PANNATURA Journal 16

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WIRTSCHAFT

UMWELT

SOZIALES

NACHHALTIGKEIT

Zahlen & Fakten Landwirtschaft & Klima

Neobiota Neophyten Wissenswertes

Projekte der Zukunft PANNATURA im Web

Forstwirtschaft Baum-Diversität Gastbaumarten

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6, 7

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4, 5

INHALT

DAS JOURNAL VON ESTERHAZY FÜR NACHHALTIGKEIT, UMWELT, WIRTSCHAFT UND SOZIALES

JOURNAL

AUSGABE

16

FEBRUAR 2024

Herausforderung Klima Agieren statt Reagieren


EDITORIAL

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ZAHLEN & FAKTEN

MIT DER NATUR – FÜR DIE NATUR In Zeiten der Klimaveränderung mit Extremwetterlagen und unsicheren Zukunftsszenarien sind in der Land- und Waldbewirtschaftung viel Flexibilität und der Mut, Neues zu wagen, gefragt. Genauso wichtig ist es aber, auf Altbewährtes zu setzen, um bestehende Strukturen zu fördern.

Liebe Leserinnen, liebe Leser! Klimaveränderungen, angepasste Bewirtschaftung, invasive Pflanzenarten und wechselhafte Prognosen: Diese und noch viele weitere Faktoren beschäftigen die Forst- und Landwirtschaft gerade mehr denn je, auch auf den Flächen von PANNATURA im sensiblen Naturraum rund um den Neusiedler See. Sowohl im Wald als auch am Acker sind insbesondere die klimatischen Extreme immer stärker spürbar und beeinflussen die Maßnahmensetzung, was viel Fachwissen und Voraussicht in Bezug auf die künftige Bewirtschaftung erfordert. Doch nicht nur das wärmere Klima spielt eine entscheidende Rolle in den nächsten Jahren, sondern auch dessen weitreichende Folgen: Wo das trockene, heißere Wetter für manche – jedoch nicht für alle – landwirtschaftliche Kulturen nachteilig ist, blühen dafür andere Lebewesen wie Schädlinge oder sich ausbreitende Neophyten wahrlich auf. Wie wirkt man diesen Faktoren und den möglichen Schäden als Leitbetrieb entgegen und was kommt noch auf uns zu? Diese Fragen sind das Zentrum dieses Journals. Wir haben uns, der Verantwortung als Leitbetrieb folgend, bereits vor über 20 Jahren entschieden, sämtliche agrarische Flächen in Eigenbewirtschaftung auf biologische Landwirtschaft umzustellen und damit im Einklang mit der Natur zu handeln. Es wird in Zukunft intensiver auf Kulturen gesetzt, die mit Hitze und Trockenheit leichter zurechtkommen: Bisher haben sich beispielsweise Hirse und Kichererbse mehrfach bewährt. Auch im Wald gilt der Gedanke der nachhaltigen Bewirtschaftung, besonders in Zeiten des Wandels. Dazu gehört die standortangepasste Verjüngung des Baumbestandes, gezieltes Totholzmanagement und das bedachte Einbringen von Gastbaumarten. In der Jagd und im Naturschutz wird wiederum die Hege der Lebensräume sowie des Wilds sorgfältig im Auge behalten. Viele Maßnahmen und Visionen bei PANNATURA lassen sich live vor Ort begutachten, zum Beispiel am Bio-Landgut Esterhazy, wo am 24. und 25. Mai die dritten BIOFELDTAGE stattfinden werden. Sie dienen seit der Erstauflage 2018 als wichtige, internationale Drehscheibe für Produzenten und Konsumenten im Bio-Landwirtschaftsbereich. Auch heuer warten vielfältige Aussteller, spannende Fachvorträge, ein buntes Kinderprogramm und vor allem die Möglichkeit des professionellen Austauschs rund um das Thema Bio. Wir freuen uns über Ihren Besuch der BIOFELDTAGE und wünschen bis dahin viel Spaß beim Kennenlernen der vielseitigen Zukunftsmaßnahmen in diesem Journal. Matthias Grün Geschäftsführer PANNATURA GmbH

