Prospekt // Das Magazin der Deutschen Oper am Rhein // Heft 3

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kal übereinander getürmt oder in Vokalisen im schnöden Arbeitslicht spüren wir, welche B A LL E T T A M RH E IN – b . 2 0 D E E P FI E L D und Phonemen in die Fläche aufgelöst. Nur Geheimnisse diese Skulptur in sich birgt: Wie URAU F F Ü H RU N G manchmal beginnt ein einzelnes Wort zu eine überdimensionale Wabe oder Koralle erleuchten wie ein Stern, dessen Aura auch auf scheint sie auf den ersten Blick, doch kaum ist M u s i k „DEEP FIELD. Zehn KLANGbelichsein Umfeld abfärbt: „Ich bin dein Labyrinth“, man ein paar Schritte um sie herum gegangen, tungen einer METAmorphose“ von Adriana „Vorwärts! Durch den Regen, durch das Feuwird sie zu einer Grotte aus düsterer, amorHölszky (Auftragskomposition / Urauffüher“, „Wo ist Gott? Wo ist Gnade? Wo ist Güte?“, pher Lava, die sich im nächsten Moment wierung) CH O R E O G R A PHI E Martin Schläpfer „Erde … hingeworfen … das Sterben … bluder zu einem höchst lebendigen, organischen M u s i ka l i s c h e Le i tu n g Wen-Pin tende Finsternis“, „Trümmer von Sternen“, Gewebe verwandelt. Erdschichten scheinen Chien M ed i e n - LICH T- Sku l p tu r & „Glück … aus Augen“, „ein Traum davon“ … sich aufzutürmen wie die PlattenverschiebunKo s t ü me rosalie L i c h t Thomas Diek Plötzlich sitzt man mittendrin in dieser gen verschiedener Kontinente, dann wieder C h o r l e i tu n g Denis Comtet Le i tu n g Musik und wird hinein katapultiert in eine beginnt sie wie ein überdimensionales GeisT o n au f n a h me & K l a n g r eg i e Otto Welt aus eruptiven Klängen und filigransterschiff zu schweben. Die Skulptur ist präKränzler D r amatu r g i e Anne do Paço ten Geräuschen, Klanglinien im Raum und sent und hält sich zugleich zurück, wirkt wie Ballett am Rhein Düsseldorf Duisburg bebenden Clustern. Sind es Menschen oder eine durchlässige Membran, die den Blick auf WDR Rundfunkchor Köln Tiere oder gar die Sterne, die hier singen, laWelten freigibt, die viel weiter und tiefer sind Düsseldorfer Symphoniker & Gäste chen, schreien, schnalzen, gurgeln, zischen, als der reale Bühnenraum des Düsseldorfer blubbern, stampfen, klatschen? Sind es wirkOpernhauses. Wie wird sie sich erst noch verIn Kooperation mit dem lich Orchesterinstrumente, die diese Sounds wandeln, wenn rosalie zusammen mit ThoWDR Rundfunkchor Köln zu produzieren in der Lage sind? Man fühlt mas Diek in den nächsten Tagen mit Licht auf sich wie in einer riesigen Kugel, in einem ihren Flächen spielt und in ihre Höhlen, Risse fremden, auch bedrohlichen Raum, der Bound Durchblicke hinein dringt? den unter den Füßen bekommt Risse, man Zwei Tage zuvor war es am gleichen beginnt zu schweben. Ort zu einer anderen außergewöhnlichen Erst„DEEP FIELD“ wird gefördert im Rahmen des Mit dem WDR Rundfunkchor Köln ist begegnung gekommen: Aus Köln ist der 48Fonds Neues Musiktheater 2014 das Ballett am Rhein für diese Produktion köpfige WDR Rundfunkchor angereist und eine besondere Zusammenarbeit eingegantrifft bei der ersten sogenannten Sitzprobe gen, handelt es sich doch nicht um ein Gast­ auf die Orchestermusiker – die Düsseldorfer engagement des Chores, sondern um eine Symphoniker verstärkt durch eine Reihe von richtige Partnerschaft, zu der jede Seite ihren Gästen. Die Spieler von sechs Trompeten, Beitrag leistet: Mit einer Rundfunkaufzeichsechs Posaunen und einem Euphonium, sechs P r em i e r e nung der Endproben, die zu einem späteren Schlagzeuger, zwei Gitarristen, zwei Akkor23.05.2014, 19.30 Uhr Zeitpunkt auf WDR3 gesendet wird, erfüllt deonisten, zwei Klarinettisten sowie Pianis↗ Opernhaus Düsseldorf das Kölner Ensemble einen seiner Sendeauften für Klavier, Cembalo und Celesta, eine träge – und lässt zugleich in den acht VorstelSpielerin des japanischen Zupfinstruments W E I T E R E V O RS T E LL U N G E N lungen im Opernhaus Düsseldorf mit seiner Koto und ein Kontrabassist haben im OrchesSa 24.05. | Do 29.05. | So 01.06. | Sa 07.06. weit gefächerten Erfahrung in der Interpretergraben ihre Plätze eingenommen. Beide Mo 09.06. | So 15.06. | Do 19.06.2014 Dauer b.20: ca. 1 ¼ Stunden, keine Pause tation zeitgenössischer Musik Adriana Hölsz­ Ensembles haben in Einzelproben die Musik kys Partitur live lebendig werden. Seinen Adriana Hölszkys bereits intensiv studiert und sind auf diese Probe gut vorbereitet. Mit den Mitgliedern des Platz hat der Chor im 3. Rang. Von ganz weit oben interagiert er mit Chores hat der aus Frankreich stammende Pianist, Organist, Chor- den Musikern im Orchestergraben und Martin Schläpfers Tanz in roleiter und Dirigent Denis Comtet ihren Part einstudiert. Mit den salies Medien-Licht-Skulptur. Hinzu kommen Tonzuspielungen, die Musikern hat Kapellmeister Wen-Pin Chien, der bei den Vorstellun- über ein Mehrkanal-Surround-Lautsprecher-System durch den Raum gen auch die musikalische Gesamtleitung haben wird, gearbeitet und wandern – „alle Ebenen des Werkes kommen wie Ströme permanent sich intensiv in die ganz besonderen Klangwelten von „DEEP FIELD“ aufeinander zu und trennen sich wieder – wie Zirkulationen des Lehineinbegeben. Adriana Hölszkys Komponieren stellt höchste An- bendigen“, so Adriana Hölszky. Nicht unähnlich der Arbeit Martin forderungen an die Musiker. Alle müssen eine große Flexibilität mit- Schläpfers ist ihre Komposition aber auch wie ein Seismograph, bringen und besonders die Grauzonen und Räume zwischen den rei- der in unsere Zeit hineinhorcht, sich schutzlos ihren Widersprüchen nen Klängen ihrer Instrumente ausloten. Die Stimmen des Chores und Gefährdungen, Leerstellen und Sehnsüchten aussetzt und den sind bis in die feinsten Strukturen hinein verästelt, jeder Sänger hat Zuschauer und Hörer immer wieder auch auf unbekanntes Terrain seine eigene Partie und ist doch Teil des Kollektivs: „Die Vokalisten entführt: „Man muss die Menschen auf einen anderen Untergrund verhalten sich wie eine Population, die sich in einem Schwarm orga- führen, auf dem sie sich nicht sicher fühlen. Und dann passieren Sanisiert. Man nimmt den Einzelnen nicht wahr, sondern die Bewegung chen, die Nachdenken verlangen“, äußerte sich Adriana Hölszky eindes ganzen, die aber von einem Einzelnen ausgelöst werden kann. Ein mal in einem Gespräch mit Maria Kostakeva. Auf ein neues Terrain ständiges Wechselspiel lässt Individuen hervortreten und dann wie- wagte sich die Komponistin auch selbst, indem sie erstmals eine Musik der in der Masse abtauchen“, erläutert Adriana Hölszky ihre Komposi- für den Tanz schrieb und sich damit ganz unmittelbar auf ein Erlebnis tionsweise, bei der sie auch auf Texte zurückgriff. In Werken Fried- dieser Bühnenkunst auch einließ: „Das Wissen um unsere Begrenztrich Hölderlins, Friedrich Nietzsches, Hanns Johsts und Hermann heit und nicht nur der Wunsch, sondern auch die Möglichkeit, über Hesses fand sie Reibungsflächen, die sie inspirierten, Worte, die sie diese hinauszugehen – das sehe ich in Martin Schläpfers Choreograwie Nahrung zu sich nahm oder wie aus einem gewaltigen Steinbruch phie. Ein Ballettabend ist dies nicht!“ —— herausschlug, um ihre Splitter neu zusammenzusetzen. Dabei wurden sie zerstampft oder zermahlen, verschachtelt und fragmentiert, verti-

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