eco.nova April 2024

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APRIL 2024 | P.B.B. VERLAGSPOSTAMT 6020 INNSBRUCK | ZNR. GZ 02Z030672 M | EURO 3.00

N° 03

Warum wir in interessanten Zeiten leben. KLIMAKONTROLLVERLUST:

FORSCHUNG VERSTEHEN:

ZUKUNFT ERMÖGLICHEN:

Sind wir noch zu retten?

Wissenschaft schafft Wissen

Das Morgen beginnt heute


DIAGNOSTICS

-

BIOHACKING

-

EPIGENETICS

COACHING

FUNCTIONAL MEDICINE - PERFORMANCE LAB - SUPPLEMENTS

toxisches raus. lebensenergie rein. mehr Leistungsfähigkeit, Lebensenergie & Gesundheit durch medizinisch fundierte Lifestyle Optimierung.

Amraser-See-Straße 56, Menardi Center II, 4 OG, 6020 Innsbruck +43 (0) 512 346 437 · health-performance-institute.at


© BLICKFANG PHOTOGRAPHIE

eco.edit

eco.nova-Herausgeber Sandra Nardin (re.) und Christoph Loreck mit Chefredakteurin Marina Bernardi

GUTE ZEITEN, SCHLECHTE ZEITEN Wir sind in der Regel keine negativen Menschen, sondern stets geprägt von Zukunftsoptimismus. Für diese Ausgabe ist uns das nicht ganz so leicht gefallen. Der totalen Apokalypse erteilen wir dennoch eine Absage, weil neben den negativen Dingen auch ganz viel Gutes passiert.

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s gibt Menschen, die, wie’s scheint, schon aus Prinzip in allem das Schlechte(ste) sehen. Das Glas ist stets halbleer, die Wolken immer dunkel und die Zukunft ohnehin zum Verschmeißen und wir fragen uns das ein oder andere Mal, ob eben jene Leute sich freuen, wenn wirklich etwas Schlimmes passiert, nur um sagen zu können, sie hatten Recht und es sowieso und überhaupt immer schon gewusst. Zugegeben, vieles läuft schief auf dieser unserer Erde. Den Kopf in den Sand zu stecken und beim Auftauchen zu hoffen, alles wäre wieder in Ordnung, funktioniert im Allgemeinen allerdings nur so mittelgut. Das Problem der derzeitigen Gemengelage: Gegen manches, das gerade passiert, kann der Einzelne hierzulande in der Tat wenig tun. Wir werden keine Kriege beenden, Terrororganisationen oder Quasi-Diktatoren in die Schranken weisen können. An einigen Punkten hingegen kann jede*r bei sich ansetzen und zumindest im Kleinen versuchen, die Welt ein bisschen besser zu machen. Indem man anderen „Wo kämen wir hin, wenn alle sagten: mit Offenheit und Toleranz und dem Leben geneWo kämen wir hin? rell mit Neugierde begegnet zum Beispiel. Indem Und niemand ginge, um nachzuschauen, man andere Meinungen zulässt und seine eigene wohin man käme, wenn man ginge.“ ab und an hinterfragt. Es hindert einen nichts daran, durch Gespräche klüger zu werden. Und KURT MARTI, PFARRER UND SCHRIF TSTELLER indem man fürs große Ganze bewusst aufs Klima schaut, selbst wenn das bedeutet, sein Verhalten dafür zu ändern. Manchmal reichen dafür kleine Schritte und die tun einem selbst langfristig gesehen meist gar nicht weh. Gewohnheiten zu ändern, kann sogar durchaus eine Bereicherung fürs eigene Leben sein. Wir leben definitiv in interessanten Zeiten. Angelehnt haben wir diese Zeile am Cover übrigens am – vermutlich – Chinesischen Sprichwort „Mögest du in interessanten Zeiten leben“. Ursprünglich war dieses als Fluch oder Verwünschung gedacht, aktuell ist „interessant“ indes eine recht gute Zustandsbeschreibung, wie wir finden, weil dem Wort die Eindeutigkeit zu fehlen scheint. Grundsätzlich ist der Begriff positiv konnotiert, auf der anderen Seite wird er vor allem ironisch verwendet ins Gegenteil verkehrt und so quasi zu Schrödingers Begrifflichkeit. Unser Tipp: Wenn Sie eine Sache auf zwei Arten betrachten können, nehmen Sie die positive. Ihre Redaktion der eco.nova

HINWEIS: Für alle, die sich wundern, warum aus unserer Papier-Umverpackung vermeintlich wieder Plastik wurde: Das wurde es nicht. Die Bio-Folie, aus der Sie die eco.nova entnommen haben, besteht aus biologisch abbaubarem Material, ist kompostierbar und darf in den Biomüll. In Sachen Ökobilanz steht die neue Hülle der Papiervariante also um nichts nach.

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FOTOS: MARIAN KRÖLL, ISABELLE BACHER , TOM BAUSE, ANDREAS FRIEDLE, PETER KOREN

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E C O .T I T E L 14

KLIMAKONTROLLVERLUST

Wie ernst die Lage tatsächlich ist, hat uns der international renommierte Klima­forscher Georg Kaser im Gespräch verdeutlicht.

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IM KREIS GEDACHT

Wie mit der Kreislaufwirtschaft wirtschaftliche und soziale Chancen einhergehen.

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IN KLEINEN DOSEN

Nachhaltige Projekte und Initiativen aus Tirol.

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WILDE ZUKUNFT

Um Biodiversität zu sichern, genügt es nicht, die verbleibende natürliche Umwelt intakt zu lassen, wir müssen auch bereits beschädigte Natur wiederherstellen.

E C O .W I R T S C H A F T

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MENSCH TRIFFT TECHNIK

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DER MÖGLICHKEITEN-SAMMLER

Der Zukunfts- und Trendforscher Andreas Reiter denkt über das Morgen nach, das heute beginnt.

ECO.GELD

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VER(UN)SICHERUNG

Versicherungsmathematiker warnen davor, dass die Risiken des Klimawandels systematisch unterschätzt werden.

ECO.MOBIL

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NACHHALTIGES ERBE

Der Avenger ist das erste voll­ elektrische Auto der Marke Jeep.

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WUNSCHERFÜLLER

Als erster echter Elektrokombi trifft der MG5 Electric genau, was sich viele lange gewünscht haben.

ECO.LIFE

Seit über 70 Jahren steht das Familienunternehmen BLASY für Tradition und Innovation.

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Tanz ist eine Sprache, die jeder versteht. Die Limonada Dance Company beherrscht sie perfekt.

ECO.ZUKUNFT

Mit dem Auftreten von SARSCoV-2 hatte es plötzlich auch die Bevölkerung in Sachen Forschung eilig, was der Wissenschaft rückblickend nicht zwingend einen Gefallen getan hat.

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IN DIE ZUKÜNFTE DENKEN

Antje Bierwisch beschäftigt sich am MCI unter anderem mit Methoden, um auf alle erdenklichen Zukünfte vorbereitet zu sein.

ITALIANITÁ

In der Fattoria La Vialla in der Toskana ist italienisches (Bio-) Lebensgefühl daheim.

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umringt von freunden auf unserer beheizten terrasse sitzen, den hippen drink schon in der hand, in freudiger erwartung auf die tapas aus grander‘s küche.

TANZMAGIE

03 EDITORIAL 08 AUFGEFALLEN 10 KOMMENTAR 48 EMPLOYER BRANDING 81 ECO.SERVICE 104 IM.GESPRÄCH 106 KULTUR.TIPP

HER AUSGEBER & MEDIENINHABER: eco.nova Verlags GmbH, Hunoldstraße 20, 6020 Innsbruck, 0512/290088, redaktion@econova.at, www.econova.at GESCHÄF T SLEITUNG: Christoph Loreck, Mag. Sandra Nardin A S SIS TENZ: Martin Weissenbrunner CHEFREDAK TION: Marina Bernardi REDAK TION: eco.wirtschaft: Marian Kröll, Alexandra

Keller, MMag. Klaus Schebesta, Christiane Fasching, DI Caterina Molzer-Sauper, Lisa Prantl // eco.zukunft: Doris Helweg // eco.geld: Michael Kordovsky // eco.mobil: Felix Kasseroler // steuer.berater: Dr. Verena Maria Erian // eco.life: Marina Bernardi ANZEIGENVERK AUF: Ing. Christian Senn, Matteo Loreck, Daniel Christleth L AYOUT: Tom Binder LEK TOR AT: Mag. Christoph Slezak DRUCK: Radin-Berger-Print GmbH UNTERNEHMENS GEGENS TAND: Die Herstellung, der Verlag und der Vertrieb von Drucksorten aller Art, insbesondere der Zeitschrift

eco.nova. GRUNDLEGENDE RICHT UNG: Unabhängiges österreichweites Magazin, das sich mit der Berichterstattung über Trends in den Bereichen Wirtschaft, Wissenschaft, Architektur, Gesundheit & Well­ness, Steuern, Recht, Kulinarium und Life­s tyle beschäftigt. Der Nachdruck, auch auszugsweise, sowie anderwertige Vervielfältigung sind nur mit vorheriger Zustimmung des Herausgebers gestattet. Für die Rücksendung von unverlangt eingesandten Manuskripten und Bildmaterial wird keine Gewähr übernommen. Namentlich gekennzeichnete Beiträge stellen nicht unbedingt die Meinung der Redaktion dar. JAHRE SABO: EUR 29,00 (13 Ausgaben). // Sind Beiträge in dieser Ausgabe in der Kopfzeile mit dem FIRMENNAMEN gekennzeichnet, handelt es sich um BEZAHLTE ANZEIGEN bzw. KOOPERATIONEN!

das grander +43 (0) 52 24 52 6 26 info@das-grander.at das-grander.at

WISSENSCHAFT SCHAFFT WISSEN

frühlingsgefühle auf den punkt.


WIRTSCHAF

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wirtschaft & unternehmen

Wer’s ganz genau wissen will, findet alle ausgezeichneten, familienfreundlichen Betriebe unter dem QR-Code.

Sinn und -stiftung Monetäre Anreize bieten meist nur kurzfristig Befriedigung. Generell und speziell im Job. Für die neue Art der Mitarbeiter*innen dient Arbeit auch der Erfüllung ideeller Aspekte. Es geht um Sinnstiftung, Orientierung und die viel bemühte Work-Life-Balance. Das hat zur Folge, dass sich heute nicht mehr nur Arbeitnehmer*innen selbst verkaufen müssen, vielmehr müssen es auch Arbeitgeber*innen. Employer Branding nennt sich das – um gute Mitarbeiter*innen auf der einen Seite erst mal zu finden und sie auf der anderen schließlich zu halten. Mitarbeiter*innen und Unternehmer*innen kommen dabei immer mehr drauf: Geld allein macht nicht glücklich. Vor allem in Bereichen, in denen man ohnehin bereits gut verdient. Ein Aspekt, um sich für einen Job zu entscheiden, ist die Vereinbarkeit von Beruf und Familie – wenn auch vorrangig so nicht ausschließlich für Frauen. Das Land Tirol ehrt dabei jährlich die familienfreundlichsten Betriebe und holt sie entsprechend vor den Vorhang. Die Auszeichnung wird in den fünf Kategorien an private Wirtschaftsunternehmen, klassifiziert in „bis 20 Mitarbeiter*innen“, „21 bis 100 Mitarbeiter*innen“ und „ab 101 Mitarbeiter*innen“ sowie öffentlich-rechtliche Unternehmen/Institutionen und Non-Profit-Unternehmen/Institutionen, vergeben. 72 Betriebe sorgten heuer für einen Teilnehmerrekord. Auf den Kategorieplätzen eins finden sich die ÖSB Consulting GmbH, die Richard Planer GmbH und die Raiffeisen-Landesbank Tirol AG, außerdem die Universität Innsbruck und die Aktion Tagesmütter/-väter Tirol. Ausgezeichnet wurden zudem unter anderem die Hypo Tirol Bank, SPAR und das Reisebüro Idealtours, das unter anderem flexible Arbeitszeiten und Homeoffice, einen einfacher Wiedereinstieg nach der Karenz sowie zahlreiche Weiterbildungsmöglichkeiten bietet.


T Y R O L I T AU F R I G O R O S E M E X PA N S I O N S K U R S

© FRANZ OSS

Ende September 2023 hat die Tyrolit Gruppe alle Aktien der Acme Holding Company (Acme Abrasives ist ein spezialisierter Schleifmittelhersteller und -anbieter mit Sitz in Michigan) übernommen und mit der insgesamt siebten Produktionsstätte in den USA ihre Position am US-Markt deutlich gefestigt. Anfang des heurigen Jahres hat der Schwazer Schleifmittelhersteller durch die Akquisition von ATS, einem Großhändler, Importeur und Konfektionär von Schleifwerkzeugen mit Sitz in Melbourne, seine Sichtbarkeit am australischen Markt gestärkt. Und um den Geschäftsbereich Floor Grinding & Surface Preparation strategisch auszubauen und damit gleichzeitig die Marktpräsenz in der Bauindustrie, investierte die Tyrolit Group kürzlich in das deutsche Unternehmen Contec Maschinenbau & Entwicklungstechnik GmbH. Contec mit Sitz im Westerwald ist ein weltweit führender Anbieter von hochmodernen Maschinen für die Oberflächenvorbereitung und -bearbeitung, darunter Bodenfräsen, Kugelstrahlanlagen, Bodenstrippen, Schleifmaschinen und Absauganlagen. Wir sind gespannt, wie das heurige Jahr weitergeht.

Michael Gsaller, Stadtmarketing Hall in Tirol, Wirtschaftskammer-Bezirksstellenobmann Franz Jirka, Michael Mairhofer, Geschäftsführer der Industriellenvereinigung Tirol, Landesrätin Astrid Mair, Sarah Brandacher, Innsbruck Marketing, Werner Schiffner, Obmann des Tourismusverbandes Region Hall-Wattens, Petra Pöschl, Stadtmarketing Hall in Tirol, Halls Bürgermeister Christian Margreiter, Philipp Graber, Geschäftsleiter Bauwaren CANAL & CO, SWAROVSKI-OPTIK-CEO Stefan Schwarz und Otto Reichholf, Geschäftsführer Abfallwirtschaft Ahrental GmbH

KOMMEN SIE, SCHAUEN SIE! Seit 2016 organisiert das Stadtmarketing Hall in Tirol in Partnerschaft mit dem Land Tirol, der Wirtschaftskammer Tirol, der Industriellenvereinigung Tirol und dem Innsbruck Marketing jährlich ihr „Offenes Werkstor“. Das österreichweit einzigartige Veranstaltungsformat ermöglicht es, Betriebe in der Region kennenzulernen, gleichzeitig bietet der Tag heimischen Industrie- und Gewerbebetrieben eine Bühne, um sich zu präsentieren.12 Betriebe, 6 Touren, 2 mal 99 Minuten – so lauten kurz zusammengefasst die Fakten für das siebte Offene Werkstor, für das auch heuer wieder ein spannender Mix aus neuen und bekannten Unternehmen sowie Betrieben der ersten Stunde auf der Teilnehmerliste steht. Die Besucher*innen können dabei bei sechs Touren je zwei heimische Unternehmen bei Rundgängen, Präsentationen und Gesprächen vor Ort erleben. Die Bustouren starten und enden in Hall und führen zu Betrieben im Ort sowie in Absam, Mils, Innsbruck, Sistrans, Matrei und Völs. S AV E THE D AT E

OFFENES WERKSTOR HALL, DONNERSTAG, 13. JUNI 2024 Infos zur Veranstaltung und den zwölf Betrieben unter www.offeneswerkstor.at, via Facebook oder Instagram

© BLICKFANG PHOTOGRAPHIE

eco.wirtschaft

eco.mmentar

Marina Bernardi, Chefredaktion

Bienchen summ herum Wir müssen sowieso denken, warum dann nicht positiv? Nach dem leidigen Corona-Schlamassel der vergangenen Jahre ist „positiv“ endlich wieder etwas Gutes. Und was passiert? Die allgemeine geopolitische Gemengelange setzt eine solche Negativspirale in Gang, wie man sie selten erlebt hat. Hinzu kommt das große Thema des Klimawandels mit all seinen verheerenden Auswirkungen auf unterschiedlichsten Ebenen. Und anstatt dass man versuchte, Dinge gemeinsam zu lösen, driftet auch noch die Gesellschaft auseinander. Politisch wird vermehrt an die Ränder gerückt (beidseitig übrigens), Verschwörungsgeschichtenerzählungen nehmen zu, weil der „Mainstream“ generell und überhaupt sowieso vollumfänglich böse, beeinflusst und gekauft ist, SchwarzWeiß-Denken vertreibt alle Facetten des gesellschaftlichen Bunt und wenn ein amerikanischer Präsidentschaftsanwärter davon spricht, dass im Falle seiner Nichtwahl „es im Ganzen ein Blutbad geben wird“, wird das lediglich mit einem kurzen kopfschüttelnden Achselzucken quittiert. Schön ist das alles nicht und es braucht eine gehörige Portion Resilienz, um sich trotz all des chaotischen, teils abstrusen Außen ein halbwegs harmonisches Innen zu bewahren. Deshalb wünsche ich Ihnen an dieser Stelle ganz viel positive Energie. Optimismus liest sich rückwärts übrigens „Sumsi mit Po“. Ich finde, Sie sollten das wissen. Anregungen und Kommentare bitte an bernardi@econova.at

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eco.porträt

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eco.porträt

DER KLIMAREBELL

© ALEXANDRA ERHART

Vor kurzem hat die Edelbrennerei Kostenzer in Maurach ein komplett neues Energiesystem implementiert. Strom kommt aus der eigenen Photovoltaikanlage, außerdem wurde in eine Luft-Wärmepumpe und einen Stromspeicher investiert, für den Fuhrpark wurden zwei Elektroautos angeschafft. Geführt wird die Brennerei aktuell von Sohn Clemens Kostenzer und Tochter Carmen Kostenzer gemeinsam mit Mutter Irmi, gegründet wurde sie 1998 von Franz Kostenzer. Und auch wenn der nicht mehr aktiv im Unternehmen tätig ist, so ist er dennoch der Quer- und Weiterdenker der Familie und gedanklicher Mastermind hinter dem Konzept – getreu seinem Motto: „Tun statt kleben.“ Mögen wir!

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eco.mmentar

DIE SACHE MIT DER DEINDUSTRIALISIERUNG Große Tiroler Leitbetriebe kämpfen mit enormem Kostendruck und Schwierigkeiten, mit ihren Preisen am Weltmarkt Käufer zu finden. Damit gerät eine wesentliche Säule am Standort Tirol ins Wanken.

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amhafte Wirtschaftsvertreter warnen eindringV O N K L A U S S C H E B E S TA lich vor Deindustrialisierung. Viele Menschen können mit diesem Begriff wenig anfangen. Etwas, was so sperrig klingt, kann doch nicht ernsthaft ein Problem sein. Hier in Tirol. Im Tourismusland. Deindustrialisierung bedeutet nichts anderes, als dass der Industrie langsam die Luft ausgeht. Schlimm für das Ruhrgebiet oder die Autozulieferindustrie in der Steiermark, denken manche. Die Industrie ist aber auch eine der wichtigsten Säulen in Tirol. Die über 400 Tiroler Industriebetriebe haben mehr als 40.000 Beschäftigte und erwirtschaften einen Produktionswert von über 14 Milliarden Euro. Wenn man ein bisschen nachdenkt, dann fallen einem einige Namen ein, die am Standort Tirol über den Tourismus hinaus Akzente setzen: Egger, Plansee, Swarovski, Swarco, Innio, Stihl, Tyrolit, Med-El, Thöni, um nur einige zu nennen. Sie alle passen nicht in das Bild von lärmenden Fabriken und rauchenden Schloten. Die heimische Industrie setzt auf Hightech und eine verträgliche Verankerung in der jeweiligen Region. Trotzdem ist auch sie von Deindustrialisierung gefährdet. Wo liegt das Problem? Es ist eigentlich nicht ein Problem, es ist eine Summe aus Problemen, mit denen Tirols Leitbetriebe zu kämpfen haben. Die Energiepreise sind in die Höhe geschossen, die österreichische Ministerialbürokratie ist berüchtigt für ihren Einfallsreichtum, Grund und Boden für Betriebserweiterungen sind teuer, der Arbeitsmarkt ist ausgetrocknet und die Kollektivvertragsverhandlungen der letzten drei Jahre haben die Lohnkosten nach oben getrieben. Der europäische Green Deal mit seinen 800 Vorschriften und insgesamt 5.000 Seiten neuer Bürokratie macht die Sache auch nicht einfacher. Die USA fördern übrigens auch mit ihrem Inflation Reduction Act grüne Technologien, aber wesentlich effizienter und unbürokratischer. In den letzten zwei bis drei Jahren ist die Schere zu ande-

ren Standorten massiv auseinandergegangen. Genau das ist der Knackpunkt, denn die großen Player der Industrie haben einen Exportanteil über 90 Prozent. Sie konkurrieren nicht mit anderen Bundesländern, auch nicht nur mit europäischen Nachbarstaaten, sie konkurrieren mit Unternehmen in der ganzen Welt. Dabei geht es um Qualität und Preis. Aber irgendwann ist der Punkt erreicht, wo selbst die beste Qualität nicht mehr ausreicht, um den kalkulatorisch nötigen Preis zu rechtfertigen. Bereits 40 Prozent der österreichischen Industriebetriebe haben aus diesen Gründen in den letzten drei Jahren Teile in andere Staaten verlagert, wie eine aktuelle Deloitte-Studie belegt. Wenn Produktionen erst einmal ausgelagert sind, kommen sie nicht mehr zurück. Sobald sich das Management mit der tropischen Hitze, den neuen Gesetzen und Verordnungen und der ortsüblichen Korruption arrangiert hat, bleibt es auch dort. Eigentlich sollten Umwelt-NGOs Fans der heimischen Industrie sein. Bei uns gelten die strengsten Umweltstandards der Welt. Wenn Produktionen abwandern, sind sie halt sonstwo am Globus, aber das hilft dem Klima nichts. Im Gegenteil: Es darf als sicher angenommen werden, dass Fabriken etwa in Schwellenländern höhere Emissionen verursachen, weil die entsprechenden Vorschriften fehlen. Wenn Umweltschützer so ganzheitlich denken, wie sie von sich selbst behaupten, sollten sie dazu beitragen, dass Industriebetriebe bei uns im Land bleiben. Jetzt gibt es zwei Möglichkeiten. Man kann das Problem ignorieren und als Gejammere von unersättlichen Industriebossen abtun. Oder die Politik erkennt die Warnsignale und handelt. In Form von Energiesicherheit, dem Ausbau erneuerbarer Energiequellen, der Lockerung der Steuerschraube, einem Ausforsten der Bürokratie und ähnlichen Entlastungsschritten. Wenn wir wollen, dass unsere Produktionsbetriebe in zehn Jahren noch eine nennenswerte Rolle in Tirol spielen, dann sollten wir uns Option zwei überlegen.


eco.wirtschaft

NATUR NATUR M

it dem Blick durch die philosophische Brille ist es gar nicht so einfach, den Begriff „Natur“ genau zu definieren. Natürlich könnte man sie etwa vom Geist, der Freiheit, der Kultur oder der Gesellschaft unterscheiden. „Was aber, wenn der Geist selbst eine natürliche Erscheinung wäre? Was, wenn die Freiheit als speziell menschliche Fähigkeit zur menschlichen Natur gehörte? Und was, wenn man unsere kulturellen Gebundenheiten und Gewohnheiten als zweite Natur beschreibt?“, fragt Armin Nassehi. Ideengeschichtlich hat man die Natur lange Zeit nahe am Göttlichen angesiedelt, zu dessen Geschöpfen eben auch die Natur gehöre. „Natur“, im Griechischen „physis“, beschrieb den grundlegenden Charakter der beweglichen Welt und bereits in der stoischen Philosophie kam die Idee einer naturgemäßen Lebensform auf. Das weise, argumentiert Nassehi, als normative Idee darauf hin, dass menschliche Lebensformen vom Naturgemäßen abweichen, es verfehlen, vielleicht sogar erweitern können. In der Tradition Immanuel Kants ist die Natur die Sphäre der Naturkausalität bzw. Notwendigkeit, der die vernünftige Sphäre der Freiheit gegenübersteht. Wäre das menschliche Verhalten durch eine Naturnotwendigkeit festgelegt, könnte es ein eigenes, freies Handeln gar nicht geben. Natur wird als die andere Seite des spezifisch Menschlichen gebraucht. Die Entschlüsselung des menschlichen Genoms und die Frage nach dessen Manipulierbarkeit hat eine Debatte über „die menschliche Natur“ ausgelöst. Der Mensch ist zweifellos nicht ausschließlich Natur, sondern kann eine reflexive Einstellung zu sich und seinem Verhalten gewinnen und dadurch jene gegennatürliche, menschliche Welt erschaffen, die als Kultur bezeichnet wird. „Die Freiheit des

Menschen“, argumentiert Nassehi, „ist von der Unsichtbarkeit seiner eigenen Bedingungen abhängig, also davon, was der Freiheit des Menschen entzogen ist.“ Die klare Trennung von (notwendiger) Natur und (freier) Kultur ist zentrales Moment der Unbedingtheit menschlicher Lebensformen. Der Philosoph Jürgen Habermas, der sich intensiv mit dem Natur- und Kulturbegriff auseinandergesetzt hat, appelliert in Bezug auf die Manipulation der natürlichen Grundlagen des Menschlichen: „Entscheidet Euch für die Aufrechterhaltung des Reservats der Unverfügbarkeit; entscheidet Euch für die Aufrechterhaltung eines Raumes, der Eurer Entscheidung entzogen bleibt!“

GESELLSCHAFTLICHE GRUNDBEGRIFFE

Ein Glossar der öffentlichen Rede Verlag C. H. Beck 399 Seiten, EUR 29,90 Armin Nassehi geht es in seinem Buch um die Rekonstruktion des Eigensinns und Sinnüberschusses von Begriffen, die allzu selbstverständlich klingen.

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eco.titel

DIE VIER NEUEN REITER DER… We’ve Tried Nothing and We’re All Out of Ideas! TEXT: MARIAN KRÖLL

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riggerwarnung, jetzt wird‘s kurz ein wenig biblisch: In der Johannesoffenbarung, dem letzten Buch des Neuen Testaments, ist von den Vier Reitern der Apokalypse die Rede. Sie symbolisieren – je nach Auslegung gibt es auch andere Interpretationen – die Pest, den Krieg, die Teuerung und den Tod, der auf dem dürren Klepper hintendreingeritten kommt. Seuchen, Kriege und Teuerung sind nach wie vor aktuell und der Tod gehört zum Leben wie das – Verzeihung! – Amen im Gebet. Diese unheilvolle Reiterherde ließe sich zu unserem kollektiven Leidwesen heutzutage leider ganz einfach zumindest verdoppeln, denn manches, was sich gerade vor unseren Augen auf diesem Planeten zuträgt, hat gar nicht wenig apokalyptisches Potenzial.

K L I M AWA N D E L : IT’S GETTIN’ HOT IN HERE

„So take off all your clothes“ wird im gleichnamigen Lied empfohlen. Eine Empfehlung, die uns in Zeiten eines sich beschleunigenden Klimawandels – je nach Gusto kann man diesen getrost leugnen/ ignorieren oder aber von Erderwärmung oder gar -erhitzung sprechen – nicht viel nützen wird. Das Weltklima gerät aus den Fugen. Uns drohen nämlich in immer weiteren Teilen der Erde zunehmend Feuchtkugeltemperaturen, die menschliches Leben ohne technische Kühlung nicht mehr zulassen. Doch damit längst nicht genug. Wir dürften schon sehr bald herausfinden, ob die Theorie von den Klima-Kipppunkten Hand und Fuß hat. Leider deuten nicht wenige Indizien darauf hin, dass im Anthropozän gerade vieles irreversibel durcheinandergerät und unsere globalisierte Lebensweise viel vulnerabler ist als angenommen. Der anthropogene DER ANTHROPOGENE Klimawandel ist in mancher Hinsicht die Mutter aller Probleme. Nicht nur die KLIMAWANDEL IST IN Erwärmung, sondern auch die rasante Abnahme der Biodiversität kündet von Der Sommer 2024 dürfte einen kleinen Vorgeschmack auf die gigantiMANCHER HINSICHT Unheil. schen globalen Herausforderungen bieten, die auf die Menschheit zukommen. DIE MUTTER ALLER Man sollte sich bereits heute mit der Phrase „faster than expected“ – schneller PROBLEME. als erwartet – vertraut machen. Uns steht ein holpriger Ritt bevor.


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M I K R O P L A S T I K : P L A S T I C FA N TA S T I C

Erdölbasiertes Plastik ist untrennbar mit unserer modernen Lebensweise MIKROPLASTIK WURDE IN verbunden. Erst seit den 1930er-Jahren in großem Stil verfügbar, ist Plastik VERSTOPFTEN ARTERIEN heute überall. Das ist keine Übertreibung. Es ist nicht nur um uns herum allgegenwärtig, sondern zunehmend auch in uns. In Form von Mikroplastik. GENAUSO VORGEFUNDEN Verbleite Kraftstoffe haben die Menschheit nachweislich um einige IQ-PunkWIE IN PLAZENTEN, IM te dümmer gemacht, und Asbest war auch kein Wellnessprogramm, dürfBLUT UND SOGAR IN DER te aber gegen die Folgen von Mikroplastik beinahe vernachlässigbar sein. MUTTERMILCH. BRUST, Mikroplastik wurde in verstopften Arterien genauso vorgefunden wie in Plazenten, im Blut und sogar in der Muttermilch. Brust, Mahlzeit! Die tatMAHLZEIT! sächlichen Auswirkungen auf die Gesundheit sind noch nicht bekannt, aber im Labor hat sich gezeigt, dass Mikroplastik menschliche Zellen schädigen kann. Der Großteil der Menschheit lebt ein Plastikleben in einer Plastikwelt. Das macht es schwer, die kleinen Partikel wieder aus Umwelt, Nahrungskette und letztlich Körper zu bekommen.

N E U E W E LT U N O R D N U N G : DAS ENDE VOM ENDE DER GESCHICHTE

Wir haben nach dem Zerfall der Sowjetunion nicht, wie von Francis Fukuyama insiniuert, den Triumph der westlichen Kultur und Demokratie und damit das Ende der Geschichte erlebt, sondern höchstens eine kurze Verschnaufpause. Die genutzt wurde, um die Friedensdividende in unsere Sozialsysteme zu buttern. Das hat den Westen (noch) lebenswerter und seine Gesellschaften noch friedfertiger, DIE DEMOKRATIE man könnte auch sagen noch geschichtsvergessener und apathischer, gemacht. Damit ist nun zwangsläufig Schluss. Russland und China wollen die multipolare Weltordnung WESTLICHEN und scheinen bereit, diese militärisch herbeizuführen. Wohl auch deshalb, um von inZUSCHNITTS MUSS ternen Widersprüchen und Unzulänglichkeiten abzulenken. Die konservative NZZ hat WEHRHAFT WERDEN. jüngst betitelt, worauf die Dinge im Westen hinauslaufen: „Mehr Sicherheit, weniger Sozialstaat“. Simple as that. Mit Selbstzufriedenheit, -betrug, Tankie-Romantik und bizarrer Russland-Apologetik werden wir nach der „Zeitenwende“ – Zitat Olaf Scholz – Schiffbruch erleiden. Die Demokratie westlichen Zuschnitts muss wehrhaft werden. Nach innen mit Verfassungspatriotismus, nach außen mit Wiederaufrüstung. Die Doktrin der Abschreckung ist wieder am Tisch, und mit ihr die alte lateinische Phrase: Si vis pacem, para bellum. Wenn du (den) Frieden willst, bereite (den) Krieg vor.

D E S I N F O R M AT I O N : BESTENS DESINFORMIERT!

Man sollte nicht alles glauben. Und erst recht nicht alles, was man denkt. Und was einem vorgekaut und -gegaukelt wird. Das soll kein Appell sein, den Aluhut hervorzuholen. Die Gefahr ist real und Teil jener hybriden Kriegsführung, die von staatlichen Akteuren ausgeht, um demokratisch verfasste Systeme zu destabilisieren. „Der Sinn der modernen Propaganda besteht nicht nur darin, falsch zu informieren oder eine Agenda durchzusetzen. Es geht darum, das kritische MAN SOLLTE NICHT ALLES Denken zu erschöpfen und die Wahrheit zu vernichten“, hat der russische GLAUBEN. UND ERST Oppositionelle Garri Kasparow die Dinge klar beim Namen genannt. Mit den RECHT NICHT ALLES, WAS sozialen Medien und jüngst der künstlichen Intelligenz hat sich die Menschheit weltumspannende Propaganda- und Desinformationsmaschinen erschaffen, MAN DENKT. UND WAS die mit der Macht der Algorithmen jene Nachrichten pushen, die – ganz im EINEM VORGEKAUT UND Sinne der Aufmerksamkeitsökonomie – am meisten emotionalisieren und -GEGAUKELT WIRD. polarisieren. Noch dazu führt die AI-Revolution dazu, dass wir unseren Augen und Ohren nicht länger vertrauen können. Wenn wir es nicht schaffen, unsere Sinne für das Streben nach – es folgt ein großes Wort – Wahrheit (!) zu schärfen, werden wir uns schon sehr bald in einer noch wesentlich schlechteren Verfassung wiederfinden als heute. In einer Welt der Demagogen und Narzissten, denen es allein um Macht und Machterhalt geht. In einer Welt, in der sich die Schattenseiten der Geschichte wiederholen. Despotie, Ende nie!

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KLIMA KONTROLL VERLUST 14


eco.titel

ECO.NOVA: Wie ernst ist die Lage rund um das Weltklima tatsächlich? GEORG KASER: Die Situation ist sehr, sehr ernst. Trotz Warnungen über mehr als 40 Jahre hindurch, was alles auf uns zukommen wird, sollten wir so weitermachen, ist noch viel zu wenig passiert. Vieles von dem, was prognostiziert wurde, ist entweder bereits eingetreten oder im Begriff dazu. Mit allen Aspekten, die sich weiter verstärken und problematisch werden.

Warum scheint man – damit sind vor allem die politischen Eliten gemeint – den Ernst der Lage und die daraus resultierende Dringlichkeit noch immer nicht realisiert zu haben? Nur weil man die Lage ignoriert, heißt das nicht, dass die Probleme verschwinden werden. Dazu gibt es sehr viele gesellschafts- und individualpsychologische Studien, die sich mit diesem Phänomen auseinandersetzen. Auf diesem Gebiet bin ich kein Experte, aber es scheint schwerzufallen, etwas als unmittelbare Bedrohung wahrzunehmen, das nicht sichtbar und greifbar ist. Schon recht bald wird es aber keine Möglichkeit mehr geben, wirksam gegenzusteuern. Wir werden die Kontrolle verlieren, wenn wir nicht sehr schnell den Hebel herumreißen und versuchen, die zunehmende Erhitzung, die zunehmende Energiezufuhr ins System zu stabilisieren. Es geht also um Stabilisierung, sprich Schadensbegrenzung. Umkehren lässt sich die Erderwärmung also wohl ohnehin nicht mehr? Man könnte diesen Aufheizungsprozess stoppen. Dann würde es noch eine Zeit lang dauern, bis wieder ein Gleichgewicht von eintretender Sonneneinstrahlung bzw. -energie und von der Erde ausgestrahlter Energie eintritt. Wir sind sehr stark aus dem Gleichgewicht geraten, geben aber der Erde nicht die zwei Jahrzehnte Zeit, um wieder in ein Gleichgewicht zurückzufinden und keine weiteren Schäden zu verursachen, die nicht mehr regulierbar wären.

Mit welcher zeitlichen Verzögerung reagiert das Erdklima auf den menschengemachten Energieeintrag? Da gibt es unterschiedliche Variablen und Subsysteme, solche, die schneller reagieren, und solche, die das mit Verzögerung tun. Die Reaktionszeit kann von Jahren über Jahrzehnte über Jahrhunderte gehen. Was den Anstieg der Temperatur als Ausdruck des energetischen

Die Lage ist ernst. Wie ernst sie tatsächlich ist, hat uns der international renommierte Klimaforscher Georg Kaser in einem ausführlichen Gespräch verdeutlicht. Weiteres Zögern würde die Welt zu einem für den Menschen sehr viel unwirtlicheren Ort machen. Derzeit gibt es mehrere Klima-Subsysteme, die bedrohlich wackeln würden. Kaser plädiert dafür, die Menschen in die Anstrengungen, das Klima zu retten, einzubeziehen, und tritt für einen pragmatischen Realismus ein. Optimistisch ist er nicht. INTERVIEW & FOTOS: MARIAN KRÖLL

Zustands betrifft, sind es ungefähr 20 Jahre, bis das System sich wieder in ein dann höheres energetisches Gleichgewicht einpendelt, wenn man damit aufhört, es weiter aufzuheizen.

ZUR PERSON

Universitätsprofessor Georg Kaser (71) stammt aus Südtirol und wirkte unter anderem federführend in drei Berichtszyklen (18 Jahre) des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC), dem Klimabericht des Weltklimarates der Vereinten Nationen, mit. Kaser gilt als einer der einflussreichsten Klimaforscher weltweit und lebt heute in Karthaus im Schnalstal. Seit März 2021 ist er als Universitätsprofessor und Dekan offiziell im Ruhestand, dennoch wirkt er in zahlreichen Funktionen darauf ein, das öffentliche Bewusstsein für die Dringlichkeit der Maßnahmen gegen den Klimawandel zu schärfen.

Bekommen wir demzufolge derzeit erst die Auswirkungen des Energieeintrags bis um die Jahrtausendwende herum zu spüren? Ja, das stimmt, wenn man die globale Durchschnittstemperatur heranzieht. Sieht man sich dagegen den Meeresspiegelanstieg an, der von der Reaktionszeit verschiedener Eiskörper abhängt, dann dauert es Jahrhunderte, bis sich der Meeresspiegel auf einen dann höheren Stand einpendelt. Man kann sich das gut anhand eines Eiswürfels vorstellen, den man aus dem Kühlschrank nimmt. Der schmilzt nicht im selben Moment, sondern das dauert auch, nachdem das Eis bereits auf 0 °C erwärmt ist. Bei Gletschern dauert das dann Jahrzehnte bis Jahrhunderte, bei den Eisschilden viele Jahrhunderte.

Jüngst ist auch der für unser gemäßigtes europäisches Klima so wichtige Golfstrom bzw. dessen abnehmende Dynamik wieder ins Gerede gekommen. Was ist davon zu halten? Eine sehr, sehr gründlich gemachte Studie deutet darauf hin, dass sich der Golfstrom mit hoher Wahrscheinlichkeit vom bereits heute schwächsten Stand im Holozän weiter abschwächt und noch in diesem Jahrhundert einen Zustand erreicht, bei dem diese Strömung beginnt zusammenzubrechen. In Nordeuropa würden die Temperaturen dann dramatisch fallen und diesen Lebens- und Wirtschaftsraum in seiner heutigen Form existentiell bedrohen. Mitteleuropa wür-

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„Wenn rundherum die Welt zusammenbricht, werden einzelne Regionen, in denen es durch den Klimawandel vielleicht menschenfreundlicher werden mag, nicht viel nützen.“ GEORG KASER

de mit kälteren Wintern und heißen Sommern kontinentaler werden. Vor allem auf der Südhemisphäre würde die Erwärmung dadurch noch stärker ausfallen.

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Man hört immer wieder das Argument, dass der Klimawandel manche Weltgegenden sogar menschenfreundlicher machen wird. Isoliert betrachtet wird es vereinzelt heute unwirtliche Gegenden geben, in denen die globale Erwärmung das Klima angenehmer werden lässt. Bei uns in Tirol auf 1.500 Metern Seehöhe werden die Sommer von vielen Menschen subjektiv als angenehmer wahrgenommen als noch vor 30 Jahren. Das ist eine Froschperspektive. Wenn rundherum die Welt zusammenbricht, werden einzelne Regionen, in denen es durch den Klimawandel vielleicht menschenfreundlicher werden mag, nicht viel nützen. Wie würden die politischen, sozialen und ökonomischen Implikationen aussehen, wollte man dem anthropogenen Klimawandel ernsthaft etwas entgegensetzen? Der Treibhausgasausstoß muss in sehr wenigen Jahren auf Nettonull reduziert werden. Dann hätte man noch eine realistische Chance, das Ruder herumzureißen. Mit starken negativen Emissionen, das heißt der Atmosphäre Treibhausgase durch heute noch nicht einsatzfähige technische Verfahren entziehen, ließe sich ein „Overshooting“ über das 1,5-Grad-Ziel hinaus wieder einfangen. Dass mit Technologie alles gut wird, dürfte wohl mehr dem Wunschdenken entspringen? Umstritten sind in jedem Fall Geoengineering-Ideen, die den Einfall der Sonne reduzieren sollten. CO2 aus der Atmosphäre zurückzuholen ist dagegen ein Ziel, auf das sich die meisten verständigen können. Die Frage ist nur, wann das im notwendi-

gen Ausmaß gelingen wird. Bäume pflanzen reicht nicht und andere bestehende und gedachte Techniken sind im Versuchsstadium und noch lange nicht im erforderlich großen Stil einsetzbar. Außerdem sind diese Techniken enorm energieaufwendig. Und woher bekommt man die notwendige Energie? Bisher aus fossilen Brennstoffen. Augenblicklich ist das daher alles keine realistische Option, in einigen Jahrzehnten vielleicht schon. Ohne gravierende Verhaltensänderung ist eine vollständige Abkehr von fossilen Brennstoffen nicht einmal ansatzweise zu bewerkstelligen. Nicht mehr. Vor 30, 40 Jahren wäre das noch relativ einfach gegangen und wir wären gar nie in viele Verhaltensmuster hineingefallen, die uns heute auf den Kopf zu fallen drohen. Man hat das in der Klimaforschung schon damals klaren Auges vorhergesehen und darauf aufmerksam gemacht.