Bei PANNATURA bedient man sich beim Vorbeugen gegen die Auswirkungen der klimatischen Veränderungen in der Natur beider Strategien – mit Erfolg. Als Teil der esterhazy‘schen Stiftungen, die heuer ihr 30-jähriges Bestehen feiern, folgt PANNATURA auf seinen sensiblen Flächen seit jeher dem Ziel der Nachhaltigkeit und Voraussicht, damit diese Gebiete auch im Sinne der Stiftungen erhalten bleiben und gefördert werden. Auf insgesamt über 44.000 Hektar Flächen mit landwirtschaftlich genutzten Gebieten, vielseitigen Wäldern sowie den integrierten Biodiversitätsarealen kommt viel Verantwortung zusammen, die eine klare Vision verlangt. Die Maßnahmen sind dabei vielseitig: In der Landwirtschaft werden über 30 Kulturen auf den biologisch bewirtschafteten Flächen angebaut, bei den BIOFELDTAGEN werden zu Forschungszwecken sogar Versuche mit über 180 Sorten gemacht. Eine mehrgliedrige Fruchtfolge und geschlossene Nährstoffkreisläufe runden die umsichtige Vorgangsweise ab. Im Wald gilt derselbe nachhaltige Gedanke, der auf vielfältige Art gelebt wird. Zum einen setzt PANNATURA auf die Verjüngung des Baumbestandes, die Förderung von Mischbeständen, das Belassen von Alt- und Totholz in einem über 30 Kilometer langen Verbundsystem, aber auch verstärkt auf das Einbringen von Gastbaumarten. Letzteres hat viele Potenziale, die nach einer standortabhängigen Risikobewertung zur Förderung des Waldes genutzt werden können. Aktuell gibt es in PANNATURA-Wäldern rund 15 verschiedene Gastbaumarten. Was Land- und Forstwirtschaft gemeinsam haben, ist das Risiko, das wärme- und trockenheitsliebende Arten – sowohl Insekten als auch invasive Pflanzen – mit sich bringen. Hier wird allerdings seit mehreren Jahren an Konzepten gearbeitet, um diese weitgehend zurückzudrängen und mit ihnen wirtschaften zu lernen.

30 % alt- & totholzabhängige Insektenarten

rd. 180

Sortenversuche bei den BIOFELDTAGEN

rd. 20 Mio. Bäume in PANNATURA-Wäldern

über

30

verschiedene Baumarten

das Jahr

1492 als Beginn der Bezeichnung „Neophyten“


LANDWIRTSCHAFT & KLIMA

Ein Blick auf den Acker In den letzten Jahren hat sich aufgrund des wärmeren Klimas besonders die Niederschlagsverteilung in der Landwirtschaft verändert. Welche Kulturen profitieren von der Klimaveränderung, und wie beugt man bei PANNATURA negativen Folgen vor?

K

onkrete Prognosen in der Landwirtschaft sind nie einfach, da die Ernte stark vom Wetter abhängig ist. Bereits im vergangenen Jahr wurden die Vorhersagen aufgrund der sich verändernden Niederschlagsverteilung immer wieder verzerrt. Ein trockener Winter, gefolgt von einem nassen Frühjahr, einem trockenen Sommer und einem nassen Herbst zeigten, dass 2023 zwar viel Niederschlag brachte, dieser aber im Jahresverlauf sehr unausgeglichen fiel. Es kam weiters zu einer Verlängerung der Vegetationsperiode: Höhere Temperaturen über einen langen Zeitraum verursachen eine höhere Zersetzung und Mineralisierung organischer Substanz im Boden – dies führt wiederum zu Humusverlust und einer potenziellen Verschlechterung der Bodenqualität. Diese Wetterveränderungen haben unmittelbare Auswirkungen auf die Ernte. Diverse Kulturen leiden unter erhöhtem Schädlings-, Unkraut- und Krankheitsdruck. Besonders wärme- und feuchtliebende Schädlinge und Krankheiten, aber auch trockenheitstolerante Unkräuter können konkurrenzstärker im Vergleich zu Nutzpflanzen sein. Das kann dazu führen, dass die Qualität der Ernteprodukte aufgrund von Temperatur- und Niederschlagsverteilungen leidet. Die Folge ist ein geringerer Proteingehalt beim Getreide, was wiederum eine verminderte Backfähigkeit zur Folge hat. Auch die milden Winter sind für das Getreide nicht zwingend vom Vorteil. Die mangelnden Kälteperioden bewirken, dass es eine fehlende Anregung des Schossens und Blühens durch

