Tirol Magazin #103

Page 1

Österreichische Post AG / MZ20Z042169M econova Verlags GmbH, Hunoldstraße 20, 6020 Innsbruck

103

2023

MAGAZIN

8,90 €

SEIT 1924


EINWALLER FASHION STORES ANNA. JOSEPH. ICON MAN&WOMAN. POP UP & ONLINE SHOP. WWW.EINWALLER.C


COM. HERZOG-FRIEDRICH-STRASSE. MO-FR 9:30-18:00 UHR. SA 9:30-17:00 UHR. TEL.: +43 512 58 58 67.


DIAGNOSTICS

-

BIOHACKING

-

EPIGENETICS

COACHING

Wir f reuen uns auf Deinen Besuch!


FUNCTIONAL MEDICINE - PERFORMANCE LAB - SUPPLEMENTS

measure your health. perform higher. mehr Leistungsfähigkeit, Lebensenergie & Gesundheit durch medizinisch fundierte Lifestyle Optimierung.

+43 (0) 512 346 437

Amraser-See-Straße 56 Menardi Center II, 4 OG 6020 Innsbruck


NAH Beste Produkte aus

der Region.

EDITORIAL

ÜBERRASCHEND

LIEBE LESERINNEN UND LESER!

M Anton Juffinger Geschäftsführer der Juffinger Bio-Metzgerei

Unsere heimischen „Qualität Tirol“ Produzent:innen erzeugen köstliche Lebensmittel aus dem Besten, was unser Land Tirol zu bieten hat. Sie zeigen, dass regionaler Genuss überraschend nah ist! Die Bio-Metzgerei Juffinger in Thiersee verarbeitet ausschließlich Bio-Fleisch zu köstlichen Spezialitäten. Das Fleisch kommt von Rindern aus kontrolliert biologischer Landwirtschaft. Mit kurzen Transportwegen kommen die Rinder zur Bio-Metzgerei Juffinger, wo die Tiere stressfrei geschlachtet und das Fleisch rasch weiterverarbeitet wird.

AGRARMARKETING TIROL

omentan scheint die Welt auf dem Kopf zu stehen. Gerade in solchen Zeiten kann man es gar nicht hoch genug schätzen, ein Stückchen Erde zu bewohnen, das trotz einiger Unzulänglichkeiten immer noch ganz gut als Insel der Seligen durchgeht. Tirol ist eindeutig ein solcher Archipel: friedlich, schön, in weiten Teilen natürlich … und dabei immer spannend, abwechslungsreich und vielseitig.

Natur schätzen, die wir in einer Bilderstrecke in all ihren Spielarten zeigen. Das Land ist nicht nur reich an mannigfaltigen Eindrücken, sondern über weite Strecken auch wohlhabend – in vergangenen Jahrhunderten unter anderem wegen des Bergbaus. Vor rund 500 Jahren galt Schwaz als größtes Silber-Abbaugebiet der Welt und auch das Salz, nicht umsonst weißes Gold genannt, das aus dem Halltal geschwemmt wurde, trug das seine dazu bei.

G l ü c k l i c h d a r f sich Tirol nicht nur ob seiner atemberaubenden

Lesen Sie sich durch den Winter!

Friedlicher als im winterlichen Hochgebirge geht’s dabei tatsächlich kaum. Auf der mehrtägigen Skitour „Hoch Tirol“ und deren Schwester, der „Hoch Tirol Plus“, in Osttirol weit über dem Alltag kann es passieren, dass man auf keine andere Menschenseele trifft als auf die seine. In sechs Etappen rund 100 Kilometer und zwischen 9.000 und 10.000 Höhenmetern zu absolvieren, ist eine Herausforderung, die nicht für jeden gemacht ist. Der Lohn sind eine unvergleichliche Ruhe und ein überwältigender innerer Frieden, der einen mit absolutem Glück erfüllt.

Packend ist Tirol letztlich aber vor allem wegen seiner außergewöhnlichen Menschen: Die Osttirolerin Ramona Waldner zum Beispiel, die mit sieben anderen Frauen auf einem Segelschiff nach Grönland zu einer Erstbesteigung aufbricht und einen Dokumentarfilm darüber gedreht hat. Oder Helene Thurner-Bullock, die bei den Olympischen Spielen 1964 in Innsbruck für Österreich Bronze im Rodeln holte. Nicht zu vergessen die zahlreichen Pioniere, Tüftler und Entwickler im Wintersport, die jahrzehntelang ihr Know-how von Tirol in die Welt trugen.

Tirol_Magazin



32_On the road

Ramona Waldner travelling as a filmmaker in search of remote natural beauty.

8 CONTENT

INHALT

CONTENT Nature

42_Feeling high

Imperial and royal ski tours in East Tyrol.

Culture

50_Glacier art

How art discovered the glacier. 62_Underground

74_Tyrolean soul

Otto Grünmandl, grand master of the absurd.

People

82_Endurance test

Professional cyclist Felix Gall on the Tour de France and his goals. 90_Ice channel

Luger Leni Thurner and a “bronze” that shines like gold.

Life

9 8 _ S k i m a n u fa c t u r e r s

Tyrol’s former ski makers.

1 0 6 _ W h at w i l l t h e f u t u r e b r i n g ?

Trend researcher Andreas Reiter on the future. 116_Power grain

The rediscovery of spelt.

1 4 2 _ L o v e i t o r h at e i t

The Wildschönau Krautinger.

32_Unterwegs

NATUR

Tyrol, mining and its history.

Ramona Waldner als Filmemacherin auf den Spuren fremder Naturschönheiten. 42_Hochgefühl

Kaiserlich-königliche Skihochtouren in Osttirol.


Tirol, der Bergbau und seine Geschichte. 74_Tiroler Seele

Otto Grünmandl, Großmeister des Absurden.

INHALT

LEBEN

6 2 _ U n t e r Ta g e

82_Härtetest

MENSCH

Wie die Kunst den Gletscher entdeckte.

KULTUR

50_Gletscherkunst

9

IN DEN BERGEN WERDEN WORTE ÜBERFLÜSSIG, WEIL DER AUGENBLICK BIS AN DEN RAND MIT SINN GEFÜLLT IST.

Radprofi Felix Gall über die Tour de France und seine Ziele.

98_Bretterschmiede

Rodlerin Leni Thurner und eine „Bronzene“, die wie Gold glänzt.

Trendforscher Andreas Reiter über die Zukunft.

90_Eiskanal

6_Editorial 10_Tirol in Bildern 2 4 _ N at i o n a l pa r k H o h e Ta u e r n 124_Winterlich kochen 150_Bücher 152_Kurz & bündig 154_Impressum

Tirols ehemalige Skibauer. 106_Mittendrin

116_Kraftkorn

Die Wiederentdeckung des Dinkels. 142_Hassliebe

Der Wildschönauer Krautinger.


© LUKAS M. HUELLER

Tirol_Magazin

NATUR

10


TIROL IN BILDERN Wenn der Winterhimmel seine Schleusen öffnet und es wieder zu knirschen anfängt unter den Füßen, dann beginnt für viele die schönste Zeit des Jahres. Auf den folgenden Seiten nehmen wir Sie mit durch die Vielfalt des winterlichen Tirol.

NATUR

11

SÖLDEN/ÖTZTAL Fotokunst trifft Architektur am Berg: Am Gaislachkogel sind die (sportlichen) Möglichkeiten ebenso spektakulär wie die Stationen der Bergbahn. Auch James Bond wusste den Berg schon zu nutzen.


Tirol_Magazin

NATUR

12

© TVB TANNHEIMER TAL/ACHIM MEURER


NATUR

13

TANNHEIMER TAL Das Hochtal im Bezirk Reutte ist im Sommer wie im Winter ein echtes Naturparadies. Von oben betrachtet offenbart sich seine gesamte überwältigende Pracht – so geht Loslassen!


ZILLERTAL

© TOM BAUSE

NATUR

14

Wild and free: Die echte Freiheit beginnt hinterm Lift, deshalb hat der Sport auch seinen Namen bekommen. Das Zillertal ist ein wahres Paradies für Freerider und Powder-Liebhaber.

Tirol_Magazin


Am PULS des LEBENS.

NEW IN!

HOD 14 Wohnen am Sillufer 45 Wohnungen 1-4 Zimmer-Wohnungen Kaufpreis ab € 355.000,00

MEHR INFOS auf unserer WEBSITE!

T +43 (0)512 56 34 71 E verkauf@moser-wohnbau.com W moser-wohnbau.com


KITZBÜHEL

© KITZBÜHEL TOURISMUS

NATUR

16

Kitzbühel ist weit mehr als Hahnenkammrennen und lautes Halligalli. Kitzbühel kann auch leise und friedlich. Bei perfekt präparierten Pisten bleibt kein Skifahrerherz unberührt.

Tirol_Magazin


SAFE CRASH. wir denken voraus.

Der Versicherungspartner für Tiroler Tourismus und Industrie seit über 50 Jahren. Meraner Straße 1 • 6020 Innsbruck • Austria • T + 43 / (0)512 / 23 92 80-0 • www.steinmayr.co


WILDER KAISER

NATUR

18

Der Winter hat seine ganz eigene Ruhe. Wenn die Sonne die Spitzen der Berge aus der Dämmerung schält, wird auch der Wilde Kaiser im Tiroler Unterland ganz zahm.

Tirol_Magazin


NATUR

© ZVB WILDER KAISER/MANUEL BIALUCHA

19


SEEFELD

© REGION SEEFELD

NATUR

20

Das ikonische Seekirchl – auch Heiligkreuzkirche genannt – ist das berühmteste Wahrzeichen von Seefeld und das wohl beliebteste Fotomotiv der Region. Dieser winterlich-grandiose Blick zeigt, warum.

Tirol_Magazin


HAPPY SPORT Innsbrucker Str. 22, A-6100 Seefeld in Tirol, +43 5212 2317-0, www.armbruster.at


© ACHENSEE TOURISMUS

NATUR

22

ACHENSEE Seezeit: Selbst Schnee und Eis können dem Achensee nichts von seiner Schönheit nehmen. Im Gegenteil. Der Winter zeigt den See von seiner geruhsamen Seite und kleidet ihn in idyllisches Gewand.

Tirol_Magazin


EMOTIONAL, IMMERSIV & EINZIGARTIG. EINE WELTNEUHEIT. Auf über 500 m 2 und in 60 Minuten ermöglicht die digitale Erlebniswelt eine spektakuläre Reise auf die höchsten Gipfel, in die Vergangenheit und Zukunft, in das Herz und in die Seele Tirols. Eine Show, 1.000 Erinnerungen Öffnungszeiten: MO - FR 9.00 - 19.00 Uhr SA 9.00 - 18.00 Uhr SO 10.00 - 17.00 Uhr www.experiencetirol.com

MEIN KAUFHAUS - MEIN SHOW & INFOTAINMENT ERLEBNIS Maria-Theresien-Straße 31 / 6020 Innsbruck / Tirol / Austria


© NPHT / STEFAN LEITNER

NATUR

24

Ranger schlafen nie. Sommers wie winters sind sie im Nationalpark Hohe Tauern unterwegs. So wie hier im Freien beim Schneeschuhwandern, oder aber in den Schulen des Landes, als Botschafter der Natur bringen sie den Menschen den Wert natürlicher Abläufe näher.

Tirol_Magazin


NATIONALPARK HOHE TAUERN

„WISSEN SCHAFFT BEWUSSTSEIN“ Der Nationalpark Hohe Tauern (NPHT) ist nicht nur ein schützenswerter Erlebnisraum, sondern auch ein gigantisches Freiluftlabor, in dem die Natur noch Natur sein darf. Rangerinnen und Ranger wie Caroline Führer und Simon Zeiner tragen besonders außerhalb der Hauptsaison das im Park gewonnene Wissen hinaus in die Schulen im Land. Das hilft dabei, die junge Generation für die Bedeutung und Schutzwürdigkeit einer intakten Umwelt zu sensibilisieren.

F ü h r e r : Wir verbringen viel Zeit in den Schulen, um Schülerinnen und Schülern den Nationalparkgedanken näherzubringen, und nehmen uns nach einem langen und oft intensiven Sommer auch bewusst Zeit, um uns für das kommende Jahr gut vorzubereiten, gerade was das neue Sommerprogramm, die Kinderprogramme und die Junior Ranger betrifft. Außerdem haben wir Zeit für Fortbildungen. S i m o n Z e i n e r : Wir sind das ganze Jahr über angestellt, aber unsere Arbeit unterliegt saisonalen Schwankungen. Wir sind von Anfang Juni bis in den Herbst hinein vor allem mit Besuchern im Nationalpark unterwegs. In der Übergangszeit sind wir besonders viel in Schulen, im

Winter geht es dann mit dem Schneeschuhwandern weiter. Es ist wunderschön, draußen unterwegs zu sein, aber der Sommer ist auch kräftezehrend für uns.

© NPHT / SEBASTIAN HOEHN

In der kalten Jahreszeit machen manche Tiere Winterschlaf, wieder andere halten Winterruhe oder verfallen in Winterstarre. Das ist bei den Rangern im NPHT wohl nicht der Fall. Wie gestaltet sich bei euch der Winter und was steht gegenüber dem Sommer mit seinen vielen Outdooraktivitäten im Vordergrund? C a r o l i n e

In den Nationalparkgedanken ist explizit ein Bildungsauftrag eingeflochten. Was verbindet ihr persönlich damit? C a r o l i n e :

VERBUND-Klimaschule Im Rahmen der Klimaschule des Nationalparks Hohe Tauern kommen Rangerinnen und Ranger an die Schule und vermitteln spannend und altersgerecht zwischen der 4. und 10. Schulstufe Themen wie Wetter und Klima, Treibhauseffekt und Klimawandel, Energieträger und Energiesparen und nachhaltiger Lebensstil. Zudem gibt es seit kurzem unter http://klima.schule ein kostenloses Online-Lernportal, das die Inhalte der Klimaschule vorbereitet und wiederholt.

Der Bildungsauftrag berührt alle Bereiche unserer Arbeit. Für mich bedeutet das, diese Nationalparkidee für alle Menschen nach außen zu tragen, ob es den Menschen nun bewusst ist oder nicht, dass wir immer auch versuchen, Wissen zu vermitteln. Es ist mir auch wichtig, vor Ort den Nationalparkgedanken weiterzutragen, weil es auch in der heimischen Bevölkerung genügend Leute gibt, die noch mehr über den Nationalpark erfahren möchten. Was können die Einheimischen von euch lernen? S i m o n : Gerade bei

unseren Wildtierbeobachtungen sind oft Einheimische dabei, die ihren Kindern die Natur im Nationalpark zeigen

NATUR

25

Der Nationalpark Hohe Tauern ist mit insgesamt 1.856 km2 der größte der Alpen und erstreckt sich über die Bundesländer Kärnten, Salzburg und Tirol. G l e t s c h e r f l ä c h e : 126 km2 | O s t t i r o l e r A n t e i l : 611 km2


© MARIAN KRÖLL

26 NATUR

zu sehen und Geschichten aus der Vergangenheit zu hören. Manchmal geht es auch einfach nur darum, Gespräche, die sich innerhalb einer Gruppe ergeben, ein wenig zu moderieren. Was überrascht die Menschen, welche Aha-Erlebnisse gibt es?

S i m o n : Es ist zwar kein klassisches Aha-Erlebnis, aber die Menschen sind sehr oft vom Gletscherlehrweg Innergschlöß beeindruckt. Wenn man sich dem Gletscher nähert und sich vor Augen führt, dass der Mensch nicht unbeteiligt daran ist, dass die Gletscher am Rückzug sind, erzeugt das eine ganz eigene Stimmung. Das ist schwer in Worte zu fassen. Die Stimmung ist nicht gedrückt, aber doch irgendwie ehrfurchtsvoll und andächtig.

wollen, aber nicht genau wissen, wo und wie sie das am besten machen können. Das spielt auch für die Akzeptanz des Nationalparks und den Rückhalt in der Bevölkerung eine wichtige Rolle. Neben Gästen aus dem In- und Ausland nimmt die einheimische Bevölkerung auch gerne unsere Dienstleistungen in Anspruch. Wir sind in fast allen Osttiroler Schulen unterwegs, auch außerhalb der Nationalparkgemeinden. Wir haben als Ranger eine fundierte Ausbildung. Es ist schön und wichtig, dieses Wissen weiterzugeben, ganz gleich, ob das nun ein Kindergartenkind ist oder ein 80-Jähriger, der noch einmal einen Steinadler sehen möchte. Gerade das Unterrichten in den Schulen ist eine sehr sinnstiftende Tätigkeit, bei der man schon die Kleinsten auf spielerische Art und Weise für den Schutz und Erhalt der Natur sensibilisieren kann. C a r o l i n e : Einheimische sind bei unseren Führungen oft ein bisschen überrascht, was die Natur vor unserer Haustüre so zu bieten hat. Ich stamme ja ursprünglich aus Deutschland, weshalb es für mich auch eine gute Gelegenheit ist, mit den Menschen in Kontakt zu treten, neue Perspektiven

© NPHT / ARMIN KLEINLERCHER

Rangerin und Biologin Caroline Führer und Ranger Simon Zeiner wollen Wissen vermitteln und damit Bewusstsein schaffen. Auch deshalb, weil informierte Naturnutzer besser auf ihre Umwelt achten.

Swarovski Wasserschule Im Rahmen der „mobilen Wasserschule“ besuchen speziell ausgebildete Rangerinnen und Ranger die Schulen in den Nationalpark-Bundesländern Tirol, Kärnten und Salzburg für ein drei- bis viertägiges Training. In Form von Experimenten, Rätseln und Gruppenarbeiten im Klassenzimmer sowie in der freien Natur sind die Kinder den Geheimnissen des Wassers auf der Spur. Das Angebot ist für Schulklassen der 3. bis 8. Schulstufe kostenlos. www.swarovskiwaterschool.com

Tirol_Magazin

Erdgeschichtlich betrachtet ist ein Menschenleben eine verschwindend geringe Zeitspanne, dennoch kann man schon innerhalb weniger Jahrzehnte dramatische Rückgänge des Gletschereises selbst beobachten. Caroline, wie nimmst du den Gletscher wahr, nachdem du nicht mit ihm aufgewachsen bist?

C a r o l i n e : Ich bin tatsächlich schon als Kind immer wieder im Urlaub mit Gletschern in Berührung gekommen. Aber so richtig klar geworden ist mir die Thematik erst in Südtirol bei der Marmolata, weil ich zufällig am Tag des großen Eisabbruchs in der Nähe auf einer Wanderung war und mir gedacht habe, wie mitgenommen der Gletscher dort ausgesehen hat. Das hat etwas in mir ausgelöst. Wir sehen tagtäglich, dass es auch hier im Nationalpark mit den Gletschern nicht gut aussieht. S i m o n : Wenn jemand noch den Klimawandel leugnen möchte, dann ist er herzlich eingeladen, im Sommer unsere Tour zum Schlatenkees mitzumachen. Man kann auch als Laie mit freiem Auge erkennen, was da an der Gletscherzunge in einem heißen Sommer innerhalb kürzester Zeit passiert. Natürlich hören wir öfter das Argument, das Klima habe


NEU

ab Somm er 2023

Nationalpark Folder und Broschüren

Die Angebote des Nationalparks Hohe Tauern auf deinem Smartphone

www.hohetauern.guide


28

sich immer schon verändert. Das ist sicher so, aber unser Problem ist die rapide Geschwindigkeit, mit der das heute passiert. Da kommt selbst die Natur nicht mehr mit – und der Mensch schon gar nicht. Wirkt sich das auch auf die Tourenplanung aus? S i m o n : Durch

© NPHT / MICHAEL AMRASER

Caroline Führer

Gletscher sind zum Staunen da. Obwohl sie in den Alpen am Rückzug sind, bergen sie – wie hier – durch zahlreiche und teils sehr tiefe Spalten Gefahr, sind aber auch ein Ort derFaszination und des staunenden Innehaltens.

Bewegende Erfahrungen: Die Natur im Nationalpark Hohe Tauern ist nicht nur inspirierend und lehrreich, sie bringt auch den Kreislauf gehörig in Schwung.

Tirol_Magazin

das Auftauen des Permafrosts nehmen Steinschläge vor allem in höheren Lagen zu. Die Gefahr steigt dadurch und manche Berge werden nur noch selten begangen, weil der Aufstieg zu gefährlich wird. C a r o l i n e : Die Klimakrise und die damit entstehenden Veränderungen in unserer Landschaft sind momentan allgegenwärtig, ganz gleich, ob man mit Schülern von der Volksschule über die Mittelschule bis hin zur Oberstufe, in den Landwirtschaftlichen Lehranstalten darüber spricht oder mit Erwachsenen. S i m o n : Es hat sicher in den letzten Jahren ein Umdenken stattgefunden und ich hoffe, dass der Nationalpark, der die Natur so unmittelbar erlebbar macht, zu diesem Bewusstseinswandel beigetragen hat. Unsere Natur ist ein hochkomplexes und zugleich sehr sensibles System, auf das wir achten müssen. Was wollt ihr jungen Menschen über Nationalparks im Allgemeinen und den Nationalpark Hohe Tauern im Speziellen vermitteln?

© NPHT / MATHÄUS GARTNER

NATUR

„UNWISSEN FÜHRT HÄUFIG DAZU, DASS MAN FEHLER MACHT, DIE MAN EIGENTLICH NICHT MACHEN WILL. MAN KANN NUR DAS SCHÜTZEN, WAS MAN KENNT.“

C a r o l i n e : Unser Ansatz ist, dass grundsätzlich in fast jedem Menschen der Wunsch angelegt ist, unberührte Natur zu erleben und staunen zu können. Konkretes Wissen über diese Natur vermitteln wir unter anderem im Rahmen der Wasserschule und der Klimaschule. In den Schulen dürfen wir die ungeheure landschaftliche Vielfalt, die wir in Österreich haben, präsentieren und mit den Kindern und Jugendlichen über den Tellerrand blicken. Wir müssen den Wert unserer Natur und ihre Schutzwürdigkeit sichtbar machen. Die Bilder der unberührten Naturlandschaften aus dem National-


Maria-Theresien-Straße 55 & Outlet am Burggraben 3, Innsbruck

www.tirolshop.com

TI RO L SH O P


30

Der Nationalpark • Gesamtfläche: 1.856 km2, davon 611 km2 in Osttirol • Mehr als ein Drittel aller in Österreich nachgewiesenen Pflanzenarten kommen im Nationalpark vor, bei den Säugetieren, Vögeln, Reptilien und Amphibien sind es um die 50 %. • West-Ost-Erstreckung: 100 km • Nord-Süd-Erstreckung: 40 km • mehr als 300 Dreitausender • 279 Bäche und 26 bedeutende Wasserfälle • 551 Bergseen

© NPHT / FABIAN DALPIAZ

Rückzug und Rückzugsräume: Die Gletscher speichern nicht nur Wasser, sondern sind auch ein Archiv, ein Gedächtnis aus Schnee und Eis aus längst vergangenen Zeiten, das zu verschwinden droht. Das Wild wiederum ist gerade im Winter auf Rückzugsräume angewiesen, zu viel Kontakt mit Menschen erzeugt Stress und gefährdet die Populationen.

© NPHT / EMANUEL EGGER

NATUR

park helfen uns dabei sehr, vor allem dann, wenn wir zum Beispiel mit der Wasserschule in städtischen Räumen etwa in Wien zu Gast sind. S i m o n : Unser Dachverband Nationalparks Austria hat immer wieder mit dem Begriff „Wildnis“ geworben. 50 Prozent der Flächen in Osttirol liegen auf über 2.000 Meter Seehöhe. Die zweite Hälfte Osttirols ist tatsächlich Wildnis und es gibt Gegenden, in die jahrelang kein Mensch hinkommt. Wir wollen im Rahmen unseres Bildungsauftrags in erster Linie sensibilisieren, ohne zu moralisieren, und abwechslungsreich und auch mit Spaß an das Thema heranführen. Das gelingt uns wahrschein-

Tirol_Magazin

lich nicht immer, aber wir geben unser Bestes! Die Wasser- und Klimaschule des Nationalparks Hohe Tauern ist etwas Einzigartiges und hat Vorbildcharakter für ganz Österreich. Sie ist ein wesentlicher Grund dafür, dass Ranger wie wir in Tirol ganzjährig beschäftigt sind. C a r o l i n e : Wir arbeiten nicht mit dem erhobenen Zeigefinger, sondern versuchen zu erklären und den Horizont so zu erweitern, dass eine lebendige Diskussion entstehen kann. Was tut sich in der Erwachsenenbildung? C a r o l i n e : Es gibt diver-

se Veranstaltungen der Nationalpark Akademie mit interessanten und tiefschürfenden Weiterbildungsangeboten. Dabei kommen häufig ausgewiesene Experten zu Wort – zum Beispiel von den Universitäten oder der GeoSphere Austria. Ich begleite solche Veranstaltungen gerne und lerne selbst auch etwas dazu, das ich wiederum weitergeben kann. S i m o n : Fast alles, was wir in unserem Tätigkeitsbereich machen, hängt direkt oder indirekt mit Bildung und Wissensvermittlung zusammen. Sollte man selbst begeistert sein, um begeistern zu können?

C a r o l i n e : Den Job kannst du nur machen, wenn du begeistert und mit Leidenschaft bei der Sache bist. S i m o n : Absolut! Man kann auch Inhalte nur gut vermitteln, wenn man selbst von einer Sache überzeugt ist. Begeisterung ist ansteckend. Sind gebildete, sensibilisierte Naturnutzer gleichzeitig rücksichtsvollere Naturnutzer? Simon:

Bei der Felsenkapelle im Gschlößtal hängt ein Schild, auf dem steht: „Anständige Menschen verunreinigen die Natur nicht, anderen ist es verboten!“ Damit ist eigentlich alles gesagt. C a r o l i n e : Betrachtet man das aus der Perspektive der Wildtierbiologie, lautet die Antwort auch: Ja, ganz klar. Unwissen führt nämlich häufig dazu, dass man Fehler macht, die man ei-


„UNSERE NATUR IST EIN HOCHKOMPLEXES UND SEHR SENSIBLES SYSTEM, AUF DAS WIR ACHTEN MÜSSEN.“

DAS WUNDER NATUR FESTHALTEN

Simon Zeiner

gentlich nicht machen will. Man kann nur das schützen, was man kennt. Gleichzeitig gibt es Menschen, die sich sehr wohl auskennen, sich aber nicht dementsprechend verhalten. Das ist aber nicht die Mehrheit. S i m o n : Denke ich heute an die Zeit vor meiner Rangerausbildung zurück, dann bin ich wohl auch manchmal ein wenig blind auf den Gipfel gestürmt. Je mehr man weiß und sich mit seiner Umwelt beschäftigt, desto mehr nimmt man wahr. Wissen schafft Bewusstsein und weitet den Blick. Das wollen wir Jung und Alt vermitteln. Was muss man mitbringen, wenn man im Nationalpark Hohe Tauern auf seine Kosten kommen will, und was fasziniert euch am meisten? C a r o l i n e : Zeit, Zeit

und noch einmal Zeit. An jedem beliebigen Ort im Nationalpark kann man sich auf das konzentrieren, was direkt vor einem liegt, auf das Kleine im Gigantischen. S i m o n : Die Frage nach der größten Faszination ist nicht einfach zu beantworten. Das ändert sich kontinuierlich, auch im Verlauf der Jahreszeiten. Selbst langjährige Kollegen, die seit Jahrzehnten dabei sind, kommen immer wieder mit ganz neuen Erlebnissen und Eindrücken zurück. Wir lernen nie aus und es geschehen immer wieder Dinge, die man zuvor noch nicht beobachtet hat. Und je mehr man sich mit der Natur und ihren Zusammenhängen beschäftigt, umso mehr kommt man drauf, dass man eigentlich kaum etwas weiß. Es gibt noch eine enorme Fülle zu entdecken. Dem trägt der Nationalpark Hohe Tauern nicht nur über seinen Bildungs-, sondern auch seinen Forschungsauftrag Rechnung. Aber das ist eine andere Marian_Kröll Geschichte.

VPA 2

VARIABLER PHONE ADAPTER 2

CL COMPANION + VPA 2


32 NATUR

Tirol_Magazin


33 NATUR

DAS LEBEN IM ZEITRAFFER „Via Sedna“ ist der Dokumentarfilm einer beeindruckenden Reise: Vier Seglerinnen, drei Kletterinnen, eine Filmemacherin, kurzum acht Abenteurerinnen, machen sich von Frankreich auf dem Segelschiff Northabout nach Grönland auf, um dort eine Erstbesteigung zu wagen. Mittendrin: Ramona Waldner, die Osttiroler Fotografin, die mit Via Sedna ihr visuell und emotional packendes Debüt als Filmemacherin gibt. Fo t o s : R a m o n a Wa l d n e r


34 NATUR

„AN BORD DER NORTHABOUT SIND MENSCHEN AUS GANZ UNTERSCHIEDLICHEN BERUFEN MIT UNTERSCHIEDLICHEN FÄHIGKEITEN ZUSAMMENGEKOMMEN. UND ES HAT JEDE EINZELNE FÄHIGKEIT GEBRAUCHT.“ R a m o n a Wa l d n e r

W

enn eine eine Reise tut, dann kann sie was erleben. Mit der Via Sedna hat Ramona Waldner, Osttiroler Fotografin und Abenteurerin im besten Sinn, ihr bewegendes Bewegtbild-Gesellenstück in Spielfilmlänge abgeliefert. Herausforderungen sind ihr nicht fremd. So war sie in der Vergangenheit bereits in aller Welt unterwegs, um für ein Buchprojekt die aufregendsten und seltensten Rinderrassen zu porträtieren. Eine Aufgabe, die sie mit Bravour gelöst hat. Für das Projekt „Via Sedna“ hat die Osttirolerin den festen alpinen Boden gegen ein kleines Segelschiff eingetauscht – die 15 Meter lange „North-about“. Vom französischen La Rochelle aus führt der Segeltörn Ramona und ihre sieben Mitstreiterinnen – die Französinnen Alix Jaekel, Capucine Coteaux, Caroline Dehais, die Spanierinnen Marta Guemes und Nadia Royo Cremer, die Argentinierin Maria Sol Massera und die Deutsch-Schweizerin Caro North – bis nach Grönland und zurück. Doch damit nicht genug, stand auf der Insel die Erstbesteigung der Ostwand des Northern Sun Spire am Programm. 17 Seillängen, 780 Meter und Klettergrade bis 7b+ inklusive, quasi zum Drüberstreuen ein stundenlanger Aufstieg über einen Gletscher bis an den Fuß der Wand.

Die gelernte Fotografin hat sich nämlich erst in einem Crashkurs unmittelbar vor dem Start in das ambitionierte Unterfangen das notwendige filmische Knowhow angeeignet. Dieses wurde ihr von Alexander Brugger, einem weiteren Osttiroler und Filmemacher bei der Linzer LM.Media Production, im Schnelldurchlauf eingetrichtert. Brugger zeichnet auch für den Schnitt der Dokumentation verantwortlich, für die Ramona Waldner satte acht Terabyte an Videomaterial aufgezeichnet hat. Bei Wind und Wetter, zu Wasser und – mittels Drohne – zur Luft, bei Tag und Nacht. Unentwegt. A m A n fa n g wa r d a s T e a m .

Zur Person Ramona Waldner (geb. 1987) ist seit 2008 als Fotografin tätig und lebt in Lienz. Sie glaubt an das Abenteuer, will die Welt mit allen Sinnen erfahren und mit ihren fotografischen Werkzeugen festhalten und vermitteln. Mit dem Dokumentarfilm Via Sedna ist die Osttirolerin unter die Filmemacherinnen gegangen.