Hätten Sie sich als junger Wissenschaftler am Beginn Ihrer akademischen Laufbahn gedacht, dass die Situation im Herbst Ihrer wissenschaftlichen Karriere so ernst sein könnte? Nein. Das hängt aber auch davon ab, in welchem wissenschaftlichen Ambiente man sich bewegt und was dort diskutiert wird. Der Klimawandel war damals kein so prominentes Thema. Es gab ganz im Gegenteil Gletschervorstöße, die man sich damals nicht erklären konnte, und es wurde – zumindest populärwissenschaftlich – vor einer neuen Eiszeit gewarnt. Später haben wir den damals noch etwas fernen Klimawandel und vor allem die wissenschaftlichen Arbeiten dazu zunehmend diskutiert. Als ich 2003 in die Mitte des Weltklimarates gepurzelt bin, wurde mir bewusst, dass die Kolleg*innen,

die sich intensiver mit der Materie befasst haben, seit mindestens 20 Jahren wissen, worauf die Entwicklung hinausläuft.

Klimaforscher waren lange Zeit so etwas wie die einsamen Rufer in der Wüste. Wie ist das Feedback auf Ihre Vorträge, bei denen die Menschen mit dem Stand der Forschung und einer unangenehmen Klimawirklichkeit konfrontiert werden? Früher hielt ich vor allem Vorträge vor Umweltschutzorganisationen und dergleichen, die sich eigentlich in ihrem Handeln bestätigt wissen wollten. In den hinteren Reihen gab es meist zwei, drei Leute, die mit ebenso bekannten wie unrichtigen Argumenten dagegengeredet haben. 2018 hat sich dann einiges gewandelt: Es hat in Europa Hitze und große Dürren mit Ernteausfällen gegeben, im nördlichen Mitteleuropa wurde mehrfach die 40°-Celsius-Marke geknackt, ein vor allem psychologisch wirkungsvoller Wert, und der Spezialbericht des Weltklimarates, in dem das 1,5-Grad-Ziel und dessen Folgen analysiert wurden, ist herausgekommen. Außerdem begann ein schwedisches Mädchen damit, Schulstreiks für das Klima zu organisieren. Diese Aspekte haben zusammengenommen in Europa zu einem rapiden Umdenken geführt und auch die Medien sind ganz intensiv auf das Thema aufgesprungen. Ich wurde zunehmend von Gruppierungen zu Vorträgen eingeladen, die sich Sorgen gemacht haben, von Politiker*innen und Menschen aus der Zivilgesellschaft und zunehmend von Wirtschaftstreibenden. Die Klimadiskussion scheint also eine kritische Masse erreicht zu haben. Ich glaube, dass immer mehr Menschen ernstlich besorgt sind. An diesem Punkt tue ich mir als Naturwissenschaftler schwer, sie abzuholen. Hier muss die Politik intensiv daran arbeiten, die Menschen auf den sehr herausfordernden Weg mitzunehmen, um die Gesellschaft vor einem weiteren Auseinanderdriften zu bewahren. Der Staat sind wir alle. Die repräsentative Demokratie stößt da an ihre Grenzen. Sie war gut, um das Wachstum zu verwalten, in Krisen versagt sie zunehmend, weil ihr die Menschen nicht mehr mitgehen. Es braucht dringend mehr partizipative Elemente, die Teilhabe an den wichtigen und notwendigen Entscheidungen in der Klimapolitik garantieren und damit Identifikation stiften. Wir würden an dieser Stelle gerne Platz für ein bisschen Medienschelte machen. Wie sehen Sie die Rolle der Medien in der


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Klimadebatte? Ist es kontraproduktiv, aus falsch verstandener Objektivität Bothsideism zu veranstalten und immer beide Seiten – die Klimaforschung, die sich bis auf Detailfragen völlig einig ist, da, die Klimawandelskeptiker*innen dort – hören zu wollen? Argument und Gegenrede mögen prinzipiell zur Grundausstattung eines ethisch korrekten Journalismus gehören. Im Fall von kollektiv erarbeiteten Erkenntnisständen, wie das in der Klimaforschung der Fall ist, ist das hochgradig kontraproduktiv. Das skeptische Hinterfragen von Ergebnissen handelt die Wissenschaft fortwährend selber aus. So funktioniert Wissenschaft. Eine*r findet irgendwas, und andere machen sich skeptisch daran, das zu hinterfragen und in nicht wenigen Fällen auch zu falsifizieren. Übrig bleiben Studien und Ergebnisse von hoher Qualität und Zuverlässigkeit. Der Skeptizismus ist Grundelement des wissenschaftlichen Forschens. Ein kollektiv erarbeitetes Ergebnis, wie es zum Beispiel vom IPCC herausgegeben wird, sollte man als Journalist stehenlassen und nicht zum Beispiel im Fernsehen für die Einschaltquote irgendwelche Leute einladen, die alles in Frage stellen und üblicherweise nicht viel Ahnung haben. Es werden große Hoffnungen in die erneuerbaren Energien gesetzt. Hier zeigt die Geschichte, dass Jevons Paradoxon* bzw. der Rebound-Effekt zu wirken beginnen und Erneuerbare auf die fossilen Energieträger draufgepackt werden, anstatt diese zu ersetzen. Wie lässt sich dieses bekannte Paradoxon der Umweltökonomie durchbrechen? Vollumfänglich stimmt das so nicht. Wir sind zum Beispiel in Teilen Europas – wohlgemerkt nicht in Österreich – schnell von der Abhängigkeit von russischem Gas weggekommen.

Das durch Flüssigerdgas aus anderen Teilen der Welt ersetzt wurde. Ja. Niemand will der Realität, dass wir unseren Energiekonsum ganz massiv reduzieren müssen, in die Augen schauen. Aber ohne den Verbrauch zu reduzieren, wird es nicht gehen. Das wäre eigentlich der erste Schritt, und dann sollte man sich ansehen, wie der Rest der fossilen Energie, den man noch zu brauchen glaubt, ersetzt werden kann. Wir sind in unserer Wirtschaft und der gesamten * Jevons Paradoxon zeigt, dass technologischer Fortschritt, der die Energieeffizienz erhöht, nicht unbedingt zu einem Rückgang des Energieverbrauchs führt, sondern ihn sogar tendenziell erhöht, und dass ein steigender Verbrauch die positiven Effekte sowie einen Teil der Einsparungen ausgleichen kann.

„Niemand will der Realität, dass wir unseren Energiekonsum ganz massiv reduzieren müssen, in die Augen schauen.“ GEORG KASER

Lebensweise auf dieses „immer mehr“ getrimmt. Davon kommen wir nur sehr schwer weg, außer man setzt sich miteinander an einen Tisch – Politik, Wirtschaft, Zivilgesellschaft – und einigt sich darauf, zurückzufahren, auch wenn das weh tut. Parallel dazu kann man die Erneuerbaren ausbauen. Dagegen gibt es aber auch Widerstände. Zudem ist der Strom zwar ein guter Esel, der Energie von da nach dort transportiert, aber es fehlt an Speichern, die die durch Sonne, Wind und Wasser gewonnene Energie dann abgeben, wenn sie gebraucht wird. In den Alpen sind Pumpspeicherwerke sicher eine Option, die aber massive Eingriffe erfordern. Vor- und Nachteile müssen mit allen Betroffenen ausverhandelt werden, aber wer Energie haben will, muss eben auch Kompromisse akzeptieren.

Im Pariser Klimaabkommen von 2015 wurde erstmals das damals schon sehr sportliche 1,5-Grad-Ziel formuliert, das manche Wissenschaftler heute für obsolet halten, weil es nicht mehr zu erreichen sei. Gibt es Untersuchungen, in welchem Temperaturbereich es für die – frei nach Hans Jonas – „Permanenz echten menschlichen Lebens“ auf diesem Planeten wirklich ungemütlich werden kann? Manche Prognosen gehen bei Untätigkeit von vier Grad und mehr über dem vorindustriellen Niveau aus. Das würde bedeuten, dass 70, 80 Prozent der heute dicht besiedelten Gebiete nicht mehr bewohnbar sein würden. Die wichtigere Frage ist aber die nach dem

Punkt, ab dem das System außer Kontrolle gerät. Es ist schwierig, diese Temperatur genau festzumachen. Man muss wohl davon ausgehen, dass dieser Punkt irgendwo im Bereich zwischen 1,5 und 2 Grad Celsius liegt. Die Situation ist, nach allem, was Sie dargelegt haben, mehr als ernst. Gibt es Umstände, die Sie dennoch für die Zukunft optimistisch stimmen? Nein. Optimistisch nicht. Optimismus ist gefährlich, er geht mit dieser „Wird-schon-werden“-Mentalität einher. Genauso unbrauchbar sind die Pessimisten, die ohnehin alles für zu spät halten. Es braucht einen pragmatischen Realismus, der ein Handeln aus Sorge veranlasst. Der Innsbrucker Professor für christliche Gesellschaftslehre Wolfgang Palaver fordert einen „aufgeklärten Katastrophismus“. Dabei geht es ihm um „eine Furcht, die zum Handeln aus Verantwortung motiviert und nicht im optimistischen Blindflug annimmt, dass schon nichts passieren wird“. Dieser Sichtweise kann ich mich anschließen.

MEHR DAVON?

Das Gespräch mit Georg Kaser war um einiges länger und ergiebiger. Die Langfassung des Interviews finden Sie unter dem QR-Code.


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WO DER PIONIERGEIST IM KREIS GEHT


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Osttirol steht mitunter im Ruf, ein wenig verschlafen zu sein. Diese Erzählung, falls sie je gestimmt hat, stimmt längst nicht mehr. Vielmehr fungiert der Bezirk als Labor, in dem mit Hilfe von künstlicher Intelligenz innovative Ideen aus der Kreislaufwirtschaft zu vor Ort umsetzbaren Projekten weiterentwickelt werden. Das kann Vorbildcharakter haben und zeigen, dass mit der Kreislaufwirtschaft wirtschaftliche und soziale Chancen einhergehen. TEXT & FOTOS: MARIAN KRÖLL

ie Wirtschaft steht in den kommenden Jahrzehnten vor einem Paradigmenwechsel, der – auch wenn es noch nicht so scheinen mag – langfristig ohne Alternative ist: die Kreislaufwirtschaft. Die Abkehr von der linearen Durchflusswirtschaft, die Rohstoffe verbraucht und auf die Zuführung immer neuer Ressourcen angewiesen ist, ist nicht nur aus ökologischen Gesichtspunkten notwendig. In der Kreislaufwirtschaft werden Produkte nicht entsorgt, sondern einem erneuten Produktionsprozess zugeführt, um einen kontinuierlichen Kreislauf zu schaffen. Wirtschaft und Gesellschaft stehen allerdings erst ganz am Beginn dieser Entwicklung. Osttirol ist seit 2023 Modellregion, in der im Rahmen eines auf mehreren Schultern ruhenden Projekts finanziell tragfähige und umsetzbare Lösungen mit Schwerpunkt auf Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft entwickelt werden sollen. Osttirol ist in diesem Fall ein Stück der kleinen Welt, in der die große ihre Probe hält. Es ist kein Zufall, dass dieses Pionierprojekt ebendort durchgeführt wird, wie INNOS-Geschäftsführer Reinhard Lobenwein ausführt: „Osttirol ist gewissermaßen prädestiniert für ein derartiges Projekt. Das hängt zum einen mit der Überschaubarkeit der Region bei gleichzeitig intensiver Vernetztheit zuAnna Köhl und Simon Tumler haben gemeinsam die Circular-Economy-Ideenschmiede endlich. gegründet – endlich wie etwas Langerwartetes und endlich wie die Ressourcen der Erde.

„Marketing ist gefordert, besser herauszuarbeiten, ob es der Konsum an sich oder nicht doch die Nutzung eines Produktes ist, die Freude macht. Lebensfreude ist jedenfalls nicht deckungsgleich mit dem Konsum.“ ANNA KÖHL

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KI- INNOVATION - HUB

Finanziert wird das Pilotprojekt vom FFG, als Projektpartner sind die INNOS GmbH, gewissermaßen Osttirols „Standortagentur“, die Universität Innsbruck, die Lebensraum Tirol Holding und das Land Tirol an Bord. Mehr als 30 lokale Wissensträger*innen aus Wirtschaft, öffentlichem Sektor und Kultur sowie über 60 Studierende der Uni Innsbruck und rund 80 Schüler*innen aus vier Osttiroler Schulen waren intensiv in das Projekt eingebunden. Im INNOVERSE wurden 25 Megaund Makrotrends bewertet und acht Innovationsfelder abgeleitet. Aus mehr als 130 entwickelten Ideen wurden 43 zur Weiterverfolgung vorselektiert.

sammen. Ein Drittel der Flächen stehen unter Naturschutz und sind damit der intensiven wirtschaftlichen Nutzung entzogen. Das wird heutzutage aber überwiegend nicht mehr als Hemmschuh, sondern zunehmend auch als Chance begriffen. Weil der Zugang zu externen Ressourcen vor allem in der Vergangenheit wahrscheinlich schwieriger gewesen ist als andernorts, waren schon immer Einfallsreichtum und Improvisationstalent gefragt. Deshalb gibt es hier eine Vielzahl an innovative Firmen, deren wichtigste Ressource bis heute der Erfindungs- und Ideenreichtum der Menschen ist.“ Der Fokus auf die Kreislaufwirtschaft ist aber nicht das einzig Neue an diesem moderierten Prozess. Vielmehr findet Innovation hier mithilfe Künstlicher Intelligenz (KI) statt. Das entsprechende Werkzeug, ein KI-Innovation-Hub namens INNOVERSE, stellt die von CEO und Gründer Franz Bailom geführte in-manas GmbH mit Sitz in Innsbruck zur Verfügung, moderiert wurde der neuartige Prozess von in-manas und der Tiroler Circular-Economy-Ideenschmiede endlich., die von Anna Köhl und Simon Tumler gegründet wurde. Köhl und Tumler geben ihr Know-how seit kurzem auch im Rahmen des Online-Diplomlehrgangs „Circular Economy Pioneer“ weiter. „Wir geben


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darin Antworten auf das Was, das Warum und das Wie der Kreislaufwirtschaft“, sagt Simon Tumler.

„Kreislaufwirtschaft ist ein Innovationskatalysator.“ SIMON TUMLER

ENDLICH HANDELN

Anna Köhl beschäftigt sich schon seit zehn Jahren wissenschaftlich mit Alternativen zum bestehenden Wirtschaftssystem. Über die Sharing Economy kam sie zur Kreislaufwirtschaft. Das Thema fesselt sie, und so gründet sie Anfang 2023 mit ihrem Kollegen Simon Tumler, mit dem Köhl bei IMP Consulting zusammengearbeitet hat, endlich. Endlich wie etwas Langerwartetes und endlich wie die Ressourcen der Erde. Die Zeit scheint reif für die Kreislaufwirtschaft. Sie hat, wenn sie von ihrem Anfang her gedacht bzw. gleich im Produktdesign berücksichtigt wird, ohne Zweifel disruptiven Charakter für die Geschäftsmodelle einzelner Unternehmen und ganzer Wirtschaftszweige. Sie könnte aber auch für ganze Regionen transformativ wirken. Die Pilotregion Osttirol könnte in den kommenden Jahren einen ersten Vorgeschmack darauf geben. „Die Ressourcen, auf die unser heutiges Wirtschaftssystem angewiesen ist, kommen vielfach aus geopolitischen Krisengebieten. Was wäre, wenn wir diese Ressourcen, die wir einmal importiert haben, dauerhaft im

Wirtschaftskreislauf halten könnten?“, stellt Anna Köhl eine wichtige Frage, auf welche die Kreislaufwirtschaft eine Antwort geben kann. Bei Unternehmen geht es darum, ihnen die betriebswirtschaftlichen Chancen der Circular Economy einerseits und die Gefahren des Verharrens im Status quo näherzubringen. „Kreislaufwirtschaft ist ein Innovationskatalysator“, sagt Tumler. Das ist auch beim Pilotprojekt in Osttirol augenfällig geworden. „Kreislaufwirtschaft eröffnet ganz neue Geschäftsmodelle, vom Sharing über Product-as-a-Service bis hin zu Resource-Recovery-Modellen. Das ist auch eine Chance, sich vom Wettbewerb zu differenzieren und Kundennutzen zu generieren, der weit über den des klassischen Kaufs bzw. Verkaufs hinausreicht“, führt Tumler aus, der insbesondere bei der jüngeren Generation einen reduzierten Materialismus und neue Werte ortet. „Es geht mehr um das Nutzen als um das Besitzen. Das bringt größere Freiheiten und Flexibilität“, so der Experte.

NEUER RAHMEN Die Weichenstellung in Richtung einer nachhaltigeren Wirtschaft als der bisherigen kündigt sich auch mit Blick auf die regulatorischen Voraussetzungen deutlich an. Die SDGs, ESG-Kriterien und auch die EU-Taxonomie tragen diese Handschrift und werden längst nicht die letzten Bestandteile eines neuen wirtschaftlichen Rahmens gewesen sein. Regularien allein werden es aber nicht richten können. Dazu braucht es auch ein Umdenken bei Konsument*innen, die jahrzehntelang durch höchst professionelles Marketing auf Konsum, Konsum und noch einmal Konsum getrimmt wurden, auf einen ewigen Zyklus aus Kauf, Entsorgung und Neukauf. „Marketing ist gefordert, besser herauszuarbeiten, ob es der Konsum an sich oder nicht doch die Nutzung eines Produktes ist, die Freude macht. Lebensfreude ist jedenfalls nicht deckungsgleich mit dem Konsum. Wir müssen diesbezüglich Gewohnheiten durchbrechen und auch manches verlernen“, sagt Anna Köhl.


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DIE ZEIT SCHEINT REIF FÜR DIE KREISLAUFWIRTSCHAFT. SIE HAT, WENN SIE VON IHREM ANFANG HER GEDACHT BZW. GLEICH IM PRODUKTDESIGN BERÜCKSICHTIGT WIRD, OHNE ZWEIFEL DISRUPTIVEN CHARAKTER FÜR DIE GESCHÄFTSMODELLE EINZELNER UNTERNEHMEN UND GANZER WIRTSCHAFTSZWEIGE. SIE KÖNNTE ABER AUCH FÜR GANZE REGIONEN TRANSFORMATIV WIRKEN.

Als Verbraucher*innen wissen wir nur, wie man sich innerhalb des bestehenden wirtschaftlichen Paradigmas verhält. Anna Köhl sieht auch den Hochschulsektor gefordert: „Es heißt zwar Wirtschaftswissenschaften, aber eigentlich wird nach wie vor hauptsächlich die Durchflusswirtschaft gelehrt.“ Die Kreislaufwirtschaft ist noch kein Massenprogramm. Der Circularity Gap ist in den vergangenen Jahren global betrachtet nicht kleiner, sondern sogar größer geworden. „Die Erzählung vom grünen Wachstum hat sich leider bislang als falsch erwiesen. Jede Steigerung des BIP ging bislang mit einer Steigerung des Ressourcenverbrauchs einher. Das muss entkoppelt werden“, hält Anna Köhl fest. Einen merklichen Impact verspricht man sich seitens INNOS von ei-

ner Basisausbildung Kreislaufwirtschaft für Unternehmen und auch die Pflichtschulen möchte man zur Bewusstseinsbildung in den Bereichen MINT – Osttirol ist übrigens bereits zertifizierte MINT-Region –, Energie und Kreislaufwirtschaft anregen. Noch ist die Kreislaufwirtschaft eine Nische, der wirtschaftliche Erfolg für First Mover nicht gewiss. Der Innovationsprozess, der in Osttirol angestoßen wurde, kann aber in jedem Fall als Blaupause dienen, wie gesellschaftlich breit getragene Innovation heutzutage funktionieren kann. Jene Ideen, die als (noch) nicht oder in der Region nicht sinnvoll umsetzbar erscheinen, fallen nicht dem Vergessen anheim, sondern werden in einem Ideenspeicher aufbewahrt, aus dem sich andere Regionen bedienen können.

Derart kann Schritt für Schritt ein Innovations-Ökosystem entstehen, das sich wechselseitig befruchtet. „Momentan ist gerade in einem herausfordernden wirtschaftlichen Umfeld Pioniergeist gefragt!“, betont Simon Tumler. In Osttirol hat man diese Herausforderung dankend angenommen.

WEITERDENKEN?

Noch mehr im Kreis gedacht wird in der Langfassung des Artikels – zu finden unter dem QR-Code.

#dakommtsher

Reden wir doch drüber! © Kirchgassner Photography

Die freiwillige Herkunftskennzeichnung macht die Rechnung MIT den Tiroler Wirtinnen und Wirten.

Peter Fankhauser Restaurant GuatzEssen, Stumm im Zillertal

www.dakommtsher.at/betriebe

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„DAS LINEARE WIRTSCHAFTSSYSTEM STÖSST SCHON JETZT AN SEINE GRENZEN“ 24

Wirtschaftsprofessor René Schmidpeter (49) ist auf nachhaltiges Management spezialisiert. Für den Beiratsvorsitzenden der INNOS GmbH ist Osttirol eine Herzensangelegenheit. Wir haben mit ihm über das Pilotprojekt und den notwendigen Paradigmenwechsel hin zur Kreislaufwirtschaft gesprochen und darüber, warum in der zirkulären Wirtschaft der frühe Vogel den Wurm fängt.

ECO.NOVA: Sie sind Beiratsvorsitzender der INNOS GmbH. Wie beur-

teilen Sie das Pilotprojekt zur Kreislaufwirtschaft, das in Osttirol stattfindet? RENÉ SCHMIDPETER: Kreislaufwirtschaft wird in der Wissenschaft häufig aus einer technischen Perspektive diskutiert, gewinnt aber derzeit auch in der wirtschaftlichen Ausbildung immer mehr an Bedeutung. Einer breiten Öffentlichkeit ist sie jedoch noch kaum bekannt. Das gilt es zu ändern – denn die Kreislaufwirtschaft hat nicht nur technische Voraussetzungen, sondern braucht ganz wesentlich auch eine betriebswirtschaftliche und vor allem gesellschaftliche Basis. Mit dem Mangel an Bekanntheit geht derzeit oft ein Mangel an Akzeptanz und Wissen einher. Hier spielt das Bildungssystem eine wichtige Rolle. Zudem gilt: Kreislaufwirtschaft ist für Einzelkämpfer. Unterneh„Als Wirtschaftsprofessor bin nichts men können sie meist nicht isoliert ich sicher kein Globalisierungs- umsetzen. Sie muss vielmehr in eigegner, aber die derzeitig nen wirtschaftlichen Kontext, in ein einseitigen Wertschöpfungs- funktionierendes regionales Ökosyssozusagen in einen passenden ketten schaffen hohe asymmet- tem, gesellschaftlichen Kreislauf eingerische Abhängigkeiten.“ bettet sein. Es ist daher gut, dass RENÉ SCHMIDPETER Osttirol als Pilotregion ausgewählt wurde. So können wir damit beginnen, unterschiedliche Unternehmen und gesellschaftliche Akteure in die Transformation der regionalen Wirtschaft mit einzubeziehen. Im Rahmen des Projektes lernen sich die Unternehmen wechselseitig aus der Perspektive der Kreislaufwirtschaft besser kennen. Denn was für den einen Produktionsabfall ist, kann für den anderen ein Wert- und Werkstoff sein.


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So beginnt man auch in der Region damit, in regionalen wirtschaftlichen Kreisläufen zu denken. Zudem wird durch den Einbezug der Schulen damit begonnen, den zukünftigen Fach- und Führungskräften frühzeitig ein neues Mindset zu vermitteln, das für den Erfolg am zukünftigen Arbeitsmarkt wichtig ist. Die gegenwärtige Transformation erfordert neues Denken in mehrerlei Hinsicht. Wir brauchen eine kurzfristige Strategie – innovative technische Lösungen und nachhaltiges Design –, eine mittelfristige – die Definition nachhaltiger Wirtschaftskreisläufe – und eine langfristige – die Bewusstseinsbildung bei den jüngeren Generationen –, um uns gemeinsam von der linearen zu einer zirkulären Wirtschaft zu entwickeln. Kreislaufwirtschaft muss folglich auf einem möglichst breiten Fundament aufsetzen, weil sie alle ökonomischen und sozialen Bereiche durchdringt? Ja. Das wird in Osttirol so umgesetzt und ist Chance und Herausforderung zugleich. Aber nur so kann es funktionieren. Die Herausforderung liegt darin, dass in einem Transformationsprozess jeder Einzelne seinen jeweiligen Fokus und seine Rolle findet. Damit nicht alles – wie in einem babylonischen Stimmengewirr – im Ungefähren bleibt.

Die Kreislaufwirtschaft steckt noch in den Kinderschuhen, es gibt noch mehr Fragen als Antworten. Wird die lineare Durchflusswirtschaft, die immer neue Ressourcen verbraucht, langfristig an ihre Grenzen kommen und Kreislaufwirtschaft irgendwann alternativlos werden? Das lineare Wirtschaftssystem stößt schon jetzt an seine Grenzen. Die weitere globale ökonomische Entwicklung steht vor großen Herausforderungen. Wir emittieren zu viel, verbrauchen zu viel an Ressourcen und belasten die Umwelt mit zu vielen Schadstoffen. Als Wirtschaftsprofessor bin ich sicher kein Globalisierungsgegner, aber die derzeitig einseitigen Wertschöpfungsketten schaffen hohe asymmetrische Abhängigkeiten. Dadurch haben wir hohe Risiken und eine hohe Volatilität in unseren Geschäftsmodellen, die meist in der Unternehmensbewertung nicht eingepreist wird. Zudem gilt: Solange wir noch Güter produzieren, die nicht kreislauffähig sind, stellen wir heute den Müll von morgen her. Wir verlagern nur die Probleme in die Zukunft, auch wenn wir heute davon vermeintlich profitieren. Daher müssen wir schnellstmöglich damit beginnen, kreislauffähige Produkte zu entwickeln.

„Solange wir noch Güter produzieren, die nicht kreislauffähig sind, stellen wir heute den Müll von morgen her.“ RENÉ SCHMIDPETER

Ist es mit Gefahren verbunden, wenn man – gewissermaßen als First Mover – zu forsch in die Kreislaufwirtschaft drängt? Es stellt sich die Frage, ob man tatsächlich als First Mover, sozusagen als Pionier vorne mit dabei sein sollte oder eher als Fast Follower, der andere machen lässt und dann aus den Fehlern lernt. Momentan nimmt die Transformation weltweit so rasant an Fahrt auf, dass man jedoch den Anschluss zu verlieren droht, wenn man nicht gleich mitmacht. Die Welt ist – auch dank KI – so schnelllebig geworden, dass man selbst als Fast Follower oft nicht mehr schnell genug ist, um seine Wettbewerbsfähigkeit zu halten. Osttirol hat sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten kontinuierlich nach vorne gearbeitet. Aber die nächsten Krisen stehen vor der Tür, daher kann man sich nicht auf seinen Lorbeeren ausruhen. Erstes Ziel muss es daher sein, bei den großen Themen Digitalisierung, KI, Kreislaufwirtschaft und Design nicht von anderen Regionen abgehängt zu werden. In bestimmten Bereichen, in denen wir besondere Potenziale haben, sollten wir zudem versuchen, Pioniere zu sein. Es gibt eine zunehmende Fülle von Regularien, welche die Wirtschaft nachhaltiger machen können. Fängt in der Kreislaufwirtschaft der frühe Vogel den Wurm? Die Politik ist entschlossen, das Thema voranzutreiben. Wer vorne dabei ist,

wird für notwendige Investitionen auch von politischer Seite die notwendige Unterstützung bekommen – nicht nur ideell, sondern auch finanziell. Osttirol wird wahrscheinlich durch die Kreislaufwirtschaft nicht zur führenden Wirtschaftsregion der Welt werden – so viel Bescheidenheit muss sein. Aber Osttirol kann für Tirol und vielleicht sogar darüber hinaus als Pilotregion einen wichtigen Vorbildcharakter entwickeln. Im vielversprechenden Pilotprojekt zur Kreislaufwirtschaft hat man alle wesentlichen Stakeholder integrieren können. Die ersten Ergebnisse auf der Ideenebene sind vielversprechend, für die unternehmerische Ebene kann man das noch nicht abschließend beurteilen. Die am Prozess Beteiligten haben A gesagt, jetzt heißt es auch B zu sagen. So könnte die Kreislaufwirtschaft in Osttirol langfristig gesehen einen regionalen Leitbildcharakter bekommen.

MEHR DAVON?

Wir haben mit René Schmidpeter noch über einiges mehr gesprochen. Das gesamte Interview finden Sie unter dem QR-Code.

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Am Standort Hall trifft bei der Tiroler Rohre GmbH Tradition auf Innovation.

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LOKAL HANDELN, GLOBAL WIRKEN

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as Thema Nachhaltigkeit ist derzeit ein viel diskutiertes. Tatsächlich ist es die Industrie, welche in diesem Bereich vielfach eine Vorreiterrolle einnimmt. Sie spielt eine entscheidende Rolle bei der Förderung von Nachhaltigkeit, deren Wichtigkeit sie bereits lange vor der breiten medialen Aufmerksamkeit erkannt hat. Umweltfreundliche Praktiken und die Verkleinerung des ökologischen Fußabdrucks sind, wie oft gemeint, keine neuen Herausforderungen für die Industrie. Die Reduktion des Energieverbrauchs, das Implementieren umweltschonender Produktionsprozesse und die verstärkte Nutzung erneuerbarer Energien sind kein Trend, sondern Grundstein erfolgreichen Wirtschaftens. „Dass die Industrie per se nicht umweltfreundlich und nachhaltig wäre, halte ich im Übrigen für ei-

Die Tiroler Rohre GmbH (TRM) aus Hall ist auf die Entwicklung, Produktion und Vermarktung von Rohren und Pfählen aus duktilem, also verformbarem Gusseisen spezialisiert. Durch innovative Technologien hat sich das Unternehmen in vielen Bereichen als Vorreiter in der Branche etabliert – auch in Sachen Umweltschutz und Nachhaltigkeit.

ne falsche Wahrnehmung“, sagt Max Kloger, der die Tiroler Rohre GmbH in Hall 2013 übernommen hat. „Während viele Bereiche wie etwa der Hausbrand bis heute nahezu unreguliert sind, ist die Industrie starken Regularien unterworfen. So gesehen geht die Industrie, was die Einhaltung von Nachhaltigkeitszielen betrifft, extrem weit voran. TRM hat zum Beispiel schon früh damit begonnen, in moderne Technologien zu investieren, um Ressourcen effizienter zu nutzen und Emissionen zu reduzieren.“ Wir haben Max Kloger zum Interview getroffen. E C O. N OVA : Nachhaltigkeit ist heute ein

viel verwendetes Schlagwort. Wie definieren Sie Nachhaltigkeit in Ihrem Unternehmen? MAX KLOGER: Zusammengefasst bedeutet Nachhaltigkeit für uns das Streben


nach langfristigem wirtschaftlichem Erfolg unter Berücksichtigung von Umweltschutz und sozialer Verantwortung zum Beispiel durch faire Arbeitsbedingungen oder Engagement in der Gesellschaft. Unternehmensintern gibt es dabei mehrere Bereiche, an denen wir das Thema festmachen. Da unsere Tätigkeit sehr energieintensiv ist, sind Energie und Energiegewinnung seit jeher eines unserer Kernthemen. Vor sechs Jahren haben wir auf unseren Hallendächern eine 9.000 Quadratmeter große Photovoltaikanlage installiert, mit der aktuell 880.000 kWh Strom im Jahr erzeugt werden. Der darüber hinaus bezogene Strom stammt zu 100 Prozent aus erneuerbaren Quellen. Mit unserer Abwärme, die ins regionale Fernwärmenetz eingespeist wird, können wir außerdem knapp 650 Haushalte in der Region mit Energie versorgen und damit jährlich 3.100 Tonnen CO2 sparen. Weiters beteiligen sich unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aktiv mit Verbesserungsvorschlägen im Bereich Energie und Umwelt. Dabei werden sie am Einsparungspotenzial im Rahmen eines Ideenmanagementsystems auch finanziell beteiligt.

Kreislaufwirtschaft wird auch hierzulande immer mehr zum Thema. Wie lässt sich diese in Ihrem Unternehmen umsetzen? Bei der Produktion unserer Rohr- und Pfahlsysteme wird zu 100 Prozent recyceltes Alteisen verwendet. Dieses stammt vorwiegend aus Süddeutschland und Österreich und wird über die Schiene angeliefert. Kreislaufwirtschaft bedeutet auch, sich mit den Lebenszyklen der Produkte auseinanderzusetzen. Unsere Rohre haben eine Lebensdauer von rund 100 Jahren, am Ende ihrer Zeit werden sie ausgebaut, eingeschmolzen und weiterverarbeitet. Die durch den Schmelzprozess gewonnene Schlacke dient wiederum als Zusatzstoff zur Herstellung von Zement. Die Schlacke wird von Hall zu Schretter & Cie nach Vils gebracht und dort zu Zement verarbeitet, der wieder zu TRM zurückkommt und zur Beschichtung der Rohre eingesetzt wird. Insofern ist Kreislaufwirtschaft kein Thema, das uns erst seit Kurzem, sondern bereits von Beginn an begleitet. Im Rahmen von Environmental Product Declarations (EPD) werden gemäß ISO 14025 und EN 15804 umweltbezogene Informationen zu unseren Produkten auch transparent gemacht. Umfangreiche Investitionen am Standort Hall tragen dabei maßgeblich zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit und der Arbeitsplätze bei. Kürzlich haben wir zum Beispiel 14 Millionen Euro in eine neue Produktionslinie investiert. Die-

Bei der Produktion der Rohr- und Pfahlsysteme wird zu 100 Prozent recyceltes Alteisen verwendet.

TIROLER ROHRE

1947 gründete Guido Holzmeister, Sohn des Tiroler Architekten Clemens Holzmeister, die Tiroler Rohre, sechs Jahre darauf wurde in Hall der größte Glühofen Europas in Betrieb genommen. Das Jahr 1975 schließlich stellte einen Meilenstein für die Tiroler Rohre dar. Die längs- und zugkraftschlüssige Verbindung VRS-T wurde eingeführt und ist seit jeher ein Symbol für den Innovationsgeist des Unternehmens. 2013 übernehmen Max und Karin Kloger die Tiroler Rohre GmbH und führen das Unternehmen zurück in die Gewinnzone. Seit zwei Jahren ist man mit der TRM Swiss AG mit einem eigenen Unternehmen auch am Schweizer Markt tätig, zudem wurde der bayrische Formstückproduzent Frischhut übernommen, wodurch die Weichen für eine Zukunft als europäischer Gesamtanbieter gestellt wurden.

www.trm.at

se ist mit einem strombetriebenen Glühofen ausgestattet, der aktuell der einzige dieser Art in ganz Europa ist. Uns ist bewusst, dass Nachhaltigkeit ein kontinuierlicher Prozess ist, und wir arbeiten laufend daran, unsere Umweltauswirkungen weiter zu minimieren.

Die Tiroler Rohre sind Teil der europaweiten Initiative „Guter Grund“. Was steckt dahinter? Wer unabhängig von globalen Lieferanten agieren und lokale Expertise nutzen kann, wird vor allem in schwierigen Zeiten schnelle Lösungen finden. Genau aus diesem Grund arbeiten wir mit lokalen Zulieferern und setzen in allen Bereichen auf die langjährige Erfahrung unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Es geht dabei um ein Miteinander und um ein Stärken unseres Zusammenlebens. Nachhaltig für unseren Boden und sicher in allen Bereichen – mehr als ein guter Grund. Kann Wirtschaften künftig überhaupt noch ohne Einbeziehung von Umweltund Nachhaltigkeitsaspekten funktionieren? Es wäre ein Unding, wenn man davon ausginge, dass das funktionierte. Die

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damit verbundenen Auswirkungen auch auf den privaten Wohnbau. Dennoch blicke ich positiv nach vorne, weil ich finde, dass wir als Unternehmer einen gewissen Zukunftsoptimismus brauchen – auch um unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entsprechend zu motivieren. Höchstleistungen kann man nur in einem positiven Umfeld erbringen.

„Wir sind stolz darauf, Teil der regionalen Wirtschaftsgemeinschaft zu sein und gleichzeitig international agieren zu können.“ MAX KLOGER

28 Einbeziehung von Umwelt- und Nachhaltigkeitsaspekten wird zunehmend unverzichtbar für ein zukunftsfähiges Wirtschaften. In einer Welt, in der Ressourcen knapper werden und Umweltauswirkungen immer deutlicher spürbar sind, ist es entscheidend, dass Unternehmen ökonomische, soziale und ökologische Aspekte in ihren Geschäftsstrategien berücksichtigen. Das ermöglicht es, langfristige Werte zu schaffen, Risiken zu minimieren, Kosten zu senken, den Zugang zu Märkten zu sichern und das Vertrauen der Stakeholder zu gewinnen. Deshalb ist nachhaltiges Wirtschaften nicht nur emotional, sondern vielmehr noch rational wichtig.

Europa im Allgemeinen und Österreich im Speziellen ist bekannt dafür, Auflagen und Regularien überzuerfüllen – auch in Sachen Nachhaltigkeit und Umweltschutz. Was bedeutet das für Unternehmen? Wirtschaften ohne Einbeziehung von Umwelt- und Nachhaltigkeitsaspekten wird künftig äußerst schwierig, entsprechende Auflagen und Regularien sind auch durchaus wichtig – wenn sie verhältnismäßig und sinnvoll bleiben. Manchmal allerdings wird man als Unternehmer zu Investitionen gezwungen, die unterm Strich keine höheren Umsätze bringen. Das führt zu einem enormen Wettbewerbsnachteil vor allem gegen-

über asiatischen Herstellern. Das so genannte Gold Plating ist insofern ein schwieriges Thema, um global konkurrenzfähig zu bleiben, und langfristig auch für den Standort Österreich. Verfügt ein Unternehmen über verschiedene Standorte weltweit, wird es sich sehr genau überlegen, in welchen es künftig investiert – und das wird nicht jener sein, an dem man die höchsten Herstellungskosten hat.

Wie wirkt sich die aktuelle allgemeine (internationale) Gemengelage aus vielen Unwägbarkeiten auf die Tiroler Rohre aus? Unsicherheiten in Bezug auf politische Entwicklungen, Handelskonflikte, Rohstoffpreise, Wechselkursschwankungen und andere Faktoren können die Geschäftstätigkeit beeinflussen. Es ist wichtig, dass Unternehmen flexibel sind, Risikomanagementstrategien implementieren und sich an veränderte Bedingungen anpassen können, um langfristige Stabilität und Wettbewerbsfähigkeit zu gewährleisten. Bei TRM zeigt sich dies zum Beispiel anhand des Bereichs Gussrohrleitungen für Beschneiungsanlagen. So erfolgreich der Bereich 2023 war, so schwierig stellte sich das vergangene Jahr bei den Pfahlsystemen dar. Grund dafür sind die bekannten schwierigen Rahmenbedingungen für die Bauwirtschaft und die

Der Fachkräftemangel begleitet uns schon eine ganze Weile. Die Tiroler Rohre bilden selbst Lehrlinge aus, auch die Fluktuation ist gering. Wie gehen Sie generell mit der Mitarbeiterthematik um? Aus dem Fachkräfte- ist mittlerweile ein allgemeiner Arbeitskräftemangel geworden, wobei wir bei TRM in der glücklichen Lage sind, unsere Fachkräfte im Zuge der Lehrlingsausbildung vielfach selbst ausbilden zu können. Unsere Mitarbeitenden sind das Herzstück des Unternehmens. Letztlich gewinnt immer das Team, nie der Einzelne. Wir verfolgen dabei einen ganzheitlichen Ansatz aus Ausbildung, Entwicklung und Wertschätzung und versuchen die positive Arbeitsatmosphäre mit einem offenen Kommunikationsstil, einem respektvollen Umgang miteinander und der Einbeziehung der Mitarbeitenden in Entscheidungsprozesse zu unterstützen.