Kältereize gibt. Zusätzlich zu den klimatischen Hürden gibt es besondere Herausforderungen in Form von invasiven Neophyten, von welchen vor allem die biologische Landwirtschaft betroffen ist. Die bekanntesten dieser Pflanzen sind der Stechapfel (lat. Datura stramonium) und das Ragweed (lat. Ambrosia artemisiifolia). Trockenheits- und hitzetolerante Kulturen, welche lange Reifeperioden haben, profitieren allerdings von solchen Bedingungen. Paradebeispiele dafür sind die Hirse und die Kichererbse, aber auch andere Kulturen, die sich von der Züchtung her an wärmere, feuchte Winter und die trockenen Hitzeperioden angepasst haben. Durch die verlängerte Vegetationsperiode und die milden Winter ist außerdem eine ganzjährige Weidehaltung der Rinder, sofern der Niederschlag dies zulässt, möglich. All diese Herausforderungen gilt es auch in Zukunft zu beachten. Um gut gewappnet zu sein, ist eine sorgfältig angepasste Sorten- und Kulturauswahl der wichtigste Grundbaustein. Durch angepasste Bewirtschaftung der Felder wird eine bessere Wasserspeicherung ermöglicht, was dem Ankeimen der nächsten Aussaat und damit der Qualität der kommenden Ernte zugutekommt. Den Winter über soll konservierende Bodenbearbeitung durchgeführt werden, damit man vor der Saat auf das Pflügen verzichten kann. Dazu kommt eine ausgewogene und standortangepasste Fruchtfolge, wie sie bei PANNATURA seit vielen Jahren praktiziert wird.

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FORSTWIRTSCHAFT

Klimafitte Waldbewirtschaftung In der Forstwirtschaft ist die Klimakrise bereits seit längerem spürbar. Höhere Temperaturen und regional abnehmende Niederschläge bedeuten schwierigere Wachstumsbedingungen für viele heimische Baumarten und erfordern gezielte Gegenmaßnahmen.

D

er Wald ist einerseits stark betroffen von Klimaänderungen, andererseits kann er wesentlich zur Lösung der Klimakrise beitragen. Große Bedeutung hat dabei die Frage der Baumartenwahl. Aufgrund der Unsicherheit hinsichtlich zukünftiger Wuchsbedingungen kann nicht davon ausgegangen werden, dass aktuelle Waldbestände auch an die zukünftigen Standortbedingungen angepasst sind und in der gegenwärtigen Verbreitung erhalten bleiben. Für die Stabilität und Resilienz – die Fähigkeit eines Ökosystems, Störungen abzufedern – von Waldbeständen unter immer unsichereren Umweltbedingungen ist die Diversität an Baumarten, aber auch die genetische Diversität innerhalb der Arten, essenziell.

Die Förderung von Mischbeständen ist ein von PANNATURA erfolgreich praktiziertes Bewirtschaftungskonzept – nicht nur aus wirtschaftlicher Sicht, sondern auch in Bezug auf die weiteren Wirkungen des Waldes, also als Schutz vor Naturgefahren, die Wohlfahrts- und Erholungswirkung, aber auch für den Wald als Lebensraum. Zu dieser Vielfalt tragen sowohl Naturals auch Kunstverjüngung und heimische wie sogenannte Gastbaumarten ihren Teil bei.

