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STANDPUNKT

Porto hat viel Sinn für Überliefertes Sam Baron ist ein französischer Designer, der in Italien, Frankreich und Portugal lebt. Seine Frau stammt aus Porto und lehrt an der dortigen Hochschule der Schönen Künste. Baron (39) gilt als einer der kreativsten Designer der Welt. Er leitet die Designabteilung des Design-Forschungscenters Fabrica und arbeitet für Unternehmen wie Zanotta, Ligne Roset oder Nilufar. Für Petite Friture entwarf er eine Reihe von Leuchten. In Porto hat er nicht nur das Hotel Favorita gestaltet, sondern jüngst auch eine Flasche für das Weingut Quinta de Tourais. SAMBARON.FR

SAM BARON Seit ewigen Zeiten ist der Name der Stadt Porto mit dem großartigen Wein verbunden, dessen Trauben auf den Hügeln in der Umgebung wachsen. Über den Douro kann das gekelterte Lesegut dann praktischerweise in alle Welt verschifft werden. Bis heute scheint uns der Fluss eine Menge interessante Dinge näherzubringen. Das Erste, was man spürt, ist eine gewisse Bedeutung. Porto hat Gewicht. Man kann diese Kraft auf die verschiedenste Art erleben: durch die historische Architektur aus Granitstein ebenso wie durch die lokale kreative Community mit ihrer tief gehenden Tradition, die in der Fakultät der Schönen Künste zu erfahren ist oder durch den Sinn für Überliefertes in der regionalen Küche. Was Portugals zweitgrößte Stadt zu einem ganz besonderen Ort macht, sind die Kontraste, die man bemerkt, wenn man ein paar Tage oder viele Jahre hier ist. Unmittelbar neben einer mit herrlichen Azulejos geschmückten Kirche aus dem 18. Jahrhundert kommt man an einen sehr modernen Ort, den ein minimalistischer Architekt entworfen hat, der von den beiden international gerühmten Pritzker-Preisträgern Álvaro Siza Vieira und Eduardo Souto de Moura gelernt hat, die hier seit Jahrzehnten ihre Büros haben. Als Designer kann man in den engen Gassen Kunsthandwerker finden, die einem einzigartige Arbeiten liefern, und vor den Toren der Stadt gibt es einige Firmen, die mit großem Know-how hochwertige Lifestyle-Möbel produzieren. Die meisten von ihnen beschäftigen heute junge Designer wie Gonçalo Campos, der bei Wewood aufs Produktportfolio schaut, Tony Grilo, der Korkmöbel für Blackcork entwirft, oder Eduardo Aires, dessen White Studio die Verpackungen für die klassischen Seifen und Düfte von Musgo redesignt und der die neuen Icons der Stadt Porto entworfen hat (Seite 14). Was ich persönlich an Porto so liebe, ist die lokale Szene, die man ein wenig suchen muss: den kleinen Indie-Laden im Souterrain, der Fado-Musik-CDs ebenso verkauft wie elektronische Musik von Materia Prima; oder zeitgenössische Porzellan- und Silberwaren von Marken wie Vista Alegre oder Topázio. Für Porto muss man neugierig sein, bodenständig und hungrig – ich kann allen Besuchern nur raten, sich in ein Lokal zu setzen, sich eine Francesinha (ein sehr beliebtes Sandwich mit geschmolzenem Käse und einer Sauce aus Tomaten, Bier und Senf) zu gönnen und dazu ein Sovina zu genießen, das erste portugiesische Craft Beer. MAGAZIN FÜR EINRICHTEN UND LEBEN

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INHALT

49 3 TO WATCH

03 STANDPUNKT

SINN FÜR ÜBERLIEFERTES Designer Sam Baron über Portos Umgang mit Tradition und Moderne 06

Einfallsreiche Aufsteiger, die man im Blick haben sollte

PANORAMA Bilder zum Staunen

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INNOVATIV VERPACKT

TRENDSCOUT Leuchtende Ideen

14 DESIGN-HISTORY

PORTOS NEUE MARKE

Moderne Icons als Wahrzeichen und wandelbare Identifikationssymbole Portos

18 HOMESTORY

ES IST UNS EINE EHRE Die Flattered-Apartments – oder wie drei Tierärzte zu ganz besonderen Gastgebern wurden

46 DESIGNER-PORTRÄT

EIN SESSEL WIE EIN THRON Persönliche Erinnerungen inspirieren Designerin Joana Santos Barbosa

DESIGNTRIP PORTO

STYLE MIT GESCHICHTE

Die Stadt am Douro hat ihre schönsten Zeiten hinter und gleichzeitig vor sich

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26 50 TRENDSCOUT

DAS BESTE VOM BAUM

Kork – wie die Baumrinde zum besonderen Material für besondere Entwürfe wurde

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COVER: Das SantaTeresa-Stadthaus wurde von Architekt Pedro Ferreira im wahrsten Sinne renoviert, das heißt, erneuert: Alte Strukturen blieben erhalten, radikal neue wurden geschaffen.

SERIE: DER KLASSIKER Gio Ponti entwarf mit Leggera einen Klassiker und ein Symbol für südliche Lebensart

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TRENDSCOUT

KREATIVE FLIESEN

News rund ums Einrichten

Strenge Geometrie, Ornamente oder dreidimensionale Strukturen – altbewährtes Fassadenmaterial in neuem Design

36 ARCHITEKTUR

TRADITION TRIFFT MODERNE Mit Kontinuität und Minimalismus erschaffen junge Architekten stilvolle Orte hinter traditionellen Stadthaus-Fassaden

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SERIE: FAMOUS CHAIR Karl Lagerfeld und Gio Pontis Superleggera

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MUSENTEMPEL DIE CASA DA MÚSICA erscheint von außen wie ein Klotz aus Sichtbeton. Seine vielschichtigen Qualitäten offenbart das von Rem Koolhaas und Ellen van Loon geplante und 2005 eröffnete Konzerthaus erst von innen. Zu den vielen verschiedenen Materialien, mit denen die Räume gestaltet sind, zählen mit Blattgold belegtes Holz und nicht zuletzt die in Porto allgegenwärtigen Azulejos mit historischen Szenen.

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PANORAMA

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BRÜCKENSCHLÄGE ÄHNLICHKEITEN MIT EINEM Pariser Wahrzeichen sind kein Zufall: Die 1886 vom portugiesischen König und Namensgeber eröffnete Ponte Dom Luís I stammt von Gustave Eiffels Kompagnon Théophile Seyrig und wurde von der belgischen Société de Willebroek realisiert. Die Gesamtlänge der schmiedeeisernen Brücke über den Douro misst 385,25 Meter, die Spannweite des Mittelbogens beträgt 172 Meter. Lohnenswert ist eine Fahrt mit der Straßenbahn über die obere Ebene, die untere wird als Straße genutzt. Die sehr ähnliche und nicht weniger berühmte Ponte Maria Pia aus dem Jahr 1877 liegt einen Kilometer flussaufwärts, sie wurde von Théophile Seyrig und Gustave Eiffel geplant.

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PANORAMA

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PANORAMA

TOR ZUR WELT WIE EINE ERSCHEINUNG wirkt das 2015 eröffnete Kreuzfahrtterminal in Leixões. Der kühne, scheinbar spiralförmig gewickelte Bau des Architekten Luís Pedro Silva greift die Form des Hafenbeckens auf und setzt einen überraschenden Akzent in der ansonsten eher funktional-industriellen Hafenlandschaft. Seinen samtigen Glanz verdankt das Gebäude einer Oberfläche aus Fliesen.

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VOM TOPF ZUR LEUCHTE ALS „EXPRESSIVEN MINIMALISMUS“ bezeichnet Tom Dixon seine Beat-Kollektion aus Messing-Hängeleuchten, die es inzwischen in einem halben Dutzend streng geometrischer Formen gibt. Sie sollen an traditionelle indische Kochkessel erinnern, die über dem Feuer schwarz werden. Das gehämmerte Messing innen verteilt das Licht golden schimmernd.

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Die ganze Pflanze in all ihrer Schönheit wird in den Ikebana-Vasen sichtbar

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DIE GANZE SCHÖNHEIT MIT DER OBJECTS-KOLLEKTION hat Republic of Fritz Hansen

seine Produkte um ein Dutzend Accessoires erweitert. Besonders dekorativ: die Vase Ikebana von Jaime Hayon. Ganz im Geist japanischer Ästhetik betont das Gefäß die komplette Pflanze mit all ihren Details und huldigt nicht nur der dekorativen Blüte. WWW.FRITZHANSEN.COM

Aus massivem Messing getrieben sind Tom Dixons Beat-Leuchten

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DESIGN-HISTORY ICONS

IDENTITÄT

PORTOS NEUE MARKE Vor vier Jahren erschuf sich Porto eine neues Image: Ein beliebig kombinierbares, symmetrisches Icon-Ensemble symbolisiert Wandelbarkeit und Charakter der Stadt TEXT: Wolf-Christian Fink

01 01 Starke Marke im Stadtbild Auch der öffentliche Nahverkehr trägt Portos „spezielle Handschrift“

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02 Überlebensgroß Der Punkt hinter „Porto“ ist ein Statement, der Rest vielgestaltiges Kaleidoskop

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DESIGN-HISTORY ICONS

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as macht die Identität einer Stadt aus? Einerseits sind es die Wahrzeichen, die ihren Charakter formen: markante Skylines, ikonische Architektur, Monumente und die Stadtlandschaft. Das Spektrum prominenter Bauwerke, die sich in der öffentlichen Wahrnehmung eingeprägt haben, reicht vom Eiffelturm bis zum Brandenburger Tor, vom Kreml bis zum Empire State Building. Andererseits hat jede Stadt ihren eigenen Puls, lebt nach ihrem Rhythmus, vermittelt eine unverwechselbare Atmosphäre. Anders als Architektur lässt sich diese Individualität schwer abbilden. Die mit Monumenten eher spärlich gesegnete ehemalige Bundeshauptstadt Bonn versuchte es in den 70er-Jahren mit dem legendären Kussmund, der das „o“ im Schriftzug ersetzte. Einst galt das als revolutionär bis anrüchig, heute ist es charmante Fußnote. Doch der Bonner Schriftzug dokumentierte schon damals das Bedürfnis einer Kommune, ihrem Image eine positive Form zu geben. Es mag daran liegen, dass Porto ebenso wie das etwas größere Bonn ein Dasein im Schatten der Metropole Lissabon führt. Auf jeden Fall kam das busselnde Bonn-Logo genauso selbstbewusst rüber wie heute Portos Markenauftritt mit umfassend neuer Corporate Identity. „Wir haben versucht, die Stadt über ihre Mentalität zu erklären. Die 15

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DESIGN-HISTORY ICONS

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Menschen in Porto sind sehr charakterfest. Sie sind konservativ, aber weltoffen“, sagt der Designer Eduardo Aires, Gründer und Inhaber des White Studio in Portugals zweitgrößter Stadt. Dort kümmert man sich normalerweise um Markengestaltung, Verpackungen und Imagekampagnen für Kunden aus Industrie, Handwerk und Landwirtschaft. Seit 2014 aber trägt auch Aires’ Heimatstadt seine Handschrift auf Plakaten, Beschilderungen und im Logo.

