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Vorwort

Ursula Kampmann, Historikerin, Numismatikerin und Kuratorin der Büchersammlung des MoneyMuseums.

Eigentlich fand ich die Geschichte der Astronomie immer todlangweilig. Wen interessiert es schon, wann welcher Stern entdeckt worden ist, und wer welches Modell vom Universum entwickelte? Ich gebe zu, als mich Jürg Conzett beauftragte, einen Essay über die Geschichte der Astronomie anhand der Bücher des MoneyMuseums zu verfassen, habe ich mich erst einmal ein paar Monate lang vor der Arbeit gedrückt. Aber Jürg Conzett beharrte auf seinem Vorhaben, und so kaufte ich mir ein paar gängige und populäre Standardwerke zur Geschichte der Astronomie und las sie. Sie bestätigten all meine Vorurteile: todlangweilig!

Der Durchbruch kam erst mit einem Buch des Wissenschaftsautoren Thomas de Padova, der anhand des Verhältnisses zwischen Kepler und Galilei aufschlüsselte, in welchem historischen Umfeld die beiden Forscher ihre Entdeckungen machten. Mein Interesse war geweckt, als ich plötzlich begriff, dass auch der

Titelbild: Ein Blick mit Weltraumteleskop Hubble auf den Tarantelnebel: Ob irgendwo da draussen intelligentes Leben existiert? Urheber: NASA, ESA, ESO, D. Lennon and E. Sabbi (ESA/STScI), J. Anderson, S. E. de Mink, R. van der Marel, T. Sohn, and N. Walborn (STScI), N. Bastian (Excellence Cluster, Munich), L. Bedin (INAF, Padua), E. Bressert (ESO), P. Crowther (Sheffield), A. de Koter (Amsterdam), C. Evans (UKATC/STFC, Edinburgh), A. Herrero (IAC, Tenerife), N. Langer (AifA, Bonn), I. Platais (JHU) and H. Sana (Amsterdam).

Fortschritt in der Astronomie nichts anderes ist als das Ergebnis aus dem Zusammenspiel von sozialen, politischen und wirtschaftlichen Zwängen. Und als ich realisierte, dass das in den populären Medien verbreitete Bild vom wissenschaftlichen Fortschritt nicht im Geringsten der historischen Vergangenheit entspricht, begann ich zu hinterfragen, woher wir unsere Bildungsversatzstücke beziehen.

Plötzlich hatte ich ein Déjavu. Ich war wieder in der Vorbereitung zur letzten Ausstellung des MoneyMuseums über die Geschichtsbilder der Schweiz. Genau wie bei Wilhelm Tell gab es auch in der Wissenschaftsgeschichte Interessensgruppen, die ihre eigene Agenda hatten, wenn sie Galileo Galilei oder Isaac Newton zu den großen Heroen der Wissenschaft stilisierten. Die Frage, warum wir uns an manche Namen erinnern und an andere nicht, schien mir noch viel spannender, als das Geschehen selbst.

Ich gebe zu: Es hat mich gepackt. Was ein kleiner Text von ein paar Seiten werden sollte, wuchs sich zu einem längeren Essay aus.

Sie können ihn als Einleitung zur Ausstellungspublikation lesen. Daniel Baumbach hat die darin zusammengefassten Erkenntnisse auf einige Bücher des MoneyMuseum angewandt, die Sie in der Ausstellung des Winterhalbjahres 2022/23 sehen.

Wir beide hoffen, dass Sie uns nach der Lektüre resp. dem Besuch der Ausstellung zustimmen werden: Die Geschichte der Astronomie ist total aufregend.

Ursula Kampmann

Essay

Von göttlicher Macht zum physikalischen Gesetz: Die Geschichte der Astronomie

Rund 120 Milliarden USDollar investiert die Menschheit im nächsten Jahrzehnt in die Raumfahrt, und das obwohl es auf der Erde genug andere Problemfelder gäbe, für die man dieses Geld ausgeben könnte. Warum wollen wir seit mehr als 2500 Jahren wissen, was über den Wolken ist? Und hat dieses Wissen irgendwelche Auswirkungen auf die Gesellschaft, die unter diesen Wolken lebt? Sind gar Gesellschaftsstruktur und das Wissen über den Himmel in irgendeiner Form voneinander abhängig? Das sind die Fragen, denen dieser Essay nachspürt.

von Ursula Kampmann

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