Automatisierung und Digitalisierung sind in der Industrie längst angekommen. Welche Chancen und Möglichkeiten bietet die Künstliche Intelligenz (KI) als Steigerung davon? Neue Technologien, die uns voranbringen und uns einen Wettbewerbsvorteil verschaffen, sind immer von Vorteil. Für die Industrie bietet die KI vielfältige Chancen und Möglichkeiten als Steigerung der Automatisierung und Digitalisierung. Sie ermöglicht beispielsweise die Analyse großer Datenmengen in Echtzeit die Vorhersage von Trends und Ereignissen, die Automatisierung komplexer Entscheidungsprozesse und die Entwicklung personalisierter Lösungen. Darüber hinaus kann die KI dazu beitragen, die Qualität und Sicherheit von Produkten zu verbessern, und sie wird auch schon an vielen Stellen eingesetzt, an denen man sie gar nicht vermuten würde. Insofern ist die KI natürlich ein Thema, mit dem wir uns beschäftigen, und eine riesige Chance. Dennoch braucht es ein entsprechendes Risikobewusstsein und klare Regeln im Umgang damit. Generell sehe ich die künstliche Intelligenz jedoch eindeutig als Chance und nicht als Bedrohung.


FINANZBILDUNG

durch die Oesterreichische Nationalbank Dauer: 2 Unterrichtseinheiten

Zielgruppe: 7. bis 13. Schulstufe sowie Berufsschulen

Inhalte: Preisstabilität / Zinsen, Bargeld, Sparen / Anlegen

Im kostenlosen Finanzbildungsprogramm Euro-Aktiv können die Schüler:innen ihr Wissen und ihre Erfahrungen einbringen.

Entgeltliche Information

Sie können den Unterschied zwischen echten und gefälschten Banknoten erfühlen, Zinsentscheidungen der Europäischen Zentralbank simulieren oder virtuell dem Escape-Room-Spiel „Haus des Goldes“ entkommen. Die Workshops finden in der OeNB in Innsbruck statt und können mit einer Führung durch die Ausstellung „Das Geld“ergänzt werden. Ebenso ist es möglich, diese an der Schule abzuhalten. Anmeldung unter regionwest@oenb.at. Weitere Informationen unter www.eurologisch.at

OESTERREICHISCHE NATIONALBANK EUROSYSTEM


NACHAHLTIGKEI

Solidarisch landwirtschaften

© STEFAN VOITL

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klima & umwelt

Emmaus, ein gemeinnütziger Verein der Caritas der Diözese Innsbruck, hilft wohnungs- und arbeitslosen Frauen und Männern mit Suchterkrankung dabei, im Leben wieder Fuß zu fassen. Unter anderem stehen dafür verschiedene Unterkünfte bereit, außerem bietet der Verein unterschiedlichste Dienstleistungen von Übersiedlungen bis zum Bügelservice an, um die Menschen wieder in Beschäftigung zu bringen. Und der Verein betreibt seit 2021 unter dem Namen SoLaWi Thurnfeld einen eigenen Gemüseanbau, was wir ganz besonders toll finden, weil sich daran jeder beteiligen kann. Für den Gemüsebau bzw. den Vertrieb der Ernte hat Emmaus das Modell der Solidarischen Landwirtschaft, kurz SoLaWi, gewählt. Es orientiert sich an der in den USA entstandenen Community-supported agriculture, bei der eine definierte Gruppe von Verbrauchern auf lokaler Ebene mit einem landwirtschaftlichen Partner – im gegenständlichen Fall der Verein Emmaus – kooperiert und diesen über den Kauf von Anteilen finanziell unterstützt. „Die Erträge werden auf die Anteilseigner*innen aufgeteilt, die sich im Gegenzug dazu verpflichten, die Kosten dafür zu tragen“, erkärt Betriebsleiter Benedikt Zecha. Vom Kunden, der Anteile an der Landwirtschaft bzw. der Ernte hält, verlangt das nach größerem Commitment und mehr Verantwortung, als es das Abo einer Gemüse- oder Biokiste mit sich bringen würde. Für den Verein schafft die SoLaWi Planungs- und Finanzierungssicherheit, weil die Anteile jeweils für ein ganzes Jahr vergeben werden. So weiß man am Anfang des Jahres auf Punkt und Beistrich, mit welchem Budget man (land-)wirtschaften kann. Das Schöne daran: Bewirtschaftet werden die Felder vom Verein Emmaus, sodass viele Menschen einer sinnvollen Arbeit nachgehen können, Anteilseigner*innen bekommen regelmäßig frisches, regionales Gemüse und gearbeitet wird im Einklang mit der Natur. Wer mitmachen möchte, der findet alle Infos unter www.solawi-thurnfeld.at.


© TOM BAUSE

© HÖPPERGER UMWELTSCHUTZ

eco.titel

WA S S E R - K R A F T Werner Marth (Gutmann) und Alexander Gutmann mit Harald und Stefan Höpperger

Pilotprojekt Seit Anfang 2024 setzt Höpperger in Zusammenarbeit mit dem Tiroler Energielieferanten Gutmann auf die Kraft des nachhaltigen HVO-Treibstoffes für fünf seiner Satteltransporter. Das Oberländer Familienunternehmen nützt hierfür den bereits bestehenden 20.000-Liter-Tank am Betriebsstandort in Rietz, um eine CO₂-Reduktion von bis zu 90 Prozent zu erreichen. HVO-Diesel ist ein geruchloser, sauberer und hochwertiger synthetischer Kraftstoff, der aus altem Öl und Lebensmittelresten hergestellt wird. „Um umweltschonend wirtschaften zu können, müssen alle vorhandenen Technologien ausprobiert werden. Mit diesem Pilotprojekt prüfen wir die Eigenschaften dieses zukunftsträchtigen Kraftstoffs“, erklärt Harald Höpperger, Geschäftsführer von Höpperger Umweltschutz. Der HVO-Diesel wird von Gutmann, dem größten privaten Energielieferanten in Westösterreich, geliefert. „Dieser Kraftstoff wird zur Gänze aus hydriertem Pflanzenöl hergestellt, garantiert bis zu 90 Prozent CO₂-Reduktion im Vergleich zum herkömmlichen Diesel und ermöglicht eine optimale Verbrennung“, informiert Alexander Gutmann, Geschäftsführer der Gutmann GmbH. „Um konsequent nachhaltig zu arbeiten, bedarf es Mut und Weitblick. Höpperger und Gutmann sind zwei Tiroler Familienunternehmen, die gerne Vorreiter in Sachen Innovationen sind. Deshalb freut es uns umso mehr, diese Zusammenarbeit zu intensivieren“, erklärt Alexander Gutmann. www.hoepperger.at T MM KO LD A B

Auf Wasser und dessen nachhaltiger Nutzung liegt dieses Jahr der Fokus der ARGE ALP (Arbeitsgemeinschaft Alpenländer), deren Vorsitz aktuell der Schweizer Kanton Tessin innehat. Auch der ARGE-ALP-Preis 2024 nimmt sich dieses Leitthemas an: Er prämiert vielversprechende und vorbildhafte Projekte aus den zehn Mitgliedsländern, die das Bewusstsein für einen sparsamen Einsatz von Wasser schärfen. Eingereicht werden können dabei sowohl noch nicht begonnene als auch bereits in Umsetzung befindliche Initiativen aus den Bereichen Zivilgesellschaft, Wirtschaft und öffentlicher Sektor. Für die drei besten Projekte steht ein Preisgeld von insgesamt 12.000 Euro zur Verfügung. Die Einreichfrist läuft bis zum 1. Juni 2024. Die Auswahl der Siegerprojekte erfolgt nach einem zweistufigen Verfahren: Eine regionale Jury leitet die Finalist*innen aus dem eigenen Land an die internationale Jury weiter, die schließlich die finale Auswahl trifft. Die Preisverleihung findet am 25. Oktober 2024 im Rahmen der Regierungschefkonferenz der ARGE ALP im Tessin statt. Infos unter www.argealp.org.

AB JÄNNER 2025 WIRD BEI EINWEG -KUNS TS TOFFFL ASCHEN UND -GE TR ÄNKEDOSEN MIT EINER FÜLLMENGE Z WISCHEN 0 ,1 U N D 3 L I T E R N E I N P FA N D V O N 2 5 C E N T P R O V E R PA C K U N G E I N G E H O B E N . B E I R Ü C KG A B E G I B T ’ S D E N B E T R A G R E T O U R . I N F O S U N T E R W W W. R E C Y C L I N G - P FA N D . AT N A C H H A LT I G K E I T K O O R D I N I E R E N Unter Federführung des Verbandes der Tiroler Tourismusverbände (VTT) und in Kooperation mit WIFI Tirol, MCI Management Center Innsbruck, Tirol Werbung und Land Tirol begann kürzlich das alpenweit einzigartige Ausbildungsprogramm für Nachhaltigkeitskoordinator*innen im Tiroler Tourismus, das sich primär an die 34 heimischen Tourismusverbände richtet. Bitte mehr davon! Die WIFI-Produktmanager Norbert Schöpf (li.) und Wolfgang Lamprecht (re.) mit Hubert Siller, Leiter MCI Tourismus, und VTT-Geschäftsführerin Ingrid Schneider

© VERBAND DER TIROLER TOURISMUSVERBÄNDE / OSS

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eco.titel

© LEC GMBH / GEOPHO

IN BA U

Mit dem derzeit entstehenden Pumpspeicherkraftwerk Kühtai 2 und dem neuen Speichersee Kühtai der TIWAG kann erneuerbare Energie zeitlich flexibel erzeugt und Strom aus anderen erneuerbaren Energiequellen zwischengespeichert werden. 216 Mio. kWh Strom aus natürlichem Zufluss werden durch das Erweiterungsprojekt erzeugt. Das Kraftwerk wird vollkommen unterirdisch in einer Felskaverne errichtet. W W W. E R N E U E R B A R E P L U S . AT

Die Einzylindertests für den Ammoniakbetrieb werden an einem INNIO-Jenbacher-Motor durchgeführt. Die Standortagentur half dabei, die entsprechenden Fördermittel für das Projekt nach Tirol zu holen.

VON DER FORSCHUNG IN DIE PRAXIS

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Das Klimaschutzabkommen der Vereinten Nationen fordert Politik und Wirtschaft, zukunftsfähige Lösungen zu entwickeln. Um mitzuhelfen, das angepeilte NetZero-Ziel zu erreichen, forscht und entwickelt INNIO in Kooperation mit dem Grazer LEC – Large Engines Competence Center, einer der weltweit führenden Forschungseinrichtungen für nachhaltige Großmotorentechnologien, an Technologien für eine nachhaltige Energieerzeugung und Transportwirtschaft. Die tirolerisch-steirische Forschungsallianz leistet im Zuge dessen unter anderem Pionierarbeit in der Nutzung so genannter E-Fuels (Wasserstoff, Ammoniak, Methanol etc.) und hat nun erstmals erfolgreich den Ammoniakantrieb eines Forschungsmotors getestet. Grünes Ammoniak gilt inzwischen als ein Hoffnungsträger für den Klimaschutz, die weltweit einzigartige Forschungsinfrastruktur am LEC wurde deshalb um die europaweit erste Ammoniakforschungsinfrastruktur erweitert. Ammoniak kommt zwar in der Natur kaum vor, kann aber relativ einfach in großen Mengen industriell hergestellt werden. Der Prozess zur Herstellung von grünem Ammoniak wird als „grün“ bezeichnet, wenn er unter Verwendung erneuerbarer Energiequellen wie Wind- oder Solarenergie durchgeführt wird. Als grüner Treibstoff für spezielle Motoren und Brennstoffzellen kann Ammoniak klimaschädliche fossile Energieträger ersetzen und so den CO2-Ausstoß reduzieren. Die Forschung stellt einen wichtigen Baustein für die Umsetzung des neu genehmigten COMET-Forschungsprogramms „LEC GETS – Green Energy and Transportation Systems“ und des deutschen Ammoniak-Leitprojekts CAMPFIRE dar. Die Einzylindertests werden dabei an einem Motor von INNIO durchgeführt. Damit soll die Forschung entlang der gesamten Wasserstoff-Wertschöpfungskette und die rechtzeitige Umsetzung der Dekarbonisierungsziele im Energie- und Transportsektor vorangetrieben werden. Die COMET-Zentren sind das Flaggschiffprogramm der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) und leisten mit ihrer Spitzenforschung einen wichtigen Beitrag zur Transformation zu einer klimaneutralen Wirtschaft.

Ute Ammering und Clemens Mair (AMTirol) mit Landesrat René Zumtobel und Schüler*innen der HL West, Axams und Villa Blanka

WEITERGEDACHT Das Symposium „Wertschöpfung durch Wert­­schätzung – Perspektiven zur Kreislaufwirtschaft“ als Kooperations­veranstaltung der Agrarmarketing Tirol, der Bäckerei, der feldschafft e.Gen. und der Standortagentur Tirol brachte im Feber Unternehmer*innen, Organisationen und Schulklassen zusammen, um gemeinsam Wege zur Förderung einer nachhaltigen Wirtschaftsweise zu diskutieren und innovative Lösungen zur Reduktion von Lebensmittelverschwendung zu präsentieren. 80 Kilo Lebensmittel pro Person landen in Tirol jährlich im Rest- oder Biomüll. 143 Schüler*innen aus acht Schulen haben sich deshalb ein Semester lang mit Lösungsvorschlägen beschäftigt, eine Jury aus fünf Expert*innen hat alle ein­ge­reichten Projekte auf der Basis von klaren Kriterien begutachtet und jeweils ein konstruktives Feedback erstellt. Ziel war es, vor allem ein Bewusstsein für das Thema zu schaffen und Kreislaufwirtschaft als etwas ökologisch, sozial und wirtschaftlich Sinnvolles in den Köpfen zu verankern.

IM NAMEN DES KLIMAS

Elisabeth Zehetner ecowing Verlag, 176 Seiten, EUR 20,– Elisabeth Zehetner ist Geschäftsführerin der wirtschaftsnahen NGO „oecolution austria“ und zeigt, dass ideologiegetrie­bener Klimaaktivismus ebenso in die Sackgasse führt wie die Ignoranz des Klimawandels. Für eine sinnvolle Debatte braucht es die Abkehr von festgefahrenen Strategien und ein Mehr an (wirtschaft­licher) Vernunft. Unbedingt lesen!


INNIO JENBACHER

Mit der intelligenten Energiemanagement-Lösung myPlant Optimierung lässt sich die Gesamtbilanz von Microgrids verbessern.

In ihrer Jenbacher Zentrale realisiert die INNIO Group ihren ganzheitlichen Nachhaltigkeitsansatz.

OPTIMIERTER ANLAGENBETRIEB FÜR ERFOLGREICHE ENERGIEWENDE Mit dem massiven Ausbau der Erneuerbaren wird unsere Energieversorgung zwar grüner, aber gleichzeitig auch komplexer. Denn je volatiler die Einspeisung und der Bedarf, desto wichtiger wird eine gesamtheitliche Betrachtung und Nutzung aller integrierten Energiesysteme. Um dies zu ermöglichen, hat die INNIO Group eine intelligente Energiemanagement-Lösung namens myPlant Optimierung entwickelt.

D

as Voranschreiten der Energiewende steigert auch die Bedeutung von flexiblen, dezentralen Energieerzeugern wie Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen (KWK-Anlagen) und Biogasanlagen. Denn dank ihrer raschen Verfügbarkeit und ihrer guten Regelbarkeit leisten sie einen entscheidenden Beitrag zur Versorgungssicherheit und sind damit eine hervorragende Ergänzung zu den volatilen erneuerbaren Energien. Um den Anlagenbetrieb zu optimieren und gleichzeitig Bemessungsleistungen und Förderziele einzuhalten, braucht es ein individuelles und intelligentes Energiemanagement wie jenes, das die INNIO Group entwickelt hat: myPlant Optimierung unterstützt Anlagenbetreiber dabei, ihren operativen Betrieb und damit ihre Gesamtwirtschaftlichkeit mittels einer individualisierten und bedarfsorientierten Fahrweise zu verbessern – transparent und automatisiert, über die unterschiedlichsten Energieerzeuger, -speicher und -verbraucher hinweg. Möglich wird dies durch die kontinuierliche Erstellung empfohlener Fahrpläne, die

auf der Analyse von aktuellen und historischen Wetterdaten, Energieverbrauchs- und Erlösprognosen, anlagenspezifischen Bedürfnissen und Kapazitäten sowie aktuellen Betriebsinformationen basieren. Dabei lassen sich selbstlernende Algorithmen der cloudbasierten, modular aufgebauten Software myPlant individuell auf die spezifischen Anforderungen und Ziele der einzelnen Betreiber abstimmen. Diese können anhand der Empfehlungen ihren Anlagenbetrieb ausrichten. Entwickelt wurde die Lösung von der Idee bis zur Umsetzung gemeinsam mit Kund*innen. Das Ergebnis ist ein intelligentes Tool, das direkt auf die Herausforderungen in der Praxis ausgerichtet ist.

INNIO360 ENERGY LAB

Beispielhaft angewendet wird myPlant Optimierung am Hauptproduktionsort der INNIO Group in Jenbach, wo das Unternehmen demonstriert, wie sich ein Industriebetrieb dekarbonisieren lässt. Ziel ist eine Halbierung der CO2-Emissionen des Jenbacher Werks bis 2030, bis spätestens 2050

soll der Standort klimaneutral sein. Mit dem „INNIO360 Energy Lab“ wurde vor Ort ein intelligentes Microgrid geschaffen, bestehend aus hocheffizienten, wasserstofffähigen Jenbacher Motoren, einem Wärmespeicher, einem Heizkessel, einem Elektrokessel, Batteriespeichern, Photovoltaik, Wasserkraft und bis 2025 auch einer Wasserstofferzeugungsanlage mit Speicher. Gesteuert wird das hochentwickelte Microgrid mithilfe von myPlant Optimierung, das auch hier dafür sorgt, dass das Microgrid nicht nur zuverlässig und resilient arbeitet, sondern auch nachhaltig und wirtschaftlich. Entsprechend dem Anspruch einer gesamtheitlichen Betrachtung beschränkt sich das Einsatzgebiet von myPlant Optimierung nicht auf KWK- und Biogasanlagen, sondern umfasst alle Energieerzeuger, die intelligent gemanagt werden wollen – also zum Beispiel auch Photovoltaik- und Windkraftanlagen. Also: eine Lösung für alle. PR


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„Die Arbeitswelt von heute ist stark von Zahlen und Daten dominiert. Ich bin aber davon überzeugt, dass mehr dazugehört, um langfristig erfolgreich zu sein.“ DANIEL HOCHS CHWAR ZER


eco.wirtschaft

WEITER

DENKEN Nachhaltigkeit ist nur ein Begriff, wenn man ihn nicht mit Leben füllt. Unternehmerisch geht es dabei um weit mehr als wirtschaftlichen Erfolg. Ganzheitlich gedacht, schließt nachhaltiges Arbeiten ökonomische, ökologische und soziale Aspekte gleichermaßen mit ein.

R

owa Moser mit Firmensitz in Innsbruck steht als stark regional verankertes Familienunternehmen seit jeher für Verlässlichkeit und Handschlagqualität. Neben der wirtschaftlichen Stärke, die es braucht, um als Unternehmen dauerhaft erfolgreich zu sein, hat man hier auch den ökologischen und sozialen Aspekt im Blick. Wir haben mit Juniorchef Daniel Hochschwarzer über sämtliche Facetten der Nachhaltigkeit gesprochen.

ECO.NOVA: Kein Unternehmen kommt heute ohne die berühmte „Nachhaltigkeit“ aus. Wie hält es Rowa Moser damit? DANIEL HOCHSCHWARZER: Natürlich spielt das Thema auch in unserem Unternehmen quer durch alle Geschäftsbereiche eine Rolle und wir sind dabei, uns diesbezüglich laufend weiterzuentwickeln. Wir versuchen, die Wertschöpfung so gut es geht in der Region zu halten, und haben ein starkes Netzwerk an heimischen Partnern, die von Zulieferern im Optimalfall wieder zu Kunden werden, um den regionalen Kreislauf in Gang zu halten. Das sichert ein Stück weit den Wohlstand in unserem Land. Auf der anderen Seite braucht es natürlich auch internationale Partner, wir richten unseren Blick also auch über den Tellerrand hinaus. Zwei unserer wichtigsten Lieferanten in Sachen Beleuchtung sind ein Kleinbetrieb aus Tirol und ein mittelständischer europäischer Hersteller. Unterm Strich geht es darum, nach allen Seiten sinnvoll und effizient zu arbeiten. Die Kombinati-

on aus dem regionalen und europäischen Gedanken ist unser Schlüssel zum Erfolg.

Welchen Beitrag kann die Branche zum Thema Nachhaltigkeit/Umwelt/Klima leisten? Hier gibt es sicher viele Möglichkeiten und vieles wurde bereits umgesetzt. Gerade wir in Tirol sind sehr naturverbunden, das sollte dem Umweltgedanken einen noch größeren Stellenwert geben. Wir sind als Unternehmen sicher noch nicht perfekt, aber wir arbeiten an einer laufenden Verbesserung. In vielen Bereichen lässt sich durch laufende Optimierung von Prozessen und Produkten sowie stete unternehmerische Weiterentwicklung ein aktiver Beitrag in Richtung mehr Nachhaltigkeit leisten. Schritt für Schritt kann und muss jeder seinen Teil dazu beitragen. In welchen Bereichen sehen Sie unternehmensseitig noch Potenzial? Wir setzen schon seit Jahren auf Photovoltaik und effiziente Heizsysteme in unseren eigenen Gebäuden. Auch im Bereich Beleuchtung und Print brauchen wir uns rund um Nachhaltigkeit absolut nicht zu verstecken. Der Verpackungsbereich hingegen ist noch eine Herausforderung. Wir haben viele empfindliche Produkte im Sortiment, die gut geschützt werden müssen, damit sie beim Transport nicht kaputtgehen. Unsere Tragsysteme aus Stahl und Alu sind vergleichsweise robust, aber auch sie müssen makellos beim Kunden ankommen. So ist es eine ständige Gratwanderung zwischen

Ökologie und Ökonomie, denn es ist niemandem geholfen, wenn wir am Produktschutz sparen und die Kunden die Produkte wegen eines Mangels zurückschicken und wir diese folglich doppelt versenden müssen. Es braucht folglich nicht nur von Unternehmens-, sondern auch von Lieferanten- und Kundenseite eine bewusste Auseinandersetzung mit dem Thema.

Sie stehen als Sohn von Firmengründer Stefan Moser mittlerweile mit an der Spitze von Rowa Moser. Ist Ihr Zugang zum Unternehmertum ein anderer als der Ihres Vaters? Ich starte sicherlich unter anderen Voraussetzungen. Während sich mein Vater eigenständig durchboxen und alles erst einmal aufbauen musste, konnte ich nach meinem HTL-Abschluss in ein erfahrenes Team eintreten. Natürlich ist das ein Vorteil, denn das ermöglicht es mir, vermehrt in den technischen Bereich zu gehen. Gerade im Bereich Beleuchtung kenne ich mich mittlerweile sehr gut aus, ich konnte in den letzten Jahren viel von erfahrenen Mitarbeitern lernen und meine eigene Arbeitsweise aufbauen. Beide sind wir Sportler, beide sind wir sehr ehrgeizig und scheuen uns nicht, mit anzupacken, das sind sicherlich die größten Parallelen die unser Unternehmersein prägen. Welche Rolle spielen bei der Auftragsvergabe vor allem bei der jüngeren Generation und zukünftigen Führungskräften und Geschäftsführern neben den

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eco.wirtschaft

„Nachhaltig zu wirtschaften ist ein laufender Prozess, in dem wir uns bemühen, immer besser zu werden.“ DANIEL HOCHS CHWAR ZER

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Hardfacts wie Preis und Qualität auch die „weichen“ Faktoren? Natürlich sind wir in einer Zeit, in der viele hauptsächlich von Zahlen, Daten und Fakten sprechen. Ich bin aber davon überzeugt, dass mehr dazu gehört, um langfristig erfolgreich zu sein. Rowa Moser ist bekannt für seine Handschlagqualität und Verlässlichkeit. Wir verstehen uns nicht als Händler, sondern als Experte in unserem Bereich, und nehmen diese beratende Funktion sehr ernst. Wir hinterfragen viel, fällt uns dabei etwas auf, egal ob bei Ausschreibungen oder direkten Anfragen, dann reagieren wir darauf. Es geht uns nicht darum, kurzfristig mehr Geschäft zu machen, sondern langfristige Partnerschaften und Beziehungen aufzubauen. Ehrlichkeit ist wichtiger als kurzfristiger Erfolg. Damit sind wir groß geworden und das möchte ich weiterführen.

Sie sind im Unternehmen auch im Tagesgeschäft aktiv und leiten die Abteilung Beleuchtung. Gerade in diesem Bereich hat sich in den vergangenen Jahren viel getan ... Ja, die Entwicklungen in Richtung mehr Nachhaltigkeit und Umweltbewusstsein waren vor allem im Bereich der Beleuchtung enorm. Dennoch sind immer noch viele alte Leuchten und Leuchtmittel im Umlauf. Gerade im gewerblichen Bereich – Lager, Produktionshallen, Büros oder Tiefgaragen – ist die Umstellung

auf moderne LED längst überfällig. Oft wird diese sogar gefördert und ist nicht nur unter Umweltaspekten positiv, sondern auf langfristige Sicht auch (kosten-)effizienter. Und auch wenn es nicht mein Metier ist: Auch im Bereich der Elektrotechnik und bei Heizsystemen liegt enorm viel Potenzial, Elektro-Heizsysteme zum Beispiel werden immer effizienter und passgenauer, Photovoltaikanlagen erlauben es Nutzern, sich von fossilen Brennstoffen zu lösen und sogar Kosten zu sparen.

Rowa Moser ist Fachgroßhändler und Projektant mit Beratung und Planung. Ihre Kunden sind dabei in erster Linie Professionisten wie (Industrie-)Elektriker sowie Gewerbe- und Industriekunden. Spüren Sie auch hier eine Bewegung hin zu mehr Nachhaltigkeit? Definitiv. Das Thema Nachhaltigkeit wird immer öfter schon von Beginn eines Projektes an mitgedacht. Langfristig ist das nicht nur sinnvoll, sondern auf die Lebensdauer eines Objektes gesehen meist auch günstiger. Wir haben Partner, mit denen wir bereits über viele Jahre zusammenarbeiten, so können wir gemeinsam immer die optimale Lösung für den Kunden finden. Gerade im Bereich der Beleuchtung haben wir eine Vielzahl an Lieferanten, die es uns ermöglichen, immer individuell auf jedes Projekt eingehen zu können.

Die hohe Qualität und Langlebigkeit der Produkte in Kombination mit der richtigen Planung sorgt für ein hohes Maß an Effizienz, aber auch dafür, dass Lösungen langfristig Bestand haben, was wiederum sehr dem Nachhaltigkeitsgedanken entspricht. Neben klassischen ökologischen und ökonomischen Aspekten ist die soziale Komponente ein weiterer wesentlicher Baustein in Sachen Nachhaltigkeit. Wie setzt sich Rowa Moser hier ein? Seit vielen Jahren unterstützen wir zahlreiche Vereine, vor allem im Jugendbereich. Es ist uns wichtig, einen Teil unseres Erfolges zurückzugeben. Wir sind außerdem ein sehr sportliches Team, viele von uns sind gerne und oft in den Bergen und auf Sportplätzen unterwegs, was zu einer besonderen Beziehung zur Natur führt. Nachhaltigkeit betrifft bei uns also viele Bereiche, auch eine nachhaltige Unternehmensentwicklung mit langfristigen intakten Mitarbeitern, Kunden- und Lieferantenbeziehungen auf Augenhöhe.

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WILDE ZUKUNFT Die Biodiversitätskrise bedroht das Überleben der Menschheit. Um unsere Zukunft zu sichern, genügt es nicht, die verbleibende natürliche Umwelt intakt zu lassen, wir müssen auch bereits beschädigte Natur wiederherstellen. Das soll in Europa mit Hilfe des EU-Renaturierungsgesetzes gelingen. Bis 2050 sollen 90 Prozent der sanierungsbedürftigen Ökosysteme wieder intakt sein. Wie gelingt es uns, die wilde Natur zurückkommen zu lassen, und warum macht uns der Gedanke an Wildnis eigentlich so nervös? TEXT: LISA PRANTL

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as ist schon wirklich etwas ganz Besonderes, dass es hier so etwas gibt“, sagt Sebastian Pilloni, als wir die Kranebitter Klamm im Westen Innsbrucks betreten. Pilloni ist Biologe und seit 14 Jahren Ranger im Naturpark Karwendel. Das 737 Quadratkilometer große Schutzgebiet ist sein täglicher Arbeitsplatz und trotzdem staunt er noch immer über die Kraft der Natur. Die Klamm sei nicht nur wegen ihres Naturwaldreservats einzigartig. „Solche speziellen, schwer zugänglichen Gegenden sind immer auch Rückzugsgebiet für Tiere. Hier in den steilen Felswänden sind das zum Beispiel Felsbrüter wie Wanderfalke oder Uhu. Sie haben sonst wenig Platz, weil manche Aktivitäten von Menschen bis an solche Wände reichen.“ Bei der Wanderung mit dem Ranger ist schon nach wenigen Schritten klar, dass dieser Wald anders ist. Es ist hier eindeutig nicht so „aufgeräumt“ wie andernorts. Totholz, erklärt Pilloni, heißt heute eigentlich Biotopholz, weil es viel mehr Leben in sich birgt wie ein lebendiger Baum. Rund 4.500 Pflanzen-, Tier- und Pilzarten sind auf solche Lebensräume angewiesen – fast 60 Prozent der Arten, die im Wald zuhause sind. In einem natürlichen Wald findet man etwa 30 Prozent Biotopholz. Natürlich oder naturnah sind in Österreich allerdings nur zwölf Prozent der Waldflächen. In bewirtschafteten Wäldern verbleiben im Schnitt nur mehr drei Prozent der abgestorbenen Bäume. Der Rest wird abtransportiert. „Wenn wir Wald sehen, ist das

ZAHLEN & FAKTEN:

75 %

der Nutzpflanzen sind zumindest von Bestäubern wie Bienen abhängig. Eine von drei Bienen- und Schmetterlingsarten geht zurück, jede zehnte ist vom Aussterben bedroht.

70 %

der Böden in der EU sind in einem ungesunden Zustand. Stark erodierte Felder sorgen in der Union für einen Produktivitätsverlust von 1,25 MILLIARDEN EURO pro Jahr.

80 %

der Entwaldung und 70 % des Süßwasserverbrauchs gehen auf das globale Lebensmittelsystem zurück. Es ist die größte Ursache für den terrestrischen Verlust der biologischen Vielfalt.

25 %

der Säugetierarten, jede achte Vogelart, mehr als 30 % der Haie und Rochen sowie 40 % der Amphibienarten gelten als bedroht.

für uns, als wäre es eine natürliche Fläche. Das stimmt überhaupt nicht“, sagt Pilloni. „Wald ist extrem vom Menschen manipuliert. Hier in der Klamm stehen zum Beispiel hauptsächlich Laubbäume. Der größte Anteil der Wälder in Österreich besteht aber aus Fichten. Durch die Bewirtschaftung dieser Wälder kommt es außerdem nie zum Lebensende eines Baumes. Fichten könnten 500 bis 600 Jahre alt werden, sie werden aber in der Regel nach maximal hundert Jahren aus dem Wald gezogen.“

DER MENSCH IM WALD

Mensch und Wald teilen eine lange Geschichte und eine enge wirtschaftliche Beziehung. Europa war einmal zu mehr als 90 Prozent von Wald überzogen. Vor etwa 7.500 Jahren begann seine intensive Nutzung. Ab dem Mittelalter verschwanden Waldflächen dann immer schneller, bis etwa Dänemark im 18. Jahrhundert nur noch von zwei bis drei Prozent Wald bedeckt war. In Tirol rodete man Wald vor allem, um Ackerflächen und Almwiesen zu gewinnen, später waren Salinen und Bergwerksbau die größten Treiber der Abholzung. Wäre der Wald noch im Urzustand, käme Österreich Kanada gleich, nur sieben Prozent der Landesfläche wären baumfrei. Seit den 1960er-Jahren gibt es aber auch hierzulande eine Trendumkehr: Der Wald gewinnt in Tirol jährlich etwa 800 Hektar dazu. Und seit sich die Europäische Union 1993 mit der Helsinki-Deklaration dem Schutz der Wälder verpflichtet hat, sind

STARTBILD: © ISABELLE BACHER, QUELLEN: EU GREEN DEAL, WWF LIVING PLANET REPORT 2022


eco.titel

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eco.titel

„Wenn wir Wald sehen, ist das für uns, als wäre es eine natürliche Fläche. Das stimmt überhaupt nicht.“ SEBASTIAN PILLONI

Nationalpark oder Wildnisgebiet ausgewiesen werden sollte. Österreichweit käme das laut WWF einem Anteil von nur drei Prozent des Landes gleich. Thomas Waitz sieht es ein wenig anders. Er ist Biobauer, Forstwirt und außerdem Abgeordneter der Grünen im Europäischen Parlament. „Drei Prozent der Wälder müssen streng geschützt werden“, sagt er. Würden wir daneben alle Wälder nur noch naturnah bewirtschaften, wäre das nicht nur für die Umwelt und für den Katastrophenschutz gut, es sei auch wirtschaftlich die attraktivste Zukunftsvision. Waitz sieht in Landwirtschaft und Artenschutz keine Gegensätze und ist auch der Meinung, dass wir so viele Bäche wie möglich renaturieren sollten und Flüsse, die nicht wiederherstellbar sind, für einen grünen Energiemix nutzen. Nicht

WILDE STREITPUNKTE KRAFTWERK KAUNERTAL

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sogenannte Naturwaldreservate entstanden. In diesen sollen ursprüngliche Flecken Wald erhalten werden. In der Regel sind das Flächen wie der Kranebitter-Schlucht-Wald – unwegsam und wirtschaftlich unbedeutend. Aktuell haben diesen Status nur 8.700 von insgesamt vier Millionen Hektar Wald in Österreich. Die Grundbesitzer erhalten Ausgleichszahlungen, wenn sie bis zu einem langfristigen Zeithorizont ihren Wald nicht nutzen. Das fördert die biologische Vielfalt der Waldgesellschaften – zumindest auf Zeit. Außerdem sind die natürlichen Waldflächen ein willkommener Ort für Lehre und Forschung. Könnte der Wald denn immer so aussehen? Geht es nach Landsumweltanwalt Johannes Kostenzer, dann ja. Der gelernte Biologe kämpft dafür, dass Naturwaldzellen zeitlich unbefristet von jeder Nutzung ausgenommen werden. Die Flächen in Tirol seien ein Anfang, aber eigentlich auch viel zu klein. Kostenzer will echte Wildnisgebiete, also Flächen, die unter höchsten Schutz gestellt werden. Wo sich die Natur frei entfalten kann. Das einzige wirkliche derartige Wildnisgebiet Österreichs Dürrenstein-Lassingtal liegt in Niederösterreich und umfasst rund 7.000 Hektar. Es ist der letzte zusammenhängende Urwald der Alpen und UNESCO-Weltnaturerbe. Laut Kostenzer brauche es neben dem Wald unbedingt weitere Lebensräume, die weitestgehend frei

von menschlichem Einfluss fortbestehen können: „Wildnisgebiete sind die einzige Chance, dass stark bedrohte Pflanzen und Tiere einen Ort finden, wo sie sich ungestört entwickeln können.“ Flussökosysteme seien in natürlicher Art und Weise in Tirol fast nicht mehr existent. „Für die Aufrechterhaltung der bisherigen ökologischen Vielfalt brauchen wir dringend der natürlichen Dynamik überlassene Gewässerstrecken für Fische, Insekten, Pflanzen oder auch Algen.“ Viele Arten gehen in Tirol und Europa rasend schnell zurück. Sogar solche, die von Expert*innen betreut und durch ein Artenmanagement gestützt werden. Ein Beispiel ist der Ortolan, ein Vogel, der einst im Tiroler Oberland heimisch war. Die Innsbrucker Küchenschelle – weltweit nur zwischen Rum und Arzl zu finden – ist trotz aller Bemühungen auf ein Zehntel ihres Bestandes dezimiert. Laut Landesumweltanwalt sei man mit 27 Prozent Schutzgebietsfläche in Tirol im EU-Vergleich zwar gut dabei (die EU-Biodiversitätsstrategie fordert 30 Prozent bis 2030), über die Qualität der Schutzgebiete könne man aber diskutieren. Etwa ob die aktuellen rechtlichen Mechanismen der Schutzgebiete ausreichen, um die Artenvielfalt zu erhalten. Im Detail heißt es in der Strategie der Europäischen Union nämlich, dass von den 30 Prozent Fläche etwa ein Drittel streng geschützt, also als

Seit 16 Jahren plant die TIWAG, das Kraftwerk Kaunertal zu einem Pumpspeicherkraftwerk auszubauen. Dafür müssten das benachbarte Platzertal und seine Moore in der Größe von neun Fußballfeldern geflutet werden. Ein 120 Meter hoher Staudamm ist geplant. Sechs Schutzgebiete sind vom Kraftwerksbau bedroht.

SKIGEBIETSERWEITERUNG PITZTAL- KAUNERTAL

Die Fusion des Pitztaler mit dem Ötztaler Gletscherskigebiet ist im Sommer 2022 nach jahrelangem Verfahren und einer Volksbefragung in den Gemeinden abgesagt worden. Jetzt planen die Verantwortlichen einen Ausbau der Skigebiete im Pitztal und im Kaunertal. Kritiker sprechen von einer scheibchenweisen Umsetzung der einstigen „Gletscherehe“. Beim Bau von Pisten bleibt kein Stein auf dem anderen, unberührter Boden im Hochgebirge würde weiträumig zerstört.

SKIGEBIET SEXTEN - SILLIAN

Zwischen dem Südtiroler Sexten und Sillian in Osttirol soll eine grenzüberschreitende, neue Skischaukel entstehen. Insgesamt sind drei neue Lifte, Pisten, ein Lawinensprengseil sowie ein neuer Speicherteich geplant. Hier würden laut der Landesumweltanwaltschaft Lebensräume für Alpenschneehuhn, Birkhuhn und Haselhuhn zerstört und die Naturlandschaft stark überformt werden.


eco.titel

so bei noch wilder, unberührter Natur: Die wenigen verbliebenen Moorlandschaften sollten, so Waitz, unbedingt unter strengen Schutz gestellt werden. Das seien eh nicht mehr viele. Ob die Biodiversitätsstrategie der Europäischen Union 2030 erfolgreicher sein wird als jene für 2020, die als gescheitert gilt, hänge – wie alles in der EU – von den Nationalstaaten ab: „Manche sind ambitionierter, andere hinken hinterher“, sagt Waitz. „Ich hoffe doch, dass Österreich zu den ambitionierten Staaten zählt, das ist aber nicht immer ganz sicher.“ Im Land fehle immer noch das klare Bekenntnis zum Naturschutz. Zielkonflikte mit dem Tourismus, der Energiegewinnung oder auch der Landwirtschaft würden „im einen Österreich“ so ausgehen und „im anderen Österreich“ eben anders. Ein Bergbauer wäre ja eh nicht weit weg von der biologischen Landwirtschaft, weil es schon gar nicht anders gehe. Ein Bauer im Marchfeld hänge dagegen an seinen giftigen Pestiziden, weil er am Weltmarkt mitmischen wolle, so der EU-Abgeordnete und Landwirt. Es sind vor allem die Landwirtinnen und Landwirte, die sich in den vergangenen Monaten mit lautstarken Traktorenprotesten in Brüssel, Deutschland und Frankreich gegen die im Februar im EU-Parlament beschlossene Verordnung zur Wiederherstellung der Natur stemmten. Nach langen Verhandlungen durch die Europäische Volkspartei wird die Verordnung an einigen Stellen verwässert. Für den Erhalt der Biodiversität und den Klimaschutz in der EU sieht der Grüne Abgeordnete die Abstimmung trotzdem als Erfolg, auch für die Landwirtschaft. „Für mich ist nicht die Frage, ob wir alle Ziele erreichen, sondern ob wir uns in die richtige Richtung entwickeln. Ob es uns gelingt, unsere Wirtschaftsbereiche so neu aufzustellen, dass sie komplementär zum Naturschutz funktionieren.“ Es ginge vor allem immer auch um Lebensqualität, erklärt Waitz die verschiedenen Ziele. In naturnahen Städten würde etwa die Maximaltemperatur sinken, wiedervernässte Wälder könnten in Dürreperioden wichtige Wasserspeicher sein. Ob es ausreichen wird, nur in die richtige Richtung zu starten, darüber gehen die Meinungen auseinander. Konflikte zwischen Wirtschaft und Naturschutz sind noch allgegenwärtig. Im Europäischen Parlament spüre man den Einfluss gewisser Lobbyinggruppen immer wieder deutlich. „Wir dürfen nicht naiv sein“, sagt Waitz. „Einige der

DAS EU - RENATU RIERUNGSGESETZ

Über 80 Prozent der europäischen Lebensräume gelten aktuell als in schlechtem Zustand. Alle Mitgliedstaaten sollen nun bis 2030 30 Prozent dieser Lebensräume in einen guten Zustand zurückversetzen. Darunter fallen etwa begradigte Flüsse, Monokulturwälder und überdüngte Agrarlandschaften ohne Hecken und Bäume dazwischen. Insgesamt sollen mindestens 20 Prozent aller Flächen an Land und im Meer wiederhergestellt, also renaturiert werden. Bis 2050 sollen es 90 Prozent sein. Anhand von Indikatoren wie Schmetterlingsoder Vogelpopulationen soll der Fortschritt gemessen werden. Das Gesetz ist eines der zentralen Elemente des Green Deals und soll Europa einen Schritt näher an die Ziele der UNBiodiversitätskonferenz von Montreal bringen. Hinter den Zielen von Montreal bleibt der Vorschlag, nach den vorangegangenen Verhandlungen, jedoch deutlich zurück.