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02 Nachfahren der Azulejos Kacheln haben in Portugal eine jahrhundertealte Tradition

03 Ironisches Zusammenspiel Wort- und Bildmarke in „herzlichem“ Einvernehmen

04 Tragende Säule Im Zweifelsfall macht Porto Werbung für sich selbst

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Unter dem Motto „The City is Yours“, die Stadt gehört dir, entwickelte Aires mit seinem Team die prägnanten geometrischen Icons aus einem demokratischen Ansatz heraus: „In einem zweiten Schritt haben wir über die Icons die verschiedenen architektonischen, künstlerischen und vielen anderen Highlights Portos zusammengetragen, sodass sich jeder darin in seinem Lebensgefühl wiederfinden konnte.“ Seit 2013 regiert der parteilose Bürgermeister Rui Moreira die Stadt am Douro. Von seiner Verwaltung stammen Anstoß und Auftrag für das Gestaltungsprojekt. „Anders als parteigebundene Politiker verfolgt Moreira keine Agenda, abgesehen von der pragmatischen Förderung der Stadt. Am Ende ist er ihr größter Fan und suchte deshalb nach neuen Kommunikationswegen“, beschreibt Aires die Zusammenarbeit mit der Kommune. Also wurde jedes Stadtviertel angefragt und gebeten, ein Thema beizusteuern, das man dann ikonografisch umsetzte. Natürlich waren die großen Sehenswürdigkeiten wie der Torre de los Clérigos, die Casa da Música oder die Douro-Brücke dabei. Die Bürger thematisierten aber auch die vielseitige Gastronomie der Stadt, ihre spezielle Weinkultur oder den typisch nordportugiesischen Sprachakzent: „Es wurde schnell klar, dass ein einziges Logo für Porto nicht ausreichen würde“, erinnert sich der Designer. So wurde aus dem neuen Markendesign für Porto eine dynamische,

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01 Wiedererkennungswert Im öffentlichen Raum dienen die Icons auch der Orientierung

jederzeit erweiterbare Vielfalt: „Angenommen, Porto gewinnt die nächste Champions League. Dann kämen ein paar Sterne dazu. Oder noch simpler: Im Frühling tauchen in der Marke ein paar Blumen auf. Je nach Anlass können wir die Marke ‚Porto‘ neu schärfen. Das nenne ich demokratisch. Wir haben die Menschen eingeladen, uns ihre Träume und Hoffnungen zu nennen, und wir haben ein Design daraus gemacht“, erklärt Eduardo Aires. Kaum ein urbaner Ort, an dem die insgesamt mehr als 70 verschiedenen Icons nicht auft auchten, allein oder in den verschiedensten Kombinationen. Gebäude, Gastronomie, Kultur und öffentlicher Nahverkehr – Portos Markengesicht ist allgegenwärtig, es repräsentiert und navigiert zugleich die Menschen dieser Stadt. Die zweite Inspiration fand das White-Studio-Team in Portos kunsthistorischem Erbe. Die typische Bildsprache der Region hängt eng mit Fliesen zusammen. Gemusterte, bunt bemalte Fliesen finden sich überall. Ganze Geschichten werden aber nur auf den typischen blau-weißen Kacheln, den Azulejos, wiedergegeben. Sie waren das geläufige Medium für erzählte Geschichte, privat wie öffentlich. Genauso geschah es mit den modernen Icons: Verankert in der handwerklichen und ästhetischen Tradition Portos, bieten sie Information und Identifikation zugleich – wie ein visueller Code, der die ganze komplexe Geschichte der Stadt und ihrer Bürger immer wieder neu erzählt.

Freiraum für das Besondere moll unique

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FLATTERED. TO BE IN PORTO

WOHNEN MIT BLICK BIS NACH NEW YORK Lange war Porto im Schatten Lissabons im Dornröschenschlaf versunken. Dann wurde die Schönheit der Stadt wiederentdeckt, Porto zu Europas Kulturhauptstadt gekürt. Seitdem strömen die Touristen. Wenn Sie Glück haben, finden Sie Unterkunft in den Flattered-Apartments TEXT: FG + SG Architectural Photography

01 Portos Hafen liegt am wilden Atlantik 02 Unendlich weit blickt man von den Fenstern der FlatteredApartments übers Meer 03 In einer hübschen Korbtasche wird das Frühstück vor die Tür gestellt

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HOMESTORY FLATTERED-APARTMENTS

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„UNSER EINZIGES ZIEL: JEDER GAST SOLL SICH VOM ERSTEN MOMENT AN WIE ZU HAUSE FÜHLEN“ MIGUEL MATEUS GASTGEBER UND TIERARZT

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01 Sanfte Farbtöne und minimalistisches Interieur kennzeichnen die Apartments

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istorische Bausubstanz hat in Porto einen ebenso hohen Stellenwert wie Familienbetriebe, Originales und Tradition werden nach Möglichkeit erhalten. Ein klassisches Beispiel für diesen so gar nicht nostalgisch geprägten Beschützerinstinkt ist das Apartment-Projekt „flattered. to be in Porto“. Dahinter stecken drei ehemalige Tiermediziner, die nicht nur die Gründung einer Tierklinik im Jahr 2005 verbindet, sondern sechs Jahre später der Wunsch, etwas ganz Neues zu versuchen und ihr Leben grundlegend zu verändern. Wenig zimperlich machten es sich die drei zur 20

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Aufgabe, der Gastfreundschaft in Portugal eine neue Dimension zu verleihen. Heute vermieten Miguel Mateus, Catarina Silva und Catarina Alves in Porto, Tomar und Lissabon unter dem Namen Flattered Ferienapartments mit dem Anspruch, Gästen nicht einfach eine Bleibe, sondern ein Zuhause zu bieten. Ihre Geheimwaffen: familiäre Atmosphäre, Exklusivität, Qualität, Komfort und Kunst. VERSTECKTE IDYLLE

Bus Nummer 500 benötigt von Portos Zentrum eine kurzweilige Viertelstunde ins Herz von Foz do Douro. Nicht weit entfernt von hier sorgt der Anblick des Leuchtturms für dieses ganz besondere maritime Fernweh. Eine warme Brise trägt den Gesang der Möwen und das Salz des Atlantiks ins Landesinnere. Nichts an der gut 100-jährigen Fassade in der Rua Senhora da Luz zwischen Atlantik und Ourigo-Strand deutet auf eine Ferienunterkunft hin. In der Nachbarschaft finden sich die besten Restaurants Portos, wunderbare klassische Cafés und kleine

02 Unterm Podest versteckt sich ein zusätzliches Doppelbett. Das schafft Luft und spart Platz

Läden. Wer nicht weiß, dass sich die Flattered-Apartments in dem historischen Stadthaus hinter der Haustür mit der Nummer 145 verstecken, wird vergebens suchen. Holz und Marmor im Treppenhaus strahlen eine kühle Wärme aus. Im Apartment stehen zur Begrüßung Blumen auf dem Tisch, eines der großen Fenster ist geöffnet und lässt die Sonne ins Haus und Herz. Miguel Mateus war in seinem früheren Leben Tierarzt, mit seinen beiden guten Freundinnen hat er die Idee zu Flattered entwickelt und umgesetzt. Ihr Ziel: auch die anspruchsvollsten Gäste zufriedenzustellen. Einige Fenster geben den Blick auf den Atlantik frei, durch andere zeich-

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HOMESTORY FLATTERED-APARTMENTS

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03 Direkt an der Strandpromenade haben die drei Gastgeber ihr Haus mit den Ferienapartments eröffnet

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04 Einzigartig ist das Licht hier im Nordwesten Portugals

te Kuchen und Marmeladen auf stylishe Designerleuchten. Und überall im Haus findet man Arbeiten junger portugiesischer Künstler: Gemälde, Grafiken und Fotografien, die übrigens käuflich sind – so kann man nach einem Aufenthalt im FlatteredApartment ein Stück mit nach Hause nehmen. CLEVERE RAUMAUFTEILUNG

net sich ein malerisches Bild der Stadt Porto. Jedes Apartment ist ein liebevoll gestaltetes Unikat, die Einrichtung ist handverlesen und bis hin zu den Heimtextilien von ausgesuchter Qualität. Vintagemöbel treffen auf zeitgenössische Nachfolger, altes portugiesisches Porzellan und geflochtene Weidenkörbe auf feine Körperpflegeprodukte, hausgemach-

Die pfiffige Raumaufteilung geht auf das Konto von José Carlos Cruz. Der Innenarchitekt sah sich bei dem „flattered. to be in Porto“-Projekt vor die Herausforderung gestellt, aus den nicht gerade überdimensionierten ehemaligen Studioräumen und Einzimmerapartments wohnliche, freundliche und nicht zuletzt großzügige Mehrbettapartments zu gestalten. So entwarf er eine Einheit, MAGAZIN FÜR EINRICHTEN UND LEBEN

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in der Einbauküche und sanitäre Anlagen untergebracht sind. Für die früheren Studios im ersten Stock gestaltete Cruz ausgefallene Schlafzimmerblocks: Container sorgen mitten im Wohn- und Essbereich für Privatsphäre – und bieten gleichzeitig eine weitere Schlafgelegenheit, denn im Fuß der Raum-im-Raum-Einheiten verbirgt sich ein zweites, ausziehbares Doppelbett. Dasselbe Prinzip kam in den lichtdurchfluteten zweigeschossigen Apartments im Obergeschoss zur Anwendung. Die ehemaligen Einzimmerapartments sollten ebenfalls mit einem zweiten Doppelbett ausgestattet werden. Hier löste Cruz die Aufgabe mithilfe eines Podests, in dem sich die Schlafgelegenheit platzsparend verstauen lässt. Das „Deck“ des Podests wird als Essbereich genutzt. 21

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HOMESTORY FLATTERED-APARTMENTS

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HOMESTORY FLATTERED-APARTMENTS

01 Durch diverse Einbauten wurden die großen Apartments vielseitig nutzbar

02 Der Materialmix aus Holz und Marmor verleiht dem Haus Wärme und Grandezza 02

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„EINES DER ZIELE WAR, PLATZ FÜR MEHR ALS ZWEI PERSONEN ANBIETEN ZU KÖNNEN“ MIGUEL MATEUS, GASTGEBER UND TIERARZT

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01 Zimmer im Zimmer Die Schlafbox wird zum Rückzugsort im Apartment

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HOMESTORY FLATTERED-APARTMENTS

Es sind nicht zuletzt diese spielerischen Wohnmodule, die die Flattered-Räume so besonders machen, ihnen Gemütlichkeit verleihen. Denn sie fordern jeden Gast dazu auf, selbst Hand anzulegen und die einzelnen Bereiche individuell zu nutzen. Der Gast gestaltet seinen eigenen Wohnraum – und macht das Ferienapartment so gleichsam zu seinem Zuhause. Am Morgen steht vor der Wohnungstür ein geflochtener Korb.

