Miteinander ausgabe 10

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Das Magazin des Vereins „Gemeinsam leben und lernen in Europa e.V.“

Miteinander ... Ausgabe 10 - Dezember 015

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... Europa gestalten 

Europawahl

Preise

Sprachpaten

Im Lande der Nichtwähler - Eine Analyse  Seite 6

Die ausgezeichnete Arbeit von GLL  Seite 6

„Der Zulauf ist enorm“ - Eine erste Bilanz  Seite 8

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Vorstellung GLL

Wer sind wir? Wir sind ein gemeinnütziger Verein mit Sitz in Passau, der sich für Bildung und Soziales auf regionaler und europäischer Ebene engagiert. Durch unsere Aktivitäten und Projekte wollen wir dazu beitragen, Diskriminierungen und Ungleichheiten in Gesellschaft, Bildung und Arbeitswelt zu beseitigen. Darüber hinaus möchten wir das gegenseitige Verstehen und Lernen der Menschen in Europa fördern. Schwerpunkt der Aktivitäten liegt in Ostbayern.

Was tun wir? Zu folgenden Themenbereichen führen wir Projekte und Aktionen durch:

Ehrenamtliches Engagement Wir lieben und leben freiwilliges Engagement. Deshalb unterhalten wir die Online-Plattform „Tatennetz“ zur Vermittlung von Ehrenämtern, bieten persönliche Ehrenamtsberatungen an und führen Schulungen und Messen durch.

Toleranz und Vielfalt Unsere Vision ist eine bunte Gesellschaft voller Respekt und Toleranz vor dem Nächsten. Wir ermöglichen Menschen unterschiedlichster Herkunft, Alter und Geschlecht, sich gegenseitig kennenzulernen und so Vorurteile abzubauen.

Chancengleichheit Eine gerechte Gesellschaft lebt davon, dass sie jedem Menschen die gleichen Chancen bietet, seine Vorstellungen vom Leben zu verwirklichen. Bestehenden Unterschieden zwischen den Geschlechtern in Gesellschaft und Arbeitswelt setzen wir unser Engagement entgegen.

Integration von Benachteiligten Mit unseren Aktivitäten sorgen wir dafür, dass Menschen am Rande der Gesellschaft wie sozial benachteiligte Jugendliche, Ältere, MigrantInnen, Menschen mit Behinderungen, Langzeitarbeitslose und gering Qualifizierte in die Mitte der Gesellschaft gerückt werden.

Miteinander in Europa Ein vereintes Europa braucht Menschen, die sich kennen und zusammenarbeiten. Wir fördern das Kennenlernen und Verstehen über Grenzen hinweg. Für ein besseres Miteinander in Europa.

Impressum Miteinander. Das Magazin von Gemeinsam leben und lernen in Europa e.V. Ausgabe 10 - Dezember 2015 Herausgeber: Gemeinsam leben und lernen in Europa e.V. (GLL), Leopoldstr. 9, 94032 Passau Tel. +49 (0)851/2132740, Fax +49 (0)851/2132739, info@gemeinsam-in-europa.de, gemeinsam-in-europa.de Chefredaktion: Perdita Wingerter (pw), Andreas Schrank (asc), Johanna Veh (jv); Redaktion: Carmen Missal (cm), Hans Peter Weska (hpw), Kathrin Zenger (kaz), Marc Schillinger (ms), Sabrina Kanski (sk), Simona Hamernikov (sh), Seraphim Liebknecht (sl); Layout und Design: Johanna Veh, Andreas Schrank V.i.S.d.P.: Perdita Wingerter, Geschäftsführerin GLL / Bilder: pixelio.de, vereinseigenes Bildmaterial „Miteinander“ erscheint in unregelmäßigen Abständen online unter www.issuu.com. Alle Rechte vorbehalten. Text- und Bildkopien nur mit Genehmigung. Die Bildrechte liegen bei GLL, sofern nicht anders angegeben.

Miteinander. Das Magazin von Gemeinsam leben und lernen in Europa e.V.


Editorial

Editorial

Fast anderthalb Jahre sind vergangen, seit wir die letzte Ausgabe von Miteinander veröffentlicht haben. Eine lange Zeit, in der viel Neues im Verein „Gemeinsam leben und lernen in Europa e.V.“ entstanden ist. Das Thema der Jubiläumsausgabe mit der erstmals zweistelligen Nummer will aber ein Thema in den Fokus rücken, das wir schon im ersten Heft der Vereinszeitschrift aufgegriffen haben: Europa. Die bessere Zusammenarbeit und Verständigung auf europäischer Ebene ist nach wie vor einer der Eckpfeiler unserer Vereinsarbeit. 2011 öffnete Grundtvig die Tore nach Europa (siehe Ausgabe 1). Diesmal fragen wir uns dikonkret, wie wir Europa verbessern können. Unter dem Motto „Miteinander Europa gestalten“ beleuchten wir unter anderem, was die EU in Ostbayern leistet (Seite 6), berichten über die mittlerweile abgeschlossenen Lernpartnerschaften „VoluMe“ (Seite 9) und „Reference“ (Seite 10) und halten Rückschau auf das Europäische Jahr der Bürgerinnen und Bürger (Seite 12). Wer Profi im Ehrenamt werden möchte, den dürfte unser Artikel zum Erasmus-plus-Projekt „Professional Volunteering“ (Seite 14) interessieren. Und wie GLL die akademische Zusammenarbeit zwischen Bayern und Tschechien konkret fördert, können Sie auf Seite 16 nachlesen. In der Mitte dieser Ausgabe finden Sie eine Übersicht über alle bisher erschienenen Ausgaben von Miteinander. Über die GLL-Website können Sie sie kostenlos ansehen. Vielleicht erkennen Sie ja das eine oder andere Heft wieder. Wir freuen uns über ihre Rückmeldungen zu allen Heften: Welche Ausgabe hat Ihnen am besten gefallen und warum? Zu welchem

Artikel haben Sie einen persönlichen Bezug? Welche Themen haben Sie in zehn Ausgaben Miteinander vermisst? „Miteinander für Integration“ heißt unser zweites Schwerpunktthema in diesem Heft. Auch die Einbindung von Benachteiligten in die Gesellschaft ist ein wesentlicher Standpfeiler unseres ehrenamtlichen Engagements und verdient daher einen besonderen Stellenwert, unserer Meinung nach zumindest. Wie die Integration verschiedener Generationen gelingen kann, zeigt die Lernpartnerschaft „SMILE“ (Seite 20). Eine gemeinsame Vergangenheit kann ebenfalls Brücken schlagen – so geschehen im Projekt „Words connecting generations“ (Seite 22). Und wie deutsche und tschechische Senioren sich ehrenamtlich im jeweiligen Nachbarland engagiert haben, lesen Sie ab Seite 23. Ganz besonders aktuell ist die Integration von Menschen, die vor Krieg und Terror geflohen sind. Wir unterstützen sie mit unserem Projekt „Sprachpaten für Flüchtlinge“ (Seite 28). Schließlich erfahren wir von unserer ehemaligen Bundesfreiwilligendienstlerin Sabrina Kanski, wie man voneinander lernen lernen kann.

 Andreas Schrank & Johanna Veh Mitglieder der Chefredaktion

An dieser Stelle möchten wir allen danken, die zu dieser Zeitschrift inhaltlich, organisatorisch und kreativ beigetragen haben, allen, die immer wieder Geduld für uns vielbeschäftigte Ehrenamtliche aufgebracht haben (Danke, Perdita!) und natürlich allen, die sich schon auf das neue Heft freuen und es gar nicht erwarten können, durch die Seiten zu blättern. Wir sind jetzt schon auf Euer Feedback gespannt! Johanna Veh und Andreas Schrank

Ausgabe 10 - Dezember 2015


Inhalt

INTRO & EUROPA

Vorstellung | Wer sind wir?

2

Impressum

2

Editorial

3

Inhalt

4

Analyse | Europawahl

6

VoluMe | Austausch über Patenschaftsprojekte

9

Bürgerforum | „Mitreden über Europa“

9

Reference | Kompetenzen aus dem Ehrenamt für die Wirtschaft

10

Europäisches Jahr | GLL in Brüssel

12

ProVol | Wie ein Profi im Ehrenamt

14

projekt:praktikum | Europäische Idee mit Leben füllen

16

6

14

SMILE Ein trinationales Mentoringprojekt bringt Alt und Jung zusammen

ProVol Wie ein Profi im Ehrenamt

Europawahl Was können wir aus der geringen Wahlbeteiliung lernen?

Miteinander. Das Magazin von Gemeinsam leben und lernen in Europa e.V.


Inhalt

20

23

Sprachpaten für Flüchtlinge “Der Zulauf ist enorm“

Impulssenioren Ehrenamt ohne Grenzen

 

28

MITEINANDER FÜR INTEGRATION

VERMISCHTES

Miteinander | 10. Ausgabe der Vereinszeitschrift

18

Preise-Galerie | Die Auszeichnungen von GLL

26

SMILE | (K)eine Frage des Alters

20

Website & Facebook | Vernetzt mit dem Verein

31

Words connecting generations | Geschichte bringt Menschen zusammen

22

GLL intern | Mitarbeiter im Portrait

34

Impulssenioren | Ehrenamt ohne Grenze

23

GLL intern | Neuer Vorstand für den Verein

35

Sprachpaten für Flüchtlinge | „Der Zulauf ist enorm“

28

Schluss | Ausblick

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StudyVisit Rumänien | Voneinander lernen lernen

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AusgabeAusgabe 10 - Dezember 9 - Juli 2014 2015


Europa

Analyse zur Europawahl

Im Lande der Nichtwähler

Der Plenarsaal des Europäischen Parlaments in Brüssel: Hier wird europäische Politik gemacht.

„Auf die Bundesrepublik Deutschland entfallen 96 Abgeordnete des Europäischen Parlaments. Sie werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl für fünf Jahre gewählt.“ (§1 Europawahlgesetz) „Wahlberechtigt sind alle Deutschen [...]“ (§6 Art. 1 Bundeswahlgesetz) Die Ergebnisse einer Wahl sollen den Willen der Menschen widerspiegeln, die Bürger des jeweiligen Landes sind. Sie sollen ihre politische Haltung zu denjenigen Themen ausdrücken, die die Gesellschaft bewegen. Sie sollen eine Regierung hervorbringen, die die Mehrheit der Bürger als ihre Vertreter wahrnimmt. Damit möglichst viele Menschen sich in der Politik vertreten fühlen, müssen möglichst viele ihren Willen aussprechen, also wählen gehen. Nur so erreichen politische Entscheidungen eine hohe Legitimität in

der gesamten Bevölkerung. Die Realität sieht aber anders aus. So gaben bei der Europawahl 2014 nur 48,1 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme ab – weniger als die Hälfte der Bürger machte von ihrem Wahlrecht Gebrauch. Das bedeutet, dass das Europaparlament von der Mehrheit der Wähler in Deutschland nicht legitimiert ist. Was schon dramatisch genug ist, kann unsere Region leider nochmals unterbieten. Die fünf Landkreise mit der geringsten Wahlbeteiligung liegen allesamt in Ostbayern. Trauriger Rekord: Der Landkreis Regen. Hier gaben nur 26,4 Prozent der Bürger ihre Stimme ab. Fast drei Viertel der Regener nutzten ihre Chance also nicht. Was sind die Gründe für den freiwilligen Verzicht auf das wichtigste demokratische Recht?

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Interview mit Toni Fischer Toni Fischer ist seit Gründung von GLL der Vorsitzende des Vorstandes. „Miteinander“ fragt ihn nach den Ursachen und Chancen der „Europaverdrossenheit“ in unserer Region.

pekt, wie z.B. Rente, Pflege etc.

In Ostbayern war die Beteiligung an den Europawahlen deutschlandweit am geringsten. So landete etwa der Landkreis Regen mit 26,4 Prozent Wahlbeteiligung auf dem letzten Platz in der ganzen Bundesrepublik. Worin sehen Sie die Ursachen dafür? Toni Fischer: Die Ursache liegt meines Erachtens am demographischen Wandel. Im Bayerischen Wald haben wir einen sehr hohen Altersdurchschnitt und offensichtlich sind die Europaperspektiven für diesen Personenkreis nicht mehr so wichtig. Wichtiger ist zum Beispiel der soziale As-

Was kann man gegen diese „Europaverdrossenheit“ tun? Die Parteien müssen mehr persönliche Kontakte pflegen, um die Wähler zu überzeugen.

