität der Kunst. Vermittelnd äußert sich Karl Ernst Osthaus: „Meines Wissens ist der Typengedanke ausgegangen vom Arbeiterwohnhausbau. Es hat sich nämlich ergeben, dass Arbeiterkolonien wesentlich billiger werden, wenn man bestimmte Bauteile, Fenster, Türen, Heizungsanlagen und so weiter typisiert, das heißt auf wenige Grundformen zurückführt. Man ist nun nicht stehengeblieben beim Arbeiterwohnhausbau.“ Die gegnerische, meist jüngere Fraktion aber sieht Muthesius als Lobbyist der Wirtschaft, als Feind der Freiheit der Kunst. Der Streit endet letztlich unentschieden – niemand tritt aus dem Werkbund aus, doch Hermann Muthesius zieht sich zurück. Walter Gropius aber, Mitbegründer des Bauhauses, das unverkennbare Werkbund-Wurzeln hat, nutzt nur wenige Jahre später Muthesius’ Argumente: „Die schaffende Maschine von Typen ist ein wirksames Mittel, das Individuum durch mechanische Hilfskräfte – Dampf und Elektrizität – von eigener materieller Arbeit zur Befriedigung der Lebensbedürfnisse zu befreien und ihm vervielfältigte Erzeugnisse billiger und besser als von der Hand gefertigt zu verschaffen. (…) Die vervielfältigten Produkte nach Modellen des Bauhauses sollen ihre Preiswürdigkeit lediglich durch Ausnutzung aller modernen ökonomischen Mittel der Typisierung (Serienherstellung durch die Industrie) und durch den Umsatz erreichen.“ (Walter Gropius, Grundsätze der Bauhausproduktion. In: Walter Gropius / László Moholy-Nagy (Hrsg.): Neue Arbeiten der Bauhauswerkstatt. Bauhausbücher 7. München 1925, S. 5 – 8)

Aktualität Typisierung ist ein wesentliches Merkmal von GOLDBECK Gebäuden. Sie werden aus vorgefertigten Systemelementen gebaut. Ohne wiederkehrende Typen wäre keine wirtschaftliche Produktion möglich. Ohne das Zurückgreifen auf Erprobtes gäbe es keine verlässlichen Werte, zum Beispiel bei der Ermittlung von Betriebskosten. Das bedeutet: Der Kern eines jeden GOLDBECK Gebäudes beruht auf Typen. Doch schließt das Individualität aus? Wir meinen: Nein! Und die Zusammenarbeit mit internen und externen Architekten stellt dies täglich unter Beweis. Jedes unserer Gebäude ist ein Unikat, das sich wie ein maßgeschneiderter Mantel um ganz unterschiedliche Unternehmensansprüche legt. Vielleicht ist damit eine Versöhnung gelungen – ganz pragmatisch, im Dienste der Menschen. ❚

Es ist unklug, viel zu bezahlen, aber es ist noch schlechter, zu wenig zu bezahlen. Wenn Sie zu viel bezahlen, verlieren Sie etwas Geld, das ist alles. Wenn Sie dagegen zu wenig bezahlen, verlieren Sie manchmal alles, da der gekaufte Gegenstand die ihm zugedachte Aufgabe nicht erfüllen kann. Das Gesetz der Wirtschaft verbietet es, für wenig Geld viel Wert zu erhalten.“ John Ruskin (1819 –1900), Mitglied „Arts and Crafts Movement“

Rechts oben der Pavillon der Glasfabrik Heinersdorf. Architekt war Theodor Fischer. Über die Architektur hinaus ging es den Mitgliedern des Werkbunds aber auch um die gute Gebrauchsform bei Alltagsgegenständen.

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Ausbildung mit Profil

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Ding! Ausbildung erfolgreich abgeschlossen, neue Perspektiven gewonnen: Leonie Hagenbrock und Simon Schwarte. Das gilt auch für Larissa Böhm, die beim Foto nicht dabei sein konnte, weil sie Termine an der Fachhochschule wahrnahm.

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Leonie Hagenbrock arbeitet mit 21 Jahren bereits als Assistentin in der Personalentwicklung, Simon Schwarte (22) plant anspruchsvolle Stahlkonstruktionen und Larissa Böhm (20) absolviert ihr duales Studium zur Bauingenieurin. Alle drei haben ihre Ausbildung bei GOLDBECK gemacht und sind anschließend geblieben. Sie stehen beispielhaft für eine Vielzahl junger Menschen, die im Unternehmen ihren Weg machen.