Maßnahmen der Gegenwart für die Zukunft auf einen Blick:

Bei künstlicher Verjüngung ist besonders auf Herkunft und Qualität des Pflanz- bzw. Saatgutes zu achten, beim Einbringen neuer Arten sind deren Auswirkungen auf die bestehenden Pflanzengesellschaften zu berücksichtigen. Natürlich wird bei der Baumartenwahl nicht nur auf den passenden Standort geachtet, sondern auch – wenn es sich um ein Schutzgebiet handelt – auf die jeweiligen Einschränkungen bei der Artenwahl. Damit eine Anpassung der Waldbestände an geändertes Klima gelingt, muss auch eine entsprechende Verjüngung möglich sein, und dazu der Wildeinfluss limitiert werden. Diesbezüglich sind weitere Bemühungen im sogenannten Wald-Wild-Konflikt bzw. Forst-Jagd-Dialog notwendig.

Zur Verringerung des Produktionsrisikos, dessen Bedeutung diverse Kalamitäten eindringlich vor Augen führen, ist auch die Verringerung von Umtriebszeiten – die planmäßige, rechnerische Produktionsdauer – in Kombination mit frühzeitiger und konsequenter Waldpflege ein wichtiger Baustein.

• •

Mischwaldbewirtschaftung unter Beachtung der Baumartenwahl – standortangepasste Baumartenwahl unter Beachtung der Herkünfte – Eignung für künftige Entwicklungen – keine Angst, Gastbaumarten als weitere Baumart einzubringen – unter Beachtung einer Risikobewertung Verringerung der Umtriebszeit – der Zeit, in der negative Einflüsse den Wald schädigen können Erziehung stabiler Bestände Minimierung der Waldbrandgefahr und -schäden durch: – Mischwaldbewirtschaftung – Anlage von Löschteichen und Schneisen – Übungen mit den Einsatzkräften – Überzeugungsarbeit bei den Waldbesuchern Totholzmanagement, weil: – Totholz fungiert wie ein Schwamm und speichert über viele Wochen das Wasser, bemoost noch besser – Totholz wirkt als Energiebremse bei Starkregen – Bei Zerfall entsteht neuer Humus, dies fördert die Bodengesundheit Bewusstes Belassen von Mutterbäumen – Naturverjüngung – Notwendiger Lebensraum für anspruchsvolle Arten: Rund 30 Prozent aller Insektenarten sind auf altes, absterbendes oder totes Holz als Nahrung oder Lebensraum angewiesen


BAUM-DIVERSITÄT

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Gewappnet für die Zukunft

RISIKEN BEIM EINBRINGEN VON GASTBAUMARTEN •

In Zeiten des Klimawandels spielt die Zusammensetzung eines standortangepassten Baumbestandes eine immer größere Rolle. Damit die Wälder den neuen Herausforderungen gewachsen sind, wird seit langem auf Diversität gesetzt. Die Potenziale der heimischen Baumarten werden durch eine konsequente Bewirtschaftung genutzt, nebenbei werden neue Baumarten auf kleineren Flächen geprüft.

– potenzieller Qualitätsverlust •

– Veränderungen innerhalb einer Art und Anpassung an das Klima – klimatische Veränderungen, welche die invasive Art unvorhersehbar begünstigen

Über 20 Millionen Bäume stehen in den Wäldern von PANNATURA – der Laubholz-Anteil beträgt dabei 63 %, Nadelhölzer machen 37 % der Diversität aus – und alle drei Minuten wächst ein Kubikmeter Holz nach. PANNATURA wirtschaftet nach dem nachhaltigen Hiebsatz, der besagt, dass nur so viel Holz entnommen wird, wie auch wieder nachwächst. Die Auszeige, Fällung oder Rückung der Bäume erfolgt dabei individuell dem Standort angepasst, wobei die fachgerechte Durchführung von den Förstern bei PANNATURA geplant und kontrolliert wird. In der betrieblichen Stichprobeninventur von 2018 wurden erstmals neben dem Holzvorrat auch die Verjüngung und das Totholz aufgenommen. Seitdem zählen auch diese Maßnahmen zu den elementaren Bausteinen der umfassenden, nachhaltigen Waldbewirtschaftung. Ein weiterer Weg, um die Wälder der Zukunft fit für klimatische Herausforderungen zu machen, ist das Einbringen von Gastbaumarten. Das Bestimmen der passenden Baumarten bei diesem Ansatz erfordert viel Fingerspitzengefühl, Voraussicht und Planung – die Erfolge sind allerdings vielversprechend.

