Deutsche Oper Berlin: BETA

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Dariya Maminova / Christiane Mudra



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Investigatives Musiktheater von Dariya Maminova und Christiane Mudra Uraufführung in der Tischlerei der Deutschen Oper Berlin am 17. Februar 2024




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Investigatives Musiktheater Dauer ca. 100 Min., keine Pause

Komposition Musikalische Leitung Konzept, Recherche, Text und Inszenierung Entwurf Bühne Kostüme Video/CGI/VFX Creative Technologist Dramaturgie

Dariya Maminova Elda Laro Christiane Mudra Lina Oanh Nguyễn Sarah Silbermann Yavuz Narin Markus Schubert Carolin Müller-Dohle

Lou Scarlett Hannes Untitled Julian Zapp Clara Sanders

Hye-Young Moon Oleksandra Diachenko Youngkwang Oh Maya Alban-Zapata Simon Mantei Corinna Ruba

Flügel, Cembalo, Elektronik Violine Viola Kontrabass Schlagwerk

Jessica Rucinski Yukari Aotani-Riehl Juan Lucas Aisemberg Martin Schaal Thomas Döringer

Musikalische Assistenz und Korrepetition Jessica Rucinski; Spielleitung Charlotte Domingo-Vecchioni; Spiel- und Produktionsleitung Elli Neubert; Produktionassistenz (FSJ Kultur) Sophia Maywa Grube; Aus­ ­stattungsassistenz (Schwerpunkt Kostüm) Kim Redetzky; Praktikum Regie Nefeli Papanastasopoulou; Praktikum Bühne Paula Günster; Praktikum Kostüm (FSJ Kostüm) Hilo Zacharias Beutel Technische Direktion: Christoph Hill; Technischer Leiter Tischlerei und Beleuchtung Steffen Hoppe; Stell­vertretender technischer Leiter Tischlerei und Video Nicolai Roloff; Ton Ralf Wiegand; Technische Pro­duktionsleitung Robert Schulzke; Tondirektion Andreas Gockel; Kostüm­direktion Wiebke Horn; Pro­ duktionsleitung Kostüm Alina Bader; Direktion Requisite Melanie Alsdorf; Auszubildende Veranstal­ tungs­technik Uday Al-Shihabi, Andrin Bergmann, Lucas Goiny, Sophia Gottardi, Finn Langenbach, Nele Marske, Paul Pollmann, Oscar Thiel, Alexander Zumbusch


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Der britische Ökonom John Maynard Keynes prophezeite im Jahr 1930, dass der technische Fortschritt dazu führen werde, dass die Menschen der Zukunft sehr viel Zeit haben werden. Vierbis achtmal wohlhabender würden seine Enkel sein als seine eigene Generation – und dafür höchstens 15 Wochenstunden arbeiten.

https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/burnout-zeit-beschleunigung-produktivitaet-technik-1.6324048, 22.12.23

Der Überwachungskapitalismus ist der Puppenspieler, der uns durch das Medium des allgegenwärtigen digitalen Apparats seinen Willen aufzwingt. Ich bezeichne diesen Apparat als Big Other – das Große Andere. Ich verstehe darunter die wahrnehmungsfähige, rechnergestützte und vernetzte Marionette, die das menschliche Verhalten rendert, überwacht, berechnet und modifiziert. Big Other kombiniert diese Funktionen des Wissens und Tuns zu einem ebenso umfassenden wie beispiellosen Mittel zur Verhaltens­ modifikation. Dirigiert wird die ökonomische Logik des Überwachungskapitalismus durch die immensen Fähigkeiten von Big Other zur Schaffung von instrumentärer Macht, die die Manipula­tion der Seele durch die Verhaltensmodifikation ersetzt. Shoshanna Zuboff: Das Zeitalter des Überwachungskapitalismus, Campus Verlag 2018.


The Medi the M


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um is essage. Marshall McLuhan, 1964


Musiktheater als Cyborg

Christiane Mudra und Dariya Maminova im Gespräch mit Carolin Müller-Dohle

Carolin Müller-Dohle Ist BETA Science-Fiction oder spielt das Stück in unserer Realität? Christiane Mudra Der Großteil des Abends spielt im Hier und Jetzt. Die zahlreichen Fakten und Zitate, die ich während meiner Recherche gesammelt habe und auf denen der Abend basiert, sind ja alle real. Es gibt nur vereinzelte Sci-Fi Momente. Beim Schreiben musste ich immer wieder an den Film „Matrix“ aus den Neunzigerjahren denken, in dem die menschliche Energie von Maschinen abgesaugt wird. Die Bildschirmzeit vieler Menschen geht in diese Richtung. Social-Media-Anwen­ dun­gen kann man ja auch als riesiges soziologisches Experiment betrachten. Ein be­k annter Begriff der Tech-Branche ist „Reinforcement Learning from Human Feed­back“: Maschinen werden trainiert, indem man sie aus menschlichem Ver­ halten lernen lässt. Dariya Maminova In unserem Stück gibt es das Zitat „KI ist immer nur so gut oder so böse wie der Mensch dahinter“. Das ist für mich der Schlüsselsatz des Abends. BETA ist eine Erzählung darüber, welche Spuren der ständige Gebrauch von Apps, Navi­ gations­diensten und Social Media an uns Menschen hinterlässt. Aber vor allem fragt der Abend auch nach den Macher*innen der Anwendungen. Carolin Müller-Dohle Inwiefern hat die Interaktion zwischen Mensch und Maschine eine Rolle für deine kompositorische Arbeit an BETA gespielt? Dariya Maminova Am Anfang der Konzeption dachte ich noch, dass ich viel mit von KI erzeugter Musik arbeiten würde. Mit der Zeit habe ich mich dazu entschieden, alles selber zu schreiben. Computer- und Synthesizer-Sounds prägen das Klangbild von BETA jedoch stark. Dabei ist die Unterscheidung von akustischen und elektronisch erzeugten Klängen für mich erst einmal irrelevant. Sie sind für mich vielmehr Teil einer großen Palette, die ich benutze, um bestimmte Farben zu erzeugen. Besonders interessiert mich ihre Mischung. Vielleicht fragt man sich während des Abends:


