business im Breisgau

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Wir t scha f t

business im breisgau

August 2014 Ausgabe Nr. 3 gratis

IT

Spezial Die Branche in SĂźdbaden

Windkraft: Viel heiĂ&#x;e Luft

Der lange Weg zur Energiewende im Schwarzwald Stadtentwicklung

Ladenbau

Genossenschaften

Was Freiburg mit einem Perspektivplan erreichen will

Warum die Schweitzer Group nach Freiburg geht

Kerngesunde Bilanzen bei Bauverein und Familienheim



Editorial

Viel heiße Luft Von wegen „1200 Windräder bis 2020“ – Landesregierung fliegt an Zielen vorbei

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Viel Wind macht auch die südbadische, vor allem die Freiburger IT-Branche: Immer mehr erfolgreiche Unternehmen, immer mehr Arbeitsplätze, immer mehr Auszeichnungen. Ein Schwerpunkt auf den Seiten.

Foto © ns

ie grün-rote Landesregierung hat die Backen mächtig aufgeblasen, als sie nach der gewonnenen Wahl verkündete, sie wolle alles dafür tun, dass bis zum Jahr 2020 rund 1200 neue Windräder grünen Strom erzeugen werden. Das Versprechen ist schon jetzt zum Scheitern verurteilt. Umweltminister Franz Untersteller war unlängst in Freiburg und sprach wortreich zur Energiewende. Weniger reich fällt indes die faktische Bilanz in den vergangenen drei Jahren aus: Es wurden 34 (in Worten: vierunddreißig) neue Windmühlen ans Stromnetz angeschlossen.

Schwerer Verlust fürs Freiburger Messegeschäft: Das Urgestein Klaus Seilnacht hört überraschend schon Ende dieses Jahres auf. Gesundheitliche Gründe zwingen den 61-Jährigen zu dem Schritt. Nun ist die Nachfolge Thema.

Dem Vernehmen nach kann es durchaus auf eine interne Lösung zulaufen. Eine tatkräftige Waffe im Kampf gegen die Wohnungsnot, vor allem für die nicht so Vermögenden, sind die Baugenossenschaften Bauverein Breisgau und Familienheim Freiburg. Beide haben nun ihre Bilanzen fürs abgelaufene Geschäftsjahr präsentiert – beide strotzen vor Kraft. In unserer Reihe „Wirtschaftlich interessante Städte“ waren wir nach Abu Dhabi nun in Dublin, wo einst der Celtic Tiger brüllte. Es geschah nach US-amerikanischem Vorbild: Die nicht regulierten Banken gaben finanziell wenig robust aufgestellten Menschen schlecht abgesicherte Kredite für Wohnungen, die heute allenfalls noch die Hälfte wert sind. Ein dennoch lohnender Ausflug. Herzlichst, Ihr Lars Bargmann Chefredakteur 5 Anzeige

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Inhalt Titel Energiewende im Ländle: 1200 neue Windräder versprach die Landesregierung bei ihrem Amtsantritt vor gut drei Jahren. Bis heute sind seither genau 34 neue Windmühlen ans Netz gegangen. Eine ernüchternde Bilanz.

Stadtentwicklung

Banken

Die Stadt Freiburg gibt eine Viertelmillion Euro für einen Perspektivplan aus. Der soll aufzeigen, wo künftig noch gebaut werden kann und wo besser nicht. Ob er den hohen Erwartungen gerecht werden kann? 6 –7

Das gab es noch nie: Warum sich die Freiburger Volksbank im CommerzbankGebäude einmietet. 15

Versicherungen

Genossenschaften

Wirtschaftlich interessante Städte (2): Das ständige Auf und Ab der irischen Metropole Dublin. 28 – 29

Wirtschaftlich kerngesund: Der Bauverein Breisgau und die Familienheim Freiburg präsentieren ihre Bilanzen. 12 –13

Unternehmen Warum der EuroAirport Basel 40 Millionen Euro in ein neues Frachtzentrum steckt.

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IMPRESSUM business im Breisgau Herausgeber: chilli Freiburg GmbH Neunlindenstr. 35, 79106 Freiburg fon: 0761-292 70 60 | fax: 0761-292 70 61 bargmann@chilli-freiburg.de www.business-im-breisgau.de

Auswärtsspiel

Die Baufinanzierer von der Württembergischen in Freiburg. 20 – 21

Fakten bitte

Schwerpunkt IT

Menschen & Meldungen

Silicon Breisgau: Viele hidden champions tragen zum mächtigen Erfolg der regionalen IT-Unternehmen bei. 22-25

Seilnacht sagt Servus / Herrenknecht im Umsatzloch / Ehrenmedaille für BaselTattoo-Gründer / RVF mit Rekordzahlen / Neues BHKW in Landwasser / Weniger Arbeitslose im Juni 16 –19

Ladenbau Warum der international erfolgreiche Ladenbauer Schweitzer Group aus Südtirol nun eine Niederlassung in Freiburg eröffnet hat. 26–27

Geschäftsführung: Michaela Moser (ViSdP) Redaktion: Lars Bargmann Autoren dieser Ausgabe: Felix Holm, Tanja Bruckert, Steve Przybilla, Erik Herr, Anaïs Lauvergeon

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Die Welt, die Wirtschaft in Zahlen 30

Unternehmen Die in Insolvenz befindliche Solarstrom AG hat ihren Mietvertrag verlängert. 31

Titel: © www.pixelio.de Fotograf: Neithard Schleier Grafik: Anke Huber Lektorat: Beate Vogt Anzeigen: Jonas Stratz, Uwe Bernhardt, Marlene Schick


Unternehmen

Millionenschweres Bekenntnis zu Freiburg Mit neuem BHKW treibt Micronas den Green Industry Park voran