D i e ( K a m e r a - ) L e i s t u n g der Filme-

macherdebütantin Ramona Waldner kann – der Dokfilm macht sicher – gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. Tirol_Magazin

Für Ramona Waldner war die Via Sedna eine unerwartete Reise. Vor zwei Jahren lernte sie in Griechenland zufällig die deutsch-schweizerische Alpinistin Caro North kennen, die ihr von diesem Projekt erzählte. Waldner ist seit jeher fasziniert von den Polarregionen und bekundete Interesse, die Expedition fotografisch zu begleiten. Als ein Jahr später ihr Handy klingelt, muss die Osttirolerin nicht allzu lange überlegen. Waldner erweist sich als outdoor-affiner und sehr naturverbundener Mensch als perfekte Wahl für ein ambitioniertes Projekt wie dieses. Dass sie dafür in Betracht kommt, hat viel mit harter, jahrelanger Arbeit und auch ein wenig mit Glück zu tun. „Als ich im Herbst 2021 kontaktiert wurde, steckte das Projekt noch in den Kinderschuhen“, erzählt Waldner. Ein Boot für das


35

© CARO NORTH

NATUR

Unternehmen war noch nicht in Sicht, die Finanzierung nicht gesichert. Aber es gab ein Team, das schon ein Stück weit zusammengewachsen war, noch ehe in La Rochelle die Segel gesetzt wurden. Im Gegensatz zur Crew hatte die Northabout, ein erprobtes Expeditions-Segelboot aus Aluminium, bereits zwei Polarumsegelungen auf dem Buckel. In monatelanger Vorbereitungsarbeit haben die Seglerinnen das Boot, das in schlechter Verfassung war, wieder seetüchtig gemacht. D a m i t e i n derartiges Unternehmen

überhaupt eine Chance auf ein Gelingen hat, muss die Crew viele Fertigkeiten mitbringen. Alles musste während der Fahrt repariert werden können. „An Bord der Northabout sind Menschen aus ganz unterschiedlichen Berufen mit unterschiedlichen Fähigkeiten zusammengekommen. Und es hat jede einzelne Fähigkeit gebraucht“, sagt Waldner. Im Gegensatz zu Sedna, der Inuit-Göttin des Meeres und der Meerestiere, meinte es der Wettergott nicht gut mit der Besatzung der Northabout, die von einem Tief ins nächste geriet. Das erschwerte es beträchtlich, die Stimmung an Bord hochzuhalten. Dank passendem Proviant, darunter eine stattliche Menge Käse und 18 Kilogramm Schokolade, gelang das über weite Strecken ganz gut. „Wir haben bei 40 Grad und bestem Wetter in La Rochelle abgelegt und sind bereits wenige Stunden später in unseren ersten heftigen Sturm geraten“, erinnert sich Waldner. Es soll längst nicht der letzte gewesen sein. „Ich hatte den Drive, auch dann nicht zurückzustecken und meine Arbeit weiter zu erledigen, wenn es mir gerade schlecht gegangen ist“, sagt Waldner, die intensive Bekanntschaft mit der rauen See gemacht hat. Eine Freundschaft ist daraus nicht geworden. N a c h d e m e r s t e n S t u r m greift

beim Teamwork an Bord ein Rädchen ins andere, Kapitänin Marta Guemes ist der Ruhepol, um den sich die Besat-

„DAS WARTEN UND DIE GEDULD WAREN UNSERE PERMANENTEN REISEBEGLEITER.“ R a m o n a Wa l d n e r

zung schart. „Wir hatten gerade im Regen manchmal die größte Gaudi“, sagt Waldner. Ursprünglich war geplant gewesen, über einen Zwischenstopp in Island direkt den Scoresbysund in Grönland, das größte Fjordsystem der Welt, anzusteuern, um dort rund einen Monat Zeit zum Klettern zur Verfügung zu haben. Gekommen ist letztlich alles ganz anders. „Wir sind nach fünf Tagen in Dublin zum Liegen gekommen, weil die Bedingungen auf See so arg waren. Das Warten und die Geduld waren unsere permanenten Reisebegleiter“, so Waldner, die wetterbedingt auch auf den Färöer-Inseln und Island viel mehr Zeit als vorgesehen an Land verbringen musste. Der Dramaturgie des Unternehmens tut das freilich keinen Abbruch. Ganz im Gegenteil, es wurde dadurch die geplante Erstbesteigung zum hollywoodreifen Wettlauf gegen die Zeit. Ramona Waldner hat am Fuß der Wand die Stellung gehalten, ursprünglich sollte sie mitklettern. Wetter- und zeitbedingt ging sich das nicht aus. „Jede Person mehr in der Wand ist eine zusätzliche Gefah-


36 NATUR

RAMONA WALDNER HAT FÜR DEN DOKUMENTARFILM ACHT TERABYTE AN VIDEOMATERIAL AUFGEZEICHNET. BEI WIND UND WETTER, ZU WASSER UND ZUR LUFT, BEI TAG UND NACHT. UNENTWEGT.

renquelle. Die Kletterinnen hatten nur ganz wenig zu essen und zu trinken mit und auch nur zwei Schlafsäcke für drei Personen“, erzählt Waldner. Die Devise hieß „light and fast“, und so wurde das Ziel erreicht. Eine Leistung, die gar nicht hoch genug eingeschätzt werden kann. D a s s i e h t m a n übrigens auch beim

Piolet d’Or so, der bedeutendsten Auszeichnung für außergewöhnliche Leistungen im extremen Bergsport. Dort hat die Erstbegehung der Frauen eine Sonderauszeichnung erhalten. „Es war spannend bis zur letzten Minute und die Kletterinnen haben selbst fast nicht mehr daran geglaubt, dass es noch gelingen wird“, so die Filmerin, die am Boden, eisbärenbedingt Gewehr bei Fuß, mehr als gut beschäftigt war. Unter anderem damit, ihr Equipment mittels Solarpanels mit Strom zu versorgen. An ein längeres Ausruhen ist für die Kletterinnen und Ramona Waldner auch bei der Rückfahrt nicht zu denken. Die Northabout muss rund um die Uhr gesteuert werden, es gilt, Ausschau zu halten, Stürmen zu trotzen und Eisberge zu umschiffen und den Seglerinnen zur Hand zu gehen, wo es nur möglich ist. So ein Boat Life ist eben keine Kaffeefahrt. „Es ist wunderschön, aber es kostet auch sehr viel Energie. Vor allem dann, wenn die Verhältnisse schwierig sind“, sagt Waldner. Selbst banale Dinge wie Kochen werden bei rauem Seegang zur Herausforderung, weil man sich in der kleinen Küche anketten muss, um nicht umzufallen. „Es gab auf unserer Reise viele Höhen und Tiefen. Wir Tirol_Magazin


In Bewegung bleiben

Schnell wieder tun, was Sie gern tun – dank modernster Behandlungsmethoden und individueller Therapien in den medalp Sportclinicen.

LEISTUNGEN


38 NATUR

haben als Team funktioniert und was uns gerettet hat, war unser Humor, mit dem wir uns aus unseren Tiefs befreit haben“, sagt Waldner und benennt das Wechselbad der Gefühle, das Expeditionsteilnehmern durchaus vertraut sein dürfte: „Either you laugh, or you cry …“ Dazwischen scheint es keine stabile Gefühlslage zu geben, wenn man sich auf eine Reise ins Ungewisse begibt. Vo n F r a u e n , die sich trauen.

Via Sedna ist eine Dokumentation, die Geschichten erzählt und gekonnt ineinander verwebt. Geschichten von langgehegten Träumen, von Frustration und deren Tolerierung, von Freundschaft und Leidenschaft, von Lagerkoller und

Via Sedna Ein achtköpfiges Frauenteam segelt von Frankreich bis nach Grönland und retour, um dort die Erstbesteigung einer Bigwall zu unternehmen. Die Reise, die Ramona Waldner mit ihrer Kamera dokumentiert, wird vor allem wetterbedingt zum Wettlauf gegen die Zeit, dramatisch, packend, menschlich und auch mit unbeschwerten Momenten, die zum herzlichen Mitlachen einladen.

Lebenslust, von Geduld, von Gemeinschaft, Genuss und – dem Happy End sei’s gedankt – Glückseligkeit. Es ist dies die Geschichte einer Reise, die wie das Leben im Zeitraffer ist: abwechslungsreich, dramatisch, berührend, einmal mit viel Rücken-, dann wieder mit heftigem Gegenwind. Auf der Via Sedna wurde getanzt, gesungen und gelacht, aber auch geweint und gehadert. Musikalisch untermalt wurde die Doku von der eindringlich-nachdenklichen Musik der Osttiroler Künstlerin Sophie Zanon alias Souph. „Ich finde es wichtig, diese, unsere Geschichte, die auch ein Stück weit eine Metapher sein kann, zu erzählen“, so Waldner. Vi a S e d n a kann nicht zuletzt auch als

Dokument feministischer Emanzipation aufgefasst werden. Über Frauen, die sich in einer – ach was, eigentlich gleich mehreren – männlichen Domänen, nämlich segeln, klettern, bewaffnet an verlassenen Plätzen abenteuern, behaupten können und sich selbst zutrauen, was man ihnen vielleicht nicht zugetraut hätte. Der Film ist insofern auch als Appell zu verstehen, hartnäckige Rollenklischees zu überdenken und diese – vor allem an Eltern als Auftrag gerichtet – in der Kindererziehung nicht zu reproduzieren. Die Via Sedna war für ihre Teilnehmerinnen ebenso eine Reise ins Ungewisse wie eine Reise zu sich selbst. Die Abenteurerinnen haben einander besser kennengelernt, vor allem aber sich selbst. „Die widrigen Bedingungen haben uns als Team zusammengeschweißt und dem Ganzen einen weitaus größeren Wert gegeben, als wenn alles reibungslos verlaufen wäre“, meint Ramona Waldner rückblickend. Mit diesem Film ist es ihr eindrucksvoll gelungen, ihre ganz besondere, narrative Art zu fotografieren ins Bewegtbild zu übersetzen. „Ich bin zufrieden“, sagt die Künstlerin gewohnt bescheiden. Man darf annehmen – oder vielmehr hoffen –, dass Via Sedna nicht der letzte Dokumentarfilm der Osttirolerin gewesen ist. Marian_Kröll Tirol_Magazin


Schön, wenn Verträge Menschen nicht nur binden, sondern verbinden. Näheres zu unserem Berufsverständnis und unseren Werten.

Öffentliche Notare Mag. Oskar Platter, Mag. Cornelia Rieser & Partner

6500 Landeck, Malser Straße 21 T 05442 62251

kanzlei@platterrieserpartner.at platterrieserpartner.at


40 NATURE

ENGLISH

English Summary

AN ALL-FEMALE SAILING AND CLIMBING EXPEDITION

Via Sedna is a documentary film about an impressive journey: Eight adventurers set off from France on the sailing ship „Northabout“ to Greenland to attempt a first ascent.

W

hen a woman undertakes a journey, she is bound to experience something. With the Via Sedna, Ramona Waldner, photographer and adventurer in the best sense of the word, has delivered her moving journeyman’s piece in the length of a feature film. For the “Via Sedna” project, the East Tyrolean has swapped the solid alpine ground for a small sailing ship, the 15 metre long “Northabout”. The sailing trip takes Ramona and her seven fellow travellers - Frenchwomen Alix Jaekel, Capucine Coteaux, Caroline Dehais, Spaniards Marta Guemes and Nadia Royo Cremer, Argentinian Maria Sol Massera and German-Swiss Caro North - from LaRochelle in France to Greenland and back. But as if that wasn’t enough, the first ascent of the east face of the Northern Sun Spire was also on the island’s programme. 17 pitches, 780 metres and climbing grades up to 7b+ included. T h e c a m e r a w o r k of filmmaker debutante Ramo-

na Waldner cannot be overestimated. The trained photographer only acquired the necessary cinematographic know-how in a crash course immediately before embarking on this ambitious endeavour. Alexander Brugger, another East Tyrolean and filmmaker, taught her this in fast-forward. He is also responsible for editing the documentary. F o r R a m o n a Wa l d n e r , the Via Sedna was an

unexpected journey. Two years ago, she met the German-Swiss alpinist Caro North in Greece, who told her about the project. Waldner has always been fascinated by the polar regions and expressed an interest in accompanying the expedition photographically. When her mobile phone rang a year later, the East Tyrolean

didn’t have to think too long and joined in. However, unlike Sedna, the Inuit goddess of the sea and marine animals, the weather gods were not so kind to the crew of the Northabout, who were caught in one storm after another. “We cast off from La Rochelle in 40-degree weather and were caught in our first violent storm just a few hours later,” recalls Ramona Waldner. The original plan had been to head straight for Scoresbysund in Greenland via a stopover in Iceland in order to have around a month to climb there. Instead, the women had to make several unplanned trips ashore due to the weather. As a result, the planned first ascent became a race against time. However, with minimal equipment, the climbers reached their goal in the end. An achievement that is more than astonishing given the adverse conditions. Just like the film document of this unusual journey.

Tirol_Magazin


Gleiche Chancen für

Bezahlte Anzeige | Bildnachweis: intheheadroom.com

SIE.

Gegen strukturelle Gewalt. Für Chancengleichheit. Informieren Sie sich auf gewaltfrei-tirol.at


Tirol_Magazin

KULTUR

© TVB OSTTIROL/GERMAN ANDVENTURER

42


„Hoch Tirol“ heißt die Königin der Skihochtouren. Auf sechs Tagesetappen werden mehr als 18.000 Höhenmeter und über 90 Kilometer fällig, und man gelangt dabei in Gebiete, die so gut wie menschenleer sind. Gesucht und erfunden wurde die Route vor über 20 Jahren vom erfahrenen Bergführer Sigi Hatzer. Adlersruhe-Hüttenwirt und Bergführer Toni Riepler hat die Route modifiziert, die heute als „Hoch Tirol plus“ firmiert.

43 KULTUR

HOCHGEFÜHL ON TOUR


44 NATUR

BEI GUTEN VERHÄLTNISSEN IST DIE HOCH TIROL ZWEIFELLOS EIN HOCHGENUSS, BEI ZWEIFELHAFTEN BEDINGUNGEN KANN DIE TRAUMTOUR ALLERDINGS SCHNELL ZUR TORTUR WERDEN, ZUR NICHT UNGEFÄHRLICHEN OBENDREIN.

D

© TVB OSTTIROL/GERMAN ANDVENTURER

ie Skihochtour „Hoch Tirol“ stellt in den Ostalpen ungefähr das dar, was die berühmt-berüchtigte „Haute Route“ in den Westalpen ist: eine anspruchsvolle, mehrtägige Skidurchquerung im hochalpinen Gelände, von Hütte zu Hütte, bis zum sprichwörtlichen Kulminationspunkt am letzten Tag, dem Großglockner, dem mit 3.798 Metern höchsten Berg Österreichs. Nicht umsonst ist bei dieser spektakulären Mehrtagestour von der „Königin der Skihochtouren“ die Rede. E r s o n n e n w u r d e diese von Sigi

Hatzer, seines Zeichens Bergführer-Urgestein aus der Venedigergemeinde Prägraten, ganz hinten im Osttiroler Virgental gelegen. Die Idee hinter der Etablierung der Skihochtour „Hoch Tirol“ bestand darin, den Wintertourismus, der dem Sommer vor allem im Virgental deutlich hinterherhinkte, zu beleben. „Der Winter war das Stiefkind. Das wollten wir ändern“, erinnert sich Hatzer, der sich mit seinen Kollegen der Venediger-Bergführer bereits in den 1990ern mögliche Varianten angesehen hatte. Am Ende der Überlegungen stand eine – weil bei Kasern im Südtiroler Ahrntal beginnende – länderübergreifende Hochtour. Der Name liegt auf der Hand: Hoch Tirol! Eine Skihochtour der Sonderklasse ist geboren, die Sigi Hatzer bis heute 29 Mal absolviert hat. Die Premiere mit Gästen fand 2001 statt. „Es gab ein Jahr, das war ziemlich am Anfang, da habe ich die Tour sechs Mal

Hoch Tirol A n fa n g s p u n k t : Kasern/Südtirol E n d p u n k t : Kals am Großglockner E ta p p e n : 6 L ä n g e : ca. 90 Kilometer A u f s t i e g : ca. 9.000 Höhenmeter

Hoch Tirol Plus

A n fa n g s p u n k t : Ströden E n d p u n k t : Kals am Großglockner E ta p p e n : 6 L ä n g e : ca. 110 km A u f s t i e g : ca. 10.000 Höhenmeter

Tirol_Magazin

hintereinander geführt. Das war brutal“, erinnert sich der Bergführer. Bei guten Verhältnissen ist die Hoch Tirol zweifellos ein Hochgenuss, bei zweifelhaften Bedingungen oder gar anhaltendem Schlechtwetter kann die Traumtour allerdings schnell zur Tortur werden, zur nicht ungefährlichen obendrein. Nichts für A n fä n g e r .

Die Hoch Tirol ist eine Tour fürs Frühjahr, weil zu dieser Zeit alle notwendigen Hüttenstützpunkte bereits geöffnet sind und außerdem die Lawinengefahr üblicherweise geringer ist als im Hochwinter. Bisher hat es noch fast in jedem Jahr ein Zeitfenster – meistens im März und April – gegeben, in dem es die Schnee- und sonstigen Verhältnisse zugelassen haben, die Tour in Angriff zu nehmen. Ob das zukünftig – Stichwort Klimawandel – auch noch so sein wird, wird sich zeigen. „Nach größeren Neuschneefällen, besonders in Verbindung mit Wind, muss man schon abwägen. Die Etappen sind von Beginn an lang und mit vielen Höhenmetern“, sagt Hatzer. Sein vielsagender Nachsatz: „Für Anfänger ist das nichts.“

D i e H o c h T i r o l ist tatsächlich ein Unternehmen für Fortgeschrittene, denen nicht nur konditionell, sondern auch (ski)technisch einiges abverlangt wird. „Du brauchst eine super Kondition und musst ein guter Skifahrer sein. Klettertechnisch hält sich die Schwierigkeit in


45 NATUR

© TVB OSTTIROL/GERMAN ANDVENTURER

Grenzen“, meint Hatzer. Die Steigeisen sind auf dieser Hochtour dennoch das eine oder andere Mal im Einsatz, wenn es aufwärts ans Eingemachte geht oder ein abgewehter, eisiger Gipfelgrat überwunden werden will. „Es gibt einige Schlüsselstellen, und nicht in jedem Gelände ist Stürzen ideal“, sagt Bergführer Toni Riepler, zugleich Pächter und Hüttenwirt der am Felsen der Adlersruhe, direkt am Gipfelaufbau des Großglockners gelegenen Erzherzog-Johann-Hütte, der höchstgelegenen Hütte Österreichs.

überall im hochalpinen Bereich, fernab von Skigebieten und Massentourismus, unterwegs. Diese Einsamkeit und Naturbelassenheit ist etwas ganz Besonderes.“ Mit dem Rückzug der Gletscher wird die Route schwieriger. Wo früher Schnee und Eis dominierten, ragt heute oft nackter Fels hervor, das Gelände wird stufiger und steiler.

Hoch Tirol mit Zugabe.

„Die Hauptroute der Hoch Tirol ist bis heute gleichgeblieben, aber der eine führt sie so, der andere eben ein wenig anders“, sagt Hatzer. Manche Bergführer würden sich die mehrstündige Anfahrt ins Südtiroler Kasern ersparen und die Tour in Prägraten am Großvenediger beginnen. Einer dieser Bergführer ist Toni Riepler. Seine Hoch-Tirol-Variation wurde mittlerweile Hoch Tirol plus getauft und ist entstanden, weil er nach einer ökologisch günstigeren Alternative zum traditionellen Touren-Ausgangspunkt Kasern suchte und auch während der Tour nicht auf Fahrzeuge angewiesen sein wollte. Im Vergleich zur Originalroute bringt die Plus-Variante einige zusätzliche Gipfel und ein paar Höhenmeter mehr mit sich, in sechs Etappen kommt man so auf über 110 Kilometer und fast 20.000 Höhen- und Tiefenmeter, der ökologische Fußabdruck ist dagegen etwas kleiner als bei der Originaltour. „Ich gehe von der Rudolfshütte meistens über Ödenwinkelscharte, Johannisberg und Romariswandköpfe direkt zur Stüdlhütte“, verrät Riepler, dem diese hochalpine und menschenleere Gegend besonders zusagt. „Da bist du meistens ganz allein und es hat Westalpencharakter.“ Die Einsamkeit der Hoch Tirol weiß auch Sigi Hatzer zu schätzen: „Die Tour ist landschaftlich enorm abwechslungsreich. Man hat kaum Kontakt zur Zivilisation und ist

S pa lt e n r e i c h e s Terrain.

„MIT DER HAUTE ROUTE KANN DIESE TOUR LOCKER MITHALTEN, ICH GLAUBE, SIE IST SOGAR NOCH ANSPRUCHSVOLLER.“ To n i R i e p l e r

Besonders beim Gehen am Gletscher ist Vorsicht geboten, denn manchmal liegt nur eine dünne Schneedecke über den tiefen Gletscherspalten, über die man unversehens ins Verderben stürzen kann. Deswegen setzen die Bergführer am Gletscher gerade beim Aufstieg so gut wie immer auf die Vorzüge der Seilschaft, manchmal – vor allem bei schlechter Sicht – auch beim Abfahren. „Knackpunkt ist sicher der Großvenediger, wo oft Spaltenstürze passieren“, so Riepler.

D e r V e n e d i g e r ist Sigi Hatzers Wohnzimmer, hier hat er schon weit über 900 Mal den Gipfel erreicht. Der Klimawandel macht den Gletschern zu schaffen. „Wenn der Gletscher abapert, reißen die Spalten viel weiter auf und sind im Winter nur schwach überdeckt“, weiß Riepler um die zunehmende Gefahr. Der Großvenediger sei für ihn ein „Respektberg“, und überhaupt kann es bei Touren wie der Hoch Tirol auch zu


46

Keine Garantien.

Für Skitouren im hochalpinen Gelände gibt es keine Garantie. Sigi Hatzer musste in der Vergangenheit das eine oder andere Mal abbrechen, weil das Wetter oder die Lawinensituation eine Fortsetzung der Tour nicht zugelassen haben. „Eine Skidurchquerung bei Schlechtwetter ist das anspruchsvollste Szenario, mit dem man als Bergführer konfrontiert ist“, sagt Hatzer. Die Hoch Tirol ist nur gangbar, wenn alles zusammenpasst. Der Grenzgang hängt dabei auch mit der Erwartung der Gäste zusammen, die für das Erlebnis Hoch Tirol bezahlt haben und die Tour folglich auch absolvieren wollen. „Wir sind für die Sicherheit der Gäste ebenso zuständig wie dafür, ein unvergessliches Erlebnis zu

bieten“, sagt er. Das ist manchmal nicht leicht miteinander zu vereinbaren. Mit Teilnehmern, die sich selbst und ihre körperlichen Fähigkeiten überschätzen, haben die Bergführer es selten zu tun. „Zur Tourenplanung gehört konditionelle und technische Vorbereitung“, hält Hatzer fest. Doch auch die Zeit ist ein Faktor. Trödeln ist auf den fordernden Tagesetappen nicht drin, die Teilnehmer sind ganztags gut damit beschäftigt, einen Fuß vor den anderen zu setzen. „Gutes Zeitmanagement bedeutet auch Sicherheit“, sagt Toni Riepler. Speziell am Nachmittag können Hänge, die am Vormittag noch sicher sind, durch temperaturbedingte Veränderungen in der Schneedecke gefährlich werden. „Ungeführte Gruppen lassen oft bei banalen Entscheidungen sehr viel Zeit liegen“, weiß Riepler, der seinen Gedankengang mit der lakonischen Feststellung beschließt: „Skifahren im Dunkeln ist im Gelände nicht gar so gescheit.“

„DIESE EINSAMKEIT UND NATURBELASSENHEIT IST ETWAS GANZ BESONDERES.“

N i c h t o h n e G r u n d wird diese Tour

Sigi Hatzer

© TVB OSTTIROL/GERMAN ANDVENTURER

NATUR

Situationen kommen, in denen selbst ein erfahrener Bergführer schon einmal „Spundus“ bekommt, wie Riepler es ausdrückt. „Wenn die Gruppe halbwegs zusammenpasst, kann sie aus sechs, sieben Leuten bestehen“, meint Hatzer. Dabei geht es aber nicht nur ums Niveau, sondern auch um die Vibes. Denn auf einer mehrtägigen Skitour ohne viel Kontakt zur Außenwelt lernt man einander ganz neu kennen. Von der sonnigen Seite genauso wie von den jeweiligen Schattenseiten.

Tirol_Magazin

meistens unter Führung eines Bergführers in Angriff genommen, der den Teilnehmern mit seiner Routine Entscheidungen abnimmt, so dass diese sich ganz auf das Tourenerlebnis und ihren Kampf mit den Grenzen ihrer körperlichen Leistungsfähigkeit konzentrieren können. „Wenn man einen ganzen Tag lang gespurt hat, ist man auch als Bergführer abends hungriger als unter normalen Umständen“, so Riepler, für den besonders die Schlussetappe hinauf auf seinen Hausberg, den Großglockner, noch immer eine emotionale Angelegenheit ist. D i e S k i h o c h t o u r Hoch Tirol und

ihre Varianten gehören zweifellos auch für Bergführer zu den Highlights eines Skitourenwinters. „Mit der Haute Route kann diese Tour locker mithalten, ich glaube, sie ist sogar noch anspruchsvoller“, sagt Toni Riepler. Tatsächlich gibt es kaum etwas Schöneres und Lohnenderes, was man im Winter in den Alpen unternehmen könnte. Hoch die Hände, Hoch Tirol! Marian_Kröll


47 PROMOTION

NEUE GALTBERGBAHN

DIE ERSTE 10ER-GONDELBAHN IM STUBAI

15 MINUTEN AB INNSBRUCK

Zeit-stehtstill-Moment. Das Schönste am Herbst? Erholsame Schwitzfreuden in unserer Saunawelt! PANORAMA-BAD PENTHOUSE-SPA ERLEBNIS-GASTRO LAKESIDE-GYM BOULDER-HALLE SEE-BAD

Alle Informationen, Events & Tickets auf www.atoll-achensee.com


48 NATURE

ENGLISH

English Summary

HOW TO GET HIGH

“Hoch Tirol” is the queen of high-altitude ski tours. Over the course of six days, more than 18,000 metres in altitude and over 90 kilometres are covered, taking you into areas that are virtually deserted.

T

he “Hoch Tirol” high-altitude ski tour is to the Eastern Alps what the infamous “Haute Route” is to the Western Alps: a challenging, multi-day ski crossing in high alpine terrain, from hut to hut, up to the final summit on the last day, the Grossglockner, Austria’s highest mountain at 3,798 metres. There are good reasons why this spectacular multi-day tour is known as the “Queen of ski mountaineering tours”.

I n g o o d c o n d i t i o n s , the “Hoch Tirol” high-altitude

Hatzer, a veteran mountain guide from the Venediger community of Prägraten. The idea behind the establishment of the “Hoch Tirol” high-altitude ski tour was to revitalise winter tourism, which was clearly lagging behind summer, especially in the Virgen Valley. “Winter was being left behind. We wanted to change that,” recalls Hatzer. The result was a cross-border high-altitude tour - starting at Kasern in the South Tyrolean Ahrntal. Shortly before the turn of the millennium, the mountain guides surrounding Sigi Hatzer inspected the terrain, recorded the relevant data and clarified everything necessary with the huts, which served as bases for overnight stays and catering.

S o m e m o u n ta i n g u i d e s would save themselves the

T h i s t o u r wa s o r i g i n a l ly conceived by Sigi

ski tour is undoubtedly a real treat, but in unfavourable conditions or even persistently bad weather, this dream tour can quickly turn into an ordeal, and a dangerous one too. The “Hoch Tirol” is a tour for spring, as the huts are already open at this time and the risk of avalanches is usually lower than in the middle of winter. “The main route of the Hoch Tirol has remained the same to this day, but some guide it one way, others a little differently,” says Hatzer. journey of several hours to Kasern and start the tour in Prägraten am Großvenediger. One of these mountain guides is Toni Riepler. His Hoch Tirol variation has since been named “Hoch Tirol plus” or “Empress of High Tours” and was created because he was looking for an ecologically more favourable alternative to the traditional tour starting point of Kasern and did not want to be dependent on vehicles during the tour. Compared to the original route, the plus version has a few additional peaks and a few more metres in altitude, covering over 110 kilometres and almost 20,000 metres in ascent and descent in six stages.

Tirol_Magazin


TICKETS & INFOS

12. – 14.01.2024

OLYMPIAHALLE INNSBRUCK GRATIS ÖFFIS IN GANZ TIROL NUTZEN!

*

*Eintrittskarte gilt als Öffi-Ticket im Nahverkehr in Tirol inkl. Kernzone Innsbruck für die An- und Abreise zum Event

ALLE TERMINE AUF WWW.OLYMPIAWORLD.AT

INFOS & TERMINE

BOBRAFTING SPASS & ACTION FÜR DIE GANZE FAMILIE IM OLYMPIA EISKANAL Helm auf und los geht‘s! Beim Bobrafting rasen Sie mit bis zu 95 km/h durch den Olympia Eiskanal. Vom Herrenstart weg warten 1.270 Meter Bahnlänge, 14 Kurven und der spektakuläre Kreisel auf alle Mutigen ab 10 Jahren. Ideal für Familien, Firmen und Gruppenevents. Termine & Buchungen unter shop.olympiaworld.at Gruppenbuchungen/Einzeltermine ab 10 Personen. Fragen? Wir stehen unter bobfahrt@olympiaworld.at oder +43 512 33838 227 zur Verfügung!


50 KULTUR

DIE DRACHEN SIND VOM AUSSTERBEN BEDROHT Tirol_Magazin


E

in Polarmeer in Tirol: Von diesem „großartigen Schaustück des Oetzthales“ wusste im ausgehenden 19. Jahrhundert Dillinger’s Reise- und Fremdenzeitung zu berichten. Der Gurgler Eissee, hieß es anno 1897 in dieser frühen österreichischen Tourismuszeitschrift, bilde ein „Abbild der Polarregion“, auf ihm würden „Eisblöcke in den herrlichsten schimmernden Farbtönen vom tiefen Indigoblau bis zum sanften Beryllgrün“ schwimmen.

© PRIVAT

A d r e s s i e r t wa r diese Schilderung

Der Vernagtferner, Aquarell von Thomas Ender, 1844

an eine betuchte Klientel: Die frühen Touristen gehörten dem Adel oder dem gehobenen Bürgertum an. Und das prächtige Naturschauspiel, das sie in die Ötztaler Alpen lockte, hatte für die hiesige Bevölkerung über Jahrhunderte hinweg eine gefürchtete Bedrohung dargestellt. Die Kleine Eiszeit, die mit ihren Auswirkungen auf die Zeit zwischen 1550 und 1850 datiert wird, hat immer wieder zu einer drastischen Zunahme des Eisvolumens gesorgt, unter anderem der Gurgler Ferner und Vernagtferner verriegelten mit ihren Eismassen ganze Täler, dahinter stauten sich riesige Eisseen, die in gewissen Abständen ausbrachen, das gesamte Ötztal verwüsteten und die Talbewohner in Angst und Schrecken versetzten.

51 KULTUR

Faszination Gletscher: Bereits im 18. Jahrhundert pilgerten Malerinnen und Maler ins vermeintlich ewige Eis, heute ist in der Kunst die Generation Gletschertod am Werk. Eine Spurensuche zwischen Klimawandel, Kunst und Katastrophen im Tiroler Ötztal.


52 Die Menschen standen diesen Natur­ ereignissen völlig machtlos gegenüber, auch die Behörden fanden keine Abhilfe dagegen, das Volk suchte also Zuflucht im Aberglauben und bei der katholischen Kirche. Die Gletscher galten als „Dämonen“, um die sich Sagen rankten und gegen die die katholische Kirche mit großem Programm auffuhr: Messen, Gebete, Gletscherprozessionen, die dazu angetan waren, „den Gletschern den Teufel auszutreiben“. Noch aus dem frühen 20. Jahrhundert gibt es Bilddarstellungen, auf denen von armen Büßern umringte Kirchenmänner den Eismassen im Hochgebirge Kruzifixe entgegenhalten und Messopfer darbringen. D e r G e g e n s at z , der sich beim Blick

Das Turmmuseum ist eng verknüpft mit der Biografie und Sammlung des Oetzer Kunstliebhabers und Kunstsammlers Hans Jäger. Zeit seines Lebens begeisterte sich Jäger für Möbel, Skulpturen und besonders für Gemälde und Bilder, diese Begeisterung manifestiert sich in einer einzigartigen Kunstsammlung von knapp 5.000 Objekten, die abwechselnd immer wieder im Turmmuseum zu sehen sind. Die Bandbreite der Kunstwerke reicht von der Entwicklung alpiner Landschaftsmalerei bis zu mittelalterlicher sakraler Kunst. www.oetztalermuseen.at

© ALPENVEREIN-MUSEUM/ARCHIV

auf die Gegenwart bietet, könnte kaum krasser sein: Das große Schmelzen ist im Gange, durch den Klimawandel ziehen sich die Gletscher weltweit dra-

Turmmuseum Oetz

matisch zurück. Auch im Ötztal, dessen Gletscher die größte zusammenhängende Eisfläche der Ostalpen bilden. Heute werden viele dieser Eisflächen mit Gletschervlies abgedeckt, um sie vor der Sonneneinstrahlung zu schützen und so das Abschmelzen zu verlangsamen. Doch wie gut kann das gelingen? Die Prognose der Gletscherforscherin Andrea Fischer: „Kinder, die heute geboren werden, werden mit großer Wahrscheinlichkeit nahezu eisfreie Ostalpen erleben.“ So steht es an einer Wand im Turmmuseum der kleinen Ötztaler Gemeinde Oetz zu lesen, das Gletschervlies ist dort ein im steilen Treppenhaus drapiertes, vielsagendes Requisit der Ausstellung „Ötztaler Gletscher. Katastrophen, Klimawandel, Kunst“. D a s T u r m m u s e u m , das zum Verband

der Ötztaler Museen, gehört, ist für sich allein schon eine Attraktion, handelt es sich bei dem Gebäude doch um einen mittelalterlichen Wohnturm aus dem 14. Jahrhundert und damit um eines der ältesten erhaltenen Profangebäude des gesamten Ötztales. Die alten Gemäuer haben auch jene Zeiten miterlebt, in denen sich weiter hinten im Tal und weiter oben im Gebirge mit Eisschollen durchgesetzte „Polarseen“ gebildet haben und die so genannten „Gletscherausbrüche“ das Tal heimsuchten. Die Spuren der Verwüstung zogen sich mitunter sogar hinaus bis ins Inntal. Der Gurgler Eissee, nach der Natur gezeichnet von A. Sattler, Chromolithografie v. Conrad Grefe, 1869

Der gefährliche Hochvernagt-Ferner mit dem von demselben gebildeten Eisdamm und See hinter Rofen im Oetz-Tale in Tirol, Lithografie von Leonhard Mohrherr, 1840

© ÖTZTALER MUSEEN

KULTUR

Den Gletschern die Dämonen austreiben.