Stand zum Redaktionsschluss am 15. März 2024.

größten Unternehmen der Welt sind direkt Profiteure des fossilen Energiesystems. Dass es hier Widerstände gibt, ist für mich nicht überraschend. Die Frage ist nur: Fallen politische Parteien aufgrund des Lobbyings dieser Industrien um – und wenn ja, wie weit?” Um diesen Missstand zu verbessern, müssten Wählerinnen und Wähler den Abgeordneten ganz genau auf die Finger schauen, nicht nur im Wahlkampf, sondern direkt bei den Abstimmungen. In Tirol – womit wir wieder bei den Zielkonflikten wären – dreht sich die Diskussion aktuell vor allem um Skigebietserweiterungen und Kraftwerkspläne, die ein wertvolles Moor bedrohen.

ÜBERSEHEN UND UNTERSCHÄTZT

„Moore“, erklärt Biologe und Landesumweltanwalt Johannes Kostenzer, „sind nicht nur wichtige CO2-Speicher, sie sind auch ein Blick in die Vergangenheit. Der Boden ist wie eine Lupe, durch die wir fast jahrgenau sehen, was an diesem Ort seit der letzten Eiszeit geschehen ist. Hier kann man für die Zukunft viel darüber lernen, wie man mit Klimaveränderungen umgehen kann. Das geht nur, wenn ich ungestörte Moore habe.“ Eines dieser letzten noch ungestörten Moore ist so groß wie neun Fußballfelder und liegt

„Für mich ist nicht die Frage, ob wir alle Ziele erreichen, sondern ob wir uns in die richtige Richtung entwickeln. Ob es uns gelingt, unsere Wirtschaftsbereiche so neu aufzustellen, dass sie komplementär zum Naturschutz funktionieren.“ THOMA S WAIT Z

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eco.titel

MENSCH UND WALD TEILEN EINE LANGE GESCHICHTE UND EINE ENGE WIRTSCHAFTLICHE BEZIEHUNG. EUROPA WAR EINMAL ZU MEHR ALS 90 PROZENT VON WALD ÜBERZOGEN. VOR ETWA 7.500 JAHREN BEGANN SEINE INTENSIVE NUTZUNG.

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im Nordtiroler Platzertal. Dort soll es bald für das geplante Wasserkraftwerk Kaunertal geflutet werden. Eine Großbaustelle, die Johannes Kostenzer problematisch sieht: „Ich habe mich im Studium ausführlich mit Mooren befasst und muss festhalten: Entgegen den Beteuerungen aller Techniker sind Moore nicht wiederherstellbar.“ Ein ähnlicher Konflikt führte übrigens vor mehr als 30 Jahren in Osttirol zur Gründung des ersten Nationalparks Österreichs. Geplant war, alle Osttiroler Gletscherbäche in einer Höhe von 1.900 Metern einzufassen und in einen Stausee im Dorfertal zu führen. Das Tal wäre hinter einer mehr als 200 Meter hohen Staumauer verschwunden. Eineinhalb Jahrzehnte dauerte der Kampf engagierter Naturschützerinnen gegen das Kraftwerk. Eine große Erfolgsgeschichte, auch wenn im Nationalpark Hohe Tauern, der fast so groß wie Vorarlberg ist, auch heute noch Interessen aufeinanderprallen.

ZWILLINGSKRISEN

Die Biodiversitäts- und die Klimakrise sind untrennbar verknüpft. Mehr Treibhausgase führen zu höheren Durchschnittstemperaturen, veränderten Niederschlagsregimen, häufigeren Extremwetterereignissen, Sauerstoffmangel und Versauerung von Gewässern – dadurch verändert sich die Artenzusammensetzung in den Ökosystemen. Umgekehrt wirken sich Veränderungen der biologischen Vielfalt auf das Klimasystem aus, insbesondere auf den Stickstoff-, Kohlenstoff- und Wasserkreislauf. Diese Wechselwirkungen können komplexe Rückkopplungen zwischen Klima, Biodiversität und menschlichen Aktivitäten hervorrufen.

„Moore sind nicht nur wichtige CO2-Speicher, sie sind auch ein Blick in die Vergangenheit. Hier kann man für die Zukunft viel darüber lernen, wie man mit Klimaveränderungen umgehen kann.“ JOHANNES KOSTENZER

Für Abenteuer- und Erholungsuchende ist der Nationalpark auch ein Sehnsuchtsort. Mehrere Millionen Menschen besuchen den Park und seine Einrichtungen jedes Jahr.

EIN EWIGER MACHTKAMPF?

Die wilde Natur fasziniert uns und zieht uns an, aber warum macht sie uns auch Angst? Johannes Kostenzer erklärt es sich mit seinen eigenen Naturerfahrungen: „Ich bin sehr viel draußen unterwegs – nicht nur in Tirol, sondern auch in Gegenden, die vom Menschen sehr unbeeinflusst sind. Und ich habe größten Respekt. Es gibt Situationen, da fürchte ich mich. Ich glaube, das ist Teil unseres Innersten, dass wir vor einer ungebändigten Natur Respekt haben, uns manchmal fürchten. Das wäre eigentlich auch richtig so. Dass wir dieser Furcht begegnen, indem wir die Natur ‚bändigen‘ wollen, ist auch eine natürliche Reaktion. Es ist in meinen Augen aber nicht die richtige, weil sie uns in die Irre führt.“ Der Glaube, die Natur beherrschen zu können, werde von der Realität eingeholt: Wassermangel, fehlender Schnee für den Tourismus und alle anderen Auswirkungen der Klimaveränderung sind für den Menschen kaum beherrschbar. „Und eines ist völlig klar: Letztlich ist die Natur immer stärker als wir.“ Wenn wir unser Handeln nicht anpassen, da ist sich auch der Grüne EU-Abgeordnete Thomas Waitz sicher, wird’s schwer: „Da sagt dann nicht der Staat, du musst die Moorfläche wiederherstellen, sondern der Bauer sagt, er muss aufhören, weil ihm drei Jahre lang das Getreide am Feld vertrocknet ist.“ Ranger Sebastian Pilloni, mit dem wir unsere Geschichte begonnen haben, wird noch grundsätzlicher. Er kann schon mit dem Begriff Wildnis nicht viel anfangen: „Was ist Wildnis und inwiefern können wir darauf zurückschauen? In der Geschichte des Planeten sind wir erst ein paar Sekunden da.“ Wir leben als Menschen inmitten eines wilden Systems, das wir ziemlich durcheinandergebracht haben. Jetzt gilt es, unsere Interessen mit dem Fakt zu vereinbaren, dass wir selbst ein Teil der Natur sind.


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BLASY 2.0 Seit über 70 Jahren gelingt es dem Familienunternehmen BLASY, seine Traditionen weiterzuführen und dabei gleichzeitig mit innovativen Ideen in eine erfolgreiche Zukunft zu gehen. Mit BLASY 2.0 wird aktuell an ein paar Schräubchen in Richtung Digitalisierung gedreht: Ein zeitgemäßer Onlineshop für Werkzeuge, Maschinen, Betriebseinrichtungen sowie Arbeitsschutz ergänzt die bewährte und breit gefächerte Fachkompetenz im Bau- und Industriebereich. T E X T : D O R I S H E LW E G / / F O T O S : A N D R É S C H Ö N H E R R

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er Name BLASY ist nicht nur in Tirol hinlänglich ein Begriff. Jeder Hobbybastler, professionelle Handwerker oder namhafte Industriebetrieb kennt das Tiroler Urgestein. So wie den überdimensionalen Bohrhammer an der Fassade des Firmengebäudes an der Bundesstraße, der es 1998 sogar als größter Bohrhammer der Welt ins Guinness Buch der Rekorde geschafft hat. Gegründet 1959 als kleiner Eisenwarenbetrieb von DI Erwin Blasy – damals noch in der Leopoldstraße in Innsbruck – erstrecken sich die Unternehmensbereiche heute vom Werkzeug- und Maschinenspezialisten über Regaltechnik, Tortechnik und Brandschutztüren bis zu Zauntechnik und Fahrzeugeinrichtungen. Für dieses umfangreiche Sortiment benötigt es die entsprechende Expertise und einen professionellen Vertrieb und Kundenservice, um die richtige Wahl für den Kunden oder die Kundin zu treffen. Eben diesem persönlichen Service hat sich das Traditionsunternehmen seit jeher verschrieben und dreht nun an ein paar Schrauben in Richtung Digitalisierung, ohne dabei den Menschen aus dem Fokus zu verlieren.

© ANDREAS FRIEDLE

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„Wir wollen kein Onlinehändler werden, sondern den Onlineshop als zusätzlichen Vertriebskanal etablieren und für unsere Kund*innen 24/7 verfügbar sein. Unser gesamtes Verkaufsteam wird sich weiterhin vor, während und im AfterSales-Bereich persönlich um unsere Kund*innen bemühen.“ G E S C H Ä F T S F Ü H R E R W O L F G A N G H O S P, M B A

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SYMBIOSE VON MENSCH UND TECHNIK

Mit dem neuen Onlineshop-System geht BLASY einen großen Modernisierungsschritt und bietet Kund*innen rund um die Uhr die Möglichkeit, aus einem spezialisierten Online-Produktportfolio wann auch immer und von wo auch immer zu bestellen. „Wir nennen diesen Transformationsprozess, den wir im letzten Jahr eingeleitet haben, BLASY 2.0 und möchten mit diesem Onlineshop insbesondere unsere Gewerbekund*innen einfach und effizient bedienen“, freut sich Geschäftsführer Wolfgang Hosp. „Wir sind weit mehr als ein Werkzeughandel. Wir sehen uns als Online-Fachmarkt für jeden Handwerker, so klein oder groß er auch sein mag. Unser Webshop bietet ein hochwertiges und äußerst umfangreiches Produktsortiment für Projekte im Bauwesen, in der Fertigung, im Handwerk, in der Logistik und in der Industrie. Das platziert uns in Österreich ganz vorne im Vertrieb von Werkzeugen und Maschinen namhafter und einschlägiger Hersteller. Bei uns finden sich von Makita über Metabo bis hin zu Bosch, Milwaukee, Tyrolit, Knipex, Gedore, Fein, Beta und noch viele mehr die passenden Produkte für den jeweiligen Bedarf“, erklärt Hosp. Dabei bleibt der Fokus stets auf dem Menschen. Es entsteht eine perfekte Symbiose

aus Mensch und Technik. Der Vertrieb oder auch die Auftragsabwicklung stehen neben dem nun neuen webbasierten Weg selbstverständlich nach wie vor in gewohnter Manier telefonisch oder persönlich für die Anliegen der Kund*innen zur Verfügung.

KURZE LIEFERZEITEN DURCH ZENTRALLAGER

Verwaltet werden die Waren fortan in einem Zentrallager von einem erfahrenen Partner in Sachen Logistik und Transport, der auch den Versand der Artikel innehat und kurze Lieferzeiten gewährleistet. Davon profitieren heimische Gewerbe- und Industriekund*innen sowie BLASY-Kund*innen in der Steiermark und dem Rest von Österreich bzw. im europäischen Raum. Denn geliefert wird grundsätzlich über das Zentrallager in Eberschwang in Oberösterreich auch über die Landesgrenzen hinaus, Lieferungen innerhalb der EU sind künftig jederzeit möglich. „Wir wollen kein Onlinehändler werden, sondern den Onlineshop als zusätzlichen Vertriebskanal etablieren und für unsere Kund*innen 24/7 verfügbar sein. Unser gesamtes Verkaufsteam wird sich weiterhin vor, während und auch im After-Sales-Bereich persönlich um unsere Kund*innen bemühen“, hält Hosp fest.

„In einer Zeit, in der alles einer starken Teuerung unterliegt, möchten wir im Sinne der Nachhaltigkeit zusätzlich den Service anbieten, Werkzeuge beim Hersteller reparieren zu lassen, anstatt sie zu entsorgen“, ergänzt der langjährige Geschäftsführer und ist überzeugt, dass es wieder in Mode kommen wird, seine Werkzeuge und Maschinen reparieren zu lassen. Neben den Neuerungen im Handel mit Werkzeugen, Maschinen und Arbeitsschutz bleiben die Abteilungen Tortechnik, Sortimo-Fahrzeugeinrichtungen, Zauntechnik, Regaltechnik und Werkstatteinrichtungen in gewohnter Qualität und bewährtem Service bestehen. „Die persönliche Beratung ist und bleibt unser USP, sei es im Handel oder insbesondere im Projektgeschäft“, bekräftigt Hosp.

EINRICHTUNGEN NACH MASS

Auch diese Geschäftsbereiche haben sich über die Jahre bestens etabliert, auch auf Grund der Zuverlässigkeit in Qualität und Ausführung. Denn Werkstätten oder Fahrzeuge kompetent und für den Nutzer adäquat einzurichten beziehungsweise auszustatten, verlangt nach dem nötigen Know-how, professionellen Vermessungen sowie verlässlicher budgetärer Planung. Die notwendige


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Der überdimensionale Bohrhammer an der Fassade des BLASY-Firmengebäudes hat es 1998 sogar als größter Bohrhammer der Welt ins Guinness Buch der Rekorde geschafft.

46 BLASY richtet Unternehmen ebenso nach Maß ein wie Montage- oder Servicefahrzeuge. So mancher Lieferwagen wird damit zur fahrenden Arbeitsstätte.

Expertise bringen die rund 50 Mitarbeiter*innen gekonnt in die verschiedensten Projekte ein. So reicht die komplette Betriebs- oder Werkstätteneinrichtung von der Planung bis hin zur Montage, darüber hinaus sogar bis zur Organisation selbiger, ganz egal ob es sich dabei um ein Lagersystem einer Klinik oder den Bauhof einer Gemeinde handelt. Dass das Angebot bis ins kleinste Detail durchdacht ist und nebst klassischen Regalsystemen auch Gabelstapler, Spinde, Müllkübel oder sonstige Utensilien beinhaltet, macht es großen Unternehmen ebenso einfach wie Betriebsgründern, die von der Erfahrung in puncto Betriebsstätten- oder Lagereinrichtung in hohem Maß profitieren können. Gut durchdacht und präzise nach Maß eingebaut werden bei BLASY auch Montage- oder Servicefahrzeuge für Techniker, Installateure, Maler, Elektriker oder Spengler. Je nach Fahrzeugtyp wird die Einrichtung desselben nach den Vorstellungen des Nutzers individuell geplant und passgenau eingebaut, sodass jedes Schräubchen auch an seinem richtigen Platz sicher verwahrt und für den Einsatz vor Ort griffbereit zur Stelle ist. Für so manchen wird so der Montagewagen zu einer persönlichen fahrbaren Arbeitsstätte umfunktioniert. Spezialisiert hat sich BLASY über die Jahrzehnte hinweg auch im Bereich der Tortechnik, und zwar vom privaten Garagentor bis zu komplexen Industrietoranlagen. „Durch unsere langjährige Erfahrung wissen wir, worauf es beim Einbau ankommt und welche Leistungsmerkmale wie Öffnungsgeschwindigkeit oder vor Ort geltende rechtliche Bestimmungen miteinbezogen werden müssen. Unser Team montiert ausschließlich Türund Toranlagen namhafter europäischer Hersteller und ist auch nach der Montage für eventuelle Störungen unverzüglich zur Stelle“, so Hosp.

ZAUNKÖNIG

Über die Jahrzehnte hat sich BLASY im Bereich der Tortechnik als ganzheitlicher Experte etabliert.

Ebenfalls im BLASY-Sortiment: individuelle Zäune und Sichtschutze aller Art.

Ob altbewährter Maschendrahtzaun, Doppelstabgitter oder Holzzäune: Auch in der Planung, Lieferung und Montage von Abgrenzungen oder Sichtschutzen ist die Fachkompetenz des BLASY-Außendienstteams immer wieder gefragt. Auch hier gilt es, die vor Ort geltenden rechtlichen Bestimmungen in die individuelle Planung und Umsetzung miteinzubeziehen. Ebenso wichtig: präzises Vermessen und die perfekte Ausarbeitung. Und so prägt die BLASY GmbH als Familienbetrieb seit Jahrzehnten die Wirtschaftslandschaft Tirols und ist zu weit mehr herangewachsen als einem gewöhnlichen Handelsbetrieb. Das traditionsbewusste Unternehmen legt als Arbeitgeber auf das Wohl der Mitarbeiter*innen ebenso Wert wie auf die Förderung junger Talente. Das Motto des Firmengründers Erwin Blasy hat auch 70 Jahre später immer noch Gewicht, nämlich hochwertige Produkte zum besten Service zu bieten. www.blasy.eu


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TOURING

Unterberger Denzel Innsbruck Griesauweg 32, 6020 Innsbruck Telefon 0512/33435

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BMW i5 Touring: 250 kW (340 PS); Kraftstoffverbrauch 0,0 l/100 km, CO2-Emission 0,0 g CO2/km, Stromverbrauch von 16,5 kWh bis 19,3 kWh/100 km. Angegebene Verbrauchs- und CO2-Emissionswerte ermittelt nach WLTP.

Symbolfoto

THE NEW


eco.mmentar

Markus M. Meister, Executive Board Member OYER EMPL DING N A BR

DIVERSITY MANAGEMENT „Es gibt nicht mehr als fünf musikalische Noten, jedoch die Kombination dieser fünf bahnt den Weg für mehr Melodien, als sie jemals gehört werden können.“ Sun Tzu, Die Kunst des Krieges

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aben Sie schon einmal darüber nachgeVON MARKUS M. MEISTER dacht, was Musik mit Management zu tun hat? Auf den ersten Blick scheinen diese beiden Disziplinen weit voneinander entfernt. Und doch nutzt sie Sun Tzu in seinem Buch „Die Kunst des Krieges“ (einem Meilenstein für Unternehmensstrategie). Doch was können wir im Unternehmenskontext von Musik lernen? Einer BCG-Studie mit mehr als 1.600 Unternehmen in acht Nationen zufolge erzielen Unternehmen mit überdurchschnittlicher Diversität innerhalb ihres Teams durchschnittlich 19 Prozent höhere Innovationserlöse. Diversität – eines der großen Schlagworte heutiger Unternehmenskultur – wird dabei anhand von sechs Dimensionen gemessen: Herkunft, Industrie, Karrierepfad, Geschlecht, Bildungsniveau und Alter. Eine kleine Auswahl aus Faktoren einer diversen Arbeitnehmerschaft und doch aussagekräftig genug, um zu zeigen, dass Diversität unlängst zu den Erfolgsfaktoren eines Unternehmens gehört. Der Aufruf der Studie, Vielfalt im eigenen Unternehmen zu fördern, scheint trivial. Und doch bleibt die Frage, wie sich diese Diversität im eigenen Betrieb implementieren oder verwalten lässt. Die Lösung liefert – einen passenderen Beweis für die Relevanz von Diversität gibt es kaum: Musik. Der Kernkonflikt eines jeden Musikstückes ist die Frage, wie der Komponist seine erstrebte Botschaft so klar und deutlich wie möglich dem Hörer vermitteln kann. Dabei stehen ihm eine Vielzahl an Instrumenten, Tönen, Harmonien und Melodien zur Verfügung – kurzum: unendliche Gestaltungsmöglichkeiten. Der Komponist muss aus dieser Vielfalt einige wenige Mittel auswählen, mit denen er seine Geschichte erzählen wird. Die entscheidende Frage dabei ist die der Anzahl an unterschiedlichen Gestaltungsmitteln. Nutzt er zum Beispiel zu viele Klangfarben in seinem Stück, drohen diese den Kontext zu verklären, und das Stück zerbricht an seiner Vielfalt. Erklingen zu wenig unterschiedliche Klangfarben, sieht sich der Hörer schnell einer tristen Eintönigkeit gegenüber. Der schmale Pfad zwischen diesen Alternativen muss aktiv bedacht und ausgestaltet werden. Dieser konzeptionelle Prozess hat eine exakte Entsprechung in der Betriebswelt

von Unternehmen – er veranschaulicht die Signifikanz einer strategischen Betrachtung von Diversität. Das bedeutet, Räume zu schaffen (ob physisch oder metaphorisch betrachtet), in denen Mitarbeitende Diversität leben können und gerade dadurch betriebliche Innovationsprozesse mit ihren eigenen Stärken und ihrem eigenen Wissen fördern. Gleichzeitig impliziert diese Betrachtung von Diversität jedoch auch, zu erkennen, an welcher Stelle Vielfalt das eigentliche Ziel des Unternehmens zu überschreiben droht. Besonders hier bedarf es fortan eines gezielten Talent- bzw. Diversity Managements. Wie? Betrachten wir den Dirigenten eines Orchesters – seine Aufgabe besteht darin, das vom Komponisten konzipierte Stück aufzuführen und in die Realität zu übertragen. Er kennt seine Musiker wesentlich besser als der Komponist und muss nun versuchen, Ersteren zu ermöglichen, zur Geltung zu kommen. Als Orientierung dient ihm dazu die Komposition, die er nun nach bestem Wissen anpassen wird. Ohne die Komposition jedoch ist der Dirigent orientierungslos, ihm fehlt der rote Faden, in den er die Talente seiner Musiker einzuordnen weiß. Das macht es unmöglich, Musik zu spielen (es fehlen ja schließlich die Noten der Musiker), und verwehrt somit den Musikern, ihre Talente einzubringen. Diese Metapher scheint auf den ersten Blick abstrakt, doch ihre Botschaft ist deutlich: Diversity Management muss der Teil der Unternehmensstrategie sein. Andernfalls ist ihre Implementierung im Unternehmen schwerfällig oder gar unmöglich. Und so lehrt uns Sun Tzu gleich zwei Dinge: Die Relevanz von Vielfalt und die Stärke, Probleme aus völlig anderen Perspektiven zu sehen.

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Im Jahr 2006 von einer Gruppe Studierender als Innsbruck CONSulting gegründet und inzwischen mit insgesamt drei Standorten in Innsbruck, Wien und Graz vertreten, ist icons – consulting by students eine studentische (und damit von konventionellen Unternehmen unterscheidbare) Unternehmensberatung. Das Ziel der Organisation ist es, Unternehmen innerhalb von Beratungsprojekten bei Problemen und Ambitionen, von der Gründung bis hin zu Fragen des Alltags, in großen Konzernen zu unterstützen. www.icons.at


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ZUKUNF

forschung & innovation

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Zukunft aus dem Drucker Neue technische Errungenschaften eröffnen uns eine ganze Welt neuer Möglichkeiten. Wie der 3D-Druck. So arbeitet aktuell eine Tiroler Forschungsallianz an der Herstellung von möglichst realitätsnahen 3D-gedruckten Augenlidern. Derzeit bilden Körperspender*innen die wichtigste Basis für die medizinisch-anatomische Ausbildung. Bereits seit knapp zehn Jahren werden außerdem künstlich hergestellte Augen und weitere Instrumente des Tiroler Unternehmens eyecre. at weltweit zu Schulungszwecken eingesetzt. Nun soll dafür ein Augenlid aus dem 3D-Drucker kommen. Das entsprechende Projektteam wird von der Medizinischen Universität Innsbruck angeführt, vom Management Center Innsbruck sowie den Clustermitgliedern der Standortagentur Tirol, der Eyecre.at GmbH und Addion GmbH ergänzt und vom Land Tirol mit knapp 116.000 Euro unterstützt. Im ersten Schritt wird das menschliche Augenlid im Detail analysiert, um es im Anschluss realitätsnah in Haptik und Materialeigenschaften nachzubauen. Die „Nachdrucke“ könnten weitreichende Anwendung in der medizinischen Ausbildung finden, was zu einer verbesserten Patient*innenenversorgung und zu Fortschritten in der Lidchirurgie führen würde. In Wien indes kam kürzlich das erste Gehirn aus dem 3D-Drucker. In einem gemeinsamen Projekt der MedUni und der TU Wien wurde das weltweit erste 3D-gedruckte „Gehirn-Phantom“ entwickelt, das dem Aufbau von Gehirnfasern nachempfunden ist und mit einer speziellen Variante von Magnetresonanztomografie (dMRT) bildlich dargestellt werden kann. Wie ein wissenschaftliches Team nun im Rahmen einer Studie gezeigt hat, kann mit Hilfe dieser Gehirnmodelle die Erforschung von neurodegenerativen Erkrankungen wie Alzheimer, Parkinson und Multiple Sklerose vorangetrieben werden.


MEDALP

IN BESTEN HÄNDEN

SHARING IS CARING

© M.R.KNABL/IQOQI INNSBRUCK

Carsharing ist nicht nur in größeren Städten ein Trend, sondern hat auch im ländlichen Raum Potenzial – vorausgesetzt es gibt ein entsprechendes Angebot. Vor allem Großfahrzeuge-Sharing etwa für Umzüge, Möbeleinkäufe oder den Transport sperriger Güter macht dabei besonders Sinn. Das österreichische Start-up 123-Transporter gilt in Österreich als Pionier in dem Bereich. Vor Kurzem kam das Unternehmen auch nach Tirol. Ab sofort sind in Innsbruck, Wörgl, Lienz, Imst und St. Johann insgesamt 16 neue Fahrzeuge stationiert, deren Anmietung maximal flexibel komplett digital abläuft und damit unbürokratisch und schnell funktioniert. 123-Transporter sind 24/7 für alle ab 18 Jahren, die im Besitz eines B-Führerscheins sind, zugänglich. Die Bezahlung erfolgt online, die Kilometerzahl ist unbegrenzt. Gefällt uns! www.123-transporter.at

Das Quantengas-Mikroskop ähnelt einem Schiff im Glas: Vakuumkammer und Linse befinden sich in einer Glaszelle, mit Lasern wird in der Kammer ein Lichtkristall erzeugt.

DEAD OR ALIVE Die Quantenphysik ist für alle, die nicht unmittelbar mit ihr zu tun haben, quasi das schwarze Loch der Wissenschaft und gibt selbst Quantenphysiker*innen immer wieder neue Rätsel auf. Vor einiger Zeit haben zwei weltweit führende Forschungsgruppen, eine unter der Leitung von Francesca Ferlaino vom Institut für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI) in Innsbruck, und die andere geführt vom aus Deutschland stammenden Physiker Markus Greiner, ihre Expertise gebündelt und ein ultragenaues Quantengas-Mikroskop für die Beobachtung magnetischer Quantenmaterie entwickelt. Kurzum: Mit diesem können komplexe, dipolare Quantenzustände beobachtet werden, was für die Forschung enorm hilfreich ist. In jahrelanger Kleinarbeit haben die Forschungsteams gemeinsam das neue Experiment entwickelt und zwei Mikroskope in Österreich und den USA aufgebaut. „Teile der Apparatur haben wir hier in Innsbruck hergestellt“, sagt Ferlaino. Heute steht sowohl in Harvard als auch in Innsbruck ein solches Quantengas-Mikroskop, mit dem sich neue Erkenntnisse zu den Eigenschaften von Quantenmaterie finden lassen. Das mag für Otto Normalverbraucher alles ganz weit weg sein, es zeigt aber eines deutlich: In der Quantenphysik ist Innsbruck weltweit führend und das ist eine sehr, sehr gute Nachricht.

In der medalp werden medizinische Dienstleistungen auf höchstem Niveau an fünf Standorten in Tirol erbracht.

O

b Skilauf, Eissport, Rodeln oder Winterwandern: Auch in der kalten Jahreszeit sind Freizeit- und Pro�isportler*innen gerne in der Tiroler Natur unterwegs. Wie bei allen sportlichen Betätigungen ist der gesundheitliche Nutzen groß. Dennoch kann es auch zu unerwarteten Verletzungen kommen, hauptsächlich im Bewegungsapparat. Knie- und Schulterverletzungen führen die Liste der Sportunfälle an.

ZUR MEDALP BEI VERLETZUNGEN UND SCHMERZEN.

Wenn es zu einem Unfall kommt, ist es besonders wichtig, dass die Versorgungskette lückenlos funktioniert und dass es vor allem schnell geht, bis die Diagnose gestellt und die Behandlung begonnen werden kann. Beginnend bei den Erstretter*innen über die Allgemeinmediziner*innen vor Ort bis zu den medizinischen Fachleuten der medalp arbeiten alle Beteiligten lückenlos Hand in Hand. Bei schwerwiegenden Verletzungen kommt der Helikopter zum Einsatz und Notärzt*innen entscheiden vor Ort rasch und kompetent über die weiteren Schritte. Durch eine schnelle Abklärung mittels klinischer Untersuchung, Bildgebung und MRT direkt in der medalp wird sofort Klarheit über das Ausmaß der Verletzung geschaffen und die Behandlungsoptionen können umfassend mit den Patient*innen besprochen werden. Sollte ein chirurgischer Eingriff notwendig sein, kann dieser zeitnah und, wo immer möglich, minimalinvasiv durchgeführt werden. Damit werden Heilungsprozess und Rehabilitation gefördert.

VON DER DIAGNOSE ZUR REHA LÜCKENLOSES PATIENTENERLEBNIS.

In vielen Fällen wird nach dem Eingriff ergänzend eine physiotherapeutische Behandlung empfohlen. In den medalp-Einrichtungen stehen hierfür mit den behandelnden Ärzt*innen bestens vernetzte Therapeut*innen zur Verfügung, die den Patient*innen ein individuell abgestimmtes Therapieprogramm anbieten. Dadurch lässt sich die Zeit von der Verletzung bis zur Wiederherstellung oft entscheidend verkürzen. � � �. � � � � � �. ��

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WAS MAN ZU VERSTEHEN GELERNT HAT, FÜRCHTET MAN NICHT MEHR. MARIE CURIE

Zahlreiche Studien belegen, dass die Ursache für den Wohlstand eines Landes in dessen Innovationskraft liegt. Vor allem in jenen Ländern, die über keine Rohstoffe verfügen, und Österreich ist diesem Punkt bekanntlich eher wenig gesegnet. Unser größtes Asset ist unser Wissen. Forschung und Wissenschaft müssen in der Breite allerdings erst ihren Platz finden. Mit dem Auftreten von SARS-CoV-2 hatte es aber plötzlich auch die Bevölkerung in Sachen Forschung eilig, was der Wissenschaft rückblickend nicht zwingend einen Gefallen getan hat. INTERVIEW: MARINA BERNARDI


eco.zukunft

ie Wissenschaft als Ganzes betrachtet, hat es hierzulande nicht immer einfach. Vieles der wissenschaftlichen Arbeit und Forschung im akademischen Umfeld passiert im Verborgenen. Thesen werden aufgestellt, bestätigt oder verworfen, eine Fragestellung bedingt die nächste. Und so ist Wissenschaft eine ständige Weiterentwicklung von Wissen, ein nie endender Prozess, ein Ausloten von Eventualitäten, dessen Ergebnis, selbst wenn die Wahrscheinlichkeit extrem hoch ist, nie absolut sein kann. Die Crux ist: Menschen erhoffen sich und erwarten vielfach definitive Aussagen, um aus persönlichen und gesamtgesellschaftlichen Unsicherheiten herauszukommen. Wenn keiner weiß, was passiert, täte es gut, jemanden zu haben, der einem zuverlässig sagen kann, was ist. Die Antworten, die die Wissenschaft gibt, sind allerdings nie eindeutig. Das ist das Wesen der Wissenschaft. Sie hinterfragt sich laufend selbst, reagiert auf neue Erkenntnisse und Datenlagen und ist sohin immer eine Momentaufnahme. In der Regel passiert dies alles abseits der Öffentlichkeit, während der Coronapandemie fand dieser Prozess quasi in Echtzeit vor den Augen aller statt und in einer Geschwindigkeit, die eine absolute Ausnahmesituation darstellte. Das führte zu einem etwas verzerrten Bild davon, wie Wissenschaft eigentlich funktioniert, und auch dazu, dass ihr Menschen vermehrt kritisch bis ablehnend gegenüberstanden. Wissenschaftsskeptiker indes gab es natürlich schon vor der Pandemie. Das ist per se nichts Schlechtes. Schlägt diese Skepsis jedoch in Verweigerung um, die jeden Diskurs verunmöglicht, wird es schwierig. „Natürlich finden sich in einer offenen, von einer Vielfalt an Meinungen und Anschauungen geprägten Gesellschaft zu jeder Frage abweichende Stimmen, und so werden, wo es um konkrete Projekte geht, unweigerlich nicht nur einzelne Forschungsvorhaben, sondern auch verschiedene Wissenschaftszweige und schließlich sogar die Bedeutung von Forschung und Wissenschaft insgesamt unterschiedlich bewertet und beurteilt werden. Selbst jene Haltung, die die moderne Wissenschaft vor allem in Gestalt der Naturwissenschaften,

„Wir sollten uns eher Gedanken darüber machen, warum gerade manche politische Strömungen auf einem sehr eigenartigen Fuß mit Forschung und Wissenschaft stehen, anstatt eine allgemeine Wissenschaftsskepsis zu diagnostizieren, die so vermutlich gar nicht existiert.“ ULRICH METSCHL

sowie ihre Anwendung und Umsetzung in Medizin und Technik, grundsätzlich für einen lebensfeindlichen Irrweg hält, ist nicht gänzlich unbekannt und beschwert manch esoterischer Geschäftsidee sichere Einnahmen“, schreibt Dr. Ulrich Metschl vom Institut für Philosophie an der Universität Innsbruck in seinem Buch „Vom Wert der Wissenschaft und vom Nutzen der Forschung“, erschienen 2016 im Springer Verlag. Er beschäftigt sich vor allem mit dem Thema der Skepsis innerhalb der Wissenschaft, aber auch jene die Wissenschaft betreffend. Wir haben ihn an seinem Institut besucht.

ECO.NOVA: Skepsis ist in der Wissenschaft

Bestandteil der Methode. Bedingt diese Skepsis innerhalb der Wissenschaft selbst auch jene ihr gegenüber? ULRICH METSCHL: Ich glaube, das ist eine falsche Wahrnehmung. Wenn man verstanden hat, wie Wissenschaft intern funktioniert, kann man nicht so leicht auf die Idee kommen, dieses Verfahren grundsätzlich in Frage zu stellen. Stellt man eine wissenschaftliche Behauptung auf, muss man seine These gründlich geprüft haben und ausreichend hieb- und stichfeste Belege und Evidenzen vorweisen können. Wissenschaft sollte gerade deshalb Vertrauen genießen, weil sie zu ständiger kritischer Prüfung verpflichtet ist.

In ihrem Buch schreiben Sie unter anderem: „Als Haltung existieren sowohl die radikale Ablehnung wie die teils fröhlich bekennende Ignoranz gerade gegenüber der modernen Naturwissenschaft.“ Laut einer Eurobarometer-Umfrage vom November 2021 ist in Österreich das Interesse an Wissenschaft im internationalen Vergleich besonders niedrig. Warum? Das Problem ist, dass man eigentlich gar nicht so genau weiß, was in dieser Studie konkret erhoben wurde. Es ist also schwer

zu sagen, was von diesen Ergebnissen tatsächlich zu halten ist. Ich denke, dass die Befürchtung, die österreichische Bevölkerung wäre generell besonders weit von der Wissenschaft entfernt, stark medial getrieben wurde. Überhaupt sollten wir uns eher Gedanken darüber machen, warum gerade manche politischen Strömungen auf einem sehr eigenartigen Fuß mit Forschung und Wissenschaft stehen, anstatt eine allgemeine Wissenschaftsskepsis zu diagnostizieren, die so vermutlich gar nicht existiert. Sorgt ein hohes Interesse an Wissenschaft automatisch für weniger Skepsis? Nein. Es hat sich gezeigt, dass auch Gesellschaftskreise, die wissenschaftlich relativ gut informiert sind, dennoch eine skeptische Haltung einnehmen können. Der Glaube, dass ein hoher wissenschaftlicher Kenntnisstand mit einer höheren Akzeptanz einhergeht, wäre naiv. Letztlich muss es auch nichts Schlechtes sein, wenn sich die Bevölkerung nicht für Wissenschaft interessiert. Hier verhält es sich ein wenig wie mit der Politik: Wir interessieren uns dann vermehrt dafür, wenn wir das Gefühl haben, sie funktioniert nicht richtig. Was wünschenswert wäre, ist, dass man der Wissenschaft ein Maß an Wertschätzung und Respekt entgegenbringt und dass Menschen ihr offen und neugierig begegnen. Das würde uns generell nicht schaden, nicht nur der Wissenschaft gegenüber. In der Wissenschaft gibt es kein klares Ja oder Nein. Hat es der Mensch verlernt, Unwägbarkeiten auszuhalten? Oder hat er es gar nie gekonnt? Ich neige ein bisschen dazu, dass er es nie wirklich gekonnt hat. Und in Zeiten, in denen die Unsicherheiten zunehmen, wird es umso schwieriger. Vor allem, wenn diese Unsicherheiten uns Verhaltensveränderungen abverlangen, wie etwa der Klimawandel. Wir bekommen nicht gerne

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„Man sollte die Wissenschaft nicht bedingungslos anbeten. Es ist gut, dass eine demokratische Öffentlichkeit kritisch mit ihr umgeht.“ ULRICH METSCHL

gesagt, dass wir unser Leben ändern müssen. Während der Pandemie war das sehr stark zu spüren. Für den Einzelnen und vor allem für das Kollektiv ist es ein Problem, nicht zu wissen, wie man damit auf möglichst konstruktive Weise umgeht. Für die Wissenschaft ist das weniger problematisch, weil sie es gewohnt ist. Wissenschaftliche Methode erreicht nicht das Schaffen von Gewissheiten, sondern die rationale, vernünftige Beherrschung von Ungewissheit.

In unserer Gesellschaft scheinen immer mehr die Graustufen und Buntheiten verloren zu gehen. Es scheint fast nur mehr Schwarz und Weiß zu geben. Wie bekommt man diese Entwicklung wieder aufgelöst? Das ist eine gute Frage, allerdings keine, die die Wissenschaft zu beantworten versuchen sollte. Vielmehr ist es eine gesellschaftliche und letztlich politische Aufgabe, dieser Polarisierung etwas entgegenzusetzen. Sozialwissenschaften können Kenntnisse und Einsichten bereitstellen und damit dazu beitragen, dass die Öffentlichkeit auf der Grundlage ihres gesamten, also auch wissenschaftlichen Kenntnisstandes kluge und informierte Entscheidungen trifft. Insgesamt sollten wir uns aber davor hüten, eine Expertokratie zu verlangen. Das wäre gerade verkehrt. Wissenschaftliche Institutionen haben eine beratende Funktion, wenn sie gefragt werden, aber sie sollten keine Entscheidungen treffen oder gar eine Gesellschaft steuern.

Inwieweit schadet die teils offen zur Schau gestellte Anzweiflung wissenschaftlicher Erkenntnisse und die öffentliche Diskreditierung, unabhängig davon, von welcher Seite sie kommt? Man sollte die Wissenschaft nicht bedingungslos anbeten. Es ist gut, dass eine demokratische Öffentlichkeit kritisch mit ihr umgeht. Die Wissenschaft hinterfragt sich laufend selbst, also hat auch die Öffentlichkeit ein Recht dazu. Und sie hat ein Recht dazu, sich dagegen zu verwehren, dass jede wissenschaftliche Erkenntnis einer Aufforderung gleichkommt, daraus bestimmte Maßnahmen oder Handlungen abzuleiten. Aber wir können durchaus verlangen, dass wissenschaftliche Erkenntnisse anerkannt und nicht auf

teils wirklich schmutzige Weise diskreditiert werden. Das ist schädlich – nicht nur für die Wissenschaft, sondern für die Gesellschaft als Ganzes. Wenn an einer Forschung Beteiligte massivem Druck und persönlicher Kritik ausgesetzt werden, ist das eine Form des Umgangs, die schwer hinzunehmen ist und die sich eine einigermaßen informierte Öffentlichkeit nicht gefallen lassen sollte.