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Bopp freuen vor allem die sinkenden Betriebskosten: Die mehr als vier Millionen Euro werden sich schon in gut vier Jahren amortisieren. Die Wirtschaftlichkeit sei jedoch nicht der einzige Grund zur Freude, so Bopp. Zusammen mit der Photovoltaikanlage soll der Ausstoß des Klimafeinds Kohlendioxid jährlich um mehr als 6000 Tonnen verringert werden. „Trotz der hohen Belastungen, die die Energiewende mit sich bringt, bekennen wir uns zum Produktionsstandort Freiburg“, verspricht Bopp. Ein Freiburg-Bekenntnis Gemeinschaftlich drücken von einem der größten Micronas-Geschäftsführer Matthias Bopp und Oberlokalen Industriebetriebe mit rund 900 Mitarbeibürgermeister Dieter Salotern und ein Vorbildprojekt mon den roten Knopf, um für den geplanten Green Indas neue BHKW zu starten, dustry Park – auch Salound dann passiert – zunächst mon darf sich freuen. Das gar nichts. Erst eine knappe BHKW reiht sich ein in die Minute später springen die Liste der LeuchtturmprojekMotoren mit ohrenbetäuben- Hand in Hand: Oberbürgermeister Dieter Salomon und te des Industriegebiets Nord dem Brummen an. Im Inne- Micronas-Chef Matthias Bopp zünden das Kraftwerk. wie die Holzpelletanlage von ren der Anlage fangen mit diesem Knopfdruck die beiden erdgasbetriebenen Verbren- Pfizer, die Photovoltaikanlage am Eichelbuck oder die Enungsmotoren an, Strom zu erzeugen. Die Wärme, die dabei Mobilität bei Ikea. Damit das grüne Industriegebiet nicht entsteht, wird im Winter zum Heizen genutzt. Im Sommer nur ein schickes Label bleibt, sondern dazu beiträgt, wird diese thermische Energie zwei Absorbern zur Kälteerzeu- dass die Stadt Freiburg ihr Energiesparziel von 50 Progung zugeführt. So will Micronas künftig seinen Strombedarf zent bis zum Jahr 2030 einhalten kann, müssen solche um ein Drittel, seinen Wärmebedarf um rund zwei Drittel Ausnahmeprojekte jedoch bald zur Regel werden. und den Kältebedarf um etwa 40 Prozent senken. Tanja Bruckert

Foto © tbr

reißig Prozent Stromeinsparung, sechzig Prozent des Wärmebedarfs, rund eine Million Euro weniger Energiekosten im Jahr: Für den Freiburger Halbleiterhersteller Micronas ist die Inbetriebnahme seines gut vier Millionen Euro teuren Blockheizkraftwerks (BHKW) sowohl mit Blick auf die Betriebskosten als auch auf den Umweltschutz ein großer Schritt. Und ein Bekenntnis zum Standort Freiburg mit seinem Green Industry Park.

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Stadtentwicklung

Perspektive im Planformat Auftaktveranstaltung zu neuer Raumpolitik in Freiburg

Einen Perspektivplan für Freiburg hatte Baubürgermeister Martin Haag schon kurz nach seinem Dienstantritt im Januar 2011 im Interview mit dem Freiburger Stadtmagazin chilli angekündigt. Oberbürgermeister Dieter Salomon meinte nun, die Idee dazu stamme vom Chef des Stadtplanungsamts Roland Jerusalem. Klar ist: Es ist sinnvoll für eine wachsende Stadt, sich einen solchen Plan zu zimmern, wie Marit Pedersen, stellvertretende Leiterin der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt in Hamburg, aufzeigte. In ihrem Vortrag „Qualitäten für Wohnen und Freiraum“ blickte sie zurück auf das Erarbeiten eines Perspektivplans für die Hansestadt. Ein zentrales Ziel an Elbe wie Dreisam: tausende neue Wohnungen, ein Drittel davon öffentlich gefördert. In Hamburg hatte der indes schon eine Grundlage: den sogenannten Federplan von Fritz Schumacher aus dem Jahr 1909. Und tatsächlich entwickelte sich die Stadt mit

Foto: © ns

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rgendwo zwischen Flächennutzungsplan und Bebauungsplan ist er angesiedelt, der Perspektivplan für Freiburg, der bald Millioneninvestitionen steuern soll und jetzt sein erstes öffentliches Coming-out im prall gefüllten Saal des E-Werks hatte. Mehr als 300 Interessierte kamen, 250 durften rein, es war wie bei einem Sportclub-Spiel gegen die Bayern, die Veranstaltung wurde mit Verspätung angepfiffen. Nun will das Rathaus sie wiederholen, womöglich noch vor der Sommerpause. „Wir haben die Resonanz unterschätzt“, sagte Salomon. Fand das aber im Grunde gut.

Neue Perspektiven entdecken: Was kommt hierhin, wenn das Stadion wegkommt? Wer ergebnisoffen am Plan arbeitet, kommt an der Fläche schwer vorbei. heute 1,75 Millionen Einwohnern entlang der großen Entwicklungsachsen aus diesem Werk. Natürlich steht im Norden in den vergangenen Jahren vor allem die Hafen-City im Fokus, wo 5800 Wohnungen gebaut wurden und werden – und Raum für 45.000 Arbeitsplätze. Den Druck auf den Wohnungsbau verdeutlicht eine ungewöhnliche Entscheidung des Ersten Bürgermeisters Olaf Scholz. Der setzte sich mit den Chefs der sieben Bezirksämter zusammen und schrieb jedem ins Pflichtenheft, wie viele Wohnungen jedes Jahr in seinem Bezirk gebaut werden müssen. Wenn die Bezirke die Vorgabe schaffen, werden sie mit Geld (250

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Dünner

&

dichter

Euro pro genehmigter Wohnung) belohnt, wenn nicht, „das kommt nicht vor, die Entscheider wollen sich in der alljährlichen Sitzung keine Blöße geben“, meinte Pedersen. So wurden allein im vergangenen Jahr Genehmigungen für gut 10.000 Wohnungen erteilt. In Freiburg sind seit 2006 nur etwa 5000 Wohnungen gebaut worden: längst nicht genug, um den Zuwachs bei den Arbeitsplätzen, den Zuzug von Studierenden und den Bedarf einer besonders kinderreichen Stadt zu befriedigen. Die im Breisgau zu Zeiten von Norbert Schröder-Klings, von 2007 bis 2011 Leiter des Referats für Stadt-

Einwohner pro Quadratkilometer München.................................... 4468 Berlin......................................... 3834 Stuttgart..................................... 2850 Hamburg.................................... 2319 Konstanz.................................... 1581 Weil am Rhein............................ 1541 Freiburg...................................... 1424