Tirol_Magazin


Dafür interessierte sich nicht nur die Wissenschaft, sondern auch die Kunst. Seit mehr als 400 Jahren wird das Naturphänomen Gletscher von den Menschen beobachtet, gefürchtet, gezeichnet und interpretiert. Eine aquarellierte Federzeichnung, die sich in den Sammlungen des Tiroler Landesmuseums Ferdinandeum befindet, gilt als älteste Darstellung eines Alpengletschers. Sie zeigt den Vernagtferner und den Eisstausee im Rofental, ist auf den 9. Juli 1601 datiert und wurde vom Tiroler Hofbauschreiber Abraham Jäger angefertigt. Doch auch das Turmmuseum selbst verfügt über eine ganze Reihe von Gletscherbildern aus dem Ötztal, die der Museumsgründer und Kunstsammler Hans Jäger zeitlebens zusammengetragen hat. Diese Gemälde und Zeichnungen, Aquarelle und Druckgrafiken treffen in der Gletscherausstellung auch auf Werke zeitgenössischer Künstlerinnen und Künstler – und es ist nicht zu übersehen, dass die Faszination für das Erhabene und auch Gefährliche einem kritischen Blick auf unseren Umgang mit der Natur gewichen ist. Allein um eine Anklage im Angesicht des Gletschersterbens geht es aber keineswegs. Sondern auch darum, „was der Blick des Menschen auf die Gletscher über die Jahrhunderte hinweg über uns selbst erzählt“, sagt Edith Hessenberger. Seit 2018 leitet die Kulturwissenschaftlerin und Ethnologin die Ötztaler Museen.

Vorstoß und Rücklauf des Vernagtferners beobachtet von Prof Dr. S. Finsterwalder am 31. Juni 1911 von 11 h 60 min bis 12 h, aufgenommen von Rudolf Reschreiter. Blatt aus der Serie von Karikaturen von Rudolf Reschreiter, 1911

© NICOLE WENIGER

Kunstinteresse an den Gletschern.

© ALPENVEREIN-MUSEUM/ARCHIV

Edith Hessenberger

„Wolkenmenschen“ von Nicole Weniger

53 KULTUR

„EIN GLETSCHER IST EIN KÜHLSCHRANK DER GESCHICHTE. WENN ER ABSCHMILZT, VERLIEREN WIR EIN UNGLAUBLICH WICHTIGES ARCHIV.“


54 © BIBLIOTHEK DES TLM FERDINANDEUM

KULTUR

Der Vernagtferner und der Eisstausee im Rofental im Jahre 1601, nach „anzaigen“ des Hofbauschreibers Abraham Jäger angefertigt

von Karikaturen, auf denen ein mit allerlei wissenschaftlichen Instrumenten ausgerüsteter Gletscherforscher – namentlich der Mathematiker und Geodät Sebastian Finsterwalder – von einem Gletscherdrachen verspeist und wieder ausgespuckt wird, während der Maler davon gänzlich unbeeindruckt im Bildvordergrund sitzt.

D i e „ s c h a u d e r h a f t prächtige

Schönheit“ der Gletscher, von der Mitte des 19. Jahrhunderts in den „Mittheilungen des Österreichischen Alpen-Vereins“ zu lesen war, weckte die Neugier der Städter nach den Bergen, sie ist die Wurzel des Tourismus im Ötztal. Und die Bergbegeisterten nahmen nicht wenige Mühen auf sich, um in vergletscherte Hochregionen vorzudringen. Mit dem Blick der Romantiker.

Malerinnen und Maler pilgerten auf der Suche nach dem Erhabenen bereits um 1800 in Scharen ins Gebirge. Landschaftsmaler wie Thomas Ender, Jakob Gauermann oder Ferdinand Runk schufen Gletscherbilder, die den Zustand und die Ausdehnung zu dieser Zeit zeigen. In den späten 1860er-Jahren wurde auch die Fotografie zu einem wichtigen Medium für Gletscherdarstellungen im Ötztal. In der Malerei indes dominierten der Geist der Romantik und naturalistische Darstellungen bis ins beginnende 20. Jahrhundert herauf, für die künstlerischen Avantgarden der Zeit schien die Höhenluft dagegen zu dünn, eine der wenigen Ausnahmen bildet die dem Symbolismus zugetane österreichische Künstlerin Emilie Mediz-Pelikan. Mit einigem Humor hat wiederum der Münchner Maler Rudolf Reschreiter die wissenschaftliche Erforschung der Gletscher dargestellt: Er fertigte eine Serie

Buchtipp Ötztaler Gletscher. Katastrophen, Klimawandel, Kunst Edith Hessenberger, Veronika Raich Studienverlag, 188 Seiten, EUR 27,90 Die Ötztaler Gletscher bilden eine der größten zusammenhängenden Eisflächen der Ostalpen. Seit über 400 Jahren werden sie von den Menschen beobachtet, gefürchtet, gezeichnet und interpretiert. Das Buch ist eine Auseinandersetzung mit dem Gletscher im Wandel der Zeit.

D i e Ö t z t a l e r G l e t s c h e r sind durch ein spektakuläres Ereignis im Mai 1931 weltweit ins Gerede gekommen und wurden dadurch zu einer noch größeren Attraktion: Am 25. Mai war der Schweizer Physiker und Höhenforscher August Piccard in Augsburg zu seinem Stratosphärenflug in einer Ballongondel aufgebrochen und musste zwei Tage später notlanden – und zwar just auf der Zunge des Gurgler Ferners unweit des kleinen Bergdorfs Obergurgl. Es entstand ein riesiger Medienrummel, unzählige Journalisten reisten nach Obergurgl und verbreiteten zusammen mit der Nachricht auch beeindruckende Bilder der Ötztaler Gletscherwelt. Zudem blieb die Stratosphärenkugel noch fast ein Jahr lang auf dem Gurgler Ferner liegen und lockte zahlreiche Touristinnen und Touristen an, die sich mit dem Flugobjekt fotografieren ließen. Ein Piccard-Denkmal erinnert in Obergurgl heute noch an diese Begebenheit. Und an noch sehr viel mehr „erinnern“ sich die Gletscher, in denen nicht zuletzt auch tausende Jahre Klimageschichte gespeichert sind. Ein Gletscher, sagt Edith Hessenberger, sei so etwas wie ein „Kühlschrank der Geschichte“. Wenn er abschmelze, „verlieren wir ein unglaublich wichtiges Archiv“.

Tirol_Magazin

Ivona_Jelčić


JAMES

BOND

ERLEBNISWELT

Einzigartiger Drehort, atemberaubendes Panorama und Einblicke hinter die Kulissen einer Filmproduktion – das James Bond Abenteuer 007 ELEMENTS am Gipfel des Gaislachkogls in Sölden. Öffnungszeiten - Winter 23/24 Täglich von 9.00 bis 16.30 Uhr

GAIS L ACHKO GL 3 .04 8 M

I

SÖLDEN

I

0 0 7ELEMENT S .COM


THE FASCINATION OF GLACIERS

As early as the 18th century, painters made pilgrimages to the supposedly eternal ice; today, it is the glacier death generation that is the focus of art.

A

polar sea in Tyrol: Dillinger’s travel and tourist newspaper reported on this “magnificent showpiece of the Oetz Valley” at the end of the 19th century. In 1897, this early Austrian tourism magazine wrote that the Gurgler Eissee lake was a “reflection of the polar region”, with “blocks of ice in the most magnificent shimmering colours from deep indigo blue to soft beryl green” floating on it.

© ALPENVEREIN-MUSEUM/ARCHIV

56 CULTURE

ENGLISH

English Summary

T h e c o n t r a s t that presents itself when looking at

the present could hardly be harsher: Climate change is causing glaciers around the world to retreat dramatically - including in the Ötztal Valley. Today, many of these ice areas are now being covered with tarpaulins to slow down the melting process. But how successful can this be? “Children born today will most likely experience the Eastern Alps almost free of ice,” predicts glacier researcher Andrea Fischer. The sentence is written on a wall in the tower museum in the small municipality of Oetz, where the tarpaulin is a significant part of the exhibition “Ötztal Glacier. Disasters, climate change, art”. F o r m o r e t h a n 4 0 0 y e a r s , the natural phenom-

enon of glaciers has been observed, feared, drawn and interpreted by people. A watercolour pen drawing in the collections of the Tyrolean State Museum Ferdinandeum is considered to be the oldest illustration of an Alpine glacier. It shows the Vernagtferner and the ice reservoir in the Rofental valley, is dated 9 July 1601 and was created by the Tyrolean court architect Abraham Jäger. The Tower Museum itself also has a whole series of glacier paintings from the Ötztal, which the museum founder and art collector Hans Jäger collect-

ed throughout his life. The paintings and drawings, watercolours and prints meet works by contemporary artists in the glacier exhibition - and there is no mistaking that the fascination for the sublime and also the dangerous has given way to a critical view of our treatment of nature. Munich painter Rudolf Reschreiter depicted the scientific exploration of glaciers with a certain sense of humour: He produced a series of caricatures in which a glacier researcher equipped with all kinds of scientific instruments - namely the mathematician and geodesist Sebastian Finsterwalder - is eaten and spat out again by a glacier dragon, while the painter sits in the foreground, completely unimpressed.

Tirol_Magazin


57 WWW.BERGBAHNEN-LANGES.AT

TIPP!

ONLINE-TICKETSHOP & GUTSCHEINWELT bergbahnen-langes.at

SKI- & WINTERERLEBNIS // BESCHNEITE

pISTEN // WINTERRODELN // SKIHÜTTEN // ApRėS SKI BARS

›› 13 Seilbahnen + 40 Pistenkilometer

›› Funpisten, Skimoviestrecke und Photopoint

›› Beleuchtete Winterrodelbahn

›› Winterbetrieb 08.12.2023 bis 07.04.2024

›› Familienskigebiet Biberwier

›› Sommerbetrieb 09.05. bis 03.11.2024

Scan me BERGLIFTE GISELHER LANGES GESMBH & COKG A-6631 LERMOOS // TELEFON +43/ (0)5673/ 2323 www.bergbahnen-langes.at

VIELSEITIGER WINTER IN DER TIROLER ZUGSPITZ ARENA

Winter in der Tiroler Zugspitz Arena zeigt sich von der vielfältigen Seite. Sieben abwechslungsreiche Skigebiete sorgen für reichlich Skiaction. Doch auch abseits der Piste gibt es mit einem weitläufigen Loipennetz, Lamawanderungen, Rodelbahnen, Winterwanderwegen und vielen weiteren Aktivitäten einiges zu erleben!

WWW. ZUGSPITZARENA.COM EHRWALD | LERMOOS | BIBERWIER | BERWANG | BICHLBACH | HEITERWANG | NAMLOS

PROMOTION

BERGBAHNEN LERMOOS/ BIBERWIER 1.000 - 2.100M


58 KULTUR

Tirol_Magazin


59 KULTUR

TIROLERLEBNISWELT Ab auf die höchsten Gipfel. Zurück ins Jahr 1809. Eintauchen in die Faszination Tirol. Das geht ab sofort im Herzen von Innsbruck. Die neue Erlebniswelt EXPERIENCE TIROL besticht durch neueste Technologien, atemberaubende Filmaufnahmen und eine mitreißende Geschichte.


I n f o ta i n m e n t p u r .

Wer Tirol mag, muss EXPERIENCE TIROL besucht haben. Noch nie war es möglich, Land und Leute so intensiv und in so kurzer Zeit besser kennenzulernen. Fünf liebevoll gestaltete Räume warten auf die Besucher. Jeder mit einer überzeugenden technischen Ins-

tallation und einem eigenen Thema gewidmet. Geschichte, Brauchtum, Kunst, Natur und Sport. Alle Räume sind mit einer emotionalen Rahmenhandlung verbunden, die bei so manchem Gast bereits für feuchte Augen gesorgt hat. N a c h d e r E i n f ü h r u n g in Stage 1

wartet im zweiten Raum bereits das erste Highlight, eine Zeitreise in die reiche Geschichte Tirols. Virtual-Reality-Brillen machen es möglich, die Historie nicht nur erklärt zu bekommen, sondern hautnah zu erleben. Wann gab es schon die Gelegenheit, mit Kaiser Maximilian I. in der Kutsche zu sitzen und durch das Innsbruck von 1500 zu fahren, Ötzi zu treffen oder bei einer der Bergiselschlachten das Geschehen aus nächster Nähe zu erleben?

Experience Tirol Im 2. Obergeschoss des Kaufhaus Tyrol

Öffnungszeiten: Mo.–Fr. 09:00–19:00 Uhr (letzter Einlass um 18:00 Uhr) Sa. 09:00–18:00 Uhr (letzter Einlass um 17:00 Uhr) So. 10:00–17:00 Uhr (letzter Einlass um 16:00 Uhr)

D o c h n i c h t n u r die Geschichte

© EMANUEL KASER

60 KULTUR

W

er schon immer einmal im Sommer Ski fahren oder von der Bergiselschanze springen wollte, ohne dabei ins Schwitzen zu kommen, ist hier genau richtig. EXPERIENCE TIROL ermöglicht eine spektakuläre Reise in das Herz und in die Seele Tirols, ganzjährig und wetterunabhängig. Möglich machen dies neueste Technologien, ein emotionales Drehbuch und begeisternde Filmaufnahmen. Die Show dauert eine Stunde und richtet sich an alle Altersklassen, an Einheimische, Gäste und Tirol-Fans.

bekommt einen besonderen Platz. In Stage 3 enthüllen Hologramme ein geheimnisvolles Familienalbum, das die Tiroler Traditionen und das Brauchtum der Regionen auf magische Art und Weise erlebbar macht. Einen Raum weiter bekommen Werke namhafter Tiroler Künstler ihre Bühne. Zum Abschluss wird im ca. 100 Quadratmeter großen „Immersive Theatre“ mit seinen 360-Grad-Projektionen alles möglich: ein Flug über den Ahornboden, eine Wanderung auf den Bärenkopf, ein Blick in die Zukunft Tirols. Für die g a n z e Fa m i l i e .

Was gibt es also Schöneres, als an einem verregneten Tag bei EXPERIENCE TIROL vorbeizuschauen, sich auf eine packende Geschichte einzulassen und eine spektakuläre Reise auf die höchsten Gipfel, in die Vergangenheit und Zukunft Tirols zu unternehmen? Eine Show, 1.000 Erinnerungen. Eine völlig neue Art des Erlebens. Wissensvermittlung auf die neueste und spannendste Art. Eine gelungene Mischung aus Museum, Theater und Kino. Tirol_Magazin


Der zerbrochne Krug T EIS L K

Helena Adler Uli Bréé́ée Calle Fuhr Felix Mitterer Hubert Sauper David Schalko Johannes Schmidl Marie Stockhausen Lisa Wentz

frei nach

Sepp Schluiferer

6 JULI —

Design: motasdesign | Fotos: © Victor Malyshev, Schweizer Tierschutz STS

7 Todsünden 17 AUG 2024

Fern von Europa www.volksschauspiele.at


62 KULTUR

Tirol_Magazin


Über Jahrtausende wurden die Tiroler Berge durchlöchert, angeknabbert und gesprengt, um ihnen Schätze wie Gold, Silber, Kupfer, Magnesit, Eisen, Blei, Zink oder Salz zu entlocken. Bedeutend war das Bergbaugebiet Tirol immer schon und im 15. Jahrhundert war es sogar das wichtigste Bergbauzentrum Europas. Die Bergsegen des Landes sind verantwortlich für unzählige Errungenschaften, Prachtbauten, Beziehungsgeflechte, politische und gesellschaftspolitische Entwicklungen – in und weit über die Grenzen des Landes hinaus.

D

ie Meldung war klein, doch steckte Großes in ihr. Viel Zeit. Viel Welt. Viel Tirol. Im August 2023 berichtete die Austria Presse Agentur (APA) über ein internationales Forscherteam, das recht alte Kupferobjekte untersucht hatte, die im hohen Norden Europas gefunden worden waren. Mit recht alt ist echt alt gemeint, waren die Äxte, Meißel und Armreife, die da nach allen Regeln der modernen wissenschaftlichen Kunst unter die Lupe genommen wurden, doch vor bis zu 6.100 Jahren hergestellt worden. Einer der Meißel war im Rahmen einer Ausgrabung in Dänemark ans Tageslicht gelangt und – ja, jetzt kommt’s – das Kupfer, aus dem der Meißel gefertigt worden war, stammt aus Tirol. 3 . 8 5 0 J a h r e a lt ist dieses Werkzeug und es erzählt eine

urspannende Geschichte. Irgendwann im 19. Jahrhundert vor Christus reiste demnach der Kupfermeißel aus den Tiroler Alpen rund 1.200 Kilometer weit, um in Mitteljütland verwendet zu werden. „Der Austausch von Metallobjekten verband Europa damals also über lange Distanzen“, folgerten die Archäologen aus ihren Untersuchungen und erweckten damit einen faszinierenden Blick auf die Handelswege, die Europa schon vor tausenden von Jahren als großen Wirtschaftsraum zeigen. Und mittendrin Tirol. D e r k u p f e r n e M e i s s e l wirkt wie ein Zauberstab, der

Zeiten zu buntem Leben erweckt, die sonst über weite Strecken im Dunkeln stecken. Es ist zwar bekannt, dass die Menschen in der Jungsteinzeit (5500 bis 2000 v. Chr.) sesshaft wurden, Häuser bauten und Tiere zu Haustieren zähmten. Im Geschichtsunterricht ist auch hängen geblieben, dass um 2000 vor Christus die so genannten Metallzeiten begonnen haben, die die großen Epochen der Menschheit anhand der immer feiner und diffiziler werdenden Nutzung von Metallen wie Kupfer, Bronze oder Eisen beschreiben. Der dänische Meißel schafft es aber, dass vor dem geistigen

63 KULTUR

LAND DER SCHÄTZE


64 KULTUR

FRÜH SCHON WAR DIE WELT DER ERZE SO QUIRLIG WIE GROSS. DIE GESCHICHTE DER MENSCHHEIT WIRD IN WEITEN TEILEN VON DER GESCHICHTE DIESER ROHSTOFFE BESTIMMT.

Auge findige Tiroler Bergleute erscheinen, die wussten, wie den Felsen die Erze entlockt und wie sie dann weiterbearbeitet werden konnten. Plötzlich tauchen Fuhrwerke auf, die das Kupfer von Tirol aus in weit entfernte und weniger berggesegnete Gegenden brachten. Mit ein wenig Fantasie wird das Ächzen der frühen Bergknappen bei ihrer harten Arbeit vernehmbar, die Feuer in den Gruben werden heiß spürbar, das Glitzern der Metalle sichtbar und das Klopfen des Gesteins hörbar. Unweigerlich taucht beim Blick in diese Vergangenheiten auch Ötzi auf, bei dem die Kupferaxt ein entscheidendes Indiz dafür gewesen war, sein Alter mit rund 5.300 Jahren festzulegen. Die Axt der berühmtesten, weil ältesten je gefundenen Mumie wurde allerdings aus Rohstoffen geschmiedet, die aus der südlichen Toskana stammen. 400 Kilometer von Ötzis Heimat entfernt. D i e wa n d e r b a r e W e lt d e r E r z e .

Früh schon war die Welt der Erze so quirlig wie groß. An ihren Lagerstätten richteten sich über Jahrtausende Handelsströme und Migrationsbewegungen aus. Die Geschichte der Menschheit wird in weiten Teilen von der Geschichte dieser Rohstoffe bestimmt. Und früh schon bildet Tirol in dieser großen Geschichte einen Mittelpunkt. „Seit über 9.000 Jahren betreiben Menschen auf dem Gebiet der Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino Bergbau. Was wäre die moderne Welt ohne Metalle und seltene Erden? Wo wäre der technische Fortschritt ohne Eisen,

Kupfer, Zink, Blei oder Salz? Das Land im Gebirge war für lange Zeit ein bedeutendes Montanzentrum Europas“, heißt es in der Einleitung des 2022 im Tyrolia-Verlag erschienenen Buches „Bergbau in Tirol – Von der Urgeschichte bis in die Gegenwart“. I n d e m 4 8 0 S e i t e n umfassenden

Buchtipp Bergbau in Tirol Von der Urgeschichte bis in die Gegenwart Georg Neuhauser; Tobias Pamer; Andreas Maier; Armin Torggler Tyrolia Verlag, 480 Seiten, EUR 48,– Tirol war über Jahrhunderte ein bedeutendes, im 15. Jahrhundert sogar das Bergbauzentrum Europas. In diesem reich bebilderten Werk werden alle Bergreviere des historischen Tirol in ihrer geschichtlichen Entwicklung von der Ur- und Frühgeschichte bis ins 20. Jahrhundert vorgestellt. Technische Fragen rund um Erzsuche, -abbau und -gewinnung werden dabei ebenso behandelt wie rechtliche oder soziale. Egal ob Familie und Arbeitsrecht, Migration und Verpflegung, Umwelt und Religion, Handel oder Finanzpolitik: der Bergbau war eine eigene Welt, eine geschlossene Gesellschaft und zugleich der Motor für die wirtschaftliche, politische und gesellschaftliche Entwicklung des ganzen Kontinents.

Tirol_Magazin

Werk legen die Autoren Georg Neuhauser, Tobias Pamer, Andreas Maier und Armin Torggler das montanistische Erbe Tirols Stück für Stück frei und beseelen eine Vergangenheit, die aus unerklärlichen Gründen aus dem Bewusstsein des Landes verschwunden zu sein scheint. Und das, obwohl die Schächte und Stollen, aber auch jene Prachtbauten allgegenwärtig sind, die ohne die Einnahmen aus dem Bergbau nie möglich gewesen beziehungsweise nie errichtet worden wären. Das Goldene Dachl oder die Hofkirche in Innsbruck, die prachtvollen Pfarrkirchen von Schwaz, Sterzing oder Fiera di Primiero, das Rathaus oder die Münze von Hall in Tirol – ohne den Erz- beziehungsweise salzigen Reichtum sind sie alle undenkbar. „Dort wo Bergbau betrieben und Lagerstätten erfolgreich angefahren werden konnten, bescherte er den Gewerken und Landesherren reiche Einnahmen, den Knappen und anderen Bergverwandten Arbeit und bescheidenen Wohlstand, den restlichen Bevölkerungsteilen aber oft genug Teuerung und Versorgungsengpässe“, richten die Autoren den Blick auch auf die Schattenseiten, in denen Bauern beispielsweise mit Einschränkungen in ihren Rechten an Wald und Feldern zu kämpfen hatten. Allen Bewohnern der


Alpentäler machte die massive Umweltzerstörung zu schaffen, war der Holzhunger der Gewerke doch gigantisch, sie fraßen riesige Wälder wie eine Horde gieriger Nimmersatts – und hinterließen kahle Felsrücken. A l l e A u s w i r k u n g e n des Bergbaus –

positive wie negative – fanden in der Silberzeit ihren absoluten Höhepunkt. Vor rund 500 Jahren, als die Erde noch eine Scheibe war, wurde Schwaz zu einem Mittelpunkt der damals bekannten Welt. In der Hochblüte lebten und arbeiteten dort über 20.000 Menschen und machten Schwaz zur zweitgrößten Niederlassung des Habsburgerreiches. Ohne das in Schwaz geförderte Silber und ohne das dem Falkenstein ebenso entrungene Kupfer wäre die Geschichte der Habsburger anders verlaufen. Kaiser Maximilian I. hätte nie diesen Ruhm erlangt und das Augsburger Handelshaus der Fugger nie diese Macht. An der Wende vom Mittelalter in die Neuzeit schrieb der Bergsegen von Schwaz Weltgeschichte. Allein im Jahr 1523 waren aus den Schwazer Bergen 15,7 Tonnen Brandsilber gefördert worden, was zu dieser Zeit 85 Prozent des weltweit geförderten Silbers entsprach. D i e H a u p t l a s t für diesen Segen hatten die

Knappen zu tragen. Mit der Wiederbelebung des Schwazer Silberbergwerks kann diese Last seit Anfang der 1990er-Jahre hautnah nachvollzogen werden. In aller Enge, aller Härte und aller Größe. Die Grubenbahn, die durch den Sigmund-Stollen mitten in den Falkenstein führt, fährt knapp acht Minuten. Um den Tunnel zu erschaffen, brauchten die Bergleute damals 26 Jahre. Der harte Dolomit machte es ihnen nicht einfach und die vielen sozialen Errungenschaften, die rund um die Bergknappen entstanden – Arbeitsrecht und Sozialversicherung wurden hier geboren –, vermögen nicht darüber hinwegzutäuschen, dass das Arbeiten im Berg ihre Lebenserwartung massiv schmälerte.

FOTO: WENGER

TR ACHTENMODE VON R AUSCHER

IN DER LEOPOLDS TR A SSE 28 , INNSBRUCK DIREK T AM WILTENER PL AT ZL

D a s tat d i e s e A r b e i t nicht nur in Schwaz,

sondern auch in Kitzbühel, das dem Bergbau seine erste große Blüte verdankt. Um das Jahr 1540, als im wenige Kilometer nördlich der Stadt gelegenen Rerobichl satte Silber- und Kupfervorkommen entdeckt worden waren,

HEUUNDS TROH .COM


66 KULTUR

wurde der Bichl teils vogelwild und ohne entsprechende Genehmigungen durchlöchert. Die Schächte erreichten Tiefen von bis zu 900 Metern und brachten die Knappen an die Grenzen der Belastbarkeit. Das Kitzbüheler Bergbaugebiet wurde aufgrund seiner Gefährlichkeit von einem besonders bedrohlichen Ruf umschattet. Beim stundenlangen Auf- und Absteigen auf den Leitern kam es immer wieder zu schweren Unfällen, pro Monat musste etwa ein Todesfall registriert werden und obwohl Schutzmaßnahmen in die Wege geleitet worden waren, probten die Kitzbüheler Bergknappen im Jahr 1567 den Aufstand. Drei Bergleute machten sich mit ihren Forderungen auf den Weg nach Innsbruck, um sie Erzherzog Ferdinand II. vorzutragen. „Zwar kerkerte man sie nach der Audienz getrennt voneinander ein und verhörte jeden Einzelnen ‚mit bedrohung der strenngen frag [Folter]‘, doch da befunden wurde, dass die Forderungen der Knappen gerechtfertigt waren, entließ man sie nach fünf Wochen wieder“, heißt es dazu im Buch „Bergbau in Tirol“, wo auch festgehalten wird, wie die Bergleute des Mittelalters versuchten, die Schmerzen zu lindern, die in unnatürlichsten Positionen aus-

geführte Schwerstarbeit mit sich brachte. Hochgiftiges Arsen, auch Hittrach genannt, das ebenfalls in den Tiroler Bergen – etwa im Ahrntal – abgebaut wurde, diente ihnen als Schmerz- und Aufputschmittel. „In sehr geringen Dosen führt Hittrach eine Art Wohlbefinden herbei, bekämpft den Hunger und lässt Menschen in ihrer Gesamterscheinung kurzfristig vitaler und gesünder wirken. Doch bereits eine um nur wenige Mikrogramm zu hohe Dosierung führt zu einem raschen Tod“, weisen die Autoren darauf hin, dass Bergbau eine Gratwanderung war. Immer. Überall. Die Spuren des Bergbaus.

Fast überall in Tirol hat der Bergbau seine Spuren hinterlassen. Neben Schwaz in der – passenderweise – Silberregion Karwendel zählt Hall in Tirol mit seinem Salzbergwerk im Halltal, von wo das Lebenselixier bis in den Schwarzwald und das Rheingebiet exportiert wurde, zu den bekanntesten. Silber, Kupfer, Blei und Zink wurden aber auch rund um Rattenberg abgebaut. Blei zudem und neben anderen Erzen in Fieberbrunn, im Vomper Loch, zwischen KranebitTirol_Magazin

ter Klamm und Mühlau, bei Biberwier, in Tösens, Imst und Nasserreith sowie in den Bergbaugebieten des heutigen Südtirol und im Trentino. Im Stubaital waren Knappen ebenso zugange wie in Matrei in Osttirol oder im Zillertal, wo Zell über viele Jahre vom Goldrausch benebelt worden war. Der Bergsegen hat das Land mit all seinen Strahlkräften an allen Ecken und Enden geprägt und nie zuvor wurde diese Montangeschichte derart ausführlich und geballt zusammengefasst wie im Buch „Bergbau in Tirol“, das die Leser zu einer atemlosen Zeitreise mitnimmt und dem Einfluss der Erz-Epochen auf das Land jene entscheidende Rolle zukommen lässt, die sie hatten. Dabei wird der Defibrillator auch bei Menschen angesetzt, die in Vergessenheit geraten sind, deren Biografien aber wunderbar dazu beitragen, die auf Grundlage des Bergbaus entstandenen Wege Tirols in die Welt nachzuzeichnen. W i e j e n e d e s Joachim Höchstetter

beispielsweise, mit dem der Messingabbau in Pflach bei Reutte zu Ende gegangen war. Die letzten Jahre dieses Bergbaugebietes waren recht turbulent gewesen, vor allem, als die Familie Ende der 1520er-Jahre immer mehr in die Zahlungsunfähigkeit schlitterte. Der Bruder Joachim Höchstetters wurde deswegen arrestiert und starb 1543 im Augsburger Schuldenturm, Joachim Höchstetter aber ging nach England, wo er unter König Heinrich VIII. zum „Principal Surveyor and Master of all Mines in England und Irland“ ernannt wurde. Auf diesem verschlungenen montanen Weg kann Pflach in direkte Verbindung gesetzt werden mit dem Herrscher aus dem Hause Tudor, der wegen seiner vielen Ehefrauen und deren teils mörderisch verkürzte Leben nicht nur Shakespeare faszinierte. Ja, der Bergsegen macht auch das möglich. Glück auf.

Alexandra_Keller

HINWEIS: Alle Bilder stammen aus „Bergbau in Tirol – Von der

Urgeschichte bis in die Gegenwart“ (siehe Buchtipp)



68 CULTURE

ENGLISH

English Summary

LAND OF TREASURES

The mining region of Tyrol has always enjoyed great importance. In the 15th century, it was even the most important mining centre in Europe.

gress be without iron, copper, zinc, lead or salt? For a long time, this mountainous region was an important mining centre in Europe,” reads the introduction to the book “Mining in Tyrol - From Prehistory to the Present”, published by Tyrolia-Verlag in 2022. I n t h i s 4 8 0 - p a g e w o r k , authors Georg Neu-

hauser, Tobias Pamer, Andreas Maier and Armin Torggler uncover Tyrol’s mining heritage piece by piece and bring to life a past that, for some inexplicable reason, seems to have disappeared from the country’s consciousness. This is despite the fact that the shafts and tunnels are omnipresent, as are the magnificent buildings that would never have been possible or built without the income from mining: the Golden Roof or the Court Church in Innsbruck, for example, the magnificent parish churches of Schwaz, Sterzing or Fiera di Primiero, the Town Hall or the Muenze Tower in Hall. M i n i n g h a s l e f t its mark almost everywhere in

E

arly on, the world of ores was as lively as it was large. For thousands of years, their deposits were the centre of trade flows and migratory movements. The history of mankind is largely determined by the history of these raw materials and Tyrol has been at the centre of this great history for a long time. “People have been mining in the European region of Tyrol-South Tyrol-Trentino for over 9,000 years. What would the modern world be without metals and rare minerals? Where would technical pro-

Tyrol. Besides Schwaz with its silver mine, Hall in Tirol with its salt mine in Halltal, from where the elixir of life was exported as far as the Black Forest and the Rhine region, is one of the best known. Silver, copper, lead and zinc were also mined around Rattenberg. Lead and other ores were also mined in Fieberbrunn, in Vomper Loch, between Kranebitter Klamm and Mühlau, near Biberwier, in Tösens, Imst and Nasserreith as well as in the mining areas of present-day South Tyrol and Trentino. Miners were just as busy in the Stubai Valley as in Matrei in East Tyrol or in the Zillertal Valley, where Zell had been in the grip of the gold rush for many years. The blessing of mining has left its mark on the region with all its radiant powers in every nook and cranny and never before has this mining history been summarised in such detail and in such concentrated form as in the book “Mining in Tyrol”, which takes readers on a breathless journey through time and shows the influence of the ore eras on the region with the decisive role they had.

Tirol_Magazin


69 DENGG

Herz- und Handarbeit lohnt sich

Seit mehr als zwei Jahrzehnten kreieren Heidi und Roland Dengg bereits köstliche Krapfen, Schlutzkrapfen und Knödel. Manch eines hat sich in dieser Zeit vielleicht verändert, neue Sorten sind dazugekommen. Eine wichtige Zutat ist allerdings geblieben: die Liebe zur Regionalität und Handwerkskunst. rotz aller Krisen der letzten Jahre und der T aktuell angespannten Energiesituation produziert Familie Dengg gestern wie heute ihre berühmten Krapfen, Schlutzkrapfen und Knödel. Besonders bekannt sind diese für ihre handwerkliche Erzeugung, die Verwendung von regionalen Zutaten und einen Geschmack, bei dem’s einem ganz heimelig ums Herz wird. „Wir distanzieren uns ganz klar von Industriebetrieben und stellen unsere Produkte so her, wie sich’s für ein Handwerk gehört, nämlich ohne Zusatzund Konservierungsstoffe“, so Roland Dengg. Seit mehr als 20 Jahren ist das der Schwerpunkt des Betriebes und wird sich auch nicht ändern. Bis ein Produkt fertig erzeugt und verpackt ist, haben es die Dengg-Mitarbeiter sechs bis sieben Mal in den Händen. Zwar ist das ein großer Aufwand, aber auf diese Weise kann eine permanente Qualitätskontrolle gewährleistet werden. Zudem sollen Gäste nicht nur schmecken, dass es sich um ein handwerkliches Produkt handelt, sondern es auch sehen. Jeder Schlutzkrapfen sieht deshalb etwas anders aus, ein Unikat, wenn man so will. Regionale Schmankerl.