Warum wenden sich immer wieder Menschen vom breiten Konsens ab und glauben stattdessen eher teils wirklich wahnwitzigen Einzelmeinungen? Wie kommt man auf die Idee, dass 100 Expert*innen irren, wahlweise auch „gekauft“ sind, aber genau dieser eine nicht – der bei genauerer Betrachtung vermutlich günstiger zu bestechen wäre. Das hängt vielleicht ein bisschen mit dem Punkt des Nicht-aushalten-Könnens von Ungewissheiten zusammen. Man sucht sich einen Anker, der das eigene Weltbild gut zusammen- und festhält. Auf diese Weise vermeidet man, sich in eine gewisse Offenheit begeben zu müssen, die vielfach mit Unbehagen verbunden ist. Das führt in manchen Fällen allerdings dazu, dass folglich weitere Positionen unstimmig werden. Ein Beispiel: Es gibt nach wie vor Menschen, die der Meinung sind, die Erde wäre eine Scheibe. Das ist an sich nicht weiter schlimm, schadet ja so weit keinem. Denkt man allerdings weiter, lassen sich in der Folge aber auch andere Phänomene nicht mehr erklären. Wir wissen zum Beispiel, dass sich Wirbelstürme auf der

ZUR PERSON:

Ulrich Metschl (64) studierte Philosophie und Theoretische Linguistik in München, promovierte 1987 („Über einige verwandte Möglichkeiten der Behandlung des Wahrheitsbegriffs“) und habilitierte 1994 („Über die Statik des Wahren und die Dynamik des Wissens“, unveröffentlicht). Es folgten Lehrund Forschungstätigkeiten an den Universitäten Bayreuth, Erlangen, München, Eichstätt und der TU München, seit 2004 ist er als assoziierter Professor an der Universität Innsbruck. Unter anderem forscht und lehrt er zu den Themen Wissenschaftsphilosophie und Wissenschaftsethik.

Nordhalbkugel in die entgegengesetzte Richtung drehen als auf dem südlichen Teil. Das ist ein Grund, weshalb Wirbelstürme nie den Äquator überqueren. Wenn Sie aber glauben, die Erde wäre eine Scheibe, kann man für dieses Phänomen keine Erklärung mehr anbieten. Oder nur eine völlig willkürliche. Sie werden an einem bestimmten Punkt inkohärent, was manchmal derart behoben wird, dass man die Wissenschaft generell als gekauft und lügnerisch darstellt. Das hilft in der Sache aber auch nicht weiter. Dass Menschen in manchen Belangen zu derart irrationalen Haltungen neigen, ist bedauerlich. Vielleicht würde mehr Verständnis und Sinn für Wissenschaft dem tatsächlich etwas entgegenwirken können, verlassen würde ich mich darauf allerdings nicht. Wie gehen Sie persönlich mit solchen Menschen um? Ich versuche, eine möglichst höflich-interessierte Haltung zu bewahren. Es ist allerdings schwierig, bei Menschen zu versuchen, Dinge geradezurücken, die sie eigentlich gar nicht geradegerückt haben wollen. Tragen zu dieser Misere mitunter auch die Medien durch eine falsch verstandene Ausgewogenheit, im Englischen als false balance oder bothesidesism bezeichnet, bei – dass man also einer klaren Minderheitenmeinung gleich viel Platz einräumt wie der Mehrheitsmeinung und damit eine verfälschte Gleichgewichtung herstellt? Diese falsche Ausgewogenheit gibt es tatsächlich und sie wird vor allem in der Klimaforschung deutlich. Dazu gibt es sogar verlässliche statistische Untersuchungen, die zeigen, wie Medien die Debatte verzerren. Sie konzentrieren sich übergebührlich auf die strittigen Punkte, die es ohne Zweifel gibt, blenden damit aber aus, dass das ganze Bild vollkommen einheitlich gesehen wird. In der Forschung gab es nie wirklich Zweifel daran, dass der Klimawandel stattfindet. Zweifel gab es an einzelnen Mechanismen, weil man manche Details noch nicht hinreichend verstanden hat. Das ändert aber nichts an der Tatsache an sich. Das zeigt die Verlegenheit, in der sich die Wissenschaft manchmal befindet.

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Wissenschaft schafft Wissen Im Zuge der Coronapandemie hat Wissenschaft und Forschung quasi vor den Augen der Öffentlichkeit stattgefunden. Das Verständnis für die Abläufe vor allem in der naturwissenschaftlichen Arbeit kam dabei allerdings vielfach zu kurz. Das führte zu einer teils erheblichen Diskrepanz zwischen dem, was die Öffentlichkeit sieht und erwartet, und dem, was Wissenschaft tatsächlich tut. INTERVIEW: MARINA BERNARDI

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ie Coronapandemie hat unser aller Welt für eine gewisse Zeit aus den Angeln gehoben. Und sie hat ein Gebiet vermehrt in den Mittelpunkt gerückt: die Wissenschaft. Vor den Augen der Weltöffentlichkeit und quasi im Zeitraffer wurde geforscht, neue Erkenntnisse wurden gewonnen und veröffentlichte Ergebnisse zum Teil revidiert. In der Regel ist wissenschaftliches Arbeiten von einem langen Austausch geprägt. Bis ein Ergebnis in der breiten Bevölkerung ankommt, wird es zuerst in Fachkreisen präsentiert, diskutiert, Erkenntnisse revidiert und publiziert. Bis dahin nimmt die Öffentlichkeit meist überhaupt keine Notiz davon. Wissenschaftsinterne Streitigkeiten und Diskussionen sind bis zu diesem Punkt völlig normal. Nur bekommt sie eben keiner mit. Bei der Forschung im Zuge der Coronapandemie hatte man für diese internen Vorgänge keine Zeit. Innerhalb kürzester Zeit wurden weit vorläufigere Erkenntnisse als sonst in der Öffentlichkeit präsentiert und die Diskussion über deren Richtigkeit direkt vor den Augen aller geführt. Beinahe täglich. Das erweckte bei so manchem den Eindruck, „die Wissenschaft“ wisse nicht, was sie tue. Birgit Weinberger arbeitet seit 2005 am Forschungsinstitut für Biomedizinische Alternsforschung und sagt: „Wissenschaft ist ein Prozess. Es ist nicht die EINE Frage, auf die es die EINE Antwort gibt.“ Wir haben mit ihr darüber gesprochen, welche Auswirkungen die Pandemie auf die öffentliche Wahrnehmung der Wissenschaft hatte.

ECO.NOVA: Was halten Sie für den größten Irrtum der Bevölkerung gegenüber der Wissenschaft? BIRGIT WEINBERGER: Dass Wissenschaft absolut sein muss, denn das

ist sie nicht. Jede Erkenntnis basiert stets auf dem aktuellen Wissensstand. Wenn wir in der Wissenschaft morgen Neues wissen, denken wir nochmal darüber nach, ob wir gestern recht hatten. Das ändert nichts daran, dass wir heute das Beste gemacht haben, was wir konnten. Das ist für uns Wissenschaftler*innen ein ganz natürlicher Prozess, aber schwierig, das in der Allgemeinheit entsprechend zu kommunizieren. Menschen erhoffen sich klare Aussagen und tun sich schwer damit, wenn Erkenntnisse zu einem späteren Zeitpunkt modifiziert werden.

„Wenn wir in der Wissenschaft morgen Neues wissen, denken wir nochmal darüber nach, ob wir gestern recht hatten. Das ändert nichts daran, dass wir heute das Beste gemacht haben, was wir konnten.“ BIRGIT WEINBERGER

War die Kommunikation die eigentliche Herausforderung der Wissenschaft in der Coronapandemie? Die Pandemie war eine absolute Ausnahmesituation, und zwar für die Arbeit der Wissenschaft, die schnell gehen musste und gleichzeitig mit einer extrem hohen Verantwortlichkeit versehen war, genauso wie für die Kommunikation. Um den Jahreswechsel 2019/20 wussten wir lediglich, dass irgendwo in China Leute krank werden. Binnen weniger Wochen waren die

Viren identifiziert und sequenziert. Wir hatten zuverlässige diagnostische Tests und es wurde ein Impfstoff entwickelt. Wir haben im Laufe der Zeit gelernt, wie wir die Erkrankten behandeln und antivirale Medikamente am besten einsetzen können. Gleichzeitig haben sich allerdings auch die Rahmenbedingungen ständig verändert, die Viren haben sich weiterentwickelt und mache Aussagen, die man zu Beginn der Pandemie getroffen hat, wurden damit obsolet. Die Wissenschaft hat ständig dazugelernt und neue Informationen verarbeitet. Der Wissensstand hat sich also laufend erweitert, sodass wir immer klüger geworden sind. Empfehlungen können aber immer nur aufgrund des Status quo abgegeben werden und sich damit auch ändern.

Hat die Pandemie der Wissenschaft sohin einen Bärendienst erwiesen? Erstmals kam die breite Öffentlichkeit mit dem Thema in Berührung, hat aber ein falsches Bild davon vermittelt bekommen. Was wäre die Alternative gewesen? Auch wenn die Pandemie ein paar Jahre angedauert hat, hat es sich doch um einen Akutfall gehandelt. Wir hatten schlicht nicht die Zeit, bestimmte Prozesse abzuwarten und zu durchlaufen, weil man die Ergebnisse – mit starker Berechtigung – rasch brauchte. In einem normalen wissenschaftlichen Zyklus würden wir vermutlich heute anfangen, die Viren von 2020 richtig zu verstehen. Und das tun wir auch, helfen tut’s halt für damals nichts mehr. Es ist ein wenig wie bei einem Hochwasser: Wenn Wasser über die Ufer in mein Haus dringt, muss ich versuchen, es mit allen Mitteln zu stoppen. Es hat keinen Sinn, darüber nachzudenken, ob es generell klug war, das Haus an dieser Stelle zu bauen. Im Nachhinein kann man sich dann überlegen,


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„Impfungen sind neben sauberem Wasser und Antibiotika mit großem Abstand die Public-Health-Maßnahme, die am meisten Erkrankungen und Todesfälle verhindert hat.“ BIRGIT WEINBERGER

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was langfristige Alternativen und Pläne sein können. Wichtig ist dennoch, überlegte Entscheidungen zu treffen und nicht aus einer Unsicherheit heraus einfach irgendetwas zu tun. Man kann aber immer nur jene Datengrundlage heranziehen, die man zu diesem Zeitpunkt hat, und daraus die möglichst beste Entscheidung treffen. Natürlich wäre es im Fall der Coronapandemie schön gewesen, wir hätten schon Studiendaten über einen Dreijahreszeitraum zu SARS-CoV2 gehabt. Hatten wir nicht. Also mussten wir eine Lösung für ein Problem finden, das sich zeitgleich rasant ausgebreitet hat. Retrospektiv sehen die meisten in der Coronapandemie eine Ausnahmesituation – fälschlicherweise nicht jedoch in der Ursache, sondern hauptsächlich in den Maßnahmen.

Diese Ausnahmesituation sagt also generell wenig über das wissenschaftliche Arbeiten an sich aus. Können Sie verstehen, dass vielen im Zuge dessen folglich auch die Impfstoffentwicklung zu schnell gegangen ist? Schon, aber wehe, es hätte länger gedauert. Das wäre ebenfalls ein Drama gewesen. Letztlich ist die mRNA-Technologie selbst zum damaligen Zeitpunkt nichts absolut Neues gewesen, vor allem aber standen plötzlich enorm viele finanzielle Mittel zur Verfügung. So konnten viele Schritte in der Entwicklung, die aus Kostengründen normalerweise nacheinander stattfinden, gleichzeitig passieren. Die unterschiedlichen Phasen, die ein Impfstoff bis zur Zulassung durchläuft, wurden auch in diesem Fall durchlaufen, allerdings um ein Vielfaches schneller. Klassische Zulassungsstudien dauern normalerweise mehrere Jahre, schlicht, weil es eine entsprechende Anzahl an Erkrankungsfällen in der Studienpopulation braucht, um eine statistische Wirksamkeit zu zeigen. Für die Corona-Impfstoffe war diese Zahl nach wenigen Monaten erreicht. Allein das hat die Entwicklungszeit enorm abgekürzt. Zeitgleich wurden bereits in großem Maßstab Produktionsstätten errichtet, ohne zu wissen, ob diese überhaupt gebraucht werden. Auch

das würde man unter normalen Umständen aus unternehmerischer Sicht nicht machen.

Die Coronaimpfung scheint viele Menschen hinsichtlich Impfungen generell verunsichert zu haben. Selbst jahrzehntelang erprobte Impfstoffe werden infrage gestellt – siehe Masern. Woran liegt es, dass gerade das Thema Impfen derart emotional belastet ist? Das verstehe ich ehrlich gesagt auch nicht. Kaum jemand stößt sich zum Beispiel an Krebsmedikamenten und ein Großteil der Impfgegnerschaft würde vermutlich in anderen Bereichen durchaus moderne Medizin in Anspruch nehmen. Impfungen sind neben sauberem Wasser und Antibiotika mit großem Abstand die Public-Health-Maßnahme, die am meisten Erkrankungen und Todesfälle verhindert hat, und plötzlich wird das alles in Frage gestellt. Auch Dinge, die jahrzehntelang gut funktioniert haben und dokumentiert erfolgreich sind. Mittlerweile sind wir diesbezüglich leider stark von einer sachlichen Ebene weggedriftet. Ich kann nachvollziehen, wenn jemand Angst in Bezug auf Nebenwirkungen hat und Aufklärung braucht. Letztlich geht es immer um eine Risikoabwägung. Die Argumentationen haben mittlerweile jedoch nicht mehr viel mit rationalen Zweifeln oder Informationsbedarf zu tun. Es kursieren die absurdesten Verschwörungserzählungen, die jeglicher Grundlage entbehren. Ja, Impfstoffe sind mit einem – wenn auch minimalen – Risiko verbunden. Alles, was einen Effekt hervorruft, kann auch unerwünschte Effekte haben. Viele Menschen können schwer mit diesen Wahrscheinlichkeiten umgehen. Während für viele eine potenzielle Impfnebenwirkung ein durchaus reales Ereignis darstellt, sieht man in der Infektion selbst nur eine theoretische Wahrscheinlichkeit. Ist die Wissenschaft während der Pandemie zu politisch geworden? In der Corona­ situation haben sich, glaube ich, mehrere Dinge vermischt. Es gab schon immer einen kleinen Prozentsatz, der der gesamten

Impfthematik unglaublich skeptisch gegenüberstand. Während der Pandemie ging das Impfthema an einem Punkt aber plötzlich weit über das Impfen an sich hinaus. Es wurde mit einer Ablehnung der staatlichen Maßnahmen und Kontrollen verknüpft. Man war plötzlich gegen das Impfen, gegen die Maßnahmen, gegen die Politik oder einfach gegen alles. Ich habe auch die Anti-Corona-Demonstrationen nicht verstanden. Keine Ahnung, worum es dabei genau ging. Die meisten sind ja nicht FÜR die Viren, wogegen wurde also konkret demonstriert? Wissenschaft und Politik haben sich plötzlich vermischt, und das nicht im besten Sinne. Es wurden politische Entscheidungen getroffen und so kommuniziert, als wären es jene der Wissenschaft gewesen. Das hat in einer sehr seltsamen Art ineinandergegriffen, die es so vorher nicht gab. Mit Social Media kam noch eine zusätzliche Dimension ins Spiel, sodass der Informations- in weiten Bereichen zu einem Desinformationsfluss und echtem Problem wurde. Sehen Sie die Möglichkeit, die Emotionen zum Thema in näherer Zukunft wieder herunterzukochen? Schwierig. Auf der einen Seite haben sich noch nie so viele Leute für das Wissenschaftsthema interessiert, auf der anderen Seite war auch noch nie so viel Desinformation und Misstrauen da. Eigentlich hätte man gehofft, die positiven Aspekte würden überwiegen, gleichzeitig sind die negativen mitgewachsen. Man tut sich als Wissenschaftler*in schwer, diesen Emotionen zu begegnen. Wir argumentieren mit Zahlen und Fakten, Statistiken und Wahrscheinlichkeiten. Das erreicht die Leute allerdings viel schlechter als anekdotische Geschichten. Wenn Fakten als Meinungen abgetan und Meinungen zu Fakten werden, dann wird’s schwer.

ZUR PERSON

Birgit Weinberger (47) hat Biologie an der Universität Regensburg und der University of Colorado studiert. Sie hat im Bereich Virologie promoviert und kam 2005 als Post-Doc nach Innsbruck an das Institut für Biomedizinische Alternsforschung, das zu diesem Zeitpunkt Teil der Österreichischen Akademie der Wissenschaften war. Seit 2012 ist das Institut Teil der Fakultät Biologie der Universität Innsbruck. 2018 habilitierte sie an der Universität Innsbruck im Fach Immunbiologie und leitet seitdem die Arbeitsgruppe „Immunseneszenz und Impfung“ am Forschungsinstitut für Biomedizinische Alternsforschung. Seit 1. Mai 2022 ist Birgit Weinberger hier als Professorin für Immunologie tätig und leitet das Institut seit März 2024.


CONGRESS MESSE INNSBRUCK

50 JAHRE INTERALPIN Das Jahr 2024 markiert das 50-jährige Bestehen der INTERALPIN, der Weltleitmesse für alpine Technologien. Was 1974 in kleinem Rahmen begann, entwickelte sich in den vergangenen fünf Jahrzehnten zum wichtigsten Branchentreffpunkt der Seilbahnwirtschaft. 2025 findet die 25. Ausgabe der alle zwei Jahre veranstalteten Fachmesse statt.

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ur richtigen Zeit am richtigen Ort: So könnte man die Entstehungsgeschichte der INTERALPIN in knappen Worten beschreiben. Die Fachmesse in der Alpenmetropole Innsbruck entwickelte sich parallel zur Expansion der alpinen Technologien und dem Aufschwung des Wintertourismus in Tirol zum weltweit gefragtesten Branchentreffpunkt mit einer beispiellosen globalen Anziehungskraft. „Die langjährige Geschichte der weltweit führenden Plattform für alpine Technologien ist beeindruckend und gründet sich auf die Innovationskraft der Branche sowie das Engagement und die Kompetenz aller Partner, Aussteller und Fachbesucher. Ich bedanke mich bei allen, die der INTERALPIN zu der Größe verholfen haben, die sie heute einnimmt, und die diese auch in Zukunft gestalten werden“, so Christian Mayerhofer, Geschäftsführer der Congress Messe Innsbruck (CMI)

sends aus allen Nähten platzte, übersiedelte die INTERALPIN 2002 auf die Messe Innsbruck, wo sie auch heute noch ausgetragen und kontinuierlich erweitert wird“, erzählt Stefan Kleinlercher, Projektleiter der Messe. 2023 verzeichnete die INTERALPIN mehr als 35.000 Fachbesucher aus rund 130 Nationen bei einem Angebot von rund 650 Ausstellern aus über 50 Ländern. Vom 6. bis 9. Mai 2025 bietet die INTERALPIN wieder eine Plattform für die neuesten Innovationen und brandaktuellen Themen der Branche. Am Eröffnungstag findet gleichzeitig die Österreichische Seilbahntagung des Fachverbands der Seilbahnen statt. An Tag zwei und drei werden die INTERALPIN Inspiration Days mit hochkarätigen Keynotes

und Expertenvorträgen die aktuellen Themen der Branche beleuchten und zur Diskussion stellen. Die Generalversammlung und das Seminar der Internationalen Organisation für das Seilbahnwesen OITAF ist ebenfalls ein Fixpunkt. Eine Delegation der INTERALPIN wird auch beim diesjährigen OITAF-Weltseilbahnkongress vom 17. bis 21. Juni in Vancouver vertreten sein. „Die Alpintechnik- und Seilbahnbranche ist sehr dynamisch und von einem steten Wandel und einer starken Zukunftsorientierung geprägt. Das 50-Jahr-Jubiläum der INTERALPIN bietet den Anlass, den Blick nicht nur zurück, sondern vor allem auf zukünftige Entwicklungen zu werfen. Bei der 25. INTERALPIN 2025 werden die Themen, die die Branche aktuell und in Zukunft bewegen, auf den Tisch gebracht. Es gilt mehr denn je auszuloten, welche Verantwortung der Branche in Zeiten von multidimensionalen gesellschaftlichen und klimatischen Veränderungen zukommt und wie sie diese als Chancen zu nutzen wissen kann. Die zahlreichen Fachleute werden dazu ihre Expertise in das Produkt- und Informationsangebot der INTERALPIN 2025 einbringen“, gibt Kleinlercher einen Ausblick. www.interalpin.at

EINE ERFOLGSSTORY

Im Kurhaus Igls, das heute als congresspark igls Teil der CMI ist, fand 1974 im Rahmen des damaligen „Internationalen Schipistenkongresses“ eine kleine Präsentation von Produkten der Seilbahnwirtschaft statt. Ein Jahr später, im Kongresshaus Innsbruck, erhielt die Ausstellung den Namen INTERALPIN. 1977 fand sie mit dem Untertitel „Fachausstellung für Winterdienstgeräte“ erstmals als eigenständige Veranstaltung mit 72 Ausstellern und einem Publikum aus über 20 Nationen statt. 1978 stieg die Ausstellerzahl weiter auf 84 Unternehmen, 1980 auf 120. „Als der Congress Innsbruck Anfang des neuen Jahrtau-

„Ich freue mich darauf, das Jubiläum bei der 25. Ausgabe der INTERALPIN 2025 gebührend feiern zu können.“ C HR I S T I A N M AY E R H O F E R , G E S C H Ä F T S F Ü HR E R DER CONGRESS MESSE INNSBRUCK (CMI)

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DENKRAUM PROGRAMM FÜR ZUKÜNFTE

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Die eine, singuläre Zukunft gibt es nicht. Es gibt viele mögliche Zukünfte. Allen ist gemein, dass sie aktiv gestaltet werden wollen, um nicht in den Geruch des Schicksalshaften zu kommen. Dazu braucht es Kompetenzen und Ambiguitätstoleranz. Die Zukünfte sind das wissenschaftliche Terrain, in dem Antje Bierwisch (49) arbeitet. Sie hat am MCI den UNESCO-Lehrstuhl für Futures Literacy inne. TEXT: MARIAN KRÖLL

arbeitet das Feld der Futures Literacy? Grundsätzlich ist jeder zukünftefähig, insbesondere Kinder, nur ANTJE BIERWISCH: Futures Literacy ist die individuelverlieren wir einen Teil dieser Fähigkeiten, weil wir le Kompetenz von Personen, sich anhand der eigenen Teil eines mehr oder weniger engmaschigen sozialen Vorstellungskraft mit unterschiedlichen Zukünften ausSystems sind und in Schule, Ausbildung und Beruf auf einanderzusetzen, Veränderungen zu antizipieren und lineares, logisch-stringentes Denken trainiert werden. durch aktives Handeln selbst Zukunft zu gestalten. Das Das reduziert unseren Blick auf mögliche Zukunftsszeverlangt auch nach der Fähigkeit, sich mit Widersprüchnarien, der sich aber mit unterschiedlichen Methoden lichkeiten und Vieldeutigkeiten auseinanderzusetzen wieder weiten lässt. Als Einstieg in das Thema gibt es und zu fragen, was wäre, wenn die Dinge sich völlig andie UNESCO Futures Literacy Labs, die Riel Miller, ein ders entwickeln, als zu erwarten ist. Davon ausgehend Pionier auf dem Gebiet der Futures Literacy, mitgestaltet geht es darum, die Potenziale dieser Veränderungen hat. Das kann man sich vorstellen als partizipatorische zu erkennen und daraus Handlungsmöglichkeiten für Prozesse, die darauf ausgerichtet sind, Stimmen aus die Gegenwart abzuleiten. Was kann ich beispielsweise allen Lebensbereichen einzubeziehen. Mit mit wem heute bereits tun, um unerwünschalternativen Perspektiven können die ten Zukünften entgegenzuwirken oder Menschen innovativ sein und ihre wünschenswerten Zukünften ent„Momentan Wahlmöglichkeiten diversifiziegegenzukommen? Das sind die wird viel extraren. Futures Literacy befähigt zentralen Merkmale von Futupoliert und vieles die Menschen, kreativer, ofres Literacy. einfach linear fortfener, experimenteller und innovativer zu sein. Es gibt Somit ist unser Vorstelgeschrieben. Wir müssen tagtäglich unterschiedlilungsvermögen zugleich uns aber auch mit che Möglichkeiten, AnnahGrundlage wie Grenze alternativen Zukünften men zu hinterfragen und von Futures Literacy? Ja. auseinandersetzen, für in neuen Szenarien zu denWir müssen dafür all unseken. Das ist eine Methode, re Annahmen über die Welt den Fall, dass unsere die Denkräume enorm öffnen in Frage stellen. Momentan Annahmen für die kann, und hilft, sich in Zukünfwird viel extrapoliert und vieZukunft falsch sind.“ te hineinzuversetzen. Die Szenales einfach linear fortgeschrieben. A N TJE BIER W IS C H rien existieren allerdings nicht im Wir müssen uns aber auch mit alterluftleeren Raum, völlig losgelöst voneinativen Zukünften auseinandersetzen, nander. Deshalb braucht es auch ein systemifür den Fall, dass unsere Annahmen für die sches Verständnis dafür, wie Dinge zusammenhängen Zukunft falsch sind. Ein Beispiel: Wir nehmen an, dass und -wirken und welche Wechselwirkungen dahinteres die EU in einigen Jahrzehnten noch geben wird oder stehen. Das Futures Wheel ist ein Instrument, das diese die Möglichkeit, dass immer mit Bargeld bezahlt werZusammenhänge stark sichtbar macht. den kann. Wir müssen aber auch Szenarien mitdenken, in denen das – aus welchen Gründen auch immer – Futures Literacy verlangt danach, dass man ohne nicht mehr der Fall sein könnte. Grundsätzlich hat jeder Scheuklappen durch eine Welt geht, die von mulMensch bis zu einem gewissen Grad von Natur aus diese tiplen Krisen bedroht ist, gegen die man als IndiAntizipations- und Imaginationsfähigkeit, man kann sie viduum kaum etwas ausrichten kann. Betrachten aber auch gezielt schärfen, trainieren und erweitern. Sie Futures Literacy auch als Chance zur Selbstermächtigung, als Emanzipation vom SchicksalshafWelche Fähigkeiten braucht es individuell, ten, als Weg, die Agency zurückzugewinnen? Aus um – wie es ganz bewusst im Plural heißt – meiner Sicht ja, weil es wesentlich darum geht, gerade zukünftefähig zu sein, und mit welchen Methoden ECO.NOVA: Was ist und was will Futures Literacy?

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Zukunft hauptsächlich betrifft. Das sind Auswirkung gefährin Handlungs- und Ent„Grundsätzlich ist die jungen Menschen, die mit dem Erbe licher Ereignisse scheidungssituatioleben müssen, das andere ihnen hinterjeder zukünfte-fähig, unterschätzen nen unter hoher lassen haben. Ums mit einer ökonomilässt, zu entUnsicherheit insbesondere Kinder, schen Metapher zu sagen: Die Stakeholledigen? So und Komplenur verlieren wir einen Teil der der Zukunft, das sind vor allem die ist es. Schauxität wiedieser Fähigkeiten, weil wir Jungen, müssen viel stärker in die Geen Sie sich der Gestalstaltung selbiger eingebunden werden. Teil eines mehr oder weniger den ersten tungshoheit Definitiv! In der Wissenschaft findet unter Bericht des zu erlangen engmaschigen sozialen dem Begriff „Responsible Futures“ diesbeClub of Round VerantSystems sind und in Schule, züglich eine gute und richtige Entwicklung me zur Lage wortung für Ausbildung und Beruf statt. Wir reden über die Welt von morgen, der Menschsich zu überda ist es nicht einzusehen, dass die, die es auf lineares, logischheit aus dem nehmen. Es geht betrifft, daran nicht oder kaum beteiligt sind. Jahr 1972 an. Es nicht darum, die stringentes Denken Das ist aber nicht nur eine Generationenfraist erschreckend, Dinge schönzuretrainiert werden.“ ge. In der Vergangenheit wurde sehr häufig wie nahe die heutige den, sondern Mögüber die Zukünfte von Menschen geredet, Situation am prognostilichkeiten und Wege aufdie nicht Teil des Diskurses gewesen sind. zierten Worst-Case-Szenario zuzeigen, wie jede*r Einzelne Das muss sich ändern. ist. Das zeigt, dass die Auseinandersetzung handlungsfähig bleiben kann. mit Zukünften sehr zielführend sein kann. Häufig wird der Fehler begangen, dass Hoffentlich sind wir in der Zukunft schlauFutures Literacy ist demnach nichts, was von der Vergangenheit – gleichsam als er und bleiben nicht so lange inaktiv und nur auf der Expert*innenebene stattzuFortschreibung einer durchgehenden Likommen schneller ins Tun. finden hat, sondern vielmehr eine grundnie – auf die Zukunft geschlossen wird. legende Fähigkeit, in die weiteste TeiDas wird der Komplexität des Systems Lässt sich dieses Konzept in gewisser le der Gesellschaft einbezogen werden mit seiner Unzahl an Variablen und InWeise als Versuch einer wissenschaftmüssen. Bestünde sonst nicht die Gefahr, terdependenzen wohl nicht gerecht. Wie lichen Bewältigung eines zukunftsverdass sich – wenn man das Feld nur den Exkönnte man es besser machen? Wir begessenen Normzustands, der in der viral pert*innen überlässt – so etwas wie eine helfen uns mit Szenarien. Wir schauen uns gegangenen Catchphrase „OK Boomer“ „Betriebsblindheit“ für die Zukünfte madie heutigen Systeme, Akteure und Wechseinen Kulminationspunkt gefunden hat, nifestiert? Ja. Das ist tatsächlich etwas, was selwirkungen an und fragen uns, wie sich interpretieren? Von Albert Einstein gibt es in Organisationen häufig vorzufinden ist. all diese Faktoren auf unterschiedlichste das schöne Zitat, dass sich Probleme niemals Und das ist erst einmal auch nicht schlecht, Art und Weise verändern können. Daraus mit der gleichen Denkweise lösen lassen, da es Orientierung und klare Erwartungen bauen wir verschiedene Zukunftsbilder und durch die sie entstanden sind. Doch genau schafft. Dann kommen wir und versuchen, -geschichten. Natürlich sind wir auch dabei diese Haltung beobachte ich vor allem in genau das zu hinterfragen und neue Mögdurch die Grenzen unserer Vorstellungsder Nachhaltigkeitsdebatte immer wieder. lichkeitsräume aufzumachen. Futures Likraft limitiert, die wir bewusst erweitern Ältere Generationen müssen sich von junteracy ist individuell genauso wichtig und wollen, um weitere Möglichkeitsräume zu gen Menschen die Frage gefallen lassen, ob wirkmächtig wie im Kontext eines veranteröffnen. Was heute ist, kann morgen schon rückblickend immer alles klug und richtig wortungsvollen und zukunftsorientierten ganz anders sein. war. Wichtig: Die Erfahrungen, die die ÄlUnternehmertums. teren gemacht haben, können wertvoll sein Kann dieses Denken in Sze– das Beharren auf dem Alten um Wie ist das Konzept überhaupt entstannarien manchmal auch seiner Selbst dagegen nicht. den? Wir setzen uns damit seit etwa einem eine Zumutung sein Die Bereitschaft zu dieser halben Jahr ganz gezielt wissenschaftlich insofern, als dass selbstkritischen Refleauseinander. Futures Literacy kommt stark „Die Norm man sich auch Dinxion nehme ich bei aus der Antizipationsforschung und -theonimmt uns viel ge ausmalen muss, älteren Verantworrie, die maßgeblich von Roberto Poli und an Fantasie und die man eigentlich tungsträger*innen eben Riel Miller geprägt wurde. Der BeKreativität. Das fehlt nicht eintreten seleider nicht immer griff Futures Literacy ist in den 2000ern hen möchte? Ja, dawahr. Dabei wäre das erstmals verwendet worden und hat sich uns dann in der bei geht es auch um eine tolle Basis für eials junges wissenschaftliches Feld entwiVorstellung unserer Verantwortung. Wir nen ehrlichen und zuckelt, dem mehr und mehr AufmerksamZukünfte.“ wollen aber nicht Dyskunftsgewandten Auskeit zuteil wird. topien herbeifantasieren, tausch über Generationen sondern haben grundsätzlich hinweg. Der Reiz von Futures Literacy liegt wohl schon einen optimistischen Blick auch in der Möglichkeit, sich durch ein auf die Zukünfte und wollen mit positiven Die Diskurse über die Zukunft werden Zukünftebewusstsein verschiedener Narrativen zeigen, dass – trotz allem – noch immer noch häufig unter sträflicher VerBiases, darunter der starke Normalcy einiges möglich ist. Wir können Szenarien nachlässigung jener geführt, die diese Bias, der uns Wahrscheinlichkeit und


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auch von ihrer Zielsetzung her denken. Beispielsweise, indem wir uns ansehen, was passieren muss, damit die Demokratie auch zukünftig funktions- und leistungsfähig bleibt.

Muss man sich, um offen für die Futures Literacy zu sein, von einem deterministischen Weltbild verabschieden und sich dem Chaos hingeben? Anders formuliert: Brauchen wir mehr Mandelbrot und weniger Newton? Ich würde nicht sagen, dass man sich dem Chaos hingeben muss, aber der Unsicherheit. Bestimmte einfache Regeln, die lange Zeit bestimmt haben, wie die Welt funktioniert, stimmen heute nicht mehr. Die Welt ist komplexer geworden. Es ist wichtig, dass man sich auf Unsicherheit einzulassen lernt, mit ihr spielt. Je besser man das kann, desto anpassungsfähiger und resilienter wird man. Wir brauchen – wie es so schön heißt – eine gesteigerte Ambiguitätstoleranz. Ihre Aufgabe ist es, die Sphären des Denkmöglichen zu erweitern. Aber ge-

hen wir einmal in die Diagnose: Welche sozialen und institutionellen Entwicklungen und individuellen Biases tragen dazu bei, unsere Vorstellun„Von Albert gen von Zukunft zu verengen? Ein Einstein gibt es ganz wesentliches Thema ist unser Umgang mit Fehlern. Wir das schöne Zitat, dass brauchen eine andere Fehsich Probleme niemals mit lerkultur. Ein weiteres der gleichen Denkweise lösen betrifft unseren Umgang lassen, durch die sie entstanden mit der Norm. Die Norm nimmt uns viel an Fansind. Doch genau diese Haltung tasie und Kreativität. beobachte ich vor allem in der Das fehlt uns dann in Nachhaltigkeitsdebatte immer der Vorstellung unserer wieder. Ältere Generationen müsZukünfte. Unsere Art zu kommunizieren ist auch sen sich von jungen Menschen oft kontraproduktiv. Wir die Frage gefallen lassen, sind eher am Widerspruch, ob rückblickend immer am „Ja, aber …“ interessiert als alles klug und daran, zuzuhören und Anknüpfungspunkte zu suchen. Die rigide richtig war.“ Art, wie Organisationen häufig strukturiert sind, ist der Futures Literacy auch nicht zuträglich. Es gibt viele Elemente, die uns einschränken.

btv.at/nachhaltigegeldanlage

Unser Geld in unserer Welt Investieren mit Geist und Haltung bedeutet: Ressourcen schonen, sozial handeln und faire Geschäfte tätigen. Das wirkt und bewirkt!

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Aber sicherlich nicht nur dort. In den Wirkt die akademische Beschäftigung Hochschulsektor kommen – zumindest mit Futures Literacy auch auf die Orgamit Blick auf das Lebensalter – Erwachnisation ein, in Ihrem Fall das Managesene, quasi „fertige“ Menschen. Definiment Center Innsbruck? Ja. Das ist nicht tiv. Wir haben deshalb zusammen mit Stefan nur meine eigene Beobachtung, sondern es Bergheim vom Zentrum für gesellschaftlilässt sich auch anhand wissenschaftlicher chen Fortschritt ein Programm empirischer Befunde zeigen. Die für jüngere Schüler*innen Organisationskultur wird entwickelt, das auf den innovationsfreudiger, „Es war sehr Futures Literacy k re a t ive r, M e n Labs aufsetzt. Es schen haben als aufschlussreich, mit war sehr aufTeil des Unjungen Menschen über schlussreich, ternehmens ihre Wünsche, Erwartungen, mit den junmehr Agenaber auch Befürchtungen für gen Mency. Ich empschen über finde es die Zukunft zu reden. Dabei als großes haben wir erschreckenderweise ihre Wünsche, ErGlück und auch gesehen, dass manche wartungen, Privileg, am gar nicht mehr dazu in der aber auch BeMCI den UNfürchtungen ESCO-LehrLage waren, sich eine für die Zukunft stuhl für Futuwünschenswerte Zukunft zu reden. Dabei res Literacy mit vorzustellen.“ haben wir erschreeinem tollen Team ckenderweise auch gemit Leben füllen und sehen, dass manche gar nicht vorantreiben zu dürfen. Gemehr dazu in der Lage waren, sich rade an Hochschulen sollten wir vor eine wünschenswerte Zukunft vorzustellen. dem Hintergrund unserer Verantwortung Es wäre wichtig, gerade bei unseren Kindern für die Ausbildung zukünftiger Generatidie Vorstellungskraft nicht zu zerstören. An onen verstärkt die Frage nach den Impliden pädagogischen Hochschulen tut sich derkationen unserer Inhalte für mögliche Zuzeit in dieser Richtung auch einiges. künfte stellen.

Kinder sind ohnehin fantasiebegabt, diese Begabung wird einem in den Schulen aber vielfach leider über Jahre wieder abtrainiert. Das sehe ich auch so. Wir sollten weniger auf die Norm abzielen und unsere Kinder und Jugendlichen bewusst ermutigen, wieder kreativer und unkonventioneller zu denken. Damit nehmen wir ihnen ihr angeborenes Rüstzeug für Futures Literacy erst gar nicht weg. Eines ist klar geworden, die eine Zukunft gibt es nicht. Warum ist es eigentlich klüger, von den Zukünften im Plural zu sprechen? Weil DIE Zukunft nicht absolut existiert, sondern sich aus der Vielzahl unterschiedlicher Vorstellungen von möglichen Zukünften sozial konstruiert und manifestiert. Ist Futures Literacy eine Kompetenz, die man quasi mit der Muttermilch aufsaugen sollte, oder können – salopp formuliert – auch ältere Semester noch zukünftefähig werden? Wir sehen in unseren Seminaren und Veranstaltungen, dass es nie zu spät ist, sich zu öffnen und zukünftefähig zu werden. Werden zukünftig „Out of the Box Thinking“ und ein interdisziplinärer Zugang zu sozialen, ökologischen und nicht zuletzt ökonomischen Themen wichtiger werden? Ja, das wird ganz sicher so sein.


MAGAZIN

AB 24 0 2 I N U J DEL IM HAN CH I ERHÄLT

JAHRE JUBILÄUM 1924–2024


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HEUTE SCHON AN MORGEN GEDACHT? © STANDORTAGENTUR TIROL

Innovationen finden sich in vielen Bereichen, zu betonen ist jedoch, dass sie für die erfolgreiche Entwicklung von Unternehmen von ganz entscheidender Bedeutung sind. Umso wichtiger ist es, Innovationen zu fördern.

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m in herausfordernden Zeiten erfolgreich zu sein, bedarf es einiges: Unternehmen müssen resilient sein und damit in der Lage, Anpassungen zur Aufrechterhaltung ihrer Handlungsfähigkeit schnell vorzunehmen, und ebenso bereit dazu, ihre Strukturen und Prozesse grundlegend umzugestalten sowie innovative Produkte und Dienstleistungen anzubieten. Damit geht auch die Notwendigkeit einher, offen gegenüber Neuem zu sein und selbst kreativ zu werden. Unternehmen sind demnach hinsichtlich ihrer Innovationsleistung gefordert. Schließlich

sind Innovationen als wichtigster Faktor für künftigen unternehmerischen Erfolg zu sehen. Damit Innovationen reifen und realisiert werden können, bedarf es eines Ökosystems, das diese begünstigt und aktiv unterstützt sowie die betroffenen Unternehmen – ob Start-ups, Nischenspezialisten, Hidden Champions oder Global Player sowie Forschungs- oder Wissenschaftseinrichtungen – maßgeschneidert begleitet. Auch im Frühjahr 2024 können Unternehmen diverse Angebote wahrnehmen, die zur Inspiration einladen und ihre nachhaltige (Weiter-) Entwicklung fördern.