Kommentar

entwicklung und Bauen, nahezu heilige Geschossflächenzahl (GFZ) von 1,2 spielt in Hamburg derweil keine Rolle: „Wir schauen überhaupt nicht nach der GFZ, unsere Maßgabe ist die Quartiersdichte insgesamt“, so Pedersen, die selber in einer Wohnanlage mit einer GFZ von 3,0 „gut“ lebt. Spätestens hier war das Unwohlsein des Auditoriums zu spüren. Dabei ist Freiburg von den nackten Zahlen her eine eher dünn besiedelte Stadt (siehe Infobox). Allerdings sind 42 Prozent der Gemarkung Wald und gleich zwei Drittel der Flächen geschützt. Salomon wusste bei der anschließenden Diskussion, dass München jedes Jahr um 30.000 Einwohner wächst – auf nur der doppelten Gemarkungsgröße von Freiburg. Die bayerische Metropole ist die am dichtesten besiedelte Stadt in Deutschland. Das Gros der Beiträge der Interessierten war kritisch. Uto R. Bonde fürchtete nach den an die Leinwand geworfenen großen Hamburger Gebäuden, dass auch in Freiburg „zu

viel die Sprache der Investoren statt die Sprache der Bürger“ gesprochen werde; es wurde kritisiert, dass beim Perspektivplan offenbar gar nicht über das Wohnen von ärmeren Menschen und Flüchtlingen gesprochen werden soll; die Wagenburg „Sand im Getriebe“ verteilte Handzettel „Experimentelle Wohnformen ermöglichen statt beschlagnahmen!“ und fordert, dass im Perspektivplan „Sonderbauflächen Experimentelles Wohnen“ ausgewiesen werden. Der Perspektivplan soll die oft sehr emotionalen, sehr oft von Einzelinteressen geprägten Debatten ums Bauen in Freiburg versachlichen. Wenn neue Bebauungspläne erarbeitet werden, sollen diese künftig aus dem Kontext des Perspektivplans heraus verstehbar sein. Wenn es nach Haag geht, dann werden ab 2016 neue Bauvorhaben nicht mehr auf dem Bierdeckel diskutiert, sondern gesamtstädtisch gesehen. Das wäre ein Vorteil für die Behörden – und das Niveau der Diskussionen. Lars Bargmann

So wird der

Perspektivplan gemacht

In einem ersten Schritt (in jeder Stufe gibt es unterschiedliche Beteiligungsmodelle) wird ein Atlas Freiburg erstellt, der Informationen über Siedlungsstrukturen, Bebauungsdichte, Versorgung mit Grünräumen, Nutzungen, Erreichbarkeiten zusammenfasst. Das soll zeigen, in welchen Bereichen Handlungsbedarf besteht. Dann werden die Talente der Stadt herausgearbeitet, das Stadtgebiet in Quartierstypen eingeteilt, es geht um räumliche Qualitäten, um Potenziale für die Innenentwicklung, um Freiräume, auch darum, schlummernde Talente zu wecken. Hinzukommen

strategische Bausteine, die auch anhand von Beispielen aus anderen Städten für eine Weiterentwicklung konkrete Vorschläge machen sollen, wo man mit welchen Mitteln ansetzen kann. Auf der Zielgeraden sollen in drei Denkrichtungen mögliche Szenarien für Freiburgs räumliche Entwicklung vorgestellt und diskutiert werden. Im Ziel ist daraus Ende 2015 der etwa 250.000 Euro teure Perspektivplan geworden. Und der soll die nächsten 15 Jahre Stadtentwicklung maßgeblich prägen. > Mehr Info: www.perspektivplan-freiburg.de

Hohe Erwartungen runterschrauben Kennen Sie das Lied von der Unzulänglichkeit? „Ja, mach nur einen Plan, sei nur ein großes Licht und mach dann noch 'nen zweiten Plan, gehn tun sie beide nicht“, heißt es bei Bertolt Brecht. Nun ist es ein Perspektivplan, mit dem das Baudezernat die künftige Entwicklung der Stadt besser steuern möchte. Nicht, dass das zu kritisieren wäre: „Pläne machen und Vorsätze fassen, bringt viel gute Empfindungen mit sich“, schrieb einst Friedrich Nietzsche. Aber es wird wohl sein wie so oft: Die Realität wird sich um diesen Plan auch nicht mehr scheren als um die Bevölkerungsprognosen, anhand derer 2006 ein unzulänglicher Flächennutzungsplan verabschiedet worden war. Selbst wenn ein guter Perspektivplan ergäbe, dass in der Oberwiehre an der Dreisam das Verhältnis von Freiraum zu Bebauung so gut ist, dass dort noch gut und gerne nachverdichtet, pardon, innenentwickelt werden könnte, werden andere Parameter (Nachbarn, Naturschutz, Hochwasser, Baurecht) dies realiter konterkarieren. Wer nicht enttäuscht werden möchte, darf die Erwartungen nicht zu hoch schrauben. Der Plan wird hoffentlich Neues zutage fördern, neue politische Handlungsstränge offerieren, vielleicht mehr Akzeptanz und mutmaßlich eine neue Art von Freiraumsensibilität schaffen. Das wäre durchaus ein Gewinn. Es wäre aber stark überraschend, wenn er neue Wohnbauflächen aufzeigen oder die Freiburger Bürgerschaft ungeteilt davon überzeugen würde, dass in einer wachsenden, kleinen Großstadt künftig an mancher Stelle schlicht höher und dichter gebaut werden muss. Lars Bargmann chilli | business im Breisgau | 08.2014 | 7


Energiewende

Flaute statt frischer Brise

Foto © Christoph Weiler

In Südbaden verzögert sich der Ausbau der Windkraft. Was steckt dahinter?

Über allen Wipfeln ist Ruh: 1200 neue Windräder will die grün-rote Landesregierung bis 2020 genehmigen. Bis Ende 2013 waren es bisher exakt 34. So geht Energiewende nicht.