Rechtsradikale machen Stimmung gegen die EU und profitieren von ihr Doch egal, wie hoch der Anteil der Nichtwähler genau ist, das Grundproblem bleibt dasselbe. Wenn ein Parlament von der Mehrheit der Bürger nicht gewählt wurde, stellt sich die Frage, welche Interessen die Abgeordneten „des Volkes“ eigentlich vertreten. Sind es die Interessen von Euroskeptikern, deren Hass auf die EU sie massenhaft an die Wahlurnen treibt? Das scheinen jedenfalls die Wahlergebnisse auszusagen. Gleich zwei Fraktionen im europäischen Parlament lehnen die Europäische Union ab oder stehen ihr zumindest skeptisch gegenüber: Zum einen „Europa der Freiheit und der direkten Demokratie“ (EFDD), der u.a. die britische „UKIP“ und die italienische „Lega Nord“ angehören. Zu ihren Forderungen gehört unter anderem, die europäische Gemeinschaftswährung so schnell wie möglich aufzugeben. Noch extremer in ihren Ansichten ist die Fraktion „Europa der Nationen und der Freiheit“ (ENF), unter der sich der französische „Front National“ mit Vorsitzender Marine Le Pen, Geert Wilders‘ „Partij voor de Vrijheid“ (Partei für die Freiheit) aus den Niederlanden und die „Freiheitliche Partei Österreichs“ zusammengefunden haben. Gerade hat Le Pens Partei die erste Runde der Regionalwahlen in Frankreich eindeutig für sich entschieden. Wie abstrus aber ihre politische Positionen sind, zeigt sich in einem Interview mit der Zeitung „Die Welt“, in der sie zu einem Bündnis mit dem syrischen Diktator Baschar al-Assad rät. Ganz im Sinne der Gleichberechtigung unterstützt die EU auch ihre politischen Feinde: 17,5 Millionen Euro wird die Parteiengruppe unter der

Ist die Europäische Union in der Region nicht ausreichend präsent? Ja.

Inwiefern wirkt sich die Arbeit von „Gemeinsam leben und lernen in Europa“ auf das Europabild der Bürger Ostbayerns aus? Wir haben nicht die Aufgabe das Europabild zu verändern bzw. zu verbessern - wir können jedoch dazu beitragen, das Miteinander positiv zu beeinflussen.

Französin in den kommenden vier Jahren aus der EUParteienfinanzierung erhalten (http://www.euractiv. com/sections/eu-priorities-2020/le-pens-new-euparliament-group-scoop-eu175-million-public-money-315410). Ist Europa wirklich so unsichtbar? Möglicherweise trägt die Unterstützung rechtsradikaler Gruppierungen im Europaparlament, die ganz offen die Abschaffung desselben propagieren, zum Unverständnis gegenüber europäischer Politik bei. Denn an einer fehlenden Präsenz der EU im Alltag der Bürger kann es nicht liegen: Reisefreiheit in der gesamten Union, eine einheitliche Währung und überall niedrige Mobilfunkgebühren sind nur wenige konkrete und sichtbare Vorteile, die der europäische Integrationspolitik mit sich bringt. Darüber ist gerade in Ostbayern die EU allgegenwärtig. Ein großer Teil der ostbayerischen Landkreise ist Mitglied in einer „Euregio“, einer Europaregion. Diese stellen grenzüberschreitende Zusammenschlüsse von Kommunen und anderen regionalen politischen Verwaltungseinheiten dar und haben sich intensive Zusammenarbeit und Austausch zum Ziel gesetzt. Ganze drei Euregios gibt es in Ostbayern: •

Der deutsch-österreichischen Inn-Salzach-Euregio gehören die bayerischen Landkreise Traunstein, Mühldorf, Altötting, Rottal Inn, Passau, die Stadt Passau und auf oberösterreichischer Seite das Innviertel und das nordwestliches Hausruckviertel an, zur deutsch-österreichisch-tschechischen Euregio Bayerischer Wald – Böhmerwald – Unterer Inn zählen die Landkreise im und um den Bayerischen Wald sowie dem Böhmerwald in NiederAusgabe 10 - Dezember 2015


Europa

bayern und der Oberpfalz, dem österreichischen Mühlviertel und fünf tschechischen Bezirken und die ebenfalls trinationale Europaregion Donau-Moldau, die als größte in Ostbayern die Bezirke Niederbayern, Oberpfalz, Niederösterreich, Oberösterreich, Südböhmen sowie die Regionen Pilsen und Vysočina umfasst.

Allein in der letzten Euregio leben im Herzen Europas 6 Millionen Menschen ohne Grenzen zusammen – ein hohes Potential an Menschen und auch Wirtschaftskraft. Unter ihrem Dach finden grenzüberschreitend Veranstaltungen statt, werden Projekte gefördert und finden Menschen unterschiedlicher Nationalität zusammen, um gemeinsam aktiv zu werden. Welche Bereiche die internationale Zusammenarbeit genau umfasst und welche Projekte bereits umgesetzt

wurden, finden Sie im Internet unter http://www.evropskyregion.cz/de/. Doch nicht nur in Form der Europaregionen ist die EU in Ostbayern präsent, sondern auch durch zahlreiche Fördertöpfe, mit deren Hilfe Ortssanierungen, Umweltinformationsprojekte und grenzüberschreitende Bauprojekte realisiert werden – und vieles mehr. Einer dieser Förderprogramme ist der „Europäische Fonds für regionale Entwicklung“ (EFRE). Fast 500 Millionen Euro daraus investiert die EU in der laufenden Förderperiode 2014 bis 2020 allein in Bayern. Diese Mittel fließen vor allem in die ländlichen Regionen, insbesondere in die Grenzregionen – Ostbayern ist beides. Dass die EU vor Ort nichts bewege, stimmt also keinesfalls. Nur sichtbar sind ihre Errungenschaften nicht immer sofort. Genau hinzuschauen lohnt sich. asc

Europa praktisch erleben Ehrenamtliche von GLLzu Besuch im Europäischen Parlament in Brüssel „Es war interessant ganz persönlich mitzubekommen, wie spannend, aber auch kompliziert die Arbeit eines Europaabgeordneten, aber auch der Mitarbeiter und Beamten ist, um gemeinsam zu Lösungen auf europäischer Ebene zu kommen“, erzählt Barbara Ecker aus Tiefenbach, ehrenamtliche Sprachpatin des Vereins „Gemeinsam leben & lernen in Europa“. Zusammen mit 7 anderen Ehrenamtlichen des Vereins hatte sie auf Einladung des EU-Abgeordneten Ismail Ertug das EU-Parlament, den Europäischen Ministerrat

sowie das Parlamentarium in Brüssel besuchen können. Der Europaabgeordnete Ismail Ertug, der für die Region Niederbayern und Oberpfalz zuständig ist, hatte zahlreiche gemeinnützige Initiativen und Vereine, die in seiner Region aktiv sind, zum besseren Kennenlernen und persönlichen Austausch nach Brüssel eingeladen. „Es fehlt mir leider oft die Zeit mich intensiver mit der Arbeit von sozialen Initiativen und Vereinen vor Ort auseinanderzusetzen. Zu selten wird freiwilliges Engagement auf Bürgerebene meines Erachtens gewürdigt und als Selbstverständlichkeit angenommen. Meine Einladung nach Brüssel sollte dieses Mal das Engagement dieser MultiplikatorInnen in diesem Bereich würdigen.“ Diese

Reise bot daher auch eine gute Gelegenheit, nicht nur die Arbeit der Abgeordneten und EU-Institutionen besser kennenzulernen und vor Ort zu erleben, sondern ermöglichte auch den Austausch und die Vernetzung der mitfahrenden Organisationen. „Viele Menschen engagieren sich im Kleinen und Großen. Oft weiß man gar nicht, was es für wunderbare Projekte in unserer Region gibt,“ gibt Heidi Heigl, Vorstandsmitglied von GLL, zu. Diese Reise bot daher viele Gelegenheiten, mehr voneinander zu erfahren und voneinander zu lernen. „Auf dieser Reise habe ich nicht nur wichtig und interessante Informationen über die Europäische Union erhalten, sondern ich hatte die seltene Gelegenheit, auch Menschen kennenzulernen, die dort für die gemeinsame Vision von Europa arbeiten,“ bekennt die Ehrenamtliche Ulla Möllinger, die sich in Wegscheid für Flüchtlinge engagiert. „Ich wünschte nur, Brüssel wäre etwas näher.“

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Ausgabe 9 - Juli 2014


Integration + Europa

VoluMe: Voluntary Mentoring Projects

Bürgerforum

Austausch über Patenschaftsprojekte

„Mitreden über Europa“ in Passau

Sich gegenseitig helfen und voneinander profitieren: Das ist der Kerngedanke von Patenschaften. Welche Projekte es dazu europaweit gibt, darüber tauscht sich unser Verein im Rahmen des Projektes „VoluMe“ mit Organisationen aus England, der Slowakei, der Tschechischen Republik und Litauen aus. Gemeinsam wollen die Partner ein Konzept erarbeiten, das Empfehlungen zu Aufbau und Durchführung von Patenschaftsprojekten gibt. Um die Arbeit an diesem Leitfaden voranzutreiben, war Perdita Wingerter im Februar mit den Bundesfreiwilligendienstlern Sabrina Kanski und Seraphim Liebhardt bei einem Treffen der Teilnehmerorganisationen in London. Neben einem Überblick über das Ehrenamt in England und andere Mentorenprojekte besuchten sie auch die Büros der Deutschen Bank. Diese unterstützt viele Patenschaftsprojekte, darunter auch das des englischen Partners CSV.

Am 28. November 2013 fand im Passauer historischen Rathaussaal das regionale Bürgerforum „Mitreden über Europa“ statt, zu dem die Informationsbüros des Europäischen Parlamentes in Wien und München eingeladen hatten. Unter der Moderation vom BR-Redakteur Bernd Kellermann diskutierten die Europaabgeordneten Manfred Weber (CSU) und Ismail Ertug (SPD) sowie der neue Leiter der Vertretung der Europäischen Kommission in München Martin Peter zu aktuellen europäischen und grenzüberschreitenden Fragen, die von zahlreichen Besuchern des Forums gestellt wurden. Insbesondere sehr viele junge Schüler und Studenten nutzten die Gelegenheit und verfolgten die Diskussionsrunde auf merksam.

Das Treffen in London war das vierte Austauschtreffen im Rahmen von Volume. Wie schon auf den vorigen Treffen bekamen die Partner Einblicke in das Ehrenamt und die Patenprojekte der Organisation sowie anderer solcher Projekte im jeweiligen Land. „Es war eine gute Gelegenheit, Erfahrungen auszutauschen und sich gegenseitig zu inspirieren“, zog Seraphim Liebhardt sein persönliches Resümee. Der Leitfaden, an dem die Projektpartner arbeiten, soll Wege aufzeigen, um das Lernen, das soziale Verhalten, die Entwicklung oder das Wohlbefinden von Kindern und Jugendlichen verbessern. So kann es Organisationen, die ein Mentorenprojekt aufbauen wollen, als Hilfe dienen. Das Projekt „VoluMe“ ist bereits im Endstadium. Bis zum nächstem und letzten Treffen in Deutschland im Mai haben alle Länder noch die Aufgabe den Leitfaden zu überarbeiten. Sie wollen dabei noch mehr Wert auf die allgemeine Verständlichkeit legen. Auch die Beachtung von Deadlines soll noch mehr in den Fokus der gemeinsamen Zusammenarbeit rücken, damit das Projekt erfolgreich abgeschlossen werden kann. Im GLL-Büro wird dann abschließend die Auswertung des Projekts stattfinden. sl

Beim Bürgerforum im Passauer Rathaus wurde angeregt über aktuelle europäische und internationale Themen diskutiert Infostände der erfolgreichen europäischen Initiativen aus dem Passauer Land umrahmten die Aktion und boten Informationen zu zahlreichen Projekten an. Zu allen Filmen war im Anschluss die Möglichkeit geboten, sich auch interaktiv mit der Thematik auseinander zu setzen. Bei „The Act of Killing“ war sogar die Co-Regisseurin Christine Cynn anwesend und stand für Fragen offen. red

Am Stand von GLL trifft Geschäftsführerin Perdita Wingerter den Abgeordneten des Europäischen Parlaments, Ismail Ertug AusgabeAusgabe 10 - Dezember 9 - Juli 2014 2015


Ehrenamt + Europa

Aus den zahlreichen Impulsen der acht Partnerorganisationen entsteht der Leitfaden.