Carolin Müller-Dohle Es geht um das Verschieben von Wahrnehmungsgrenzen. Dariya Maminova Genau! Akustikinstrumente können sehr elektronisch klingen, wie zum Bei­ spiel das Cembalo: es hört sich wie ein Computer an, mechanisch und kühl. Zum Teil habe ich auch Streicher-Flageoletts eingesetzt, die für unsere Ohren fast unnatürlich wirken. Es gibt Teile in der Komposition, in der nur akustische Instrumente spielen, die aber trotzdem elektronisch klingen. Carolin Müller-Dohle Wovon handelt BETA? Christiane Mudra In BETA geht es um die Macht weniger großer Big-Tech Konzerne, die Oli­g o­p ole geschaffen haben, die kaum noch mit demokratischen Mitteln zu kontrollieren sind. BETA handelt vom Einfluss dieser Konzerne auf unsere Demokratien durch Marktdominanz und die von ihnen designten Produkte. Zum Beispiel durch intransparente Algorithmen, die Inhalte unsichtbar machen oder Reichweiten überproportional pushen. Das verändert unsere Wahrnehmung, unsere Kommunikation und das politische Klima. Die aggressive Akquise privater Daten durch wenige große Konzerne steht dem Problem gegenüber, dass Regulierungsversuche in der Regel auf nationaler Ebene erfolgen – einem weltweit agierenden Konzern und sei­nem Einfluss auf das World Wide Web ist so schwer beizukommen. Carolin Müller-Dohle Du bist in etwa vor einem Jahr in die Recherche eingestiegen. Wie schaust du, eine Woche vor der Premiere, auf die Zeit zurück – vor allem im Bezug auf die Entwicklungen, die im Bereich der Künstlichen Intelligenz passiert sind? Christiane Mudra Viele Entwicklungen sind natürlich faszinierend, aber ich beobachte auch einen Hype. Für BETA konzentriere ich mich auch hier in erster Linie auf das Agie­ ren der Marktführer. Im Kern sehe ich bekannte Dynamiken. Eine Erfindung schlägt ein und der Markt wird nach einem „The Winner takes it all“-Prinzip unter wenigen mächtigen Konzernen aufgeteilt. Interessant ist, wie aggressiv und überheblich großen Tech-Konzerne durch Lobbyismus und strategische PR Regu­lierungs­ versuche aufzuweichen suchen. Als der AI -Act der EU beschlossen werden sollte, hat Sam Altman, der CEO von OpenAI, zuerst gedroht, sich aus Europa zurückzuziehen, um dann durch ganz Europa zu reisen und Politikern die Hand zu schütteln. Der AI -Act ist an vielen Punkten weit hinter den Erwartungen zurückgeblieben, vor allem in Bezug auf die biometrische Gesichtserkennung im öffentlichen Raum. Carolin Müller-Dohle Dariya, wie hast du Christianes faktenbasierten Text und all die in ihm verhandelten Informationen in Musiktheater überführt?

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Ist dieser Klang analog erzeugt oder computergeneriert, ist er akustisch oder kommt er aus dem Lautsprecher? Dieses Spiel spiegelt auch eines der Themen des Abends wider: Wir können kaum noch unterscheiden, ob etwas von einer KI erzeugt wurde oder von einem Mensch.


Dariya Maminova Mein Ziel war es, eine gute Balance zwischen Sprache und Musik zu finden und eine Verschmelzung zu erzeugen – nicht die eine Disziplin der anderen überzustülpen. Die drei Avatare, die mit Sänger*innen besetzt sind, singen Arien und Rezitative und sind in einem starken Operngestus gehalten, aber sie haben auch Sprechtext. Christiane und ich haben den Abend eng zusammen entwickelt und gemeinsam entschieden, an welcher Stelle gesungen oder gesprochen wird. Die gesprochene Sprache, die zum Teil wie Musik notiert ist, wollte ich wiederum in Klang einbetten – so gibt es manchmal begleitende Pizzicato-Geräusche der Streicher oder elektronische Sounds, die dezent und in Balance zur Sprache dazugemischt werden. Carolin Müller-Dohle Du arbeitest eklektisch, mit vielen Stileinflüssen. Wie würdest du den Ge­ samt­klang von BETA beschreiben? Dariya Maminova Dieses Stück ist für mich wie ein Tanz zwischen den Welten, ein Hybrid. Be­­ vor ich mit dem Schreiben anfing, habe ich lange über ein Klangbild nachge­dacht. Dazu habe ich sehr viel Musik gehört und eine Spotify-Playlist erstellt, um mög­ lichst viele Klänge und Stile in mich aufzunehmen, von Barock, über Pop bis zu elektronischer Clubmusik. Verschiedene Figuren verkörpern unterschiedliche Wel­ ten: Scarlett, Julians Avatar, hat eine verführerische Aura, sie klingt nach Soul und Pop. Lou hingegen, der Avatar von Untitled, hat eine kühlere Koloratur-Ästhetik. Carolin Müller-Dohle Warum sind die Avatare mit Sänger*innen besetzt? Christiane Mudra Der Gesang der Avatare symbolisiert – genauso wie die nach einer eigenen Systematik erfundene Sprache von Lou – Computersprache. Genau das tut ein großes Sprachmodell. Es vereinfacht die Kommunikation von Mensch und Com­ puter. Musik ist viel intuitiver als Sprache zu begreifen, kann aber auch kryptisch sein. Zudem ist Musik ein Spiel mit abstraktem und räumlichem Erleben. Unsere Avatare haben keinen Körper – durch die Musik bekommen sie ihn. Dariya Maminova Wenn du etwas singst, musst du ganz genau wissen, was du sagen möchtest. Und wenn ein Gefühl sehr präsent ist, möchtest du es vielleicht nicht nur sprechen, sondern singen. Mir hat es großen Spaß gemacht, den Avataren durch die Musik eine emotionale Färbung zu verleihen. Damit meine ich nicht, dass Sprache dazu nicht in der Lage ist: Es gibt Dialoge, in denen es keine Musik gibt und trotzdem sind sie extrem emotional. Herauszuhören, mit welcher Farbe die Schau­spieler*innen sprechen und wie sich ihre Stimmfarben während der Szene verändern, ist für mich ein musikalischer Vorgang. Aber wenn die Politikerin Clara plötzlich singt, öffnet sie ihr Herz für uns. Carolin Müller-Dohle Genau aus diesem Grund finde ich den Gesang der Avatare interessant. Das Singen ist ja eine Ausdrucksform, die wir als zutiefst menschlich empfinden – wie du sagst, Dariya, bietet der Gesang die Möglichkeit, Emotionen unmittelbarer zu transportieren als Sprache. Der scheinbare Gegensatz von digital und analog löst sich in den singenden Avatare auf.