Buche

23 %

Eiche inkl. Roteiche

17 %

Linde 3%

17 %

Tanne 2%

Lärche 2%

Fichte 9%

sonstiges Laubholz 4%

sonstiges Weichlaubholz 2%

Hainbuche 8%

Zerreiche 7%

Edellaubholz 3%

Einbringen einer (neuen) invasiven Art:

– ausreichende Datengrundlage vorhanden, bzw. Risikoabwägung ausreichend vorgenommen?

POTENZIALE VON GASTBAUMARTEN •

Förderung/Bereicherung der Artenvielfalt, mit der Voraussetzung, dass die neue Baumart nicht invasiv ist und das Ökosystem nachhaltig negativ verändert

Risikominimierung durch Einbringen neuer Baumarten, vor allem, falls andere heimische Baumarten aufgrund der klimatischen Veränderungen ausfallen sollten

Chancen im heimischen Holzhandel durch Vermarktung neuer Holzarten

BAUMARTEN BEI PANNATURA

Kiefer

Hybridisierung zwischen heimischen Baumarten und Gastbaumarten: – möglicher Artenverlust

In den Wäldern von PANNATURA finden sich über 30 verschiedene Baumarten – auf dieses Potenzial wird auch in Zukunft vertraut, um die Wälder klimafit zu erhalten und zu fördern. Die nachhaltige Bewirtschaftung der Wälder ist die Basis für eine erfolgreiche Forstwirtschaft. Naturnahe Bewirtschaftung bedeutet, dass verstärkt auf natürliche Verjüngung der Wälder mit heimischen Holzarten, aber auch durch die Einbringung neuer Baumarten gesetzt wird. Bei PANNATURA ist die sorgsame Bewirtschaftung im Einklang mit der Natur seit jeher Selbstverständnis und Kernaufgabe des Unternehmens. Daher garantiert die PEFC-Zertifizierung im Forst von unabhängiger Stelle die nachhaltige Waldbewirtschaftung. Auch die Auszeichnung mit dem „Wildlife Estates Label“ der European Landowners Organisation bestätigt den konsequent verfolgten Weg einer zukunftsweisenden Wirtschaftsweise.

GASTBAUMARTEN

Birke 2%

sonstiges Nadelholz 1%


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NEOBIOTA

Neu(es) ist immer besser?

I

Selbst das Burgenland bleibt nicht von ungewollten Eindringlingen verschont: Neobiota breiten sich – teilweise bedingt durch die für sie günstigeren Klimabedingungen – immer weiter aus. Zum Teil mangelt es noch an spezialisierten Fressfeinden, andererseits können sie aber auch wahre Überlebenskünstler sein und sich rasant vermehren.

n Zeiten, in denen fast jeder sich der Modewörter „Nachhaltigkeit“ und „Biodiversität“ bedient, stellt sich die Frage, weshalb es ein Problem darstellen kann, wenn sich noch mehr Arten in Österreich etablieren – wie zum Beispiel Neobiota. Zuerst muss geklärt werden: Was sind Neobiota? Zu ihnen zählen Neophyten (Pflanzen), Neozoen (Tiere) und Neomyceten (Pilze). PANNATURA ist auf den Flächen hauptsächlich mit unterschiedlichen Neophyten konfrontiert. Einfach gesagt sind Neobiota Lebensformen, die nach dem Jahr 1492 – seit der Entdeckung Amerikas – aus anderen Klimaten durch Menschenhand in eine Umgebung eingebracht worden sind, in der sie natürlicherweise nicht vorkommen. Die Eigenschaften von invasiven Neophyten haben nicht nur unmittelbare größtenteils negative Auswirkungen auf die heimische Flora und Fauna, sondern auch auf uns Menschen. Der Kontakt mit einigen Pflanzen oder auch das Einatmen von diversen Pollen können schwerwiegende gesundheitliche Probleme bei Menschen und auch Tieren hervorrufen, vor allem wenn diese Pflanzen in großer Anzahl auftreten.