Und das sind die Fakten: GOLDBECK beschäftigt derzeit 100 Azubis und 46 duale Studenten. Es gibt sieben Ausbildungsberufe und vier duale Studiengänge. Ausgebildet wird in Bielefeld, Hirschberg und Treuen. Ob Azubi oder Student – alle Berufsanfänger profitieren von der Größe des Unternehmens. Sie ermöglicht, das jeweilige Berufsfeld in vielen Facetten kennenzulernen. Und so unterschiedlich die einzelnen Fachrichtungen sind, ein Anspruch zieht sich wie ein roter Faden durch alle Bereiche: die frühzeitige Förderung eigenverantwortlichen Handelns. „Ich war von Anfang an direkt in das Tagesgeschäft eingebunden, durfte an konkreten Projekten mitarbeiten, wurde aber nicht allein gelassen“, so die positive Wertung von Systemplaner Simon Schwarte.

Individuelle Förderung Darüber hinaus bietet GOLDBECK etliche Extras. Zum Beispiel ein gemeinsames Kennenlern-Wochenende für alle Neuen eines Ausbildungsjahres, betriebsinternen Zusatzunterricht oder Teilnahme an externen Angeboten wie Prüfungsvorbereitungskursen. Die Förderung erfolgt aber nicht nach dem Gießkannenprinzip. Die Ausbilder betreuen ihre Schützlinge so individuell, dass sie auch spezifische Schwächen erkennen und gegensteuern. So kann es bei Bedarf für Einzelne auch Nachhilfe in Mathe geben oder Tipps für effektiveres Lernen. Im handwerklichen Bereich werden die Lernbedingungen jetzt noch weiter verbessert. Das Unternehmen richtet in Bielefeld eine neue, moderne Lehrwerkstatt ein. Zusätzliche Maschinen, eigene Schulungsräume und ein neues Schulungskonzept optimieren die Ausbildungsbedingungen. Die angehenden Metallbauer der Fachrichtung Konstruktionstechnik üben in der Lehrwerkstatt nicht nur das Schweißen, Bohren und Fräsen, sondern bauen ganz praxisnah auch Betriebsmittel für den Eigenbedarf in den Werken. Dieses projektbezogene Arbeiten fördert Kreativität und lösungsorientiertes Handeln.

Gut und schnell „Wir engagieren uns sehr für unseren Nachwuchs, damit wir den Kunden auch morgen noch Qualität und Know-how bieten können“, erläutert Personalleiter Jürgen Eggers. Das zahlt sich aus. Die Auszubildenden ernten regelmäßig Auszeichnungen. Und erst kürzlich erhielt auch das Unternehmen großes Lob in Form der nur selten vergebenen Ausbildungsurkunde der Handwerkskammer Ostwestfalen zu Bielefeld. Sie zeichnet besondere Leistungen bei der handwerklichen Ausbildung aus. Viele junge Mitarbeiter können ihre Ausbildungszeit verkürzen. Leonie Hagenbrock beispielsweise hatte schon nach zwei statt drei Jahren ihren Abschluss als Industriekauffrau in der Tasche. „Mit meinem Wirtschaftsabitur hatte ich dafür beste Voraussetzungen“, berichtet sie. Aber auch Kandidaten mit weniger guten Ausgangsbedingungen erhalten bei GOLDBECK eine Chance und nutzen sie erfolgreich. Inzwischen kann das Unternehmen etliche Mutmachgeschichten von ehemaligen Teilnehmern einer Einstiegsqualifizierung erzählen, die heute einen festen Arbeitsplatz im Unternehmen haben. Nach Neigung und mit Perspektive Ausgebildet wird für den Eigenbedarf. Wer seine Ausbildung oder sein Studium abgeschlossen hat, kann anschließend in der Regel bleiben. Der Großteil der Nachwuchskräfte nimmt dieses Angebot an. GOLDBECK bietet den jungen Leuten nicht nur einen Arbeitsplatz an, der ihren Neigungen entspricht, sondern auch die Möglichkeit, sich weiterzuentwickeln und weiterzubilden. Larissa Böhm beispielsweise hatte vor ihrem dualen Studium bereits eine Ausbildung als Metallbauerin bei GOLDBECK abgeschlossen und während der Ausbildung ihr Fachabitur an der Abendschule nachgeholt. „Mir wurde schon frühzeitig ein Studienplatz in Aussicht gestellt, falls ich mein Abi schaffe. Das hat mich zusätzlich motiviert“, erklärt die angehende Bauingenieurin. ❚