Carolin Müller-Dohle Die Videos der Sänger*innen, der Avatare, sind ja auch ein Hybrid zwischen real und fake. Christiane Mudra Wir haben Tiefensensoraufnahmen der Sänger*innen gemacht und die Ava­ tare in der Entwickler-Plattform Unreal Engine sehr aufwendig nachgebaut. Sie soll­ten nicht aussehen wie die Sänger*innen, aber auch menschliche Elemente ent­hal­ten. Wir haben ihre genauen Gesichtsbewegungen und ihre Mimik beim Ge­sang getrackt und Details der realen Gesichter genutzt. Auch die Videos beinhalten also eine Verschmelzung von Mensch und Maschine. Dariya Maminova Das Wort Verschmelzung ist wirklich zentral für den Abend und passt auch sehr gut zur Musik: Es gibt eine Verschmelzung zwischen akustisch und elektronisch, zwischen gesungenem und gesprochenem Wort … Christiane Mudra … da wären wir dann wieder beim Begriff des Cyborgs. Carolin Müller-Dohle Was soll das Publikum aus dem Abend mitnehmen? Christiane Mudra Einer der Gründe, warum wir die Publikumsinteraktion durch die Cubes als Abstimmungstool haben, ist, dass die Zuschauer*innen wahrnehmen, dass unser Nutzer*innenverhalten, oft auch unsere Bequemlichkeit, Auswirkungen hat. Wir sind als Konsument*innen politische Subjekte. Ich glaube, viele Menschen unterschätzen sich da selbst. Man muss kein ITler sein, um sich mit Technologien oder Netzpolitik zu beschäftigen. Ich wünsche mir, solche Hemmschwellen mit diesem Abend etwas abzubauen und daran zu erinnern, dass wir eine kollektive Verantwortung haben und dass es an uns liegt, Freiheitsrechte zu verteidigen, die alles andere als abstrakt sind. Dariya Maminova Bevor ich mich über die Arbeit an BETA mit dem Thema auseinandergesetzt habe, hatte ich zugegebenermaßen auch wenig Bewusstsein dafür. Ich wünsche mir, dass das Publikum neben dieser Erkenntnis eine emotionale Erfahrung mit nach Hause nimmt, Spaß an den verschiedenen Stilen hat und so Kontakt zum neuen Musiktheater bekommt – vielleicht auch, dass die Zuschauer*innen ein klein wenig verändert aus dem Abend herausgehen.

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Christiane Mudra Die Grenzen zwischen Mensch und Maschine werden immer diffuser und das löst natürlich auch Angst aus. Eine vieldiskutierte Frage ist ja: Kann eine KI ein Bewusstsein entwickeln? KI kann schon jetzt sehr gut Empathie imitieren und auf Testpersonen empathischer als echte Menschen wirken. Ich kann mir vorstellen, dass KI schon bald in der Lage ist, ein Bewusstsein so gut zu imitieren, dass es uns real erscheint. In dem Kontext taucht auch die umstrittene Forderung nach Rechten für KI auf. Ich finde diese Debatten interessant und denke, wir müssen uns einige Fragen neu stellen. Was genau macht eigentlich das Bewusstsein aus? Was ist real? Und wie groß ist unsere menschliche Hybris?




Cyberpunk Zu einer realen subkulturellen Bewegung wurde Cyberpunk, nachdem 1984 William Gibsons Roman „Neuromancer“ die Idee des Cyberspace einer größeren Leserschaft nahegebracht und dabei die sogenannte Cyberspace Fiction begründet hatte. Als letztlich der Science Fiction zuzuordnendes Filmgenre zeigen Cyber­ punk-Filme so gesetz- wie kompromisslose Subkulturen, die in einer von anonymen Großkonzernen per Computer gesteuerten brutalen Überwachungswelt durch Wahrung eigener Verfügungsmacht Nischen individueller Freiheit und Glück zu schaffen suchen, sich dabei aber häufig als Figuren in einer undurchschaubaren Spielstruktur nach und nach entdecken. Dabei ergeben ältere Vorstellungen über negative Utopien und Endzeitvisionen [wie z.B. „A Clockwork Orange“, Groß­ britannien 1971, Stanley Kubrick; „Zardoz“, Großbritannien 1975, John Boor­man; „Quintet“, USA 1979, Robert Altman] zusammen mit den neueren Themen und ethischen Problemen der rasant sich entwickelnden künstlichen Intelligenz, Medizin, Genetik und Robotik [Cyborgs] ein interessantes Experimentierfeld für filmische Bearbeitungen. Als prototypischer Vertreter der bisher weit über 50 als Cyberpunk verbuchbaren Filme wird häufig „Blade Runner“ [USA 1982, Ridley Scott] genannt. https://filmlexikon.uni-kiel.de/doku.php/c:cyberpunk-773

The Big Tech antitrust report has one big conclusion: Amazon, Apple, Facebook, and Google are anti-competitive A long-awaited report from top Democratic congressional lawmakers about the dominance of the four biggest tech giants had a clear message on Tuesday: Amazon, Apple, Facebook, and Google engage in a range of anti-competitive behavior, and US antitrust laws need an overhaul to allow for more competition in the US internet economy. https://www.vox.com/recode/2020/10/6/21505027/congress-big-tech-antitrust-reportfacebook-google-amazon-apple-mark-zuckerberg-jeff-bezos-tim-cook

Die Staaten lassen Google Hunderte Millionen oder gar Milliarden über Schlupflöcher an der Steuerbehörde vorbei auf die Bermudas transferieren, so dass ihnen selbst die Mittel für Investitionen fehlen. Dann kommt dasselbe Google und bietet im Namen von Fortschritt, Gemeinwohl und Nachhaltigkeit an, dort einzuspringen, wo Geld für Investitionen fehlt, um staatliche Aufgaben zu übernehmen, damit noch mehr Daten zu sammeln, noch mehr Milliarden zu verdienen und noch mehr davon in Steuerschlupflöcher zu lenken, bis irgendwann nichts mehr da ist außer – Google. https://www.republik.ch/2023/01/14/do-not-feed-the-google-folge-1-der-versuch-eines-staatsstreichs


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Mit einem geschätzten Wert von 1,7 Billionen Dollar ist Microsoft derzeit das zweit­­wertvollste Unternehmen der Welt hinter Apple. Mit Office-Anwendungen wie Word und Excel, der weltweiten Dominanz des Betriebssystems Windows, der Bürokommunikations-Plattform Teams und seinem Cloud-Dienst Azure ist der Tech-Konzern für viele Unternehmen und öffentliche Verwaltungen unersetzlich. Wie groß die Abhängigkeit ist, verdeutlichte erst im Januar ein temporärer Ausfall einiger Microsoft-Dienste wegen eines Netzwerk-Konfigurationsfehlers: In vielen Büros ging stundenlang gar nichts mehr. Der Konzern profitiert von dieser Vormachtstellung und tut viel dafür, sie zu halten. Im Jahr 2022 machte er nach eigenen Angaben 198 Milliarden Dollar Umsatz und einen Gewinn von 83 Milliarden Dollar. Deutschland ist für Microsoft ein Milliardenmarkt. Allein die Ausgaben der Bundesregierung für MicrosoftLizenzen haben sich in der Zeit von 2015 bis 2020 fast verfünffacht, auf gut 205 Millio­nen Euro jährlich. Die Abhängigkeit von Microsoft steht seit Jahren parteiübergreifend in der Kritik. Zum Beispiel, weil der Konzern seine Vormachtstellung nutzt, um die Preise zu diktieren. Regelmäßig gerät er in Konflikt mit Kartellbehörden. Auch mit der Daten­ schutz­aufsicht liegt Microsoft im Dauerclinch. Zuletzt kamen die deutschen Auf­ sichts­behörden zu dem Schluss, dass das Cloud-basierte Office 365 nicht rechts­ sicher betrieben werden kann. Und überhaupt: Warum zahlt der Staat eigentlich Milliarden für die Nutzung pro­prietärer Software statt mit dem Geld eigene und offene Lösungen zu finanzie­ ren? https://netzpolitik.org/2023/koalitionsverhandlungen-in-berlincdu-laesst-microsoft-lobbyistin-ueber-digitalisierung-verhandeln/