Liebevoll bestückt und sogar mit Blümchen garniert, enthält er das Frühstück, ganz nach den persönlichen Wünschen der Gäste zusammengestellt. Ach, wäre es doch zu Hause genauso ...

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Firma Name Straße

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PLZ/Ort E-Mail

02 Kühle Klarheit herrscht im Treppenhaus des renovierten Townhouse

03 Der Leuchtturm bewacht die Hafeneinfahrt Portos

04 Kunst in jeder Ecke Die Werke in den Flattered-Apartments kann man kaufen

cairo.de 04

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ZWISCHEN EINST UND JETZT

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DESIGNTRIP PORTO

Porto ist hip, keine Frage. Designtrip per Segway? Aber gerne! Neuester Film von Jim Jarmusch? Heißt „Porto“ und spielt in Porto. Best European Destination? 2012, 2014 und 2017: Porto. Porto ist zum Heulen schön TEXT: Raphael Fridolin Schmid

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01 In diesem schalldichten Raum der Casa da Música können Kinder Konzerte live mitverfolgen

02 Das Restaurant im YeatmanHotel hat soeben seinen zweiten Michelin-Stern erobert

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eit die Innenstadt 1996 von der UNESCO als Weltkulturerbe anerkannt wurde und Porto 2001 Europäische Kulturhauptstadt war, wird der Kulturtourismus systematisch gefördert. Die Früchte dieser Bemühungen können jetzt geerntet werden. Um den historischen Kern Portos legte sich im 19. Jahrhundert ein Gürtel aus Wohn- und Arbeiterreihenhäusern mit Fliesenfassaden. Und genau dort eröffnen heute trendige Shops und Restaurants. Unten, im Bereich von Foz, der Flussmündung des Douro, sind lange Strandpromenaden entstanden. Dem Ufer entlang, zum Überseehafen Leixões hin, wird Porto immer mehr zu einer typisch atlantischen Küstenstadt mit Beachvolleyballnetzen und Sandstränden.

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„PORTO IST VON HERAUSRAGENDEM UNIVERSALEM WERT“

01 Die Pensão Favorita, ein Hotel im Zentrum von Porto, hat Sam Baron eingerichtet

UNESCO KOMITEE FÜR DAS WELTKULTURERBE

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02 Das Restaurant über dem Konzertsaal in der Casa da Música 03 Die diskrete Pension Rosa et al hat Teekräuter im Garten 04 Die grandiose Aussicht auf Porto von der Terrasse des YeatmanHotels aus 05 Porto de Leixões, die neue Anlegestelle für Kreuzfahrtschiffe in Porto

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DESIGNTRIP PORTO WOHNEN hotelteatro.pt casadoconto.com rosaetal.pt pensaofavorita.pt theyeatman.com duasportas.com KUNST UND KULTUR apartegaleria.com galeriapresenca.pt ogaleria.com serralves.pt casadamusica.com culturanorte.pt luispedrosilva.com/pt/p142/ 05

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WOHNEN

Einen atemberaubenden Blick auf Porto bietet das Yeatman-Hotel. Das selbst für die Luxusklasse außergewöhnlich geräumige Haus ist durch und durch auf Portwein getrimmt. Selbst bei der Massage im Spa kommen beim Peeling Traubenkerne zum Einsatz. Im Zentrum der Altstadt liegt das anstelle eines Theaters erbaute Hotel Teatro. Und entsprechend verschreibt sich das in eher dunklen Tönen gehaltene Hotel ganz dem Thema Theater. Schöne Pensionen fürs kleinere Budget sind etwa die vom mit einer Portuensin verheirateten französischen Designer Sam Baron (siehe Seite 3) eingerichtete Pensão Favorita oder das Rosa et al Townhouse – sogar mit eigenem Kräutergarten. Absolut zu empfehlen sind auch die trendigen Hotels Duas Portas und Casa do Conto (siehe ab Seite 38). KUNST UND KULTUR

Galerien sind in Porto rund um die Rua de Miguel Bombarda konzentriert. Die Galerie Ap’Arte bietet vor MAGAZIN FÜR EINRICHTEN UND LEBEN

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DESIGN UND SHOPPING Pulp Studio, Rua do Almada 325 facebook.com/almada13/ facebook.com/armazem93/ mondo-deli.com avidaportuguesa.com facebook.com/LoboTaste-175769559115251/ livrarialello.pt saymyname.pt/tag/porto/ ESSEN UND TRINKEN pedrolemos.net champanheriadabaixabistro.com euskaldunastudio.pt facebook.com/ CreperiaLaBombarde facebook.com/capelaincomum/ otravessa.com

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DESIGNTRIP PORTO

allem eine hervorragende Auswahl an portugiesischen Malern von den 60erJahren bis heute. Frecher ist die Galeria Presença, in der auch Objekte und Installationen zu finden sind. Beide Trendsetter zählen zu den Topadressen für portugiesische Kunst. Und wer sich den wahrlich atemberaubenden Julião Sarmento bei Ap’Arte für 40 000 Euro nicht leisten mag, wird bestimmt in der Ô! Galeria

01 Das Innere des futuristischen VodafoneHeadquarters 02 Die Art-décoVilla Casa Serralves im Park des Museu Serralves

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in derselben Straße fündig. Besitzerin Ema stellt Grafiken und Zeichnungen aus aller Welt in einer bezaubernd femininen Atmosphäre aus. Das von Álvaro Siza Vieira 1999 fertiggestellte Museu Serralves verkörpert alle Tugenden der PortoSchule. Die zurückhaltende Architektur überlässt souverän den darin ausgestellten Werken den Vortritt. Es gibt keine monumentale Fassade, der Besucher soll sich nicht klein, sondern willkommen fühlen. Die Architektur ist auf das Raumerlebnis ausgerichtet und überrascht mit dem Gegenspiel von intimen Patios und riesigen White Cubes. Enge Korridore wechseln sich mit gigantischen Fenstern ab, die den Blick auf den ruhigen Park freigeben. Das Museu Serralves ist das bedeutendste Museum Portugals für zeitgenössische Kunst. Als ob das nicht genug wäre, befindet sich im selben Park die in den 30er-

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04 03 Die moderne Fassade des Mondo Deli von Christian Haas 04 Das Mondo Deli serviert kleine Köstlichkeiten …

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Jahren erstellte Casa de Serralves, eine der schönsten und besterhaltenen Art-déco-Villen Portugals. Von Eduardo Souto de Mouras Bauten ist unter anderem die Casa das Artes („Haus der Künste“) öffentlich zugänglich. Ihr durchdachtes, ruhiges, zeitloses Understatement begründete in den 80er-Jahren den Ruf des mit dem Pritzker-Preis ausgezeichneten Architekten. Unter den neueren Werken ausländischer Architekten lohnt die Casa da Música des niederländischen Star-

05 … und verkauft ausgewähltes lokales Design 05

architekten Rem Koolhaas einen Besuch. Sie wirkt wie vom Himmel gefallen – samt Aufschlagwellen am Boden. Eine Führung gibt Aufschluss über die ausgeklügelte Konzerttechnik. Auch das Kreuzfahrtterminal Leixões von Luís Pedro Silva, ein mit einer Million weißen Kacheln bedeckter Spiralbau, beeindruckt (siehe ab Seite 60). Ein nicht minder bemerkenswerter Solitär ist das leider nur von außen zu besichtigende Vodafone-Headquarter des Architektenduos Barbosa & Guimarães mit seiner facettierten Fassade. 06 Nicht Vintage, sondern bewusst nur ganz minimal restaurierte Designmöbel aus den 50ern und später in der Casa Almada 07 Die prächtige Fassade der Casa Almada 07

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TIPPS VON SAM BARON

Der französische Designer ist Porto eng verbunden (siehe Seite 3). Seine Vorschläge für Besucher: – der traditionsreiche Mercado do Bolhão in einem sehenswerten Gebäude; – der Clérigos-Turm; – der Bahnhof São Bento; – Passos Manuel für einen Drink (passosmanuel.net); – Restaurante Guarany zum Lunch (cafeguarany.com); – Restaurante Cunha für eine Francesinha (confeitariacunha.pt) – Miss’Opo für ein Dinner mit Style (missopo.com)

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„WAS ICH AN PORTO SO LIEBE, IST DIE LOKALE SZENE, DIE MAN EIN WENIG SUCHEN MUSS“

01 / 03 Objekte zwischen Kunst und Design im Pulp Studio an der Rua do Almada

SAM BARON DESIGNER

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DESIGN UND SHOPPING

Wer Möbel aus den 50ern oder 60ern mag, sollte sich bei Armazém in der Rua do Almada umschauen. Die Möbel in diesem Geschäft sind ganz bewusst nur minimal restauriert, alle Arbeiten daran führten Handwerker aus derselben Straße aus. Ganz in der Nähe bietet der Kollektivshop Almada 13 ein originelles Sammelsurium feil. Im hinteren Teil befindet sich ein Café mit kühlem Innenhof – die Pavlovas, ein Traum! Im nahe gelegenen, hervorragend renovierten Mondo Deli tischt der deutsche Aussiedler Christian Haas neben superleckeren Menüs ausgesuchte Designerstücke für die Wohnung auf. Und wenn man schon mal in der Rua do Almada ist, sollte man noch im Pulp Studio reinschauen. 32

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02 Weltweit zu den schönsten ihrer Art zählt die Buchhandlung Lello im neumanuelinischen Stil 04 Klassiker aus Portugals Alltagsdesign bei A Vida Portuguesa

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DESIGNTRIP PORTO

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Klassiker des Alltagsdesigns findet man im A Vida Portuguesa, übersetzt: das portugiesische Leben. Von dem Sortiment in dem wundervollen Laden sind selbst die Portugiesinnen hin und weg. Alle traditionellen Produkte Portugals, von Sardinen bis zu Seife, von Wolldecken bis zu schwarzen Keramikschwalben, sind hier in erlese-

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ner Qualität versammelt. Alles handgearbeitet, in Retro-Verpackungen gehüllt und auf hochwertigen Eichenholzregalen und -tischen präsentiert. Ähnlich angesagt ist Lobo Taste. Hier verbindet Paulo Lobo äußerst erfolgreich traditionelles Kunsthandwerk mit zeitgenössischem Design. Geradezu ein Muss ist die Livraria Lello & Irmão. Die neugotische Buchhandlung zählt weltweit zu den schönsten ihrer Art und verfügt über ein großes Angebot ausländischer Literatur. Trotz vieler Versuche will portugiesischen Modedesignern der internationale Durchbruch nicht so recht gelingen. Wer sich trotzdem einen Einblick verschaffen will, kann zum Beispiel den Shop Saymyname in den Galerias Lumiére aufsuchen.