ENTERPRISE EUROPE NETWORK: RESILIENZ - MONAT Vor dem Hintergrund internationaler Krisen rückt das Konzept der Resilienz immer mehr in den Fokus – auch im unternehmerischen Kontext. Eine starke Widerstandskraft ist schließlich essenziell, um innovativ und zukunftsfähig zu sein. Das Enterprise Europe Network Österreich bietet daher im Mai und Juni 2024 eine sechsteilige kostenlose Webinar-Reihe an, die kleine und mittlere Unternehmen dabei unterstützt, ihre Resilienz zu steigern. Dazu werden sich die Teilnehmer*innen mit verschiedenen


STANDORTAGENTUR TIROL

TIROLER INNOVATIONS WOCHE 2024

Innovationstag 2024: Die Gewinner*innen der Tiroler Cluster-Awards 2024 gemeinsam mit den Clustermanager*innen der Standortagentur Tirol

Aspekten der Resilienz auseinandersetzen und praktische Tipps erhalten, welche zur Steigerung der Resilienz beitragen. Die Sessions sind einzeln buchbar und richten sich speziell an Führungskräfte, Personalverantwortliche, Nachhaltigkeitsbeauftragte und Innovationstreibende. Jetzt online anmelden:

der Kreislaufwirtschaft erkennen und aktiv dazu beitragen möchten, die Wirtschaft nachhaltiger zu gestalten. Jetzt online anmelden:

LANGE NACHT DER FORSCHUNG 2024

CIRCULAR - ECONOMYMANAGER*IN - LEHRGANG Während das gegenwärtig vorherrschende lineare Wirtschaftsmodell vorsieht, Rohstoffe zu verarbeiten und nach Ende ihrer Produktlebensdauer als Abfall zu entsorgen, zielt das zirkuläre Modell darauf ab, Materialien so lang wie möglich im Kreislauf zu halten, um dadurch unter anderem den Einsatz von Ressourcen zu minimieren – ganz im Sinne einer nachhaltigen Zukunft. Da die Umsetzung entsprechendes Know-how voraussetzt, haben die FH Kufstein, das Start-up endlich. sowie die Standortagentur Tirol den Lehrgang „Circular Economy Manager*in“ entwickelt. Den Teilnehmer*innen wird vermittelt, worauf Kreislaufwirtschaft abzielt und wie sie sich in verschiedenen Branchen umsetzen lässt. Theorie und Praxis werden dabei ideal miteinander kombiniert und die Teilnehmenden somit dazu befähigt, komplexe Herausforderungen zu analysieren und nachhaltige Geschäftsmodelle zu entwickeln. Der Lehrgang startet im Herbst 2024 und richtet sich an Personen, die das Potenzial

„Mitmachen. Staunen. Entdecken.“ Genau darum geht es bei der Langen Nacht der Forschung – der einzigen bundesweiten Veranstaltung zur Wissenschaftskommunikation, die Leistungen heimischer Institutionen für die breite Bevölkerung kostenlos zugänglich macht. Die Veranstaltung zielt darauf ab, Wissenschaft und Forschung auf innovative, verständliche und unterhaltsame Weise Jung und Alt zu präsentieren – von vorwissenschaftlichen Arbeiten an Schulen über Grundlagenforschung und Leitprojekte der anwendungsorientierten Forschung sowie erfolgreiche Innovationen seitens Unternehmen bis hin zu Projekten der Spitzenforschung. Es ist also für jede*n etwas dabei. Die Lange Nacht der Forschung findet am 24. Mai 2024 von 17 bis 23 Uhr statt. Bundesweit gibt es 2.700 Angebote – in Tirol wird einiges geboten, das auch zur Inspiration einlädt. Weitere Informationen sind online zu finden:

Tirol braucht sich in puncto Innovationskraft nicht zu verstecken, ganz im Gegenteil: Tirol steckt voller Innovationen. Um landesweit aufzuzeigen, was Tirol in Sachen Innovationen zu bieten hat, ist die Tiroler Innovationswoche ins Leben gerufen worden. Gemeinsam mit über 20 Partner*innen hat die Lebensraum Tirol Gruppe unter Federführung der Standortagentur Tirol ein Programm auf die Beine gestellt, das die Innovationskraft Tirols in den Fokus rückte – von Informationen zu Förderungen und Kapital oder zum Schutz der eigenen Entwicklungen über Angebote zur gemeinsamen Weiterentwicklung des Tourismus oder der Gastronomie bis hin zu vielfältigen Möglichkeiten, die dank Pitching-Sessions oder Podiumsdiskussionen zur Inspiration einluden und ganz besonders zu Austausch und Vernetzung.

Und mehr noch, denn der Innovationstag 2024 der Standortagentur Tirol holte ganz konkrete Innovationen vor den Vorhang und zeichnete diese mit dem Cluster-Award 2024 aus: Ob neuartige dezentrale Kleinstwärmepumpe sowie eine Wasserstoff-Wärmepumpe, die zwei Wärmepumpentechnologien in einem Gerät vereint, oder ein chirurgisches Navigationssystem, das submillimetrische Genauigkeiten in allen anatomischen Bereichen des Körpers gewährleistet, sowie ein Podcast, der Menschen und Visionäre aus Hotellerie und Gastronomie vorstellt – all das zeigt auf, dass Innovationen in Tirol entstehen (können). Weitere Informationen zur Tiroler Innovationswoche 2024 unter www.innovation.tirol.

INFO

Weitere Angebote finden sich auf der Website der Standortagentur Tirol unter

www.standort-tirol.at/veranstaltungen.

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eco.zukunft

ANSAMMLUNG VON MÖGLICHKEITEN Der Tiroler Zukunfts- und Trendforscher Andreas Reiter beschäftigt sich mit dem Morgen, das schon jetzt beginnt. Im Interview spricht er über die Welt als Reallabor, die dramatische Verlagerung von Tourismusströmen samt neuer Ferienordnung, die Chancen von künstlicher Intelligenz und die Notwendigkeit von sozialen Innovationen am Arbeitsmarkt. I N T E R V I E W : C H R I S T I A N E FA S C H I N G

ECO.NOVA: Wie definieren Sie Zukunft?

Und wann fängt sie an? ANDREAS REITER: Ich definiere Zukunft als eine Ansammlung von Möglichkeitsräumen, die wir uns als Menschen selbst schaffen. Vom Zeithorizont her beginnt die Zukunft in dem Moment, in dem wir an sie denken und sie vorbereiten. So gesehen befinden wir uns also genau jetzt mitten in der Zukunft.

Im Oktober 2023 wurde der Nobelpreis an den ungarisch-österreichischen Physiker Ferenc Krausz verliehen, der – grob formuliert – in einem Labor an Lichtimpulsen forscht. Wie und wo forscht man an der Zukunft? Im Grund genommen ist hier die Welt das Labor, das keinen Begrenzungen unterliegt. Die Zukunft muss man dabei als Fiktion begreifen, als eine Vorstellung, die in den Köpfen der Menschen entsteht und im besten Fall als gemeinsames Bild weiterentwickelt wird. Gerade viele junge Menschen blicken angesichts des nicht mehr zu leugnenden Klimawandels sorgenvoll auf die Welt von Morgen. Haben auch Sie manchmal Angst vor der Zukunft? Wenn man an die aktuellen politischen Entwicklungen denkt, in denen jederzeit alles möglich ist, dann gibt es natürlich auch bei mir Momente, in denen ich mir Sorgen mache. Keine Frage: Die Welt war nie entspannt, aber gerade jetzt befinden wir uns in einer sehr unentspannten Periode.

ZUR PERSON

Der gebürtige Innsbrucker Andreas Reiter (66) ist Zukunfts- und Trendforscher mit Schwerpunkt Tourismus. Der weitgereiste Asien-Fan hat in Innsbruck und München Französisch, Spanisch und Soziologie studiert und arbeitete zunächst bei der Bayerischen Rückversicherung in München, wo er sich intensiv mit Risikoforschung beschäftigt hat. 1996 gründete er in Wien das Zukunftsbüro ZTB, das Unternehmen, Kommunen und Destinationen in Zukunftsfragen berät. Überdies ist der passionierte Großstädter, dessen Lebensmittelpunkt seit mehr als 30 Jahren in Wien liegt, als Lehrbeauftragter an der DonauUniversität Krems und am MCI Innsbruck aktiv. Reiters Metier ist das Morgen, auf das er ohne eigenes Auto zusteuert. In seiner Vergangenheit hat er aber auch Essays über Tirol und Tiroler verfasst und anno 1986 beim Ingeborg-Bachmann-Preis teilgenommen.

Wie gehen Sie mit etwaigen sorgenvollen Momenten um? Die weltpolitische Lage kann ich nicht steuern. Deshalb konzentriere ich mich auf die Dinge, die ich tatsächlich beeinflussen und wo ich in meinem Wirkungsumfeld Schritte setzen kann, die ich für gut und richtig halte.

Als Zukunftsforscher beschäftigten Sie sich schon seit geraumer Zeit mit der Entwicklung des Tourismus. Wohin werden unsere Reisen gehen, wenn die altbekannten Feriendestinationen im Sommer von Hitzewellen und im Winter von Schneearmut geprägt sind? Sie sprechen hier ein zentrales Thema an, das man in meiner Wahrnehmung gerade in Hardcore-Tourismusländern wie Tirol gerne ein wenig auf die Seite schiebt. Hier ist man es gewohnt, dass man seit jeher tolle Winter hatte, und scheint davon auszugehen, dass das – abgesehen von ein paar Abstrichen – auch immer so weitergehen wird. Über die Tatsache, dass es nun fundamentale Veränderungen gibt, schwindelt man sich vielerorts hinweg. Die Volatiliät der Schneesicherheit hat zwar dazu geführt, dass man sich Gedanken über die Entwicklung des Wintertourismus macht, aber was man nicht auf dem Zettel hat, ist der Sommer. Im Mittelmeerraum ist der Sommertourismus bislang immer recht reibungslos gelaufen. Waldbrände, Dürrekatastrophen und Überschwemmungen sind eigentlich erst jetzt zum Thema geworden. Langfristig bedeutet das aber, dass wir auf

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„Für eine erstrebenswerte Zukunft brauchen wir ein Gesellschaftsmodell, das inklusiv ist und dadurch möglichst viele Leute miteinschließt. Es muss das Ziel sein, einen positiven Impact für die Welt von morgen zu schaffen. Und das geht nur miteinander.“

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eine dramatische Verschiebung der Tourismusströme zusteuern, die vom Süden nach Norden gehen werden. Über kurz oder lang wird kein Mensch mehr bei Temperaturen jenseits der 40 Grad im Mittelmeerraum urlauben wollen. Zumindest nicht im Sommer, sondern vermehrt im Herbst und im Frühling. Das stellt natürlich ein Problem für die Familienurlaube dar, die zeitlich an die großen Ferien gebunden sind. Und einen Sommerurlaub in den Niederlanden, Skandinavien oder dem Baltikum kann sich nun einmal nicht jeder leisten.

Müsste man sich dann überlegen, die Ferien in den Herbst oder ins Frühjahr zu verlegen, damit das Reisen nicht zum unerschwinglichen Luxusgut wird? So ist es! Die aktuellen Entwicklungen verlangen eine komplette Neuordnung der Ferienaufstellung. Hier ist der springende Punkt, dass nicht jedes Land sein eigenes Süppchen kochen kann, sondern eine europäische Lösung gefragt ist. Fakt ist: Der Herbst ist der neue Sommer. Die Entwicklung einer neuen Ferienlösung ist also eigentlich unumgänglich. Aber dann kommt das nächste Problem: Was machen unsere Kinder im Sommer? Sitzen die dann im Juli und August bei 35 Grad schwitzend in unklimatisierten Klassenzimmern? Auch hier sind Anpassungsnotwendigkeiten gefragt. Was bedeutet diese Entwicklung für das Tourismusland Tirol? Muss der Fokus vom Skiabenteuer auf die Sommerfrische verlegt werden? In meinen Augen schon. Aber mit dieser Meinung ecke ich in Tirol auch durchaus an, da wir hier nach wie vor eine traditionelle Skiwirtschaft haben und die Wertschöpfung im Winter bislang unvergleichlich höher als im Sommer war. Aber da wird sich etwas verändern müssen. Gerade bei Seilbahnleuten ist hier aber meist noch eine alte Garde am Ruder, die lieber dem traditionellen Weg folgt und sich Innovati-

onen verschließt. Ich bin jedoch überzeugt, dass die junge Generation verstanden hat, dass hier ein Umdenken notwendig ist. Der Sommer wird nämlich viel wichtiger als der Winter werden. Gehen wir zurück in Ihre Vergangenheit. Sie sind in Innsbruck aufgewachsen, wo einem die Enge des Inntals zwangsläufig den Weitblick versagt. Hat Sie dieses Setting dazu motiviert, Ihren Horizont erweitern zu wollen? Das ist eine gleich persönliche wie auch gemeine Frage. Sie haben Recht: Die große Weitsicht kann man im Inntal nicht gerade gewinnen. Und ich persönlich wollte schon immer hinaus in eine Umgebung, die offener und großstädtischer ist – und das ist für mich nun einmal keine Berggegend.

Gelandet sind Sie in Wien. Haben Sie hier die gewünschte Weitsicht gefunden? Ich warne davor, dass in einer Großstadt alle open minded und am Land alle beschränkt sind. So ist das nicht! Aber ich bin vom Typ her nun einmal ein Städter und schätze Großstädte, die Inspiration und Vielfalt mit sich bringen und wo man auf unterschiedliche Perspektiven und Möglichkeiten trifft. Ehrlich gesagt, ist mir dahingehend manchmal auch Wien zu klein. Sie haben in Innsbruck und München Spanisch, Französisch und Soziologie studiert. Was hat Sie dann dazu bewogen, sich ins Feld der Zukunftsforschung zu wagen? Ich habe nach meinem Studium noch eine Zeit lang in München gelebt und war dort bei einer Rückversicherung ange-

stellt. Diese versichern Versicherungen in Bezug auf große Risiken wie Naturkatastrophen oder Reaktorunfälle. Ich habe mich also mit der Risikoforschung beschäftigt und mich damit auseinandergesetzt, wie das Neue in die Welt kommt – auf positive und auf negative Art. Das war dann wohl auch die Inspiration für die Zukunftsforschung.

In einem Interview haben Sie einmal gemeint, dass die Welt von morgen dringend „soziale Innovationen“ braucht. Und sich dabei auch für ein Grundeinkommen ausgesprochen. Warum würde dieses die Zukunft verbessern? Mit der Einführung eines Grundeinkommens würde sich das Leben vieler Menschen vereinfachen, weil sich dadurch auch Verwaltungsprozesse vereinfachen würden. Das bedeutet aber nicht, dass jeder Mensch tausende von Euro fürs Nichtstun bekommen sollte. Vielmehr geht es hier um einen Betrag in der Höhe zwischen 1.200 und 1.500 Euro, der den Leuten eine gewisse Form von Sicherheit gibt. Man könnte auch andenken, dieses Grundeinkommen an Bedingungen wie die Pflege von älteren Menschen in der Nachbarschaft zu knüpfen. Aber das Grundeinkommen ist nicht alles: Mir geht es vor allem darum, dass die Welt von morgen eine neue soziale Infrastruktur braucht. Ich bin ein totaler Fan von Sozialunternehmen wie dem Generationencafé „Vollpension“ in Wien, wo Senior*innen gemeinsam mit jungen Menschen Kuchen backen und servieren und sich damit etwas zu ihrer oft kleinen Pension dazuverdienen können. Obendrein bringen sie einen Mehrwert für die Gesellschaft ein und erfahren auch das Gefühl einer Wertschätzung. Das halte ich für zukunftsweisend. Sie plädieren also für die Stärkung von sozialer Intelligenz. Aber wie beurteilen Sie den Vormarsch der künstlichen Intelligenz? Wie kann der Mensch die Oberhand über die KI-Technologie behalten? Jedes Zeitalter hat Momente erlebt, in denen bestimmte Berufe verschwinden. Man denke nur an den Beginn der Industrialisierung, der das komplette Gewerbe massiv verändert hat. Insofern bin ich nicht pessimis-

„Touristisch wird in Tirol der Sommer wichtiger als der Winter werden.“


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tisch, was die KI-Technologie anbelangt. Das sind nun einmal evolutionäre Prozesse, die zwangsläufig mit einem Bruch einhergehen, der nicht sanft, sondern plötzlich passiert. Für den Einzelnen ist es natürlich tragisch, wenn sein Job nicht mehr benötigt wird, aber systemisch betrachtet braucht es solche Veränderungen, um nächste Schritte zu ermöglichen.

Dann haben Sie also keine Angst vor der rasanten Entwicklung der KI-Technologie? Nein, überhaupt nicht. Aber es braucht natürlich auch eine politische Ordnung und eine intelligente Gesetzgebung, die uns vor negativen Auswirkungen schützt. Die KI-Technologie wird nicht zwangsläufig alle Menschen ersetzen, sie wird nur jene Men-

„Die KI-Technologie wird nicht zwangsläufig alle Menschen ersetzen, sie wird nur jene Menschen ersetzen, die sich weigern, mit ihr zu arbeiten.“

schen ersetzen, die sich weigern, mit ihr zu arbeiten. Deshalb muss man ein Bewusstsein und eine Kultur schaffen, die uns dabei unterstützt, mit der künstlichen Intelligenz sinnvoll umzugehen und sie positiv einzusetzen.

Wie sieht für Sie eine erstrebenswerte Zukunft aus? Für eine erstrebenswerte Zukunft brauchen wir ein Gesellschaftsmodell, das inklusiv ist und dadurch möglichst viele Leute miteinschließt. Wir brauchen aber auch ein Gesellschaftsmodell, das regenerativ ist und sich damit an enkeltauglichen Modellen orientiert. Es muss das Ziel sein, einen positiven Impact für die Welt von morgen zu schaffen. Und das geht nur miteinander.


GEL

finanzieren & versichern

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Das Leben ist zu bunt zum Schwarzmalen Pandemie, Inflation und geopolitische Krisenherde – trotz zahlreicher Herausforderungen in den letzten Jahren bleibt die Zahl der Österreicher*innen, die mit ihren persönlichen Finanzen zufrieden sind, hoch: 61 Prozent der in Österreich lebenden Personen geben in einer aktuellen Integral-Umfrage im Auftrag der Erste Bank an, mit ihrer finanziellen Situation zufrieden zu sein. Zwölf Prozent sind tatsächlich unglücklich damit, der Rest bewertet diese neutral. Im Rückblick liegen die positiven Bewertungen etwa auf dem Nivau des 4. Quartals 2018 und höher als im 2. Quartal 2022, als diese Frage zuletzt gestellt wurde. In der Detailbetrachtung der aktuellen Zahlen zeigen sich allerdings Unterschiede: So sind zum Beispiel deutlich mehr Männer als Frauen mit ihren Finanzen zufrieden, beim Alter ist es vor allem die Gruppe 50+, die ihre Finanzen positiv sieht, während jüngere Befragte eher Nachholbedarf sehen – die Gruppe der 30- bis 49-Jährigen übrigens stärker als die unter 30-Jährigen. Ebenfalls ein gutes Stimmungssignal: Die Österreicher*innen zeigen sich wieder investitionsfreudiger. Laut Umfrage plant jede*r dritte Befragte im nächsten Jahr eine größere Anschaffung wie ein neues Auto oder einen größeren Urlaub, insbesondere die Altersgruppe der unter 30-Jährigen hat eine größere Investition im Auge. Fast 90 Prozent wollen ihre Anschaffungen dabei über eigene Ersparnisse finanzieren. Wird per Kredit oder Darlehen finanziert, bei dem liegt die durchschnittliche Finanzierungssumme laut Befragung bei rund 105.400 Euro.


© DIE FOTOGRAFEN

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eco.expertentipp

Markus Winkler, Generali Regionaldirektor für Tirol und Vorarlberg

Markus Hörmann, Vorstandsvorsitzender der Volksbank Tirol

LIFETIMEPARTNERIN

MIT HERZ UND HIRN Drei Jahrzehnte lang ist Markus Hörmann im Vorstand der Volksbank Tirol, mit Ende des Jahres zieht er sich daraus zurück. Freiwillig und für manche überraschend. Für ihn selbst indes war es ein durchaus geplanter Schritt: „Die Subprime-Krise hat die österreichischen Volksbanken in den Jahren 2008 bis 2011 vor große Herausforderungen gestellt. Aber mit einer klaren Strategie und engem Zusammenrücken im Volksbankenverbund gelang es uns, diese zu meistern. Im Strategiekonzept wurden damals über Jahre sehr konkrete Maßnahmen definiert, mit denen es gelingen sollte, die gesetzten Ziele bis 2023 zu erreichen. Und bereits damals habe ich mir gedacht: 2023 werde ich 60 Jahre alt sein und die Bank auf Wachstumskurs – ein idealer Zeitpunkt für meine Nachfolge.“ Die Volksbank Tirol zuvor schon zu verlassen, stand im Übrigen all die Jahre für ihn nie zu Debatte: „Mit keinem anderen Unternehmen hätte ich das gemeinsame Werteverständnis von Regionalität, Vertrauen, Nähe und Gesundheit teilen können wie mit der Volksbank Tirol“, so Hörmann. Bis 31. Dezember 2024 wird er als Vorstandsvorsitzender für eine geordnete Übergabe sorgen, der Bank bleibt er auch in Zukunft verbunden: „Ich werde der Bank als Holding-Vorstand erhalten bleiben und mich einigen Herzensprojekten widmen, wie der betrieblichen Gesundheitsförderung in der Volksbank Tirol und einem Wettbewerb für Jugendliche in den Regionen.“

EINFACH(ER) GUTES TUN Das seit 1. Jänner geltende Gemeinnützigkeitsreformgesetz entpuppt sich laut Verband für gemeinnütziges Stiften als Booster für den Philanthropie-Standort Österreich. Unter anderem können Stiftungen mit der Berechtigung zur Spendenabsetzbarkeit seit heuer Spenden begünstigt entgegennehmen. Das bedeutet, dass Spender*innen ihre geleisteten Mittel als steuermindernde Ausgaben einsetzen können. Daneben sind auch für Stiftende Zuwendungen in den Vermögensstock einer Stiftung steuerlich absetzbar. Im Vorjahr haben in Österreich aktive Stiftungen rund 90 Millionen Euro für gemeinnützige Anliegen im Land investiert. Mit dem neuen Gesetz zeichnet sich bereits ein Gründungsboom bei gemeinnützig aktiven Stiftungen ab, ebenso wie ein deutlicher Zuwachs an Stiftungsmitteln. Allein im Bildungsbereich, dessen Einrichtungen bisher nicht als begünstigt geführt wurden, werden zusätzliche Mittel in Höhe von 40 bis 50 Millionen Euro erwartet.

Die Gesundheit ist unser wichtigstes Gut. Aus diesem Grund bietet die Generali als lebenslange Partnerin günstige Einstiegsprodukte, mitwachsende Vorsorgelösungen und innovative Serviceleistungen – auch nach einer Coronaerkrankung. Damit Sie rundum gesund und unbesorgt durchs Leben schreiten.

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ie Generali hat für jede Lebenslange ein entsprechendes Angebot. Die Versicherung bietet ihren Kund*innen eine Reihe flexibler Produktlösungen zum Gesundwerden und zum Erhalt der körperlichen sowie mentalen Gesundheit an. „Als Lifetime-Partnerin passen wir unsere Vorsorgelösungen laufend an die Bedürfnisse unserer Kundinnen und Kunden an. Aus unserer Erfahrung wissen wir, dass der Bedarf einer selbstbestimmten Gesundheitsvorsorge, die mitwächst und sich an den jeweiligen finanziellen Möglichkeiten orientiert, sehr groß ist“, erklärt Markus Winkler, Regionaldirektor der Generali Versicherung für Tirol und Vorarlberg.

INNOVATIVE SERVICELEISTUNGEN

Neben neuen „Rundum gesund“-Angeboten nach einer Covid-19-Erkrankung bietet der Gesundheitsversicherer eine Hausarzt-Videotelefonie bei akuten Problemen sowie persönlichen Gesundheitsfragen. Das GesundheitsCoaching bietet zudem Hilfe und Beratung auch zu Fragen der Ernährung, Bewegung sowie mentalen Gesundheit. Der Service wird über die Europ Assistance abgewickelt, die mit einer Vielzahl an Ärzt*innen und Spezialist*innen unterschiedlicher Fachrichtungen (Sportwissenschaft, Diätologie, Psychologie, Gesundheits- und Krankenpflege) zusammenarbeitet. Zusätzlich motiviert das einzigartige Gesundheitsprogramm Generali Vitality zu einem gesünderen Leben. PR

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Erkundigen Sie sich über die maßgeschneiderten Möglichkeiten bei der Generali: bei Ihrer/m Generali Kundenberater*in oder Konzernagent*in oder unter www.generali.at.


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DES KAISERS NEUE KLIMASZENARIEN In der Finanzdienstleistungsbranche macht sich zunehmend Verunsicherung breit. Versicherungsmathematiker warnen in einem Bericht davor, dass die Risiken des Klimawandels in den Modellen systematisch unterschätzt werden und Anpassungen überfällig sind. In einer finanzialisierten Welt könnten es ausgerechnet die Institutionen der Finanzwirtschaft sein, die dem Klimawandel am entschiedensten entgegentreten. TEXT: MARIAN KRÖLL


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emeinhin geht man davon aus, dass es – legitimerweise – gewählte Politiker*innen und – illegitim – Autokraten, Wirtschaftsbosse und exzentrische, hart an der weichen Grenze zur Soziopathie entlangtaumelnde Multimilliardäre sind, die wesentlich die Geschicke einer nach wie vor stark globalisierten Welt steuern. Das mag auch teilweise wahr sein, aber eben nicht ganz. Denn im Hintergrund werken und wirken im Verborgenen enorm einflussreiche Menschen, denen es nicht um Machtprojektion, die Befriedigung persönlicher Eitelkeiten oder das verspätete Ausagieren von kindlichen Allmachtsfantasien geht. Der Aluhut darf im Schrank bleiben, das ist nicht der Auftakt einer Verschwörungstheorie, es sind nicht die Bilderberger oder Echsenmenschen gemeint. Die Wahrheit ist wie so oft viel banaler und damit für Verschwörungsgeschichtenerzähler wohl zu langweilig. Gemeint sind die Versicherungsmathematiker dieser Erde, wie sie in allen maßgeblichen finanziellen Institutionen zu finden sind. Sie sind allein dem Zahlenwerk verpflichtet. Und selbiges ergibt in Zeiten des sich beschleunigenden Klimawandels zunehmend weniger Sinn. Die Kosten eines weiteren Nicht- bzw. Nicht-entschieden-genug-Handelns in der Klimakrise werden, so legt es ein beachtenswertes Paper aus dem Institut und der Fakultät für Versicherungsmathematik der englischen Universität Exeter nahe, kolossal unterschätzt. Die Untersuchung trägt den bezeichnenden Titel „The Emperor’s New Climate

Scenarios – Limitations and assumptions of commonly used climate-change scenarios in financial services“ und datiert vom Juli 2023. Die Anspielung auf des Kaisers neue Kleider ist durchaus treffend. „Vor einem Jahrzehnt sagte einer der weltweit führenden Klimaökonomen, es sei unverantwortlich, so zu tun, als ob die vorherrschenden Modelle zu den wirtschaftlichen Kosten des Klimawandels vernünftig wären. Jetzt weiter so zu handeln, wäre grob fahrlässig“, schreibt etwa Simon Sharpe. Der ehemalige britische Spitzenbeamte war zehn Jahre lang an vorderster Front der Klimapolitik und -diplomatie tätig und ist Autor des vielbeachteten Buches „Five Times Faster“. Sarah Ivory von der Universität Edinburgh sieht ebenso das Problem, dass die finanziellen Folgen des Klimawandels in den Modellen unzureichend abgebildet seien. Wer im Finanzdienstleistungsbereich mit Klimaszenarien befasst sei, bringt zwei Metaphern, um die Situation zu illustrieren: „Die ganze Zeit damit zu verbringen, zu verstehen, warum die bestehenden Modelle falsch sind, und sie zu verbessern, ist so unnütz wie das Arrangieren der Liegestühle auf der Titanic. Neue Modelle zu entwickeln, die politische Akzeptanz für Klimaschutzmaßnahmen finden, ist gleichbedeutend mit dem Ablegen der Rettungsboote. Das wird uns zwar nicht alle retten, aber es ist die beste Option, die wir haben.“ Auch Nigel Topping, der in den Vereinten Nationen als so genannter High-Level-Champion mit dem Klimawandel befasst ist, warnt: „Werden bekannte nichtlineare Auswirkungen nicht in das strategische Denken über den Klimawandel einbezogen, führt dies zu Untätigkeit, einem erhöhten Risiko und verpassten Chancen.“ Das ist zweifellos eine Anspielung auf sogenannte Kipppunkte bzw. „tipping points“, die, wenn sie

DIE MODELLIERUNG DER RISIKEN, INSBESONDERE DER ÜBERGANGSRISIKEN, AUF DER GRUNDLAGE VON DATEN AUS DER VERGANGENHEIT IST VERGLEICHBAR MIT EINEM BLICK ZURÜCK VOM DECK DER TITANIC AM ABEND DES 14. APRIL 1912 UND DER VORHERSAGE EINER REIBUNGSLOSEN FAHRT NACH NEW YORK, WEIL NOCH KEINE EISBERGE GERAMMT WURDEN.

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Die globale Erwärmung ist kein isoliertes Problem, sondern gewissermaßen „die Mutter aller Probleme“, die mit zahlreichen Risikofaktoren einhergeht, die einander wechselseitig beeinflussen. Mögliche Kaskadeneffekte illustrieren, dass mittlerweile eine gewisse Dringlichkeit herrscht, die Erderwärmung möglichst rasch einzubremsen. Quelle: The Emperor’s New Climate Scenarios

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erst überschritten sind, irreversible Veränderungen auslösen, wie beispielsweise den Verlust des Amazonas-Regenwaldes oder des westantarktischen Eisschildes. Einige dieser Punkte sind möglicherweise bereits erreicht, während andere mit der fortschreitenden Erderwärmung immer näher rücken. Nun gibt es auch in der Wissenschaft, besonders unter Ökonom*innen, nicht anders als in der Allgemeinheit, eine „Gehen Sie weiter, hier gibt es nichts zu sehen“-Fraktion, die das Ganze für halb so schlimm hält. Wieder andere halten den Klimawandel für technologisch beherrschbar, obwohl großtechnische „Lösungen“ – etwa für Carbon Capture in nennenswertem Umfang – nicht einmal annähernd in Sicht sind. Mit dem Prinzip Hoffnung wird man dem Klimawandel nichts entgegensetzen können. Immerhin ist das ein wenig besser als die gegensätzliche Haltung, die sich derart zusammenfassen lässt: We’ve tried nothing and we’re all out of ideas. Macht die Menschheit in Klimafragen nämlich kollektiv den Vogel Strauß, wird ihr das Wasser zumindest in den Küstengegenden schon vor der Jahrhundertwende bis zum Hals stehen.

KONSERVATIV ≠ KONSERVATIV

Ökonom*innen neigen gelegentlich dazu, ihre Modelle für unfehlbar und sich selbst für Naturwissenschaft-

ler*innen zu halten, die bloß exakten Gesetzmäßigkeiten folgen müssen, damit bei ihren Modellen unterm Strich ein plausibles Ergebnis herauskommt. Das ist – im Wortsinn naturgemäß – weit gefehlt. Wenn die Prämissen falsch sind, kann die Schlussfolgerung daraus klarerweise auch bloß Quatsch sein. Professor Tim Lenton von der Universität Exeter führt als Beispiel an, dass einige Wirtschaftswissenschaftler vorausgesagt hätten, dass die Schäden durch die globale Erwärmung bei einem Anstieg der globalen durchschnittlichen Oberflächentemperatur um drei Grad Celsius nur zwei Prozent der globalen Wirtschaftsleistung ausmachen würden. „Derart niedrige Schätzungen der wirtschaftlichen Schäden – in Verbindung mit der Annahme, dass die menschliche Wirtschaftsproduktivität um eine Größenordnung höher sein wird als heute – stehen in völligem Kontrast zu den Vorhersagen von Wissenschaftlern, dass der Klimawandel die menschlichen Lebensgrundlagen erheblich beeinträchtigen wird“, moniert Lenton, der es besorgniserregend findet, dass diese ökonomischen Modelle als Grundlage von Klimawandel-Szenario-Analysen bei Finanzdienstleistungen verwendet werden, was zur Veröffentlichung unplausibler Ergebnisse führe. Der Finanzdienstleistungssektor und mit ihm die Versicherungsmathematiker sind ein entscheidender Hebel, um den Worst Case beim Klimawandel noch abzuwenden, argumentiert Lenton weiter: „Versicherungsmathematiker üben auch einen enormen Einfluss auf das globale Finanzsystem aus. Sie können die globale Kapitalallokation in einer Weise beeinflussen, wie es nur wenige andere Berufsgruppen können.“ Schön langsam scheint man in der Branche die Einschläge näherkommen zu hören. Trevor Maynard, Experte für Risikomodellierung bei Lloyds of London, einem der größten Rückversicherer der Welt, bemerkte Folgendes zum Grundsatz, dass bei Risikobewertungen immer die besten verfügbaren Informationen verwendet werden sollten: „Es hat mich immer beunruhigt, dass unser Gebrauch des Wortes ‚konservativ‘ in der Versicherungsbranche das Gegenteil von dem bedeutet, was es in der Wissenschaft bedeutet. Wissenschaftler sind ‚konservativ‘, wenn sie ihre schlimmsten Befürchtungen einschränken und auf weitere Beweise warten, bevor sie diese mitteilen; daher neigen ‚konservative‘ Vorhersagen dazu, das Risiko zu unterschätzen – sie sind damit schlechter


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KLIMARISIKO Der Klimawandel ist angekommen und hat weitreichende Auswirkungen auf Natur und Wirtschaft. Die Einbindung von Klimarisiken ins Risikomanagementsystem leistet einen wesentlichen Beitrag für die Resilienz der Geschäftsmodelle.

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uch heuer haben der milde Winter und der Rückgang der Schneemenge Wintersportorte vor Herausforderungen gestellt. Skigebiete, die auf ausreichend Schneefälle angewiesen sind, um Besucher*innen anzulocken, sehen sich mit verkürzten Saisonen und unvorhersehbaren Bedingungen konfrontiert. Auch die Qualität der Schneedecke kann durch unregelmäßige Schneefälle und wärmere Temperaturen beeinträchtigt werden. Das kann nicht nur die Sicherheit der Schifahrer*innen gefährden, sondern mindert auch die Attraktivität und Einnahmen von Skigebieten. Die Auswirkungen des milden Winters spürt auch die Landwirtschaft. Ein früher Frühlingsbeginn und unberechenbare Wetterbedingungen können zu Ernteausfällen führen, wodurch Landwirt*innen mit existenziellen Herausforderungen konfrontiert werden.

PRODUZIERENDE UNTERNEHMEN KOMMEN INS SCHWITZEN

Doch nicht nur Geschäftsmodelle, die unmittelbar mit und in der Natur operieren, sind von Klimawandelrisiken betroffen. Auch Industrieunternehmen mit Produktionsprozessen, die Abwärme erzeugen, stehen vor neuen Herausforderungen. Denn die Sommermonate sind hierzulande immer häufiger von hohen Temperaturen geprägt. Das heißt, schon heute sind Mitarbeiter*innen in dieser

Dr. Reinhold Resch, Regional Manager Tirol, GrECo International AG: „Eine proaktive Integration von Klimarisiken in das Risikomanagementsystem ist entscheidend für die Widerstandsfähigkeit von Unternehmen.

79 Zeit einer großen Hitzebelastung ausgesetzt. Unternehmen müssen sich fragen, mit welchen Veränderungen und Risiken sie durch den Klimawandel rechnen müssen. Werden diese Einfluss auf die Arbeitskräfteverfügbarkeit und Mitarbeiter*innenbindung haben?

KLIMA TRIFFT AUF LIEFERKETTEN

Auch Unternehmen, die von globalen Lieferketten abhängen, sind durch den Klimawandel einem erhöhten Risiko ausgesetzt – denn Transportrouten werden verstärkt durch Niedrigwasser, Erdrutsche, Hochwasser oder Waldbrände beeinträchtigt. Die Folgen sind Unterbrechungen der Transportwege und in nächster Konsequenz Lieferengpässe. Das bedeutet, Unternehmen müssen ihre Einkaufsstrategien künftig an diese Anforderungen anpassen, um ein effizientes und effektives Funktionieren ihrer Geschäftsmodelle bzw. die Resilienz ihrer Lieferkette sicherzustellen.

Unternehmen bei Klimarisikoanalysen und der Ableitung von Maßnahmen. Die Methodik basiert dabei auf einer Kombination von Klimamodellen des IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) und historischen Naturgefahren-Modellen, wobei Langzeitbetrachtungen bis 2080 möglich sind. Die Einbindung dieser Methodik und Maßnahmenverfolgung für Klimarisiken in ein Risikomanagementsystem ermöglicht einen 360-Grad-Blick auf die Unternehmensrisiken und leistet einen wesentlichen Beitrag für die Resilienz der Unternehmen. Dieser Ansatz bietet auch Input zur Erfüllung verschiedener Berichtspflichten und Anforderungen, wie beispielweise der Taxonomie-Verordnung, der CSRD-Berichtspflichten oder von Banken und Versicherungen. Als Risikospezialist begleitet GrECo Unternehmen bei der Einbindung von Klimarisiken ins Risikomanagementsystem. PR

VORBEREITUNG ALS SCHLÜSSEL ZUM ERFOLG

Sabine Bradac: „Durch frühzeitige Klimarisikoanalysen und angepasste Maßnahmen können Unternehmen nicht nur ihre Resilienz stärken, sondern auch diverse Berichtspflichten erfüllen. GrECo Risk Engineering GmbH unterstützt dabei.“

Um Risiken im Schlepptau des Klimawandels entgegenzuwirken, müssen Unternehmen rechtzeitig Klimarisikoanalysen für ihre Geschäftsmodelle durchführen, um Anpassungsund Risikotransfermaßnahmen zu treffen. GrECo Risk Engineering GmbH unterstützt

GRECO INTERNATIONAL AG www.greco.services


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MIT DEM PRINZIP HOFFNUNG WIRD MAN DEM KLIMAWANDEL NICHTS ENTGEGENSETZEN KÖNNEN. MACHT DIE MENSCHHEIT IN KLIMAFRAGEN KOLLEKTIV DEN VOGEL STRAUSS, WIRD IHR DAS WASSER ZUMINDEST IN DEN KÜSTENGEGENDEN SCHON VOR DER JAHRHUNDERTWENDE BIS ZUM HALS STEHEN.

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als beste Einschätzungen.“ Das heißt, dass in den Ergebnissen, die den Entscheidungsträger*innen vorliegen, die Suppe bereits stark verdünnt ist. Das ist der Punkt, an dem die wissenschaftliche Sorgfalt und Vorsicht die reale Gefahr der Unterschätzung von Klimawandelfolgen mit sich bringt. In den Finanzdienstleistungen übliche Klimamodelle würden, argumentieren die Autoren des Papers, die Risiken gleich in mehreren Punkten unterschätzen oder dramatisch divergierende Ansichten vertreten wie die folgende: „Einige Modelle zeigen auf unplausible Weise, dass die Hot-House-Welt wirtschaftlich positiv ist, während andere Modelle einen Verlust von 65 Prozent des BIP oder einen Verlust von 50 bis 60 Prozent des bestehenden Finanzvermögens voraussagen, wenn der Klimawandel nicht eingedämmt wird.“ Der Nachsatz hat es in sich: „Wobei diese Schätzungen wahrscheinlich konservativ sind.“ Der zweite wunde Punkt berührt die Kohlenstoffbudgets – die Menge an CO2, die maximal emittiert werden darf, um gewisse Grenzen nicht zu überschreiten –, die wesentlich kleiner sein dürften als derzeit angenommen. Ein weiterer Punkt ist die Gefahr, dass es in regulatorischen Bereichen zu einer Art Herdenmentalität bzw. Groupthink*) kommt, die keinen Widerspruch duldet und nicht weitreichend genug reguliert. Die Autoren fordern, dass die Modelle und Annahmen der Finanzbranche enger mit jenen der Klimaforschung abgestimmt werden müssten, damit Klimarisiken nicht länger systematisch unterschätzt würden. Die Entwicklung realistischer qualitativer und quantitativer Klimaszenarien sei erforderlich, ebenso wie die rasche Entwicklung von Modellen zur besseren Erfassung von Risikotreibern, Unsicherheiten und Auswirkungen. „Die Zeit ist zu knapp, um auf perfekte Modelle zu warten“, betonen die Actuaries.

MONEY MAKES THE WORLD GO AROUND Im Gegensatz zur Geschichte der Finanzmärkte gibt es keinen historischen Datenbestand, mit dem sich die Auswirkungen des Klimawandels auf die Finanzmärkte beziffern lassen. Das Klimasystem ist hochkomplex und es gibt viele mögliche Szenarien, die eintreten können, je nachdem, wie Regierungen, politische Entscheidungsträger*innen, Unternehmen und Verbraucher*innen auf den Klimawandel reagieren. Die unangenehme Tatsache ist, dass die Zeit für pragmatische und verhältnismäßige Lösungen sich dem Ende zuzuneigen scheint. Geschieht weiterhin zu wenig, rechnen die Expert*innen von der University of Exeter damit, dass sich irgendwann zwischen 2070 und 2090 das globale BIP halbieren wird. Die Konsequenzen wären kaum auszumalen. Alarmisten scheinen die Zahlenmenschen aus dem Versicherungswesen nicht zu sein, heißt es doch im Bericht abschließend in angesichts der Situation beeindruckender Nüchternheit: „Diese Analyse liefert eine zwingende Logik dafür, dass Net-Zero-Projekte*) Teil der treuhänderischen Pflichten werden, denn wenn wir den Klimawandel nicht eindämmen, wird es außerordentlich schwierig sein, finanzielle Erträge zu erzielen.“ Right on the money. Nimmt man die Wendung „Geld regiert die Welt“ ein wenig ernst, zeichnet sich ausgerechnet in Gestalt des einflussreichen Finanzdienstleistungssektors ein kräftiger Hebel ab, der die Bestrebungen, das Weltklima doch noch einigermaßen in geordnete Bahnen zu lenken, beträchtlich verstärken kann.