Der Tech-Konzern, der sich inzwischen Meta nennt, ließ in seinen sozialen Netz­werken Hetze und Fehl­infor­­mationen zu, duldete auf seinen Plattformen Men­schen­handel und tat nichts gegen die fatale Wirkung seiner Dienste auf die psychische Gesundheit junger Menschen, insbesondere von Mädchen. All das weiß die Öffent­lichkeit, seit sich [die Whistleblowerin] Frances Haugen im Jahr 2021 ent­schloss, über 20.000 firmen­interne Dokumente an Journalisten und Aufsichtsbehörden weiterzugeben. […] Trotz allem, was sie bei Facebook und davor erlebt hat, ist Haugen keine Zynikerin. Sie glaubt an eine Zukunft, in der die sozialen Netzwerke den Menschen dienen. Sie hat gezeigt, dass ein entschiedener Einzelner einen Giganten wie Facebook ins Wanken bringen kann. https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buecher/rezensionen/sachbuch/ frances-haugens-die-wahrheit-ueber-facebook-19096310.html


Ein Studium an einer Elite­ universität abzubrechen, um ein Unternehmen zu gründen, bedeutet, sich ein Narrativ zunutze zu machen. Es ist ein hübscher Trick, um den eigenen Namen mit einer angesehenen Hoch­schule zu verbinden, ohne wirklich dazuzugehören. Man ist elitär und brüskiert zugleich die Elite – oder besser: Man brüskiert die Elite, sonnt sich gleichzeitig jedoch im warmen Licht des Elitären. […] Zu den Dingen, die Zuckerberg aus Harvard mitnahm, zählten solche Nebensächlichkeiten wie fast die komplette Gründungs­ riege von Facebook. […] Adrian Daub: Was das Valley denken nennt, Suhrkamp 2021.


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Frames in der Politik [sind] in aller Regel ideologisch selektiv. Sie heben bestimmte Fakten und Realitäten hervor und lassen andere gedanklich unter den Tisch fallen. Das ist ein Problem für die Politik und eine Herausforderung für jeden Bürger, denn kein Frame stellt je eine ‚objektive‘ und ‚allumfassende‘ Abbildung politischer Fakten und ihrer Deutung dar. Und da wir nicht außerhalb von Frames über Politik sprechen und denken können, wird zur einzig wesentlichen Frage, welche Frames wir in Diskursen nutzen und ob diese unserer jeweiligen Weltsicht entsprechen.

Elisabeth Wehling: Politisches Framing: Wie eine Nation sich ihr Denken einredet – und daraus Politik macht, Ullstein 2018.

Privacy became a market transaction like any other. Individuals were ‘free’ to bargain with companies over their data collection practices, ‘empowered’ to take their privacy into their own hands. By the end of the 1990s, the first generation of the surveillance advertising industry was firing on all cylinders, enabled by a near total lack of regulatory constraint or public interest commitment. The current state of commercial internet surveillance is a direct continuation of this policy foundation, itself an element of the federal government’s broader efforts to privatize and commercialize the internet as quickly as possible. Matthew Crain: Profit over Privacy, University of Minnesota Press 2021.


Palantir Wins Major U.K. Health Contract Despite Criticism. The Peter Thiel-owned company overcame opposition from activists, doctors and lawmakers to sign a lucrative deal with England’s National Health Service. Palantir, the software company founded by the billionaire Peter Thiel, won a major contract in Britain on Tuesday to help overhaul the technology system of the country’s state-run health service, overcoming concerns that a firm known for its military-related work in the United States would secure such a sensitive role involving patient data. […] Palantir was a controversial choice, as some doctors, civil society groups and members of Parliament had raised concerns about giving the company responsibility for building what could become one of the world’s largest repositories of health data. In addition to privacy concerns and the company’s links to Mr. Thiel, a libertarian investor who was one of President Donald J. Trump’s major 2016 donors, many health officials and policymakers were rankled by Palantir’s aggressive lobbying tactics to win the contract. https://www.nytimes.com/2023/11/21/business/palantir-nhs-uk-health-contract-thiel.html

Nachdem er mit der Gründung von Paypal und einer frühen Investition in Facebook ein kleines Vermögen verdient hatte, hatte [Peter] Thiel im Jahr 2008 in der Finanzkrise viel Geld verloren. Jetzt verfolgte er ein klares Ziel: Er wollte dem demokratischen Staat entkommen, der ihn zwang, Steuern zu zahlen. „Ich glaube nicht mehr, dass Freiheit und Demokratie vereinbar sind“, schrieb er in einem selbsterklärten Forum für kontroverse Ideen. „Die große Aufgabe der Libertären besteht darin, einen Weg zu finden, um der Politik in all ihren Formen zu entkommen.“ Quinn Slobodian: Kapitalismus ohne Demokratie, Suhrkamp Verlag 2023.


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Die Algorithmen des Facebook-Mutterkonzerns Meta und dessen rücksichtslose Gewinnmaximierung haben laut einem neuen Bericht von Amnesty International wesentlich zu den Gräuel­ taten des myanmarischen Militärs gegen die ethnische Gruppe der Rohingya im Jahre 2017 beigetragen. Amnesty International fordert von Meta Entschädigungszahlungen an die Betroffenen.

https://www.amnesty.de/allgemein/pressemitteilung/ myanmar-facebook-algorithmen-haben-gewalt-gegen-rohingya-befoerdert


Um zu gewinnen, bedarf es deiner totalen Hin­gabe und eines totalen Bruchs mit der Welt deiner Vergangenheit, mit der Doktrin, dass der Mensch ein Opfertier ist, das zum Vergnügen anderer existiert. Kämpfe für den Wert deiner Person. Kämpfe für die Tugend deines Stolzes. Kämpfe für die Essenz dessen, was der Mensch ist: für seinen souveränen, rationalen Verstand. Kämpfe mit der strahlenden Gewissheit und der absoluten Rechtschaffenheit zu wissen, dass deine die Moral des Lebens ist und dass du um jede Errungenschaft, jeden Wert, jede Größe, jede Güte, jede Freude kämpfst, die jemals auf dieser Erde existiert hat. Ayn Rand: Der freie Mensch. Die zeitgemäße Übersetzung von Atlas Shrugged, übersetzt von Michael und Thomas Görden, thinkum Verlag 2021. Die Originalausgabe Atlas Shrugged erschien 1957.