05 / 06 Lobo Taste verbindet aktuelles Design mit portugiesischem Kunsthandwerk

Wir stehen auf perfekt

bearbeitete Haut

Am Anfang war das Leder Sofa: DS-19 | www.desede.ch

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ESSEN UND TRINKEN

Die Küche in Portugals Norden ist zweifelsohne die beste im Land. Die gehobene Gastronomie baut auf der sorgfältigen, guten Alltagsküche auf. Das an Agrarprodukten reiche Umland und der nahe Fischereihafen liefern die nötigen Zutaten. Schon vor dem Abflug von zu Hause sollte man im Euskalduna reser vieren. Der energiegeladene Chef, der Portuense Vasco Coelho Santos, hat schon bei so großen Namen wie El Bulli, Arzak und Mugaritz gearbeitet. Vor den Augen der Gäste wird das einzige Menü des Abends zubereitet, die Köche selbst servieren es. Ebenfalls zu den Spitzenköchen zählt Pedro Lemos. Das gleichnamige

01 Küchenchef Vasco Santos vom Restaurant Euskalduna … 02 … kochte schon im Mugaritz, Arzak und El Bulli 03 Bei nur 16 Plätzen sollte man frühzeitig reservieren

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04 / 05 In der Chocolateria Equador gibt es die schönste Schokolade Portugals

06 Champanharia da Baixa, der Klassiker im Nachtleben Portos

„FÜR PORTO MUSS MAN NEUGIERIG SEIN, BODENSTÄNDIG UND HUNGRIG“ SAM BARON DESIGNER

Restaurant mit sagenhaftem Ausblick und Kräutergarten auf der Dachterrasse gehört zu den Klassikern von Portos Gastronomie. Zu erwähnen ist auch das Restaurant im YeatmanHotel, in dem sich Ricardo Costa soeben seinen zweiten MichelinStern erkocht hat. Fast täglich öffnen in Porto neue Restaurants, Bars und Bistros, teils mit abenteuerlichem Konzept. Ein schönes Beispiel ist die Champanharia da Baixa. Sehr originell wiederum ist das Capela incomum mit seinen stillen Plätzchen unter alten Platanen. Jüngeren wird das O Travessa gefallen – cooles Design, coole Musik, coole Leute. Und wer schon in der Nähe ist, kann noch bei der Creperia Bombarda vorbeigehen – kein Designjuwel, aber wirklich leckere Crêpes.

AT NIGHT

In einer solch dynamischen Stadt wie Porto ist natürlich jeder Artikel über Bars und Nachtleben fast schon veraltet, wenn er geschrieben wird. So bietet sich als Ausgangspunkt für eigene Recherchen der Blog O Porto Cool (oportocool.wordpress.com) an. Dank vieler Fotos findet man sich auch ohne Portugiesischkenntnisse ganz gut zurecht. Die englischsprachigen Portale portofashionmakers. com oder portugalconfidential.com sind ebenfalls hilfreich. Aber an eines sollte man sich in Porto unbedingt halten: Wer etwas entdecken will, muss unscheinbare Türen öffnen, und wer etwas sucht, sollte sich die Hausnummer merken – die Wunder der Stadt verstecken sich hinter ganz unbedeutenden Fassaden.

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TRENDSCOUT NEWS

DREHSTUHL MOLL S9

EIN STUHL DENKT MIT MITWACHSENDE KINDER- UND JUGENDMÖBEL waren bislang die Spezialität von Moll. Jetzt hat das Unternehmen einen Bürostuhl entwickelt, der wirklich für fast alle Alters- und Gewichtsstufen funktioniert. Der ungewöhnliche Drehstuhl moll S9 bietet eine kombinierte Höhenverstellung, unterstützt Bewegungen in alle Richtungen und fördert ein dynamisches Sitzen. Die Beweglichkeit des Sitzes reguliert sich automatisch und passt sich stufenlos an die Komfortwünsche der unterschiedlichsten „Be-Sitzer“ an.

MOLL-FUNKTION.DE

Dynamisches Sitzen Der Drehstuhl moll S9 passt sich der Größe und den Komfortwünschen seiner „Be-Sitzer“ an

Impressum HERAUSGEBER CI – creative inneneinrichter GmbH & Co. KG, Spreestraße 3, 64295 Darmstadt VERANTWORTLICH Steffen Schmidt (V.i.S.d.P.) OBJEKTLEITUNG Sandra Gotha VERLAG UND ANSCHRIFT DER REDAKTION HOFFMANN UND CAMPE X, eine Marke der HOFFMANN UND CAMPE VERLAG GmbH, ein Unternehmen der GANSKE Verlagsgruppe, Harvestehuder Weg 42, 20149 Hamburg, Tel. +49 40 44188-247. Amtsgericht Hamburg, HRB 81308 Sitz: Hamburg GESCHÄFTSFÜHRUNG Christian Backen OBJEKTLEITUNG Kaja Eilers CHEFREDAKTION Peter Würth CREATIVE DIRECTION Tobias Zabell ART DIRECTION Nora Luther CHEFIN VOM DIENST Simone Wippern BILDREDAKTION Holger Riemenschneider REDAKTIONELLE MITARBEIT Sarena Brose, Wolf-Christian Fink, Raphael Fridolin Schmid, Maike Seifert, Rahel Ueding SCHLUSSREDAKTION Ursula Junger HERSTELLUNG Claude Hellweg LITHO PX2@ Medien GmbH & Co. KG DRUCK Ernst Kaufmann GmbH & Co. KG, Druckhaus, Lahr ABONNEMENTS, VERTRIEB UND ANZEIGENVERANTWORTUNG Sandra Gotha (info@creative-inneneinrichter.de) ANZEIGEN Werner Fischer – Tellus Corporate Media GmbH, Hammerbrookstraße 93, 20097 Hamburg, Tel.: +49 40 280868-87 Fax: +49 40 280868-20, e-Mail: w.fischer@tellus-corporate-media.com. Es gilt die Anzeigenpreisliste gemäß den Mediadaten 2017 REDAKTIONSBEIRAT Frank Anger-Lindemann, Wilfried Lembert, Klaus Seydlitz.

Dieses Magazin und alle in ihm enthaltenen Beiträge, Entwürfe, Abbildungen, des Weiteren die Darstellung der Ideen sind urheberrechtlich geschützt. Mit Ausnahme der gesetzlich zugelassenen Fälle ist eine Verwertung einschließlich Nachdruck ohne schriftliche Einwilligung des Verlages strafbar. Es wird nur presserechtliche Verantwortung übernommen.

Bildnachweis Titel: © João Morgado - Fotografia de arquitectura; Standpunkt: © Fabrica; Inhalt: © João Morgado (2), © Mormor, © Armorim; Seite 6–7 © João Messias/Casa da Música; Seite 8–9 © anahtiris/Shutterstock; Seite 10–11 © FG + SG Architectural Photography; Seite 12 © Tony Dixon, © Fritz Hansen, © Brian Buchard, © Grand Repos, Antonio Citterio/Vitra; Seite 14–17 © White Studio und Alexandre Delmar; Seite 18–25 © FG + SG Architectural Photography/Photofoyer; Seite 26–34 © Casa da Música, © Numo.pt/Yeatman, © Pensão Favorita, © João Messias/Casa da Música, © Rosa et al Townhouse, © Antonio Chaves/Yeatman, © FG + SG Architectural Photography (2), © Museo Serralves, © Casa Almada (2), © Mormor (2), © Mondo Deli, © Manuel Vazim/Livrario Lello, © Pulp Studio (2), © Fernando Guerra/A Vida Portuguesa, © Lobo Taste (2), © Euskalduna Studio (3), © Chocolateria Equador (2), © João Curíti; Seite 35 © Roger Valentin Mandt/Moll; Seite 36–44 © Casa do Conto (4), © Duas Portas (3), © João Morgado/Pedro Ferreira Architecture Studio (7); Seite 46–48 © Run Lola! Studio, © INSIDHERLAND (5); Seite 49 © Rosmaninho & Fernandez (2), © José Campos, © João Morgado (3), © Piurra (2); Seite 50–56 © chiquizafra/iStock; © Movecho, © Shutterstock (3), © Tecta/HG Esch, © Scott Gundersen, © Studio Corkinho (2), © SIMPLEFORMSDESIGN (2), © Amorim (3), © Blackcork (2), © Luigi Zilli/Gervasoni 1882, © FG + SG Architectural Photography, © Cappellini, © Cork & Felt designed by Hella Jongerius for Danskina, © Andreas Sütterlin/Vitra, © Petite Friture, © Frederico Martins/Sugo Cork Rugs (2); Seite 58 © Cassina, © Stéphane Manel; Seite 60–65 © Pátria Lusa Design, © Mutina (11), © João Morgado - Fotografia de arquitectura; Seite 66 © Karl Lagerfeld/Cassina, © Stéphane Manel

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Wenn es um Restaurierung, Renovation oder Neubau geht, ist für die richtungsweisenden Architekten in Porto die Entscheidung klar: Pure Nostalgie ist oberflächlich, Spektakuläres fast schon obszön. Sie setzen auf Erneuerung, indem sie den verfallenden Townhouses mit Respekt vor der Tradition Neues hinzufügen TEXT: Raphael Fridolin Schmid

STADTERNEUERUNG

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Die Casa do Conto, nach einem Brand 2011 totalrenoviert, ist von außen ganz unauffällig, von innen jedoch ein Monument moderner portugiesischer Architektur

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E 01 Das Treppenhaus mit Lichtschacht in der Casa do Conto 02 In Beton gegossene Gedichte an der Decke der Lobby. Am Klavier spielen hie und da Schüler des Konservatoriums zum Frühstück