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eit drei Jahren regiert Grün-Rot in Stuttgart. Gleich zu Beginn kündigte Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) eine Kehrtwende in der Energiepolitik an: Bis 2020 sollten 1200 neue Windräder im Ländle entstehen. Doch bisher ist davon nicht viel zu spüren. Noch immer 8 | chilli | business im Breisgau | 08.2014

toben Grabenkämpfe zwischen Befürwortern und Gegnern, auch in Südbaden. Auf dem Ochsenberg könnte eine seit Jahren geplante Anlage so viel Strom erzeugen, wie ihn alle Freiburger Straßenbahnen benötigen. Doch das Projekt ruht – wie so viele andere auch.


Kolumne

Allmählich wird er ungeduldig. Die Windenergie, das weiß Andreas Markowsky, genießt in Stuttgart einen guten Ruf. „Die Stimmung hat sich seit dem Regierungswechsel zum Positiven verändert“, sagt der Geschäftsführer der Freiburger Ökostromgruppe, die aktuell 30 Windräder betreibt. 40 weitere sollen in den nächsten zwei Jahren hinzukommen, eingereiht in jene 1200 neuen Windräder, die die grün-rote Landesregierung bis 2020 bauen will. Theoretisch. Denn so richtig gedreht hat sich der Wind noch nicht; die Projekte kommen einfach nicht in Schwung. Beispiel Schauinsland: Auf dem Ochsenberg, schwärmt Markowsky, könne eine topmoderne, fast 200 Meter hohe Anlage entstehen, die jährlich 15 Millionen Kilowattstunden (kWh) Strom liefert – so viel, wie alle Freiburger Straßenbahnen zusammen verbrauchen. Seit Jahren steht der Ökostrom-Anbieter, der jährlich 80 Millionen kWh saubere Energie produziert, in den Startlöchern. Doch passiert ist nichts. „Das Projekt ruht, weil ein Wanderfalkenpaar auf dem Ochsenberg nistet. Seit einem Jahr komme ich nicht von der Stelle.“ Insgesamt liefen derzeit 16 Anträge in Südbaden für neue Projekte. Das Vogel-Dilemma ist symptomatisch für die Debatte. Den meisten Beteiligten ist klar, dass Windkraft – im Vergleich zu Atom- und Kohlestrom – die umweltfreundlichere Variante ist. Und natürlich verfolgen auch Unternehmer wie Markowsky eigene finanzielle Interessen. Doch die Spaltung, die bis ins Umweltministerium hineinreicht, ist nicht zu übersehen: auf der einen Seite Windkraft-Befürworter, auf der anderen Seite Naturschützer, die Eingriffe in die Landschaft strikt ablehnen. Wer die Energiewende will, muss auf den Ausbau regenerativer Energien setzen. In Freiburg benötigen

private und gewerbliche Verbraucher jährlich aktuell 1,09 Milliarden kWh Strom. Davon wurden im vergangenen Jahr nur 59,35 Millionen regenerativ erzeugt – 11,7 durch Wind, 26,4 durch Sonne, 19,2 durch Biomasse und zwei durch Wasser. Auf der anderen Seite wollte die Stadt ihren Kohlendioxid-Ausstoß von 1990 bis 2010 um 20 Prozent reduzieren. Geklappt hat das nicht ganz, es wurden nur 17 Prozent. „Man muss dazu aber sehen, dass die Bevölkerung in dieser Zeit auch stetig gewachsen ist“, sagt Rathaussprecherin Edith Lamersdorf. Statt sich über die verfehlten Klimaschutzziele zu ärgern, hat der Gemeinderat die Erwartungen im März 2014 noch einmal hochgeschraubt. Nun sollen die Emissionen bis 2050 um 50 Prozent sinken. Wie das erreicht werden soll, ist noch nicht ganz klar. „Die wohl größten Zuwächse bei erneuerbaren Energien könnten bei der Windenergienutzung erreicht werden“, weiß nicht nur Lamersdorf. Doch auch in Freiburg regiert die Bürokratie: Wer ein Windrad bauen möchte, bekommt es mit dem Baurechtsamt, dem Umweltschutzamt, dem Forstamt und dem Landwirtschaftsamt zu tun. Ist die Anlage höher als 50 Meter, hat der Bauausschuss ebenfalls ein Wörtchen mitzureden. Das ist praktisch nahezu immer der Fall, da sich kleinere Windräder kaum rechnen. Was bedeuten die hohen Hürden für zukünftige Bauvorhaben? „Es deuten sich neue Standorte an, aber nicht in dem Tempo, das wir uns erhofft hatten“, sagt Thorsten Radensleben, Vorstandsvorsitzender der Badenova. Welche Standorte er meint, will er nicht sagen. In der Region ist der Energieversorger an verschiedenen Ökostrom-Projekten beteiligt, darunter 14 Windkraftanlagen sowie Freiburgs größte Solaranlage auf dem Müllberg Eichelbuck. Seit 2008 be-

Wo wanderfalken Windkraft verhindern

Der Wind dreht sich Die Energiewende, die in BadenWürttemberg vollzogen wird, ist gleichzeitig eine Kehrtwende. Noch unter Erwin Teufel standen Windräder für die „Verspargelung der Landschaft“. Später, unter Oettinger und Mappus, herrschte Gleichgültigkeit. Seit die Grünen in Stuttgart das Sagen haben, weht nun ein anderer Wind: Windkraft wird nicht mehr nur geduldet; sie ist erwünscht. Oder doch nicht?