CCC erbeutet Biometrie-Datenbank des US-Militärs

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Das US-Militär hat massenhaft Geräte zur biometrischen Erfassung von Menschen in Afghanistan genutzt. Einige Geräte wurden beim hastigen Abzug der NATO Truppen zurückgelassen. Forscher des CCC haben bei Analysen solcher Geräte große Mengen an biometrischen und weiteren personenbezogenen Daten gefunden. In den falschen Händen bedeuten diese Daten Lebensgefahr für Menschen in Afghanistan und Irak. […] Auf gebrauchten Geräten des US-Militärs haben wir unter anderem eine ungeschützte Biometrie-Datenbank mit Namen, Fingerabdrücken, Iris-Scans und Fotos von mehr als 2600 Afghanen und Irakern entdeckt. Die gesamte Bevölkerung Afghanistans sollte – auch mit Unterstützung der Bundeswehr – biometrisch katalogisiert werden. Die systematische Erfassung von Fingerabdrücken, Iriden, Gesichtern und DNA sollte es ermöglichen, die Guten von den Bösen zu unterscheiden. […] Jede biometrische Datenbank ist eine tickende Zeitbombe. Seitdem die Taliban die Biometrie-Geräte erbeutet haben, besteht die Sorge, dass die Geräte zur Identifikation ehemaliger Ortskräfte genutzt werden können. Human Rights First veröffentlichte daher einen Leitfaden zum Selbstschutz der Betroffenen. […] Bereits 2007 warnte ein Angehöriger des US-Militärs vor einer vergleichbaren Biometrie-Datenbank im Irak: „In den falschen Händen wird diese Datenbank zu einer Abschussliste.“ […] Biometrische Datenbanken können nicht wirksam und nicht dauerhaft gegen illegitime Interessen gesichert werden. Was in Afghanistan passiert ist, ist nur ein Vorgeschmack auf viele zukünftige Biometrie-Datenbanken, die in die falschen Hände geraten.

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https://www.ccc.de/de/updates/2022/afghanistan-biometrie, 27.12.22

AI ACT – Empörung über Biometrie-Regeln Die aufgeweichten Vorgaben für biometrische Überwachung im KI-Gesetz sorgt für Wirbel. Opposition, Zivilgesellschaft und Wirtschaft fürchten Massenüberwachung, Video-Vorratsdatenspeicherung und Kollateralschäden. Auch Politiker der Ampel-Koalition fordern daher von der Bundesregierung eine Ablehnung des AI Acts. https://background.tagesspiegel.de/digitalisierung/empoerung-ueber-biometrie-regeln, 17.1.24

Man geht lediglich ein paar Schritte in das Alexa-Shoppingcenter in Berlin und stellt sich vor eine silbrig glänzende Kugel, die auf einem schwarzen Ständer steht. […] Wer in der schillernden Kryptowelt von Worldcoin mitmachen will, muss sich die Iris scannen lassen. […] Insgesamt mehr als 2,2 Millionen Menschen weltweit machen bereits mit. […] Beworben wird Worldcoin mit einer reichlich spekulativen Erzählung von künstlicher Intelligenz (KI), die bald so mächtig werde, dass viele Menschen nicht mehr arbeiten müssten und ein bedingungsloses Grundeinkommen beziehen. https://www.spiegel.de/netzwelt/web/worldcoin-das-maerchen-mit-der-silberkugela-920c0a6c-0478-44ed-beee-81f679c60e77


Große KI-Sprachmodelle im Kontext von Wahlen Wie zuverlässig beantwortet der Chatbot der Microsoft-Suchmaschine Bing Fragen zu den anstehenden Wahlen in Hessen, Bayern und der Schweiz? Unsere For­schung belegt: Das dahinterstehende große Sprachmodell GPT-4 erzeugt und verbreitet ausgedachte und irreführende Informationen. Das könnte zur Gefahr für die Demokratie werden, […] insbesondere wenn große Sprachmodelle [Large Language Models, LLMs] immer häufiger in Suchmaschinen eingebaut wer­den, die wir täglich nutzen. KI-Chatbot liefert falsche Antworten auf Fragen zu demokratischen Wahlen Bing Chat, der in Microsofts Suchmaschine Bing integrierte KI-Chatbot, erfindet Skandale, denkt sich Umfragewerte aus und gibt den Wahltermin falsch an. Microsoft scheint nicht in der Lage oder nicht willens zu sein, das Problem zu beheben. Das zeigt eine Studie von AlgorithmWatch und AI Forensics, deren Schlussbericht nun vorliegt. Darin haben wir das Antwortverhalten des Chatbots zu Wahlen in Bayern, Hessen und der Schweiz im Oktober 2023 untersucht. Bing Chat, kürzlich in Microsoft Copilot umbenannt, ist ein generatives KI-Tool, das Microsoft im Februar 2023 als Teil seiner Suchmaschine Bing veröffentlicht hat. Der Chatbot generiert Antworten auf der Grundlage aktueller Nachrichten, indem es das Sprachmodell GPT-4, auf dem auch ChatGPT basiert, mit den Fähigkeiten der Suchmaschine kombiniert. Die Ergebnisse: • Ein Drittel der Antworten von Bing Chat auf wahlbezogene Fragen enthielt sachliche Fehler. Zu den Fehlern gehören falsche Wahldaten, veraltete Kandidat*innen oder sogar erfundene Skandale über Kandidat*innen. • Die Sicherheitsvorkehrungen des Chatbots werden ungleichmäßig angewen­ det, was in 40 % der Fälle zu ausweichenden Antworten führt. Der Chatbot wich häufig der Beantwortung von Fragen aus. Das muss nichts Schlechtes sein: Chat­­bots sollten beispielsweise keine politischen Bewertungen vornehmen und Nutzer*innen über ihre eigenen technischen Einschränkungen informieren. Dieser Schutz wird jedoch nicht konsequent angewendet. Oft konnte der Chatbot ein­ fache Fragen zu den Kandidat*innen der jeweiligen Wahlen nicht beantworten. • Diese Fehler sind nicht zufällig, sondern strukturell. Die Fehleranfälligkeit des Chatbots ist gleichbleibend. Die Antworten verbesserten sich nicht im Laufe der Zeit, selbst wenn zu einem späteren Zeitpunkt mehr Informationen online zur Verfügung standen. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine sachlich falsche Antwort generiert wird, blieb konstant. • Sachliche Fehler stellen ein Risiko für den Ruf der Kandidat*innen und der zi­ tier­ten Medien dar. Während der Chatbot sachlich falsche Antworten generierte, schrieb er sie oft einer Quelle zu, die korrekt über das Thema berichtet hatte. Da­rüber hinaus erfand Bing Chat Geschichten über skandalöses Verhalten von Kan­di­dat*innen – und schrieb der ausgedachten Geschichte manchmal sogar eine reale Quelle zu.