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ntschuldigung, dass ich nicht die Zeit hatte, weniger zu schreiben“ – so endet die E-Mail eines blutjungen Architekten aus Porto, in der er über die neue Architektur der Stadt im Nordwesten Portugals berichtet. Der Satz enthält alles, was die von Legenden wie den Pritzker-Preisträgern Eduardo Souto de Moura und Álvaro Siza Vieira geprägte Architekturschule von Porto ausmacht: reflektierten Minimalismus, große Sensibilität, als Kontinuität verstandene Tradition und Detailversessenheit. Die Stadt Porto explodiert im Moment geradezu. Täglich öffnen neue Bars und Galerien. Junge Architekten und Designer haben plötzlich viel zu tun, und – für sie völlig ungewohnt – es sind sogar noble Budgets vorhanden. Die mittlere Generation verhandelt mit internationalen Immobilieninvestoren, und die Korken knallen. Man ist, wie in ganz Portugal, stolz, den Sparsamkeit verordnenden Hohepriestern der Finanzmächte entkommen zu sein, und darauf, dass man das aus eigener Kraft geschafft hat. Man ist stolz auf die boomende lokale Handwerkskunst, stolz auf die UNESCO-geweihte Altstadt und stolz auf Porto Cool. Aber selbst den Profiteuren dieses Erfolgs ist es mitunter mulmig zumute. Steil steigende Miet- und Immobilienpreise und der überbordende Tourismus sind Tagesgespräch. Man hat das Gefühl, erfolgreich aufs Gaspedal getreten zu sein, und sucht nun zunehmend ratlos nach dem Steuerrad. Und ist sich der urbanistischen Herausforderungen sehr bewusst. Doch zurück zur Porto-Schule der Architektur. Neben elaboriertem Minimalismus ist Kontinuität ein besonders hoher Wert hierzulande. Ein junges Paar wird eher die Kommode aus dem Elternhaus mitnehmen, als sich neu einzurichten, und in der Architektur gilt Demut vor vorhandener Bausubstanz als höchste Tugend. Antiquitäten neben neuen Möbeln empfindet man hier nicht als stilistischen Kitzel,

sondern als natürliches Weiterleben des bereits Vorhandenen. Wenn es um alte Häuser geht, gibt es gemeinhin drei Alternativen: Konservierung beziehungsweise Restaurierung, Neubau oder Renovierung im Sinn von Erneuerung. Letzteres ist immer öfter der Weg, der in Porto beschritten wird. Willkürliche Rückgriffe auf Nostalgisches gelten als oberflächlich und respektlos. Und Spektakuläres wie die Casa da Música des holländischen Architekten Rem Koolhaas wird von Portuensen fast schon als ordinär angesehen. Diese für Nordeuropäer ungewohnte Sicht brachte in Porto einen ganz eigenen Stil von Inneneinrichtung und Architektur hervor. Ein gutes Beispiel für als Kontinuität verstandene Tradition und durchdachten Minimalismus ist das Duas-Portas-Townhouse („zwei Türen“), ein kleines Hotel, das vier Mitglieder aus drei Generationen der Familie Souto de Moura planten und nun führen. GEBAUTER RESPEKT VOR VORHANDENEM

Nichts weist darauf hin, dass es sich um ein Hotel handelt. Sogar die Klingel ohne Namensschild ist lediglich ein kleiner Knopf, der aus dem Verputz ragt. Wie bei allen Renovierungen in Porto erkennt man von außen kaum, dass eine Intervention stattgefunden hat. Das unauffällige Haus am Douro wirkt lediglich frisch gekalkt. Doch der Eindruck täuscht. Tatsächlich wurde das Haus um einen Stock erhöht, wobei man den Granit aus der nicht mehr renovierbaren Rückfassade benutzte. Das ist gebaute Philosophie, gebauter Respekt vor Vorhandenem. Beim Eintreten fühlt man sich sofort wohl. Rechts die Rezeption, nicht mehr als ein Tisch, ein Stuhl und ein Sessel, nach vorne die lange Perspektive zu einem der rückwärtigen Patios. Das Licht fließt aus dem Oberlicht ins Treppenhaus und aus den Patios in den Gang. Das Haus will mit Ruhe erlebt werden, nichts wirkt spektakulär – ist es aber. Ein Großteil der Möbel wurde eigens

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für das Hotel entworfen. Alles, was mit der Hand berührt wird, ist aus Holz, alles, was gegen den Boden zeigt, mit weißer Farbe gestrichen. Die Kunst des Weglassens ist hier zur Perfektion gereift. Im hinteren Teil des Hotels führt ein kühler Innenhof aus Granit in den Garten hinter dem Haus. Trotz des Minimalismus wirkt das kleine Hotel keineswegs kalt. Es gibt eine wunderbare Langsamkeit vor, und nur mit dieser ist es zu genießen. Das erst im Juli 2017 fertiggestellte Hotel ist ein Juwel der aktuellen Porto-Architektur. Eine Besonderheit portugiesischer Architekturgeschichte ist das innige Verhältnis von Architektur und „Decoração“, also der Gebäudeverzierung. Seit dem 15. Jahrhundert wechseln sich Perioden theatralischen Gebäudeschmucks, zum Beispiel die soge-

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nannte Manuelinik im 15. Jahrhundert, mit Perioden des Minimalismus wie dem Estilo Chão im 16. Jahrhundert ab. In den minimalistischen Perioden wird dem Decoração aber keineswegs weniger Aufmerksamkeit geschenkt. Vielmehr nimmt das Mobiliar oder auch die Fortschreibung der vorhandenen Bauelemente die Funktion etwa von vergoldeten Altären oder floralem Stuck ein. Portugiesen ist die Unterscheidung zwischen Architektur, Gebäudedekoration und Inneneinrichtung völlig fremd. Selbst bei kleineren privaten Projekten ist es im Norden Portugals üblich, dass der Architekt auch Teile des Mobiliars zeichnet. Die hervorragenden Möbelschreiner der umliegenden Region sorgen dafür, dass die Umsetzung der Entwürfe zu vernünftigen Preisen und in allerhöchster Qualität erfolgt.

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01 Die simple Rezeption des DuasPortas-Townhouse-Hotels

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02 Mit Granitblöcken aus der Rückfassade wurde der dritte Stock aufgebaut

03 Vogelperspektive Blick auf das Erdgeschoss durchs Treppenhaus im Duas Portas

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„UNSER HAUPTAUGENMERK LAG DARAUF, DIE CHARAKTERISTIKA ZU ERHALTEN, DIE DAS HAUS PRÄGEN: TYPOLOGIE, RAUMCHARAKTER UND -ORGANISATION, MATERIALOBERFLÄCHEN UND VOR ALLEM DIE ROMANTIK DES 19. JAHRHUNDERTS“ PEDRO FERREIRA ARCHITEKT

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01 Santa Teresa ist der Name des Stadthauses aus dem 19. Jahrhundert. Hier hat Architekt Pedro Ferreira Altes erhalten und Neues hinzugefügt 02 Integrierte weiße Boxen beherbergen Facilitys wie Bad oder Küche 03 Im Zentrum von Porto steht das Stadthaus, das Pedro Ferreira renoviert hat

Vielleicht liegt es an dieser Einheit aus Architektur, Decoração und Inneneinrichtung, dass es zwar mehrere Weltstars unter den portugiesischen Architekten gibt, aber kein einziger portugiesischer Möbeldesigner Starruhm erlangt hat. Einen schönen Stuhl zu gestalten ergibt für Portugiesen schlicht keinen Sinn. Ein mittlerweile weltberühmtes Beispiel für die Einheit aus Architektur, Decoração und Inneneinrichtung ist die Casa do Conto („Haus der Geschichten“). Das kleine Hotel, 2010 renoviert, hat eine ganz besondere Historie. Während der Bauphase brannte das ursprüngliche Haus wegen eines Kurzschlusses komplett aus. Mit dieser Erfahrung im Hintergrund schuf Architektin Alexandra Grande bei der Renovierung eine der Ikonen zeitgenössischer portugiesischer Architektur und Inneneinrichtung. Kein Hotellogo, kein Namensschild, nur die schlichte Fassade eines typischen Reihenhauses aus dem 19. Jahrhundert. Über eine kleine Treppe erreicht man die Rezeption. Sofort fallen die in der Betondecke

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eingelassenen Buchstaben auf. Sie erzählen Geschichten, „contos“, oder sind Gedichte und stellen eine Reminiszenz an die Stuckarbeiten des originalen Gebäudes dar. Minimaler, aber hochpoetischer Decoração vom Feinsten. Wer weitergeht, den erschlägt völlig unerwartet die Vertikale. Das halb freischwebende Treppenhaus schafft einen sehr hohen Raum, den eine Lichtkuppel erhellt. Man fühlt sich an eine Kirche erinnert. Schwere Teppiche, die den Zimmern eine angenehmere Akustik verleihen würden, fehlen, auch der Nachhall erinnert eher an eine Kirche als an eine Wohnung. Große Spiegel nehmen dem schmalen Haus die Enge. Die Zimmer sind mit Betonreliefs geschmückt. Ein als Haus im Haus konzipiertes Badezimmer mit ovalem Oberlicht lässt den Raum in seiner Totalen wirken. Wer Le Corbusiers 50er-Jahre-Architektur mag, ist spätestens jetzt hoffnungslos verliebt in die Casa do Conto. Starke Emotionen ruft auch Pedro Ferreiras großartig renoviertes Stadthaus Santa Teresa aus dem 19. Jahrhundert hervor. „Unser Hauptaugenmerk lag darauf, die Charakteristika zu erhalten, die das Haus prägen“,

04 Steinerne Säulen und eine moderne Treppe ergeben einen reizvollen Kontrast, auch farblich 05 Den Charakter und die besonderen Merkmale des Hauses wie Fenster oder Böden hat Ferreira bewahrt MAGAZIN FÜR EINRICHTEN UND LEBEN

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02 01 Architekt Pedro Ferreira hat dem Haus Licht von oben gegeben

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02 Außen typisch Porto, innen modern: die Casa D. João IV

erzählt Pedro Ferreira. Wände, Böden, Decken, Türen und Fenster wurden wiederhergestellt. Im Kontrast dazu stehen neu eingefügte Elemente, beispielsweise für die Bäder. „Um die Schönheit und Poesie des alten Hauses zu betonen, sind die neuen Strukturen abstrakte, formlose, pure weiße Boxen.“ Stilistisch gesehen kommen Portos Architektur und Design uns Nordeuropäern zunächst durchaus vertraut vor. Auf den zweiten Blick erkennt man jedoch schnell, dass sie sich in Methode und Philosophie von unseren nordeuropäischen Sehgewohnheiten und unserem Designverständnis fundamental unterscheiden.