EU-Projekt „Reference“: Referenzschreiben für Ehrenamtliche

EU-Grundtvig Lernpartnerschaft „Reference“

Mit Kompetenzen aus dem Ehrenamt in die Wirtschaft Hard und Soft Skills, Aufgaben und Leistungen, Verantwortung und Beförderung: Das ist nicht nur für berufliche Tätigkeiten wichtig, sondern auch für freiwilliges Engagement.

„Wir sehen, dass Menschen in ihrem Ehrenamt genau die Qualifikationen erwerben, die auch im Berufsleben wichtig sind“, erklärt Perdita Wingerter. Sie ist Geschäftsführerin des überwiegend ehrenamtlich organisierten Vereins „Gemeinsam leben und lernen in Europa“. Viel zu selten würden diese Kompetenzen jedoch von Arbeitgebern anerkannt. Die Lösung: Ein nach den Kriterien der Geschäftswelt erstelltes Arbeitszeugnis. Auf der Grundlage dieser Idee stieß Wingerter ein transnationales Projekt an, dass es sich zur Aufgabe machte, ein einheitliches europäisches Format für Referenzschreiben zu entwickeln. Dazu suchte sie sich insgesamt sieben Partnerorganisationen aus allen Ecken Europas. Als verlässlichen Partner kennen und schätzen gelernt hat GLL die größte Freiwilligenorganisation Großbritanniens, „CSV“. Jedes Jahr engagieren sich 150.000 Menschen in ihrem Rahmen. Auch die Arbeit des Nationalen Freiwilligenzentrums der Tschechischen Republik „Hestia“ ist federführend im eigenen Land. Die Einrichtung organisiert beispielsweise das

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Programm „5P“, eine Variante des mehr als hundert Jahre alten Patenschaftsprojekts „Big Brothers Big Sisters“. Soziale Verantwortung innerhalb der bulgarischen Gesellschaft stärken, das will die „Tulip Foundation“ durch ihre Projekte erreichen. Sie unterstützt bürgergesellschaftliche Organisationen finanziell und ideell und wirkte auch an einem nationalen Gesetzesentwurf mit, der freiwilliges Engagement stärken soll. Das slowenische „Društvo Kultlab Celje“ hat sich unter anderem die soziale Integration von Jugendlichen und Senioren und die Vermittlung kultureller Werte zur Aufgabe gemacht. Es beteiligt sich auch an nationalen Initiativen zur Bekämpfung von Armut. Vorrangig im Gesundheitssektor aktiv ist das „Malta Health Network“, das sich für die Belange von Patienten und der Gesundheitsförderung einsetzt, etwa durch Anregung der Zusammenarbeit zwischen unterschiedlichsten Nichtregierungsorganisationen (NGOs). Ein konkretes Einsatzfeld des maltesischen Netzwerks ist die Mitarbeit an der Europäischen Patientenrechte-Charta. „Centrul de Voluntariat Cluj-Napoca“ will ehrenamtliche Arbeit

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Ehrenamt + Europa zu einem selbstverständlichen Bestandteil der rumänischen Gesellschaft machen. Dazu gehört die systematische Erhöhung der Anzahl Ehrenamtlicher in öffentlichen Institutionen und nichtstaatlichen Organisationen, die Sensibilisierung der Öffentlichkeit für freiwillige Tätigkeiten und das Engagement für den Europäischen Freiwilligendienst (EVS). Der slowakische Bürgerverein „Cardo“ möchte Freiwilligenarbeit in der auf nationaler und internationaler Ebene vorantreiben und hat dazu unter anderem ein Online-Freiwilligenzentrum gegründet. Auch die Zusammenarbeit mit staatlichen Stellen ist ein Tätigkeitsbereich der Organisation: Das nationale Ehrenamtsgesetz bestimmte sie mit. Bei so viel internationaler Expertise zum Thema Ehrenamt sollte das Erstellen eines Leitfadens zur einheitlichen Formulierung von Ehrenamts-Arbeitszeugnissen kein Problem sein. Doch gerade der Anspruch der Einheitlichkeit erwies sich zunächst als schwierig. Denn schon die Praktiken, ob und wie Unternehmen Referenzen ausstellen, unterscheidet sich zwischen den acht Ländern sehr. So verfassen rumänische Arbeitgeber nur auf Nachfrage des Arbeitnehmers eine Referenz, müssen das aber nicht unbedingt tun. In Großbritannien erfolgt nur eine inhaltliche Beschreibung der Tätigkeit, aber keine Bewertung; allerdings kann anhand der angegebenen Kontaktdaten eine persönliche Referenz bei der vorherigen Arbeitsstelle eingeholt werden. In Malta gilt es zu betonen, dass der Arbeitnehmer besonders ehrlich war – eine für Deutschland unvorstellbare Formulierung, die die postulierte Ehrlichkeit massiv in Zweifel ziehen würde. Hier findet bei Referenzschreiben eine geheime Sprache Anwendung, bei der scheinbar positive Formulierungen ein vernichtendes Urteil bedeuten können. Diesen Unterschieden zum Trotz gestaltete sich die Arbeit während der Study Visits konstruktiv: „Ich war beeindruckt, als ich die Ernsthaftigkeit und das Engagement beobachten konnte, mit dem alle Teilnehmer an der Umsetzung der Projektideen arbeiteten. Mit Leidenschaft wurden die unterschiedlichen Standpunkte vertreten, aber es wurde sich nicht in endlosen Diskussionen verloren“, berichtet Kathrin Zenger, selbst Ehrenamtliche des Vereins „Gemeinsam leben und lernen in Europa“. Sie nahm am dritten Partnertreffen in der slowakischen Hauptstadt Bratislava teil. Und so konnten sich die Partnerorganisationen am Ende des Projektes auf eine gemeinsame Vorlage verständigen, die nach einer Vorstellung der eigenen Organisation die Rolle des

Freiwilligen in der Organisation, Dauer, Aufgaben und Verantwortung des Engagements aufführt. Im folgenden Block nennt das Dokument die erzielten Ergebnisse und Erfolge des Ehrenamtlichen, welche Weiterbildungsmaßnahmen er besuchte und welche Sonderaufgaben er übernahm. Besonders im Fokus stehen die dabei erworbenen sozialen und berufsbezogenen Kompetenzen, die für potenzielle Arbeitgeber besonders nützliche und praxisrelevante Informationen zu den Qualifikationen des Bewerbers liefern. Nach Möglichkeit kann sogar der Bezug des bisherigen Ehrenamts zum neuen Arbeitsplatz hergestellt werden. Neben zahlreichen praktischen Hinweisen und Beispielen zu Inhalt und Struktur des Schreibens setzt sich der neu entstandene Leitfaden auch mit der Frage auseinander, wie man Bewusstsein für freiwilliges Engagement bei Unternehmen schärft. Darunter fällt zum Beispiel das Werben um Akzeptanz des neuen Formats bei Arbeitgeber. Natürlich soll auch die Bekanntheits- und Anwendungsrate unter den Organisationen erhöht werden, die Freiwillige beschäftigen. Auf europäischer Ebene war die Projektgruppe deshalb auf der Jahreskonferenz 2013 von „Volonteurope“ vertreten. Dies ist der europäische Dachverband der Freiwilligenorganisationen. Darüber hinaus führten die Projektpartner in ihren nationalen und regionalen Netzwerken Veranstaltungen zur Verbreitung des Leitfadens durch. Ein Beispiel hierfür ist der Workshop „Schriftliche Referenzen als Form gelingender Anerkennung – ein Baustein für das Freiwilligenmanagement“, den die Geschäftsführerin von Gemeinsam leben und lernen in Europa im Rahmen des Ehrenamtskongresses 2014 in Nürnberg gestaltete. Auch eine mehrsprachige Website entstand, die außer des Leitfadens in den Sprachen aller Partnerorganisationen Beispiele für Referenzen und Stimmen von Ehrenamtlichen enthält: www.references-for-volunteers.eu. Nun geht es darum, diesen Kurs der Verbreitung und Akzeptanz weiter zu verfolgen und auszubauen: „Wenn auch Sie ehrenamtlich tätig sind, in einer Organisationen arbeiten, die Ehrenamtliche beschäftigt, oder als Arbeitgeber die berufliche Anerkennung freiwilligen Engagements voranbringen wollen: Lesen Sie unseren Leitfaden, formulieren Sie Ihre Referenzen entsprechend und machen Sie andere darauf aufmerksam!“, appelliert Wingerter an die verschiedenen Akteure. Damit die gesellschaftliche Wertschätzung des Ehrenamts endlich auch in der Wirtschaft Gehör findet. asc Ausgabe 10 - Dezember 2015

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Ehrenamt + Europa

Europäisches Jahr der Bürgerinnen und Bürger

Gemeinsam leben & lernen auf europäischer Bühne Das Jahr vor der Europawahl stand ganz im Zeichen der Rechte, die europäische Bürger zuteil werden. Auch GLL hat sich in Brüssel dafür stark gemacht.

Das Europaparlament wählen, sich im Gebiet der Europäischen Union frei bewegen und in europäischen Nachbarländern arbeiten – seit über 20 Jahren genießen Bürger und Bürgerinnen der Europäischen Union diese Rechte dank der Unionsbürgerschaft (siehe Infobox S. 13). Zum runden Jubiläum im Jahr 2013 verkündete die Europäische Union das „Europäische Jahr der Bürgerinnen und Bürger. Auch Gemeinsam leben & lernen in Europa gestaltet das „Bürgerjahr 2013“ auf europäischer Ebene mit. Seit 1983 werden regelmäßig Europäische Jahre ausgerufen, um Aufmerksamkeit für ein bestimmtes Thema zu wecken. 2013 wurden mit dem „Europäischen Jahr der Bürgerinnen und Bürger“ mehrere Ziele festgelegt. Europäische Bürger sollten sich ihrer Rechte bewusst werden und besser darüber informiert werden, wie sie diese nutzen können. Zudem sollte die aktive Beteiligung der Bürger an den politischen Entscheidungsprozessen gefördert

werden. Drittes Ziel war es, eine Debatte über das Recht auf Freizügigkeit anzuregen. Dafür fanden zahlreiche Veranstaltungen, Konferenzen und Seminare statt. Darüberhinaus wurden die Internetportale „EuropeDirect“ und „Ihr Europa“, die über die Rechte europäischer Bürger informieren, weiter ausgebaut. Schließlich wurde das Thema des Europäischen Jahres auch deshalb so gewählt, da fast die Hälte aller europäischen Bürgerinnen und Bürger der Meinung ist, dass sie zu wenig oder gar nicht informiert über ihre eigenen Rechte sind. Im Zuge des Themenjahres bildete sich auch eine Allianz des Europäischen Jahres der Bürgerinnen und Bürger 2013, an der sich wichtige europäische Organisationen und Netzwerke der Zivilgesellschaft beteiligten – darunter auch Gemeinsam leben und lernen in Europa. Das Bündnis wollte erwirken, dass Bürgerschaft in Europa aktiver gestaltet wird, die Union bürgerfreundlicher agiert und eu-

It‘s about Europe - It‘s about You: Unter diesem Motto stand das „Europäische Jahr der Bürgerinnen und Bürger“ 12

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Ehrenamt + Europa

Geschäftsführerin Perdita Wingerter unterwegs in Brüssel

ropäische Einwohner besser in die politische Entscheidungsfindung integriert werden. Schließlich bietet sich in Europa 500 Millionen Menschen die Möglichkeit, aktiv Europa mitzugestalten, an der Einheit zu arbeiten und Integration zu fördern. Kurz gesagt: Die Kluft zwischen den Politikern in Brüssel und den Bürgern zuhause sollte verringert werden!