Neben Phototoxizität mit Symptomen wie Verbrennungen auf der Haut lösen einige, wie zum Beispiel das Ragweed – das als einer der stärksten Pflanzenallergene gilt – Allergien, Asthma und Heuschnupfen aus. Das Massenauftreten von Neophyten kann zudem zu erheblichen Ertragseinbußen in der Landwirtschaft führen. Durch stärkere Feldkontamination können bei Mais, Sojabohne und mehr Ernteausfälle von bis zu 70 % entstehen. Man möge meinen, dass die Einbringung dieser problematischen Zeitgenossen durch Menschenhand nicht absichtlich passiert ist. Die negative Konsequenz ist in der Regel nicht bewusst herbeigeführt worden, jedoch wurden vor allem Pflanzen oftmals beabsichtigt in die österreichische Natur eingeführt – sei es als Nutz- oder auch als besonders schöne und exotische Zierpflanze. 75 % der Neophyten wurden durch den Menschen zur Nutzung als Zierpflanze nach Österreich bzw. nach Europa gebracht. Gerne werden vor allem schön blühende und wohlriechende Pflanzen auch als insektenanzie-

hende Pflanzen vermarktet. So erfreuen sich Gartenbesitzer der bunten Blüten des Sommerflieders, oder auch des Blauglockenbaumes. Wenigen ist jedoch bewusst, dass vor allem der Sommerflieder nicht nur potenziell invasiven Charakter aufweist – das heißt, er breitet sich rasch aus und bevorzugt warme und trockene Standorte –, sondern auch ausschließlich Generalisten als Nektarpflanze dient, und damit für spezialisierte Insektenarten nutzlos ist. Es ist nicht bekannt, ob Raupen diverser Schmetterlingsarten den Strauch auch als Futterpflanzen annehmen. Somit möge man dem Sommerflieder nachsagen, dass die negativen Aspekte gegenüber den positiven überwiegen. Auch wenn neue Arten zwar kurzfristig die Arten-Quantität auf dem Papier anheben, kann ein unbedachtes, aber auch unbewusstes Einbringen neuer Fauna oder Flora langfristige Probleme für unser Ökosystem bedeuten. Es empfiehlt sich – der heimischen Biodiversität zuliebe – zweimal nachzudenken, ob beispielsweise der Kauf von neuen Gartenpflanzen mit potenziell invasivem Charakter nicht mehr Schaden anrichtet, als er Nutzen für den Einzelnen bringt.


NEOPHYTEN

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NeophytenManagement Neophyten werden uns in naher Zukunft – wohl oder übel – erhalten bleiben. Ganz im Sinne der Biodiversität bekämpft PANNATURA Neophyten rigoros. Geplante Schwerpunktschulungen der Mitarbeiter fördern das Bewusstsein der problematischen Arten und außerdem eine gesunde Skepsis bei der Wahl von neuen Gastbaumarten. Dabei gilt es, individuell von Standort zu Standort und invasiver oder potenziell invasiver Art zu beurteilen, welche Bekämpfungsstrategie in Frage kommt – biologisch, mechanisch oder anders. Neben den klimatischen Herausforderungen gilt es, diese Arten nicht zu unterschätzen und sie einer Risikobewertung zu unterziehen.

bearbeitet. Auch bei forstlichen Eingriffen wird bei PANNATURA auf die Gehölzneophyten geachtet. Durch Vermeiden von Kahlflächen wird den lichtbedürftigen Arten wenig Raum zur Ausbreitung geboten. Überwiegend erfolgte eine mechanische Bekämpfung, zum Teil auch durch eine Nachbehandlung mit naturnahen Wirkstoffen wie Ailantex, einem an der BOKU entwickelten Mittel zur biologischen Götterbaumzurückdrängung. Wichtig ist dabei vor allem, einzelne, verstreute Individuen zu entdecken und zu entfernen, bevor sie Samen produzieren und verbreiten können.

Best Practice auf PANNATURA-Flächen Um die Beeinträchtigung geschützter Lebensräume und Arten hintanzuhalten, werden Neophyten wie Götterbaum und Robinie bei PANNATURA seit Jahren konsequent zurückgedrängt. Auf verschiedensten Flächen wurden seit mehreren Jahren mehr als 40 ha

Wesentlich erleichtert wird die Umsetzung der umfangreichen und oftmals sehr aufwendigen Bekämpfungsmaßnahmen durch die Fördermöglichkeiten zur Neophytenbekämpfung im Rahmen des Österreichischen Programms für ländliche Entwicklung.