Gerne wird der Behördenapparat angeführt, weil dort angeblich noch immer eine Heerschar CDU-treuer Beamter den Amtsstempel schwingt. Doch diese Erklärung greift zu kurz. Sobald ein Windrad gebaut werden soll, stellen sich nicht selten die Bürger quer. Sie fürchten sich vor toten Vögeln, Einbußen im Tourismus und Gesundheitsschäden durch Lärm und Infraschall. Doch es gibt auch Zahlen, die optimistisch stimmen: Sind Windräder erst einmal installiert, steigt die Zustimmung. Ulrich Schraml, Professor für Forst- und Umweltpolitik an der Uni Freiburg, befragt seit zehn Jahren Freiburger, wie sie zu den Windrädern vor den Toren der Stadt stehen. Das Ergebnis: 80 Prozent finden die Anlagen heute positiv – 15 Prozent mehr als vor zehn Jahren. Vielleicht bekommt der Umweltminister also doch noch genügend Rückenwind, um seinem Ziel zumindest näherzukommen. Denn eines ist sicher: Die perfekte Energiequelle gibt es nicht. Wer sich von Atomreaktoren und CO2-Schleudern namens Kohlekraftwerken verabschieden will, muss einsehen, dass das ohne Windkraft nicht möglich ist. Oder die Lichter gehen aus – auch eine Möglichkeit. Steve Przybilla

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Energiewende

liefert die Badenova alle Privatkunden mit Ökostrom, der entweder in der Region oder in Schweizer und norwegischen Wasserkraftwerken produziert wird. Beim Gesamtstrommix kommt der Energieversorger nach eigenen Angaben auf über 80 Prozent Ökostrom. Doch nicht nur in Freiburg herrscht Gegenwind. Verglichen mit anderen Flächenländern steht Baden-Württemberg beim Ausbau der Windenergie auf dem letzten Platz. In NRW sind laut Bundesverband Windenergie derzeit rund 3000 Windräder in Betrieb, während das Ländle auf nicht einmal 400 kommt. Gebe es mehr, ließen sich womöglich Tausende Kilometer Stromtrassen sparen. Diese werden in den nächsten Jahren von den norddeutschen OffshoreWindparks in den Süden gelegt, um den hiesigen Energiebedarf zu decken. 5 Anzeige

Inzwischen bezeichnet sogar der Landesumweltminister die 1200 geplanten Windmühlen als „sehr ambitioniert“. Bei einer Podiumsdiskussion wirbt Untersteller Ende Juni in Freiburg für die Klimaziele der Landesregierung: 90 Prozent weniger Kohlendioxid bis zum Jahr 2050 im Vergleich zu 1990. Wie soll das gehen, wenn der Ausbau nicht vorangeht? „Ich habe gelernt, geduldig zu sein“, erklärt Untersteller. 250 Anträge für Windmühlen lägen derzeit vor. Für 300 weitere gebe es Voranfragen. Warum der Ausbau so langsam vorangeht, ist umstritten. Während die Opposition von einem „verkorksten Landesplanungsgesetz“ spricht, führt Untersteller baurechtliche Vorschriften an. Fakt ist: Unter Schwarz-Gelb waren die mit Lokalpolitikern besetzten Regionalverbände dafür zuständig, geeignete Windkraft-Flächen auszuweisen. Weil sie jedoch in Verdacht standen, Verhinderungspolitik zu betreiben, wurden sie nach dem Regierungswechsel entmachtet. Seither sind die Kommunen für die Planung zuständig. Und das dauert: Auch im Freiburger Rathaus weiß noch niemand, wann die Flächennutzungspläne fertig sind. „Die meisten Gemeinden haben den Planungsaufwand unterschätzt“, giftet Dieter Karlin, Direktor des (entmachteten) Regionalverbands Südlicher Oberrhein. Nach seiner Einschätzung sind rund 100 Flächen in der Region für Windräder geeignet, weshalb er seinen Verband auch nicht als Windkraft-Gegner dargestellt sehen möchte. „In der Politik wird eben gerne der schwarze Peter gesucht.“ Windproduzent Markowsky sieht das anders: „Vor dem Regierungswechsel haben die Regionalverbände 99,5 Prozent aller Flächen ausgeschlossen. Die restlichen 0,5 Prozent waren windstill.“ Für Axel Mayer, Grünen-Kreisrat und Geschäftsführer des hiesigen BUND-Regionalverbands, ist die Sache komplexer: „Die Vorstellung, man

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„Sehr ambitioniert”: Umweltminister Franz Untersteller könne innerhalb von zwei Jahren Windräder in den Schwarzwald stellen, war nie realistisch.“ Zum einen säßen im Behördenapparat dieselben Mitarbeiter wie unter Schwarz-Gelb, zum anderen bevorzuge die Bundespolitik noch immer die großen Energiekonzerne. Für den Umweltschützer haben jedoch auch die Windkraftplaner eine Bringschuld: „Man kann Windrädern keine Tarnkappe aufsetzen. Es müsste aber möglich sein, sie so zu bauen, dass sie aus einiger Entfernung nicht mehr auffallen.“ Eine weitere Befürchtung: Durch die Wind-Debatte geraten andere Energiequellen ins Hintertreffen. So sieht es Michael Wagner, ein pensionierter Unternehmer, der in Freiburg vier Kleinwasserkraftanlagen betreibt. „Die Stadt war immer sehr offen“, sagt er, „aber die Landesbehörden blockieren.“ Heute gebe es nur noch 1700 Wasserkraftwerke im Land – zehnmal weniger als 1930. „Wenn man diese Standorte reaktivieren würde, könnte man sich ein komplettes Atomkraftwerk sparen.“ Wie mühselig der Weg zur Energiewende tatsächlich ist, zeigt ein Anruf beim Umweltministerium: Wie viele der 1200 geplanten Windräder sind denn seit 2011 gebaut worden? Dem Pressesprecher ist die Antwort unangenehm: „Ich will nichts beschönigen“, sagt er schließlich, „bis Ende 2013 waren es 34.“ Steve Przybilla


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Baugewerbe

Rekordzulauf bei der Familienheim

Foto © FH

Baugenossenschaft erneut erfolgreich

Bauprojekt am Rennweg: Wo einst der Gründungsbau der Familienheim stand, entstehen derzeit 48 Wohnungen.