Europa. „Wenn ich als Perdita aus Passau mit Beispielen aus der Praxis Empfehlungen an die EU geben kann, macht es das wett.“

So stand am Ende ein Bericht mit 17 Empfehlungen an die EU, der zunächst ein verbessertes Verständnis fordert, was Bürgerschaft bedeutet. Bürgerschaft dürfe nicht nur als juristische Konstrukt sonder vor allem als ParUm politische Empfehlungen für die Stär- tizipationsmöglichkeit verstanden werden. kung der aktiven Bürgerschaft zu entwi- Diese Teilhabe muss vor allem erlernt werden, ckeln, entstanden drei Arbeitsgruppen. um damit auch die Qualität des Engagements Sie trafen sich mehrere Male im Jahr, um zu steigern. Darüberhinaus empfiehlt der Beüber diese Themen zu reflektieren und richt, Projekte zu fördern, die unterschiedentsprechende Strategien festzulegen. liche Partner - sei es in Bezug auf Fachwissen Passend zu den Projekten von Gemeinsam le- oder Ressourcen - zusammenbringen, und ben und lernen in Europa den Einsatz von neuen beteiligte sich auch Perdita Technologien zu stärken. Wingerter, GeschäftsfühAls letze Empfehlung wird rerin des Vereins, an dieser „Wir brauchen glühende schließlich genannt, eine Allianz. Konkret ging es in Verfechter europäischer langfristige Strategie zu ihrer Arbeitsgruppe um die gestalten, die bis 2020 Ideen!“ Frage, wie ökonomische, und darüberhinaus aktive Perdita Wingerter Teilhabe und Partizipatisoziale und politische Bürgerschaft zusammenspieon der europäischen Bürlen und ein stimmiges Ganzes bilden kann. Wie gerinnen und Bürger fördert. kann jeder Bürger so integriert werden, dass er seine vollen Rechte genießen und sich an Perdita Wingerter sieht sich nach ihrer Teilder bürgerlichen Gesellschaft beteiligen kann? habe bestärkt. „Es gibt genügend aktive Bürger in Europa, aber es braucht mehr, die Als mühevoll aber auch Bestärkung ihrer Arbeit sich in die Gremien setzen.“ Gerade in Brüsempfand sie dabei die Arbeit. Denn Perdita sel habe sie die schöne Erfahrung gemacht, Wingerter war eine der wenigen Delegierten, andere Menschen zu treffen, die sich mit die an der Basis tätig sind, und musste daher vielfältigen Projekten in Europa engagieren „professionellen Europäern“ den Alltag in und Gutes tuen wollen, anstatt immer nur Europa vermitteln: „Oft sind diese Menschen zu kritisieren. „Wir brauchen glühende Verweit weg von den Bürgern und leben unter der fechter europäischer Ideen. Schließlich ist Brüsseler Glocke.“ Die mühevolle Arbeit habe Europa ein Ort, der für Demokratie, Sichersich aber auch gelohnt, betont die Geschäfts- heit, Solidarität und das Miteinander steht.“ führerin von Gemeinsam leben & lernen in jv

Was bedeutet....? Unionbürgerschaft Im November 1993 wurde es schriftlich im Vertrag von Maastricht festgelegt: Innerhalb der Europäischen Union gilt die Unionsbürgerschaft! Das bedeutet, dass den Bewohnern, die hier leben, besondere Recht zuteil werden. Neben den Rechten, die sie als Bürger einer Nation erhalten, werden ihnen auf europäischer Ebene weitere zugesichert. Die Einwohner dürfen sich im gesamten Gebiet frei bewegen und werden in allen EU-Ländern wie Inländer behandelt. Zudem erhalten sie das aktive und passive Wahlrecht bei Kommunalwahlen und Wahlen zum Europäischen Parlament. Sie können sich bei der Gesetzgebung einbringen und damit aktiv Europa mitgestalten.

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Ehrenamt + Europa

ProVol

Wie ein Profi im Ehrenamt „Professionell“ und „ehrenamtlich“ sind zwei Begriffe, die der Durchschnittsbürger vermutlich nicht miteinander in Verbindung bringen würde. Das Projekt „ProVol“, hergeleitet von „Professional Volunteering“, englisch für professionelles Ehrenamt, setzt aber genau da an. Zusammen mit Partnern vom Zentrum für Ehrenamtliche in Cluj-Napoca in Rumänien, dem „Dobrovolnicke Centrum“ aus der Tschechischen Republik und „CSV“ aus Großbritannien arbeitet GLL daran, Ehrenamtliche auszubilden, damit sie kompetent in ihr Ehrenamt starten können.

Das von GLL entwickelte Konzept Ehrenamtliche auszubilden kommt zum Einsatz

„ProVol“ läuft im Namen des neuen EU-Programmes „Erasmus+“ ab. Dies ist der Zusammenschluss von den bisherigen EU-Programmen für das lebenslange Lernen, Bildung, Sport und den europäischen Kooperationsprogrammen im Hochschulbereich. Über die Laufzeit von 2014 bis 2020 steht ein Budget von 14,8 Milliarden Euro an Fördermitteln zur Verfügung, das wohl noch viele GLL-Projekte unterstützen wird. Vom 5. bis zum 10. Januar trafen sich die Partner in Passau, um an dem Workshop „train the trainers – professional volunteering“ teilzunehmen. Denn um Ehrenamtliche auf professionelle Art auszubilden, braucht es Trainer, die ihnen die nötigen Kompetenzen vermitteln können. Das bereits von „Gemeinsam leben und lernen in Europa“ benutzte Konzept zum Training von Ehrenamtlichen wurde im Laufe des fünftägigen Workshops praktisch umgesetzt, um den Partnern eine konkrete Vorstellung von dem Projekt zu geben.

Was bedeutet Ehrenamt in Deutschland?

Ein Leitfaden wird mit den europäischen Partner erarbeitet

Vollgepackt mit Wissen und Erfahrungen von Zielsetzung über Konfliktbewältigung bis hin zu Zeitmanagement hielt Perdita Wingerter einen Workshop, der ebenso interessant und lehrreich wie anstrengend war. Denn auch die Übungen wurden mit der Praxis kombiniert: In zwei Gruppen aufgeteilt, entwickelten die Teilnehmer Konzepte und Pläne für das „ProVol“-Projekt, in dessen Rahmen auch „Guerilla Knitting“ eine Rolle spielen wird, also das „Einstricken“ von Objekten im öffentlichen Raum. Das durchgetaktete Programm machte sich auch bei den Teilnehmern bemerkbar, die gegen Nachmittag ziemlich erschöpft waren. Aber die Anstrengung ist nicht umsonst, fast 14

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Fünf Tage dauert der entwickelte Workshop


Ehrenamt + Europa

Beim Treffen in Passau arbeiten die Organisationen aus vier Ländern an der Frage, wie Ehrenamtliche ausgebildet werden können

alle Teilnehmer gaben bei ihrer Beurteilung an, aus dem Workshop viel gelernt zu haben. Nach dem Workshop begannen die Partnerorganisationen, selbst testweise Trainings durchzuführen. Aus den Erfahrungen, die sie dabei sammelten, entwickelten die Partner anschließend gemeinsam eine überarbeitete Version des Workshops. Diese Version wollen nun alle beteiligten Organisationen verwenden, um Trainer für Ehrenamtliche kompetent auszubilden. Der Study Visit stellte die Ehrenamtlichen von GLL vor Herausforderungen: „Jeder, der schon einmal in unserem Büro war, weiß, dass es nicht der geräumigste Platz auf Erden ist, mit acht Gästen zusätzlich zu dem normalen Bürobetrieb sieht das natürlich nicht besser aus“, beschrieb Bufdi Seraphim Liebhardt die Situation. „Dafür zu sorgen, dass um zwölf Uhr Mittagessen hergerichtet ist, genug zu Trinken und das Geschirr da ist, noch viele der Module auf Englisch zu übersetzen – zusätzlich zu der

alltäglichen Büroarbeit oder einer Teilnahme am Workshop –, fordert viel von uns“, so Seraphim weiter. Dennoch hätten sich die Gäste wohl gefühlt. So war das Feedback der Teilnehmer auch weitgehend positiv. Spaß gemacht hat es jedem, doch der Inhalt war manchmal „Zuviel des Guten“, wie Seraphim es einschätzte, und zu anstrengend aus Zeitgründen sind auch fast alle aktiven Übungen weggefallen, aber genau darum gibt es ja dieses Projekt um gemeinsam die Methoden und Inhalte zu erarbeiten um das Training so effektiv und Lehrreich wie möglich zu gestalten. Eine gute Basis ist bereits existent und ich bin voller Zuversicht, dass spätestens nach Rumänien das Projekt ein voller Erfolg ist und in Zukunft von allen beteiligten Organisationen Ehrenamtlich und Trainer ausgebildet werden, die voller Kompetenz und mit einem guten Gefühl in ihr Ehrenamt gehen können. sl

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Europa

„projekt:praktikum“ - Stundentenpraktika im Nachbarland

„Die europäische Idee mit Leben füllen“ Zusammen mit dem Landtagsabgeordneten Bernhard Roos startet der Verein ein StudentenAustauschprojekt mit Tschechien

Gemeinsam mit Bernhard Ross setzt sich der Verein für den Austausch mit Tschechien ein Deutschland und Tschechien: Zwei Länder mitten in Europa, verbunden durch eine jahrhundertelange gemeinsame Geschichte, Kultur und Tradition. Trotzdem wissen die Bewohner der beiden Staaten heute nicht viel voneinander. Bernhard Roos will das ändern.

anderen Land zu absolvieren. Beide haben dabei viel über die Sprache und Kultur des jeweiligen Nachbarlandes gelernt und sind bis heute sehr motiviert. „Diese positiven Erfahrungen haben mich darin bestärkt, das Projekt weiterzuführen“, erklärt er.

Der 59-jährige Landtagsabgeordnete engagiert sich für die Zusammenarbeit in der Donau-Moldau-Region, der Deutschland, Österreich und die Tschechische Republik angehören. Besonders zu Tschechien seien die Kontakte der hiesigen Bevölkerung eher spärlich. „Im Gegensatz zu Österreich besteht hier eine Sprachbarriere“, erläutert er die Schwierigkeiten der Beziehungen. Viele Bayern hätten deshalb Probleme, mit Böhmen eine Verbindung aufzubauen. „Die europäische Idee muss allerdings vor Ort von den Menschen konkret mit Leben gefüllt werden“, ist sich Roos sicher.

Den idealen Partner fand der Abgeordnete im gemeinnützigen Verein „Gemeinsam leben

Einen Studierendenaustausch mit Tschechien sieht er als optimale Möglichkeit, Praktikum und Völkerverständigung miteinander zu verknüpfen. Bereits im vorigen Jahr ermöglichte er einer Studentin aus Krumau und einer Studentin aus Straubing, ein Praktikum im jeweils 16

„Die Projektidee stimmt eins zu eins mit unseren Vereinszielen überein.“ Toni Fischer und lernen in Europa“: „Wir engagieren uns für Vielfalt und Toleranz und haben das Ziel, das Miteinander und Lernen voneinander in Europa zu fördern. Die Projektidee von Herrn Roos stimmt somit eins zu eins mit unseren Vereinszielen überein“, sagt Toni Fischer, Vorsitzender des Vereins. Zudem hat der Verein schon Erfahrung mit Austauschprojekten zwischen Deutschland und Tschechien: Seit vier

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Europa Jahren organisiert er erfolgreich einen Austausch älterer Freiwilliger, die sich im Nachbarland ehrenamtlich engagieren wollen. Daher war es für den Vorstand und die Mitglieder ein Leichtes, dem Vorhaben des Politikers zuzustimmen. Mittlerweile nimmt das Projekt unter dem Titel „projekt:praktikum - Studentenpraktika im Nachbarland“ immer konkretere Formen an. Bei einem Treffen im Verein besprach Herr Roos mit der Geschäftsführerin Perdita Wingerter und ehrenamtlichen Praktikanten des Vereins die Rahmenbedingen des Projektes: Studenten aus beiden Ländern sollen die Möglichkeit bekommen, zwei bis drei Monate im Nachbarland ein Praktikum zu machen. Herr Roos und seine Mitarbeiterin Kamila Hansal helfen den Studenten, einen Praktikumsplatz in der Verwaltung, Universität oder in einem Betrieb zu finden und unterstützen sie mit einem Festbetrag finanziell. Simon Tagsold, Student der Kulturwirtschaft, ist begeistert: „Hilfe bei der Praktikums- und Wohnungssuche in einem anderen Land zu bekommen, finde ich persönlich sehr attraktiv.“

asc

Auf eine gute Zusammenarbeit: Perdita Wingerter, Geschäftsführerin von Gemeinsam leben und lernen in Europa und der Landtagsabgeordnete Bernhard Ross

„Eine tolle Erfahrung“ Im Rahmen des Projekts Praktikum habe ich den zweiten Monat meines Praktikums im Verein Gemeinsam Leben und Lernen in Europa absolviert. Gleich am ersten Tag durfte ich bei dem „Sprachpaten Projekt für Flüchtlinge“ anwesend sein. Dabei konnte ich sehen, wie die Zusammenarbeit mit den Flüchtlingen und Ausländern oft schwierig und anstrengend sein kann. Ich habe mich in den nächsten Tagen aber mit einem anderen Projekt beschäftigt, nämlich mit dem Projekt „Kinder erleben Kulturen“. Meine Aufgabe war es, die Kultur Tschechiens den deutschen Kindern näher zu bringen. Der Inhalt sowie das Konzept des Projekts waren ganz in meiner Regie. In der Zusammenarbeit mit der Geschäftsleiterin Perdita Wingerter und dem Mitglied des Vereins Zuzana (einer Tschechin, die schon jahrelang in Passau lebt), habe ich meinen Vortrag über Tschechien den Kindern erfolgreich präsentiert. Diese Arbeit hat mir viel Spaß gemacht, weil ich mit den Kindern sehr gern arbeite und außerdem konnte ich dabei meiner Kreativität freien Lauf lassen. Den Rest des Monats habe ich an einer Übersetzung vom Deutschen und Englischen ins Tschechische gearbeitet. Es handelte sich um

das Projekt „References for volunteers“ – ein Leitfaden über „Wie soll man Referenzen für Ehrenamtliche schreiben“. Diesen ganzen Leitfaden habe ich ins Tschechische übersetzt, sowie ein paar Tipps, wie man ein Arbeitszeugnis in Tschechien schreibt, hinzugefügt.