WISSENSWERTES

MÖGLICHE & PROBLEMATISCHE EIGENSCHAFTEN VON NEOBIOTA Eine Herausforderung für die heimische Artenvielfalt und eine Gefahr für uns Menschen stellen Neophyten dar, die vor allem folgende Eigenschaften aufweisen:

Invasiv: •

Produzent vieler Nachkommen (Samen/Klone), kommen somit in Massen vor und führen zur Verdrängung anderer Pflanzen durch den Entzug von lebensnotwendigen Ressourcen wie Licht, Wasser, und Nährstoffe

Überlebenskünstler: Samen verbreiten sich rasch (schwimmfähig, giftig, lang keimfähig, treten in Massen auf, besitzen Widerhaken etc) –

Beispiel: Himalaja-Knöterich – kleinste Pflanzenteilchen können massenhafte Vermehrung verursachen

Beispiel: Ragweed – ist zwar grundsätzlich nicht konkurrenzstark, produziert jedoch bis zu 1 Milliarde Pollen pro Pflanze (Samen über 40 Jahre keimfähig!)

Konkurrenzstark: •

Allelopathie-Effekt: Sie emittieren teilweise chemische Giftstoffe, wodurch zum Beispiel das Wachstum anderer Pflanzen gehemmt wird, und/oder verursachen Veränderungen der Lebensgemeinschaften im Boden –

WAS KANN ICH IM EIGENEN GARTEN GEGEN NEOPHYTEN TUN? Bevor eine Pflanze gekauft wird, sollte man sich schlau machen, ob diese im Verdacht steht, invasiv zu sein. Falls ja, ist es ratsam, davon abzusehen, sie in den eigenen Garten einzubringen. Zusätzlich ist es empfehlenswert, sich zum Thema zu informieren, um bereits vorhandene Neophyten im Garten erkennen, entfernen und bekämpfen zu können. Beim Beseitigen von Neophyten sollte man keinesfalls die richtige Schutzausrüstung außer Acht lassen, wie resistente Kleidung, Handschuhe und auch Atemschutz. Danach folgt die sachgemäße Entsorgung der vernichteten Pflanzen. Um die Ausbreitung von Neophyten im eigenen Umfeld einzuschränken, ist die Aufklärung von Nachbarn und Freunden und Verwandten zum Thema ein wichtiger Schritt, um zur Verhinderung der unabsichtlichen Ausbringung der Samen und Pflanzenteile beizutragen.

Beispiel: Götterbaum, Goldrute, Ragweed, Robinie usw.

Einschleppung von neuen Krankheiten, gezieltes (Ab-) Sterben der Konkurrenz oder des Wirtes: –

Beispiel: Signalkrebs – Überträger der Krebspest: heimische Krebsarten wie der kleinste europäische Krebs, der Steinkrebs, verenden qualvoll

Beispiel: Falsches Weißes Stängelbecherchen (wahrscheinlich Neomycet) – bewirkt bei Eschen das sogenannte Eschentriebsterben

Opportunistisch veranlagt: •

kommen mit widrigen und gestörten Lebensräumen gut zurecht, können auf extrem trockenen Standorten (beispielsweise Schotterhängen) oder auch schwierigen Stellen (Straßenrändern) überleben –

Beispiel: Götterbaum, Robinie, Ragweed, Riesen-Bärenklau usw.