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tolze 141,8 Millionen Euro Bilanzsumme hat die Baugenossenschaft Familienheim Freiburg im vergangenen Jahr erwirtschaftet und damit fast fünf Millionen Euro mehr als im Vorjahr (136,5). Es ist – wie immer in den vergangenen Jahren – nicht die einzige Zahl, die die Vorjahressumme übertrifft: Auch bei den Mitgliederzahlen, den Spareinlagen und dem Jahresüberschuss legte die Genossenschaft wieder ordentlich zu. Die beiden Geschäftsführer Werner Eickhoff und Anja Dziolloß hatten daher bei der Verkündung der rekordverdächtigen Zahlen wieder einmal gute Laune. „2013 war wieder von einem soliden Wachstum geprägt“, freute sich Eickhoff, „die Zahlen sind der Beweis für unser grundsolides wirtschaftliches Fundament.“ Der Freiburger Wohnungs- und Immobilienmarkt boomt nach wie vor, Wohnraum ist Mangelware, immer mehr Menschen treibt es daher zu den Genossenschaften, die ihre Mitglieder seit jeher mit bezahlbarer Unterkunft versorgen. Auch wenn der Quadratmetermietpreis bei der Familienheim in 2013 von 6,03 auf 6,26 Euro kletterte, liegt er doch immer noch deutlich unter der Freiburger Durchschnittsmiete (2013: 7,53 Euro pro Quadratmeter). 599 neue Mitglieder – so viele wie nie zuvor – begrüßte die Genossenschaft im vergangenen Jahr und hat damit nun 6559. „Das beweist die Attraktivität unseres genossenschaftlichen Modells“, ist Eickhoff überzeugt. 650 Mitglieder stehen derzeit auf der Warteliste für eine Wohnung, bis alle versorgt seien, werden mindestens vier Jahre gehen. Aber auch an anderen Zahlen lässt sich ablesen, wie eng der Markt ist: So lag etwa die Fluktuationsrate im Wohnungsbestand bei nur 5,7 Prozent. „Früher waren das auch schon acht“, erinnert sich Eickhoff. Allerdings gibt es derzeit auch andere gute Gründe, Mitglied zu sein: So wuchs etwa der Bestand der Spareinlagen 12 | chilli | business im Breisgau | 08.2014

um 2,1 auf 31 Millionen Euro. „Wir bieten vernünftige Zinssätze in einer historischen Ausnahmesituation“, begründet Eickhoff. Wer bei der Familienheim Geld anlegt, bekommt immerhin bis zu 1,9 Prozent Zinsen. Aber auch normale Mitglieder profitieren: Von den 2,7 Millionen Euro Jahresüberschuss (2012: 2,4 Mio.) wurde nach Rückstellungen wieder eine vierprozentige Dividende in Höhe von 249.000 Euro (plus 18.000 zum Vorjahr) ausgeschüttet – an alle, die einen Geschäftsanteil für 105 Euro besitzen. Um auch in Zukunft solche Zahlen präsentieren zu können, wurde wieder kräftig in den Wohnungsbestand investiert: 12,2 Millionen Euro steckte die Familienheim in Instandhaltung, Modernisierung und den Neubau von Gebäuden. Das derzeit größte Neubauprojekt befindet sich an der Ecke Rennweg und Komturstraße in Freiburg. Hier entstehen für insgesamt 11,4 Millionen Euro bis im Herbst 2015 48 Ein- bis Fünf-Zimmer-Wohnungen. In den kommenden Jahren liegt der Fokus bei den Ausgaben vor allem im Bereich Modernisierung und Instandhaltung. Vor allen Dingen Dichtigkeitsprüfungen und die Sanierung von Abwasserleitungen würden in naher Zukunft „ein riesiges Investitionsvolumen“ erfordern, so Dziolloß. Gut 3000 Euro kostet die Sanierung eines laufenden Meter Rohrs. Wie viele Kilometer die Familienheim tatsächlich zu sanieren hat, wolle man lieber gar nicht so genau wissen. Wenn das mal nicht auch auf Rekordniveau liegt. Felix Holm

Die Bilanz in Zahlen (in Klammern: Vorjahr) Bilanzsumme: 141,8 Mio. Euro (136,5) Mitgliederzahl: 6559 (6183) Mietwohnungsbestand: 2631 (2650) Durchschnittsmiete: 6,26 Euro pro qm (6,03) Eigenkapital: 54,9 Mio. Euro (51,5) Investitionssumme: 12,2 Mio. Euro (12,3)


Baugewerbe

Genossen geben Gas BVB investiert bis 2017 mehr als 70 Millionen Euro

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s ist eine kerngesunde Bilanz, die die Geschäftsführer des Bauvereins Breisgau (BVB), Reinhard Disch und Doris Reiprich, unlängst vor Journalisten präsentierten. Das Bilanzvermögen wuchs um 6 auf 232 Millionen Euro, das Anlagevermögen um 5 auf 188, das Eigenkapital um knapp 5 auf 78,9 Millionen Euro. Unterm Strich blieb ein Überschuss von 3,9 Millionen Euro, 732.600 Euro werden als vierprozentige Dividende an die Mitglieder ausgeschüttet, der Rest wandert in die Reserven.

Foto © BVB

Gemischte Nutzung: Wohn- und Geschäftshaus in Stegen. Weil der vor 115 Jahren gegründete BVB heute so gesund ist, konnte er die Investitionen in den Bau neuer bezahlbarer Mietwohnungen (im Sommerhof in Denzlingen, in der Bechererstraße in Emmendingen, in Stegen, Ehrenkirchen oder auch Am Keltenbuck in Kirchzarten) um sechs auf mehr als zehn Millionen Euro fast verdoppeln. Zusammen mit der Bauträgertätigkeit und der Modernisierung der 4900 eigenen Wohnungen waren es 19,5 Millionen, die 2013 aus der gut gefüllten Genossenschaftskasse bezahlt wurden. Bis 2017 will die Genossenschaft weitere 70 Millionen Euro in den Neubau und die Modernisierung stecken. Aktuell im Bau sind 140 Miet- und Eigentumswohnungen, für 175 weitere läuft die Bauvorbereitung: dazu zählen in Freiburg die Projekte im Uni Carré (140 Wohnungen) und am Carl-Sieder-Weg (34 und fünf Einfamilienhäuser). Zudem bauen die Genossen etwa in Gundelfingen (9 Mietwohnungen und 2300 Quadratmeter bei der Erweiterung der Ortsmitte) und in Umkirch, wo 29 Einheiten zur Miete erstellt werden. „70 Millionen Euro sind ein großer wohnungswirtschaftlicher Beitrag“, sagte der Aufsichtsratsvorsitzende Jürgen Seemann, „den wir in Freiburg und der Region angesichts des angespannten Wohnungsmarktes für unsere Mitglieder leisten und auch zukünftig leisten wollen.“ Diese Mitglieder haben mit ihren Mieten in Höhe von 30,1 Millionen Euro (plus eine zum Vorjahr) den Löwen-