Zwei Monate lang hat die Tschechin Simona Hamernikov Einblick in die Arbeit des Vereins bekommen

Während meiner Tätigkeit bei dem Verein habe ich über das Ehrenamt viel gelernt und Einblicke in eine Ehrenamtliche Organisation gekriegt. Die Arbeit war sehr interessant und die Atmosphäre innerhalb des Teams sehr freundlich. Vor allem habe ich jetzt eine klare Vorstellung, wie es in einer solchen Organisation läuft, wie die Arbeit oft schwierig ist und welche Projekte bearbeitet werden. Es war für mich eine tolle Erfahrung! sh Ausgabe 10 - Dezember 2015

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Ehrenamt + Toleranz und Vielfalt + Integration + Chancengleichheit + Europa

10. Ausgabe von Miteinander

So vielf채ltig ...

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Miteinander. Das Magazin von Gemeinsam leben und lernen in Europa e.V.

Mit dieser Ausgabe feiert Miteinander Geburtstag: Zum mittlerweile zehnten Mal informiert die Zeitschrift 체ber die Projekte des Vereins. Seit der ersten Ausgabe, die im September 2010 erschien, stellt die Zeitschrift unter Beweis, wie vielf채ltig die Arbeit von Gemeinsam leben und lernen in Europa ist.


Ehrenamt + Toleranz und Vielfalt + Integration + Chancengleichheit + Europa

Das zeigen schon die zehn Titelbilder, die hier zu sehen sind: vom Aktionstag für Jungs über die Impulssenioren bis zu den Sprachpaten für Kinder und Flüchtlinge. Eine „Verjüngungskur“ gab es schon zur letzten Ausgabe. Dank der Arbeit des damaligen Bundesfreiwilligendienstlers Andreas Schrank erstrahlt die Zeitschrift seitdem im neuen Design.

...wie GLL

Ausgabe 10 - Dezember 2015

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EU-Projekt „SMILE“

(K)eine Frage des Alters Sichtlich Spaß hatten die Teilnehmer aus Deutschland, Polen und der Türkei bei ihrem 2. Treffen in Warschau/Polen

Ein trinationales Mentoringprojekt bringt Alt und Jung zusammen

Das Projekt SMILE wurde im Oktober 2013 in Passau aus der Taufe gehoben, die Partnerorganisationen in Warschau (Polen) und Bursa (Türkei) vorgestellt und ein Arbeitsplan entwickelt. Ziel ist es, ein Netzwerk zu schaffen, in dem Senioren und junge Leute aus Europa zusammenfinden, um sich gegenseitig kennen zu lernen und zu unterstützen: die Senioren durch Betreuung und Hilfe in beruflicher Hinsicht und die jungen Leute durch Bereitschaft im Gastland zu leben und zu studieren oder zu arbeiten. So reiste das Team von unserem Verein vom 07. bis 10. Mai 2014 nach Warschau und vom 17. bis 20. Oktober 2014 nach Bursa, um gemeinsam Grundlagen für eine generationsverbindende Zusammenarbeit zu erarbeiten. Mit vielen Ideen im Gepäck kamen wir in der polnischen Hauptstadt an: Texte mit Volksliedern, einer Rautenfahne, einem Video-Clip zur Vorstellung der Teilnehmer und deren Wohnort, Interviews der Senioren mit einer jungen Person aus dem persönlichen Umfeld u.a. Bei Ankunft am Flughafen wurden wir von Ula und Maria fröhlich empfangen und zum Hotel gebracht, um dann alle Anderen beim Dinner bei

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englischer Konversation kennen zu lernen. Im Verlaufe des Treffens stellten die Gruppen sich vor, es wurden Paare gebildet (Jung und Alt – Mentor/Mentee) die sich gegenseitig interviewten (Was hast du in meinem Alter gemacht?, Was stellst du dir vor zu machen, wenn du so alt bist wie ich?). Wir durchquerten einen Teil der Innenstadt mit einem „City Game“ incl. Aufgabenlösung. Zur Teilnahme an der Schuman Parade bemalten wir T-Shirts mit europäischen Symbolen, bereiteten Spiele vor und teilten die Aufgaben im Zelt ein. Die Interaktion mit Besuchern an unserem Stand war sehr gut. Höhepunkt war abschließend die Teilnahme auf dem Zugwagen bei der Parade, wobei wir „Jungen und Alten“ uns bei den fetzigen Klängen der Musik noch näher kamen. Das Treffen war für mich als älteren Teilnehmer ein erster Schritt, mich jungen Leuten als Mentor zur Verfügung zu stellen. Die abenteuerliche Anreise verlief am 17. Oktober wie folgt: strömender Regen am frühen Morgen, Istanbul, U-Bahn, Bus, Rush Hour auf der Fahrt durch die Stadt, Fähre, weiter Bus-Transfer nach Bursa, Ankunft 22.45 Uhr. Wir wurden von unseren türkischen Freunden

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Ausgabe 9 - Juli 2014

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Ehrenamt + Europa

sehnlichst erwartet – die polnische Delegation war noch unterwegs. Mit der persönlichen Vorstellung eröffneten wir am nächsten Vormittag unsere Arbeitsrunde, es folgten nach Besprechung des Tagungsablaufes interessante Denk- und Geschicklichkeitsspiele. Nach Vorbereitung des „City Hunting“, der Stadterkundung Bursas in zwei Gruppen, starteten wir die Fotosafari und durchstöberten den großen „Bazaar“ mit all seinen Düften und Seidensowie Wollstoffen. Besonders eindrucksvoll waren die „Grüne und Große Moschee“, das Künstlerviertel (Fayencen) und das orientale Bild der Menschen und deren Lebensweise. Ganz besonders faszinierten mich einerseits das emsige Treiben an den Marktständen, andrerseits die Ruhe in den Moscheen und die Ruhe ausstrahlenden Plantanen. Aber auch die Köstlichkeiten wie Kebab, Süßspeisen, kandierte Esskastanien waren eine ständige Verführung. Der Besuch einer abendlichen „Derwisch-Aufführung“ beeindruckte durch den gemeinsamen Tanz einiger Angehöriger des isla-

Ein internationales „Traumpaar“ waren Mustafa (Türkei) und Margot (Deutschland)

mischen Ordens, deren völliges Aufgehen in der begleitenden Musik und das andächtige Verhalten der Gäste. Aber auch unser Arbeitsziel „Senior mentors for young Europeans“ wurde einen ganzen Tag in den Mittelpunkt gestellt. Die einzelnen Delegationen stellten nochmals die Arbeit in ihren Organisationen, insbesondere auch die ehrenamtliche Tätigkeit, vor. Schwerpunkt war jedoch die Erarbeitung eines Leitfadens, wie Senioren und junge Leute generationsübergreifend zusammenfinden, was sie voneinander erwarten und was sie daraus lernen. Es wurden die Erwartungen, Angebote, Wünsche beider Seiten erarbeitet und auch die Möglichkeiten der Kontaktaufnahme aufgezeigt. Die Rückreise bot noch viel Diskussionsstoff. Das abschließende Seminar Seminar (Study Visit) findet vom 12.-14. April 2015 in Passau statt. Hier soll das Konzept für ein „Mentoring Programm“ und auch die finanziellen Möglichkeiten, Förderung und Umsetzung erörtert werden. hpw

Die deutsche Gruppe im Warschauer Zentrum

Ausgabe Ausgabe 10 - Dezember 10 - Juni 2015

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Ehrenamt + Europa

EU-Projekt „Words Connecting Generations“

Geschichte bringt Menschen zusammen

Der österreichische Partner „coobra“ stellte seine Projekte in Wien vor. Dazu zählen etwa das Sammeln von Lebensgeschichten „durchschnittlicher“ Österreicher

Im April 2013 ging es zum zweiten Partnerschaftstreffen der Grundtvig Lernpartnerschaft „words connecting generations: Worte verbinden Generationen“. Seit dem ersten Kennenlernen in Liberec (November 2012) waren einige Monate vergangen, in denen neue Aktionen auf lokaler Ebene angestoßen wurden und via Internet ein fleißiger Austausch über gute Beispiele zum Thema ‚mündlich erzählte Geschichte‘ entstanden war.

mit einem konkreten Wohnhaus verknüpft waren. Was geschah eigentlich mit den jüdischen Bewohnern, die 1938 ihre Wohnungen verlassen mussten? An dritter Stelle besuchten wir das Projekt „MenschenLeben“ der Mediathek Österreich. Hier lernten wir zunächst die ambitionierten Ziele kennen: das Team will in ganz Österreich die Lebensgeschichten „durchschnittlicher“ Menschen sammeln, archivieren und für andere Projekte zugänglich machen. Besonders spannend war hier der Einblick in die Archivierung des Datenmaterials, der uns gegebe wurde.

In Wien stand nun der Kooperationspartner „coobra“ im Mittelpunkt. unser Besuch war In der Herklotzgasse 21 wird aber auch mit Am letzten Tag Geschichte konkret einem Kennenlerdes Treffens stand nen anderer lokaler Organisationen ver- der praktische Teil auf dem Programm: bunden, welche sich mit der Thematik Wie führt man eigentlich am besten ein auseinandersetzen. So besuchten wir Video-Interview durch? Hierfür standen die Herklotzgasse 21 – ein komplexes uns Jugendliche des Projekts „SpaceProjekt, welches sich mit der jüdischen lab“ tatkräftig zur Seite und unterGemeinde in diesem spezifischen Wie- stützten uns in Fragen wie: Auf welche ner Bezirk befasst. Die Ergebnisse der technischen Details ist zu achten? Wie aufwendigen Recherchen werden in schneide und bearbeite ich das Videoverschiedenen Formen der Öffentlich- material? Wie bekomme ich am Ende keit zugänglich gemacht, einen guten einen stimmigen Film? Damit wurden Überblick und viele weitere Informati- die spannenden, geselligen und erfahonen bietet die Homepage www.her- rungsreichen Tage in Wien perfekt abklotzgasse21.at. Unser zweiter Besuch gerundet. Geschichte ist ein Thema, das führte uns zum Projekt der Serviten- Menschen zusammenführt, das habe gasse 1938. Hier stand die Aufarbeitung ich definitiv lernen und erfahren können von Geschichten im Mittelpunkt, die in dieser Zeit. kaz 22

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Ausgabe 9 - Juli 2014

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Ehrenamt + Europa

EU-Projekt „Impulssenioren“

Ehrenamt kennt keine Grenzen In Austausch-Projekten mit tschechischen Partnern erleben Freiwilige ab 50 Gemeinsamkeit und interkulturelle Vielfalt. Die Teilnehmer können ihre Erfahrungsschätze weitergeben und erhalten gleichzeitig neue Impulse.