Angefangen hat alles mit den drei Klassikern: Spinatknödel, Spinatschlutzkrapfen und Graukäseschlutzkrapfen. Die Inspiration für neue Rezepte hat sich im Laufe der Jahre aus einer Mischung aus eigenen Ideen und Kundengesprächen ergeben. Manchmal kommen sehr viele Ideen zusammen, wo es dann ein gewisses Feingefühl erfordert, auszusortieren und letztlich die richtige Wahl zu treffen. Auch Saisonprodukte ENTGELTLICHE EINSCHALTUNG / FOTOS: DENGG

werden angeboten und sorgen für geschmackliche Abwechslung. Die absoluten Favoriten unter den Dengg-Delikatessen sind allerdings nach wie vor der Spinatschlutzkrapfen und die Spinatknödel. Zum Teil wird sogar nach überlieferten alten Tiroler Rezepten produziert, wobei es wohl nicht das eine Rezept gibt. „Meines Erachtens gibt es kein Original-Schlutzkrapfenrezept. Früher haben die Menschen das verwendet, was ihnen zur Verfügung stand”, erklärt Roland Dengg. So wird ein Grundrezept verwendet, das immer wieder neu interpretiert wird. D a s G e s c h m a c k s m e r k m a l der Dengg-Produkte

ist eigentlich ganz simpel: Weniger ist mehr. Denn wenn hervorragende Rohstoffe verwendet werden, braucht es keine zusätzlichen Geschmacksverstärker oder Farbstoffe. Ein Zusammenspiel aus natürlichem Geschmack, der ein angenehmes Mundgefühl hervorruft. Zusätzlich zum Produktverkauf im eigenen Shop hat sich Familie Dengg auf die Belieferung von Großhandelspartnern der Gastronomie und Hotellerie spezialisiert und agiert somit als verlässlicher Partner in Sachen traditioneller Tiroler Küche mit Fokus auf Regionalität, Nachhaltigkeit und persönlichen Service.

dengg krapfen & knödel manufaktur GmbH Innsbrucker Straße 11, 6060 Hall in Tirol Tel.: +43 (0)5223/22441, office@dengg.info www.dengg.info


BILDER DER WISSENSCHAFT Vor rund fünf Jahren ist mit INN SITU ein Ausstellungsformat ins BTV Stadtforum eingezogen, das bewusst anders ist. Gezeigt werden nicht wie üblich bereits vorhandene Werke, vielmehr reagieren Fotokünstlerinnen und -künstler auf die Region und ihre Besonderheiten und halten ihre ganz eigene Sicht in Bildern fest. So begab sich der renommierte italienische Fotokünstler Armin Linke für seine Ausstellung „QUANTUM CONDITIONS“ an das Institut für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Innsbruck, eine der weltweit herausragenden Forschungsstätten dieses Bereichs.

Tirol_Magazin


I

nnsbruck gehört zu einem der herausragendsten Standorte im Bereich der Quantenforschung weltweit. Für die Reihe INN SITU beschäftigt sich der Künstler Armin Linke mit dem Arbeitsplatz genau jener Spitzenforscher, schaut ihnen subtil über die Schulter, beobachtet, hält fest und fügt dem wissenschaftlichen Metier sohin eine neue Dimension hinzu. Das Institut für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI) als Objekt zu wählen, scheint auf den ersten Blick vielleicht merkwürdig, sind doch quantenphysikalische Zustände mit fotografischen Verfahren gar nicht darstellbar. Aber auch in diesem INN SITU Projekt steht im Zentrum der Betrachtung nicht der Gegenstand selbst, sondern der Prozess, der zu ihm führt. „Wissenschaft und Kunst sind sich nicht unähnlich: Vieles entsteht aus dem Kollektiv und dem Dialog“, sagt Armin Linke. In der Wissenschaft treffen Visionen aufeinander und werden über Jahre und oft Generationen hinweg bearbeitet. Es wird probiert und verworfen, jahrzehntelang nachgedacht, um Finanzierungen angesucht, aufgebaut und abgerissen, weitergemacht. „Das ist wie Kunst“, findet Linke. N e u i s t L i n k e das Feld der Quan-

tenforschung nicht, war er doch schon am Kernforschungszentrum CERN in Genf zu Gast. Ausgewählte Fotografien aus dieser Zeit ergänzen die Ausstellung. Hauptarbeiten blieben indes jene aus Innsbruck. Aus Gründen. In situ ist lateinisch und steht für „am Ort“. Das zweite N im Namen des Konzeptes INN SITU verweist auf den Standort Innsbruck. Und der Name ist durchaus Programm, denn gezeigt werden nicht

Armin Linke gehört zu den profiliertesten Fotokünstlern der Gegenwart.

„DIE WELT DER WISSENSCHAFT IST NICHT ABGESCHOTTET VON ANDEREN WELTEN. DIE DER KUNST AUCH NICHT.“ Armin Linke

INN SITU In situ is Latin and stands for “in place”. The second N in the name of the concept INN SITU refers to the location Innsbruck. And the name says it all, because the exhibition does not show existing works – as is usually the case in exhibitions – but rather specifically selected international photo artists are invited to deal with the cultural space, the landscape and the social realities of Tyrol on site. This results in works or exhibitions developed especially for the BTV Stadtforum, with which the photographers respond directly to their perception of the region. The exhibitions change twice a year, admission is free.

– wie in Ausstellungen sonst üblich – bereits vorhandene Werke, vielmehr sind gezielt ausgewählte internationale Fotokünstler eingeladen, sich vor Ort mit dem Kulturraum, der Landschaft und den sozialen Wirklichkeiten Tirols zu beschäftigen. Daraus entstehen eigens für das BTV Stadtforum entwickelte Werke bzw. Ausstellungen, mit denen die Fotografen direkt auf ihre Wahrnehmung der Region und ihrer Orte reagieren. Das Ergebnis sind spannende Formate, in denen Künstlerinnen und Künstler immer wieder neue Brücken zwischen Fotografie und anderen Künsten schlagen. Parallel dazu werden Musikschaffende aus Tirol und Vorarlberg eingeladen, in Resonanz auf die Außenwahrnehmung der Fotokünstler jeweils ein Konzert neu zu entwickeln – in konkreten Fall ist dies die Harfinistin Margret Köll, die in Zusammenarbeit mit der Vokalkünstlerin Golnar Shahyar ein neues Konzertformat entwickelt hat. Die darauf aufbauenden Dialoge regen zum Austausch an, denn „was nützt das stärkste Kunstwerk, wenn niemand damit in Kontakt geht“, findet Hans-Joachim Gögl, künstlerischer Leiter der Reihe. „Der Dreiklang aus Kunst, Musik und Dialog hat sich über die Jahre bestens bewährt und lässt sich

KULTUR

71

© BTV/BERNADETTE OTTER

In der Ausstellung zeigt Armin Linke das Labor als Raum des Nachdenkens, Erfindens, Experimentierens, als Werkzeug des Forschens. Die Bilder sind keine klassische Dokumentation, sondern erlauben es, den Forschenden bei ihrer Arbeit über die Schulter zu schauen.


72 KULTUR

stets neu befüllen. Tirol und Vorarlberg verfügen über eine Reihe an Weltklasse-Musikerinnen und -musikern, das Potenzial ist unerschöpflich. Und auch die bis dato angefragten Fotokünstlerinnen und -künstler haben die Herausforderungen des Konzeptes gerne angenommen. Armin Linke ist dabei der wohl renommierteste Künstler, der bis dato bei INN SITU ausgestellt hat.“ Mit aktuellen Ausstellungen im Museum Folkwang in Essen oder im Centre Pompidou in Paris gehört Armin Linke zu den geachtetsten Positionen der zeitgenössischen Fotografie, wenn es um die Auseinandersetzung mit Wissensproduktion, um die Befragung von Orten des Forschens und Entwickelns geht. Wissenschaft ist Enthusiasmus.

Der Fotokünstler und Filmemacher Armin Linke stellt in seinem Werk Fra-

„LABORE SIND EINE FORM VOM THEATER – IM GUTEN SINN.“ Armin Linke

gen nach dem Betriebssystem unserer Kultur: gesellschaftliche Regeln und technologische Standards, Machtverhältnisse und Traditionen, Infrastrukturen oder Sachzwänge … die unmerkliche Verfasstheit einer Gesellschaft. „Mir geht es nicht um die Darstellung spektakulärer Apparaturen, sondern um die Bedingungen des Nachdenkens, Erkennens, Erfindens, die das Labor als Raumtyp zur Verfügung stellt. Das einsame Post-it oder die vollgekritzel-

te Kreidetafel interessieren mich mindestens genauso wie der Computerbildschirm“, sagt Armin Linke. Deshalb will er die Ausstellung auch nicht als klassische Dokumentation verstanden wissen. Es geht ums Hinschauen, Dahinter- und Darunterschauen und um das Zeigen einer ganz speziellen Arbeitskultur, die sonst oft im Verborgenen bleibt und unnahbar scheint. A u c h i n d e r Präsentation hat Armin

Linke einen unkonventionellen Zugang gewählt. Das Stadtforum versteht der Künstler als performativen Ort, in dem die Aufnahmen nicht distanziert an den Wänden hängen, sondern im Raum wie Darsteller agieren. Papier wird zum skulpturalen Objekt. Raum und Zeit manifestieren sich in der Fotografie. Seit jeher. Auch hier. Die Fotografien wurden dafür auf spezielle Displays aufgezogen, die eine szenografische Präsentation ermöglichen. Fast wie Theater. „Labore sind eine Form vom Theater – im guten Sinn“, findet Armin Linke. Weil die Bilder nicht fix an der Wand hängen, haftet ihnen etwas Vergängliches, Temporäres an und schließt damit wiederum den Kreis zur Wissenschaft, die auch nie zu Ende gedacht ist. Die Ausstellung soll dazu dienen, Fragen zu stellen und den Betrachter dazu animieren, selbst Antworten darauf zu finden. Wissenschaft schafft Wissen. Kunst schafft Inspiration. „ Q u a n t u m C o n d i t i o n s “ ist noch

bis 20. Jänner 2024 im BTV Stadtforum zu sehen. Das INN SITU Vermittlungsprogramm bietet dazu lebendige Zugänge, außergewöhnliche Perspektiven und Vertiefungen im kleinen Kreis. Jeden Freitag findet um 13 Uhr eine 20-minütige Führung durch die Ausstellung statt, am 17. Jänner lädt Armin Linke zudem zum digitalen Künstlergespräch. Der Eintritt zur Ausstellung sowie die Teilnahme an den Veranstaltungen ist frei. Dazu erscheint eine begleitende zweisprachige Publikation bei Fotohof edition, Salzburg. w w w. i n n s i t u . at Tirol_Magazin


Armin QUANTUM Linke CONDITIONS

Die Ausstellung 4. Oktober 2023 bis 20. Januar 2024 BTV Stadtforum Innsbruck, Eintritt frei innsitu.at/fotografie


ALPENLÄNDISCHE ABGRÜNDE Als Großmeister des Absurden avancierte Otto Grünmandl zu einem der ersten Solokabarettisten im Nachkriegsösterreich. Jetzt wird der Tiroler, dessen Geburtstag sich 2024 zum 100. Mal jährt, auch als Literat wiederentdeckt.

Tirol_Magazin


75

„OTTO GRÜNMANDL IST EIN UNHELD, DER DEN MENSCHEN DAS LÄCHELN HERBEIGEZAUBERT HAT AUS DEM ETWAS, AUS DEM IMMER UND AUS DEM NICHTS.“ Gerhard Polt

Peer gestalteten „Alpenländischen Interviews“, die ab 1970 im ORF-Radiosender Ö3 gesendet und später zum Teil auch als Fernsehfassungen und auf der Bühne gezeigt wurden.

D e r K a b a r e t t i s t, Schauspieler

und Autor Gerhard Polt ist seither nicht müde geworden, die Erinnerung an seinen Tiroler Freund und Berufskollegen hochzuhalten. Man darf ihm in einem Porträt zum 100. Geburtstag von Otto Grünmandl also getrost das erste Wort überlassen. „Der Otto“, sagte Polt einmal in einem Interview, sei ein „begnadeter Humorist und Menschenkenner“ gewesen. Und „ein Unheld, der den Menschen das Lächeln herbeigezaubert hat aus dem Etwas, aus dem Immer und aus dem Nichts“: Letzteres steht in Polts Vorwort zum ersten Band einer vom Innsbrucker Haymon Verlag in Zusammenarbeit mit dem Forschungsinstitut Brenner-Archiv der Universität Innsbruck herausgegebenen Grünmandl-Werkausgabe zu lesen, die den Blick auch auf den Literaten Otto Grünmandl lenkt. Neben Drehbüchern, Theaterstücken und Hörspielen schrieb der am 4. Mai 1924 in Hall in Tirol geborene Kaufmannssohn zeitlebens auch Gedichte und Prosastücke, darunter die 1956 erstmals erschienene Novelle „Ein Gefangener“, in der er aus den mentalen und realen Trümmern des Zweiten Weltkrieges die Bruchstücke des Menschlichen zusammenklaubt. W e i t h i n b e k a n n t wurde Otto Grün-

mandl aber durch sein humoristisches Talent und die von ihm zusammen mit Theo FOTOS: © BRENNER-ARCHIV

1 9 7 6 t r a t e r mit seinem ersten

Otto Grünmandl Werkausgaben Ein Gefangener Werkausgabe Band 1 Kurzprosa und Gedichte Haymon Verlag, 224 Seiten, EUR 22,90 Das Ministerium für Sprichwörter Werkausgabe Band 2 Romane, Haymon Verlag, 520 Seiten, EUR 29,90

Solo-Kabarettprogramm beim Festival Steirischer Herbst auf, es trug den Titel „Einmannstammtisch“ und fand auch an einem solchen statt: Ein Möbel, wie gemacht, um die viel zitierte österreichische Gemütlichkeit mit dem Stacheldraht der Boshaftigkeit einzuhegen. Es folgten Programme wie „Ich heiße nicht Oblomow“, für das er 1978 den Deutschen Kleinkunstpreis erhielt, oder „Politisch bin ich vielleicht ein Trottel, aber privat kenn ich mich aus“ – der Titel wurde zum untrennbar mit Grünmandls Schaffen verbundenen Sinn- und Leitspruch. Verdrehte Mitmenschen.

Von sich selbst sagte Grünmandl, er sei „kein tagespolitischer Kabarettist. Ich verstehe davon nicht mehr als ein durchschnittlicher Zeitungsleser, und das ist mir zu wenig, um mich als Experte aufzuspielen. Ich tue lieber, was ich kann: Ich stülpe mir die Verdrehtheiten und Wunderlichkeiten meiner Mitmenschen über.“ Unpolitisch war er deshalb aber keineswegs. Manches Ziel seiner ins Gewand des Bieder-

KULTUR

T

reffen sich ein Tiroler und ein Bayer Anfang der 1980er-Jahre auf der Bühne der Münchner Kammerspiele: So fängt nicht nur ein guter Witz an, es ist vielmehr der Beginn einer ganzen Reihe von genialen humoristischen Kollaborationen. Der Tiroler Otto Grünmandl und der Bayer Gerhard Polt haben in zahlreichen gemeinsamen Bühnenproduktionen sowie in ihren legendären Zwiegesprächen im Bayerischen Rundfunk das Absurde im Alltäglichen und die menschlichen Untiefen ausgeleuchtet. Die beiden verband auch eine enge Freundschaft, die bis zu Grünmandls Tod im Jahr 2000 dauern sollte.


76 KULTUR

mannes gekleideten Satire hat vielmehr zeitlose Aktualität, im höheren Grünmandl’schen Nonsens steckt jede Menge kluger, manchmal auch melancholischer Hintersinn sowie eine tiefe Skepsis gegenüber dem vermeintlich „Normalen“. D i e s e S k e p s i s erklärt sich auch aus

dem Blick auf die von Verfolgung durch die Nationalsozialisten geprägte Familiengeschichte der Grünmandls: Ottos Vater Alfred Grünmandl stammte aus einer jüdischen Gemeinde in Uherský Brod im heutigen Tschechien. 1907 ließ er sich in Hall nieder, führte dort das Kaufhaus Grünmandl, heiratete, trat zum evangelischen Glauben über. 1938 wurde er zum „Volljuden in Mischehe“ erklärt, das Geschäft 1939 arisiert. Ottos Schwester Betty floh nach England, der Bruder feilte in Briefen am kargen Englisch: „Sometimes me go out the patience ...“, doch der Versuch, ihn ebenfalls ins sichere Ausland zu schicken, scheiterte am Kriegsausbruch. Antisemitische Anfeindungen,

Abend mit Musik Am 13. Jänner 2024 feiert „Als Wappenadler bin ich eine Schildkröte“ Premiere am Tiroler Landestheater. Der Otto-Grünmandl-Abend in Kooperation mit dem Forschungsinstitut BrennerArchiv der Universität Innsbruck wird mit Livemusik der Musikbanda Franui begleitet. Regie führt Alexander Kratzer. Gespielt wird an insgesamt elf Terminen bis 15. März 2024.

Verhaftung, Zwangsarbeiterlager, im KZ ermordete Verwandte, der schwierige Neuanfang 1945: Otto Grünmandl hat sich öffentlich kaum je konkret zu seinen Erfahrungen während des NS-Regimes geäußert, es war sein Sohn Florian Grünmandl, ebenfalls Autor und Filmemacher, der die Familiengeschichte erforscht hat. B i n n ä m l i c h P o e t.

1948 erhielt Alfred Grünmandl das Geschäft in Hall zurück, Otto begann dort als Textilkaufmann zu arbeiten. Er entwarf Reklamen, in denen man bereits seinen absurden Wortwitz zu erkennen glaubt, an seinen Freund, den Musiker und Komponisten Peter Zwetkoff, schrieb jedoch ein Kaufmann wider Willen: „Ich weiß nicht, wie lange ich es noch aushalte, arbeitsmäßig zu veröden“, erklärte Grünmandl da. Und strich in dicken, schwarzen Buchstaben hervor: „Bin nämlich Poet.“ D e r j u n g e A u t o r suchte Anschluss

an die literarische Szene. Es war schließlich die Novelle „Ein Gefangener“, die sein Förderer Rudolf Felmayer 1956 im Wiener Bergland Verlag herausbrachte. Im selben Jahr sendete der Südwestfunk eine Hörspielfassung, Zwetkoff hatte die Musik geschrieben. Als Hörspielautor trat Grünmandl auch weiterhin in Erscheinung, 1970 erhielt er den Österreichischen Staatspreis für „Rochade“, ein Jahr später übernahm er die Leitung der Abteilung „Unterhaltung Wort“ im ORF Landesstudio Tirol. Ab 1982 war er schließlich als

1976 trat Otto Grünmandl mit seinem ersten Solo-Kabarettprogramm „Einmannstammtisch“ beim Festival Steirischer Herbst auf.

Tirol_Magazin


77 B i s i n s h o h e A lt e r stand Grün-

mandl auf der Bühne, in Hall gründete er 1996 das „Zimmertheater“, wo er wochenends seine Kabarettprogramme spielte. Daran erinnert das Haller Kulturlabor Stromboli regelmäßig – und zum 100. Geburtstag besonders umfangreich – mit einem Programmschwerpunkt unter dem Titel „Otto Grünmandls Zimmertheater“. Der große Satiriker hat zeitlebens aber auch nie aufgehört, Lyrik und Prosatexte zu schreiben, doch er ging damit nicht mehr an die Öffentlichkeit. Erst kurz vor seinem Tod trug er bei seinem letzten öffentlichen Auftritt Gedichte vor, im Jahr 2000 erschien der Band „Hinter den Jahren“. Mit der von

„NEIN, ICH MAG NORMAL NICHT UND GESUND IST MIR VERDÄCHTIG.“ Otto Grünmandl in „Der Witwer Mischkutin“

Maria Piok und Ulrike Tanzer editierten Werkausgabe werden nun viele weitere Texte aus dem vom Brenner-Archiv betreuten Nachlass zugänglich gemacht, darunter die in Band zwei erschienenen Romane „Pizzarini“ und „Das Ministerium für Sprichwörter“. Band drei wird den Bühnenstücken und Hörspielen gewidmet sein.

KULTUR

freischaffender Autor, Kabarettist und Schauspieler tätig.

O t t o G r ü n m a n d l s Texte kehren 2024 auch auf die Bühne zurück, und zwar in einer dramatisch-musikalischen Textcollage des Tiroler Landestheaters. Sie trägt jenen Titel, mit dem sich der Tiroler Kabarettist und Schriftsteller so treffend selbst beschrieben und zugleich dumpfer alpenländischer Vereinnahmung verwehrt hat: „Als Wappenadler bin ich eine Schildkröte“. I v o n a _ J e l č i ć

n unter Jetzt informiere l.at/studien w w w.umit-tiro

Studium. Chance. Kompetenz. Lehre auf höchstem Niveau, international anerkannte Professoren, Gastprofessoren und Lehrende sowie modernste Infrastruktur bieten ideale Voraussetzungen für ein erfolgreiches Studium. Bachelor-Studien Psychologie, Mechatronik, Elektrotechnik, Pflegewissenschaft, Wirtschaft, Sport- und Gesundheitstourismus. Master-Studien Psychologie, Mechatronik, Gesundheitswissenschaften, Public Health, Advanced Nursing Practice, Pflege- und Gesundheitsmanagement, Pflege- und Gesundheitspädagogik, Nachhaltige Regional- und Destinationsentwicklung, Medizinische Informatik.

Universitätslehrgänge Dyskalkulie-Therapeut/in, Legasthenie-Therapeut/in, Führungsaufgaben/Lehraufgaben in der Gesundheits- und Krankenpflege, Konfliktmanagement und Mediation, Health Information Management. Doktoratsstudien Gesundheitsinformationssysteme, Psychologie, Health Technology Assessment, Management und Ökonomie im Gesundheitswesen, Public Health, Pflegewissenschaft, Technische Wissenschaften, Sportmedizin, Gesundheitstourismus und Freizeitwissenschaften.

www.umit-tirol.at


78 CULTURE

ENGLISH

English Summary

ALPINE ABYSSES

As a grand master of the absurd, Otto Grünmandl became one of the first solo cabaret artists in post-war Austria. Now the Tyrolean, whose 100th birthday is in 2024, is also being rediscovered as a writer.

C

abaret artist, actor and author Gerhard Polt never ceases to honour the memory of his Tyrolean friend and professional colleague Otto Grünmandl. “Otto”, Polt once said in an interview, was a “gifted humourist and connoisseur of human nature”. And “ an unhero who always made people smile out of something and out of nothing”. I n a d d i t i o n t o s c r e e n p l ay s , theatre plays and

radio plays, the merchant’s son with Jewish roots, born in Hall in Tyrol in 1924, also wrote poems and prose pieces throughout his life, including the novella “Ein Gefangener” (A Prisoner), first published in 1956, in which he picks together the fragments of humanity from the mental and real ruins of the Second World War. Grünmandl became widely known for his humorous talent and the “Alpine Interviews” he created together with Theo Peer, which were broadcast on ORF radio station Ö3 from 1970 onwards and were later also partly shown as television versions and on stage. In 1976, he performed his first solo cabaret programme at the Steirischer Herbst festival. I t wa s e n t i t l e d “Einmannstammtisch” (one-man

regulars’ table) and took place at one: A piece of furniture made to contain the much-cited Austrian cosiness with the barbed wire of malice. This was followed by programmes such as “Ich heiße nicht Oblomow” (My name is not Oblomow), for which he received the German Cabaret Prize in 1978, or “Politisch bin ich vielleicht ein Trottel, aber privat kenn ich mich aus” (Politically I may be a fool, but privately I know my way around) - the title became a motto inextricably linked to Grünmandl’s work. Grünmandl said of himself that he was “not a daily political cabaret artist. I don’t know any more about it than the average newspaper reader, and that’s not enough for me to pretend to be an expert. I prefer to do what I can: I just take on the twists

and wonders of my fellow human beings”. But that didn’t make him apolitical.

G r ü n m a n d l c o n t i n u e d to perform on stage

into old age, founding the “Zimmertheater” in Hall in 1996, where he performed his cabaret programmes on weekends. The Hall-based cultural institution Stromboli regularly commemorates this - and on the 100th anniversary of his birth in particular. Otto Grünmandl’s texts will also return to the stage in 2024, in the form of a dramatic-musical text collage by the Tiroler Landestheater. It bears the title with which he so aptly described himself and at the same time resisted dull Alpine categorisation: “As a heraldic eagle, I am a tortoise”.

Tirol_Magazin


Die freiwillige Herkunftskennzeichnung macht die Rechnung MIT den Tiroler Wirtinnen und Wirten.

Michael Naschberger und Milan Hurt Zum Tischlerwirt, Reith bei Kitzbühel

AMT_Inserat_Zum Tischlerwirt_Econova_210x145mm_250723_TWK_RZ.indd 1

oh du Köstliche.

www.dakommtsher.at/betriebe 25.07.23 12:15

PROMOTION

Reden wir doch drüber!

79

#dakommtsher


80 AUDIOVERSUM

Ein Ort, an dem Augen Ohren machen

Schon einmal durch ein Ohr in 3D gesurft oder überdimensionale Haar-Sinneszellen gefühlt? Was hat eine spektakuläre Virtual-Reality-Achterbahnfahrt mit dem Hörsinn zu tun? Im interaktiven Science Center AUDIOVERSUM in Innsbruck wird Hören zum faszinierenden Abenteuer. Die in Europa einzigartige akustische Erlebniswelt wird mit wechselnden Sonderausstellungen laufend erweitert. erzeit lockt die Sonderausstellung STAY SAFE ins AUDIOVERSUM. Sie widmet sich ganz dem Thema Sicherheit und fordert zum interaktiven Ausprobieren heraus: Besucher*innen können sich in ein Sicherheitsnetz fallen lassen oder durch eine optische Felsschlucht balancieren, versuchen, einen Tresor zu knacken, oder ihr skifahrerisches Können auf einem Simulator unter Beweis stellen. Immer unter dem Aspekt von Vertrauen in die Sicherheit.

D

Stimm dich ein!

Ein weiteres Highlight ist ab 1. Dezember im AUDIOVERSUM zu sehen. In der Sonderausstellung „Schau mal, wer da spricht“ wird die Biologie der menschlichen Stimme erklärt, man erfährt, wie mithilfe neuer Technologien künstliche Stimmen erzeugt werden, wie Synchronsprecher arbeiten und wie die Gesichter hinter den bekannten Stimmen aussehen. Fa c e s behind voices

Wer hat sich schon einmal gefragt, wie der deutsche Sprecher von Leonardo di Caprio aussieht? Der Fotograf Marco Justus Schöler hat sich auf die Suche nach Synchronsprechern begeben und 30 weitgehend unbekannte Gesichter fotografiert, deren Stimmen aber umso bekannter sind. Im AUDIOVERSUM kann man

deren originale Stimme anhören als auch die als Kinostar und nebenbei erfährt man Wissenswertes über den Beruf des Synchronsprechers. Kopfkino

Neben den bekannten Kinostimmen sind auch noch weitere Prominente in der Ausstellung vertreten. Der Radio- und Fernsehmoderator Andi Knoll, Schauspielerin Ursula Strauss, das Kabarettduo Maschek und die bekannte Stimme der ÖBB, Chris Lohner, geben spannende Einblicke in ihre Berufe, die hauptsächlich mit der Stimme und dem Sprechen zu tun haben. A b e r a u c h i n dieser Ausstellung darf wieder ex-

perimentiert werden, dieses Mal mit der eigenen Stimme. In der Sprecherkabine können Besucher beispielsweise einen Filmausschnitt synchronisieren, einen Zungenbrecher nachsprechen oder ein bekanntes Gedicht rezitieren. Neugierig geworden? Bitte ins AUDIOVERSUM kommen!

AUDIOVERSUM Science Center Wilhelm-Greil-Straße 23, 6020 Innsbruck +43(0)5 7788 99, office@audioversum.at www.audioversum.at

Öffnungszeiten: Di. bis So. von 10 bis 18 Uhr ENTGELTLICHE EINSCHALTUNG / FOTOS: AUDIOVERSUM


WILHELMGREILSTRASSE 23 6020 INNSBRUCK DI  SO 10 BIS 18 UHR

ANDI KNOLL FÜR AUDIOVERSUM

01 / 12 / 23

www.audioversum.at

EINE AUSSTELLUNG ÜBER STIMME & SPRECHEN


MENSCH

82

IN DIE WELTSPITZE GERADELT Der Osttiroler Felix Gall ist seit seinem Etappensieg bei der Tour de France im Radsport-Olymp angekommen. Dort will der 25-jährige Ausnahmeathlet auch bleiben. Heimat heißt für ihn Entschleunigung, und nicht selten kann man Felix auch am Golfplatz antreffen, wo sich eine zweite große Leidenschaft entwickelt hat.

E

s ist ein kühler, aber sonniger Herbsttag wie aus dem Bilderbuch, als wir uns mit Tirols Radsport-Ass Felix Gall im heimatlichen Lienz treffen. Das bunt gefärbte Laub der Bäume leuchtet in satten Farben, die Sonne steht bereits einigermaßen tief über der Dolomitenstadt. Der Stern des 25-jährigen Osttirolers ist heuer so richtig aufgegangen. Man schrieb den 19. Juli 2023, als Felix Gall, beschäftigt beim französischen Team AG2R Citroën, die 17. Etappe der Tour de France zwischen SaintGervais-les-Bains und Courchevel in unwiderstehlicher Manier für sich entschied. Damit hat Gall eine Duftmarke in der Weltklasse des Radsports hinterlassen und nebenbei – quasi im Vorbeiradeln – österreichische Sportgeschichte geschrieben.

„IM TRAINING KANN MAN DIE LANDSCHAFT AUCH GENIESSEN, WÄHREND DES RENNENS IST DAS ETWAS ANDERES.“ Fe l i x G a l l

G a l l s h e u r i g e L e i s t u n g e n wur-

den auch bei der Wahl zum Österreichischen Sportler des Jahres honoriert. Er nahm die begehrte Trophäe – sie ist Tirol_Magazin

durchaus auch als Beliebtheitswettbewerb zu sehen – mit nach Hause. Das darf im sportbegeisterten Österreich auch als Qualitätsausweis interpretiert werden, befindet sich der Osttiroler damit doch in bester Gesellschaft sämtlicher österreichischer Sportgrößen der Gegenwart und Vergangenheit. D i e E r f o l g e der Vergangenheit gilt

es für Felix Gall im kommenden Jahr zu bestätigen. Der Druck ist nicht kleiner geworden. Wir haben mit ihm in einem Lienzer Café über Vergangenes, Gegenwärtiges und auch Zukünftiges gesprochen und zu ergründen versucht, was den Ausnahmeathleten bewegt. Der sympathische Osttiroler ist auch um keinen Scherz verlegen. „Machst du da eigentlich einen Kalender?“, fragt er beim anschließenden Outdoor-Fotoshooting, bei dem naturgemäß deutlich mehr als ein einziges Foto gemacht wurde. Entsprechend den ortsüblichen Usancen verständigt man sich rasch auf das Du-Wort.


MENSCH

83

© ALAMY STOCK FOTO

Es ist vollbracht: Der junge Osttiroler Felix Gall schreibt österreichische Sportgeschichte und entscheidet am 19. Juli 2023 die Königsetappe der Tour de France von Saint-Gervais Mont Blanc nach Courchevel für sich.


84 MENSCH

„ICH VERSUCHE, DREIMAL PRO WOCHE ABENDS AUF DEN GOLFPLATZ ZU GEHEN, BEI UNS IN LAVANT. EIN WUNDERSCHÖNER PLATZ, DEN MAN ABENDS FAST FÜR SICH ALLEIN HAT.“ Fe l i x G a l l

2023 war sicher kein gewöhnliches Jahr für dich. Wie geht’s dir nach einer Saison voller sportlicher Höhepunkte? F e l i x G a l l :

Heuer ist sehr viel passiert. Das Frühjahr hat sehr solide begonnen und ich habe mich von Rennen zu Rennen steigern können und auch immer mehr Selbstbewusstsein bekommen. Das Höhentrainingslager in der Sierra Nevada im Mai hat total gezündet und ich habe danach einen riesigen Schritt nach vorne gemacht. Hast du diesen Fortschritt bewusst mitbekommen? Ich habe ge-

wusst, dass das der beste Trainingsblock überhaupt war, weil ich mich am Rad sehr gut und stark gefühlt habe. Man weiß allerdings nicht genau, was das im Rennen tatsächlich wert ist.

Hast du vor diesem Jahr etwas an deiner physischen und mentalen Vorbereitung oder Trainingsmethodik verändert? Nicht unbedingt.

Wenn einmal alles passt, ist es schwierig zu sagen, was ausschlaggebend ist. Da spielen viele Kleinigkeiten mit. Ein großer Punkt ist aber sicher, dass ich den ganzen letzten Winter etwas mehr trainiert habe und zwischendurch nie nennenswert krank gewesen bin. Das war früher, vor allem bei den Junioren, ein großes Problem, dass ich sehr oft mit Infekten zu kämpfen hatte.

Zur Person Felix Gall wurde 1998 in NußdorfDebant geboren und übte in seiner Kindheit verschiedene Sportarten aus. Über den Triathlon zum Radsport gekommen wurde Gall 2015 österreichischer Juniorenmeister im Straßenrennen und gewann bei den Straßenweltmeisterschaften im USamerikanischen Richmond den Titel des Junioren-Weltmeisters. 2017 erhielt Gall einen Vertrag beim Development Team Sunweb. Nach drei Jahren im Nachwuchsteam und zwei im WorldTour-Kader des Team DSM gab er 2021 bekannt, im kommenden Jahr zum AG2R Citroën Team zu wechseln, für das er aktuell fährt. In der Saison 2023 erzielte er zunächst bei der Tour de Suisse mit dem Gewinn der vierten Etappe seinen ersten Sieg auf der UCI WorldTour, im Anschluss gewann er bei der Tour de France die als Königsetappe bezeichnete 17. Etappe. In der Gesamtwertung belegte er schließlich Rang acht, Platz zwei in der Bergwertung sowie Platz drei in der Nachwuchswertung.