* Groupthink: Hohe Konformität in der Einschätzung und Bewertung spezieller komplexer Situationen durch die Mitglieder einer Gruppe. * Net Zero, auch bekannt als Netto-Null, beschreibt einen Zustand, in dem die vom Menschen verursachten Treibhausgasemissionen im globalen Gleichgewicht mit den Emissionen stehen, die der Atmosphäre entzogen werden. Unternehmen und Regierungen streben an, bis 2050 Net-Zero-Emissionen zu erreichen, um den Klimawandel zu bekämpfen. Dieses Ziel ist ambitionierter als Klimaneutralität und erfordert eine deutliche Reduktion von CO2-Emissionen, um die Auswirkungen des Klimawandels zu begrenzen.

Hier geht’s zum Paper


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TIPPS ZUR UNTERNEHMENSGRÜNDUNG Auf welche zehn Fragen sollten Gründer*innen schon früh eine Antwort wissen? TEXT: CHRISTIAN STEININGER

3. Was muss ich beim Firmensitz beachten? Jedes Unternehmen braucht einen Firmensitz. Aber darf dieser zu Beginn auch die Adresse Ihres Zuhauses sein? Und wie kompliziert und teuer ist es, den Firmensitz nachträglich zu ändern? Darüber sollten Sie sich schon vor der Gründung informieren. 4. Wie viel Stammkapital brauche ich?

Je nachdem, für welche Gesellschaftsform Sie sich entscheiden, ist für die Gründung Stammkapital erforderlich. Informieren Sie sich rechtzeitig, wie viel Kapital Sie brauchen.

Dr. Christian Steininger, MBL, ist öffentlicher Notar in Matrei i. O.

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ie Gründung eines Unternehmens ist eine aufregende Phase: Endlich geht es los mit der Selbstständigkeit. Doch ein Unternehmen zu führen, heißt auch, Entscheidungen zu treffen. Von der Gesellschaftsform bis zur Kapitalerhöhung haben wir wichtige Fragen zusammengefasst, die Sie sich als Gründer*in schon vor der eigentlichen Unternehmensgründung stellen sollten.

1. Welche Gesellschaftsform ist die passende? Ein-Personen-Unternehmen, Personengesellschaft oder doch eine Kapitalgesellschaft? Welche Gesellschaftsform Sie wählen, hat beispielsweise Auswirkungen auf die Haftungsstruktur Ihres Unternehmens. Darum sollte Ihre Wahl gut überlegt sein. 2. Wie wähle ich den richtigen Firmen-

wortlaut? Der Firmenwortlaut ist der vollständige Name Ihres Unternehmens – inklusive Zusätzen zum Namen, wie etwa GmbH. Doch die Wahl ist nicht so simpel, wie man glaubt: Unter anderem darf der Firmenwortlaut nicht täuschend sein. Bei Ihrer Entscheidung gilt es, das zu überprüfen.

5. Brauche ich einen individuellen Gesellschaftsvertrag? Der Gesellschaftsvertrag ist das Gründungsdokument einer Gesellschaft, in dem etwa die Geschäftsführung oder die Gewinnbeteiligung festgelegt werden. Dabei gilt es, individuelle Entscheidungen festzuhalten. Auch das Gründungsprivileg muss darin bereits enthalten sein. 6. Hafte ich als Gründer*in persönlich? Ob

Sie als Unternehmer*in persönlich haften, hängt von der von Ihnen gewählten Gesellschaftsform ab – und ist deshalb oft ein wichtiges Entscheidungskriterium. So haften Sie beispielsweise in einer GmbH nur beschränkt, als Einzelunternehmer*in aber unbeschränkt.

7. Was sind Aufgriffsrechte? Mit Aufgriffs-

rechten wird in Unternehmen festgelegt, ob Gesellschafter die Anteile anderer Gesellschafter übernehmen können. Welche Konsequenzen das hat und wie Sie die Aufgriffsrechte im Gesellschaftsvertrag festhalten können, sollten Sie schon früh nachlesen.

pitalerhöhung gibt, sollten Sie sich bereits vorab darüber informieren.

9. Was kostet die Gründung meiner Fir-

ma? Stammkapital, Kapitalerhöhung & Co: Die Finanzierung ist ein zentrales Thema. Doch auch die Gründung kostet Geld. Vergessen Sie nicht, die Ausgaben für die Eintragung ins Firmenbuch oder die Vertragserrichtung einzuplanen.

10. Wie kann ich mein Unternehmen nun

gründen? Jetzt geht es ans Eingemachte und die Gründung steht an. Aber wie geht das eigentlich? Wie lange dauert die Gründung? Und kann man das Ganze auch online erledigen?

VIELE FRAGEN – EINE LÖSUNG

Auf so manche der vielen Fragen haben Sie bislang keine Antwort? Das ist kein Problem – und völlig normal. Doch genau deshalb lohnt es sich, Hilfe von Expert*innen zu nutzen. Mit dem Gründerpaket der österreichischen Notar*innen bekommen Sie die nötige Unterstützung für eine erfolgreiche und entspannte Gründung. Dabei kümmert sich Ihr/e Notar*in umfassend um Ihre Unternehmensgründung – mit dem Eintrag ins Firmenbuch, der Anmeldung beim Finanzamt, eingehender Beratung rund um die Fragen dieser Checkliste und mehr. So kann der Weg ins Unternehmertum starten.

TIPP:

Finden Sie jetzt im Notarfinder ein Notariat in Ihrer Nähe und nutzen Sie die kostenlose Erstberatung als ersten Schritt Ihres Gründerpaketes.

8. Was muss ich über Kapitalerhöhun-

gen wissen? Vor der Gründung scheint es vielleicht ein bisschen früh, sich schon über zusätzliche finanzielle Mittel Gedanken zu machen. Doch da es beispielsweise je nach Gesellschaftsform Unterschiede bei der Ka-

NOTARIATSKAMMER FÜR TIROL UND VORARLBERG Maximilianstraße 3, 6020 Innsbruck www.ihr-notariat.at

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DIE FLEXIBLE K A P I TA L G E S E L L S C H A F T :

NEUE MÖGLICHKEITEN FÜR START-UPS UND INNOVATIVE UNTERNEHMER 82

Mit 1. Jänner 2024 trat das Gesetz über die Flexible Kapitalgesellschaft (FlexKapG, auch Flexible Company oder FlexCo) in Kraft. Die FlexKapG ist eine ganz neu konzipierte Kapitalgesellschaft, die die Bedürfnisse von Start-upUnternehmen und innovativen Gründerinnen ideal abbilden soll. Besondere Aufmerksamkeit hat das Gesetz auch deshalb auf sich gezogen, da es als erstes Gesetz in Österreich in rein weiblicher Form abgefasst ist. TEXT: LUKAS KÖNIG, DANIELA ALMER

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ie Flexible Kapitalgesellschaft kann zu jedem gesetzlich zulässigen Zweck gegründet werden. Auch die Ein-Personen-Gründung ist zulässig, es kann also die Gründerin gleichzeitig einzige Gesellschafterin und Geschäftsführerin sein. Die Flexible Kapitalgesellschaft muss in ihrer Firma die Angabe der Rechtsform enthalten. Die Angabe der Rechtsform kann mit der Bezeichnung „Flexible Kapitalgesellschaft“, „flexible company“ oder abgekürzt als „FlexKapG“ oder als „FlexCo“ erfolgen. Gesetzliche Grundlage der neuen Gesellschaftsform ist das Flexible-Kapitalgesellschafts-Gesetz (FlexKapGG). Subsidiär und ergänzend gelten die arrivier-

ten Bestimmungen des GmbH-Rechtes bzw. des Aktienrechtes. Die FlexCo ist eine Mischform dieser beiden Gesellschaftsformen. Das Stammkapital, das durch die Gesellschafterinnen aufzubringen ist, muss mindestens 10.000 Euro betragen, wobei hiervon mindestens 5.000 Euro bar einbezahlt werden müssen. In diesem Zuge wurde übrigens auch das Mindeststammkapital bei der klassischen GmbH auf 10.000 Euro gesenkt. Die bisherige „Gründungsprivilegierung“ bei der GmbH ist weggefallen, solche mit Gründungsprivilegierung gegründete GmbHs können nun unkompliziert in „vollwertige“ GmbHs geändert werden. Die Mindeststammeinlage pro Gesellschafterin

hat einen Euro zu betragen, das ermöglicht auch kleine Beteiligungen an einer Gesellschaft. Die Teilbarkeit des Geschäftsanteils ist, anders als bei der GmbH, bereits gesetzlich vorgesehen, sodass Teilabtretungen eines Gesellschaftsanteils problemlos möglich sind.

VEREINFACHTE MITARBEITERBETEILIGUNG

Zusätzlich zu den bisher von der GmbH bekannten Geschäftsanteilen gibt es bei der FlexCo insbesondere die Möglichkeit, Unternehmenswertanteile als Sonderform des Stammkapitals einzuführen. Diese ermöglichen eine vereinfachte Form der


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Mitarbeiterbeteiligung. Mitarbeiterinnen haben so die Möglichkeit, am wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens teilzunehmen, ohne allerdings Stimmrechte zu erlangen. Es kann daher eine Teilnahme am Unternehmenserfolg ermöglicht werden, ohne dass zu viele Personen Einfluss auf die Leitung des Unternehmens erlangen. Das dürfte aus unserer Sicht für viele innovative Unternehmen interessant sein. Im Detail sind die Bestimmungen komplex, sodass eine professionelle Beratung hier unerlässlich ist: So sind vor der erstmaligen Übernahme solcher Anteile durch Mitarbeiterinnen diese umfangreich in wirtschaftlicher und rechtlicher Hinsicht von der Geschäftsführung zu informieren. Auch ist im Gesellschaftsvertrag vorzusehen, dass die Unternehmenswert-Beteiligten ein Mitverkaufsrecht haben, wenn die Gründungsgesellschafterinnen ihre Anteile mehrheitlich veräußern. Zu beachten sind bei Mitarbeiterbeteiligungen auch die Bestimmungen über die verbotene Einlagenrückgewähr, falls über Mitarbeiterbeteiligungen fremdüblich zu hohe Bezüge vereinbart werden sollen. Insgesamt also ein spannendes Feld, das kundig bestellt werden will.

SPIELRAUM

Die Gesellschaft kann unter bestimmten Umständen eigene Anteile erwerben, was bei der GmbH nicht zulässig ist. Die FlexCo ist auch insoweit flexibel, als die schriftliche Abstimmung der Gesellschafterinnen erleichtert wurde. Der Gesellschaftsvertrag kann nun vorsehen, dass eine schriftliche Abstimmung auch ohne das bei der GmbH bisher immer notwendige Einverständnis aller Gesellschafterinnen möglich ist. Um den Gesellschafterinnen einen weiten Spielraum bei der Kapitalbeschaffung zu geben, wird die Zulässigkeit der Ausgabe von Finanzierungsinstrumenten mit späteren Bezugs- oder Wandlungsrechten (z. B. Wandel- und Gewinnschuldverschreibungen, Optionsanleihen und Genussrechte) gesetzlich verankert. Diese können in sehr weitem Umfang mit bedingtem Stammkapi-

Dr. Lukas König, öffentlicher Notar, und Notarpartnerin Dr. Daniela Almer, MBL, Notariat im Zentrum

tal abgesichert werden, sodass die Investorinnen ihr Investment in Unternehmensanteile tauschen können. Für die Gründung der FlexCo ist – abgesehen von der Onlinegründung der Alleingesellschafterin über das Unternehmensserviceportal des Bundes – ein Notariatsakt erforderlich. Für die Anteilsübertragung und Übernahmeerklärung anlässlich der Kapitalerhöhung gibt es die Möglichkeit, wie bisher einen Notariatsakt zu errichten oder eine neue Urkundsform, die sowohl von Rechtsanwältinnen als auch von Notarinnen errichtet werden kann. Hier besteht für die Parteien ein Wahlrecht. Für den Abtretungsvertrag zur Übertragung von Unternehmenswert-Anteilen genügt sogar die Einhaltung der Schriftform. Sämtliche Beurkundungen können gemäß § 90a NO im Notariat unter Nutzung einer elektronischen Kommunikationsmöglichkeit (§ 69b) digital vorgenommen

Die neue Gesellschaftsform der FlexCo erweitert den Spielraum für Gesellschafterinnen. Sie dürfte also für viele Gründerinnen eine echte Alternative zur bewährten GmbH darstellen.

werden. Mit der Einführung der ID Austria kann umgehend ein solcher digitaler Termin stattfinden, ohne vorab ein gesondertes Videoidentverfahren durchlaufen zu müssen. Auch wenn keine ID Austria vorhanden ist, kann durch ein vorgelagertes Videoidentverfahren eine digitale Amtshandlung vorgenommen werden. Aufgrund der rechtlichen Vorgaben und der technischen Sicherheitsanforderungen ist gewährleistet, dass die Einhaltung der die Notarinnen treffenden Identifizierungspflichten als auch Belehrungs- und Beistandspflichten erfolgen können. Es ist also sehr unkompliziert möglich, ohne persönlichen Besuch beim Notar die Gründung einer Gesellschaft mittels Videokonferenz mit der Notarin samt Unterfertigung mit der Handysignatur vorzunehmen. Dies gilt für die bisherigen, bewährten Gesellschaftsformen und natürlich auch für die neue FlexCo. Insgesamt dürfte die neue Gesellschaftsform der flexiblen Kapitalgesellschaft für viele Gründerinnen eine Alternative zur bewährten GmbH darstellen. Ob und welche Features hier genau genutzt werden können oder sollen, hilft Ihnen die Expertin abzuwägen. Falls Sie im vorstehenden Text immer nur die weibliche Form gelesen haben, ist das natürlich kein Zufall, sondern die Fortsetzung der Idee der Gesetzgeberin.

www.notariat-im-zentrum.at

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DIE STEUERLICHE BEHANDLUNG V O N K R Y P T O WÄ H R U N G E N –

ENDBESTEUERUNGSWIRKUNG FÜR INLANDSDEPOTS SEIT 1. JÄNNER 2024 84


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Über „Kryptos“ wird viel berichtet und auch wir haben das Thema schon in der eco.nova aufgegriffen. Die Neuerungen der Besteuerung von Kryptowährungen sind mittlerweile in die finale Phase gegangen. Wir haben daher den letztgültigen Stand hier nochmals für Sie zusammengefasst. TEXT: VERENA MARIA ERIAN, RAIMUND ELLER

eit 1. Jänner 2024 besteht für inländische Depots die Verpflichtung zum Abzug von Kapitalertragsteuer durch die depotführende Stelle. Damit tritt hinsichtlich dieser Positionen Endbesteuerungswirkung ein, sodass es hier keiner Aufnahme in die Steuererklärung mehr bedarf. Insgesamt stellt sich die aktuelle Lage wie folgt dar: Die Steuerpflicht für Einkünfte aus Kryptowährungen im Rahmen der Einkünfte aus Kapitalvermögen ist mit 1. März 2022 in Kraft getreten und war erstmals auf Posten anzuwenden, die nach dem 28. Feber 2021 angeschafft wurden. Die Einkünfte aus Kapitalvermögen wurden damit um Einkünfte aus Kryptowährungen erweitert, wie folgt: 1. Laufende Einkünfte, wie Entgelte für die Überlassung und der Erwerb von Kryptowährungen durch einen technischen Prozess (Mining), bei dem Leistungen zur Transaktionsverarbeitung zur Verfügung gestellt werden. 2. Einkünfte aus realisierten Wertsteigerungen, wie aus der Veräußerung sowie dem Tausch gegen andere Wirtschaftsgüter und Leistungen, einschließlich gesetzlich anerkannter Zahlungsmittel. Der Tausch einer Kryptowährung gegen eine andere Kryptowährung stellt keine Realisierung dar.

STEUERSATZ

In beiden genannten Fällen, also bei einer Klassifizierung als Einkünfte aus Kapitalvermögen, kommt es zu einer Besteuerung mit dem besonderen Steuersatz von 27,5 Prozent. Das gilt allerdings nicht für Einkünfte aus privaten Kryptowährungsdarlehen. Diese unterliegen, wie herkömmliche Privatdarlehen auch, dem progressiven Tarif von bis zu 55 Prozent.

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Die Ärztespezialisten vom Team Jünger: StB Mag. Dr. Verena Maria Erian und StB Raimund Eller

Ebenso kann auch das Mining bei entsprechender Ausprägung zur Tarifbesteuerung mit dem Höchststeuersatz von bis zu 55 Prozent führen. Dies ist dann der Fall, wenn eine gewerbliche Tätigkeit vorliegt. Indizien für das Vorliegen einer solchen gewerblichen Tätigkeit wären hier zum Beispiel die Anmietung bzw. Errichtung von Kühl- und Lagerräumen, gebäudetechnische Adaptierungen (Kühlung, Elektroinstallationen, Lärmschutzmaßnahmen), eigenes Personal, Fremdfinanzierung kostenintensiver Spezialhardware etc.

TIPPS

• Für Transaktionen außerhalb des Endbesteuerungsregimes empfehlen wir die App von Blockbit oder Ähnliches. Damit wird automatisch nach steuerlichen Gesichtspunkten klassifiziert und ein Steuerbericht erstellt.

• Verluste aus Kryptowährungen können mit Gewinnen aus anderen Kapitaleinkünften (z. B. mit Dividenden, Veräußerungsgewinnen von Aktien) verrechnet werden.

WO BESTEHT HANDLUNGSBEDARF?

Die steuerliche Behandlung bleibt komplex. In folgenden Fällen kann die Aufnahme in die Steuererklärung mitunter weiterhin erforderlich sein: • A USLANDSDEPOTS: Hier greift die für Inlandsdepots gültige Endbesteuerung nicht. • V ERLUSTVERRECHNUNG: Um die Möglichkeiten der Verlustverrechnung voll ausschöpfen zu können, kann auch bei endbesteuerungsfähigen Einkünften der Weg in die Steuererklärung Sinn machen. • TARIFBESTEUERUNG: Einkünfte, die, wie oben aufgezeigt, dem regulären Einkommensteuertarif unterliegen, sind verpflichtend in die Steuererklärung aufzunehmen.


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ELEKTROMOBILITÄT IM F KUS Elektromobilität erfreut sich weiterhin einer wachsenden Beliebtheit. Dies nicht zuletzt aufgrund der verschiedenen steuerlichen Anreize im Zusammenhang mit der Anschaffung von Elektrofahrzeugen. Darüber hinaus kaufen oder leasen Arbeitgeber*innen immer häufiger E-Bikes, um diese ihren Mitarbeiter*innen zur Privatnutzung zu überlassen. Dieses Modell erhöht nicht nur die Arbeitgeberattraktivität und die Gesundheit der Mitarbeiter*innen, sondern bietet zudem abgabenrechtliche Vorteile. TEXT: ISABELL KRUG

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STEUERZUCKERL Unter Elektrofahrzeuge fallen ausschließlich CO2-ausstoßfreie Fahrzeuge, welche über keinen zusätzlichen Verbrennungsmotor verfügen. Bei Hybridfahrzeugen handelt es sich um kein Elektrofahrzeug, da der CO2-Ausstoß höher als 0 g/km ist. Elektrofahrzeuge sind von der Normverbrauchsabgabe und motorbezogenen Versicherungssteuer befreit. Ein zusätzlicher großer Vorteil ist, dass für die private Nutzung des Firmenelektrofahrzeuges durch Dienstnehmer*innen oder Gesellschafter-Geschäftsführer*innen kein Sachbezug anfällt. Je nach Preisklasse kann für ein Elektrofahrzeug die Vorsteuer für die Anschaffung vollständig, anteilig oder nicht geltend gemacht werden. Für Strom als Treibstoff besteht immer ein Vorsteuerabzug. Neben regionalen Förderungen, welche im Zusammenhang mit der Anschaffung regelmäßig gewährt werden, kann der Investitionsfreibetrag in Höhe von 15 Prozent geltend gemacht werden.

VORSTEUERABZUG IN ZUSAMMENHANG MIT DER ANSCHAFFUNG

Der Vorsteuerabzug hängt bei der Anschaffung eines Elektrofahrzeuges vom Kaufpreis ab:

• Anschaffungskosten bis zu 40.000 Euro brutto: Es steht der Vorsteuerabzug zu. • Anschaffungskosten zwischen 40.000 Euro und 80.000 Euro brutto: Es steht der volle Vorsteuerabzug zu, jedoch ist für die Anschaffungskosten über 40.000 brutto eine Eigenverbrauchsbesteuerung vorzunehmen. • Anschaffungskosten über 80.000 Euro brutto: Es steht kein Vorsteuerabzug zu.

NUTZUNGSDAUER ANGEMESSENHEITSPRÜFUNG BEI ELEKTROFAHRZEUGEN

Die Anschaffungskosten sind bei Elektrofahrzeugen zu aktivieren. Wie bei „normalen“ Pkw und Kombi ist auch bei Elektrofahrzeugen die sogenannte Luxustangente zu beachten. Die Abzugsfähigkeit ist bei Fahrzeugen mit Vorsteuerabzug mit 33.333,33 Euro gedeckelt. Ist kein Vorsteuerabzug möglich, liegt die Angemessenheitsgrenze bei 40.000 Euro. Unternehmensrechtlich sind Elektrofahrzeuge auf die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer abzuschreiben, steuerrechtlich wird die Nutzungsdauer mit mindestens acht Jahren vorgegeben. Beim Elektrorad wird steuerlich eine Nutzungsdauer von mindestens fünf Jahren angenommen.

BEHANDLUNG LAUFENDER AUFWENDUNGEN Bei den laufenden Aufwendungen ist zwischen wertunabhängigen und wertabhängigen laufenden Aufwendungen zu unterscheiden. Die wertunabhängigen Aufwendungen sind als Betriebsausgaben in voller Höhe abzugsfähig. Dies sind beispielsweise Strom als Treibstoff, Vignette, Maut und Ähnliches. Wertabhängige laufende Aufwendungen sind um den unangemessenen Anteil (Luxustangente) zu kürzen. Darunter fallen zum Beispiel Abschreibung, Leasingaufwendungen, Versicherung oder Finanzierungskosten. Die umsatzsteuerliche Behandlung orientiert sich in diesem Zusammenhang an der ertragsteuerlichen Beurteilung. Bei Elektrofahrzeugen mit Anschaffungskosten bis zu 40.000 Euro brutto steht ein Vorsteuerabzug uneingeschränkt zu. Bei Elektrofahrzeugen mit Anschaffungskosten zwischen 40.000 Euro und 80.000 Euro brutto blickt das Umsatzsteuerrecht bei wertabhängigen Aufwendungen auf die Ertragsteuer. Solange der überwiegende Teil der Aufwendungen ertragsteuerlich abzugsfähig ist, steht der volle Vorsteuerabzug zu. Jener Teil der Aufwendungen, der ertragsteuerlich nicht abzugsfähig ist („Luxusanteil“), ist als Aufwands-


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eigenverbrauch umsatzsteuerpflichtig. Für Elektrofahrzeuge mit Anschaffungskosten über 80.000 Euro steht für die wertabhängigen Aufwendungen kein Vorsteuerabzug zu. Für die laufenden wertunabhängigen Aufwendungen für Elektrofahrzeuge kann hingegen ein Vorsteuerabzug in voller Höhe geltend gemacht werden.

SONDERREGELUNGEN FÜR BESTIMMTE FAHRZEUGE

Bei Fiskal-LKW, Fahrschulfahrzeugen und Fahrzeugen, welche zu mindestens 80 Prozent der gewerblichen Personenbeförderung dienen, sind nachfolgende steuerlichen Vorteile möglich: • Vorsteuerabzug in voller Höhe • keine Luxustangente • keine gesetzliche Nutzungsdauer von acht Jahren Diese gilt auch für Elektrofahrzeuge, vorausgesetzt, diese erfüllen die entsprechenden Voraussetzungen.

NUTZUNG DURCH DIENSTNEHMER BZW. GESELLSCHAFTER GESCHÄFTSFÜHRER

Wie angeführt, ist eine Privatnutzung ohne Sachbezug durch Mitarbeiter*innen und Gesellschafter-Geschäftsführer*innen möglich. Hinsichtlich Umsatzsteuer bzw. Vorsteuerabzug im Zusammenhang mit der Privatnutzung kam es in diesem Zusammenhang zu einer Klarstellung im Umsatzsteuerwartungserlass 2023: Wird ein Elektrofahrzeug oder ein Elektro-Dienstfahrrad Mitarbeiter*innen gegen Entgelt überlassen, liegt ein umsatzsteuerrechtlicher Leistungsaustausch vor. Hierbei handelt es sich um die Vermietung eines Beförderungsmittels im Sinne des § 3a Abs. 12 UStG. Das Entgelt der Mitarbeiter*innen besteht entweder in der Bezahlung einer Nutzungsgebühr oder bei der Bezugsumwandlung bzw. Gehaltserhöhung in Form von Arbeitsleistung. Dem Arbeitgeber steht der Vorsteuerabzug grundsätzlich für Wirtschaftsgüter zu, wenn diese zumindest zehn Prozent unternehmerischen Zwecken dienen. Bei der angeführten entgeltlichen Überlassung eines Elektrofahrzeuges bzw. E-Bikes an den Arbeitnehmer zur ausschließlichen privaten Nutzung ist die Zehn-Prozent-Grenze erfüllt und es liegt eine ausschließliche unternehmerische Nutzung vor. Werden vom Arbeitgeber gleichzeitig Umsätze erzielt, die zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führen (beispielsweise unecht steuerbefreite Tätigkeiten) und die nicht zum

MMag. Isabell Krug, Steuerberaterin und Partnerin bei Deloitte

Ausschluss vom Vorsteuerabzug führen (beispielsweise die Vermietung des Beförderungsmittels), hat der Unternehmer die Vorsteuerbeträge des Elektrofahrzeuges bzw. Fahrrades in abziehbare und nicht abziehbare Vorsteuerbeträge aufzuteilen. Dabei sind die Vorsteuern grundsätzlich nach Maßgabe ihrer Zurechenbarkeit aufzuteilen. Das bedeutet, sie sind danach aufzuteilen, wie sie den unecht steuerfreien Umsätzen und den übrigen Umsätzen bei wirtschaftlicher Betrachtung ganz oder teilweise zuzurechnen sind.

GEBRAUCHTFAHRZEUGE

Die Regelungen hinsichtlich Gebrauchtfahrzeugen entsprechen den Regelungen des „normalen“ Pkw und Kombis. Das heißt, es ist hinsichtlich Angemessenheitsprüfung zwischen Fahrzeugen, welche innerhalb der letzten 60 Monate erstzugelassen wurden, und Fahrzeugen, bei welchen die Erstzulassung länger als 60 Monate zurückliegt, zu unterscheiden. Bei Fahrzeugen, welche innerhalb der letzten 60 Monate erstzugelassen wurden, ist auf die ursprünglichen Anschaffungskosten abzustellen. Bei Fahrzeugen, bei welchen die Erstzulassung länger als 60 Monate zurückliegt, sind die tatsächlichen Anschaffungskosten für die Berechnung der Luxustangente relevant.

INVESTITIONSFREIBETRAG

Im Rahmen der ökosozialen Steuerreform 2022 wurde der Investitionsfreibetrag (IFB) nach über 20 Jahren in angepasster Form wieder eingeführt. Der neue Investitionsfreibetrag fördert (ökologische) Unterneh-

mensinvestitionen und entlastet dadurch die Unternehmen. Dies wird dadurch bewirkt, dass eine prozentuelle Minderung der Gewinn-Bemessungsgrundlage in Höhe von bis zu 15 Prozent der Anschaffungsoder Herstellungskosten erfolgt. Grundvoraussetzung für die Inanspruchnahme des Investitionsfreibetrags ist, dass die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer des Wirtschaftsguts mindestens vier Jahre beträgt und die Gewinnermittlung entweder durch doppelte Buchhaltung oder Einnahmen-Ausgaben-Rechnung erfolgt. Bei pauschaler Gewinnermittlung ist eine Berücksichtigung nicht möglich. Außerdem muss das Anlagevermögen einem inländischen Betrieb oder einer inländischen Betriebsstätte zuzurechnen sein, welcher bzw. welche zur Erzielung von betrieblichen Einkünften dient. Die Anschaffung von emissionsfreien Fahrzeugen ohne Verbrennungsmotor und E-Ladestationen sind dem Bereich Ökologisierung zuzuordnen. Darunter sind Elektro-Kraftfahrzeuge zu verstehen. Aus diesem Grund beträgt der Investitionsfreibetrag für E-Bikes und Elektrofahrzeuge 15 Prozent.

www.deloitte.at/tirol

FAZIT

Aufgrund der verschiedenen Anreize und abgabenrechtlichen Vorteile kann die Anschaffung von Elektrofahrzeugen bzw. Elektro-Dienstfahrrädern steuerlich attraktiv sein. Angesichts der Komplexität der Thematik muss die Anschaffung und die entsprechende Ausgestaltung der Überlassung an die Mitarbeiter*innen gut geplant sein.

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auto & motor

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© ULRICH WILHELM

Einfach genial Seit Anfang dieses Jahres in Österreich bestellbar, sorgt der neue Hyundai Ioniq 5 N nicht nur auf dem Papier für exorbitantes Herzrasen. Im Zuge einer Hyundai Driving Experience im Ötztal wurde uns die enorme Kraft auch in natura präsentiert. Bei winterlichen Verhältnissen, wie sie im Buche stehen, durften wir uns sowohl auf dem Rettenbachgletscher als auch am Tiefenbachferner das elektrifizierte Aushängeschild ausgiebig zu Gemüte führen. Tatkräftig unterstützt unter anderem durch eine österreichische Rallyelegende galt es, auf Schnee- und Eisfahrbahn stets die Kontrolle über den Ioniq 5 N (sowie den Hyundai Tucson) zu behalten. Das war angesichts der spektakulären Leistungswerte – 478 kW/650 PS und 770 Newtonmeter – nicht immer einfach zu bewältigen, doch Hyundai hat alles daran gesetzt, den Ioniq 5 N so alltagstauglich wie möglich zu machen. Maximale Reichweite von bis zu 448 Kilometer inklusive. Ein Merkmal war dabei besonders auffällig: Trotz der Tatsache, dass es sich beim Ioniq 5 N um ein Elektroauto handelt, hat es sich Hyundai nicht nehmen lassen, dem Modell einen ordentlichen Sound mit auf den Weg zu geben. Der entspringt auf Knopfdruck zwar zwangsläufig einem Soundgenerator, hört sich aber sowohl innen als auch außen schlichtweg echt an – wie es sich für ein Rallyemodell gehört. Sogar fiktive Gangwechsel- und Zwischengasgeräusche gibt das Auto von sich, obwohl nur ein 1-Gang-Automatikgetriebe verbaut ist. Wir bedanken uns an dieser Stelle bei der Hyundai Import GesmbH für die Einladung zum großartigen Event. Das halten wir uns gerne in durchwegs positiver Erinnerung.


eco.mobil

F A M I LY - G U Y

Der Kia Sorento ist fürs neue Jahr überarbeitet worden – hier nun sein aktuelles Gesicht, nachdem wir in unserer vergangenen Lifestyle-Ausgabe fälschlicherweise das Vorgängermodell abgebildet haben.

FRISCHEKUR

© SCHLOSS MARKETING

Der Sorento hat ein Facelift verpasst bekommen und präsentiert sich vor allem in Sachen Design nun deutlich hochwertiger. Ob fünf, sechs oder sieben Sitze, bunt oder dezent – das Kia-SUV hat viele Gesichter und zeigt sie auch gern. Das umfasst im Übrigen auch die Antriebspalette. Neben der allradgetrieben Plug-in-HybridVariante setzen die Südkoreaner weiterhin auf einen optional mit Allrad erhältlichen 2,2-Liter-Diesel in Kombination mit einem Acht-Stufen-Doppelkupplungsgetriebe. Die elektrifizierte Variante wird von einer Kombination aus 1,6-Liter-Turbobenziner und Elektromotor sowie einer Sechs-Stufen-Automatik bewegt. Besonders erfreulich: Die sieben Jahre Werkgarantie umfassen beim Plug-in Hybrid auch die Antriebsbatterie mit einer Kapazität von 13,8 kWh. Preis: ab 61.990 Euro.

ALLÜRENFREI Bis zum Jahr 2025 will Peugeot das breiteste Angebot an Elektroautos aller Marken in Europa anbieten. Das ist eine Ansage und das neue Fastback-SUV E-3008 als Elektrovariante des Löwen-Bestsellers ein nächster Schritt. Der E-3008 ist dabei das erste Modell, das auf der neuen STLA-Medium-Plattform von Stellantis basiert, das in Sachen Reichweite, Ladezeit, Leistung, Effizienz und Vernetzung neue Maßstäbe setzen soll. Tatsächlich soll laut WLTP eine Reichweite von bis zu 700 Kilometern drin sein und dass Franzosen Design können, steht eh außer Frage. Ab 43.550 Euro.

Mit dem Scenic E-Tech Electric bringt Renault ein echt chices und dynamisches Familienauto an den Start. Vollelektrisch und mit neuesten Technologien ausgestattet, kommt der Franzose bis zu 625 Kilometer weit. Dafür sorgen zwei Elektromotoren mit 170 bzw. 218 PS sowie eine 60- bzw. 87-kW-Batterie. Das Panoramadach sorgt für Open-Air-Feeling, lässt sich aber auch flugs verdunkeln. Und weil im Auto ziemlich viel Platz ist, lässt sich damit auch bequem in Urlaub fahren, Kind und Gepäck inklusive. Für entsprechende Begleitmusik sorgt ein hochwertiges Harman-Kardon-Soundsystem. Dass der Scenic E-Tech Electric zum „Car of the Year 2024“ gewählt wurde, ist nachvollziehbar. Erhältlich ab ca. 42.000 Euro.

NACH OBEN OFFEN Mit dem neuen CLE Cabrio setzt Mercedes-Benz seine Tradition in Sachen offener Viersitzer fort und verbindet darin einmal mehr expressives Design, intelligente Technik und gehobene Ausstattung, vieles davon in Serie. Unter anderem sind ein elektrisches Windschottsystem und eine Kopfraumheizung mit an Bord, die für ein verlängertes Freiluftvergnügen sorgen. Im Sommer sorgt eine spezielle Beschichtung dafür, dass die Sitze nicht zu heiß werden. Schön isses sowieso, dazu gibt's auch noch ordentlich Entertainment und ausreichend Platz. Unter der Haube werkeln in allen Varianten Mildhybrid-Motoren mit Nennleistungen zwischen 197 und 381 PS. Eingestiegen wird ab rund 72.200 Euro. FOTOS (WENN NICHT ANDERS VERMERKT): HERSTELLER

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NACHHALTIGES ERBE Das erste vollelektrische Auto der Marke Jeep wurde mit Spannung erwartet. Nun ist es da. Der Avenger wird neben Hybrid und Benziner auch als Elektroversion angeboten. Und obwohl das Elektromodell in Europa designt, entwickelt und gebaut wird, strotzt das B-SUV nur so vor authentischer amerikanischer Jeep-DNA. TEXT: FELIX KASSEROLER // FOTOS: TOM BAUSE

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owohl in Sachen Design als auch der naturgemäß erwarteten, ausgesprochen guten Geländegängigkeit ist der Avenger durch und durch ein echter Jeep. Dazu kommen ein fortschrittlicher Antrieb, modernste Technik und eine hervorragende Ausstattungsliste. Vorhang auf für den frühlingshaften, sonnengelben Avenger in der Summit-Ausstattungsvariante. Schon auf den ersten Blick ist der Avenger als Jeep zu identifizieren. Maßgeblich trägt hierzu natürlich der markentypische Seven-Slot-Kühlergrill, wie er im Jeep-Fachjargon genannt wird, bei. Doch auch die Lichtsignatur der – geschützten – Voll-LED-Scheinwerfer und der auffällige Unterfahrschutz mitsamt 360-Grad-Karosserieschutz spielen eine nicht unwesentliche Rolle. Dazu kommen im Fall der Summit-Ausstattungsvariante 18-Zoll-Leichtmetallfelgen, wodurch sich eine Bodenfreiheit von 200 Millimetern ergibt. Generell lesen sich die technischen Daten durchaus erfreulich: So fallen beispielsweise die Böschungswinkel sowohl vorne als auch hinten mit 20 respektive 32 Grad auffällig großzügig aus und verbessern in Kombination mit diversen elektrischen Fahrhilfen und -modi für verschiedene Untergründe die Geländegängigkeit immens. Neben Eco stehen auch Modi für Sand, Schnee und Schlamm zur Verfügung.

ELEKTRO - PREMIERE

Im Fall des Avenger wird die Robustheit und das als geländefähiges Auto statuierte Erbe der Marke Jeep erstmals um einen nachhaltigen Elektroantrieb ergänzt, der allerdings ausschließlich als Frontantrieb erhältlich ist. Insgesamt stehen eine Leistung von 115 kW (156 PS) sowie ein maximales Drehmoment von 260 Newtonmeter zur Verfügung. In Kombination mit der 54-kWh-Lithium-Ionen-Batterie (Bruttokapazität) und einem Verbrauch von 15,6 kWh auf 100 Kilometer ergibt sich eine kombinierte Reichweite von bis zu 395 Kilometern nach WLTP. Die Beschleunigungszeit von 0 auf 100 km/h liegt bei neun Sekunden, Schluss ist bei 150 km/h, wobei das keinesfalls ein Manko ist. Wenn die Batterie einmal entladen sein sollte, lässt sich der 1,5-Tonnen-Avenger an der Schnellladesäule dank 100 kW maximaler Ladeleistung in 24 Minuten von 20 auf 80 Prozent aufladen. Die heimische Wallbox benötigt für eine volle Ladung von null auf 100 Prozent nur knapp 5,5 Stunden und liegt damit absolut im Rennen.

Nebst seiner Geländigkeit zeichnet sich der Avenger auch ganz hervorragend als Cityflitzer aus. FUNKTIONALES INTERIEUR Das Cockpit besticht durch komfortable, beheizte Ledersitze, intuitive Bedienung und ein schlichtes, modernes Design. Neben der Ambientebeleuchtung sorgen auch farbige Akzente auf dem Armaturenbrett sowie Kontrastnähte für eine farbenfrohe Optik. Das Hauptaugenmerk fällt auf das erhobene 10,25“-Uconnect-Infotainmentsystem, unmittelbar darunter findet sich eine Schalterleiste zur Einstellung der wichtigsten Funktionen. Die Mittelkonsole bietet eine großzügige Ablagefläche samt induktiver Ladestation. Durch das Multifunktionslenkrad im Vier-Speichen-Design fällt der Blick unweigerlich auf die ebenfalls 10,25 Zoll große Instrumentenanzeige. Wer gerne etwas mehr natürliches Licht im Cockpit sehen würde, dem steht die Option auf ein Panorama-Schiebedach zur Verfügung. Während die erste Sitzreihe wirklich äußert komfortabel ausfällt, wird es im Fond aufgrund der citytauglichen Abmessungen – die Länge beträgt gerade einmal knapp über 4 Meter und unterbietet damit beispielsweise einen VW Golf – auf Dauer ein wenig eng. Auch aus Sicht des Kofferraumvolumens (355 Liter) dürfte man sich wohl über die Bezeichnung SUV ab und an berechtigterweise Gedanken machen. Durchaus zugute kommen die kompakten Maße und der Wendekreis von

JEEP AVENGER SUMMIT Antrieb: Front Leistung: 115 kW/156 PS Drehmoment: 260 Nm Beschleunigung: 0–100 km/h: 9,0 sec Spitze: 150 km/h Ladezeit: 24 Min. (10–80 %) Spaßfaktor: 6,5 von 10 Preis: ab 43.500 Euro

nur 10,5 Metern allerdings dem Einparken und Rangieren in engen Gassen. Preislich orientiert sich der Avenger ab 43.500 Euro für die Topvariante Summit an vergleichbaren Modellen, die Einsteigervariante Longitude beginnt bei 38.500 Euro. Erfreulicherweise fällt die Liste „unabdingbarer“ Zusatzausstattungselemente durchaus gering aus, sodass sich der Preis nicht unüberschaubar nach oben bewegen wird.