Obwohl die Grenze so nahe liegt, kennen sich die Nachbarn an der bayerisch-tschechischen Grenze trotz der Grenzöffnung immer noch kaum. Um Menschen auf beiden Seiten näher zusammenzubringen, organisierte der gemeinnützige Verein Gemeinsam leben und lernen in Europa e.V. von 2010 bis 2014 einen Austausch von älteren Freiwilligen. Aktive Senioren aus dem Raum Passau sowie aus Prag bzw. Pilsen erhielten so die seltene Gelegenheit, sich drei Wochen lang im Nachbarland ehrenamtlich zu engagieren. Die Senioren konnten so ihre Deutsch- bzw. Tschechischkenntnisse verbessern, ihre Erfahrungen aus Beruf und Ehrenamt einbringen, neue Ideen und Impulse mit nach Hause bringen, aber vor allem nette Menschen kennenlernen und neue Freundschaften schließen. „Ich interessiere mich für unser Nachbarland Tschechien und wollte meine Schere im Kopf über den eisernen Vorhang verändern“, beschreibt Günter Kastenhuber aus Salzweg seine Motivation, an einem Austausch mit Tschechien teilzunehmen. Jochen Peters war neugierig, wie Ehrenamt in Tschechien funktioniert, während Valentine Antoni einfach gerne reist und

neugierig auf andere Länder und Menschen ist. Durch die beiden Projekte „New Horizons for active Seniors“ mit der nationalen Freiwilligenagentur HESTIA von 2010 bis 2012 und „ImpulsSenioren - aktive Senioren in der Grenzregion Bayern – Böhmen“ von 2013 bis 2014 mit dem Freiwilligenzentrum TOTEM konnten sie drei Wochen in Prag bzw. Pilsen verbringen und sich dort freiwillig engagieren. Perdita Wingerter, Geschäftsführerin des Vereins, hat das Projekt aus zweierlei Gründen initiiert: „Zum einen ist es unser Vereinsziel, Menschen in Europa zusammenzubringen, damit sie Gemeinsamkeiten entdecken, aber auch Wissen und Erfahrungen austauschen können. Insgesamt wollen wir Europa für Menschen erlebbar machen. Zum anderen bedauere ich, dass bisher fast ausschließlich junge Menschen die Möglichkeiten europäischer Austauschprogramme nutzen. Dies auch älteren Menschen zu ermöglichen, finde ich ungeheuer wichtig, schließlich verfügen diese über eine Menge Erfahrung und Wissen, die sie weitergeben können. Wir können nur voneinander lernen.“ Ausgabe 10 - Dezember 2015

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Ehrenamt + Toleranz und Vielfalt + Integration

Kulturhauptstadt Europas 2015: Die Pilsener sind stolz auf ihre Heimat Und gelernt haben die Teilnehmer viel miteinander und voneinander: Valentine Antoni aus Passau und Johannes Schmidt aus Ruderting arbeiteten drei Wochen lang in der Jüdischen Gemeinde mit. „Hannes und ich brachten alten Pflegebedürftigen täglich Essen und machten Besuchsdienst. So habe ich Prag wirklich gut kennen gelernt und viele interessante Gespräche geführt.“ Besonders bewegend waren für die ersten Teilnehmer die Begegnungen mit Opfern des Holocaust. Deren persönliche Erzählungen haben alle betroffen gemacht. „Ich hoffe, dass wir dazu beitragen konnten, das negative Bild von Deutschen zu verbessern. Denn irgendwie waren wir auch Botschafter Deutschlands“, betont Kastenhuber. Die anderen Teilnehmer wurden im Zentrum für soziale Dienste in Bechovice in der Nähe von Prag eingesetzt. „In Tschechien ist das Ehrenamt gar nicht so verbreitet, wie bei uns“, fiel allen Teilnehmern auf. „Daher wurden wir am Anfang eher als Gäste behandelt, da man sich anscheinend nicht vorstellen konnte, dass wir wirklich mit anpacken würden. Wir mussten uns anfangs regelrecht aufdrängen,“ erinnert sich Michael Bauer. Aber nach kurzer Zeit legte sich das und die Teilnehmer halfen in der Seniorenbetreuung mit, legten einen Garten in einem Frauengefängnis an, reparierten die Boccia-Bahn im Seniorenzentrum, gestalteten einen Seniorennachmittag mit Dia-Vortrag und Musik. In Pilsen ar

beiteten die Freiwilligen direkt im Freiwilligenzentrum mit, z.B. bei der Organisation von Veranstaltungen wie dem „Festival der Dritten Generation“, im ehrenamtlich organisierten Deutschunterricht oder in der Betreuung von Kindern und Senioren. Der Bildhauer Christian Zeitler nutze die Gelegenheit, Kontakte zu Künstlern in Pilsen zu knüpfen, um vielleicht gemeinsame Kulturprojekte zu organisieren. Schließlich ist Pilsen dieses Jahr Europäische Kulturhauptstadt. Und die tschechischen Teilnehmer leisteten während ihres Aufenthaltes Beeindruckendes: Sie arbeiten in der Betreuung von Senioren oder behinderten Menschen mit. Die Künstlerin Alena Laufrová organisierte z.B. Kreativworkshops im Altenheim und für Behinderte oder Petr Kostner einen Fotoworkshop. Freiwillige aus Pilsen halfen bei einer Jahresausstellung südböhmischer Künstler in Passau, dem „Intersalon AJV“ 2013 mit, bevor das Jahrhunderthochwasser nicht nur die Galerie, sondern auch ihre Pension überschwemmte. Und beim letzten Austausch in Passau halfen die Freiwilligen bei der Organisation des Interkulturellen Festes in Passau mit und waren für die Koordination der tschechischen Gruppen zuständig. „Sogar zwei weitere, noch gar nicht geplante Gruppen konnten durch diese für unser Fest geworben werden,“ freute sich Christiane Kickum, Geschäftsführerin des City Marketing Passau, welche das Festival koordiniert

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Miteinander und voneinander lernen die Teilnehmer. Dabei entstehen Freundschaften - länderübergreifend


Ehrenamt + Toleranz und Vielfalt + Integration hatte. „Die drei waren wirklich eine große Hilfe!“ In ihrer Freizeit haben die Teilnehmer die Kultur des Nachbarlandes weiter erfahren und hatten Gelegenheit, Senioren aus der Region kennenzulernen. So entstanden auf Freundschaften. „Ich muss wirklich sagen, dass mein Bild von Deutschen nun ganz anders ist,“ erzählt zum Beispiel Jiří Jehlík. „Sie sind viel lockerer und freundlicher. Und sehr gastfreundlich“. Aber vom Austauschprogramm profitierten nicht nur die beteiligten Senioren, auch die beiden entsendenden Organisationen stehen in regem Austausch und werden so zunehmend miteinander vernetzt. Dadurch werden wiederum neue Ideen von einer Seite zur anderen getragen. „Ich würde auch gerne so ein richtiges Zentrum aktiver Bürger haben, wie TOTEM, das vielfältige Möglichkeiten für Begegnungen und Aktionen für alle Generationen an einem Ort bietet. Darauf bin ich wirklich neidisch!“ erklärt Perdita Wingerter. Und Hestia und TOTEM haben durch den Austausch neue Anregungen bekommen, welche neuen Einsatzfelder es für die Freiwilligenarbeit gibt. Darüber hinaus leitet Michael Bauer nun in seiner Gemeinde Ruderting den Arbeitskreis „Stachy“ der tschechischen Partnergemeinde und regte seitdem zahlreiche gegenseitige Besuche an. Johannes Schmidt, der den Bayerischen Waldverein leitete, organisierte für seinen Verein Deutsch-Tschechische Jugendbegegnungen und gemeinsame Wanderungen sowie zahlreiche Wanderungen in Tschechien. Jiří Jehlík, der ebenfalls in einem Wanderverein in Pilsen aktiv ist, hat wiederum Kontakt mit dem Wanderverein Passau aufgenommen. Erste gemeinsame Aktionen sind schon in Planung. Insgesamt waren alle Beteiligten begeistert von dem Austauschprojekt älterer Freiwilliger, bei dem viele neue Kontakte sowie nachhaltige gemeinsame Projekte und Aktivitäten entstanden sind. Vor allem die Senioren waren froh, sich auf ihre „alten Tage“ noch einmal auf so ein Abenteuer eingelassen zu haben. Und das es nie für ein Abenteuer zu spät ist, beweist die Tschechin Hana Šimánová: Sie war mit ihren 85 Jahren die älteste Teilnehmerin. Zurzeit hat sie Besuch: Ihre deutsche Freundin Gertraud Wander verbringt ein paar Tage bei ihr in Pilsen. pw

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Ehrenamt + Toleranz und Vielfalt + Integration + Chancengleichheit + Europa

Preise-Galerie

Ausgezeichnet! Die gute Arbeit die Gemeinsam leben und lernen in Europa leistet, zeigt sich nicht nur am Erfolg der Projekte, sondern auch durch die zahlreichen Auszeichnungen, die der Verein schon erhalten hat. 2014 und 2015 wurde Gemeinsam leben & lernen in Europa sogar auf europäischer Ebene ausgezeichnet. Grund genug für Miteinander einen Blick auf die Ehrungen zu werfen!

Im Juni hat Gemeinsam Leben und Lernen in Europa e.V. den Europäischen Bürgerpreis erhalten. Die Auszeichnung des Europäischen Parlaments würdigt besondere Leistungen für die Zusammenarbeit in Europa und die Förderung der gemeinsamen Werte. Ismail Ertug, der für die Oberpfalz und Niederbayern im Europäischen Parlament sitzt, hatte den Verein für die Auszeichnung vorgeschlagen. Geschäftsführerin Perdita Wingerter nahm den Preis bei einer Verleihung Mitte Oktober in Brüssel entgegen.

2014 erreichte GLL den dritten Platz beim “Publikumspreis Deutscher Bürgerpreis”. Unter dem Motto „Vielfalt fördern – Gemeinschaft leben!“ konnten sich Projekte in einem Kurzvideo vorstellen, über die das Publikum anschließend online abstimmte. 647 User gaben ihre Stimme für den Kurzfilm ab, den der Ehrenamtliche Franz Szabo und die Studentin Lisa Hottner in etwa 150 Stunden produziert hatten.Es gab ein Preisgeld von 500 Euro.

Auch auf europäischer Ebene wurde der Verein 2014 geehrt. So erhielt er von Volonteurope, einer europäischen Dachorganisation für Freiwilligenorganisationen, den „Active Citizens of Europe Award“. - als erste deutsche Organisation. Gewürdigt wurden das vielfältige Engagement des Vereins und die Förderung europäischer Ideen. Geschäftsführerin Perdita Wingerter nahm den Preis persönlich in Malta von dessen Präsidentin, MarieLouise Coleiro Preca, entgegen.

Im September 2014 konnte sich Gemeinsam leben & lernen in Europa über die „Europa-Lilie“ für bürgerschaftliches Engagement freuen. Sie wird von EuropaProfessionell, der Hauptstadtgruppe der Europa-Union Deutschland, verliehen. Den Preis erhielt der Verein vor allem, weil er sich für Menschen einsetzt, die unter Ungleichheiten und Diskriminierung leiden, und ihnen somit eine Stimme schenkt.

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Ehrenamt + Toleranz und Vielfalt + Integration + Chancengleichheit + Europa

Das Projekt „Kinder – Erleben – Kulturen“ bescherte Gemeinsam leben & lernen in Europa 2013 eine Auszeichnung von „Deutschland - Land der Ideen - Ideen für die Bildungsrepublik“. Der Preis, der von einer Jury vergeben wird, würdigt damit Initiativen, die die Bildungsgerechtigkeit bei Kindern und Jugendlichen stärken. Bei „Kinder – Erleben – Kulturen“ lernen Kinder in interkulturellen Workshops unterschiedliche Länder und Kulturen mit all ihren fünf Sinnen kennen, ohne dass dabei Vorurteile bestärkt werden.

Deutschland - Land der Ideen/Sebastian Widmann

Der Interkulturelle Frauentreff wurde 2014 mit dem Frauenförderpreis der SPD Niederbayern geehrt. Unter dem Motto „Frauen – Erleben – Kulturen“ treffen sich Frauen einmal im Monat zu verschiedenen Aktivitäten.

Bereits seit 2011 ist der Verein Preisträger von „Ideen Initiative Zukunft“, das er ebenfalls für das Projekt „Kinder – Erleben – Kulturen“ erhalten hat. Die Auszeichnung wird von dm und der Deutschen UNESCOKommission vergeben und unterstützt die UN-Dekade „Bildung für nachhaltige Entwicklung“.

Auch die Regierung von Niederbayern hat die Leistung des Vereins gewürdigt. 2011 verlieh sie für den interkulturellen Frauentreff den Integrationspreis Niederbayern und lobte damit die Arbeit des Vereins gegen Diskriminierung und für Integration. Die Auszeichnung ist mit einem Preisgeld von 1.000 Euro dotiert.

Der Ehrenamtspreis der CSU Passau-Stadt ging 2010 an Gemeinsam leben & lernen in Europa. Der Preis würdigte in der Kategorie Soziales das Projekt Tatennetz. Auf einer Internetplattform können gemeinnützige Organisationen aus Passau nach Ehrenamtlichen suchen. jv

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Themengebiet

Zweiseitige Vorlage Nr. 3

Sprachpaten für Flüchtlinge Ehrenamtliche Paten treffen sich einmal pro Woche mit ihrem erwachsenen „Patenkind“, um es beim Erlernen der deutschen Sprache zu unterstützen.