Das wirft einen Profisportler immer wieder zurück. Eine Erkäl-

tung ist für sich genommen nichts Besonderes. Man muss sie auskurieren, Tirol_Magazin

aber es kann ein paar Wochen dauern, bis man körperlich wieder auf dem alten Level ist. Heuer war ich erstmals in einer Verfassung, in der mein Körper vom Stress, der durch das Höhentraining erzeugt wird, profitieren konnte. Ich habe schon auf der Tour de Suisse einen großen Schritt nach vorne gemacht, und die Tour (de France, Anm.) war für mich in dieser Form völlig unerwartet. Ich habe gehofft, in zwei, drei Jahren vielleicht um einen Etappensieg mitfahren zu können. Du hast heuer schon gewonnen, die sogenannte Königsetappe für dich entschieden. Hast du darauf spekuliert? Nein, gar nicht. Vor

der heurigen Tour de Suisse habe ich eigentlich immer gesagt, dass lange Anstiege eigentlich nicht so meins sind. Dort habe ich zum ersten Mal auf längeren Anstiegen mithalten können. Dafür braucht es eine richtig gute Konstanz im Training. Bei der Tour de France herrscht ein unglaublicher Trubel, die Fahrer schieben sich zwischen frenetisch jubelnden Menschentrauben den Berg hinauf. Bist du als Athlet da in einem Tunnel oder bekommst du das hektische Treiben aktiv mit? Eigentlich ist

das sehr stressig, wenn rundherum so viel los ist. Es ist aber nicht den ganzen Tag so. Man ist ohnehin in einer Ausnahmesituation, jeder fährt am Limit. Außerdem sollte man noch am Funk mithören, wie die Abstände sind, und zugleich wird man von allen Seiten an-


85 MENSCH

Felix Gall kann den Herbst im heimatlichen Lienz genießen. Doch nach der Saison ist bekanntermaßen vor der Saison, und so stehen noch einige Trainingslager mit dem Team abseits der Heimat an, bevor es wieder losgeht. Entspannen kann der Ausnahmeradfahrer am besten mit dem Golfschläger in der Hand.

geschrien und angefeuert. Das macht aber den besonderen Reiz der Tour aus. Der Radsport ist ein sehr strategischer Sport. Bist du grundsätzlich ein Taktiker oder eher ein Mensch, der seinen Instinkten folgt? Ich bin grundsätzlich jemand,

der sehr viel nachdenkt. Manchmal sogar zu viel. Ich versuche immer, alles sehr objektiv – man könnte auch strategisch sagen – zu betrachten. Ein Radrennen ist sehr taktisch, es gibt vor der Etappe immer einen Plan. Im Endeffekt muss man aber auf sich hören, sich mit den Teamkollegen abstimmen und etwas probieren, wenn man sich gut fühlt. Da muss man sich dann auch auf sein Gefühl verlassen.

Diese sehr starke Saison hat die öffentliche Erwartungshaltung – und wahrscheinlich auch die deines Teams – verändert. Nimmst du einen grösseren Druck wahr und wie gehst du damit um? Das

werde ich erst in den kommenden Monaten richtig bemerken, wenn es darum geht, die Ziele für das nächste Jahr zu definieren. Das Team hat eine gewisse Erwartung, und ich selbst habe auch eine Erwartung an mich. Heuer bin ich als Helfer in die Rennen gegangen und das hat sich dann alles irgendwie ergeben. Am Anfang hat mich das zeitweise überfordert. Es ist sicher ein Druck und eine Erwartungshaltung da, andererseits weiß ich, was eigentlich möglich wäre. Da bekommt man ein anderes Selbstvertrauen. Das ist auch positiv.

Wie schaffst du es, in der Zeit nach der Saison abzuschalten und – vielleicht keine passende Metapher für einen Radprofi – die Akkus neu aufzuladen? Nach der Tour

ist eine neue Situation für mich entstanden, weil immer einiges los war. Das hat es schwieriger gemacht, für ein paar Tage abzuschalten. Grundsätzlich versuche ich, dreimal pro Woche abends auf den Golfplatz zu gehen, bei uns in Lavant. Ein wunderschöner Platz, den man abends fast für sich allein hat. Das tut mir sehr gut und das brauche ich auch. Außerdem war ich kürzlich spontan für eine Woche in Dubai. Einen kompletten Szenenwechsel und Zeit für mich hätte ich nach der Tour eigentlich schon gebraucht. Manchmal lege ich auch das Handy für ein paar Tage weg, damit man ein Hintergrundgeräusch weniger hat.

Betreust du deine Social-Media-Accounts selbst? Ja. Ich bin

aber nicht der Typ, der sein ganzes Leben teilen muss oder will. Ich poste hin und wieder, wenn etwas Besonderes passiert. Ich finde es schade, wenn man Leute sieht, die für die sozialen Medien leben und nicht mehr fähig sind, innezuhalten und den Moment für sich zu genießen. Grundsätzlich tut mir das Leben in Osttirol sehr gut. Gibt es – das Wort ist abgegriffen – hier so etwas wie einen „Kraftplatz“ für dich? Eigentlich

nicht. Ich fühle mich allgemein hier bei uns sehr wohl, weil umringt von den Bergen alles eher entschleunigt abläuft. Ein besonderer Ort ist tatsächlich der Golfplatz geworden, wo ich mich aufs Spiel konzentrieren kann. Es gibt aber auch Kraft, sich mit engen Freun-


86 MENSCH

„EIN RADRENNEN IST SEHR TAKTISCH, ES GIBT VOR DER ETAPPE IMMER EINEN PLAN. IM ENDEFFEKT MUSS MAN ABER AUF SICH HÖREN, SICH MIT DEN TEAMKOLLEGEN ABSTIMMEN UND ETWAS PROBIEREN, WENN MAN SICH GUT FÜHLT.“ Fe l i x G a l l

den zu treffen und bei der Familie zu sein. Hast du beim Golf denselben Ehrgeiz entwickelt wie am Rad? Beim

Golfspiel geht es, glaube ich, jedem gleich, dass man dabei emotional wird und sich sehr ärgern kann. Es ist auch ein Suchtfaktor dabei. Ich möchte schon halbwegs ordentlich Golf spielen können, kann das Spiel aber auch genießen. Hast du eine Lieblingstour in der Heimat? Eigentlich nicht, ich fah-

re gerne ein bisschen kreuz und quer, Sternfahrten ins Iseltal und ins Pustertal. Der Gailberg ist mein Intervallberg,

ich fahre aber auch gerne nach Kals oder ins Defereggental.

Bekommst du von der Landschaft überhaupt viel mit während des Trainings? Beim Trainieren schon,

während des Rennens ist das etwas anderes. Im Training kann man die Landschaft auch genießen.

Der Radsport ist gefährlich, es kommt immer wieder zu schweren Unfällen, leider auch mit fatalem Ausgang. Wie schaffst du es, so etwas zu verdrängen oder zu verarbeiten, gerade wenn es während eines Rennens passiert? Das

ist ein schwieriges Thema, weil jeder

Sportler versucht, das ein bisschen zu verdrängen. Jedem ist es bewusst, dass das ein riskanter Beruf ist. Es hilft, mit jemandem darüber zu reden.

Könnte man überhaupt auf diesem Niveau fahren, wenn die Angst mitfährt? Das ist für mich persönlich nicht

ganz so leicht und hängt sicher auch vom Typ ab. Gerade bei Sprintern denke ich mir oft, die schalten ihr Hirn komplett ab. Ich denke mir schon manchmal, dass es eigentlich vollkommen verrückt ist, was wir da machen. Zum Beispiel bei der Luxemburg-Rundfahrt. Da sind wir kurz vor dem Ziel mit über 80 km/h irgendwo hinuntergeknallt, es hat geschüttet und Laub war auf der Straße. Wenn dabei nur ein Einziger stürzt, kann man nicht mehr reagieren. Dieses Risiko muss man als Profi akzeptieren. Bis jetzt bin ich aber sehr gut durchgekommen. (Felix Gall klopft auf Holz, wir klopfen mit.)

Du bist heuer mitten in die Weltspitze hineingefahren. Wo kannst du als Radfahrer noch kompletter werden? Sicher beim Zeitfahren.

Das hatte im Training bisher nicht wirklich Priorität. Gerade bei einwöchigen Rundfahrten wie der Tour de Suisse darf man es sich nicht erlauben, im Zeitfahren eineinhalb Minuten zu verlieren. Dann fährt man nur mehr um die Top 10 mit. Ich hatte heuer erstmals eine richtig gute Saison, in der alles gepasst hat, und glaube, dass ich mich in den nächsten Jahren noch weiterentwickeln kann. marian_Kröll Tirol_Magazin


Wohnen mit Naturstein im Innen -

photo by: www.kama-naturstein.at

und Außenbereich

w w w . k a m a - n a t u r s t e i n . a t i h r

t i r o l e r

s t e i n m e t z

&

p f l a s t e r e r


88 PEOPLE

ENGLISH

English Summary

CYCLING HIS WAY TO THE TOP

Since his stage win at the Tour de France, East Tyrolean Felix Gall has made it to the elite of cycling.

sional cyclist: “When everything goes right, it’s difficult to say what the decisive factor is. A lot of little things play a part.” It was certainly important that he was never sick during winter. And finally an altitude training camp in the Sierra Nevada in May 2023 fully set him up for success. A f t e r t h e s u c c e s s f u l 2023 season, expectations

in Gall are now much higher, even if he hasn’t yet realised this: “I will only really notice this in the coming months when it comes to defining the goals for next year. The team has certain expectations, and I also have expectations of myself. I had a really good season for the first time this year, in which everything fell into place, and I believe that I can continue to grow over the next few years.” R e l a x i n g at h o m e .

I

t’s a cool but sunny autumn day straight out of a picture book when we meet up with Tyrol’s cycling ace Felix Gall in his home town of Lienz. The 25-yearold from East Tyrol has really risen this year. It was 19 July 2023 when Felix Gall, who works for the French team AG2R Citroën, won the 17th stage of the Tour de France between Saint-Gervais-les-Bains and Courchevel in irresistible style. In doing so, Gall left his mark on the world class of cycling and at the same time wrote Austrian sporting history. H e c a n ’ t q u i t e put his finger on why things went

so well for him last year, says the East Tyrolean profes-

East Tyrol is both a retreat and a training centre for Felix Gall. In addition to cycling, he has discovered golf for himself and goes to the course in Lavant as often as possible to balance things out: “It’s a beautiful course that you have almost to yourself in the evenings. It’s very good for me and I need that too,” says Gall. Meetings with family and good friends are also part of the professional athlete’s mental care. “Sometimes I even put my mobile phone away for a few days so that I have one less background noise.” W h e n h e i s in East Tyrol, he likes to ride his bike

all over, including tours to the Iseltal and Pustertal valleys. “The Gailberg is my go-to mountain for interval training, but I also like to ride to Kals or the Defereggen Valley,” says Gall. During training, unlike in the race, he can also enjoy the scenery.

Tirol_Magazin


Der perfekte Begleiter für Ihr Handgelenk. Breitling bei Juwelier Leitner

Classic Avi Chronograph 42 Mosquito

Von den ersten mutigen Starts bis hin zur Geburtsstunde der kommerziellen Luftfahrt ist die Geschichte von Breitling untrennbar mit jener des Fliegens verbunden. In den 1930er-Jahren machte sich das Breitling Huit Aviation Department mit der Entwicklung von Präzisions-Cockpituhren einen Namen. Zwei Jahrzehnte später stellte es ein weiteres neuartiges Fluginstrument vor – nun allerdings in tragbarer Form: die Ref. 765 AVI. Diese wegweisende Fliegeruhr schuf den technischen Hintergrund für die heutige Classic AVI, eine Kollektion, die von der Robustheit der berühmten frühen Flugzeuge inspiriert ist. Breitlings Ikone – für die Reise. Die Navitimer ist eine der bekanntesten Uhren, die je hergestellt wurden. Sie steht als eine der großartigsten Uhren aller Zeiten auf den Sammlerlisten. Was 1952 als Instrument für Piloten begann, hat inzwischen eine tiefe Bedeutung für jeden, den dieser Zeitmesser auf seiner persönlichen Reise begleitet.

Navitimer B01 Chronograph 41

Die Super Chronomat Automatic 38 will ein Hingucker sein, egal, ob man sie zum eleganten Anzug oder zu T-Shirt und Jeans trägt. Die «Super» hebt sich gleich auf den ersten Blick von der übrigen Chronomat-Familie ab: Sie hat Reiter und eine Krone aus Keramik, und das Rouleaux-Armband aus Kautschuk gibt es nur für diese maximal ausgestattete Modellreihe. Abgesehen von ihrer markanten Präsenz hat die Automatic 38 auch eine funkelnde Seite. Übergroße Labordiamanten reihen sich um die Lünette aus 18-karätigem Rotgold oder aus Edelstahl. Ihre Zifferblattfarben bieten genau das richtige Maß an Augenweide. Kombinieren Sie Ihre Lieblingsfarbe mit einem Armband. Entdecken Sie Ihr Lieblingsmodell bei Juwelier Leitner aus einer umfangreichen Auswahl an perfekten Begleitern.

Navitimer Automatic 35

Wir bedanken uns für die Bereitstellung des Bildmaterials bei Dr. Günther Egger und Breitling

JUWELIER LEITNER Maria -Theresien - Straße 37 | 6 020 Innsbruck w w w.juwelier- leitner.com

Super Chronomat Automatic 38


DIE „LENI“ AUS DEM EISKANAL Bei den ersten Winterspielen in Innsbruck 1964 gewann Helene Thurner die Bronzemedaille im Rodeln. In ihrem Heimatort Mils bei Imst wusste das allerdings fast niemand, denn TV-Geräte gab’s im Dorf noch keine.

Tirol_Magazin


A l s e i n e s v o n zehn Kindern einer

Bauernfamilie in Mils bei Imst war Sport für Helene „Leni“ Thurner, 1938 geboren, kaum ein Thema. Allerdings rodelte die Dorfjugend gerne den Weg von der Kirche herunter, die Größeren gingen in den Nachbarort Schönwies und betätigten sich auf der Naturbahn, die von Obsaurs herunterführte. Als die junge Leni dort ein Rodelrennen beobachtete, wusste sie auf der Stelle: „Das kann und will ich auch!“ Und so trat sie dem Schönwieser Rodelverein bei. Ihre Karriere nahm im wahrsten Sinn des Wortes rasch Fahrt auf, was sie nicht zuletzt der Arbeit auf dem heimatlichen Hof verdankte: „Was die Kraft anging, war ich den anderen Läuferinnen immer überlegen.“ Bald war sie Teil der Nationalmannschaft und bei nationalen und internationalen Rennen vorne mit dabei. E c h t e A m at e u r e v s . S ta at s a m at e u r e .

Inzwischen war Helene Thurner Schreibkraft bei der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck geworden. Wenn sie zu Rennen fuhr, musste sie unbezahlten Urlaub nehmen: „Oft war es ein Kampf, überhaupt freizubekommen“, erinnert sie sich an Bedingungen, die sich heutige Sportler kaum vorstellen können. Auch die Kleidung war einfach: Keilhosen, Pullover, Turnschuhe und ein Helm. Später dann ein „Rennanzug“. Die 20 Kilo schwere Rodel mussten Frauen wie Männer selbst zum Start tragen, ein Betreuerteam gab es nicht. Wenn man bei der Rodel die Schienen (Kufen) wegen der veränderten Bedingungen wechseln FOTOS: © DAVID BULLOCK, PRIVAT

„DER SPORT WAR FÜR MICH DAMALS AUCH DIE CHANCE, DIE WELT KENNENZULERNEN.“ Helene Thurner-Bullock

musste, bat man einen kräftigen Kollegen um Hilfe. Thurner: „In Ostdeutschland gab es damals schon die sogenannten Staatsamateure, aber wir waren reine Amateure. In der DDR haben sie, wie wir später erfahren haben, in der Halle den Start der Innsbrucker Rodelbahn nachgebaut zum Trainieren.“ I m J a h r 1 9 6 3 wusste man schon, dass

Rodeln olympische Disziplin werden würde.Die Weltmeisterschaften wurden in Imst, auf Thurners Heimstrecke, ausgetragen. Die dortige Rodelbahn war auch als Ersatzstrecke bei den Olympischen Spielen vorgesehen, falls die in Innsbruck in schlechtem Zustand sein sollte. Rodelbahnen wurden damals nämlich noch aus großen, geschnittenen Eisblöcken gebaut. Kühlung gab es keine und dementsprechend waren sie stark witterungsabhängig. Und schließlich kam er, der Februar 1964, die Zeit der ersten Olympischen Winterspiele in Tirol. Die Sportlerinnen und Sportler wurden im neu errichteten Olympischen Dorf streng kaserniert. Auch Leni Thur-

Zur Person Helene „Leni“ Thurner-Bullock wurde 1938 in Zams geboren und ist die erste österreichische Medaillengewinnerin im Rodelsport bei Olympischen Winterspielen. 1957 trat sie zu ihrem ersten Rodelrennen an und wurde gleich Fünfte. Von da an war sie bei jedem nationalen und internationalen Rodelrennen fast immer im Spitzenfeld klassiert, sodass Helene Thurner ins Nationalteam berufen wurde. Es folgten zahlreiche Erfolge, die schließlich im Gewinn der Bronzemedaille bei den Olympischen Spielen 1964 gipfelten. Nach den Olympischen Spielen im französischen Grenoble 1968 beendet Helene Thurner ihre Rodelkarriere.

MENSCH

91

H

elene Thurner-Bullock hat in ihrem kleinen Wintergarten schon zwei dicke Fotoalben für das Gespräch bereitgelegt. Sie beinhalten ihre gesamte sportliche Karriere als Rodlerin von der ersten Tiroler Meisterschaft 1957 bis zum letzten Rennen 1968: Fotos, Zeitungsausschnitte, Autogramme, Telegramme, Platzierungslisten …


92 MENSCH

„WAS DIE KRAFT ANGING, WAR ICH DEN ANDEREN LÄUFERINNEN DURCH DIE ARBEIT DAHEIM AM BAUERNHOF IMMER ÜBERLEGEN.“ Helene Thurner-Bullock

ner, die sich ohne Probleme qualifiziert hatte, musste mit ihren Kolleginnen dort schlafen. Medialen Druck hatten die meisten Athleten – abgesehen von den Skisportlern – damals noch keinen. Auch Thurner nicht: „Ich habe keinen Druck verspürt. Aber ich war ohnedies so von mir überzeugt: Ich schaff das einfach.“ Dass sie gegen die DDR-Rodlerinnen – die damals noch ein vorletztes Mal in einer gesamtdeutschen Mannschaft starteten – kaum eine Chance haben würde, das wusste sie. Doch sonst war alles offen. Der Mannschaftsführer, so erinnert sie sich, sagte nur: „Leg dich ein bisschen weiter zurück, dann bist du schneller. Man ist halt einfach gefahren.“ Wenn die Rodelbahn d a h i n f l i e s s t.

Absolviert werden mussten vier Läufe, verteilt über zwei Tage. Zwei wurden abends bei künstlicher Beleuchtung durchgeführt, zwei um 7.30 Uhr morgens, damit es noch halbwegs kalt war. Dazwischen musste wegen des warmen Wetters ein Tag pausiert werden, denn der berühmte Föhn spielte schon damals eine große Rolle. So heißt es in einem Sonderdruck des Burda-Verlages zu den Bob- und Rodelbewerben: „… denn das Eis auf der 1063 Meter langen Piste mit den 18 Kurven blieb nicht hart, sondern es schmolz dahin und floss brav auf das Ziel zu, zwar nicht so schnell wie die Schlitten, aber es floss dahin – und damit auch der Traum manches Rodlers.“ Nicht der von Helene Thurner: Sie belegte hinter den DDR-Sportlerinnen Ortrun Enderlein und Ilse Geisler den dritten Rang.

Olympischen Spielen, konnte aber an den Erfolg von Innsbruck – und anderer Rennen – nicht mehr anschließen: „Grenoble war für mich enttäuschend. Ich hab in einem Lauf in der letzten Kurve geschwanzelt, wie man sagt. Und damit waren alle Chancen dahin.“ Sie wurde nur Neunte. Da sie bereits 29 Jahre alt war und auch ihren Mann, einen Briten, kennengelernt hatte, beschloss sie schließlich, ihre Karriere mit Grenoble zu beenden. W e n n H e l e n e Thurner-Bullock heuE i n e S e n s at i o n . Allerdings eine, die

fast niemand mitbekam. Jedenfalls nicht in Mils. Dort hatte 1964 von den rund 350 Einwohnern nämlich noch niemand ein Fernsehgerät und nur mit ziemlicher Verspätung verbreitete sich die Kunde von Leni Thurners Bronzemedaille. Erst ein paar Wochen später meinten die Gemeindeoberen von Imst und Mils: „Also einen Marsch müssen wir der Leni schon spielen lassen.“ So gab es am Ende doch noch einen „großen Bahnhof“. Sonst sei es allerdings ziemlich unspektakulär zugegangen, erzählt Thurner: „Nach dem letzten Bewerb haben wir bei der Siegerehrung unsere Medaillen bekommen und dann bin ich mit den beiden DDRlerinnen auf einen Kaffee gegangen. Sonst hat sich niemand für uns interessiert.“ Frustrierende zweite Winterspiele.

Vier Jahre später war Helene Thurner in Grenoble noch einmal mit bei Tirol_Magazin

te ihre Alben so daliegen sieht, dann bereut sie keinen Augenblick – im Gegenteil: „Ich bin Rodlerin geworden, weil ich einerseits einfach sportlich war. Und andererseits war der Sport für mich damals die Chance, die Welt kennenzulernen.“ Selbst in die USA kam sie 1967, als man dort den Rodelsport etablieren wollte und Vorbilder aus Europa eingeladen hatte: „Das war für mich einfach himmlisch! Heute steigen meine Kinder jederzeit in ein Flugzeug und fliegen hin, wohin sie wollen. Das war damals für die meisten Leute unvorstellbar.“

N a c h d e m E n d e der Aktivzeit wäre sie dem Rodelsport durchaus gerne als Trainerin oder Funktionärin erhalten geblieben. Doch als Mutter dreier Kinder sei das in der damaligen Zeit unmöglich gewesen, sagt sie. „Hausmütterchen“ war sie aber dennoch nie: Sie ging in die Gemeindepolitik und ist heute etwa noch Dorfchronistin von Mils. Langweile sieht anders aus.

Uwe_Schwinghammer


diewildenkaiser.com

Dahinter steckt mein Tiroler Bad*, das mit Sicherheit für mich da ist.

DIE GANZE GESCHICHTE AUF WWW.JA-ZU.TIROL

* stellvertretend für ein Tiroler Unternehmen

NG ÄRKU UR ST TIVE Z SCHAFT. IA IT T IN EINE R WIR IROLE DER T


94 PEOPLE

ENGLISH

English Summary

„LENI“ FROM THE ICE CHANNEL Helene Thurner won the bronze medal in luge at the 1964 Winter Games in Innsbruck. However, hardly anyone in her home town of Mils near Imst knew about this.

And so she joined the Schönwies luge club. Her career quickly took off, in the truest sense of the word, and she was soon part of the national team and at the forefront of national and international races. F e b r u a r y 1 9 6 4 finally arrived, the year of the first

Winter Olympics in Tyrol and the first time that luge was an Olympic discipline. Most of the athletes - apart from the skiers - didn’t have any media pressure back then. Neither did Thurner: “I didn’t feel any pressure. But I was so convinced of myself anyway: I can do it.” Of course, she knew that she would hardly stand a chance against the GDR lugers. But everything else was open. The team captain, she remembers, simply said: “Move back a little further and you’ll be faster. Just ride.” A t o ta l o f f o u r r u n s had to be completed over

A

s one of ten children in a farming family in Mils near Imst, sports were not a big part of Helene “Leni” Thurner’s life, who was born in 1938. Nonetheless, the village youth enjoyed tobogganing down the path from the church, while the older children went to the neighbouring village of Schönwies and enjoyed the natural track. When young Leni once watched a toboggan race there, she knew straight away: “I can and want to do that too!”

two days. There was a one-day break in between due to warm weather, as the famous Föhn wind played a major role even back then. The Burda publishing house wrote in a special edition about the bobsleigh and luge competitions: “...the ice on the 1063 metre-long run with its 18 turns didn’t stay hard, but melted and flowed towards the finish, not as fast as the sledges, but it flowed - and with it the dream of many lugers.” Not Helene Thurner’s: she took third place behind the GDR athletes Ortrun Enderlein and Ilse Geisler. A sensation. But one that went almost unnoticed. At least it wasn’t noticed in Mils. In 1964, none of the 350 or so inhabitants there had a TV and so the news of Leni Thurner’s bronze medal only spread rather slowly.

F o u r y e a r s l at e r , Helene Thurner took part in another Olympic Games in Grenoble, but was unable to repeat her success in Innsbruck and other races. As she was already 29 years old and had also met her British husband, she finally decided to end her career in Grenoble.

Tirol_Magazin


Schwünge fürs Herz. # m a d e to s h a re

stantonamarlberg.com


Die Olympischen Winterspiele in Innsbruck wurden nicht nur von Presseprofis bildlich festgehalten, sondern auch Hobbyfotografinnen und -fotografen griffen zur Kamera, um die Stimmung und die Veränderungen in der Stadt festzuhalten, wie diese Bilder aus dem Tiroler Photoarchiv (TAP) zeigen.

© ERICH KNEUSSL; SAMMLUNG KNEUSSL/TAP

96 MENSCH

DER REIZ DES NEUEN

Die Innsbrucker Maria-Theresien-Straße im Fahnen-Festschmuck der Olympiade, Jänner/Feber 1964 – die Region leidet allerdings unter akutem Schneemangel und Föhnsturm, das Bundesheer bringt 20.000 Eisblöcke für die Bob- und Rodelbahnen sowie 40.000 m3 Schnee für die alpinen Schneepisten.

Tirol_Magazin


© ARCHIV MUSEUM SCHLOSS BRUCK/TAP

© ERICH KNEUSSL; SAMMLUNG KNEUSSL/TAP

MENSCH

© ERICH KNEUSSL; SAMMLUNG KNEUSSL/TAP

© SAMMLUNG HANS-HERMANN ZWITTNIG/TAP

Das olympische Feuer beim neuen BergiselSchisprungstadion – für die Winterspiele erstmals aus dem antiken griechischen Olympia stammend, Jänner/Feber 1964

97

Ein Eisbär-Erinnerungsfoto von den Olympischen Winterspielen: Flora Zwittnig und Edeltraud Fleissner, Jänner/Feber 1964

Sporthotel Olympia in der Axamer Lizum, Jänner/ Feber 1964 – das Hotel und das Schigebiet werden eigens für die Olympischen Spiele errichtet.

Die von Architekt Hans Buchrainer neu gebaute Olympia-Eishalle, Jänner/Feber 1964

Das für die Olympiade 1964 neu errichtete O-Dorf – kurzfristig für die Unterbringung der Sportlerinnen und Sportler aus aller Welt, langfristig zur Bekämpfung der argen Wohnungsnot in Innsbruck, Aufnahme Jänner/Feber 1964 © ERICH KNEUSSL; SAMMLUNG KNEUSSL/TAP

© ERICH KNEUSSL; SAMMLUNG KNEUSSL/TAP

Ein Nelkenstrauß für den SlalomOlympiasieger von Innsbruck Josef „Pepi“ Stiegler (im weißen Mantel der österreichischen Nationalmannschaft) beim Empfang in seiner Heimatstadt Lienz, Dienstag 11. Feber 1964


© ANDREAS FRIEDLE

Tirol_Magazin

LEBEN

98


Noch bevor die großen Skimarken den Weltmarkt eroberten, boomte der Skibau in Tirol. Es wurde getestet und erfunden. Rund um die ehemaligen Wagner Karl Halhammer und Leopold Vielhaber häuften sich die heimischen Skibauer.

W

enn man bei Kufstein ins Inntal fuhr, egal ob mit der Bahn oder dem Auto, begrüßte einen jahrzehntelang der Stern der Firma Kneissl. Sie galt als Synonym für Skierzeugung „made in Tirol“. Kneissl war zwar der älteste und größte, aber wahrlich nicht der einzige Skibauer Tirols. Einer, der sich tief in die alte Skigeschichte und ihre Geschichten eingearbeitet hat, ist der inzwischen 83-jährige Franz Maislinger, der uns auf einen – gedanklichen – Ausflug in die Sport- und Technikgeschichte des Skis und Marken wie Glungezer, Rebell oder Ober mitnimmt. F r a n z M a i s l i n g e r war selbst jahr-

zehntelang maßgeblich in diesem Metier tätig: Skilehrer, Skischulleiter, Mitbegründer der Glungezer-Lifte, Initiator des Glungezer-Rennservice für den schnellen Pistennachwuchs und nicht zuletzt Gründer der Firma Snoli. Franz Maislinger recherchierte jahr(zehnt)elang zur Skigeschichte Tirols und hat einen Teil davon hier mit uns geteilt.

Skigeschichte Wer mehr über die Skigeschichte erfahren möchte, ist in folgenden Museen gut aufgehoben: • Museum Jenbach www.jenbachermuseum.at • Haus des Gastes, Innsbruck-Igls www.snowsport-igls.com • Museum St. Anton am Arlberg www.museum-stanton.com • Museum Kitzbühel www.museum-kitzbuehel.at

Als solcher entwickelte er zahlreiche Produkte für die Skiservicierung. Von der Feile über spezielle Dübel für Bindungen bis zu einer Maschine, mit der man früher bockharte Lederschuhe „eingehen“ konnte. Mit seinen Produkten belieferte er die großen Markenfirmen quer über den Globus. Sein Unternehmen hat er längst verkauft, doch das Interesse am Thema Ski in seinen hauptsächlich technischen Facetten hat ihn bis heute nicht verlassen. Nicht zuletzt durch seine Freundschaft mit dem ehemaligen Skibauer Karl Halhammer begab sich Franz Maislinger auf die Spuren der früheren Skibauer rund um seine Heimat Absam. Maislinger und Halhammer trafen sich nicht nur dafür regelmäßig am Stammtisch – bis Halhammer im Frühjahr 2023 im 98. Lebensjahr leider verstarb. Ski und Rodeln s tat t Wa g e n r ä d e r .

Karl Halhammer ist gewissermaßen das Zentrum, um das sich im Raum Hall und Innsbruck alles drehte. Karl Halhammer sen. erwarb 1923 in Hall die Wagnerei Engl. Mit dem Siegeszug des Automobils befand sich das Geschäft

99 LEBEN

DIE BRETTERSCHMIEDE TIROLS


100 LEBEN

„AUF EINEM ANGERER-SKI HABE ICH DIE STAATLICHE SKILEHRERPRÜFUNG GEMACHT.“ Franz Maislinger

mit hölzernen Rädern auf dem absteigenden Ast, Kutschen und Fuhrwerke verschwanden. Als neue Geschäftszweige kamen allerdings alsbald der Bau von Rodeln und Skiern hinzu. D i e e r s t e n S k i waren im wahrsten

Franz Kneissl mit Schurz und Krawatte, noch vor Beginn seiner Skibauerkarriere

Siegfahrer auf Kneissl-Ski: Der Abfahrts-Olympiasieger von 1980, Leonhard „Leo“ Stock

Sinne noch „Latten“ aus Eschenholz, statt eines Belages wurde die Unterseite geteert. Später sattelte Halhammer auf Hickory-Holz um, das vom Jenbacher Albert Bockstaller exklusiv aus den USA importiert wurde. Seit 1930 hatten die Skier sogar Kanten und liefen unter dem Namen Nordtirol. Am 15. März 1936 sprang Josef „Bubi“ Pradl mit einem eigenen Halhammer-Sprungski als erster Mensch auf der neu eröffneten Sprungschanze in Planica, damals Jugoslawien, beim „sensationellen Meeting der fliegenden Menschen“, wie es in Sport-Tagblatt hieß, über 100 Meter. Konkret landete er bei 101. Der Zweite Weltkrieg brachte dem Haller Unternehmen gute Aufträge der Wehrmacht, Sohn Karl jun., der zur Armee eingezogen worden war, allerdings auch eine Verwundung am Knie. Diese entpuppte sich als Glück im Unglück – wie er in alten Jahren am Stammtisch immer wieder gerne erzählte. Da Karl Halhammer jun. für den Dienst an der Front nicht mehr tauglich war, kam er in eine Skiwerkstätte der Wehrmacht nach Misurina in den Dolomiten. Dort wurde er schlicht vergessen und lebte in einem Grandhotel trotz schwerer Kriegszeiten nicht schlecht. A b 1 9 5 0 wurde in der Firma Hal-

hammer der erste Mehrschichten-Ski erzeugt, das Modell Glungezer war geboren. Er bestand aus zwölf bis Tirol_Magazin


Tiroler Know-how in Schottland.

Ein anderer Wagner, der in Hall erfolgreich auf die Skiproduktion umstieg, war Leopold „Leo“ Vielhaber. Vielhaber war eigentlich aus Niederösterreich, soll aber, als er im Ersten Weltkrieg an die Südtiroler Front fuhr, einen Blick auf das niedliche Städtchen Hall geworfen und gesagt haben: „Wenn der Krieg aus ist, lasse ich mich hier nieder.“ Gesagt, getan.

V i e l h a b e r a r b e i t e t e nach seiner Rückkehr zuerst bei der Innsbrucker Firma Engel und wurde dann – wie er in einer Werbeanzeige von sich selbst sagte – „erste Kraft bei Halhammer“. Schließlich machte er sich selbstständig, eröffnete 1933 in der Mustergasse 5 in Hall eine Wagnerei und begann ebenfalls mit dem Bau von Skiern. Seine beiden Söhne traten nach dem Zweiten Weltkrieg in die Fußstapfen des Vaters: Leopold jun. ging nach Aviemore in Schottland und baute dort von 1966 bis 1986 „exclusive skis from Scotland“, Sohn Josef übernahm 1972 mit 19 Jahren den väterlichen Betrieb. 1988 nahm er die Skierzeugung ein letztes Mal wieder auf und fertigte mit dem „Adventure Vielhaber“ in einer exklusiven Auflage von 50 Stück Skier aus Titanal, die alle vor dem Erscheinen bereits verkauft waren.