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DESIGN DER ERINNERUNGEN

DER THRON DER JOANA SANTOS BARBOSA

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DESIGNER-PORTRÄT JOANA SANTOS BARBOSA

Ihre sehr persönlichen Entwürfe haben Joana Santos Barbosa zu einer der erfolgreichsten Designerinnen Portugals gemacht. Nur zu verständlich, dass sie bei der Umsetzung auf die besten Handwerker Portos vertraut TEXT: Raphael Fridolin Schmid

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oana Santos Barbosa ist eine erstaunliche junge Frau. Sie erzählt vom tiefen Respekt, den die arabische Kundschaft vor ihrem Design hat, im Gegensatz zu ihrer Kundschaft in Kalifornien, die eher das Narrativ verstehen will. Und sie beklagt sich, dass die Londoner Designhändler ihre Stücke ungefragt nach Hongkong schicken. In nur fünf Jahren hat Joana Santos Barbosa ihre Firma Insidherland aufgebaut und ist schon eine der erfolgreichsten Designerinnen Portugals. Sie hat kein Designteam, alle Stücke entwirft sie selbst. Sie hat keinen CEO und koordiniert allein ein Team von 70 Leuten – Polsterern, Schreinern, Metallhandwerkern, Marketingund Kommunikationsleuten, Verkäufern und Logistikern. Ihr Trick: alle hinter dem Ziel zu vereinen und dann von ihnen zu lernen. Wer sich auf ihren Niemeyer Armchair setzt, versteht sofort, was Insidherland mit Luxussegment meint. Der weiße Samt streichelt eher den Gast als umgekehrt, und man ertappt sich dabei, dass man sich fragt, wann man zuletzt die Hände gewaschen hat. Die Polsterung ist perfekt ausbalanciert, weder verschluckt einen der Chair, noch ist er zu hart. Der Niemeyer Chair ist von imposanter Gestalt, bedeutend größer als seine Cousins, die man so ähnlich seit den Fünfzigern sieht.

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01 SignatureEntwurf Joana Santos Barbosa auf dem Niemeyer Armchair. Vorn: die Tree Branches Bench 02 Wandleuchte Inspiring Trees aus der BeyondMemoryKollektion

„Der“, erklärt Joana Santos Barbosa, „hat mir einiges Kopfweh bereitet.“ Als die Polsterer anriefen und erklärten, die Umsetzung sei unmöglich, sagte sie alle Termine ab und setzte sich zwei Tage mit ihnen hin. Die Nähte auf der Innenseite der Lehnen mussten hinten rundlich in die Sitzfläche verlaufen, durften sich aber beim Hinsetzen nicht verziehen. Dazu musste die richtige Fadenspannung und -elastizität ausgetüftelt werden. Joana Santos Barbosa holt Fotos von Oscar-Niemeyer-Bauten und Skizzen heraus und zeigt, wieso die kaum sichtbaren Nähte genau so

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verlaufen müssen. Endlich fällt der Groschen. Was man anfänglich für Retrodesign hielt, ist ein durchdachter Tribut an die Architektur Niemeyers. Die Retro-Assoziationen sind das eher nebensächliche Ergebnis der Designidee, nicht ihr Ausgangspunkt. Fast alle Designer im 20. und frühen 21. Jahrhundert stellen die Form oder die Funktion (beziehungsweise deren Negation) in den Mittelpunkt. Joana Santos Barbosa hat sich von diesen Paradigmata gelöst. Für sie heißt Design, ganz spezifische Empfindungen beim zukünftigen Besitzer hervorzurufen. Das Rohmaterial dieser Empfindungen sind Santos Barbosas Erinnerungen. Das wirkt neu, ungewohnt, sehr authentisch und manchmal auch ein bisschen verwirrend. Gerade weil Form- und Funktionsparadigmata nicht zentral sind, sollte man sich bei ihrem Werk auf Einzelstücke einlassen. Santos Barbosas erste Kollektion, Beyond Memory, basiert auf ihren Jugenderinnerungen, vor allem in der 47

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DESIGNER-PORTRÄT JOANA SANTOS BARBOSA

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Natur. Sie zeigt alte Fotos von Bergen und Eichen aus der Alentejo-Region und wirkt plötzlich wie ein zwölfjähriges Mädchen, das aus seinem Tagebuch vorliest. Sie zeigt die Möbel dazu, und aus der ans Art déco erinnernden Kommode wird plötzlich eine Baumgruppe. Es geht ihr nicht darum, irgendwelche Jugenderinnerungen abzubilden, sondern darum, die Emotionen, die sie damals spürte, auf die Besitzer ihrer Möbel zu übertragen. Der Tisch Four for Luck aus der Memory-Kollektion ist Blatt für Blatt kombinierbar. Die drei Kleeblätter stehen für die „ernsthaft-schweren“ Begriffe Glaube, Liebe, Hoffnung. Das vierte Blatt für das ganz leichte „Glück gehabt“. „Ich möchte, dass die zukünftigen Besitzer hie und da einen Glückgehabt-Moment erleben, wie ich damals …“ Der Name ihres Labels ist Programm. Inside her land. Ihre zweite, neueste Kollektion hat Joana Santos Barbosa Identity genannt. Sie basiert auf ästhetischen Erlebnissen während ihrer Ausbildung als Pianistin und später als Architektin, der Zeit, in der sich ihre Identität formte. Entsprechend handeln die Stücke von Adolf Loos, aus dessen Es-

01 Four for Luck Die Maserung der Palisanderplatte hat die Form von Kleeblättern 02 Eingeschaltet ahmt die Ständerlampe Inspiring Trees aus Messing das Licht im Schatten von Korkeichen nach

say „Ornament und Verbrechen“ sie sofort zitieren kann, Oscar Niemeyer, Perspektiven und Pianos. Insidherland produziert ausschließlich mit portugiesischen Handwerkern und lokalen Materialien. Der Norden Portugals weist bis heute einige der besten Handwerker Europas auf, Möbel sind eines der wichtigsten Exportprodukte Portugals. Joana Santos Barbosa geht es aber nicht nur um Qualität, sondern vor allem um die Nähe zu den Handwerkern. Insidherland arbeitet hauptsächlich mit Inneneinrichtern und Architekten zusammen. Die Hälfte von Santos Barbosas Möbeln ist verkauft, bevor die Häuser überhaupt fertig gebaut sind. Wie bei den meisten jungen Designfirmen sind alle Stücke in fast beliebiger Ausführung zu bestellen. Joana Santos Barbosa ist sicher noch nicht am Ende ihrer (Design-) Reise angekommen – das gelackte Metall im Showroom wirkt eher wie für den Markt im Nahen Osten oder in Asien gemacht. Beim Verlassen des Showrooms zieht der majestätische Niemeyer Chair den Blick auf sich, und man assoziiert unwillkürlich: der Thron der Joana Santos Barbosa.

03 Ebenfalls aus der BeyondMemoryKollektion stammt der Beistelltisch Tree Rocks 04 Das Sofa Western in der Ausführung für zwei Personen

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DESIGN 3 TO WATCH

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INNOVATIV VERPACKT Portos etwas andere Designer nutzen eine sehr sinnliche Formensprache, um den Menschen Möbel und Räume näherzubringen. Sie können sich dabei auf die alte Tradition einer Region stützen, in der die besten Handwerker Portugals zu Hause sind

MÖBEL IM TEPPICH

RUI VIANA

LAMELLENDESIGN

EMA ROSMANINHO & ANTÓNIO FERNANDEZ Das Duo António Fernandez und Ema Rosmaninho beschäftigt sich mit Möbel- und Grafikdesign, Innenarchitektur und Architektur. Es begründete den in Porto sehr populären Trend zu lamellenartigen Decken- und Wandelementen. Seine Bar É Prá Poncha (der Drink Poncha, der Ursprung des Caipirinha, besteht aus Rum, Honig und Zitronensaft) war 2012 die erste, in der es dieses Stilmittel konsequent verwendete. Das Duo ist so erfolgreich, dass aktuell Projekte in London und Panama realisiert werden.

Ein Möbeldesigner im wahrsten Sinne des Wortes ist Rui Viana mit seiner Firma Piurra, so heißen hier die geschnitzten Kinderkreisel. In dritter Generation von Schreinern und Holzschnitzern aus dem Umland von Porto abstammend, sorgte Rui Viana unter anderem mit seiner Carpet Collection V1 für Aufsehen: zeitlose, sensible, originelle Möbel, in Teppiche gekleidet. Seine stapelbare Seven Skirts Collection spielt augenzwinkernd auf die traditionelle Tracht Nordportugals mit ihren sieben Unterröcken an. Alle Möbel von Rui Viana stellen lokale Handwerker in klassischer Schreinermanier her. Mehr unter piurra.com

Mehr unter antoniofernandezarchitects.com

WOHLFÜHLRÄUME

PAULO MERLINI Der mehrfach ausgezeichnete Innenarchitekt und Architekt Paulo Merlini arbeitet nach dem Motto „us is more“. Er vertritt die Philosophie, dass sich Räume an unseren Körper anpassen müssen, nicht umgekehrt, und beschäftigt sich damit, wie das menschliche Gehirn auf äußere Reize reagiert. Das macht er zum Maßstab seiner Arbeit. Merlini will Wohlfühlräume schaffen, die den Menschen anregen. Von der Decke des von ihm gestalteten Basho Sushi House hängen beispielsweise 8200 Essstäbchen wie eine Art Wolke. Tropfenartige Auswüchse, die wie Torten und Gebäck verzierender Zuckerguss von oben herabhängen, sorgen für Überraschungsmomente in einer von ihm gestalteten Bäckerei. Die Wände bekamen einen cremigen Pastellton verpasst, der aus dem Durchschnittsfarbton der beliebtesten Backwaren ermittelt wurde. Mehr unter paulomerlini.com

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TRENDSCOUT KORK

ALTES HANDWERK, NEUES DESIGN

DAS BESTE VOM BAUM In keinem anderen Land wird so viel Kork geerntet wie in Portugal. Die Eichen in den „Montados“ liefern feinstes Naturmaterial. Junge Start-ups machen daraus Möbel und mehr, und auch renommierte Stardesigner wissen die Vorteile des robusten Rohstoffs zu schätzen TEXT: Maike Seifert

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01 Die Rinde der Korkeiche kann nur alle neun Jahre geschält werden. Der Baum nimmt dabei keinen Schaden 02 Pipe Chair heißt dieser Stuhl aus Kork, den José Ferreira für Movecho entworfen hat