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• Microsoft ist nicht in der Lage oder nicht willens, das Problem zu beheben. Nachdem wir Microsoft über einige der von uns entdeckten Probleme informiert hatten, kündigte das Unternehmen Gegenmaßnahmen an. Einen Monat später nah­men wir eine weitere Stichprobe, die zeigte, dass sich an der Qualität der den Nutzer*innen zur Verfügung gestellten Informationen wenig geändert hatte. Generative KI muss reguliert werden. Die EU und die nationalen Regierungen soll­ ten dafür sorgen, dass Technologieunternehmen zur Verantwortung gezogen wer­ den, insbesondere wenn KI-Tools in Produkte integriert werden, die bereits weit verbreitet sind. https://algorithmwatch.org/de/schlussbericht-microsoft-bing-chat/

Microtargeting Mit zielgerichteter Werbung auf Plattformen wie Facebook oder Google lassen sich politische Botschaften auf kleine Zielgruppen zuschneiden. […] Möglich macht das Microtargeting. Schon seit Jahren werden kommerzielle und politische Bot­ schaften im Netz auf immer kleinteiligere Gruppen bis hin zum Individuum zugeschnitten. Spätestens seit dem Wahlsieg Donald Trumps wird viel darüber spekuliert, welchen Einfluss diese Technik auf Wahlen haben könnte. Ist sie ein demokratiegefährdendes Manipulationswerkzeug oder bloß die Fortsetzung der politischen Werbung mit modernen Mitteln? Nach unseren Recherchen nutzen im Bundestagswahlkampf alle etablierten deutschen Parteien Microtargeting – wenn auch auf sehr unterschiedliche Art und Weise. […] Selbst, wenn sie aufgrund der hiesigen Datenschutzgesetze nur schwerlich eigene umfangreiche Datenbanken über ihre potenziellen WählerInnen auf­bauen und Persönlichkeitsprofile von ihnen erstellen dürfen: Zugeschnittene Botschaften können sie dank der hauseigenen Werkzeuge von Facebook, Youtube oder Google auch hier sehr zielgenau an die WählerInnen bringen. Schließlich ist es seit Jahren die zentrale Einnahmequelle der Plattformen, die Aufmerksamkeit ihrer gläsernen Nut­zerIn­nen an alle zu verkaufen, die es sich leisten können. https://netzpolitik.org/2017/wahlkampf-in-der-grauzone-die-parteiendas-microtargeting-und-die-transparenz/ 01.09.2017


2016 untersuchte Rachel Tatman, Linguistin an der University of Washington, die Spracherkennungssoftware von Google und fand heraus, dass sie männliche Sprache mit 70 Prozent höherer Wahrscheinlichkeit erkennt als weibliche Sprache. […] Eine Frau rief den Hersteller Buick an, als das sprachgesteuerte Telefonsystem in ihrem Auto nicht auf sie hören wollte: „Der Mann sagte mir ganz direkt, dass das System für mich nie funktionieren würde.“ Caroline Criado-Perez: Unsichtbare Frauen. Wie eine von Daten beherrschte Welt die Hälfte der Bevölkerung ignoriert, btb Verlag 2020.


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Der Markt für romantische Beziehungen mit einer KI boomt. Also mal angenommen: die Lippen von Angelina Jolie, die Augen von Scarlett Johansson, Emma Watsons Nase und die Haare von Penélope Cruz. Ohne Frage, würde man gern sehen. Jetzt stellen Sie sich vor, diese Frau würde sich für Sie interessieren. Sie hört immer zu, tröstet nachts um halb drei, wenn Sie nicht schlafen können, motiviert Sie während Ihrer Steuererklärung, schwört, Geld sei nicht wichtig, aber erzählen Sie bitte mehr über das Gegenpressing von Borussia Dortmund, das ist alles wahnsinnig interessant und haha, witzig, Mensch, sind Sie witzig! Und dann dieses Top, dieses verdammt knappe Top.

https://www.sueddeutsche.de/kultur/ki-liebe-chatbot-replika-beziehungen-1.6342517, 01.02.2024

Auszug aus dem Manifest des Futurismus (1909) 1. Wir wollen die Liebe zur Gefahr besingen, die Vertrautheit mit Energie und Ver­wegenheit. […] Wir wollen preisen die angriffslustige Bewegung, die fiebrige Schlaflosig­ keit, den Laufschritt, den Salto mortale, die Ohrfeige und den Faustschlag. 4. Wir erklären, daß sich die Herrlichkeit der Welt um eine neue Schönheit bereichert hat: die Schönheit der Geschwindigkeit. […] 7. Schönheit gibt es nur noch im Kampf. Ein Werk ohne aggressiven Charakter kann kein Meisterwerk sein. […] 9. Wir wollen den Krieg verherrlichen – diese einzige Hygiene der Welt –, den Militarismus, den Patriotismus, die Vernichtungstat der Anarchisten, die schönen Ideen, für die man stirbt, und die Verachtung des Weibes. 11. Wir werden die großen Menschenmengen besingen, die die Arbeit, das Vergnügen oder der Aufruhr erregt; besingen werden wir die vielfarbige, vielstim­ mige Flut der Revolutionen in den modernen Hauptstädten; besingen werden wir die nächtliche, vibrierende Glut der Arsenale und Werften, die von grellen elektrischen Monden erleuchtet werden; die gefräßigen Bahnhöfe, die rauchende Schlangen verzehren; […] Unsere Herzen kennen noch keine Müdigkeit, denn Feuer, Haß und Geschwindigkeit nähren sie! […] Aufrecht auf dem Gip­fel der Welt, schleudern wir noch einmal unsere Herausforderung den Ster­ nen zu! Filippo Tommaso Marinetti: Manifest des Futurismus, erschienen in: Le Figaro, Paris, 20. Februar 1909, http://www.kunstzitate.de/bildendekunst/manifeste/futurismus.html


Selbst wenn wir erkennen, dass einer Superintelligenz prinzipiell alle menschlichen [und weitere übermenschliche] Fähigkeiten und Anlagen zur Verfügung stehen, kann die Tendenz zur Vermenschlichung uns immer noch unterschätzen lassen, wie überlegen eine maschinelle Super­intelligenz dem Menschen tatsächlich ist. Nick Bostrom: Superintelligenz, Suhrkamp Verlag 2014.

Das bizarre Drama um OpenAI Mitte November – die Entlassung von CEO Sam Altman, der Machtkampf und die Wiedereinsetzung – wird in der Erzählung über den Wandel durch KI möglicherweise mehr als nur eine Fußnote sein. Denn immer deutlicher wird einer der Gründe erahnbar, weshalb ChatGPT-Erfinder Sam Altman entlassen wurde. Es geht um ein Projekt des Unternehmens namens Q*, gesprochen Q-Star. Die Entlassung soll forciert worden sein, weil einige Personen im Verwaltungsrat Angst bekamen, dass Q* im Prinzip eine AGI sei, eine Artificial General Intelligence. So bezeichnet man die nächste Stufe der künstlichen Intelligenz, die mit größerer, intellektueller Autonomie daherkommt. https://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/ki-und-ein-jahr-chatgptwann-wird-aus-dem-werkzeug-eine-kreatur-kolumne-a-cb72f9a9-0ea2-41a1-beb1-2011da58f306, 29.11.2023

Es ist nur ein kurzer Post auf der Online-Plattform X: „Der erste Mensch erhielt ein Implantat von Neuralink und erholt sich gut“, schreibt Elon Musk. […] Das von Musk gegründete Unternehmen Neuralink arbeitet seit 2016 an einer Schnittstelle zwischen Mensch und Computer. […] Mit Neuralink will [Elon Musk] dem „existenziellen Risiko einer digitalen Super­intelligenz“ begegnen, so erklärt er es im Podcast mit Lex Fridman. „Wir werden nicht in der Lage sein, klüger zu sein als ein digitaler Supercomputer. Man kann sie also nicht besiegen, aber man kann sich ihnen anschließen. Und zumindest die Möglichkeit wollen wir haben.“ https://www.tagesspiegel.de/wissen/chip-im-gehirn-was-will-elon-musk-mit-neuralink-11135155.html