O

b Skilauf, Eissport, Rodeln oder Winterwandern: Auch in der kalten Jahreszeit sind Freizeit- und Profisportler*innen gerne in der Tiroler Natur unterwegs. Wie bei allen sportlichen Betätigungen ist der gesundheitliche Nutzen groß. Dennoch kann es auch zu unerwarteten Verletzungen kommen, hauptsächlich im Bewegungsapparat. Knie- und Schulterverletzungen führen die Liste der Sportunfälle an. Zur medalp bei Verletzungen und Schmerzen.

Wenn es zu einem Unfall kommt, ist es besonders wichtig, dass die Versorgungskette lückenlos funktioniert und dass es vor allem schnell geht, bis die Diagnose gestellt und die Behandlung begonnen werden kann. Beginnend bei den Erstretter*innen über die Allgemeinmediziner*innen vor Ort bis zu den medizinischen Fachleuten der medalp arbeiten alle Beteiligten lückenlos Hand in Hand. Bei schwerwiegenden Verletzungen kommt der Helikopter zum Einsatz und Notärzt*innen entscheiden vor Ort rasch und kompetent über die weiteren Schritte. D u r c h e i n e s c h n e l l e Abklärung mittels klinischer

Untersuchung, Bildgebung und MRT direkt in der medalp wird sofort Klarheit über das Ausmaß der Verletzung geschaffen und die Behandlungsoptionen können umfassend mit den Patient*innen besprochen werden. Sollte ein chirurgischer Eingriff notwendig sein, kann dieser zeitnah und, wo immer möglich, minimalinvasiv durchgeführt werden. Damit werden Heilungsprozess und Rehabilitation gefördert. Vo n d e r D i a g n o s e z u r R e h a l ü c k e n l o s e s Pat i e n t e n e r l e b n i s .

In vielen Fällen wird nach dem Eingriff ergänzend eine physiotherapeutische Behandlung empfohlen. In den medalp-Einrichtungen stehen hierfür mit den behandelnden Ärzt*innen bestens vernetzte Therapeut*innen zur Verfügung, die den Patient*innen ein individuell abgestimmtes Therapieprogramm anbieten. Dadurch lässt sich die Zeit von der Verletzung bis zur Wiederherstellung oft entscheidend verkürzen. w w w. m e d a l p. at

101

In der medalp werden medizinische Dienstleistungen auf höchstem Niveau an fünf Standorten in Tirol erbracht.

LEBEN

15 verleimten Schichten aus Esche und Hickory. Kanten und Oberkanten, Endenschutz und Spitzenschoner wurden nur auf Kundenwunsch montiert. Eine Besonderheit waren die Halhammer’schen Kurzskier, die sich vor allem bei Expeditionen in den Himalaya bewährten. Die Haller Ski wurden in die USA, nach Kanada und sogar bis Japan exportiert. 1961 wurde der erste Metall-, 1963 der erste Kunststoffski gebaut. Doch inzwischen war die Konkurrenz im In- und Ausland immer größer geworden, sodass 1979 der letzte Halhammer-Ski aus der Fabrik in der Haller Stolzstraße ging. In Spitzenzeiten waren dort jährlich von den 40 Mitarbeitern rund 18.000 bis 20.000 Paar Ski produziert worden.

In besten Händen


102 LEBEN

Der Rennbelag f ü r d i e S k i s ta r s .

Fa s t a l l e a u s e i n e m S ta l l .

Ein eigenes Kapitel der Skigeschichte schrieben die Beläge. Ursprünglich hatten die Ski einfach eine hölzerne, gehobelte und lackierte Unterseite. Später testete man alle möglichen Varianten: Gummi, Kunsthorn, Phenolharz, Glasfaser … Auch der Tiroler Chemiker Walter Kofler macht sich seine Gedanken und entwickelt einen Belag aus gewebekaschiertem Polyäthylen, den er 1952 unter dem Namen „Kofix“ zum Patent anmeldet. Angeblich ging die Suche nach dem richtigen Belag auf Koflers Mutter zurück, die unzufrieden war, weil der Bub bei Skirennen nicht ausreichend erfolgreich abschnitt. Wie auch immer: Der Belag wurde im wahrsten Wortsinn der Renner. 1957 fuhr die gesamte österreichische Alpin-Nationalmannschaft Skier mit Kofix-Belag: Toni Sailer, Andreas „Anderl“ Molterer, Egon Zimmermann, Josef „Josl“ Rieder, Pepi Gramshammer. Es waren die klingendsten Namen der damaligen Zeit. Bis Mitte der 1960er-Jahre blieb der Kofix-Belag das Nonplusultra, wurde dann aber vom Schweizer P-Tex-Belag abgelöst. Kofler baute auch seine eigenen Ski aus Vollplastik, die unter dem Namen „Rebell“ bekannt wurden.

Aus dem Skistall von Halhammer kamen noch zahlreiche weitere Hersteller der Nachkriegsjahre: So etwa die Firma Unsinn in Thaur. Romed Unsinn sen. lernte bei Halhammer das Skibauen und machte sich zu Beginn der 1960er-Jahre selbstständig. Er entwickelte eine eigene hydraulische Maschine zum Pressen der Skischichten mit 36 Zylindern. Die war so begehrt, dass sie ihm der „große Kneissl“ in Kufstein sogar abkaufen wollte. Er musste aber unverrichteter Dinge wieder abziehen. Nach dem Ende der Skiära widmete sich Romed Unsinn jun. der Malerei und Kunsttischlerei. Ebenfalls aus der Schule von Halhammer und Vielhaber kam Albin Pfanzelter aus Absam, der bis in die 1970er-Jahre Ski produzierte. Auch er verwendete dafür den Kofix-Belag. Seine Nachkommen haben sich auf 3-D-Druckverfahren und Simulatoren spezialisiert. Olga Pall indes fuhr auf einem Ski von Alois Angerer aus Mils 1968 zum Olympiasieg und auch Franz Maislinger verbindet mit ihm persönliche Erinnerungen: „Auf einem Angerer-Ski habe ich die staatliche Skilehrerprüfung gemacht.“ Und nicht zuletzt ist da noch August „Gustl“ Fischnaller, der bei Halhammer in die Lehre und danach ein paar Jahre wie Leopold Vielhaber jun. nach Schottland ging. Dort betrieb er von 1970 bis 1975 in Glenshee, damals wie heute Schottlands größtem Skigebiet, eine Skischule und baute nebenbei Ski. Rund 50 Stück pro Jahr. Nach seiner Rückkehr aus Schottland war Fischnaller zeitweise Skilehrer bei Fritz Beier in Igls, der seinerseits Erfinder der Arado-Skibindung war.

Ski selber bauen Das Team von SPURart bietet in seiner Produktionsstätte in Innsbruck die Möglichkeit, sich im Zuge eines Ski- und SnowboardbauWorkshops sein Equipment selbst zu bauen. Unter professioneller Anleitung entstehen an nur einem Wochenende Skier, Snow- oder Splitboards nach persönlichen Designvorstellungen. Gearbeitet wird in Kleingruppen mit maximal acht Teilnehmern, handwerkliche Vorkenntnisse braucht es keine. Natürlich kann man handgefertigte Skier, Snowboards und Splitboards auch fertig kaufen. Weitere Infos und Anmeldemöglichkeiten zum Workshop unter www.spurart.at.

S o l i e s s e s i c h die Reihe der Tüftler

Gustl Fischnaller, einer der wenigen noch lebenden Skibauer

Die Familie Pfanzelter aus Absam baute bis in die 1970er-Jahre Ski

Tirol_Magazin

und Entwickler wohl noch eine ganze Weile fortsetzen. Am Ende blieb Kneissl als solitärer Stern am Tiroler Skibauer-Himmel über, auch wenn diesem im Lauf der Jahre der eine oder andere Zacken abbrach. U w e _ S c h w i n g h a m m e r


103 LEBEN

Die Spannagel 2.530 m

Höhle

Das Wintererlebnis für Fußgänger und Skifahrer am Hintertuxer Gletscher.

hintertuxergletscher.at


TYROL‘S SKI FORGE

Long before the big ski brands conquered the world market, ski manufacturing was booming in Tyrol.

F

or decades, the Kneissl company was synonymous with ski production “made in Tirol”. Kneissl was the oldest and largest, but certainly not the only ski manufacturer in Tyrol. One person who has delved deep into the history of skiing and its stories is the now 83-year-old Franz Maislinger, who takes us on an - intellectual - journey into the sporting and technical history of skis. Maislinger himself was significantly involved in this profession for decades: Ski instructor, ski school director, co-founder of the Glungezer lifts, initiator of the Glungezer racing service for up-and-coming skiers and, last but not least, founder of the Snoli company. As such, he developed numerous products for ski servicing. He sold his company a long time ago, but his interest in skiing has remained with him to this day.

© ANDREAS FRIEDLE

104 LIFE

ENGLISH

English Summary

K a r l H a l h a m m e r is at the centre of the ski histo-

ry. Karl Halhammer Sr. acquired the Engl wainwright’s workshop in Hall in 1923 and soon added the construction of toboggans and skis to his business. While the first skis were literally still “slats” made of ash wood, a lot changed very quickly. From 1950, the Halhammer company produced the first multi-layer skis - the Glungezer model was born. Halhammer’s short skis were a speciality, which proved particularly successful on expeditions to the Himalayas. When the competition finally became too great, the last Halhammer skis left the factory in the street Stolzstraße in Hall in 1979. A f t e r w o r k i n g as a salesman for Karl Halhammer

Sr., Leopold “Leo” Vielhaber set up his own business in Hall in 1933 and also dedicated himself to building skis. His sons followed in their father’s footsteps after the Second World War: Leopold Jr. went to Aviemore in Scotland and built “exclusive skis from Scotland” from 1966 to 1986. His son Josef took over his father’s business in 1972 at the age of 19. In 1988, he resumed ski production for the last time and produced an exclusive edition of 50 pairs of the “Adventure Vielhaber”.

Meanwhile, Tyrolean chemist Walter Kofler developed a polyethylene base, which he patented in 1952 under the name “Kofix”. In 1957, the entire Austrian national alpine skiing team skied with Kofix bases, and they remained unrivalled until the mid-1960s. H a l h a m m e r ’ s s k i s ta b l e produced numerous

other manufacturers in the post-war years, including Romed Unsinn Sr. from Thauren, Albin Pfanzelter from Absam and, most recently, August “Gustl” Fischnaller. This list could probably go on for quite some time.

Tirol_Magazin


· GEWINNSPIEL ·

HIMMLISCH

SCHLAFEN Z I R B E N B E T T I M W E RT VON € 4.990,- GEWINNEN!

! e m scan

WWW.ALPENZON.COM


106 LEBEN

Tirol_Magazin


Der Tiroler Zukunfts- und Trendforscher Andreas Reiter beschäftigt sich mit dem Morgen, das schon jetzt beginnt. Im Interview spricht er über die Welt als Reallabor, die dramatische Verlagerung von Tourismusströmen samt neuer Ferienordnung.

Wie definieren Sie Zukunft? Und wann fängt sie an? A n d r e a s

R e i t e r : Ich definiere Zukunft als eine Ansammlung von Möglichkeitsräumen, die wir uns als Menschen selbst schaffen. Vom Zeithorizont her beginnt die Zukunft in dem Moment, in dem wir an sie denken und sie vorbereiten. So gesehen befinden wir uns also genau jetzt mitten in der Zukunft. Im Oktober wurde der Nobelpreis an den ungarisch-österreichischen Physiker Ferenc Krausz verliehen, der – grob formuliert – in einem Labor an Lichtimpulsen forscht. Wie und wo forscht man aber an der Zukunft? Im Grund ge-

nommen ist hier die Welt das Labor, das keinen Begrenzungen unterliegt. Die Zukunft muss man dabei als Fiktion begreifen, als eine Vorstellung, die in den Köpfen der Menschen entsteht und im besten Fall als gemeinsames Bild weiterentwickelt wird. Gerade viele junge Menschen blicken angesichts des nicht mehr zu leugnenden Klimawandels sor-

FOTOS: © OLIVER WOLF

„DER HERBST IST DER NEUE SOMMER. DIE ENTWICKLUNG EINER NEUEN FERIENLÖSUNG IST ALSO EIGENTLICH UNUMGÄNGLICH.“ Andreas Reiter

genvoll auf die Welt von Morgen. Haben auch Sie manchmal Angst vor der Zukunft? Wenn man an die

aktuellen politischen Entwicklungen denkt, in denen jederzeit alles möglich ist, dann gibt es natürlich auch bei mir Momente, in denen ich mir Sorgen mache. Man muss sich ja nur vorstellen, was passieren würde, wenn Donald Trump wiedergewählt werden würde. Das könnte im Worst Case bedeuten, dass die Unterstützung für die Ukraine eingestellt, die NATO zum Feindbild stilisiert würde und dieses kleine Europa auf sich allein gestellt wäre. Aber auch die Entwicklungen rund um Wladimir Putin und der brutale Israel-Palästina-Krieg können katastrophale Folgen nach sich ziehen. Keine Frage: Die Welt war nie entspannt, aber gerade jetzt befinden wir uns in einer sehr unentspannten Periode. Wie gehen Sie mit etwaigen sorgenvollen Momenten um? Die welt-

politische Lage kann ich nicht steuern. Deshalb konzentriere ich mich auf die Dinge, die ich tatsächlich beeinflussen kann und wo ich in meinem Wirkungs-

107 LEBEN

„DER HERBST IST DER NEUE SOMMER“


108 LEBEN

„FÜR DIE ZUKUNFT MUSS DAS ZIEL SEIN, EINEN POSITIVEN IMPACT FÜR DIE WELT VON MORGEN ZU SCHAFFEN. UND DAS GEHT NUR MITEINANDER.“ Andreas Reiter

umfeld Schritte setzen kann, die ich für gut und richtig halte.

Als Zukunftsforscher beschäftigten Sie sich schon seit geraumer Zeit mit der Entwicklung des Tourismus. Wohin werden unsere Reisen gehen, wenn die altbekannten Feriendestinationen im Sommer von Hitzewellen und im Winter von Schneearmut geprägt sind? Sie sprechen hier ein zentrales

Thema an, das man in meiner Wahrnehmung gerade in Hardcore-Tourismusländern wie Tirol gerne ein wenig auf die Seite schiebt. Hier ist man es gewohnt, dass man seit jeher tolle Winter hatte, und scheint davon auszugehen, dass das – abgesehen von ein paar Abstrichen – auch immer so weitergehen wird. Über die Tatsache, dass es nun fundamentale Veränderungen gibt, schwindelt man sich vielerorts hinweg. Die Volatiliät der Schneesicherheit hat zwar dazu geführt, dass man sich Gedanken über die Entwicklung des Wintertourismus macht, aber was man nicht auf dem Zettel hat, ist der Sommer. Im Mittelmeerraum ist der Sommertourismus ja bislang immer recht reibungslos gelaufen. Waldbrände, Dürrekatastrophen und Überschwemmungen sind eigentlich erst jetzt zum Thema geworden. Langfristig bedeutet das aber, dass wir auf eine dramatische Verschiebung der Tourismusströme zusteuern, die vom Süden nach Norden gehen werden. Über kurz oder lang wird kein Mensch mehr bei Temperaturen jenseits der 40 Grad

Zur Person Der gebürtige Innsbrucker Andreas Reiter (geb. 1958) ist Zukunfts- und Trendforscher mit Schwerpunkt Tourismus. Der weitgereiste Asien-Fan hat in Innsbruck und München Französisch, Spanisch und Soziologie studiert und arbeitete zunächst bei der Bayerischen Rückversicherung in München, wo er sich intensiv mit Risikoforschung beschäftigt hat. 1996 gründete er in Wien das Zukunftsbüro ZTB, das Unternehmen, Kommunen und Destinationen in Zukunftsfragen berät. Überdies ist der passionierte Großstädter, dessen Lebensmittelpunkt seit mehr als 30 Jahren in Wien liegt, als Lehrbeauftragter an der Donau-Universität Krems und am MCI Innsbruck aktiv. Reiters Metier ist das Morgen, auf das er ohne eigenes Auto zusteuert. In seiner Vergangenheit hat er aber auch Essays über Tirol und Tiroler verfasst und anno 1986 beim Ingeborg-Bachmann-Preis teilgenommen.

Tirol_Magazin

im Mittelmeerraum urlauben wollen. Zumindest nicht im Sommer, sondern vermehrt im Herbst und im Frühling. Aber das stellt natürlich ein Problem für die Familienurlaube dar, die ja zeitlich an die großen Ferien gebunden sind. Und einen Sommerurlaub in den Niederlanden, Skandinavien oder dem Baltikum kann sich nun einmal nicht jeder leisten. Müsste man sich dann überlegen, die Ferien in den Herbst oder ins Frühjahr zu verlegen, damit das Reisen nicht zum unerschwinglichen Luxusgut wird? So ist es! Die

aktuellen Entwicklungen verlangen eine komplette Neuordnung der Ferienaufstellung. Hier ist der springende Punkt, dass nicht jedes Land sein eigenes Süppchen kochen kann, sondern eine europäische Lösung gefragt ist. Fakt ist: Der Herbst ist der neue Sommer. Die Entwicklung einer neuen Ferienlösung ist also eigentlich unumgänglich. Aber dann kommt das nächste Problem: Was machen unsere Kinder im Sommer? Sitzen die dann im Juli und August bei 35 Grad schwitzend in unklimatisierten Klassenzimmern? Auch hier sind Anpassungsnotwendigkeiten gefragt. Was bedeutet diese Entwicklung für das Tourismusland Tirol? Muss der Fokus vom Skiabenteuer auf die Sommerfrische verlegt werden? In

meinen Augen schon. Aber mit dieser Meinung ecke ich in Tirol auch durchaus an, da wir hier nach wie vor eine


Seit über 130 Jahren eines der schönsten Kaffeehäuser Europas und der centrale Treffpunkt in Innsbruck

Erlerstraße 11 · A-6020 Innsbruck · Tel: +43 512 5920 · www.central.co.at


110 LEBEN

„VOM ZEITHORIZONT HER BEGINNT DIE ZUKUNFT IN DEM MOMENT, IN DEM WIR AN SIE DENKEN UND SIE VORBEREITEN.“ Andreas Reiter

traditionelle Skiwirtschaft haben und die Wertschöpfung im Winter bislang unvergleichlich höher als im Sommer war. Aber da wird sich etwas verändern müssen. Gerade bei Seilbahnleuten ist hier aber meist noch eine alte Garde am Ruder, die lieber dem traditionellen Weg folgt und sich Innovationen verschließt. Doch ich bin überzeugt, dass die junge Generation verstanden hat, dass hier ein Umdenken notwendig ist. Der Sommer wird nämlich viel wichtiger als der Winter werden. Gehen wir zurück in Ihre Vergangenheit. Sie sind in Innsbruck aufgewachsen, wo einem die Enge des Inntals fast zwangsläufig den

Weitblick versagt. Hat Sie dieses Setting dazu motiviert, Ihren Horizont erweitern zu wollen? Das

ist eine gleich persönliche wie auch gemeine Frage. Sie haben Recht: Die große Weitsicht kann man im Inntal ja nicht gerade gewinnen. Und ich persönlich wollte schon immer hinaus in eine Umgebung, die offener und großstädtischer ist – und das ist für mich nun einmal keine Berggegend. Gelandet sind Sie in Wien. Haben Sie hier die gewünschte Weitsicht gefunden? Ich warne davor, dass in

einer Großstadt alle open minded und am Land alle beschränkt sind. So ist das nicht! Aber ich bin vom Typ her

nun einmal ein Städter und schätze Großstädte, die Inspiration und Vielfalt mit sich bringen und wo man auf unterschiedliche Perspektiven und Möglichkeiten trifft. Ehrlich gesagt, ist mir dahingehend manchmal auch Wien zu klein. Sie haben in Innsbruck und München Spanisch, Französisch und Soziologie studiert. Was hat Sie dann dazu bewogen, sich ins Feld der Zukunftsforschung zu wagen? Ich habe nach meinem

Studium noch eine Zeit lang in München gelebt und war dort bei einer Rückversicherung angestellt. Diese versichern Versicherungen in Bezug auf große Risiken wie Naturkatastrophen oder Reaktorunfälle. Ich habe mich also mit der Risikoforschung beschäftigt und mich damit auseinandergesetzt, wie das Neue in die Welt kommt – auf positive wie negative Art. Das war wohl auch die Inspiration für die Zukunftsforschung. Wie sieht für Sie eine erstrebenswerte Zukunft aus? Für eine

erstrebenswerte Zukunft brauchen wir ein Gesellschaftsmodell, das inklusiv ist und dadurch möglichst viele Leute miteinschließt. Wir brauchen aber auch ein Gesellschaftsmodell, das regenerativ ist und sich damit an enkeltauglichen Modellen orientiert. Es muss das Ziel sein, einen positiven Impact für die Welt von morgen zu schaffen. Und das geht nur miteinander. C h r i s t i a n e _ Fa s c h i n g Tirol_Magazin


FORUM MUSEUM

Illustrationen: Amber Catford

TIROLER-L ANDESMUSEEN. AT

FESTIVAL ZUM AUFBRUCH

23.11.23 – 31.1.24 FERDINANDEUM


112 LIFE

ENGLISH

English Summary

„AUTUMN IS THE NEW SUMMER“ Tyrolean futurologist and trend researcher Andreas Reiter focusses on the future.

I

nnsbruck-born Andreas Reiter is a futurologist and trend researcher specialising in tourism. He founded his futurology office ZTB in Vienna in 1996. “I define the future as a collection of possible spaces that we create for ourselves as human beings. In terms of the time horizon, the future begins the moment we think about it and prepare for it. In that sense, we are in the middle of the future right now,” he says. The future of tourism.

In terms of tourism, Andreas Reiter expects new seasons due to summer heatwaves and winters with little snow: “In the Mediterranean region, summer tourism has been pretty smooth so far. Forest fires, drought disasters and floods have only just become an issue. In the long term, however, this means that we are heading for a dramatic shift in tourism flows, which will move from the south to the north. Sooner or later, no one will want to go on holiday in the Mediterranean at temperatures above 40 degrees. At least not in summer, but increasingly in autumn and spring.”

F o r T y r o l , this means shifting the focus a la longue

from skiing adventures to summer holidays: “I am certain that the younger generation has realised that a rethink is necessary here. Summer will become much more important than winter.” W h at t h i s s h i f t will also entail is a complete re-

organisation of the holiday schedule, Reiter believes: “The fact is: autumn is the new summer. So developing a new holiday solution is actually unavoidable.” This will require adjustments in schools, because having children sit in non-air-conditioned classrooms sweat-

ing at 35 degrees in July and August is not very effective. Thus, it remains exciting. T h e o n ly way i s t o g e t h e r .

The passionate city dweller, who chooses not to own a car, has very clear ideas about what a generally prosperous tomorrow looks like:

“ F o r a d e s i r a b l e f u t u r e , we need a social model that is inclusive and therefore includes as many people as possible. But we also need a model of society that is regenerative and therefore orientated towards models that are suitable for grandchildren. The goal must be to create a positive impact for the world of tomorrow. And we can only do that together.”

Tirol_Magazin


113 AURA KARWENDEL

A good place for you

ergangenheit trifft auf GegenV wart. Ein Haus mit Geschichte und Geschichten, inmitten der Natur am Tor zum Karwendel und dennoch ganz zentral gelegen. Daraus haben die weltoffenen Gastgeber einen Ort zum Wohlfühlen geschaffen. Einen stilvollen Rückzugsort, einen Platz, um eine gute Zeit zu verbringen, einen Ort für Gäste, Locals und auch für die eigene Familie.

© FELIX PRANTL

Das AURA Karwendel als Begegnungsort zwischen verschiedenen Welten.

D a s m i t v i e l L i e b e zum Detail sa-

nierte und erweiterte „Parzerhaus“ im Dorfzentrum von Scharnitz erstrahlt in neuem Glanz, verbindet Altes mit Neuem und bietet bis zu 24 Gästen aus aller Welt Platz. Genau hier soll auch zukünftig Geschichte geschrieben werden – mit unvergesslichen Urlaubstagen, ausgewählten Veranstaltungen oder dem

„Ich möchte das AURA Karwendel zu einem unaufgeregten, aber inspirierenden Begegnungsort zwischen verschiedenen Welten machen und versuchen, aus dem Erbe meiner Familie einen Platz des guten Geschmacks zu entwickeln. Ich habe mein ganzes Leben lang mit ausgezeichneten Designern und Künstlern gearbeitet und möchte hier meine Erfahrungen teilen und weiterentwickeln. Es freut mich, wenn unsere Gäste und Freunde aus aller Welt und der Region diese Aura spüren und begeistert sind“, sagt Besitzer und Betreiber Thomas Prantl.

ENTGELTLICHE EINSCHALTUNG / FOTOS: AUSSEN: WOLFGANG RETTER, INNEN: JENNY HAIMERL

Kennenlernen besonderer Menschen. Ob Salongespräche, Genussworkshops, eine Familienfeier, Firmenevents, YogaRetreats oder eben nur eine gute Zeit verbringen. A good place to be.

AURA Karwendel Innsbrucker Straße 226, 6108 Scharnitz booking@aurakarwendel.com www.aurakarwendel.com Follow us on Instagram


114 PROMOTION

Architektur mit eigenem Design Network Die Architektur von Jürgen Kitzmüller lebt von dessen individuellen Entwürfen und den hochwertigen Materialien, welche ausgewählte Handwerkskünstler seit vielen Jahren in seinem Sinne mit höchster Präzision verarbeiten. Sein Architekturbüro hat er nun um außergewöhnliche Designwelten erweitert.

m seinen Kunden und Designliebhabern exkluU sive Interior-Designlösungen hautnah anbieten und auch präsentieren zu können, hat Architekt Jürgen Kitzmüller gemeinsam mit seiner Geschäftspartnerin Stefanie Keller ein Design Network gegründet und zwei beeindruckende Schauräume im nahen Umfeld seines Architekturbüros in Absam gestaltet. Über die Grenzen des konventionell Machbaren hinaus werden hier außergewöhnliche Designwelten für anspruchsvolle Kunden geschaffen. „Die Abgrenzung zwischen meiner Architektur und dem Interiordesign war immer etwas schwierig. Mit den beiden neuen Marken

und vertrauten Netzwerkpartnern können wir nun gemeinsam alles aus einer Hand anbieten“, so Architekt Jürgen Kitzmüller. Everything is possible.

Im beeindruckenden Gebäudekomplex der ehemaligen Spinnerei in der Rhombergstraße in Absam ist nun das Architekturbüro Seite an Seite mit dem neuen Design Network ALIVA und der Handelsagentur für Möbel und Accessoires HUVILA angesiedelt. 50 ausgewählte Netzwerkpartner aus der Region und darüber hinaus, aus den


Jürgen Kitzmüller

Bereichen Handwerk, Beleuchtung, Interiordesign, Technik, Farbgestaltung, Textilien und mehr zeigen gemeinsam, was im Bereich hochwertiger Raumausstattung alles möglich ist, und können Designträume verwirklichen.

B e s o n d e r s K u n d e n aus den Bereichen Hotellerie

und Gastronomie, dem hochwertigen Einzelhandel und anspruchsvolle Privatkunden schätzen das „Alles aus einer Hand“-Konzept und vertrauen auf höchste Qualität, Individualität und Wertschätzung. Architekt Jürgen Kitzmüller hat es geschafft, Synergien perfekt miteinander zu kombinieren, die Grenzen zwischen Architektur und Design zu öffnen und die Bereiche miteinander zu verschmelzen. Zusätzlich wird es demnächst eigene Brands geben, die wiederum höchst kreative Lösungen anbieten können. A L I VA D e s i g n N e t w o r k .

Im ALIVA-Schauraum auf 800 Quadratmetern kommt man als Besucher aus dem Staunen nicht heraus. Über einen langen Gang, entlang dessen Seiten sämtliche Netzwerkpartner präsentiert werden, taucht man in die Welt des hochkarätigen Interiordesigns ein. Bis ins letzte Detail ausgeklügelte Lösungen von höchster Qualität machen klar, dass hier fast nichts unmöglich ist. Als Kunde kann man sich mit allen Sinnen von der hohen Qualität sämtlicher Oberflächen und Objekte überzeugen und das wunderbare Ambiente in Ruhe auf sich wirken lassen. Egal ob geselliger Wohnbereich, Küche, Büro, Schlafzimmer oder Bad – es findet sich zu jedem Thema der dementsprechend gestaltete Bereich. Vom eigens angefertigten Möbelbeschlag bis zum Lederboden beeindrucken und erfreuen alle ausgestellten Objekte das Herz eines jeden Schöngeistes. HUVILA Möbel & Accessoires.

In einem direkt benachbarten Gebäude des Haupthauses sind in einem Showroom, unter einem wunderschönen alten Ziegelgewölbe, ausgewählte Möbel und ENTGELTLICHE EINSCHALTUNG / FOTOS: CHRIS HASIBEDER

Accessoires der Handelsagentur HUVILA präsentiert. Liebevoll und sehr einladend gestaltet, können Kunden hier aus einer Fülle von Objekten im modern alpinen Style schöpfen. Alle außergewöhnlichen Möbel und Accessoires, die man im Showroom vorfindet, kann man auch sofort mitnehmen. Sollten Kunden in Bezug auf Materialien, Form und Farbe speziellere Wünsche haben, werden in ansprechenden Katalogen unzählige weitere Produkte gezeigt, die man unkompliziert bestellen kann. C at e r i n a _ M o l z e r - S a u p e r w w w. k i t z m u e l l e r - a r c h i t e k t u r . at w w w. a l i va - d e s i g n . n e t w w w. h u v i l a . at

Kitzmüller Architektur ZT GmbH Rhombergstraße 9, 6067 Absam Tel.: 05223/43 644 kitzmueller@kitzmueller-architektur.at www.kitzmueller-architektur.at

115 KITZMÜLLER ARCHITEKTUR

„MIT DEN NEUEN MARKEN UND VERTRAUTEN NETZWERKPARTNERN KÖNNEN WIR NUN GEMEINSAM ALLES AUS EINER HAND ANBIETEN.“


116 LEBEN

EINE FRAGE DER ÄHRE Seit gut 30 Jahren verändert sich das Bild des Landes. Das Comeback des Getreideanbaus macht es körniger und bunter. Parallel zum wachsenden Bewusstsein gegenüber dem Guten, Gesunden und Nahen wächst die Vielfalt auf den Tiroler Feldern. Mit dem Anbau von Roggen, Weizen, Hafer, Gerste und vor allem auch des Dinkel kehren einige Bauern zu ihren Wurzeln zurück. Und befeuern einen ährlichen Kreislauf. Fotos: Isabelle Bacher

G

eht es um Gesundes, taucht sie auf wie das Amen im Gebet. Ihr Superheldinnen-Umhang war der Habit der Benediktinerinnen und weit über 800 Jahre nach ihrem Tod werden ihre Heilrezepte auf und ab zelebriert, was wohl als Hinweis auf deren Wirksamkeit gewertet werden darf. Hildegard von Bingen, diese Superfrau des Mittelalters, hat ziemlich viel Wissen hinterlassen und eines ihrer wiederkehrenden Mantras nannte sie „Viriditas“. Damit bezeichnete die Äbtissin die grünende Kraft in der Natur, eine Art Grundkraft, die Menschen, Tieren, Pflanzen und Mineralien innewohnt. Für Hildegard von Bingen war Viriditas eine geheimnisvolle göttliche Kraft, die lebensnotwendig und auch Grundlage jeder Heilung ist. Z u e i n e r A r t seherischen Frontfrau

der Moderne wird die 1179 verstorbene Clevere durch ihre Überzeugung, dass diese Grundkraft durch monotone Tätigkeiten geschwächt wird und ein Spazier-

„DINKEL IST DAS BIOGETREIDE SCHLECHTHIN. DER DINKEL IST WENIGER ANSPRUCHSVOLL ALS WEIZEN – VOM ACKER HER UND DER PFLEGE.“ Christina Ritter

Tirol_Magazin

gang in der Natur sie wieder auffrischen kann. Wer das Wissen um die heilsame Wirkung eines Waldbades als neu bezeichnet und diesbezügliche Studien mit einem überraschten „wow“ liest, wird damit flott eines Besseren belehrt und wohl auch ein wenig hellhöriger gegenüber den Erkenntnissen der Universalgelehrten, deren Grünkraft-Küche vielerlei Zutaten und vor allem ein Getreide prägt: Dinkel. „Der Dinkel ist das beste Getreide, es ist warm, nährend und kräftigend; und es ist milder als die anderen Getreidearten. Der Dinkel bereitet dem, der ihn isst, rechtes Fleisch und Blut, er macht frohen Sinn und Freud im Gemüt“, sagte Hildegard. „ A l s i c h k l e i n wa r , gab es auf der

einen Seite dieses giftige Essen – extra künstlich, viele Farben, viele Zusätze“, sagt Christina Ritter. Auf der anderen Seite habe es die extrem ökologische Schiene gegeben, zu der Christina schmunzelnd feststellt: „Da hat es dir aus den Ohren rausgestaubt vor lauter gsund. Meine Mama tendierte eher zu


117 LEBEN Die Körner des genügsamen Dinkels sind Kraftpakete. Sie enthalten alle acht essenziellen Aminosäuren und mehr Spurenelemente als der Weizen.