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PROJEKTE DER ZUKUNFT

PANNATURA IM WEB

ERFOLGSGESCHICHTE BIOFELDTAGE Am 24. und 25. Mai 2024 ist es so weit: Zum dritten Mal finden die BIOFELDTAGE am Bio-Landgut Esterhazy am Seehof in Donnerskirchen statt! Die Veranstaltung hat sich schon bei der Erstauflage 2018 als bedeutende Informationsdrehscheibe für biologische Landbewirtschaftung etabliert und konnte 2021 weiter wachsen. Die Kombination aus Praxis und Wissenschaft macht die BIOFELDTAGE dabei einzigartig und von internationaler Bedeutung. Wie bereits in den Vorjahren steht bei den BIOFELDTAGEN die Möglichkeit des Diskurses zwischen den unterschiedlichen Interessensgruppen der Landwirtschaft im Fokus: Es werden Landwirtschaftsbetriebe, egal ob konventionell oder biologisch wirtschaftend, sowie interessierte Konsumenten angesprochen. Das ca. 70 Hektar große und bereits erprobte Veranstaltungsareal um den Seehof

in Donnerskirchen wurde seit dem letzten Event deutlich erweitert. Dabei wird die Sortenschau auch 2024 wieder das Herzstück der Veranstaltung darstellen. Vor Ort kann man mehr als 20 Tierarten entdecken, und wie bei den letzten beiden Events dürfen sowohl die Einblicke in die Arbeitsweisen von Damals als auch in jene mit modernster Technik nicht fehlen. Die Themen Naturschutz und Biodiversität werden ebenso einen wichtigen Stellenwert bei den BIOFELDTAGEN einnehmen. Für die kleinen Gäste wartet wie immer ein umfangreiches Kinderprogramm. Die langjährigen Projektpartner freuen sich bereits jetzt auf ein Wiedersehen am Bio-Landgut Esterhazy. Mehr Infos zum Programm folgen laufend auf biofeldtage.at

Erreichte Meilensteine

mehr als 11.000 Besucher am Bio-Landgut Esterhazy

Online www.pannatura.at Bleiben Sie immer auf dem Laufenden und folgen Sie uns auf unseren Social Media-Kanälen:

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Esterhazy

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Rückblick: Waldgezwitscher So tönt der Wald: Im Februar lud PANNATURA zum zweiten Mal zum „Waldgezwitscher“, und damit zum Austausch zu aktuellen Themen rund um den Wald. Ein Aus- und Einblick seitens PANNATURA sowie zwei spannende Buchreferate durch internationale Forstexperten lieferten die Grundlage für reges „Gezwitscher“ bei regionalen Spezialitäten aus dem Hause PANNATURA. Eine Rückschau zum Event ist auf pannatura.at/waldgezwitscher zu finden.

mehr als 160 Programmpunkte für die ganze Familie

PANNATURA Shop rund 180 Schauflächen

rund 90 Vortragende aus Wissenschaft und Praxis

über 100 Geräte live im Einsatz

über 190 vielfältige Aussteller

Regionales jederzeit nach Hause bestellen: Im PANNATURA-Onlineshop lassen sich die breite Produktpalette entdecken und das Bio- und Wildproduktsortiment unkompliziert bestellen. Mehr auf pannatura-shop.at

24/25 MAI Bio-Landgut Esterhazy

WALDTAGE Naturschutz im Wirtschaftswald – ist das möglich? Diese Frage beantworteten die „Waldtage“ im Herbst 2022 mit einem eindrucksvollen Ja! Die bewusstseinsbildende Veranstaltung am Leithaberg bei Eisenstadt zeigte dem interessierten Publikum anhand zahlreicher Aussteller und Live-Vorführungen, dass Naturschutz und aktive Forstwirtschaft Hand in Hand gehen und gemeinsame Ziele verfolgen. Eine Rückschau ist auf waldtage.at zu finden – ebenso wie laufende Neuigkeiten zu kommenden Veranstaltungen.

Impressum Herausgeber: PANNATURA GmbH, Esterhazyplatz 7, 7000 Eisenstadt Ansprechpartner: Esterhazy Betriebe AG, T +43 (0) 2682 63004, presse@esterhazy.at, Leonara Skala Design & Layout: Fredmansky GmbH Text: Katrin Zeleny Bildnachweis: Andreas Hafenscher, Lalo Jodlbauer, Esterhazy Betriebe, Andreas Tischler, Carina Steinkogler Druck: Bösmüller Print Management GesmbH & Co. KG

Gespannt auf mehr? Alle PANNATURA-Journale sind jederzeit abrufbar auf: www.pannatura.at/pannatura-journal


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