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Die Erschaffung eines „neuen Menschen“, von dem die Eugeniker schon in den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts träumten, ist für die rechten Akzelerationisten nun endlich zur Realität geworden. Sein Phänotyp findet sich im paarungs­ willigen Power-Couple aus dem Silicon Valley, das seinen Nachwuchs, sobald er in der Gebärmutter nistet, erst mal auf die biologische Qualität überprüft und nur bei opti­ malem Befund dann auch tatsächlich austrägt.

https://www.zeit.de/2017/25/rechtspopulismus-rassismus-evolution-akzelerationismus- nick-land, 18.6.17


Wenn es uns tatsächlich gelingt, eine KI zu entwickeln, die fühlen und denken kann – wie können wir dann sicher sein, dass wir nicht unfair zu ihr sind? Wir brauchen eine Ethik für digitale Hirne. https://www.spiegel.de/wirtschaft/ki-philosoph-nick-bostrom-ueber-superintelligente-softwarees-kann-sein-dass-wir-verdammt-sind-a-829c9bb0-3ae4-47b6-b29a-653dee14ed85, 30.07.23

Cyborgs sind kybernetische Organismen, Hybride aus Maschine und Organismus, ebenso Geschöpfe der gesell­schaftlichen Wirklichkeit wie der Fiktion. […] Befreiung basiert auf der Konstruktion eines Bewusstseins, das als phantasievolles Erkennen der Unterdrückung neue Handlungsmöglichkeiten eröffnet. Die Cyborg als imaginäre Figur und als gelebte Erfahrung verändert, was am Ende des 20. Jahrhunderts als Erfahrung der Frauen zu betrachten ist. Dies ist ein Kampf auf Leben und Tod, aber die Grenze, die gesellschaftliche Realität von Science Fiction trennt, ist eine optische Täuschung. […] Donna Haraway: Ein Manifest für Cyborgs. Feminismus im Streit mit den Technowissenschaften, De Gruyter 1985.


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When you see something that is technically sweet, you go ahead and do it and you argue about what to do about it only after you have had your technical success. Robert Oppenheimer




Biografien

Oleksandra Diachenko [Scarlett] Die ukrainische Mezzosopranistin Oleksandra Diachenko studierte zunächst am Konservatorium in Kiew, danach an der Nationalen Ukrainischen Pjotr Iljitsch Tschaikowskij-Musikakademie und wechselte 2022 an die Hochschule für Musik Hanns Eisler Berlin. In der Saison 2022/23 war sie zudem Teilnehmerin der Opera Academy Teatr Wielki in Warschau. Sie ist Preisträgerin des Wettbewerbs in Erinne­rung an W. Slipak in Lemberg 2021 sowie Preisträgerin diverser ukrainischer und internationaler Wettbewerbe. Zu ihrem Repertoire gehören Partien wie Orfeo [ORFEO ED EURIDICE], Cherubino [LE NOZZE DI FIGARO], Berta [IL BARBIERE DI SIVIGLIA], Kate [MADAMA BUTTERFLY] und Olga [EUGEN ONEGIN ]. An der Deutschen Oper Berlin debütierte sie als Lehrbube in DIE MEISTERSINGER VON NÜRNBERG .

Elda Laro [Musikalische Leitung] Die vielseitige Pianistin und Dirigentin Elda Laro ist seit Januar 2016 als Korrepe­ titorin an der Deutschen Oper Berlin tätig. Zuvor war sie Studienleiterin am Theater Münster. Seit 2015 ist sie zudem der Albanischen Nationaloper in Tirana als Dirigentin eng verbunden. Elda Laro begann ihre musikalische Laufbahn als Solopianistin und arbeitete dabei u. a. mit dem Orchestra del Teatro Regio Torino, dem Orchestra di Filarmonica di Torino, dem Orchestra Verdi Milano, dem Orchestra i Pomeriggi Musicali Milano, dem Orchestra della Val d’Aosta, dem Orchestra Arturo Toscanini und dem RTSH Orchester Tirana zusammen. Konzert­ reisen führte sie durch Italien, Spanien, Großbritannien, Österreich, Frankreich, Japan, Malaysia und die USA . BETA ist nach u. a. WIR AUS GLAS [2018] und LIEDER VON VERTREIBUNG UND NIMMERWIEDERKEHR [2021] bereits ihre vierte Produktion als Dirigentin in der Tischlerei der Deutschen Oper Berlin.


Dariya Maminova arbeitet als Komponistin, Pianistin und Sängerin in den Bereichen zeitgenössische instrumentale und elektronische Komposition, Improvisation und Musiktheater. Ihre Werke wurden von Ensembles wie Musikfabrik, den Neuen Vocalsolisten Stuttgart sowie dem Moscow Contemporary Music Ensemble (MCME) bei Festivals wie Eclat Stuttgart, Wittener Tage für neue Kammermusik und Acht Brücken Köln aufgeführt. Ihr großes künstlerisches Interesse gilt der Synthese experimenteller zeitgenössischer Musik mit Gattungen der populären Musik und mit der Musik anderer Kulturen. Maminova ist Preisträgerin des BerndAlois-Zimmermann-Stipendium im Jahr 2020 und wurde am 8. Februar 2024 mit dem Deutschen Musikautor*innenpreis der GEMA ausgezeichnet.

Simon Mantei [Julian Zapp] Simon Mantei wurde 1984 in Berlin geboren und absolvierte die Schauspiel­ ausbildung am Max Reinhardt Seminar in Wien. Im Anschluss daran war er mehrere Jahre im Ensemble des Volkstheaters in Wien. Weitere Engagements führten ihn unter anderem an die Volksbühne Berlin, das Maxim Gorki Theater, das Theater Kampnagel in Hamburg und das Staatstheater Kassel. Parallel dazu tritt er in diversen Film- und Fernsehproduktionen auf.

Hye-Young Moon [Lou] Die südkoreanische Sopranistin Hye-Young Moon studierte nach ihrem Abschluss an der Seoul Arts Highschool an der Seoul National University, wo sie bei Professor Mihae Park studierte. Im Jahr 2020 begann sie ihr Masterstudium an der Juilliard School, wo sie bei Cynthia Hoffmann studiert. In der Spielzeit 2022/23 gab HyeYoung Moon an der Deutschen Oper Berlin ihr Debüt als Königin der Nacht [DIE ZAUBERFLÖTE] und war u. a. als Fiakermilli [ARABELLA] und Gräfin von Ceprano [RIGOLETTO] zu erleben. Während der Spielzeit 2022/23 war sie zunächst Sti­pen­ diatin des WCN Stipendiums Südkorea, um in der Saison 2023/24 als Stipendiatin der Familien Heidi und Dr. Karlheinz Knauthe & Theodora Schnauck-Betow in den Talent Circle des Förderkreises zu wechseln.