anteil zum Umsatz beigesteuert. Die Zahl der Genossen wuchs um 814 auf 18.201, darunter sind mit 1842 so viele wie noch nie als aktuell wohnungssuchend gemeldet. Bemerkenswert: 80 Prozent davon sind Ein- oder Zweipersonenhaushalte. Die durchschnittliche Nettokaltmiete liegt beim BVB derzeit bei 5,80 Euro pro Quadratmeter – im Neubau bei 6,55 Euro – und damit deutlich unter dem Freiburger Mietspiegel (7,53 Euro). Mit großem Bedauern musste Disch erklären, dass der BVB derweil bei der städtischen Vergabe der Grundstücke im Neubaugebiet Gutleutmatten „bisher“ nicht zum Zug gekommen ist. Im Stadtteil Haslach werden in den nächsten Jahren mehr als 500 neue Wohnungen gebaut. Der Bauverein hatte sich mit einem Generationen-Konzept beworben, das deswegen nicht zum Zug kam, weil die Genossen sich nicht länger als 25 Jahre auf eine Mietpreisbindung der öffentlich geförderten Wohnungen einlassen wollten. Wie andere Bewerber, die nicht auf eine 115-jährige Erfahrung im Wohnungsbau zurückblicken können, das wirtschaftlich darstellen können, muss dem Laien schleierhaft bleiben. Womöglich ist die Frage, wer das in 25 Jahren noch kontrolliert. Vielleicht, so hofft Disch, punktet der BVB noch bei der Vergabe für ein Punkthaus entlang der Eschholzstraße. Lars Bargmann chilli | business im Breisgau | 08.2014 | 13


Baugewerbe

Kolumne

Von Sanierungen zu Eigentoren

Foto: © privat

Der Freiburger Steuerberater Erik Herr ist ein Routinier im Geschäft. Für die bib-Leser berichtet er in jeder Ausgabe über Nützliches und Kurioses, Aktuelles und Steuerbares.

Außergerichtliche Sanierung: Aus meiner Sicht spricht für diese im Vergleich zu einer Insolvenz nicht nur das Behalten der eigenen Handlungsfreiheit, sondern auch des guten Rufes. Nach Minderung von Fixkosten, Prüfung der Personalkosten, Optimierung des Debitorenmanagements und dem Aushandeln von Vergleichen stehen auch die Entnahmen des Unternehmers im Fokus! Arbeitszeitkonten: Diese ersetzen die starre Vertragsarbeitszeit und ermöglichen Arbeitnehmer wie Arbeitgeber individuelle Zeiten. So werden Kosten reduziert und Abläufe flexibilisiert, um auf Auftragsschwankungen reagieren zu können. Überstunden werden reduziert oder gar vermieden. Ferienjobs: Nur wenn die Beschäftigung im Voraus auf maximal zwei Monate oder 50 Tage im Kalenderjahr befristet ist, können Schüler unbegrenzt Geld verdienen, ohne sozialversicherungspflichtig zu werden. Eigentor bei Fußballeinladungen: Diese Hospitality-Maßnahmen sind nicht nur strafrechtlich für die Unternehmen (Bestechung?), sondern auch für die Eingeladenen riskant, da es unter dem Stichwort Compliance (Einhaltung von Gesetzen und Richtlinien) schon zu Kündigungen von Angestellten (Verstoß gegen Schmiergeldverbot) kam. Auch die steuerliche Seite in Form der Nichtabzugsfähigkeit von Geschenken über 35 Euro pro Jahr und Beschenktem machen diese problematisch. www.herr-stb.de

40 Millionen Euro für neues Cargo-Terminal EuroAirport macht sich nach Einbrüchen fit für die Zukunft Visualisierung: © XEuroAirport

Wettbewerbsfaktor Cargo: Die neue Halle ist schon jetzt fast voll vermietet.

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er EuroAirport Basel-Mulhouse-Freiburg will stärker im Frachtgeschäft tätig werden und investiert dafür 40 Millionen Euro aus Bordmitteln: Bis im kommenden Januar soll ein neues Cargo-Terminal betriebsbereit am Rollfeld stehen. „Das Terminal trägt wesentlich zur Effizienz und Zuverlässigkeit des EuroAirport bei“, ist der Direktor des EuroAirport, Jürg Rämi, überzeugt. Die Riesenhalle ist so groß wie drei Fußballfelder: 21.000 Quadratmeter Grundfläche wird der aus sieben Modulen bestehende Bau haben. Jedes dieser Module verfügt über neun eigene LKW-Schleusen. Mit diesen neuen räumlichen Möglichkeiten erhoffen sich die Flughafenbetreiber einen Wettbewerbsvorteil: Derzeit starten – nach drei Jahren mit kräftigen Einbrüchen – nur noch rund 20 Prozent der Frachtflieger aus der Region am EuroAirport. Bis 2020 sollen es 50 Prozent sein. Arbeiten heute 400 Menschen für die Fracht, sollen es dann bis zu 900 sein. Dass die Kalkulationen aufgehen könnten, zeigt das Interesse von weltweit operierenden Frachtunternehmen wie Swissport, Planzer oder DHL: Be-

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reits ein halbes Jahr vor Fertigstellung sind sechs der sieben Module auf fünf Jahre im Voraus vermietet. Das Terminal soll zwar schon im Herbst fertig sein. Bevor es allerdings in Betrieb gehen kann, sind ausgiebige Tests der technischen Anlagen (Waagen, Rolltore, elektronische Schließanlage, Entrauchungssystem, Fluchtwege, Brandschutz, Temperaturführung, IT-Netze) notwendig. Auch eine globale Marktprognose des Flugzeugherstellers Airbus legt nahe, dass in der Luftfracht ein enormes Wachstumspotenzial herrscht: Bis ins Jahr 2031 soll der Markt jährlich um fünf Prozent wachsen. Besonderes Augenmerk wird beim Bau auf die integrierte Temperaturführung gelegt: Eine Lagertemperatur von 15 bis 25 Grad wird garantiert, was besonders für die Produkte der regional stark angesiedelten Pharmabranche wichtig ist. „Die Luftfracht stellt einen wichtigen Wettbewerbsfaktor und elementaren Bestandteil der Wertschöpfungsketten für die Wirtschaftsregion rund um den EuroAirport dar“, erklärt Rämi, wie er den Flughafen fit für die Zukunft machen möchte: „Wir investieren darum ganz bewusst in eine bedürfnisgerechte Infrastruktur im Bereich Luftfracht.“ fho


Baugewerbe

Volksbank zieht in Commerzbank Foto: © ns

Noch keine Entscheidung über Neubau

Abriss oder Sanierung: Der Volksbank-Turm am Bahnhof ist in die Jahre gekommen – nicht zuletzt energetisch.