118 LEBEN

„DER DINKEL IST DAS BESTE GETREIDE, ES IST WARM, NÄHREND UND KRÄFTIGEND; UND ES IST MILDER ALS DIE ANDEREN GETREIDEARTEN. DER DINKEL BEREITET DEM, DER IHN ISST, RECHTES FLEISCH UND BLUT, ER MACHT FROHEN SINN UND FREUD IM GEMÜT.“ Hildegard von Bingen

dieser Seite.“ Die Tendenz der Mama – Hanni Danzl – wurde durch das Gespür des Papa – Josef Danzl – ergänzt, der ebenso früh und auf alle Fälle früher als viele andere Bauern des Landes davon überzeugt war, dass da „irgendwas nicht ganz richtig läuft“ auf den Feldern und um sie herum. Die außergewöhnliche Kombination aus kritischem Bewusstsein und der praktischen Möglichkeit, „es“ besser zu machen, war nicht nur Grundlage dafür, dass die Landwirtschaft der Familie – der Röglhof in Kramsach – zu einem der ersten Bio-Betriebe Tirols wurde. Kreislauf mit S t r a h l k r a f t.

Die Lebensschule der Eltern prägte auch Tochter Christina, die 1979, im Jahr der Umstellung, zur Welt kam und Bio gleichsam mit der Muttermilch aufsaugen konnte. Längst ist sie es, die den Biohof Rögl bewirtschaftet und als Landesobfrau des Verbandes Bio Austria Tirol kümmert sie sich darum, das tief in ihr verwurzelte Wissen um den essenziellen Wert der biologischen Landwirtschaft weiterzugeben. Auch am Hof ihres Mannes Christoph, dem Biohof Brunnerl in Buch bei Jenbach, werden die Grundsätze der Bio-Wertegemeinschaft hochgehalten und zusammen bilden die beiden Höfe einen Kreislauf mit schöner Strahlkraft in alle dabei hergestellten Produkte. „Zusammen

Der Zwei-Höfe-Kreislauf Christina und Christoph Ritter bauen auf ihren „Biohöfen Ritter“ Bio-Getreide für BIOvomBERG an. Neben Dinkel und Hafer gibt es viele andere Produkte, wird doch auch Viehhaltung und Gemüseanbau betrieben. Auf dem Biohof Brunnerl in Buch leben Milchkühe, die nie mit Kraftfutter, sondern ausschließlich mit Gras und im Winter mit bestem Heu gefüttert werden. Die Milch „landet“ geschmackvoll in den herrlichen Käsesorten der Biosennerei Kolsass. Die Kälber werden zirka drei Monate mit Kuhmilch aufgezogen und kommen dann zum Biohof Rögl nach Kramsach. Durch diese Konstellation ist es möglich, alle Rinder von der Geburt bis zur Schlachtung in der Obhut der Betriebe zu haben. Der Ackerbau spielt auf beiden Höfen eine wesentliche Rolle. Getreide, Erdäpfel, Gemüse und Klee-Gras-Mischungen werden im Wechsel angebaut.

sind wir die Biohöfe Ritter. Wir bewirtschaften rund 37 Hektar, davon knapp zwei Hektar Getreide“, sagt Christina. Das Verhältnis macht deutlich, dass die Höfe auf Gemüse und Grünland beziehungsweise Viehwirtschaft ausgerichtet sind. Wiederkäuer sind für den Getreideanbau wichtig, um die Fruchtfolge einzuhalten und auf Äcker immer wieder Wiesen folgen zu lassen. M i t g r ü n e n W i e s e n hätten die Tiro-

ler vergangener Zeiten nie und nimmer überleben können. Kühe waren teuer und als Milchlieferanten viel zu wichtig, um sie auf den Tellern landen zu lassen. Es ist echt kein Wunder, dass in den traditionellen Erntekränzen kein Steak zu finden ist, denn Getreide anzubauen war immer entscheidend, um satt zu werden im kargen Land. Gerstenfelder prägten dabei auch richtig hohe Lagen, Roggen und Dinkel waren wegen ihrer Genügsamkeit beliebt und Weizen war über viele Jahrhunderte sowieso der fürstlichen oder bürgerlichen Bevölkerungsschicht vorbehalten geblieben. Die ländliche Bevölkerung verbackte dieses Getreide nur an Festtagen. Die Felder wurden auch für Hafer, Mais und Buchweizen beackert und es sind nicht zuletzt die Bauernregeln, in denen das geschichtliche Gewicht des Getreideanbaus überlebt hat. Klirrt im Januar Eis und Schnee, gibt es zur Ernte viel Korn und Klee.

Tirol_Magazin


119 I n d e r N a c h k r i e g s z e i t muss der Blick zum Tiroler Himmel mit dem darin verborgenen Ausblick aufs Erntejahr noch zum Alltag auf vielen Bauernhöfen gezählt haben, waren doch fast 14.000 Tiroler Hektar oder eben 140 Millionen Tiroler Quadratmeter dem Getreideanbau gewidmet gewesen. Die Zahl nahm bald im Zuge der technologischen Fortschritte und der neuen, immer wirrer werdenden Handelswege sowie dem wachsenden Hang zum Rindvieh rapide ab und steckte bei knapp 600 Hektar fest, als ein paar kluge Bauersfamilien wachgerüttelt wurden und den Anbau von Getreide ganz bewusst forcierten.

C h r i s t i n a s E lt e r n zählten dazu und sie kann sich ganz gut an ihre ersten Begegnungen mit Getreide erinnern. Daran beispielsweise, wie schwer es noch vor rund 40 Jahren gewesen war, Getreide in Form des ganzen Kornes zu kaufen und die ernährungsbewusste Mama dafür zum Spezialhandel fahren musste. Gern erinnert sie sich auch an den stattlichen Mähdrescher, der lange bevor die erste Ähre auf den Röglhof-Feldern stand, angeschafft worden war. Vorsorglich. „Den Mähdrescher hat der Papa gekauft, als ich so fünf oder sechs Jahre alt war. Der ist immer da gestanden“, sagt die 44-Jährige. Als die Familie dann Ende der 1980er-Jahre wirklich wieder Getreide anbaute, wusste dieser Mähdrescher nicht wirklich, was er zu tun hatte, und Christinas Papa wusste auch nicht, wie er bedient werden wollte. „Meine Großeltern hatten Getreide für den Eigenbedarf angebaut. Darum konnte mir meine Mama zeigen, wie man das Getreide mit der Sichel schneidet und zu Büscheln zusammenbindet, da hatten wir viel zu tun“, sagt Christina und lacht beim Gedanken an den Aufmarsch der Nachbarn, die genau beobachtet haben, was da am Röglhof passiert. Weil die Arbeitsschritte beim Anbau, der Pflege und der

Am Biohof Brunnerl in Buch sind zahlreiche Kühe zuhause. Die geben nicht nur Milch, Wiederkäuer sind auch für den Getreideanbau wichtig, um die Fruchtfolge einzuhalten und auf Äcker immer wieder Wiesen folgen zu lassen.

LEBEN

Januar kalt und rauh – nutzt dem Getreidebau. Ist der Juni warm und nass, gibt’s viel Korn und noch mehr Gras. Gibt’s im Juni Donnerwetter, wird gewiss das Getreide fetter.


120 LEBEN

Ernte gerade erst dazu ansetzten, in Fleisch und Blut der Familie überzugehen, habe gar manches „gefuchst“. Als die erste Ernte aber eingebracht werden konnte, war es ein Highlight für alle gewesen. Für die Familie genauso wie die Nachbarn. Getreide mit Superhelden-Umhang.

Ob das erste Getreide Roggen gewesen war oder Dinkel, weiß Christina nicht mehr so genau, wohl aber, wie die Nachfrage nach Dinkel groß wurde und immer größer. „Dinkel ist das Biogetreide schlechthin“, sagt sie und hält fest: „Der Dinkel ist weniger anspruchsvoll als Weizen – vom Acker her und der Pflege.“ Auch wenn die Erntezeit naht, ist er nicht so heikel und ganz allgemein ist der Dinkel zwar ein Verwandter von Weizen, aber anders eben, weniger weit von seinem Ursprung entfernt, ja urtümlicher irgendwie. Zudem hat er eine Besonderheit aufzuweisen, die ihn zu einer Art Superhelden auf den Äckern macht. Wie die ebenso urwüch-

Kaufen und genießen Die Produkte der Familie Ritter können direkt auf den beiden Höfen in Buch und Kramsach erstanden werden, in der Bauernkuchl beim Biohof Brunnerl etwa, in der Christophs Mutter Anni Ritter jeden Freitag, Samstag und Sonntag die besten Zutaten der Region verwendet, um traditionell Gschmackiges zu kochen.

Die beste Adresse für regionale BioProdukte – auch die der Ritters – ist der Bio-Bauernladen in Jenbach (Achenseestraße 29), der jeden Montag von 9 bis 13 Uhr und jeden Freitag von 9 bis 18 Uhr geöffnet hat.

sigen Getreidesorten Emmer und Einkorn – Dinkels „Cousinen“ quasi – zählt er zu den Spelzgetreiden. Das Korn ist durch die Spelzhülle gegen äußere Einflüsse geschützt und dieser natürliche Superhelden-Umhang macht nach der Ernte zwar einen weiteren Arbeitsschritt, das Entspelzen, nötig, ihn selbst auf dem Acker aber weit weniger anfällig für Schädlinge und weniger süchtig nach Spritzmitteln oder Düngern. D i e K ö r n e r des Genügsamen, der

auch heißesten Sommern trotzt, sind Kraftpakete. Weil sie alle acht essenziellen Aminosäuren und mehr Spurenelemente als die des Weizens enthalten, sind sie bei Sportlern sehr beliebt und dass Dinkel happy macht, liegt daran, dass die Aminosäure Tryptophan in ihm steckt, die maßgeblich an der Produktion des Glückshormons Serotonin beteiligt ist. Da kann eigentlich nichts mehr schiefgehen. Oder doch? „Man muss den Boden schon pflegen. Natürlich muss man das“, sagt Christina und zückt beispielsweise das „Striegeln“ aus dem Nähkästchen der Getreidebäuerin. Striegeln ist eine mechanische Unkrautbekämpfung. Im ökologischen Landbau stellt sie häufig die einzige Möglichkeit dar, Ungräser und Unkräuter effektiv zu bekämpfen und die so genannte Bestockung anzuregen, die Seitentriebe, die damit gekitzelt werden. Je mehr, desto besser. „Das will man haben – auch, weil es den Boden dichter macht und daneben nichts anderes aufwachsen kann“, erklärt Christina.

Landwirtin Christina Ritter ist auch Landesobfrau des Verbandes Bio Austria Tirol und kümmert sich darum, das tief in ihr verwurzelte Wissen um den essenziellen Wert der biologischen Landwirtschaft weiterzugeben.

Tirol_Magazin


121 dick und die fruchtbare Schicht, ohne die das Leben auf dem Planeten undenkbar wäre, gerade mal 30 Zentimeter dünn. Wird diese dünne Schicht gut und verantwortungsvoll behandelt, danken es Myriaden an Bodenlebewesen mit einer verlässlichen Fruchtbarkeit. Auf der Suche nach Nahrung durchwühlen Regenwürmer und Insektenlarven die oberen Bodenschichten. Ihre Gänge durchlüften die Erde und lassen sie Wasser wie ein Schwamm aufnehmen und speichern. So ein Regenwurm kann zwischen fünf und acht Jahre alt werden und sein Gagsi, die Wurmlosung, stellt mit dem hohen Stickstoff-, Phosphor- und Kaliumanteil alle Dünger in den Schatten. Ein Gramm Boden enthält hunderte Millionen Bakterien und hunderte Meter Pilzfäden,

WIEDERKÄUER SIND FÜR DEN GETREIDEANBAU WICHTIG, UM DIE FRUCHTFOLGE EINZUHALTEN.

so genannte Pilzhyphen, die ihren Teil zur Ackerarbeit beitragen. Da wird in wundersamem Takt gewühlt, gefressen, zersetzt, verdaut und zerlegt, um den Landwirten Humus zu schenken, der gesunde Pflanzen gedeihen lässt. Den Boden bedeckt zu halten – ein nackter Boden ist den Witterungen schließlich gnadenlos ausgeliefert – ist die große Herausforderung.

LEBEN

D i e E r d e i s t rund 12.000 Kilometer

D i e s e e r d i g e Zauberküche steht im

Mittelpunkt der Biohöfe von Christina und Christoph Ritter, die den Getreideanbau geschickt in ihren Zwei-Höfe-Kreislauf integriert haben. Ihn mit einer Mischung aus Demut, hoher Arbeitsbereitschaft und viel Können in Schwung zu halten, ist für sie eine Frage der Ähre. Alexandra_keller

...so schmeckt Tirol!

KRAPFEN SCHLUTZKRAPFEN KNÖDEL Hergestellt in Tirol Hergestellt in Tirol

KRAPFEN SCHLUTZKRAPFEN KNÖDEL

dengg krapfen & knödel manufaktur GmbH • Innsbrucker Str. 11 • 6060 Hall in Tirol dengg krapfen & knödel manufaktur Innsbrucker n Str. Hall in Tirol Nähere InfosGmbH unter:• www.dengg.i fo •11Mo• 6060 - Fr: 8:00 - 17:00 Nähere Infos unter: www.dengg.info • Mo - Fr: 8:00 - 17:00


122 LIFE

ENGLISH

English Summary

POWER GRAIN

The image of the country has been changing for a good 30 years. The comeback of grain cultivation has made it grainier and more colourful.

W

hen it comes to healthy food, she appears like the Amen in prayer. Hildegard von Bingen, this superwoman of the Middle Ages, left behind quite a lot of knowledge and one of her recurring mantras was called “Viriditas”. The abbess used it to describe the greening force in nature, a kind of basic power that is inherent in humans, animals, plants and minerals. Her green power cuisine is characterised above all by one grain: spelt. “Spelt is the best grain, it is warm, nourishing and invigorating; and it is milder than other grains. Spelt is good for the flesh and blood of those who eat it, it brings joy and happiness to the mind.” C h r i s t i n a R i t t e r , whose family farm - the Rögl-

hof in Kramsach - became one of the first organic farms in Tyrol, agrees. She runs the farm and, as the regional chairwoman of the Bio Austria Tirol association, endeavours to pass on her deep-rooted knowledge of the essential value of organic farming. The principles of the organic value community are also upheld at her husband Christoph’s farm, Biohof Brunnerl in Buch near Jenbach, and together the two farms form a cycle with beautiful radiance in all the products

they create. “Together we are the Ritter organic farms. We farm around 37 hectares, of which just under two hectares are cereals,” says Christina. The ratio clearly shows that the farms are focussed on vegetables and grassland or livestock farming. Ruminants are important for growing cereals in order to maintain crop rotation and to ensure that fields are always followed by meadows. A n d i t i s a b o v e all spelt that thrives happily on

the Ritter organic farms. “Spelt is less demanding than wheat - in terms of cultivation and care,” says Christina. Even when harvest time is approaching, it is not as tricky and generally speaking, spelt is a relative of wheat, but different, less distant from its origins, more primal in a way. The grains of this frugal grain, which can withstand even the hottest summers, are also real powerhouses. Because they contain all eight essential amino acids and more trace elements than wheat, they are very popular among athletes and the fact that spelt makes you happy is due to the fact that it contains the amino acid tryptophan, which is significantly involved in the production of the happiness hormone serotonin. You can’t really go wrong with that.

Tirol_Magazin


Bringt Schwung in jede Küche. MESSERSERIE DARKLINE MADE IN TIROL

Die sechs Messer der DARKLINE sind ein absoluter Hingucker für jeden Haushalt. In 64 Arbeitsschritten von Meisterhand manufakturgefertigt, überzeugt diese Messerserie durch Qualität und Präzision. Erhältlich in unserem Onlineshop tyrolitlife.com


124 QUALITÄT TIROL

Winter am Teller

Mit Lebensmitteln mit dem Gütesiegel „Qualität Tirol“ genießt man sich durch die Jahreszeiten. Auch wenn im Winter die Natur Pause macht und die Landwirte etwas ruhiger treten, darf es am Teller regional und köstlich sein. eihnachten ist die Zeit, um innezuhalten und etwas ruhiger zu treten. Und Weihnachten ist die Zeit des Genusses. Familie und Freunde versammeln sich um reich gedeckte Tische, der Duft nach Herzhaftem und Süßem sorgt für die passende Stimmung. Zur Abwechslung kann es dabei gern auch ein großzügig-bunt bestücktes Buffet sein, das zur Silvesternacht seine Fortsetzung findet und dessen kulinarische Feinheiten uns durch die gesamte kalte Jahreszeit wärmen. Leuchtendoranger Hokkaidokürbis trifft auf den folgenden Seiten auf herzhaft-knusprige Erdäpfel, gerne begleitet von gschmackigem Käse und

W

Qualität Tirol steht für Produkte, die in Tirol gewachsen und veredelt sind, und damit für das Herkunftsland Tirol und dessen hochwertige Produkte.

Bio vom Berg

steht für einzigartige und qualitativ erstklassige Produkte aus kleinstrukturierter Tiroler Bio-Berglandwirtschaft.

saftiger Wurstvielfalt. Aus den „Qualität Tirol“ Wieshofer’s Mehlen und der Backmischung lassen sich dazu köstliche Knuspereien wie Kräuter-Grissini oder ofenfrisches Bauernbrot zubereiten. Beim süßen Abschluss sorgt feinherber Zimt für die weihnachtliche Note im Panna Cotta. Viele weitere Rezepte finden Sie hier

Weitere Infos und Bezugsquellen zu den einzelnen Produkten finden Sie unter qualität.tirol.

ENTGELTLICHE EINSCHALTUNG / FOTOS: AM TIROL


125 QUALITÄT TIROL

SCHICHT-SNACK MIT HOKKAIDO

Zutaten Teig

Teig: 250 g Tiroler Topfen (20 %) 4 „Qualität Tirol“ Goggei 100 g „Bio vom Berg“ Stangl (Schnittkäse) Salz, Pfeffer

Zutaten Füllung

500 g „Bio vom Berg“ Hokkaidokürbis 3 „Qualität Tirol“ Jungzwiebel Speck vom „Qualität Tirol“ Hofschwein 3 „Bio vom Berg“ Knoblauchzehen 20 g „Qualität Tirol“ Modlbutter Weißwein zum Ablöschen Salz, Pfeffer

Zubereitung

» Käse fein reiben. Topfen, Ei und Käse glattrühren und mit Salz und Pfeffer würzen. » Die Masse auf ein mit Backpapier belegtes Backblech geben und gleichmäßig verteilen. Das Backblech für ca. 20 Minuten in das auf 180 °C Heißluft vorgeheizte Backrohr geben und backen. » In der Zwischenzeit Gemüse und Speck klein schneiden. » In einer Pfanne die Butter erhitzen und den Speck und das Gemüse dazugeben. Die Masse anrösten, mit Wein ablöschen und bei mittlerer Hitze weich dünsten. Falls notwendig, mit etwas Wasser aufgießen. » Die Masse mit Salz und Pfeffer abschmecken und mit einem Stampfer oder einer Gabel zerdrücken, zur Seite stellen und etwas auskühlen lassen. » Das Blech aus dem Ofen nehmen, den Teig in 4 gleich große Teile schneiden und mit der Kürbismasse Schicht für Schicht befüllen. » In mundgerechte Portionen schneiden und warm oder kalt servieren.

Dauer: 45 Minuten


126 QUALITÄT TIROL

FÄCHERERDÄPFEL Zutaten für 4 Personen

1 kg „Qualität Tirol“ Erdäpfel (vorwiegend festkochend/festkochend) Bauchspeck vom „Qualität Tirol“ Hofschwein (2 Blatt je Erdäpfel) 100 g „Qualität Tirol“ Almkäse g. U. oder Bio-Bergkäse g. U. 2 „Bio vom Berg“ Knoblauchzehen 2 Zweige Rosmarin „Qualität Tirol“ Modlbutter (weich) Salz

Zubereitung

» Die Erdäpfel waschen und trocknen. Um den Fächer in die Erdäpfel zu schneiden, die Knolle in Längsrichtung zwischen zwei Holzlöffel legen und mit einem scharfen Messer quer einschneiden. » Den Knoblauch in feine Scheiben und den Speck in größere Stücke schneiden. » Die eingeschnittenen Erdäpfel mit Speck und/oder Knoblauch befüllen. » Eine feuerfeste Form mit etwas Butter ausstreichen und die befüllten Erdäpfel hineinlegen. Zusätzlich die mit Knoblauch befüllten Erdäpfel mit etwas Butter bepinseln. » Die Form in ein auf 200 °C Ober-/Unterhitze oder 180 °C Heißluft vorgeheiztes Backrohr geben und für ca. 50 Minuten backen. Etwa 10 Minuten vor Ende der Backzeit die mit Speck gefüllten Erdäpfel mit geriebenem Käse bestreuen. Die mit Knoblauch befüllten Fächererdäpfel mit Rosmarin bestücken und etwas salzen. » Aus dem Ofen nehmen und am besten heiß und mit Joghurt-Dip servieren.

Dauer: 1 Stunde


QUALITÄT TIROL

127


QUALITÄT TIROL

128


129 QUALITÄT TIROL

ZIMT-PANNA-COTTA Zutaten für 6 Personen

500 ml „Bio vom Berg“ Schlagrahm 500 ml „Bio vom Berg“ Heumilch 100 g Kristallzucker Prise Zimt 8 Blatt Gelatine

Zubereitung

» Den Schlagrahm mit Milch, Zimt und Zucker einige Minuten (ca. 10 Minuten) unter ständigem Rühren leicht köcheln lassen. Dabei muss sich der Zucker komplett auflösen. » Die Gelatine nach Anweisung einweichen und in die noch warme Masse einrühren, bis sie sich vollständig aufgelöst hat. » Die Panna Cotta vor dem Abfüllen auf Zimmertemperatur abkühlen lassen und dabei regelmäßig umrühren. » Anschließend die Panna Cotta in Förmchen füllen und für mindestens 6 Stunden (am besten über Nacht) kaltstellen (Kühlschrank).

Tipp: Die Panna Cotta entweder mit Apfelmus oder Zwetschkenröster servieren.

Dauer: 1 Stunde


Foto: Gerhard Berger

Seit 1267 in Eppan /Südtirol und seit 1944 in Nordtirol bestens etabliert. 1944 Gründung durch Peter Meraner sen. (Winzer aus Südtirol) 1956 Übernahme des Betriebes durch seine Söhne Peter und Edi 1988 Erwerb der Linherr GmbH und Übersiedelung zum Rennweg 16 in Innsbruck 1995 Übernahme der Geschäftsleitung durch Dietmar Meraner 1995 Projektstart „Hamburger Fischmarkt“, jetziges 28. Fischvergnügen am Inn 2023 1997 Kauf der Geschäftsanteile Weinkellerei P. Meraner GmbH und Linherr GmbH durch Dietmar Meraner-Pfurtscheller 2005 Projektstart wellwasser® - „aus Leitungswasser wird DAS Getränk wellwasser®“ 2021 Verein Weinwerbung TIROL – der Tiroler Weinfachhandel übersiedelt zum Rennweg 16 in Innsbruck

über 750 Jahre Weinerfahrung

zum guten Wein das beste Wasser aus Leitungswasser wird DAS Getränk wellwasser® still oder perlend

Die Wellwasser Technology GmbH wurde als Finalist beim Energy Globe Austria in der Kategorie WASSER ausgezeichnet. Der Energy Globe Award ist der weltweit bedeutendste Umweltpreis und zeichnet jährlich, auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene, herausragende nachhaltige Projekte aus.

ohne Plastik, ohne Transportwege und Abgase, direkt aus der Leitung, keimfrei gefiltert mit natürlichem Mineralstoffgehalt


aus Leitungswasser wird DAS Getränk wellwasser®

Foto: © www.guentheregger.at

still oder perlend

wellwasser® – umweltfreundlich, keine Transportwege, kein Plastik, Wegfall von Kühlung, Lagerung und Entsorgung, keimfrei gefiltert, natürlicher Mineralstoffgehalt


EIN ERFÜLLTES LEBEN Die Reitlehrerin Sarah Hadank und der landwirtschaftliche Facharbeiter Christian Gschwentner bewirtschaften gemeinsam den Luechhof der Unternehmerfamilie Pletzer in Schwoich. Die Protagonisten am Hof sind aber die Pustertaler Sprinzen, eine alte, heimische Rinderrasse, die sich durch exzellente Fleischqualität auszeichnet.

Tirol_Magazin


E

Sarah

s ist die Liebe, die Sarah Hadank aus Deutschland nach Tirol geführt hat. Zunächst war es die Liebe zu den Bergen und zu den Tieren. Und schließlich die Liebe zu ihrem Christian, den Sarah 2019 kennengelernt hat. Heute hat das Paar seinen Lebensmittelpunkt am idyllischen Luechhof in Schwoich, der im Besitz der Familie Pletzer steht. „Ich war die typische Urlauberin, die im Winter zum Skifahren und im Sommer zum Wandern nach Tirol gekommen ist”, erzählt Sarah, die Reitlehrerin und ausgezeichnete Springreiterin mit langjähriger Turniererfahrung ist. Bereits im Alter von 13 Jahren nahm sie sich vor: „Wenn ich einmal groß bin, möchte ich in Tirol leben.“ Und doch sollte noch einige Zeit vergehen, bis es schließlich so weit war und Sarah ihrem alten Leben in Deutschland endgültig den Rücken kehrte und mit ihren wichtigsten Habseligkeiten im Auto nach Tirol übersiedelte. „Es war nicht immer einfach, aber ich habe meine Entscheidung noch keine Sekunde lang bereut“, sagt sie rückblickend.

Ein Hof für die Sprinzen.

W i e k ö n n t e s i e a u c h , nachdem Sa-

rah mit ihrem Christian heute ganzjährig das Vieh der Pletzers am Luechhof – und in den Sommermonaten auf der ebenso weiträumigen wie abgelegenen hofeigenen Alm – betreut. Nicht nur die Tiere freuen sich, wenn sie über den Sommer gealpt werden. Auch für Sarah und Christian ist die Zeit, die sie bis Ende September auf der Alm verbringen, gleichermaßen arbeitsreich wie idyllisch. „Es ist einfach wunderschön und so unglaublich ruhig dort“, schwärmt Sarah. Außer dem Läuten der Kuhglocken und dem Plätschern des Baches herrscht auf der Alm Stille.

Den Winter verbringen die Sprinzen im Stall, im Sommer dürfen sie auf die Alm.

Derzeit leben am Luechhof über 40 Rinder, Kälber und auch zwei Stiere, allesamt Pustertaler Sprinzen, eine alte und seltene Rasse, die sich sehr gut für die Haltung in dieser Gegend eignet. Diese Aufgabe in der Landwirtschaft, manchmal mehr Berufung als Beruf, muss man mit Leidenschaft machen, denn die Tiere müssen tagtäglich von früh bis spät versorgt werden. Das ist ein Fulltime-Job, der frühmorgens bei Sonnenaufgang beginnt und nicht selten erst weit nach Sonnenuntergang endet. Und das an sieben Tagen in der Woche. Besonders dem Ausmisten und Füttern attestiert Sarah beinahe meditative Qualitäten. Dabei kann sie so richtig abschalten. Für Christian ist das Zäunen auf der Alm eine solche Aktivität. „Da gibt es keinen Handyempfang, keine Ablenkungen und der Zaun muss stehen“, erzählt er. Ebenso entspannend ist für ihn die tägliche Nachschau und das Zählen der Tiere, das auf der rund 350 Hektar großen Alm – sie bietet Platz für über 200 Tiere – schon einmal sechs bis acht Stunden in Anspruch nehmen kann. „Die Sprinzen sind erstaunlich ruhige Tiere, das gilt in besonderem Maße für den Stier“, sagt Christian, der vordem viel Erfahrung mit Fleckvieh gemacht hat. F ü r d i e M u t t e r k u h h a lt u n g ,

wie sie heute am Luechhof praktiziert wird, eignen sich die unkomplizierten

133

„ES STECKT VIEL ZUWENDUNG UND LIEBE ZU JEDEM EINZELNEN TIER DAHINTER.“

LEBEN

Familienaufstellung: Sarah Hadank und Christian Gschwentner haben am Luechhof mit den Pustertaler Sprinzen, Pferden, Schweinen und nicht zuletzt Esel Lucky ihr Glück gefunden.


134 LEBEN

„DIE SPRINZEN SIND ERSTAUNLICH RUHIGE TIERE, DAS GILT IN BESONDEREM MASSE FÜR DEN STIER.“ Christian

und robusten Pustertaler Sprinzen ideal. Gefüttert werden die Tiere überwiegend mit frischem Gras und Heu. Dazu gibt es reichlich Auslauf und im Sommer zarte Almkräuter und Gräser. Dieses Aufwachsen im Einklang mit der Natur findet in einer Fleischqualität Niederschlag, die ihresgleichen sucht. Die Pustertaler Sprinzen der Familie Pletzer finden am Ende ihres Lebens schließlich ihren Weg auf die Teller in den Restaurants der Pletzer-Resorts. Geschlachtet werden die Tiere in einer kleinen Hofmetzgerei ganz in der Nähe des Hofs, damit für die Tiere auch am Ende ihres Lebens kein Stress aufkommen kann.

Der Luechhof steht auf einem wunderschönen Flecken Erde. Im Stall herrscht unter den Schweinen Hochstimmung, wenn die Hausherren, die Pustertaler Sprinzen, auf der Weide sind.

Tirol_Magazin

Auf die Frage, wie das Fleisch der Sprinzen denn nun schmecke, muss Sarah keine Sekunde lang überlegen: „Lecker!“ Sie seien, erzählt sie, zwar schon öfter gefragt worden, ob es ihnen nicht naheginge, die Tiere und insbesondere die Kälber, mit denen die beiden so engen Kontakt haben, zu deren Weiterverwendung freizugeben. „Natürlich berührt uns das auch emotional, aber uns ist bewusst, dass es sich bei den Sprinzen um Nutztiere handelt, die zum Verzehr gedacht sind“, sagt Sarah, die sich von der ersten bis zur letzten Sekunde darum kümmert, dass es den Tieren rundum gut geht und diese ein schönes Leben haben. Mehr am Tierwohl orientiert kann man den Konsum von Fleisch – und in diesem Fall darf man getrost von Genuss sprechen – nicht mehr gestalten. „Das Fleisch der Sprinzen ist exzellent, sehr fein marmoriert, weil die Tiere hier bei uns langsam heranwachsen dürfen und nicht gemästet werden. Die Qualität


LEBEN

135

© VICTOR MALYSHEV

steht am Hof absolut im Vordergrund“, weiß Christian. Diese Qualität hat natürlich ihren Preis. Hinter ihr verbirgt sich viel sorgsame Arbeit. „Und es steckt viel Zuwendung und Liebe zu jedem einzelnen Tier dahinter“, ergänzt Sarah. Diese Zuwendung wird freilich auch den Duroc-Schweinen und ihren Ferkeln zuteil, die zufrieden grunzend und quiekend durch den großzügigen Laufstall marschieren.

Gregor Bloéb, künstlerischer Leiter der Tiroler Volksschauspiele

Vo n K u h und Pferd.

Ihre Arbeit mit den Kühen ist Pferdeliebhaberin Sarah mittlerweile lieb geworden. Die Sprinzen sind, hat man sich erst mit ihnen angefreundet, ausnehmend gutmütige Tiere. Neben den Sprinzen leben auch einige Pferde und Ponys, Hasen, Duroc-Schweine und sogar ein glücklicher Esel namens Lucky am Hof. D i e L a n d w i r t s c h a f t ist vor allem für An-

ton Pletzer, den Gründer der PLETZER Gruppe und Sohn eines Landwirt-Ehepaares, eine echte Herzensangelegenheit. Wie alle anderen Bereiche der Firmengruppe soll auch sie sich gedeihlich weiterentwickeln. Zu diesem Zweck soll am Luechhof eine Reithalle entstehen, in der Sarah ihre Qualitäten rund ums Pferd ausleben und im Rahmen eines Reitschulbetriebs an Pferdeliebhaber und -besitzer weitergeben soll. Dazu kommt eine Kooperation mit den Pletzer Resorts, die zukünftig ihren Gästen die Möglichkeit geben möchten, das eigene Pferd – fachkundige Betreuung inklusive – mit in den Urlaub zu nehmen. „Als ich früher selbst als Touristin hier in Tirol war, gab es noch kaum Möglichkeiten, das eigene Pferd mitzunehmen. Gerade mit einem trainierten Pferd ist es aber wichtig, im Training zu bleiben“, sagt Reitlehrerin Sarah, die sich sichtlich auf das zukünftig umfassende Reitangebot und die intensivere Arbeit mit ihren geliebten Pferden am Luechhof freut.

D e n n o c h w e r d e n auch in Zukunft weiterhin die Pustertaler Sprinzen die Hauptrolle am Hof spielen. Nach einem erfüllten Leben wird ihr Fleisch als Nahrungsmittel höchster Qualität in den Pletzer Resorts kulinarisch veredelt. Das ist ehrlicher Genuss, regional, nachhaltig und stets Marian_Kröll am Tierwohl orientiert.

Fulminant und epochal Auf die Sünden folgen Schuld und Sühne.