Seit Juni 2014 gibt es das Projekt „Rede mit mir: ehrenamtliche Sprachpaten für Flüchtlinge“. Kathrin Zenger, Projektkoordinatorin des Sprachprojekts für Flüchtlinge, zieht eine bisherige Bilanz.

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Wie viele Personen nehmen zurzeit an dem Projekt teil? Ausgebildet wurden 18 Sprachpaten, darunter auch sieben Frauen. Obwohl ursprünglich eine individuelle Sprachförderung vorgesehen war, erreichen unsere 16 aktiven Sprachpaten über 36 Flüchtlinge aus Stadt und Landkreis Passau. Aus welchen Ländern stammen die Flüchtlinge? Berichten sie oft von ihrer Flucht? Viele unserer Lernenden kommen aus Syrien, Afghanistan, dem Kongo oder Nigeria. Von den Sprachpaten wird unterschiedliches berichtet, was das Reden über Fluchterfahrungen angeht. Einigen hilft es, viel darüber zu reden, für andere ist die Erinnerung zu schmerzhaft. Unsere Sprachpaten gehen sehr sensibel mit

der Thematik um, schließlich soll keine Retraumatisierung erfolgen. Wie alt sind die Flüchtlinge? Durchschnittlich sind sie 30 Jahre alt. Meistens flüchten eher jüngere, volljährige Männer aus ihren Heimatländern. Kam es schon vor, dass es aufgrund kultureller Unterschiede zu Spannungen zwischen Pate und Flüchtling kam? Mit ist bis jetzt nichts derartiges bekannt. Wir haben bereits in der Vorbereitung der Ehrenamtlichen darauf geachtet, mögliche Ursachen für kulturelle Missverständnisse offenzulegen und diese damit von vornherein zu vermeiden. Außerdem achten wir darauf, dass Frauen möglichst weibliche Sprachpatinnen bekom-

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Themengebiet in entsprechender Farbe

„Der Zulauf ist enorm“ men und Männer männliche Sprachpaten. Woher kommen die Paten und wie alt sind sie im Durchschnitt? Die Paten sind im Durchschnitt Mitte bis Ende vierzig Jahre alt und kommen aus Stadt und Landkreis Passau. Mich freut es besonders, dass wir so viele Männer und Berufstätige gewinnen konnten. Aber auch Studenten, Arbeitssuchende oder Rentner engagieren sich als Sprachpaten. Wie werden die Flüchtlinge auf das Projekt aufmerksam? Die Kontakte wurden zu Beginn über die Organisatoren des Asylcafés Passau und des Frauencafés der NoBorder Gruppe Passau hergestellt. Wir bekamen so Kontakt zu Per-

sonen, die bereits etwas Deutsch sprachen und sich enorm darum bemühen, hier Fuß zu fassen. Beispielsweise besuchen viele von ihnen ehrenamtlich organisierte Deutschkurse der Evangelischen Studierendengemeinde Passau. Mittlerweile kommt es jedoch auch häufig vor, dass wir aktiv angerufen oder angeschrieben werden. Welches Feedback bekommt der Verein von den Flüchtlingen und Sprachpaten? Die Rückmeldungen sind enorm positiv. Allein die Bereitschaft, sich um mehr als einen Lernenden zu kümmern oder sich länger als die vorgesehene eine Stunde in der Woche miteinander zu treffen, zeigt, wie begeistert beide Seiten von dieser Form der Sprachförderung sind. Ausgabe 10 - Dezember 2015


Ehrenamt + Toleranz und Vielfalt + Integration + Chancengleichheit

Wo treffen sich die Teilnehmer für die Deutschstunde? Viele treffen sich in der Europabücherei in Passau oder aus praktischen Gründen in den Unterkünften. So sind beispielsweise zwei Sprachpatinnen direkt vor Ort in Wegscheid aktiv. In der eigentlich für eine Person ausgerichteten Deutschstunde sitzen dann manchmal bis zu fünf Flüchtlinge zusammen mit der Patin, da jeder von ihnen seine Deutschkenntnisse verbessern möchte. Aus dem „einen Tandem“ wird dann ein Gruppentandem (lacht). Welche Voraussetzungen muss ich erfüllen, um als Sprachpate aktiv zu sein? Vor allem ist es wichtig, dass man viel Freude und Engagement mitbringt, anderen Menschen etwas beizubringen und Spaß am Dialog hat. Auf alles andere werden Interessenten in unserer fünfteiligen Schulungsreihe vorbereitet. Welche Kenntnisse werden durch die Schulung vermittelt? Die von uns eingeladenen Referenten vermitteln unter anderem Hintergrundwissen zum Thema Asyl in Europa und Deutschland. Es gab außerdem die Themenschwerpunkte „interkulturelles Training“ und „didaktisch-pädagogisches Basiswissen zur Deutschförderung“. Aber auch die Erwartungen an das Ehrenamt als Sprachpate selbst, wie man sich beispielsweise in schwierigen Situationen verhalten kann oder es sich vermeiden lässt, sich bis zum Burnout zu engagieren, sind wichtige Themen unserer Schulung. Nicht zu vergessen, auch andere Organisationen oder Ansprechpartner vor Ort sichtbar zu machen! Als Einzelkämpfer lassen sich die vielfältigen Probleme, mit denen die Flüchtlinge konfrontiert sind, keinesfalls lösen. Erhalten die Flüchtlinge auch eine Schulung? Der Verein schult auch die Flüchtlinge. Darin geht es neben dem Konzept „Ehrenamt“ vor allem um die deutsche Mentalität. Wir erklären den Flüchtlingen dabei beispielsweise, dass Deutsche sehr großen Wert auf Pünktlichkeit legen oder Unzufriedenheit mitunter sehr direkt geäußert wird. Auf welcher Idee basiert das Sprachpatenprojekt für Flüchtlinge? Im letzten Jahr startete bereits unser Sprachpatenprojekt für Kinder mit Migrationshintergrund. Ehrenamtliche Sprachpaten helfen den Kindern, die alle im Alter von 6 bis 16 Jahren 30

sind, beim Erlernen der deutschen Sprache als Zweitsprache. Der Zulauf darauf war enorm. Wie habt ihr die Bevölkerung auf euer Projekt aufmerksam gemacht? Großen Zulauf fand unser Presseartikel „Männer gesucht“, der in der PNP erschienen ist. Ansonsten haben wir bereits bestehende Kontakte im Verein genutzt. Wir wollten erst einmal klein starten, um zu schauen, ob das Konzept auch für die veränderte Zielgruppe funktioniert. Das Interesse an einer neuen Ausbildungsreihe für Sprachpaten für Flüchtlinge ist bereits so enorm, dass wir daran arbeiten und sehr hoffen, das Projekt im nächsten Jahr fortführen zu können. „Gemeinsam mehr erreichen“ ist das Motto des Vereins. Der Verein hat es sich zum Ziel gesetzt, die Diskriminierung und Ungleichheiten in Gesellschaft, Bildung und Arbeitswelt zu beseitigen und die Chancengleichheit für alle zu erreichen. Erhält der Verein finanzielle Unterstützung für das Sprachpatenprojekt? 7.000 Euro bekommen wir vom Bayerischen Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Migration, welches ehrenamtliche Sprachprojekte für Flüchtlinge fördert. Koordiniert wird dieses Projekt von der Landesarbeitsgemeinschaft für Freiwilligenagenturen Bayern (lagfa Bayern e.V.). Das Geld deckt die entstandenen Unkosten, beispielsweise die Materialien, die wir unseren Sprachpaten zur Verfügung stellen. Die ganze Arbeit, die hinter dem Projekt steckt, wurde jedoch ehrenamtlich geleistet. Dennoch müssen wir ganz klar sagen, dass es das Projekt ohne die finanzielle Förderung nicht gegeben hätte. Wie sieht die Förderung für das kommende Jahr aus? Bislang wissen wir leider noch nichts Genaues, ob es wieder eine Förderung vom Ministerium geben wird. Wir suchen jedoch auch nach alternativen Möglichkeiten, um das Projekt erhalten und ausbauen zu können. Gibt es denn schon Sprachpateninteressenten, falls eine erneute Schulungsreihe angeboten wird? Auf unserer Warteliste für eine neue Schulungsreihe stehen bereits 13 Personen. Das Interesse an unserem Projekt ist damit definitiv vorhanden. Interview: Carmen Missal

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Ehrenamt + Toleranz und Vielfalt + Integration + Chancengleichheit + Europa

Website & Facebook

Vernetzt mit dem Verein Für fast 80 Prozent der Deutschen ist es Bestandteil ihres Lebens: das Internet. Dieses Ergebnis der ARD/ZDF-Onlinestudie 2014 bedeutet, dass rund 55 Millionen Menschen über 14 Jahre in Deutschland online sind. Und die Zahl steigt weiter an – gerade bei den Über-60-Jährigen. Für einen Verein wie Gemeinsam leben und lernen in Europa ist es daher unverzichtbar, im Internet gefunden zu werden – um Projekte bekannt zu machen und Menschen für die Arbeit der Organisation zu begeistern. Mit seiner Website www. gemeinam-in-europa.de war GLL durchaus im Netz vertreten, die Seite im Laufe der Zeit aber in die Jahre gekommen. Doch seit Januar 2015 ist dies anders. Der Informatiker Thomas Paulik hat sich der Seite angenommen und ihr zu neuem Glanz verholfen. Übersichtlich sind nun die Informationen zu einzelnen Projekten zu den passenden Themen „Vielfalt und Toleranz“, „Chancengleichheit“, „Ehrenamtliches Engagement“, „Integration von Benachteiligten“ und „Miteinander in Europa“ zugeordnet. Das war für Paulik bei der Konzeption der Seite auch entscheidend: „Besonders wichtig war mir, eine Homepage zu entwickeln, die die Ziele, Aufgaben und die Mentalität des Vereins, der mit aller Liebe, Kraft und Zuneigung für ein gemeinsames Europa kämpft, so gut wie möglich an andere Menschen weitervermitteln kann.“ Ebenso können Besucher der Seite nun in einem ansprechenden Layout Kommentare ehemaliger Praktikanten lesen sowie Pressemitteilungen nachverfolgen oder sich im Veranstaltungskalender über zukünftige Aktionen informieren. Wer gerne im Internet einkauft und den Verein unterstützen möchte, findet auch einen Link zu boost. Wenn über diese Seite in einem der Partnershops - darunter amazon.de, bahn. de oder otto.de – bestellt wird, spendet die jeweilige Firma einen kleinen Teil der Einkaufssumme an den Verein.

Auch für das mobile Zeitalter ist der Verein nun gerüstet, denn die Seite verfügt über ein sogenanntes Responsive Design. Das bedeutet, dass die Website nicht nur am Computer, sondern auch auf den kleineren Bildschirmen von mobilen Endgeräten wie Smartphone oder Tablet passend angezeigt wird. „Ich habe mich für das Responsive Design entscheiden, weil es schön aussieht, auf allen Geräten gemäß deren Eigenschaften bestmöglich dargestellt wird und benutzerfreundlich ist“, so Thomas Paulik. Wie wichtig dieser Ansatz ist, belegt auch die Studie von ARD und ZDF. Jeder Zweite, der im Internet surft, ist inzwischen auf einem mobilen Gerät unterwegs. Abgesehen von den neuen, technischen Raffinessen für den Leser bietet die von Paulik selbst entwickelte Software einen weiteren Vorteil: die einfache Handhabung „im Hintergrund“. So können neue Inhalte für die Seite kinderleicht und ohne große Vorkenntnisse eingestellt und damit Zeit und Nerven gespart werden. Aber nicht nur die neue Vereins-Website lohnt einen Besuch! Auch auf Facebook ist Gemeinsam leben und lernen sehr aktiv. Auf der Seite des Vereins (www.facebook. com/pages/Gemeinsam-leben-und-lernen-in-EuropaeV/175093499167574) werden die „Facebook-Freunde“ auf dem Laufenden gehalten: Es wird zu Events eingeladen, über neue Projekte berichtet oder auf interessante Artikel hingewiesen. Aktuelle Bilder über die Arbeit des Vereins dürfen natürlich auch nicht fehlen. Gerade die Vernetzung über Facebook, die weit über Landesgrenzen hinweg reicht, nutzt der Verein auf der Seite gerne, um Vereinsinteressierten auf der ganzen Welt zu informieren. Dies ist schließlich ganz im Sinne eines der Ziele des Vereins Gemeinsam leben und lernen in Europa: Menschen miteinander zu vernetzen. sk / jv

Ausgabe 10 - Dezember 2015

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Ehrenamt + Europa

Study Visit Rumänien

Voneinander lernen lernen Vom 8. bis zum 28. November fand in Cluj-Napoca (Rumänien) das Event „Job shadowing - youth workers hunt learning“ statt. Unsere Bundesfreiwilligendienstleistende Sabrina Kanski berichtet von ihren Erfahrungen und Eindrücken.