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*Freibleibendes Leasingangebot der Arval Austria GmbH. Angebot gültig für die gezeigte Kilometerleistung von 15.000 km/p.a. und einer Vertragslaufzeit von 48 Monaten. Positive Bonität vorausgesetzt. Angebot gültig solange der Vorrat reicht bzw. bis Widerruf. Angebot beinhaltet Fahrzeugleasing, Assistance, Schadenmanagement. Irrtum vorbehalten. Die gesetzliche Vertragsgebühr ist in der Rate nicht enthalten und wird bei Neuverträgen gesondert zu Vertragsbeginn verrechnet. Die angegebene Operating Leasing Rate ist jeweils monatlich vorschüssig zur Zahlung fällig. Arval verrechnet keine gesonderte Bearbeitungsgebühr. Fixe Verzinsung, deren Höhe zum Zeitpunkt der Vertragsaktivierung bestimmt wird, wird während der gesamten Vertragsdauer angewandt. Es gelten die AGB in der aktuellen Fassung. Das Angebot inkludiert keine Haftpflicht- und Kaskoversicherung. Die AGB der Arval und die Versicherungsbedingungen finden Sie hier https://www. arval.at/fahrer/kundendokumente. Stromverbrauch IONIQ 5: 16,7 - 19,1 kWh / 100 km, elektrische Reichweite: bis zu 507 km, 77,4 kWh Batterie. Stromverbrauch IONIQ 6: 13,9 - 16,9 kWh / 100 km, elektrische Reichweite: bis zu 614 km, 77,4 kWh Batterie. Die Reichweite und der Verbrauch können abhängig von Straßenverhältnissen, Fahrstil und Temperatur deutlich variieren. (Alle Angaben nach WLTP). Symbolabbildungen. Satz -und Druckfehler vorbehalten.


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ELEKTROKOMBI? ELEKTROKOMBI! Als erster echter Elektrokombi trifft der im Jahr 2022 auf den Markt gekommene MG5 Electric genau das, was sich zahlreiche Menschen in den letzten Jahren sehnlichst gewünscht haben. TEXT: FELIX KASSEROLER // FOTOS: TOM BAUSE


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achdem bis dato sogenannte Kombinationskraftwagen – anders als bei Verbrennern, wo anhand der Verkaufszahlen allerdings ein deutlicher Rückgang erkennbar ist – im Elektrosegment gänzlich vernachlässigt wurden, kommt mit dem MG5 ein ernstzunehmendes Elektroauto, dessen Potential nach nur kurzer Zeit auch andere Hersteller erkannt haben – beispielsweise Opel mit dem Astra Electric Sports Tourer oder 2024 auch BMW mit dem i5 Touring. In jedem Fall wartet das vierte von MG in Österreich auf den Markt gebrachte Modell im Allgemeinen mit allerhand Positivem auf – im Besonderen mit einem attraktiven Preis. Trotz der Tatsache, dass es sich bei dem von uns getesteten Modell um die besser ausgestattete Luxury-Variante mit der großen Batterie handelt, liegt das Modell mit einem Startpreis von 32.490 Euro (inkl. aller Boni und Förderungen für Privatpersonen) deutlich unter der Konkurrenz – die es bis dato ohnehin in diesem Segment nicht wirklich gab. Der Preis für die Einsteigervariante beginnt bei 27.990 Euro (inkl. aller Boni und Förderungen für Privatpersonen). Im Gegenzug dafür erhält man – insbesondere bei der Luxury-Variante – ein Modell mit zahlreichen Annehmlichkeiten und ohne viel Schnickschnack, eben absolut Preis-Leistungs-gerecht.

HOCHWERTIGES INTERIEUR

In unserem Fall erwartet den Fahrer im MG5 ein aufgeräumtes, fein säuberlich verarbeitetes und nicht zuletzt schön gestaltetes schwarzes Interieur, das durchwegs von blauen Akzenten durchzogen ist. Klarerweise darf man sich bei diesem Preis nicht darüber wundern, dass abgesehen von den Kunstledersitzen und dem Multifunktionslenkrad beinahe das gesamte Cockpit in Hartplastik gehüllt ist. Störend ist das nicht, denn Verarbeitung und Design sind wirklich solide. Optisch wurde größtenteils auf Tasten und Schalter verzichtet, die meisten Funktionen können über das Infotainmentsystem gesteuert werden. So bleiben auf der Mittelkonsole nur vereinzelt Tasten bestehen, beispielsweise die Parkbremse, die Fahrmoditaste und der Schalter für das KERS. Dabei handelt es sich um die Rekuperationseinstellung. Bei anderen Modellen lässt sich diese meist über Schaltwippen am Lenkrad einstellen, beim MG5 wird dies über die KERS-Taste erledigt. Besonders erfreulich ist der Umstand, dass der Kombi dank dem Radstand von fast 2,7 Metern in der Fahrerkabine erstaunlich geräumig

Sowohl in Sachen Design, Verarbeitung als auch Komfort macht dem MG5 als erstem echten Elektrokombi so schnell keiner was vor. Da könnte sich so manch europäischer Hersteller eine große Scheibe abschneiden. 95 ist, sowohl in der ersten Sitzreihe als auch im Fond lässt es sich durchaus komfortabel aushalten. Auch das Kofferraumvolumen fällt mit 479 Litern konkurrenzfähig aus. Nach Umklappen der Rücksitze fasst das Ladevolumen 1.367 Liter. Von außen präsentiert sich der MG5 als klassischer Kombi, wenngleich die Länge mit 4,6 Metern minimal kürzer als bei der Konkurrenz ausfällt. Sowohl front- als

MG5 ELECTRIC LUXURY Antrieb: Front Leistung: 115 kW/156 PS Drehmoment: 280 Nm Beschleunigung: 0–100 km/h: 7,7 sec Spitze: 185 km/h Ladezeit: 37 Min. (10–80 %) Spaßfaktor: 8 von 10 Preis: ab 27.990 Euro

auch heckseitig erhält der Elektrokombi LED-Leuchten, die Seite wird in unserem Fall durch 17-Zöller im Zweifarbendesign markiert. Für den gewissen Tick Luxus sorgen teilverchromte Türgriffe, Fensterrahmen und Dachreling. In der Farbauswahl indes hält man sich nobel zurück. Ausschließlich Dover White ist als Außenfarbe im Listenpreis enthalten, für die drei anderen Farben ist ein Aufpreis fällig – Kostenpunkt: 650 Euro. Insgesamt gibt es den frontgetriebenen MG5 in zwei Ausstattungsvarianten (Comfort und Luxury) sowie zwei Batteriegrößen (50,3 kWh und 61,1 kWh), wobei die Variante mit der größeren Batterie in Kombination mit einem schwächeren Motor daherkommt. So wird auch unser Testwagen lediglich von 115 kW (156 PS) angetrieben, während die kleine Batterie mit 130 kW (177 PS) harmoniert. Wirklich spürbar dürfte die Differenz bei einem Elektroauto aber nicht sein. Wichtiger ist neben dem Drehmoment, das in beiden Fällen mit maximal 280 Newtonmeter absolut ausreichend ausfällt, die Reichweite. Diese liegt in unserem Fall bei maximal 380 Kilometern nach WLTP. Damit einhergehend liegt die Ladezeit aufgrund einer eher mäßigen maximalen Ladeleistung von 87 kW bei rund 37 Minuten von zehn auf 80 Prozent an der Schnellladesäule.


LIFESTYL

kultur & trends Blick in die Ausstellung „Da beißt die Maus keinen Faden ab“, die noch bis Ende Juni, also bis zur temporären Schließung des Hauses, im Ferdinandeum zu sehen ist

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© MARIA KIRCHNER

Aufbruch und Umbruch Knapp 400.000 Besucher*innen fanden im Jahr 2023 ihren Weg in die Häuser der Tiroler Landesmuseen, 7.000 waren es allein beim Festival „Forum Museum“, das zwischen November 2023 und Jänner 2024 im Ferdinandeum stattfand und durch sein facettenreiches Programm neue Begegnungen mit unterschiedlichen Zielgruppen ermöglichte. Das Veranstaltungsformat ist ein Leuchtturmprojekt auch für die zukünftige Ausrichtung aller Häuser der Tiroler Landesmuseen. Es steht für Offenheit, für Vielfalt, für Begegnung. Und auch wenn das heurige Jahr vom Umbau des Ferdi­ nandeums geprägt sein wird, so tut das dem kulturellen Angebot keinen Abbruch. Konkret schließt das Haus für das Museumspublikum mit 30. Juni, der Spatenstich soll im Herbst erfolgen. Aktuell arbeitet man gerade an Konzepten – Pop-up-Events, Kooperationen mit anderen Institutionen, regionalen Museen oder Instituten der Universität Innsbruck –, um die Zeit bis zur Wiedereröffnung 2027 zu überbrücken. Für heuer jedenfalls wird die neue Ausstellung mit dem Titel „Schatz Tirol“ (Eröffnung am 6. April) zur Tiroler Geschichte und Gegenwart im Zeughaus eines der Highlights sein. Die Beschäftigung mit dem Themenbereich des Handwerks steht im Volkskunstmuseum im Mittelpunkt und weil sich in Zeiten des Klimawandels viele Menschen mit Artenschutz beschäftigen, stehen Vögel im Fokus der naturwissenschaftlichen Ausstellungstätigkeit des Alpenzoos. Das Kaiserjägermuseum indes beschäftigt sich mit Orden und hinterfragt den heutigen Umgang mit Ehrenzeichen. Spannend sind auch Kooperationsprojekte, eine Ausstellung in Trient über die Langobarden, eine Schau im Stadtmuseum Kitzbühel über die Rolle der Volksmusik für den Tourismus sowie eine Ausstellung über den Arzt, Wohltäter und Forscher Karl Stainer im Museum Wattens. Das Thema Gleichbehandlung steht im Zentrum einer Ausstellungsübernahme, die ab Mai im Volkskunstmuseum zu sehen sein wird und die einen wichtigen Beitrag zum gesellschaftspolitischen Diskurs leistet. Weitere kulturelle Ausrufezeichen sind das Bergiselfest, der Kultursommer im Zeughaus sowie zahlreiche Konzerte aus der Reihe musikmuseum. www.tiroler-landesmuseen.at


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© REISEBÜRO IDEALTOURS GMBH

EINMAL ICED S U G A R O AT SHAKEN ESPRESSO BITTE

KOMMT BALD

Im Juni 2022 eröffnete in der Herzog-Friedrich-Straße die erste Starbucks-Filiale in Innsbruck und die Nachfrage war offenbar groß. Im heurigen Sommer kommt ein zweites Coffee House dazu – im Kaufhaus Tyrol, wo im ersten Obergeschoss bereits die Umbauten laufen. Rund 20 Gäste sollen hier Platz finden, wenn’s warm ist, kann man Getränke und Snacks auch auf die Terrasse mitnehmen. Das Team soll aus zirka zehn Personen bestehen, Bewerbungen werden unter starbucks-jobs.at entgegengenommen.

TIP PS D RED ER AKT ION

HAPPY HYDRATION

Ab sofort ergänzt die Bio-Naturkosmetik­­linie Dr. Hauck das Sortiment im Kosmetikinstitut Aurora in Innsbruck. Unser Tipp für gestresste Winterhaut ist die wunderbare PhytaminFeuchtigkeitsmaske mit biologischem Kokosöl, Amino- und Milchsäuren. 50 ml um 49,90 Euro.

Idealtours-Geschäftsleiterin Susanne Neuhauser und Marketingleiterin Martina Rußegger

REISELUST Die Lust auf Urlaub sorgt für ein starkes Buchungsaufkommen und die Nachfrage ist hoch, resümiert iDEALTOURS den Start des Reisejahres 2024. Dabei hält vor allem der Trend zum Urlaub am Mittelmeer an und auch Fernreisen sind wieder im Kommen. Ganz oben stehen Destinationen wie Oman, Vietnam, Japan, Tansania und Sansibar, zugenommen haben auch Buchungen auf die Seychellen, die Malediven oder Mauritius – als kleine Inspiration, sollten Sie noch nicht wissen, wo es heuer hin­ gehen soll. www.idealtours.at

DIE SCHATTENMACHERIN

Lilly Gollackner, Kremayr & Scheriau 192 Seiten, EUR 24,–

S ÄT Z E , D I E D A S L E B E N L E I C H T E R M A C H E N : *)

„Schwarz auf Blau“, Innsbrucker Alltags­ geschichten. Das Papier­ theater. Initiative Schwarze Frauen* Innsbruck & Zweitgeschichte, 2024

© DANIEL JAROSCH

Wollen ist wie müssen, nur freiwillig.

Lilly Gollackner nimmt in ihrem Debütroman mit ins Jahr 2068. Die Klimakatastrophe sorgt für sengende Hitze, überdachte Städte und rationiertes Wasser. Eine mysteriöse Seuche hat außerdem die männliche Bevölkerung dahingerafft. Nur künstliche Fort­ pflanzung sichert den Weiterbestand der Menschheit. Was aber passiert in einer Welt ohne Männer? Ein spannendes Gedankenexperiment um Macht und Identität, Generationen- und Interessenkonflikte.

JUNGBRUNNEN FEMINIST ART Die Ausstellung „When we move, it's a movement“, kuratiert von Ivana Marjanović, versammelt im Kunstraum Innsbruck noch bis 21. Mai verschiedene Positionen von meist lokalen Künstler*innen und Aktivist*innen und zeigt die Stärke feministischer Vernetzung und Aktion. Nach der 8.-März-Demonstration, die von der Frauen*vernetzung – für Begegnung und Austausch Tirol organisiert wurde, bietet die Ausstellung Raum für künstlerische und politische Reflexionen, die auf die Vergangenheit zurückblicken, über die Zukunft nachdenken und ermessen, was der 8. März als internationaler Weltfrauentag auf längere Sicht bedeutet und symbolisiert. www.kunstraum-innsbruck.at *) Mehr davon? „50 Sätze, die das Leben leichter machen“, Karin Kuschik, rowohlt Verlag, 320 Seiten, EUR 15,–

Die Gesundheitsexperten des Health Performance Institute in Innsbruck haben vor einiger Zeit damit begonnen, hochwertige Nahrungsergänzungsmittel zu kreieren – das Polyamin Spermi­din zum Beispiel ist für das Zellwachstum verantwortlich und kann deren Stress­ toleranz gegenüber Umweltfaktoren erhöhen. Es kommt in allen Körperzellen vor und hilft, beschädigtes Zellmaterial zu entsorgen und damit die Zellen gesund zu halten. In den Kapseln wird es unter anderem um Vitamin C ergänzt.

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Körpereigene Software aktivieren Unser Lebensstil verlangt uns oftmals so einiges ab. Umso bedeutender ist es daher, einen ganzheitlichen Blick auf unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden zu werfen. Mittels wissenschaftlich fundiertem Epigenetik-Coaching bekommen Teilnehmer*innen ein Werkzeug in die Hand, mit dem sie ihre ganz persönliche Gesundheit fördern und wieder voll in ihre Kraft zurückkommen können.

© ANDREAS FRIEDLE

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esundheit ist für uns nicht nur die Abwesenheit von Krankheit, Gesundheit bedeutet ganzheitliche Vitalität im Einklang von Körper, Geist und Seele“, ist Irina Juen, Geschäftsführerin und Epigenetik-Coach im Health Performance Institute in Innsbruck, überzeugt. „Während die traditionelle Medizin auf Krankheiten ausgerichtet ist, liegt unser Fokus ganz klar auf der Gesundheit und der funktionellen Betrachtung des Körpers als ein komplexes System aus vielen verschiedenen interagierenden Elementen.“ Mit dem Epigenetik-Coaching bietet das Health Performance Institute ein starkes Tool an,

„Zeit für sich selbst und Bewusstsein schaffen für den eigenen Körper sind die Basis dafür, wieder voll in unsere Schöpferkraft zu kommen.“ IRINA JUEN

mit dem auf Basis tiefgreifender Diagnostik ein persönliches Programm ausgearbeitet wird, welches den Menschen dazu ermächtigt, seine Gesundheit selbst zu gestalten und wieder in die volle Kraft zu kommen. „Ermächtigen insofern, weil wir als Menschen

sehr viel mehr Macht haben, unsere innerlichen Prozesse zu steuern, als wir uns das teilweise zutrauen“, ist Irina Juen auch aus eigener jahrzehntelanger Erfahrung überzeugt. Als ehemalige Profi-Triathletin weiß sie, dass Höchstleistungen neben körperli-


chem Training auch auf mentaler Stärke basieren. Auch möchte sie mit der veralteten Denkweise aufräumen, dass wir unseren Genen ausgeliefert sind: „Seit Jahren weiß man, dass rund 75 Prozent der eigenen Gesundheit epigenetisch beeinflussbar sind.“

EPIGENETIK

Betrachtet man die Genetik als den Bauplan, sozusagen die Hardware unseres Körpers, ist die Epigenetik die dazugehörige Software. Auf unseren Körper übersetzt bedeutet das, dass Gene an- und abgeschaltet werden. „Dies bezeichnet man als Genexpression bzw. Genaktivität. Beeinflusst wird diese Genaktivität durch unsere Gedanken und Gefühle, unsere Ernährung und Entgiftung, unsere Vorfahren, unser soziales Umfeld, unsere Umweltbedingungen sowie durch unseren Schlaf und unsere Bewegung“, weiß Irina Juen über die neuesten medizinisch-wissenschaftlich fundierten Fakten. Basis jeden Coachings ist daher eine tiefgreifende Diagnostik, die einen DNA-Health-Check, eine Mikrobiom-Analyse, ein Fettsäureprofil sowie einen Vitamin-D-Status beinhaltet. „Ganz nach Belieben kann diese Diagnostik entweder bei uns im Institut oder ganz einfach auch von zu Hause aus erfolgen“, erklärt die erfahrene Expertin. Die tiefgreifende Analyse bis ins Innerste von Zellstrukturen zeigt auf, wo die individuellen Probleme liegen und warum die Zellen nicht mehr auf ihrem vollen Energielevel arbeiten. Gemeinsam wird nach dem sogenannten Qualifizierungsgespräch in der Zielerarbeitung vereinbart, an welchen Stellschrauben gedreht werden muss, um wieder voll in die eigene Kraft zurückzukommen. Über einen Zeitraum von 90 Tagen hinweg begleiten die Coaches vom Health Performance Institute die Teilnehmer*innen in verschiedenen Modulen dabei, transgenerationale, psycho-, physio- und nutriepigenetische Faktoren ebenso in den Lebensstil miteinzubeziehen wie Schlafgewohnheiten, Umweltfaktoren und das soziale Umfeld. Denn es sind nicht nur körperliche Faktoren, die einen Einfluss auf unsere Gesundheit haben. Auch emotionaler Stress bis hin zu erlebten Traumata und Emotionen, die in der Amygdala unseres Gehirns gespeichert bleiben, wirken sich auf unsere körperlichen Befindlichkeiten aus. „Mit bewährten Methoden erzielen wir zum Beispiel beim Lösen von Blockaden, eingelernten Mustern und Glaubenssätzen sehr große Erfolge. Oftmals zeigen allein schon die Bewusstwer-

„Unsere Zellen sind im stetigen Austausch mit der Umwelt und somit ist auch unser ganzer Körper im stetigen Austausch mit der Umwelt. Unsere Genaktivität ist nicht in Stein gemeißelt, sie ist veränderbar und verändert sich auch stetig.“ IRINA JUEN

ZUR PERSON

Irina Juen war insgesamt 20 Jahre im Triathlon-Hochleistungssport aktiv, davon acht Jahre als Profi- und Red-BullAthletin sowie im Olympiakader der World Series. Die 16-fache österreichische Meisterin und Staatsmeisterin war anschließend einige Jahre als selbstständige Unter-nehmensberaterin im Employer Branding und der Führungs-kräfteentwicklung tätig, bevor sie als Mentalund Epigenetik- Master-Coach gemeinsam mit Inhaber und CEO MMag. Jens Wilke vom Health Performance Institute die Geschäftsleitung übernahm.

Kostenfreies Erstgespräch zum 90 Tage Programm „Master your Health“. Anmeldung für den nächsten Programmstart noch bis 18.04.2024 möglich!

dung und das Verständnis für die ganzen Zusammenhänge verbunden mit kleinen Veränderungen im Lebensstil große Wirkung, die Wege zur aktiven Gestaltung der eigenen Gesundheit können sehr variieren.“

INDIVIDUELLE LEBENSENERGIE

Dabei ist es Irina Juen sehr wichtig, zu betonen, dass hier keine vorgefertigten Modelle zum Einsatz kommen, sondern nach dem Prinzip „Personality first“ das gesamte „Body-Mind-Soul-System“ jedes einzelnen Teilnehmers individuell behandelt wird und Menschen verstehen lernen, wie sie selbst ihre eigene Schöpferkraft aktivieren können. „Wir begleiten Persönlichkeiten in ihrer individuellen Transformation, ihre eigenen Selbstheilungskräfte wieder voll zu aktivieren, indem sie ihre Genaktivität nachhaltig positiv beeinflussen. Unsere Zellen sind im stetigen Austausch mit der Umwelt und somit ist auch unser ganzer Körper im stetigen Austausch mit der Umwelt. Unsere Genaktivität ist nicht in Stein gemeißelt, sie ist veränderbar und verändert sich auch stetig.“ www.health-performance-institute.at

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ITALIENISCHES (BIO-)LEBENSGEFÜHL Mit der Natur als Vorbild produziert die Fattoria La Vialla in der Toskana mit Leidenschaft biologische Weine und handgemachte Köstlichkeiten. Hier findet man italienische Idylle, die man schmeckt und fühlt. T E X T : D O R I S H E LW E G

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In den letzten vier Jahrzehnten wurden über eine Million Weinreben, Olivenbäume, Obstbäume, Laubbäume und Hecken gepflanzt, um unter anderem einen spürbaren Erosionsschutz zu erzielen, den Krankheits- und Schädlingsdruck zu verringern sowie die Artenvielfalt zu erhöhen.


einberge und Olivenhaine, wohin man schaut, „la bella vita italiana“, so weit das Auge reicht. Herzhaft tafeln inmitten von Weinbergen, Gemüsefeldern und Olivenhainen oder sich durch handgemachte Spezialitäten in der Bottega kosten. So idyllisch das wunderbare Fleckchen Erde auf unser Gemüt wirkt, so leidenschaftlich widmet sich Familie Lo Franco der regenerativen Kreislaufwirtschaft. Seit nunmehr 47 Jahren verzichtet das toskanische Familienunternehmen auf den Einsatz von Pestiziden und synthetischen Düngemitteln und setzt ein ineinandergreifendes System von Prinzipien und landwirtschaftlichen Praktiken um, die das Ziel verfolgen, die Bodenfruchtbarkeit zu stärken, die Biodiversität zu fördern und gesunde und nährstoffreiche Lebensmittel und Kosmetika herzustellen. Der Erfolg gibt ihnen recht, die Liste an Auszeichnungen ist kaum noch überschaubar. 298 waren es allein im vergangenen Jahr und auch heuer durfte sich das Team bereits über den Deutschen Nachhaltigkeitspreis 2024 freuen.

IM EINKLANG MIT UND ZUR STÄRKUNG DER NATUR

Die Familie ist auch in dritter Generation der festen Überzeugung, dass es ihre Aufgabe ist, den Boden fruchtbar und gesund zu halten und Verantwortung dafür zu übernehmen, dass das Gleichgewicht und die Unversehrtheit der natürlichen Lebenssysteme nicht gestört wird. Die Ansicht reicht sogar so weit, dass bei jeglicher wirtschaftlicher Tätigkeit nicht nur Schaden vermieden, sondern Nutzen für die Umwelt, in der wir alle leben, entstehen soll. Nach der Übergabe der Fattoria an die drei Söhne im Jahr 2007 freut sich Antonio Lo Franco über eine konstruktive Zusammenarbeit mit seinen Geschwistern: „Wir führen den Betrieb, in dem wir unser individuelles Wissen bündeln. Jeder von uns hat sein persönliches Fachwissen, das seinen

eigenen Interessen entgegenkommt. Denn aus Erfahrung wissen wir, dass wir das am besten können, was wir auch am meisten lieben. So schätzt Gianni, mein älterer Bruder, die Arbeit mit Zahlen und kümmert sich um die kaufmännischen Belange des Unternehmens, Bandino, der Jüngste, widmet sich mehr und mehr dem Agriturismo und ist unser Olivenöl-Experte und ich verbringe viel Zeit im Weinkeller mit unserem Önologen und arbeite auch an unseren Marketing- und Vertriebsaktivitäten.“ 742 Hektar Weinberge, Felder, Olivenhaine, Gemüse- und Obstgärten werden derzeit nach biodynamischen Methoden bewirtschaftet und sind nach Demeter-Richtlinien zertifiziert, weitere 419 Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche befinden sich gerade in der Umstellungsphase. Die regenerative Landwirtschaft dient auch als Heimat für bedrohte Viehrassen wie Schafe oder Hühner, die minimal forstwirtschaftlich genutzten Waldflächen tragen zur Erhaltung der Artenvielfalt bei und sind Lebensraum für beispielsweise 110 verschiedene und teils seltene Vogelarten. Eindrucksvoll setzt sich La Vialla international für eine nachhaltige und regenerative Wirtschaft und Gesellschaft ein und ist mit lokalen wie internationalen

Wir erben das Land nicht von unseren Vorfahren, sondern wir leihen es uns von unseren Kindern.

Organisationen, Forschungseinrichtungen und Universitäten vernetzt, um den Transfer von praktischem und empirischem Wissen zu ermöglichen. Durch den Direktverkauf der Produkte an Endverbraucher*innen im Hofladen oder über den Onlineshop können Feinschmecker*innen auch über die Grenzen hinaus in den Genuss dieses vorbildlich nachhaltigen Lebensstils kommen. Kund*innen, Gäste und Urlauber*innen haben auch die Möglichkeit, im Anschluss an ein typisch toskanisches Menü im Agriturismo eine Führung durch die Fattoria zu machen. Ab dem 18. Mai 2024 eröffnet auch die „Speisekammer“ der Fattoria La Vialla in Attersee am Attersee. Die Idee dazu ist auf Anregung von Freund*innen und Kund*innen entstanden: Sie wünschten sich einen nahe gelegenen Ort, um die Erzeugnisse, die jüngsten Jahrgänge der Weine und Olivenöle verkosten und Geschenkideen aussuchen zu können oder einfach, um mit Freunden auf einen Sprung vorbeizukommen. Einmal im Monat werden thematische Veranstaltungen stattfinden, nach Vereinbarung werden auch Verkostungen für kleine Gruppen organisiert. Kurzum, ein Stückchen Toskana in Österreich! Ob vor Ort oder online bietet die Fattoria La Vialla neben preisgekrönten Bio-Weinen, handgemachten Nudeln, Saucen, Antipasti und Pecorino auch hochwertiges biologisches und kaltgepresstes Olivenöl sowie ausgezeichnete Oliphenolia-Kosmetikprodukte für den persönlichen Warenkorb. Den füllt man am besten gleich unter www.lavialla.com.

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it seiner Tanzcompany Limonada und der Produktion „Lagrimas Negras“ hat Ballettmeister Enrique Gasa Valga es geschafft, das Publikum im Rahmen des Innsbruck Winter Dance Festivals im Feber gleich mit der ersten Aufführung rundum zu begeistern. Im Mittelpunkt des Tanztheaters stand die Familiengeschichte des kubanischen Ausnahmekünstlers Bebo Valdés und mit ihm die kubanische Historie des letzten Jahrhunderts. Bebos Enkel Cucurucho Valdés – ein mittlerweile selbst weltweit gefeierter Klaviervirtuose – führte gemeinsam mit Musikstar Ray Fernandez

Mit „Lagrimas Negras“ wurde im Congress Innsbruck nicht nur eine richtig große, emotionale Geschichte getanzt. Es war auch der Startschuss für Limonada, die neue Dance Company von Enrique Gasa Valga. Und der war äußerst erfolgreich.

und Band klangvoll und unglaublich mitreißend durch den Abend. Die herausragende tänzerische Leistung und Choreographie tat ihr Übriges für einen fulminant gelungenen Start der neuen Tanzcompany. Wir haben Enrique Gasa Valga ein paar Fragen gestellt.

E C O. N OVA : Mit „Lagrimas Negras“ fand im Feber die erste Limonada-Tanzproduktion im Congress Innsbruck statt. Wie ist die Premiere verlaufen? ENRIQUE GASA VALGA: Die Reaktion des Publikums war überwältigend positiv und herzlich. Lange Standing Ovations sind das größte Kompliment für die Künstler*innen und natürlich


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für das gesamte Team. Hinter der Produktion steckt für alle viel harte Arbeit. Ich habe im Publikum viele lächelnde Gesichter gesehen und wir sind stolz und glücklich, dass wir ihnen einen magischen Abend bereiten konnten.

Was war es für ein Gefühl, die erste eigene Produktion in Innsbruck auf die Bühne zu bringen? Das schönste Gefühl von allen ist, dass ich mit guten Freunden zusammenzuarbeiten darf. Das gesamte Limonada-Team besteht aus Menschen, die ihre Arbeit lieben und an das glauben, was wir tun. Umso schöner ist es, wenn das Ergebnis gleich in der ersten Auflage derart erfolgreich ist. Ich finde es wunderbar, gemeinsam mit meinem Team und meinen Freunden die Liebe zum Tanz zu feiern. Was erwarten Sie sich nach diesem Start für kommende Winter Dance Festivals? Wir haben aus dieser ersten Erfahrung viel gelernt. Es gibt immer Herausforderungen, denen man sich stellen muss, aber es gibt auch immer Lösungen dazu. Wir sind derzeit mit mehreren Kompanien und Choreografen in Kontakt und loten die künstlerische Richtung für die nächsten Ausgaben aus. Ich freue mich, dass so viele unterschiedliche Menschen aus den verschiedensten Ländern gekommen sind, um unsere Show zu sehen. Diese Internationalität wollen wir beibehalten. Mit „Der große Gatsby“ hat die Limonada Dance Company im Feber und März auch ein Gastspiel in München gegeben und ist damit schon nach kurzer Zeit international unterwegs. Warum gerade dieses Stück? „Der große Gatsby“ ist eine sehr emotionale Produktion für meine Tänzer*innen und mich selbst. Es war das letzte Kapitel meiner Reise am Tiroler Landestheater und sollte gleichzeitig ein großartiges erstes Kapitel für unser neues Buch mit dem Titel „Limonada“ sein.

Wie wurden Sie in München aufgenommen? Der Empfang am Deutschen Theater war sehr herzlich. Die Mitarbeiter*innen haben dafür gesorgt, dass wir uns wie zu Hause gefühlt haben, und auch das Publikum war begeistert. Auch die Presse hieß uns mit tollen Kritiken willkommen.

Mitte April darf das Stück auch in Monte Carlo auf die Bühne. Wie kam’s dazu? Im Laufe der Jahre konnten wir uns ein hohes © PETER KOREN, ANDREAS FRIEDLE

„Tanz ist eine Sprache, die im besten Fall direkt in Herz und Seele des Publikums trifft. Tanz braucht keine Übersetzung.“ E NR I Q U E G A S A VA L G A

Renommee in der internationalen Szene ertanzen. Ich bin sehr dankbar für alle, die das in der Vergangenheit möglich gemacht haben und noch immer möglich machen. Viele talentierte Menschen arbeiten hart daran, dass wir auch weiterhin die Aufmerksamkeit internationaler Häuser auf uns ziehen. Diese Wertschätzung über die Grenzen hinaus erfüllt mich mit großer Freude. Im Juni kommt Limonada mit „Frida Kahlo“ ein weiteres Mal ins Deutsche Theater nach München. Wie viel Vorlaufzeit braucht ein Stück, bis es bühnenreif ist? Normalerweise benötigen wir rund sechs Wochen Probenzeit, um ein neues Ballett auf die Bühne zu bringen. Gemeinsam mit dem Kreativteam bin ich aber natürlich schon lange vorher damit beschäftigt, das entsprechende Konzept dafür auf Papier zu bringen. Frida Kahlo ist ein Werk, das wir bereits aufgeführt haben. Für das Deutsche Theater haben wir allerdings beschlossen, eine neue Version mit Livemusik zu kreieren. Die Musik dafür kommt zum Großteil von

Roberto Tubaro. Frida Kahlo ist ein echtes Juwel in unserem Repertoire und ich bin schon sehr gespannt, wie die Neuinszenierung ankommt.

Zuvor ist die Tanzkompanie mit „Der Fall Wagner“ – passend zum Wagner-Ring im Juli im Passionsspielhaus – vom 18. bis 20. April für drei Aufführungen im Festspielhaus in Erl zu Gast. Was erwartet die Besucher*innen? Richard Wagner ist eine kontroverse Figur, seine Musik unglaublich sensibel und emotional. Das legt uns eine großartige Basis dafür, das Publikum in eine andere Zeit und Welt mitzunehmen und ihm eine neue Seite Richard Wagners zu zeigen. Wir hoffen, damit möglichst viele Menschen zu erreichen. Warum ist es gerade der Tanz, der Menschen derart berührt? Tanz ist eine Sprache, die im besten Fall direkt in Herz und Seele des Publikums trifft. Tanz braucht keine Übersetzung, er ist immer verständlich und doch für jeden anders. www.limonada.at

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IM GESPRÄC

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news & events

Johannes Kern: neuer Direktor im Lebenberg Schlosshotel Kitzbühel Johannes Kern (40) wechselte mit Anfang März innerhalb der Harisch Hotelgruppe vom Hotel Weißes Rössl Kitzbühel ins Traditionshaus Lebenberg Schlosshotel. Der in Bayern geborene Hotelmanager greift dafür auf eine langjährige Erfahrung in führenden Hotels der Welt zurück und war zuvor unter anderem als Director of Food & Beverage bei den LUX Hotels & Resorts auf den Malediven und im Mandarin Oriental München in leitender Funktion tätig. Die bisherige Direktorin Veronika Kuna verlässt das Hotel auf eigenen Wunsch. „Mit Johannes Kern konnten wir die frei gewordene Position des Hoteldirektors im Lebenberg Schlosshotel bestmöglich nachbesetzen. Er unterstützte bereits im Sommer 2023 das Team am Lebenberg und kennt daher das Haus hervorragend. Ein Idealfall für uns“, so CEO Christian Harisch.


© BERNHARD SCHÖSSER

im.gespräch

FORDERUNGSPAKET Die Familienbetriebe sind das Rückgrat des Tiroler Tourismus. 90 Prozent der insgesamt 5.500 gewerblichen Beherbergungsbetriebe sind in Familienhand. „Entsprechend wichtig ist es, auch für die zukünftigen Generationen die notwendigen Rahmenbedingungen bereitzustellen, damit kein Ausverkauf folgt“, steht für Fachgruppenobmann Franz Staggl (re.) fest. Kürzlich nutzten Hotellerievertreter einen Besuch von Finanzminister Magnus Brunner, um diesem ein Tiroler Forderungspaket mit nach Wien zu geben. Brunner sicherte seine Unterstützung zu.

Barbara Fritz und Karin Grissemann vom ZONTA Club Innsbruck 1 mit Christa Rainer und Verena Pieger von „Frauen helfen Frauen“

Angelika Alp-Hoskowetz, Leiterin des Sozialministeriumservice – Landesstelle Tirol, Melanie Seyrling, PR-Verantwortliche Landesstelle Tirol, und Moderatorin Andrea Czerny

HELFEN HELFEN Auch im Jahr 2024 unterstützt der ZONTA Club Innsbruck 1 das Innsbrucker Frauenhaus mit einer Spende, um von Gewalt betroffenenen Frauen und Kindern ein Stück Normalität und Freude im Alltag zu ermöglichen. Für die Spendensumme von 1.000 Euro wurde heuer ein neues Trampolin angeschafft, das es den Bewohnerinnen und deren Kindern ermöglicht, ein Gefühl von Losgelöstheit und Leichtigkeit zu erleben. Infos zum Verein „Frauen helfen Frauen“ unter www.fhf-tirol.at

Li.: Das durchwegs positive Petera-Team // Mi. oben: Christiane Kasseroler mit ihrer Mutter und Björn Strießnig, Mi. unten: DJ Flex, Simone und Ben Hyven // Re.: Karin Ammer, Marianne Hengl und Juri Pfauser, alle Verein RollOn

FEEL GOOD VIBES & BODY POSITIVIT Y Das diesjährige Season Opening bei PETERA in Innsbruck war etwas ganz Besonderes, wurde die Fashionshow diesmal doch gemeinsam mit dem Verein RollOn / „wir sind behindert“ gestaltet. Tolle Stimmung bei vollem Haus, Top-Outfits und eine unglaublich spürbare Lebensfreude waren das Resultat der sehr gelungenen Kooperation. Isabella Krassnitzer und Anna Strießnig führten charmant durch den Abend, wobei die Bühne ganz klar den Models gehörte. „PETERA steht für Diversity, Toleranz und Akzeptanz, verbunden mit einem stilbewussten Selbstvertrauen“, freuen sich Anna und Björn Strießnig über den gelungenen Abend.

105 Die Innsbrucker Sozialen Dienste stehen stellvertretend für alle ausgezeichneten Betriebe.

FÜR MEHR INKLUSION Mit dem Gütesiegel „Wir sind inklusiv“ zeichnet das Sozialministeriumservice Landesstelle Tirol Privatbetriebe, öffentliche Institutionen und soziale Dienstleistungsunternehmen in Tirol aus, die Arbeitnehmer*innen mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen chancengleich beschäftigen bzw. ausbilden. Mitte März erfolgte in der Wirtschaftskammer Tirol die offizielle Wieder-Verleihung des Gütesiegels an insgesamt 31 Betriebe. 15 Unternehmen erhielten dabei ihre erste Wiederauszeichnung, 14 bereits die zweite. Ziel des Gütesiegels ist es, beispielgebende Unternehmen mit ihren Mitabeiter*innen anzuerkennen, für andere Unternehmen und die Gesellschaft sichtbar zu machen und die nachhaltige Weiterentwicklung im Bereich der betrieblichen Inklusion zu fördern. 2025 kann das Gütesiegel des Sozialministeriumservice wieder an neue Betriebe vergeben werden. Weitere Infos sowie die Liste der aus­ gezeichneten Betriebe finden Sie unter www.betriebsservice.tirol/wir-sind-inklusiv


eco.life

Hereinspaziert „Haben Sie keine Fantasie? Dann borg ich Ihnen meine. Was machen Sie denn sonst in meiner Welt so ganz alleine?“ Herr Tischbein, „Meine Welt“ *)

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Oben: Christiane Spatt wurde 1966 in Innsbruck geboren und lebt und arbeitet heute in Wien. Sie studierte an der Universität für Angewandte Kunst in Wien unter Oswald Oberhuber und Ernst Caramelle. In ihrer bildnerischen Arbeit beschäftigt sich Spatt mit den Medien Malerei, Fotografie, Collage und Installation. Sie konzeptioniert und organisiert künstlerische Projekte im sozialen Kontext, interdisziplinäre Projekte, Workshops und Lectures. Unten: Dieter Manhartsberger wurde 1940 in Innsbruck geboren und absolvierte ein Jus-Studium. Als künstlerischer Autodidakt wurde er von Mentor Prof. Franz Lettner in die Kunst eingeführt und war lange im Vorstand der Tiroler Künstlerschaft.

unst ist eine Möglichkeit, die Welt mit anderen und durch andere Augen zu sehen – in der Ausstellung „Welcome to our World“ in der Innsbrucker Galerie Nothburga aktuell durch jene der Künstler*innen Christiane Spatt und Dieter Manhartsberger, die beide ihren eigenen Zugang zum künstlerischen Ausdruck und damit ganz persönliche Wegweiser gefunden haben. Dieter Manhartsberger unternahm neben seiner Tätigkeit als Steuerberater zahlreiche Reisen zu antiken Stätten in Italien und Griechenland. Ihm ist es ein Anliegen, in seinen Arbeiten das universelle, kulturelle und künstlerische Erbe neu zu interpretieren und zu würdigen. In seinen Ausstellungsobjekten betreibt Manhartsberger eine Art „Upcycling“, bei dem verschiedenste Teile von entsorgten PCs zu kleinen Devotionalien oder Schreinen zusammengefügt werden. Die kleinen Objekte sind in ihrem dekorativen Aufbau Zeugen der menschlichen Gestaltungsfähigkeit und Fantasie. Nach Art des Feng Shui, der alten chinesischen Lehre vom gesunden Wohnen, ist in vielen Räumen der Fluss des Ch’i gestört. Hier treten Manhartsbergers „Ch’i-Machines“ auf den Plan. Richtig platziert sollen sie stagnierende Energie in Bewegung setzen und damit das Wohlbefinden nachhaltig fördern. Christiane Spatt indes zeigt in ihren inszenierten Fotos, Collagen, Installationen und Malereien die subtil prägenden Faktoren ihrer kulturellen Identität. Die Motive, Muster und Gegenstände ihrer Arbeiten verweisen auf persönliche Erinnerungen und Lebensabschnitte und sind mit Gefühlen und Assoziationen aufgeladen. Die so entstandenen surrealen Momentaufnahmen sind wie Pfade durch Christiane Spatts eigene Lebensgeschichte.

GALERIE NOTHBURGA

Innrain 41, 6020 Innsbruck, info@galerienothburga.at, www.galerienothburga.at Mi. bis Fr. von 16 bis 19 Uhr, Sa. von 11 bis 13 Uhr

Christiane Spatt & Dieter Manhartsberger, Welcome to our World, Mixed Media

Dauer: bis 20. April 2024, Kuratorin: Johanna Bair-Hauser

*) österreichischer Schauspieler, Musiker, 2012


© Freepik

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