D

ie vergangene Spielzeit war eine überwältigende bei den Tiroler Volksschauspielen. Gregor Bloéb hat bei seinem Debüt als künstlerischer Leiter „Die 7 Todsünden“ auf den Birkenberg in Telfs gebracht – und das mit derart großem Erfolg, dass das Stück im Juli 2024 wiederaufgenommen wird. Anschließend zieht sich die Auseinandersetzung mit Schuld und Sühne, Recht und Gerechtigkeit, Lüge und Wahrheit wie ein roter Faden durch das neue Programm der Tiroler Volksschauspiele. „Zum Straucheln brauchts doch nichts als Füße“, heißt es etwa in Kleists höllischem Lustspiel „Der zerbrochne Krug“, das Regisseurin Anna Bergmann auf dem Eduard-Wallnöfer-Platz mit einem fulminanten Ensemble in Szene setzen wird. Und auch die Dorfbühnen werden 2024 wieder zum Zug kommen. In Kooperation mit dem Theater Verband Tirol wird Thomas Gassner diesmal Sepp Schluiferers seinerzeit hochkontrovers aufgenommene Satire „Fern von Europa“ für die Bühne bearbeiten. Außerdem wird Franz Kafkas epochaler Roman „Der Prozeß‘“ in einer siebenstündigen Lesung im Großen Rathaussaal präsentiert. Was in einem spektakulären Abschlusskonzert mit Dicht und Ergreifend, Django3000 und von Seiten der Gemeinde in der Kuppelhalle enden wird, beginnt mit einem Eröffnungsakt für alle am 6. Juli, direkt vor dem jährlichen Telfer Dorffest. K a r t e n s i n d ab sofort erhältlich. Die Erfah-

rung zeigt: Es heißt schnell sein!

w w w. v o l k s s c h a u s p i e l e . at


136 LIFE

ENGLISH

English Summary

A FULFILLED LIFE

Together, Sarah Hadank and Christian Gschwentner run the Luechhof farm in Schwoich. However, the protagonists on the farm are the Pustertal Sprinzen.

I

t is love that brought Sarah Hadank from Germany to Tyrol. At first it was her love for the mountains and animals. And finally the love for Christian. Today, the couple live at the idyllic Luechhof farm in Schwoich. They currently have over 40 cattle, calves and two bulls, all of them Pustertaler Sprinzen, an old and rare breed that is very well suited to farming in this area. T h e u n c o m p l i c at e d and robust Pustertal Sprin-

zen are ideal for suckler cow husbandry, as practised at the Luechhof today. The animals are mainly fed with fresh grass and hay. There is also plenty of space to roam and, in summer, tender alpine herbs and grasses. This upbringing in harmony with nature is reflected in a meat quality that is unrivalled. At the end of their lives, the Pustertaler Sprinzen from the Pletzer family finally find their way onto the plates in the restaurants of the Pletzer resorts. The animals are slaughtered in a small farm butcher’s shop very close to the farm so that the animals do not experience any stress at the

end of their lives. When asked how the Sprinzen’s meat tastes, Sarah doesn’t have to think for a second: “Delicious!” She says that they are often asked whether they are not concerned about releasing the animals, and in particular the calves with which they have such close contact, for further use. “Of course, this also affects us emotionally, but we are aware that the Sprinzen are farm animals that are intended for consumption,” says Sarah, who makes sure from the first to the last second that the animals are well looked after and have a good life. “The meat of the Sprinzen is excellent, very finely marbled, because the animals are allowed to grow up slowly here with us and are not fattened. Quality is absolutely paramount on the farm,” says Christian. Of course, this quality has its price. A lot of careful work goes into it. “And there is a lot of care and love for each individual animal behind it,” adds Sarah. Of course, the Duroc pigs and their piglets also receive this attention as they march through the spacious playpen, grunting and squealing contentedly. And of course the horses and ponies and rabbits ... and Lucky the donkey.

Tirol_Magazin


Move & Relax UPGRADE YOUR LIFE.

Bewegende Momente 5 RESORTS, 5 ANGEBOTE, 1 ZIEL: DER PERFEKTE URLAUB FÜR DICH.

JETZT DEIN PASSENDES ANGEBOT FINDEN!

Scan me


Gastgeber aus Tradition und Leidenschaft: Bernadett Thaler und ihr Lebensgefährte Thomas Blümel.

TRADITION TRIFFT TELLER „Wir haben einfach die besten Gäste“, sagt Bernadett Thaler, die das Gasthaus Arzkasten in Obsteig bereits in dritter Generation führt. Einen schöneren Beruf, als Einkehrende zu umsorgen, kann sie sich nicht vorstellen.

Tirol_Magazin


139 Jahrzehnte d e r G a s t l i c h k e i t.

brandnamic.com | Fotos: Hotel Sportalm St. Leonhard (Archiv)

Seit Bernadetts Großvater das Gebäude vor über 90 Jahren erwarb, werden

„WIR MÖCHTEN EINFACH GUT UND EHRLICH KOCHEN.“ Bernadett Thaler

hier Gäste inmitten von Wiesen und Wäldern verwöhnt. Seine Kinder Erwin und Hildegard setzten den Betrieb fort, bis Enkelin Bernadett vor 25 Jahren übernahm. Sie führt das Haus mit Respekt für die Tradition und den Weg

ihrer Vorfahren. In Tirol sind neun von zehn Gasthäusern familiengeführt, und das Arzkasten ist ein stolzes Beispiel für diese Kultur. „Tante Hildegard hat uns ihre Rezepte anvertraut und uns gezeigt, dass man alles selbst zubereiten sollte. Wir möchten einfach gut und ehrlich kochen.“ D i e V i e l s e i t i g k e i t der Gerichte

ist dabei beachtlich: Von veganen Delikatessen über Klassiker wie Wiener Schnitzel und Kaiserschmarrn bis hin zur selten gewordenen Gebackenen Blutwurst. Nicht zu vergessen das Moosbeer-Omelett, für das einige Gäste sogar extra anreisen. Bernadetts Lebensgefährte Thomas, der als Küchenchef im Familienbetrieb tätig ist, teilt diesen Anspruch. Der gelernte Vermessungstechniker hat sich in 12 Jahren

WILD, STARK, URSPRÜNGLICH. DAS PITZTAL. Die Pitztaler Bergwelt lädt zum Auspowern und Krafttanken, zum Tagträumen und Erleben, zum Auskosten und Genießen ein. Und die Sportalm auch. Erleben

www.sportalm.net

Sie einen idyllischen Winterurlaub im Herzen des Pitztals.

LEBEN

A

rzkasten – das ist ein kleiner Weiler am Mieminger Plateau. Der Name bedeutet sinngemäß: „Sammelstelle für Erz“. Heute tragen keine Bergleute mehr wertvolles Metall zu den jahrhundertealten Häusern. Stattdessen bringen Skitourengeher, Langläufer, Wanderer, Radfahrer und Rodler nach ihren sportlichen Aktivitäten Hunger in den Gastgarten und die gemütlichen Stuben. Viele folgen dem Ruf der herausragenden Küche, andere kommen, um zu plaudern, zu feiern oder einfach den Moment zu genießen.


Küchenchef Thomas Blümel

zum autodidaktischen Küchenmeister entwickelt. „Mit Interesse und Leidenschaft kann man viel erreichen“, sagt er und legt dabei besonderen Wert auf regionale und saisonale Produkte. Herzliche Begegnungen.

Wenn Bernadett Zeit für einen „Hoangacht“ – einen kurzen Plausch – findet, spürt man ihre Leidenschaft: „Bedienen ist doch der Hammer, oder?“ Auf ihrer Speisekarte findet jeder Gast das Passende. „Der Radfahrer bekommt seine Suppe, die Großmutter ihren Kuchen und die Feiernden ein gutes Steak“, ist sie überzeugt.

Geschmackssache: Gemeinsam mit seinem Küchenteam richtet Thomas eine Vielfalt an Gerichten an.

T r o t z d e r t i e f e n Verwurzelung in

Gute Seele des Hauses: Bernadetts Tante Hildegard, die immer noch hilft, wo sie kann.

der Tradition sind auch moderne Akzente erkennbar, wie die Getränkekarte beweist: Wo früher meist Bier und Schnaps ausgeschenkt wurde, gibt es heute Nordtiroler Wein aus Tarrenz, alkoholfreie Erfrischungen von Nako – einem aufstrebenden Hersteller von Bio-Sirup – und eine Auswahl an besonderen Fruchtsäften. FOTOS: © TIROL WERBUNG/JAKWERTH ANDREAS

140 LEBEN

„BLUTWURST FINDET MAN NUR NOCH AUF WENIGEN SPEISEKARTEN – DABEI ZÄHLT SIE ZU DEN ÄLTESTEN WURSTARTEN.“

Tirol_Magazin

D a s K o n z e p t, ehrliches Essen in der

wunderschönen Natur zu servieren, zieht. Nicht nur Stammgäste, sondern auch prominente Persönlichkeiten besuchten bereits das Gasthaus Arzkasten. Doch die Familie Thaler spielt dies nicht groß auf. „Ich denke, unsere Gäste schätzen die Bodenständigkeit bei uns“, meint Thomas. Und Tante Hildegard, die 80-jährige Seele des Betriebs, nickt zustimmend. w w w. t i r o l . at


Gebackene Blutwurst: ein altes Gericht in neuem Gewand.

GEBACKENE BLUTWURST AUF ERDÄPFEL-SELLERIEPÜREE

Zutaten für 6 Personen

1 kg Blutwurst 600 g Erdäpfel mehligkochend 400 g Knollensellerie 350 g Milch 60 g Butter 1 TL Salz 2 Prisen Muskat Mehl, Ei und Semmelbrösel für die Panierstraße Butterschmalz frisch geriebener Kren

Zubereitung Püree

» Kartoffeln und Sellerie in Salzwasser weichkochen, anschließend abseihen und mit einer Kartoffelpresse zerkleinern. Anschließend in einem Topf Milch und Butter erhitzen und mit dem Gemüse cremig rühren und mit Salz abschmecken.

Zubereitung Blutwurst

» Die Blutwurst in dicke Scheiben schneiden und erst in Mehl, dann in Ei und anschließend in Semmelbrösel wenden. In reichlich Butterschmalz bei ca. 180 °C herausbacken.

Anrichten: Püree auf einen Teller geben, Blutwurst darauf anrichten und mit Kren garnieren. Mehr Tiroler Gerichte findest du unter: www.tirol.at/top-gerichte


142 LEBEN

„FRÜHER WAR DER KRAUTINGER EIN SCHNAPS, HEUTE IST ER EIN DESTILLAT.“ Martin Schellhorn

Waltraud und Martin Schellhorn brennen auf einem idyllischen Hof im Zauberwinkel.

Mariella Thaler will aus dem früheren Hobby des Vaters ihren Beruf machen.

Tirol_Magazin


143 LEBEN

DER GEIST, DER DIE GEISTER SCHEIDET Der Wildschönauer Krautinger ist berühmt und berüchtigt, die Beschreibung reicht von Lebenselixier bis untrinkbar. Wie er produziert wird, von wem und wie er tatsächlich schmeckt, wissen viele nur aus zweiter Hand. Eine Spurensuche. Fotos: Andreas Friedle


144 LEBEN

„MEIN VATER HAT DAS KRAUTINGER-BRENNEN NOCH ALS HOBBY GEMACHT, ICH ERHEBE ES FÜR MICH ZUM BERUF.“ Mariella Thaler

M

anchen ist er Medizin für fast alles, ein heiß begehrtes Kultgetränk, auf das sie jedes Jahr schon sehnsüchtig warten, um es dann literweise wegzuschleppen. Andere befinden, dass er einfach grausig sei, untrinkbar. Die Rede ist von einem sehr speziellen Destillat: dem Wildschönauer Krautinger.

ursprünglichen Menge eingekocht. Dieser Saft wird dann für drei bis vier Tage in einem Fass eingemaischt. „Länger nicht, weil sonst wird die Maische sauer“, erklärt Martin Schellhorn. Nach Ablauf der Zeit muss also rasch gebrannt werden. Das passiert in zwei Durchläufen. Den eigenen Arbeitsaufwand, so seine Frau Waltraud, dürfe man nicht rechnen. Auch wenn der Krautinger am Ende relativ hochpreisig verkauft wird. Von der Preisklasse liegt er etwa vergleichbar mit Vogelbeerschnaps.

Wa lt r a u d u n d M a r t i n Schellhorn

vom Edhof im Zauberwinkel stellen diesen Geist, der die Geister scheidet, seit 30 Jahren her. Kommt man dem idyllisch gelegenen Haus „zu nahe“, verbreitet sich ein Geruch, der sich als der unverkennbare Duft der gebrannten Rübe herausstellt, aus der der Krautinger hergestellt wird. Und der ist im ersten Moment wahrlich ein wenig, nun, sagen wir, eigen. Das gesteht auch Martin Schellhorn ein: „Nach dem Brennen muss man unter die Dusche und die Kleidung wechseln, weil alles den Geruch annimmt.“ Was ihn nicht davon abhält, seinem Hobby alle Jahre wieder zu frönen. Er ist einer von nur mehr 16 Höfen, die in der Wildschönau den Krautinger brennen. Harte Arbeit s tat t Z a u b e r e i .

Für ein Hobby ist das Brennen des Krautingers ziemlich mühsam. Einerseits müssen die Steckrüben angepflanzt, folglich geerntet und gewaschen werden. Im Anschluss werden sie gehäckselt und ausgepresst und der gewonnene Saft wird auf ein Drittel der

M a r t i n S c h e l l h o r n gesteht, dass

Die glorreichen 16 Auf diesen Höfen wird in der Wildschönau der Krautinger gebrannt: Brauerhof, Familie Thaler Demlerhof, Familie Thaler Dillentalhof, Familie Holaus Ebersauhof, Familie Prosser Edhof, Familie Schellhorn Hinterhausberghof, Familie Fuchs Hintersalcherhof, Familie Haas Hintertiefentalhof, Familie Gruber Oberbichlinghof, Familie Unterberger Obervorlehenhof, Familie Hohlrieder Schellhornhof, Familie Prosser Steinerhof, Familie Thaler Stödlerhof, Familie Thaler Stollnhof, Familie Schöpfer Vordersalcherhof, Familie Silberberger Zettnhof, Familie Hohlrieder

Tirol_Magazin

der Krautinger vor vielen Jahren tatsächlich schwer genießbar gewesen sei. Das habe sich mit der Gründung eines eigenen Vereins 1995 dramatisch verändert, sagt er: „Die Qualität ist viel besser geworden. Früher war es ein Schnaps, heute ist es ein Destillat.“ Inzwischen ist auch die Herkunftsbezeichnung aus der Wildschönau rechtlich geschützt. Der Krautinger ist nun untrennbar mit dem schönen, aber einst kargen Hochtal südlich von Wörgl verbunden. Selbst Krautinger-Wochen gibt es alljährlich im Herbst.

D i e L a g e der Wildschönau war es auch, die überhaupt erst zur Geburt des Krautingers geführt hat: Weil sonst kaum brennbares Obst gedieh, kam man auf die Idee, die Steckrüben anzupflanzen und daraus Schnaps zu machen. 51 Höfe bekamen von Kaiserin Maria Theresia das Brennrecht dafür verliehen. Dementsprechend stolz ist man noch heute darauf, selbst wenn nur mehr 16 davon Gebrauch machen.


Foto: ©TVB Osttirol/ATTIC Film GmbH diewildenkaiser.com

NG

U TÄRK ZUR S . IATIVE TSCHAFT IT IN EINE R WIR IROLE DER T

Dahinter steckt der große Appetit, Tirol mit allen Sinnen zu entdecken. WWW.WILLKOMMEN.TIROL/IM-RESTAURANT


146 LEBEN

an. Die 28-jährige Mariella Thaler, die die Brennerei vom Vater übernommen hat, will aus dem, was für andere ein Hobby ist, ihren Beruf machen. Er soll ihr im wahrsten Sinn des Wortes zum Lebenselixier werden, als der der Krautinger von seinen Fans gerne beschrieben wird. M a r i e l l a T h a l e r hat die Touris-

musschule besucht und die Ausbildung zum Edelbrand-Sommelier absolviert. Jetzt geht sie die Sachen innovativ an. Die Arbeitsprozesse hat noch ihr Vater Josef optimiert und so manche Maschine eingeführt, ehe er einen schweren Unfall hatte: Förderbänder für die Rüben, Pumpen für den Saft … Dennoch bleibt viel zu tun, für das es viele fleißige Hände braucht: das Ernten und Reinigen der Rüben zum Beispiel. Im Gegensatz zum Edhof brennt Thaler nur vom Herbst bis in den Dezember und braucht daher die Arbeitskräfte zeitlich konzentriert. Neben zahlreichen Einheimischen arbeiten bei ihr daher auch Gäste, die sich für „Travel & Work“ – also Reisen und Arbeiten – entschieden haben. Es sei ein Versuch, meint sie.

Hobby hin, Beruf her: Das Verarbeiten der Rüben zum Krautinger ist und bleibt viel Arbeit.

Das Brennrecht liegt auf dem Hof und nicht bei einzelnen Personen. Wer also einen Hof übernimmt, hat auch dessen Recht erworben. A u f d e m E d h o f wird mit dem

Brennen begonnen, sobald die ersten Steckrüben erntereif sind. Je früher, desto besser, sagt Waltraud Schellhorn: „Wenn der erste Krautinger fertig ist, stehen die Leute schon da, um ihn zu kaufen.“ Und nach Ende der Saison geht auch die letzte Flasche noch verlässlich weg, sagt sie: „Übergeblieben ist noch keiner.“ Was auch gut sei bei aller Liebe zu Hobby und Tradition, mache man’s doch nicht aus Selbstlosigkeit. Ein Leben vom Krautinger.

„WENN DER ERSTE KRAUTINGER FERTIG IST, STEHEN DIE LEUTE SCHON DA, UM IHN ZU KAUFEN.“ Wa l t ra u d S c h e l l h o r n

Während am Edhof nur in kleinem Rahmen gebrannt wird, legt man es auf dem Steinerhof schon etwas größer Tirol_Magazin

Ebenfalls ein Versuch war es, den Krautinger in besonderen Fässern zu lagern, deren Aroma er annehmen sollte. Nach zahlreichen Tests mit unterschiedlichen Hölzern wurde es ein Akazienfass. Mariella Thaler meint nach der Verkostung des nun goldigen Destillates: „Es ist und bleibt ein Krautinger. Aber wer den mag und einmal etwas Neues probieren will, der ist hier richtig.“ Einmal pro Woche bietet die quirlige Brennerin den Gästen auch Brennereiführungen an.

B l e i b t a m E n d e die Frage: Wie schmeckt er denn nun wirklich, der Krautinger? Die Antwort: Völlig anders als in den Schauermärchen, die man sich über ihn erzählt, aber eben überraschend anders als Schnäpse, die aus Obst hergestellt werden. Nur selbst kosten macht schlau! Uwe_Schwinghammer


Ihr Partner für regionale, kundennahe und hochwertige Druckprodukte Höchste Kompetenz, professionelle Beratung und perfekte Druck-Qualität. Als Tiroler Traditionsbetrieb mit mehr als 50 Jahren Erfahrung und modernster Technologien sind wir Ihr verlässlicher Partner für alle Belange rund um Druck und Versand.

Alles aus einer Hand und gleich nebenan.

nl

F

me

eitn r e

0 5 / 2 0 16 RWF

IPM

lt- Hec

he

RWF Frömelt-Hechenleitner Werbegesellschaft m.b.H. | Alpenstraße 2 | 6111 Volders | T +43 (0)5224.52785 | office@rwf.at | www.rwf.at


NOT EVERYONE’S SPIRIT

The Wildschönau Krautinger spirit is famous and infamous, with descriptions ranging from elixir of life to undrinkable.

© ANDREAS FRIEDLE

148 LIFE

ENGLISH

English Summary

admits: “After distilling, you have to take a shower and change your clothes because the smell takes over everything.” But that doesn’t stop him from indulging in his hobby every year. He is one of only 16 distillers who produce Krautinger in the Wildschönau. F o r a h o b b y, h o w e v e r , this is a lot of work. First,

the turnips have to be planted, then harvested and washed. Next, they are chopped, squeezed and the juice obtained is boiled down to a third of the original amount. This juice is then macerated in a barrel for three to four days. Once this time has elapsed, it is distilled in two stages. E v e n M a r t i n S c h e l l h o r n thinks that Krauting-

er was actually difficult to drink many years ago. That changed dramatically when the company founded its own association in 1995, he says: “The quality has improved a lot. It used to be a schnapps, now it’s a distillate.” Meanwhile, its designation of origin from the Wildschönau has also been legally protected. Krautinger is now inextricably linked to the beautiful, but once barren high valley south of Wörgl, where too little fruit grew and therefore beetroot had to be distilled.

W

altraud and Martin Schellhorn from Edhof in Zauberwinkel have been making their Krautinger for 30 years. If you get too close to the idyllically situated house, a peculiar odour spreads, which turns out to be the unmistakable smell of the roasted beet from which the Krautinger is made. Martin Schellhorn

W h i l e d i s t i l l at i o n is only carried out on a small scale at the Edhof, the Steinerhof is taking things to the next level. 28-year-old Mariella Thaler, who took over the distillery from her father, wants to turn what is a hobby for others into her profession. In contrast to the Edhof, Thaler only distils from autumn to December. In addition to numerous locals, she also employs guests who are doing “work & travel”. It’s an experiment, she says. It was also an experiment to store the Krautinger in special barrels whose flavour it should take on. After numerous tests with different types of wood, an acacia barrel was chosen. After tasting the now golden distillate, Mariella Thaler says: “It is and remains a Krautinger. But if you like it and want to try something new, you’ve come to the right place.”

Tirol_Magazin


agtäglich arbeiten die zahlreichen Lebensmittelproduzent*innen daran, die Menschen in Tirol mit qualitativen Produkten aus der Region zu versorgen. „Die Qualität, die regionalen Zutaten, das Handgemachte und vor allem die persönliche Beratung hinter der Theke sind einzigartig und nicht austauschbar. Dafür braucht es Menschen, die dahinterstehen und sich für das Handwerk begeistern“, hebt Georg Schuler, Innungsmeister der Tiroler Lebensmittelgewerbe, hervor. Damit das auch in Zukunft so bleibt, hat die Wirtschaftskammer Tirol gemeinsam mit dem WIFI Tirol ein neues Kompetenzzentrum zur Aus- und Weiterbildung von Bäcker*innen und Konditor*innen

T

geschaffen. Mit topmoderner Ausstattung und innovativen Konzepten wird in der neuen Backstube vor allem die Ausbildung von Quereinsteiger*innen forciert. Ebenfalls einzigartig: Die multifunktionalen Räumlichkeiten werden erstmals von Bäcker*innen, Konditor*innen und Köch*innen gemeinsam genutzt, wodurch sich Synergien und flexible Möglichkeiten ergeben. Eine Investition, die sich auszahlen wird, so Innungsmeister-Stellvertreter Gerd Jonak: „Wir wollen das neue Kompetenzzentrum mit innovativen Bildungsangeboten befüllen und so dazu beitragen, die erfolgreiche Zukunft des Handwerks und der Facharbeiter*innen zu sichern.“

© WK INNUNG DER LEBENSMITTELGEWERBE TIROL

Innungsmeister-Stellvertreter Gerd Jonak, Konditor*innen-Sprecher Thomas Peintner und Innungsmeister Georg Schuler

M e h r ü b e r d i e heimischen Lebens-

mittelproduzent*innen sowie spannende Storys und Backstage-Einblicke gibt es hier: www.tirol-schmeckt.at

149

Mehr als 500 Bäckerei-, Konditorei-, Metzgerei- sowie Nahrungs- und Genussmittelbetriebe bilden das Tiroler Lebensmittelgewerbe. Um die regionale Nahversorgung auch in Zukunft zu sichern, investiert die Wirtschaftskammer Tirol in die Ausbildung von Fachkräften und Quereinsteiger*innen.

WIRTSCHAFTSKAMMER

Investition in die Zukunft


150 TIPPS

Bücher

TIROL ZUM BLÄTTERN Bücher von und über Tirol. Unterhaltsames, Informatives, zum Schauen, Lesen und Schmökern.

Alpine Wildnis - Zeitlose Schönheit Karl Seidl/Bernd Lenzer, Tyrolia, 208 Seiten, EUR 38,00 Die Hauptrolle in diesem prächtigen Bildband spielt die Osttiroler Bergwelt, über Jahrzehnte von Karl Seidl mit der Kamera eingefangen. Er hat die Natur durch alle Jahreszeiten begleitet, aber auch manche zweibeinige Weggefährten porträtiert: Hüttenwirtinnen, Jäger, Ranger. Ergänzende Texte liefert Bernd Lenzer, selbst früher Nationalpark-Ranger. Er kennt seine Heimat ebenso im Detail wie Seidl und berichtet unter anderem von der Bewirtschaftung steiler Bergmähder mit Steigeisen oder 500 Jahre alten Lärchen.

Amraser Matschgerer Amraser Matschgerer, Universitätsverlag Wagner, 204 Seiten, EUR 39,90 Fasnachtsbräuche haben in Tirol große Bedeutung. So auch in Amras, einem dörflich gebliebenen Stadtteil von Innsbruck. 2020 wurde das dortige Brauchtum zum immateriellen UNESCOWeltkulturerbe erklärt. Anlass genug, die Amraser Matschgerer in einem Buch unter die Lupe zu nehmen.

Als Saboteur zum Brennerpass Hans Joachim Löwer, Athesia, 224 Seiten, EUR 28,00 1944 springt der Amerikaner Roderick Hall in Norditalien mit dem Fallschirm ab, um sich den Partisanen anzuschließen. Nach einigen Operationen im Belluno will der US-Agent sich endlich seinem Ziel widmen, die Eisenbahnlinie am Brenner zu zerstören. Doch dieses sollte Hall nie erreichen. Tirol_Magazin

Die Tiroler Habsburger Anton Prock, Tyrolia, 248 Seiten, EUR 29,00 Vom „Friedl mit der leeren Tasche“ und „Sigmund dem Münzreichen“ lernen Kinder in Tirol schon in der Volksschule. Doch neben diesen berühmten Vertretern der Tiroler Habsburger gab es noch viele andere, die das Land rund 250 Jahre lang in Politik, Kultur und Wirtschaft massiv und nachhaltig prägten.


1 st u n d e r k en ko st en lo s pa r) (t ie fgarage

gege nü be

dr.-Felix-bunzl-strasse 1 • a-6112 wattens • tel.+43 5224/57402 • MOntag bis freitag von 09.00 bis 12.00 uhr und 1 5.00 bis 18.00 uhr


152 TIPPS

FREUND FÜRS LEBEN

© TIROL WERBUNG/ANDREAS JAKWERTH

Steiff-Bär „Pauli“ mit seinen dunklen Knopfaugen muss man einfach lieb haben – auch wenn man kein Kind mehr ist. Mit seiner Größe von 28 Zentimetern ist der beige Plüschbär ein treuer Gefährte für alle Lebenslagen. Mit seinem extraweichen Fell lädt der Teddy nicht nur zum Kuscheln und Schmusen ein, er tröstet auch über kleine oder größere Wehwehchen hinweg und wärmt die Seele durch den Winter. Um 49,90 Euro erhältlich im Tirol Shop (Maria-TheresienStraße 55, Innsbruck) oder unter www.tirolshop.com.

Tirol_Magazin


TIPPS

153

KURZ & BÜNDIG

ZUM TRINKEN, WASCHEN UND CREMEN

© MARIA KIRCHNER

Der Galtürer Enzner, ein herber, erdiger Brand aus der Wurzel des Gelben Enzians, ist eine ebenso wahre wie rare Besonderheit des Paznaun. „Ein Enzner hilft gegen fast alles“, wissen die Einheimischen. Ab sofort hilft der Enzian nicht nur von innen, sondern auch äußerlich. Alexandra Walter und Heidrun Walter gründeten vor einiger Zeit ihr Unternehmen Enzian cultiviert, mit dem sie die Blätter und Blüten des Gelben Enzians, die bei der Schnapserzeugung als Nebenprodukt ungenutzt blieben, zu Seifen und Lotions für Gesicht und Körper verarbeiten. Verkaufsstellen und Onlineshop unter www.enzner.at/shop.

Purer Geschmack! Am Eggenhof in Reith im Alpbachtal wird nicht nur Schnaps gebrannt, es werden dort auch Gemüse und Früchte aus eigenem Anbau gefriergetrocknet und der pure Geschmack ins Glas gefüllt – vom Reschen Ronni (Bio-Rote-Rüben) bis zur Heiteren Hilda (Himbeeren). eggenhof.com

„Ohne die Kälte des Winters gäbe es die Wärme des Frühlings nicht.“ Laozi

© HELGE KIRCHBERGER PHOTOGRAPHY / RED BULL CONTENT POOL

ESSEN

SPITZENKOCH

TRINKEN

BITTE ZU TISCH Das Kaiserjägermuseum am Innsbrucker Bergisel beim TIROL PANORAMA gibt Einblicke in die Militärgeschichte Tirols vom 19. bis ins 20. Jahrhundert und präsentiert dabei immer wieder spannende Sonderausstellungen. Bis 29. April 2024 steht diese unter dem Thema „Tischkultur der Kaiserjäger“. Porzellan, Gläser und Tafelsilber veranschaulichen, wie zur Blütezeit der Jägertruppe um 1900 am Bergisel gespeist und gefeiert wurde. www.tiroler-landesmuseen.at

Molkebier. Zum ersten Mal wurde heuer in Tirol der Lebensmittelinnovationspreis verliehen. Gewonnen hat den das „Ku Brew“, das aus einer Kooperation von Bierol und den Milchbuben entstanden ist. Aus Molke wurde dabei ein erfrischendes Bier entwickelt. www.bierol.at

Benjamin Parth ist in Gourmetkreisen längst kein Unbekannter mehr. Der junge Spitzenkoch hat sich in seinem Restaurant Stüva im 4****S-Boutiquehotel YSCLA in Ischgl in die Topliga emporgearbeitet. Im vergangenen Jahr hat ihm der renommierte österreichische Kulinarikguide Gault&Millau zum ersten Mal die Höchstwertung von 5 Hauben und 19 Punkten verliehen. Seine Bestplatzierung wurde im neuen Guide bestätigt. Die Begründung waren die „atemberaubende Qualität der Gerichte, die vollendete Zubereitung, ein Höchstmaß an Präzision im Umgang mit Temperaturen und Logistik und eine Produktversessenheit hinsichtlich der Qualität von Zutaten“. Chapeau!


154 TIPPS

KURZ & BÜNDIG

MITBRINGEN

KLEINOD DER SCHÖNEN DINGE In Tirol gibt es viele wunderbare kleine Lieblingsläden, Orte, an denen man nichts Bestimmtes sucht und es trotzdem findet. Wo die Inhaberinnen und Inhaber mit Leidenschaft dabei sind und das Sortiment nicht nur mit viel Liebe, sondern auch mit Geschmack und Mut zusammenstellen. Persönlich mögen wir Petra Kaminsky’s Concept Store in der Schlossergasse im zauberhaften Hall ganz besonders. Hier gibt’s viel Platz für die zahlreichen schmucken Stücke, modische Feinheiten und Accessoires. Neben bekannten liebgewonnenen Brands kommen auch immer wieder neue Labels dazu. www.petrakaminsky.at

Winter-Wohlfühlen. Wenn man winters eines braucht, dann ist es eine Kuscheldecke! Die graue Baumwoll-Fransen-„Schneedecke“ ist mit 150 x 200 Zentimetern fein groß, made in Austria und macht auf jedem Sofa eine gute Figur. Um 89,90 Euro erhältlich im Tirol Shop in Innsbruck oder unter tirolshop.com

J E N S E I T S V O N E I N H E I T S G E S C H M AC K Es waren seine argentinische Wurzeln und der Matetee, die Nikolaus Leuprecht dazu inspiriert haben, aus verschiedensten Zutaten neue Drinks zu kreieren. 2017 gründete er sein Unternehmen nako Sirup und stellt seitdem mit seiner Frau Ariane hochwertige Sirupe aus regionalen Zutaten her. Angefangen hat man in den Innsbrucker Viaduktbögen, mittlerweile ist nako Sirup in Thaur zuhause. Heimische Sorten wie die Zirbe sind besonders gefragt, Pfefferminze sowieso. www.nako.tirol PUDERROSA Die Winter in Tirol können ganz schön kalt werden, deshalb findet sich in unseren Schränken ein ganz bestimmtes Key-Piece: Eine wärmende, maximal funktionale und trotzdem leichte Jacke, die uns noch dazu stylisch durch die Jahreszeit bringt. Im heurigen Jahr ist in die Innsbrucker RathausGalerie ein Store von Colmar eingezogen, in dem wir nicht nur dafür fündig werden. Aktuell gefällt uns die feminine Damenjacke von Colmar ORIGINAL, die mit ihrer schillernden Optik und dem Satineffekt ein echter Hingucker ist. Im Shop gesehen um 455 Euro.

IMPRESSUM E r s c h e i n u n g s w e i s e : 2 x jährlich _ A u f l a g e p r o M a g a z i n : 25.000 Stück

H e r a u s g e b e r & M e d i e n i n h a b e r : eco.nova Corporate Publishing Senn & Partner KG, 6020 Innsbruck, Tel.: 0512/290088, redaktion@econova.at, www.econova.at _ C h e f r e d a k t i o n : Uwe Schwinghammer _ R e d a k t i o n : Alexandra Keller, Christiane Fasching, Marian Kröll, Ivona Jelčić, Marina Bernardi _ M i t a r b e i t : Martin Weissenbrunner _ L a y o u t : Tom Binder _ A n z e i g e n v e r k a u f : Ing. Christian Senn, Christoph Loreck, Mag. Sandra Nardin, Matteo Loreck, Daniel Christleth F o t o r e d a k t i o n : Andreas Friedle, Marian Kröll, Isabelle Bacher, Tom Bause _ Ü b e r s e t z u n g e n : Viktoria Leidlmair L e k t o r at : Mag. Christoph Slezak _ D r u c k : RWf Frömelt Hechenleitner GmbH _ U n t e r n e h m e n s g e g e n s ta n d : Die Herstellung,

der Verlag und der Vertrieb von Drucksorten aller Art. C o v e r f o t o : Photography by Thomas Pfister

Tirol_Magazin


NOCH 10

EINHE I VERFÜ TEN GBAR

NEUBAU AM WEERBERG/SUNNBICHL: EXKLUSIVES WOHNEN MIT ATEMBERAUBENDER AUSSICHT

KONTAKTDATEN:

Claudia Elzenbaumer claudia.elzenbaumer@raiffeisen-immobilien-tirol.at +43 664 6211156


CHARLIZE THERON


Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.