Sabrina, du hast an „job shadowing“ teilgenommen. Möchtest du vorab erklären, was genau das eigentlich ist? Frei übersetzt bedeutet es ungefähr mit „jemanden bei seiner Arbeit über die Schulter blicken“. Hier arbeiten Leute aus ähnlichen Berufsfeldern zusammen, um voneinander zu lernen und Erfahrungen auszutauschen. Auch bei großen Firmen und Organisationen ist es mittlerweile eine beliebte Methode für den Austausch von Erfahrungen und das Erlangen neuer Fähigkeiten. Wer außer dir hat denn daran teilgenommen? Es gab acht weitere Teilnehmer von Organisationen aus Bulgarien, England, Litauen, Lettland, Italien, Portugal, Ungarn und Polen. Nicht zu vergessen sind natürlich unsere vier rumänischen Gastgeberinnen. Was waren die Hauptthemen dieses Events? Es ging um den sogenannten European Voluntary Service, oder auf Deutsch europäischer Freiwilligendienst. Das ist ein Angebot im Rahmen von Erasmus+, das jungen Menschen die Möglichkeit bietet an einem Projekt im Ausland teilzunehmen. Das Projekt wird in der Regel von einer gemeinnützigen Organisation durchgeführt. Der Freiwillige arbeitet an diesem Projekt mit und für die Dauer des Auslandsaufenthaltes wird ihm Unterkunft und

Nur ein Beispiel für „Non-FormalEducation“: Eine Mindmap

Verpflegung gestellt. Im Prinzip ist es der Bundesfreiwilligendienst auf europäischer Ebene. Das zweite große Thema war „non formal education“, eine Art des Lernens, bei der interaktiv gearbeitet wird. Würdest du sagen, dass du viel in Rumänien gelernt hast? Auf jeden Fall! Über „non-formal education“ habe ich von den Basics bis hin zur Durchführung viel gelernt und einige hilfreiche Tipps aus der Praxis mit nach Deutschland genommen. „Non-formal education“ ist ein lose definierter Oberbegriff für viele Arten des strukturierten Lernens. Es unterscheidet sich von „Formellen Lernen“, wie man es aus der Schule kennt, vor allem dadurch, dass es während anderen Aktivitäten stattfindet, z.B. durch Workshops, im Berufs- und Alltagsleben. Die Art der „non-formal education“, mit der wir gearbeitet haben, befasst sich mit praktischen Übungen und deren anschließender Reflexion, die in Workshops abgehalten werden. Fällt dir ein Beispiel ein, wie diese „non formal education“ für euch ausgesehen hat? Eine der Übungen, die mir gut gefallen hat, hieß Sprachbarriere. Die Teilnehmer kommen in einen Raum, in dem sie Beamte (diese werden von den Gruppenleitern gespielt) erwarten, die ihnen einen Asylantrag in die Hand drückten. Außer „Ihr habt fünf Minuten Zeit, das hier auszufüllen“ sagen sie nichts. Wenn einer der Teilnehmer ihnen ein Frage stellt, verstehen sie ihn nicht, und antworten stattdessen in einer fiktiven Sprache und gestikulieren, er solle sich auf seinen Platz zurücksetzen. Nach fünf Minuten rufen die Beamten einen nach dem anderem nach vorne und bearbeiten die Anträge. Wenn gewisse Fragen mit einer „falschen“ Antwort beantwortet wurden oder formale Fehler (auch Kleinigkeiten) auftreten, lehnen sie den Antrag sofort ab und rufen sofort den nächsten nach vorne. Die Beamten lassen sich auf keine Diskussion ein, antworten wenn dann mit einer fiktiven Sprache. Im Anschluss schlüpfen alle aus ihrer Rolle und diskutieren mit den Teilnehmern über das, was gerade geschehen ist. Ziel ist es die Teilnehmer für Asylsuchende und Flüchtlinge zu sensibilisieren und darauf hinzuweisen, wie wichtig sprachliche und interkulturelle Bildung ist.

Miteinander. Das Magazin von Gemeinsam leben und lernen in Europa e.V.


Ehrenamt + Europa Die Stadt Cluj-Napoca

Eine alternative Art des Lernens also, aber funktioniert das Lernen so überhaupt und kann das nicht auch gehörig in die Hose gehen? Wirklich wichtig ist, dass jemand dabei ist, der weiß was er tut und die Gruppe zum Ziel hin leitet. Denn ansonsten artet es in Chaos aus und hat wenig Sinn. Wenn man non-formal education richtig anwendet, ist es eine effektive Art des Lernens, die Spaß macht und unglaubliche Erfahrungen vermittelt. Denkst du das dort Gelernte kann auch hier bei uns Anwendung finden? Ja, vor allem bei unseren Workshops und Trainings sollten wir mit der „Non formal education“ arbeiten. Es sind praktische Übungen, die einen enormen Lerneffekt haben. Ich denke gerade für Ehrenamtliche ist das eine gute Art zu lernen und sich fortzubilden. In deinen Aufzeichnungen bin ich auf das „Connector Event“ gestoßen, was genau war das denn? Bei diesem Event arbeiteten wir fünf Tage lang zusammen mit vielen EVS Freiwilligen, insgesamt waren wir etwa 200 Leute. Am ersten Tag haben wir Methoden der „non formal education“ kennen gelernt und besprochen. Wir machten uns Gedanken wie Menschenrechte im Alltag verletzt werden. Am zweiten Tag schlüpften wir dann selbst in die Rolle des Gruppenleiters und gestalteten unseren eigenen Workshop. Mit einem spanischen EVS Teilnehmer zusammen habe ich einen Workshop zu der Methode „one step forward“ (zu Deutsch einen Schritt voraus, Anm. d. Red.) entworfen. Bei unserem Workshop hat jeder Teilnehmer eine Rolle bekommen wie z.B. ein Roma-Kind ohne Ausbildung, ein BWL Student aus einer reichen Familie, ein Mädchen

aus einer stark religiösen, muslimischen Familie oder ein Obdachloser. Alle stellten sich nebeneinander in einer Reihe auf und es wurden allgemeine Fragen gestellt, wie „Darfst du wählen?“, „Hast du Angst offen über deine Religion zu reden?“ oder „Hast du einen Schulabschluss?“ und je nachdem, ob die Rolle sie mit ja oder nein beantworten würde, geht man einen Schritt vor oder bleibt stehen. Es war interessant zu sehen, wie weit manche Leute am Ende voneinander entfernt waren und auch die Zusammenarbeit mit dem Spanier hat hervorragend geklappt. An den folgenden drei Tagen haben sich alle Gruppen ihre Workshops gegenseitig vorgestellt. Möchtest du den Lesern zum Schluss noch mitteilen, wie du die Zeit in Rumänien persönlich erlebt hast? Untergebracht war ich mit den anderen Teilnehmern in einem Bed & Breakfast. Ich teilte mir ein Zimmer mit einer jungen Frau aus Lettland namens Renate. Die vielen Unternehmungen gemeinsam in der Gruppe haben mir gut gefallen, wir waren immer zusammen Essen und sogar auf einem Konzert. Und mit den EVS Freiwilligen der rumänischen Organisation waren wir auf Besichtigung in einer alten Salzmiene. Der Workshop, den wir für das „Connector Event“ selbst gestalten durften, war eines meiner persönlichen Highlights, denn die gute Zusammenarbeit mit den anderen internationalen ConnectorTeilnehmern hat Spaß gemacht und war auch sehr lehrreich. Was mich erstaunt hat, war wie viele junge Menschen aus Deutschland unter den EVS Freiwilligen sind.Die Zeit in Rumänien war sehr schön, sowie interessant und hat mir auf jeden Fall viele neue Ansichten für meinen weiteren Lebensweg gegeben. Interview: Seraphim Liebhardt Ausgabe 10 - Dezember 2015

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Ehrenamt

Mitarbeiter im Portrait

Sabrina Kanski & Franz Szabo Franz Szabo, 36 Bei GLL seit... Januar 2011 als... Grafikdesigner und Ansprechpartner für EDV (Word, Excel und Konsorten) Beruf zunächst Ausbildung zum Fahrzeuglackierer, dann Umschulung auf Fachkraft für e-Commerce und Internetmarketing Franz ist ein ruhiger und generell entspannter Mensch. Er hat viel erlebt und immer eine Lustige und/oder interessante Anekdote aus seinem Leben oder Freundeskreis auf Lager. Er versteht es eine Schirmmütze elegant in seinen Kleidungsstil einzubauen generell hat er ein Talent Dinge farblich sowie designtechnisch aufeinander anzupassen, was ihn zu einem guten Grafikdesigner macht. Seine Lieblingssätze sind, zumindest so wie ich das miterlebe, ein leicht wehleidiges „boah“ oder „och menno“, „du Zicke“ und „ihr Nasen“. Die letzteren beiden benutzt er auch gerne als Beendung einer Konversation oder wenn er gerade den Raum verlässt. Alles in allem ist Franz ein super Kollege, mit dem man sowohl gut reden, scherzen als auch arbeiten kann. sl

Sabrina Kanski, 19 Bei GLL... von September 2014 bis August 2015 als... Bundesfreiwilligendienstleistende Sabrina ist im Rahmen des Bundesfreiwilligendienstes seit September 2014 im Verein und betreut dabei vor allem das Projekt „Sprachpaten für Kinder“. Während meines zweimonatigen Praktikums war ich zusammen mit ihr für dieses tolle Projekt zuständig. Dabei erlebte ich sie von Beginn an sehr positiv, da sie stets eine klare Linie verfolgte und mir mit ihrem gut strukturierten Vorgehen den Einstieg in das komplexe Projekt erleichterte. Sie punktet außerdem mit guten Einfällen und bewältigt Herausforderungen bei der Projektumsetzung stets mit der nötigen Ruhe. Natürlich kommt bei Sabrina auch die gute Laune bei der Arbeit nicht zu kurz und so war die Stimmung im Büro stets gut. Auch die gemeinsamen Mittagspausen mit ihr bringen die nötige Erholung mit guten Gesprächen und kulinarischen Smoothie-Genüssen. Kurz gesagt, eine ganz wunderbare Kollegin und ein echter Gewinn für „Gemeinsam leben und lernen in Europa“. ms 34

Miteinander. Das Magazin von Gemeinsam leben und lernen in Europa e.V.


Ehrenamt

Neuer Vorstand für GLL

Alte und neue Gesichter finden sich im Vorstand von Gemeinsam leben und lernen in Europa, der im Juni gewählt wurde. Neben dem bisherigen ersten Vorsitzenden Toni Fischer wurde Susanne Vesper in den Vorstand gewählt. Im Beirat wirken nun Ankie Visschers, Andreas Schrank, Heidi Heigl, Monika Binder und Verena Hosbach. Kassenwärtin Sonja Albert bleibt dem Verein weiterhin erhalten ebenso wie Rechnungsprüferin Kaja Reitmaier.

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In der nächsten Ausgabe lesen Sie: Ein großes Dankeschön!

In der nächsten Ausgabe widmet sich Miteinander den Menschen, die die Arbeit des Vereins erst möglich machen. Wer stellen Ihnen vor, wer (ehrenamtlich) bei Gemeinsam leben und lernen in Europ mitwirkt und so für das Gelingen der vielfältigen Projekte sorgt.

Als Organisation, die sich der Gleichberechtigung von Mann und Frau verschrieben hat, versuchen wir, wann immer es uns möglich ist, sowohl die weibliche als auch die männliche Geschlechtsform zu verwenden. Aufgrund der besseren Lesbarkeit und zur Vermeidung von Redundanzen verzichten wir allerdings gelegentlich darauf. Die dann verwendete männliche Form ist geschlechtsneutral und wertfrei zu verstehen und bezieht selbstverständlich die weibliche Form mit ein.

Ausgabe 10 - Dezember 2015

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Š by Gemeinsam leben und lernen in Europa e.V., MMXIV

Gemeinsam leben und lernen in Europa e.V. Leopoldstr. 9 - 94032 Passau Tel. 0049 (0)851 2132740 - Fax 0049 (0)851 2132739 info@gemeinsam-in-europa.de

www.gemeinsam-in-europa.de


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