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ie spanische Königin Letizia und ihr Gemahl, König Felipe VI., sehen selbst als Upcycling-Produkt blendend aus: Der amerikanische Künstler Scott Gundersen porträtierte das royale Paar im Jahr 2015 im Auftrag des portugiesischen Tourismusverbands als Geschenk für die Königsfamilie. Sein Material: 19 278 gebrauchte Weinkorken. Portugal zeigt mit diesem außergewöhnlichen Kunstwerk: Wir sind das Land des Korks. Kein anderer Staat produziert so viel des natürlichen Rohstoffs. 730 000 Hektar Korkeichenwald gibt es auf den Hügeln Portugals. Die Korkeichen stehen in den „Montados“ viel luftiger als die Bäume in deutschen Wäldern – und werden nicht etwa gefällt, sondern geschält. Korkeichen gehören zu den wenigen Bäumen, die immer wieder neue Rinde bilden. Bevor die Rinde zum ersten Mal geerntet werden kann, muss eine Eiche 25 Jahre lang wachsen. Die nächste Schälung wird erst wieder nach neun Jahren durchgeführt. Und erst die dritte Schälung ermöglicht es, Naturkorken aus der Rinde auszustanzen. 52

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Die Ernte beginnt im Mai und läuft bis in den August hinein. Irgendwann werden dann die Südwinde zu heiß, die Luft aus Afrika bläst über die Wälder, und die Bäume verschließen ihre Poren. Die Rinde wird hart, und die Eichen wollen sich nicht mehr entkleiden lassen. Für die Korkernte braucht man also einerseits einen sehr langen Atem – Bäume werden für die nächste Generation gepflanzt, zugleich muss man aber zügig arbeiten. Die Ernte ist echte Handwerkskunst, einziges Werkzeug: eine Axt. Der Job gehört zu den best-

01 CC2 Joop Couwenberg designte diesen FreischwingerHocker mit Korksitz für Tecta 02 Zwei Jahre sammelte Scott Gundersen alte Korken, ehe er ein erstes Porträt daraus schuf 03 Dupond & Dupont heißen die Untersetzer von Amorim

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04 Corkinho ist ein Designstudio aus Antwerpen, das alles Mögliche aus Kork herstellt, zum Beispiel Vasen und Schalen

bezahlten landwirtschaftlichen Tätigkeiten der Welt. Die Korkindustrie ist für Portugal ungefähr das, was die Autoindustrie für Deutschland ist. 100 000 Arbeitsplätze hängen direkt oder indirekt mit ihr zusammen. Gut also, dass die Korkeichenwälder überlebt haben, als immer mehr Winzer auf Schraubverschlüsse umgestiegen sind. Heute weiß man, dass Kork viel zu schade ist, um allein Flaschen damit zu verschließen oder ein paar Pinnwände herzustellen. Ein winziges Stück Kork hat Millionen

von Luftzellen und deshalb hervorragende Dämmeigenschaften. Kork, den man für die Gebäudeisolierung nutzt, ist meist dunkel und grob. Er besteht vor allem aus Reststücken, die bei der Korkenherstellung anfallen, und aus minderwertigem Rohmaterial, das unter Wasserdampf aufgeschäumt wird. Daneben gibt es den hellen, feinkörnigen Kork. Der größte Korkproduzent ist die Firma Corticeira Amorim. Sie hat maßgeblich zum Durchbruch des Korks beigetragen. Neben Weinkor-

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01 Die Korkleuchte Boolean stammt aus Toni Grilos Kollektion für Blackcork

02 Auch einen Spiegel aus Kork namens Moon Mirror hat Toni Grilo entworfen

Selbst Waschbecken gibt es aus Kork, hier von Simple Forms Design

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03 Cork 42 nannte Paola Navone ihren Beistelltisch für InOut von Gervasoni

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ken stellt sie zum Beispiel Korkböden und -wandverkleidungen sowie diverse Alltagsgegenstände her. Im Sommer dieses Jahres hat Amorim erstmals 3-D-Formkork präsentiert, aus dem etwa geschwungene Schalenstühle gebaut werden können. Der Konzern unterstützt junge Start-ups, die mit Kork gestalten. So wie die Marke Sugo Cork Rugs. Susana Godinho und Sónia Andrade hatten die Idee, zwei typisch portugiesische Produkte zu einem zusammenzuführen. Heraus kamen die ersten handgewebten Korkteppiche der Welt. Die beiden Designerinnen kombinieren schönsten hellen Kork mit portugiesischer Wolle und Baumwolle. Die Textilfasern sorgen für Farbe, der Kork für eine einzigartige Haptik. „Feel your feet“ lautet der Slogan der Marke. Die grafischen Muster und Farbzusammenstellungen sind wunderschön – und die Teppiche namens Fuji, Arizona oder Venice haben längst weltweit Fans. Das Label Blackcork des Unternehmens Sofalca verwendet ausschließ-

lich, wie der Name schon verrät, dunklen Kork. Sofalca hat ein Verfahren entwickelt, bei dem Kork mithilfe von Dampf und dem eigenen Harz als Bindemittel verbacken wird. Dabei entsteht die charakteristische Farbe, die an Schokoladenkuchen erinnert. Artdirector Toni Grilo entwarf Stühle, Lounge-Chairs und SideTables, bei denen formschöne Korkkörper mit Eichenplatten und -stäben sowie Bugholz verbunden sind. Außerdem bat er junge portugiesische Designer, aus dem Material etwas Eigenes zu machen. Sie kreierten Beistelltische, die aussehen wie angespitzte Bleistifte, oder Sideboards, die an ineinandergreifende Zahnräder erinnern. Ziegelsteine aus Kork presst das Studio Corkinho. Damit hat es ein Ausgangsmaterial geschaffen, mit dem man hervorragend kantige Sitzmöbel oder Akustikelemente zusammenbauen kann. Die Antwerpener stellen außerdem Vasen und Schalen aus Kork her und designen sogar Küchenschränke aus dem portugiesischen Material.

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Auf Wohnaccessoires hat sich Mind the Cork spezialisiert. Die portugiesische Designerin Jenny Espirito Santo lebt in London, wo sie ihre Korkkissen, Taschen, Töpfe und Tischsets von kleinen Manufakturen fertigen lässt. Doch nicht nur junge Labels und Nachwuchsgestalter haben Kork als „It-Material“ entdeckt. Die niederländische Stardesignerin Hella Jongerius hat für Danskina einen Teppich entworfen, bei dem Filz und Kork miteinander verwoben sind. Die farbigen Linien des Filzes verlaufen entlang des Korks, sodass eine außergewöhnliche Streifenstruktur entsteht. Cork & Felt heißt die Teppichreihe. Jasper Morrison, einer der erfolgreichsten Designer der letzten Jahrzehnte und für seinen „Supernormal“-Anspruch bekannt, ist echter Korkkenner. Er hat schon 2002 einen Corks Table für Moooi und 2004 eine ganze Cork Family für Vitra entworfen, später gar ein ganzes Mini-Haus für Muji in Tokio. Die Beistelltische der Vitra-Serie wirken wie aus einem Stück gefräst. Ihre Verwandtschaft zum Flaschenkorken versuchen sie erst gar nicht zu leugnen; Tische aus Kork sehen bei Morrison natürlich auch aus wie Korken. Selbst der Cork Chair, den er in einer limitierten Edition für Vitra entwarf, könnte aus

05 Hella Jongerius entwarf für Danskina die Serie Cork & Felt 06 Die komplette Fassade des von José Carlos Cruz entworfenen Ecork-Hotels in der Region Evora ist mit Kork verkleidet 07 Stick ist ein reduzierter Tisch mit Korkplatte von Jasper Morrison für Cappellini

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TRENDSCOUT KORK 01 The Whistler Tea Set von Amorim vereint Keramik und Kork

02 Für Vitra entwarf Jasper Morrison im Jahr 2004 die Cork Family

03 Fit In von Amorim ist ein formschöner Topfuntersetzer

04 Petite Friture verbindet in Basil aufs Feinste Kork und Metall

05 Sugo Cork Rugs produziert wunderschöne Teppiche die aus Kork, Wolle und Baumwolle handgewebt werden

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einem überdimensionalen Flaschenverschluss geschnitten worden sein. Und sein Tisch Stick, den Morrison für Cappellini gestaltet hat, lenkt alle Blicke auf die Schönheit des Materials. Die wahlweise runde oder eckige Platte aus Kork steht auf zierlichen, zurückhaltenden Beinen – Sticks eben. Das geschwungene Stahlrohrgestell des Kraghockers CC2 von Joop Couwenberg für Tecta im Bauhaus-Look lenkt, anders als die Sticks, doch ein wenig von der dicken Korksitzfläche ab. Diese besteht aus einem Gemisch aus Latex, Jute und 150 alten Weinkorken und zeigt einmal mehr, wie schön Upcycling-Produkte aus Korken sein können – auch ganz ohne royalen Glanz.

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Mehrzweckstuhl Aula: Kunst-StĂźck aus Kunst-Stoff.

Wilkhahn-Verwaltung, Bad MĂźnder. Architekt Herbert Hirche, 1959. Mehrzweckstuhl Aula: Design Wolfgang C. R. Mezger, 2017.

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design made in germany

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DESIGN DER KLASSIKER FOLGE #11

GIO PONTI: LEGGERA

EIN STUHL DES SÜDENS RUND UM GENUA wurden Mitte des 20. Jahrhunderts große Stückzahlen Chiavari-Stühle hergestellt. Sie wissen schon, diese schlichten, leichten Holzstühle mit Sprossenverbindungen und geflochtenem Sitz, Stühle, die nach Urlaub im Süden aussehen. Von diesen Klassikern ließ sich Gio Ponti inspirieren, als er 1952 seinen Leggera für Cassina entwarf. Heraus kam eine gediegene, klare, besonders kultivierte Variante – und eine Vorstufe seines Superleggera, der ab 1957 eine Weltkarriere machen sollte – eine noch schlankere, noch leichtere Fassung des ohnehin schon schmalen Leggera (siehe Seite 66).

GIO PONTI wurde 1891 in Mailand geboren, wo er bis 1921 Architektur studierte. Sein bekanntestes Gebäude in seiner Heimatstadt ist das Pirelli-Hochhaus. Er war künstlerischer Leiter der Porzellanmanufaktur Richard Ginori, designte zahlreiche Möbel und gründete die Zeitschrift „Domus“. Er starb 1979.

Sitz Hier ist der Sitz gepolstert und mit Stoff bezogen. Zur Auswahl stehen auch Lederbezüge oder Sitze, die aus Seil gefertigt sind.