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Kindergarten „GOLDBECKCHEN“ öffnet seine Türen

Profil: Familienfreundlich Wir wollen nicht nur über die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf reden, sondern uns konkret dafür einsetzen. Deshalb gibt es an unserem Standort in Hirschberg schon seit einigen Monaten eine GOLDBECK Kindertages­ pflege, nun können wir das Angebot auch in Bielefeld machen: Unser Kindergarten „GOLDBECKCHEN“ ist gestartet! Es riecht noch ein bisschen nach frischer Farbe, aber das stört hier niemanden. Im Gegenteil: Der neubautypische Geruch passt perfekt zu dem großen Bagger, der gerade das Nachbargrundstück planiert. Er ist eine echte Attraktion für die kleinen Beobachter, die im Bewegungsbereich begeistert ihre Nasen an den Scheiben der Panoramafenster plattdrücken. Im „Kinderrestaurant“ – dort, wo die älteren Kinder gemeinsam essen – sitzen einige Mütter. Ihre Sprösslinge unternehmen gerade den ersten Ausflug in die Kindergartenwelt und können dabei sicher sein: Mama wartet in der Nähe auf mich. Ein Blick in den roten Gruppenraum: Dort knetet ein Knirps mit Feuereifer, eine Erzieherin setzt sich dazu und fragt: „What do you build, Silas?“ Und nebenan, in der Bibliothek, warten Regale voller Bücher und ein bequemer Lesealkoven auf gemütliche Momente im Reich der Bilder und Buchstaben. Ein typischer Morgen im GOLDBECKCHEN. Und nicht nur die Ansprache auf Englisch, der Muttersprache einer der Erzieherinnen, zeigt: Hier ist einiges anders.

Enge Zusammenarbeit mit den Eltern GOLDBECK entschied sich für einen eigenen Kindergarten, um Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit Kindern die Verbindung von Familie und Beruf zu erleichtern. Gleichzeitig soll ein hoher pädagogischer Anspruch erfüllt werden – Bilingualität und die Qualifikation als Literatur-Kita inklusive. Die Trägerschaft übertrug das

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„Ausgezeichnet Familienfreundlich“ lautet die Note, die GOLDBECK jetzt vom Bielefelder Bündnis für Familien erhielt. Mit der Auszeichnung würdigt es die besonders familienorientierte Personalpolitik bei GOLDBECK. Wir sagen: Herzlichen Dank!

Unternehmen der Bielefelder von Laer Stiftung. Sie hat sich die enge Zusammenarbeit mit Eltern und die Entlastung von Familien zum Ziel gesetzt. Zum Beispiel durch flexibel verlängerbare Betreuungszeiten, wenn es abends im Büro mal länger dauert. „Natürlich muss dabei vor allem das Wohl der Kinder gesichert sein. Sie werden hier nicht ‚geparkt‘, sondern liebevoll betreut“, stellt GOLDBECKCHEN Leiterin Christine Mahnken fest. Dennoch ist GOLDBECKCHEN kein reiner Betriebs-Kindergarten, sondern steht allen Familien aus dem Umfeld offen. Wie alle GOLDBECK Gebäude wurde der Kindergarten mit Systemelementen gebaut und war innerhalb von nur sechs Monaten bezugsfertig. Jetzt, kurz nach dem Einzug der kleinen Teilzeitbewohner, fehlen nur noch bunte Kunstwerke an den Wänden. Doch angesichts des großen, lichtdurchfluteten Ateliers, wo Pinsel, Farben und jede Menge Bastelutensilien für kreative kleine Köpfe bereitstehen, lassen diese sicher nicht lange auf sich warten. ❚


Kurz berichtet

Vorschau: Rhythmus In der nächste Ausgabe unseres Magazins geht es höchst taktvoll zu: Das Leitthema „Rhythmus“ soll bewegen und beschwingen. Erscheinungstermin ist im Frühjahr 2015.

Kompetenz vor Ort – immer in Ihrer Nähe Gut, wenn ein Ansprechpartner immer in der Nähe ist. Noch besser, wenn er die regionalen Gegebenheiten kennt. Am ­Besten aber ist es, wenn bei ihm alle Fäden zusammenlaufen und er kompetent all Ihre Fragen beantworten kann. Unser Niederlassungsnetz macht’s möglich!

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