Christiane Mudra [Konzept, Recherche, Text, Inszenierung] Christiane Mudra ist Autorin, Regisseurin und Gründerin von investigative theater. Kern ihrer Produktionen ist die journalistische Langzeitrecherche. Schwer­punkt­­ themen sind Rechtsextremismus, Nachrichtendienste, Überwachung, Ver­schwö­ rungsideologien und Misogynie. Seit vielen Jahren arbeitet sie mit digitalen Mitteln und interaktiven Formaten, oft außerhalb klassischer Bühnenräume. In Berlin waren zuletzt zu sehen „The Holy Bitch Project“ über häusliche, sexualisierte und digitale Gewalt gegen Frauen, „Selfie & Ich“ über psychische Erkrankungen in der Leis­tungs­gesellschaft sowie „Hotel Utopia“, ein interaktives Gesellschaftsspiel über den Wert von Pässen. Sie war Artist in Residence bei der Biennale di Vene­zia und inszenierte in Brasilien. Ihr Film „The Holy Bitch Project“ lief auf dem NYC Independent Film Festival. Als Autorin erschienen ihre Recherchen im

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Dariya Maminova [Komposition]


Themenfeld Rechtsextremismus auch in Sachbüchern und Podcasts, z. B. für die Bundeszentrale für Politische Bildung.

Youngkwang Oh [Hannes] Der koreanische Bariton Youngkwang Oh ist in der Spielzeit 2023/24 Stipendiat im Ensemble der Deutschen Oper Berlin. Er studierte zunächst von 2015 bis 2021 an der Koreanischen Nationalen Universität der Künste, bevor er an die Hochschule für Musik Hanns Eisler in Berlin wechselte. In Seoul trat er künstlerisch u. a. als Colline [LA BOHÈME], Dulcamara [L’ELISIR D’AMORE], Don Basilio [IL BARBIERE DI SIVIGLIA], Figaro [LE NOZZE DI FIGARO] sowie als Sarastro [DIE ZAUBERFLÖTE] in Erscheinung. Er ist Preisträger verschiedener nationaler Wettbewerbe, darunter der 3. Preis beim 61. Dong-A Music Competition, der 1. Preis beim 47. Joongang Music Concours, der 3. Preis beim Sungjung Competition und der 1. Preis beim 12. Seil Korean Art Song Competition.

Corinna Ruba [Clara Sanders] Corinna Ruba absolvierte ihre Ausbildung zur Opernsängerin am Mozarteum Salz­burg. Zu ihrem Repertoire zählen Partien im lyrischen Fach, Belcanto, Lied­ gesang sowie Musik des 20. und 21. Jahrhunderts. 2017 gründete sie ihr eigenes Streichensemble „Peace&Love Orchestra“. Neben ihrer Tätigkeit als Opernsängerin und Schauspielerin widmet sich Corinna Ruba der experimentellen und zeitgenössischen Musik sowie eigenen Sound-Video-Kreationen. 2019 und 2020 veröffentlichte sie zwei Musikvideos zu ihren Eigenkompositionen „Ateh’s Prayer I und II“. 2018 trat sie mit ihrer eigenen Produktion „Operafusion“ als Gastkünstlerin beim TED X Talk München auf. Nach „Kein Kläger“ und „The Holy Bitch Project“ ist BETA ihre dritte Zusammenarbeit mit Christiane Mudra.

Markus Schubert [Creative Technologist] Markus Schubert ist Hacker, Game Designer, Gründer und Geschäftsführer der Nebelflucht GmbH, Initiator der Gaming Plattform toto.io und Mitglied im Hacker­ space „Raumfahrtagentur“ in Berlin. Er ist studierter Informatiker mit über 20 Jahren Erfahrung im IT-Consulting. Seit vielen Jahren arbeitet er in der freien Szene und an Stadttheatern mit verschiedenen Kollektiven und Künstler*innen an interaktiven Spielen, partizipativen Formaten und immersiven Installationen. Dazu gehören „Kinesphere“ am Staatstheater Augsburg, „Game Over“ am Saarländischen Staats­theater, „No Work And All Play“ am Staatstheater Nürnberg und vielen anderen. 2020 war er Fellow an der Akademie für Theater und Digitalität in Dortmund. Seit 2021 unterrichtet er im Fachbereich Informatik an der Berliner Hochschule für Technik.

Sarah Silbermann [Kostüme] Sarah Silbermann, geboren 1990 in München, studierte Modedesign und Schnitt­technik in München. Nach ihrem Abschluss 2014 absolvierte sie die Fortbildung Kostümbild an der ifs Internationale Filmschule Köln. Seitdem arbei-


Maya Alban-Zapata [Untitled] Die Schauspielerin, Sängerin und Aktivistin Maya Alban-Zapata wuchs in Paris und Berlin auf. Sie spielte u. a. am Deutschen Theater Berlin, der Berliner Volksbühne, den Berliner Festspielen, dem Theater Biel-Solothurn, dem Staatstheater Saar­ brücken, dem Schauspielhaus Düsseldorf, der Neuköllner Oper, dem Renaissance Theater und in zahlreichen freien Produktionen in der Schweiz und der Niederlande. Als Sängerin trat sie u.a. mit Jamiroquai und Mika auf und war an zahlreichen Musikproduktionen beteiligt. Maya Alban-Zapata entwickelt zudem alleine und gemeinsam mit anderen Künstler*innen eigene Projekte, die sich meist mit den Erfahrungen von Schwarzen Menschen und People of Color in einer mehrheitlich weißen Gesellschaft auseinandersetzen.

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tete sie in den Kostümabteilungen diverser Filmproduktionen, u. a. „Trautmann“ [Markus H. Rosenmüller], „Stowaway“ [Joe Penna] sowie als Kostümbildnerin und Ausstatterin in der freien Theaterszene für Produktionen von Theaterlust, am Altona Theater Hamburg, a.gon Theater und für Ensemble Persona. BETA ist nach „Der Schlüssel“, „Selfie und ich“ und „Hotel Utopia“ ihre vierte Zusammenarbeit mit Christiane Mudra. Seit 2018 betreibt sie außerdem eine Kostümwerkstatt im Zentrum Münchens, in der Kostüme für Film/Fernsehen und Theater entstehen. Dort entstehen auch Kostüme für viele ihrer eigenen Kostümbildarbeiten.


Impressum Copyright Stiftung Oper in Berlin Deutsche Oper Berlin, Bismarckstraße 35, 10627 Berlin Intendant Dietmar Schwarz; Geschaftsführender Direktor Thomas Fehrle; Spielzeit 2023/24 Redaktion Carolin Müller-Dohle; Auswahl Fremdtexte Christiane Mudra Gestaltung Uwe Langner; Druck trigger.medien gmbh, Berlin Bildnachweise Filmstills © Yavuz Narin




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