Kombinationen Diese Variante des Leggera beeindruckt durch das harmonische Farbzusammenspiel von Sitzfläche und Gestell. Wer will, kann aber auch auf Kontraste setzen und unterschiedliche Farben kombinieren.

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Beine Der Leggera hat Beine mit fast rundem Querschnitt – anders als der Superleggera, dessen hauchdünne Beine einen dreieckigen Querschnitt aufweisen.

Holz Die Form wird aus Eschenkernholz hergestellt. Es gibt den Leggera naturfarben oder gefärbt: schwarz, weiß, nussbaumfarben, schlammfarben, erdölgrün oder amarantrot.

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PORTUGALS ERBE WIRD NEU INTERPRETIERT

HARTE SCHALE IN SENSIBLEN FORMEN

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In Porto findet man sie an jeder (Haus-)Ecke: Azulejos, die alten, prächtig handbemalten Fliesen, die die Stadt zum Leuchten bringen. Nachdem man im Interior Design lange nur gekachelte Coolness zeigte, sind Azulejos nun Vorbild in den Arbeiten namhafter Architekten und Designer TEXT: Sarena Brose

Fliesen im Stahlrahmen Der portugiesische Hersteller Pátria Lusa platziert alte Azulejos auf modernen Tischen

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ie Fassaden der Häuser leuchten im Spiel des Lichts blau-weiß, auch gelb oder grün. Erst aus der Nähe erkennt man, dass die glänzenden Bilder und Muster aus kleinen bemalten und glasierten Kacheln bestehen. Portugal ist das Land der Fliesen, der Azulejos. Das Wort geht auf das Arabische zurück, auf al-zuleya, was so viel bedeutet wie poliertes Steinchen. Niemand weiß, wer hier als Erster auf die Idee kam, Fassaden mit Fliesen einzukleiden. Die einfache Bevölkerung hatte anfangs nicht viel dafür übrig und nannte die gekachelten Häuser spöttisch „casas de penico“, überdimensionierte Nachttöpfe. Schnell wusste man in Porto und anderswo aber zu schätzen, dass die Fliesen vor Hitze schützen und sich leicht reinigen lassen. Gleichzeitig er61

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01 Patchwork in der MutinaKollektion Azulej

02 Auch auf dem Boden finden die Azulejos ihren Platz

03 Die Farben sind unregelmäßig aufgetragen

04 Die Fliesen passen in dekorative und in schlichte Räume

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„DIESE RELIEFS SIND KEINE REINE DEKORATION, SONDERN ETWAS, DAS VON ZERRISSENEN ERINNERUNGEN ÜBRIG BLEIBT“ PATRICIA URQUIOLA DESIGNERIN

öffneten sie neue Gestaltungsmöglichkeiten und schmückten die Fassaden der Häuser. Und schließlich sind die Azulejos mit ihrer strengen Geometrie, den floralen Muster und Ornamenten zur Legende geworden. FLIESEN IN DER ARCHITEKTUR

Heute wissen Architekten und Designer die Gestaltungsmöglichkeiten auf und mit der Fliese wieder zu schätzen. Galt lange in Sachen Fliese: kühl, schlicht, unspektakulär – bloß keine Fliesen, an denen man sich sattsehen könnte. Jetzt dürfen sie wieder etwas hermachen. Fliesen für draußen und drinnen, für die Wand und den Boden 62

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werden komplett neu gedacht und zeigen sich in verschiedensten Formaten, mit innovativen Oberflächen und dreidimensionalen Strukturen. Auch in Porto: 900 000 Fliesen bilden etwa die keramische Hülle des 2015 eröffneten Kreuzfahrtterminals Porto de Leixões, drei Kilometer von der Stadt entfernt. Die geschwungene Form, aber vor allem die Fliesen machen das Gebäude von Luís Pedro Silva spektakulär. Wobei sich beides bedingt: Nur wegen ihrer Kleinteiligkeit kann die Keramik die Form das Baus annehmen und ihn wie eine Haut aus Fischschuppen umhüllen. Diese Assoziation wird dadurch unterstrichen,

dass die glitzernden Fliesen das Licht reflektieren. Weiterer Vorteil der Azulejos, die sich gegen Glas und Sichtbeton als Fassadenmaterial durchsetzten, ist ihre Haltbarkeit in der rauen Seeluft. Auch bei der 2016 eröffneten Casa Acreditar in Porto, einem mit Spenden finanzierten Patientenwohnheim, sind die Wandfliesen im Innenund Außenbereich das entscheidende gestalterische Element. Mintfarbene glasierte Fliesen, die in einer portugiesischen Manufaktur in Handarbeit entstanden sind, zieren das nach den Plänen des Lissaboner Atelier do cardoso realisierte Gebäude. Die leichten Unregelmäßigkeiten in Farbe und Form, die der nicht maschinellen Fertigung geschuldet sind, machen das Fliesenbild lebendig. Ein mit Fliesen gemustertes Interieur schufen Ren Pepe Arquitetos in einer Zahnklinik in Porto. Mosaike aus Dreiecken verweisen auf ähnlich geflieste, alte Fassaden an Häusern der Stadt. Sie finden sich nicht nur an den Wänden, sondern auch an Möbeln, Türen, Leuchten wieder. FERNWEH UND NEUE ÄSTHETIK

Oberflächen, Dekore, Herstellung, Verwendung – nichts bleibt vom Einfallsreichtum unberührt. Das stellt

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Mintfarbene glasierte Fliesen sind das prägende gestalterische Element der Casa Acreditar in Porto, eines Patientenwohnheims

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Angelehnt an die Natur Die Kollektion Phenomenon des Designers Tokujin Yoshioka greift Elemente aus der Natur auf, hier: Waben

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auch eine Herausforderung für die internationalen Hersteller dar, die eine Ästhetik jenseits beigefarbener Durchschnittsware entwickeln müssen. Kein Wunder, dass sie mittlerweile renommierte Künstler wie Tokujin Yoshioka und Konstantin Grcic mit der Gestaltung beauftragen. Umgekehrt haben Designer die Fliese als Plattform ihrer Kunst schätzen gelernt. „2008 präsentierten wir unsere erste Kollektion, die wir noch mit unbekannten Designern entwickelt hatten. Wir suchten auch nach prominenten Namen, aber das war schwierig. Damals interessierten sich Designer nicht für Fliesen“, sagt Massimo Orsini vom italienischen Hersteller Mutina. Eine bekannte Designerin, die für Mutina entworfen hat, ist die Spanierin Patricia Urquiola. Ihre erste Kollektion Déchirer war ein Erfolg. Die kombiniert verschiedene Materialien – Feinsteinzeug, mit reliefartigen Abdrücken verziert, recycelte Glasmosaikoberflächen – und kann als Wandund Bodenfliese verwendet werden. „Diese Reliefs sind keine reine Dekoration, sondern etwas, das von zerrissenen Erinnerungen übrig bleibt“, so Urquiola. „Ich bin fasziniert von der Gelegenheit, ein industrielles Produkt zu entwerfen, das deutliche Spuren der Vergangenheit zeigt und gleichzeitig leichte Fingerabdrücke hinterlässt, die eine neue Identität formen.“ Mit der Kollektion Azulej hat Urquiola später einen Entwurf vorgelegt, der unmittelbar an die Tradition der portugiesischen Fliesen anknüpft und Fernweh auf moderne Weise inszeniert. Er verbindet die Natürlichkeit von Zementfliesen mit künstlerischen Mustern und klaren Farben. Die Muster vereinen verschiedene ästhetische Elemente: Erinnerungen, geometrische Schemata, Blumenmuster. Die Dekore können miteinander kombiniert werden. Neben der großflächigen Verlegung an Boden und Wand kann die Kollektion Azulej auch feine Akzente an kleineren Flächen als Bordüre oder an Möbeln setzen.

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01 Preisgekrönt ist die Kollektion Numi, die Konstantin Grcic für Mutina entworfen hat – mit geometrischen Formen

02 Dreidimensionaler Effekt Die geometrischen Formen sind bei Numi leicht hervorgehoben

03 Verblichen wirken die Farben der Kollektion Azulej – die Fliesen lassen sich gerade dadurch gut kombinieren

KERAMIKKUNST IM INTERIOR DESIGN

Inzwischen wird Keramik auch zum Designelement bei der Inneneinrichtung. Wenn Fliesen Schmuckstücke sind, dürfen sie auch auf Möbeln in Serie gehen. So gibt es von Patricia Urquiolas Kollektion Déchirer die Tischedition Bugs family und von Tokujin Yoshioka Snow Table und Snow Bench in der Kollektion Phenomenon. Nicht nur Inspiration, sondern auch Werkstoff sind die Azulejos für den portugiesischen Hersteller Pátria Lusa. Lokale Handwerker platzieren historische Fliesen aus dem 17. und 18. Jahrhundert auf Tischen und Würfeln aus Stahl und Plexiglas und schaffen so aus den kühlen Rahmen und den blau-weißen Fliesen ganz individuelle Möbelstücke. Dabei sind die Azulejos, die aus einem Wandbild stammen, zufällig im Mosaikstil angeordnet. Sofort hat man die funkelnden Fassaden Portos vor Augen. Gekachelte Pracht statt Coolness – zum Glück! MAGAZIN FÜR EINRICHTEN UND LEBEN

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FAMOUS CHAIR STUHL SUPERLEGGERA

Gio Ponti (1891 bis 1979) gründete 1928 das Kunst-, Design- und Architekturmagazin „Domus“ und leitete es bis zu seinem Tod. Zu seinen wichtigsten architektonischen Werken zählen das Denver Art Museum (1966 bis 1971) und das Mailänder Pirelli-Hochhaus, das er 1958 gemeinsam mit Pier Luigi Nervi realisierte.

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60 JAHRE LEICHTIGKEIT ZUM 85. GEBURTSTAG von Cassina warf Karl Lagerfeld einen ganz besonderen Blick auf einige Highlights der Kollektion. Darunter war das Modell 699 Superleggera von Gio Ponti aus dem Jahr 1957. Vor 60 Jahren schuf der Gestalter den superleichten Stuhl als Weiterentwicklung des Leggera, und bis heute setzt das Ultraleichtgewicht Maß-

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stäbe in Sachen Haltbarkeit und graziler Auftritt. Er besteht aus Eschenholz und wiegt nur rund zwei Kilo, weshalb er spielend mit nur einem Finger anzuheben ist. Legendär ist seine Robustheit. Die wies Cassina mit ungewöhnlichen Methoden nach: Vom Dach geworfen, überstanden die Stühle den Aufprall fast ohne Spuren.

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Hocker gratis!

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