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ie Freiburger Volksbank musste den Blick nicht weit schweifen lassen: Nur wenige Meter neben dem Stammsitz an der Bismarckallee hat sie jetzt einen Mietvertrag im 6000 Quadratmeter großen Gebäude der Commerzbank unterschrieben. Es ist zwar immer noch offen, ob die Publikumsbank den 1974 fertiggestellten eigenen Bau abreißt, neu aufbaut oder revitalisiert. Sicher aber ist, dass in beiden Fällen Mitarbeiter vorübergehend umziehen müssen. In der Neubauvariante wären es rund 250.

„Der Vertrag erlaubt uns die nötige Flexibilität, das ist für uns so nah am Hauptsitz ein Glücksfall“, sagt der Vorstandsvorsitzende Uwe Barth. Klar, in welchem freien Gebäude gibt es schon fertige Bankschalter und Tresorräume? Die Machbarkeitsstudien für eine Sanierung und Modernisierung auf der einen oder einen Abriss samt Neubau auf der anderen Seite seien Anfang kommenden Jahres fertig. Bis zum Juni soll dann die Entscheidung mit den Gremien erarbeitet werden. Ob auf dem rund 3000 Quadratmeter großen Grundstück an der Bismarckallee 10 neu gebaut wird, wird vor allem davon abhängen, was bau-

rechtlich möglich ist. Die Bank möchte im Erdgeschoss nicht auf die jetzt vorhandene Ausnutzung verzichten und braucht auch in den oberen Etagen geeignete Grundrisse. Wenn ein Neubau kommt, soll auch die derzeit in der Riegeler Straße angesiedelte Abteilung für Zahlungsverkehr implementiert werden. Bis Ende Juni 2019 könnten die Banker im Commerzbank-Hochhaus an der Bismarckallee 18/20 bleiben. Das gehört der britischen Immobiliengesellschaft CLS. Wenn die Bank das komplett nutzt, wird der jährliche Mietzins bei knapp unter 900.000 bar Euro liegen.

Menschen & Meldungen

Brödel steigt auf

Barmer baut ab

50 Millionen für Weil

Andreas Brödel ist neuer Leiter der Freiburger Niederlassung des Schweizer Glashändlers Trösch und löste Sylvia Pomm-Hurst ab, die sich aus gesundheitlichen Gründen zurückzieht. Brödel leitete bisher den Standort in Bad Krozingen und macht das auch weiter.

Die Barmer-Krankenkasse will 300 Millionen Euro sparen und schließt nach BZ-Recherchen Geschäftsstellen in Oberkirch, Haslach, Waldkirch, Müllheim, Titisee-Neustadt und Bad Säckingen. In Freiburg (rund 160 Mitarbeiter) werde gravierend verkleinert.

Der französische Autozulieferer Raymond baut für 50 Millionen Euro in Weil am Rhein eine 31.200 Quadratmeter große Fertigungshalle. Damit avanciert Weil zum weltweit größten industriellen Standort der RaymondGruppe. bib

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Menschen & Meldungen

Seilnacht sagt Servus Foto: © FWTM

Seilnacht sagt Servus Rücktritt nach 32 Jahren Messe Freiburg Das ist ein empfindlicher Verlust fürs Freiburger Messegeschäft: Messechef Klaus Seilnacht hat am 24. Juni völlig überraschend um die Auflösung seines noch bis Ende 2015 laufenden Vertrages gebeten. Auf „dringendes Anraten“ seines Arztes beschloss der 61-Jährige, schon Ende 2014 in den Ruhestand zu gehen. „Mein Vorgänger Helmar Biskaborn hat immer gesagt, ein Hallenjahr sind zwei Lebensjahre, dann bin ich also schon fast 100, dann ist es doch mal Zeit, aufzuhören“, sagt Seilnacht im Gespräch mit business im Breisgau. Den Telefonhörer hatte er mit entschlossenem Griff in die Hand genommen. Er rief im Büro von Oberbürgermeister Dieter Salomon an und bat um einen Termin. Finanzbürgermeister Otto Neideck und sein Geschäftsführerkollege Bernd Dallmann waren auch dabei, als Seilnacht seinen Wunsch nach vorzeitigem Ruhestand kundtat. „Der OB war schon betroffen, aber ich bin keiner, der dann mit Kur und Krankheit seine Arbeitszeit verbringen möchte“, sagt Seilnacht, der auf eine sehr erfolgreiche Zeit zurückblickt. Seit 32 Jahren arbeitet er fest für die Messe, seit 26

Jahren führt er die Geschäfte, schon als Schüler und Student jobbte er am Alten Messplatz. Am 7. Juli gab es eine erste Sitzung des Aufsichtsrats. „Dort wurde das Verfahren der Nachfolge diskutiert, es gab aber noch kein Ergebnis“, sagte OB-Sprecher Walter Preker.

Streck wächst

Jedox verkauft

Der Logistiker Streck Transport mit großer Niederlassung in Freiburg und Hauptsitz in Lörrach hat seinen Umsatz 2013 um zwei Prozent auf 240 Millionen Euro gesteigert. Für Streck arbeiten in Freiburg 550, insgesamt 1200 Menschen.

Die vor zwölf Jahren von Kristian Raue gegründete Jedox AG an der Bismarckallee hat ihren Besitzer gewechselt: Neue Eigentümer des Freiburger IT-Unternehmens sind die Finanzinvestoren E-Capital und Wecken & Cie. Zum Kaufpreis machten beide Seiten keine Angaben. Jedox macht mit derzeit rund 100 Mitarbeitern einen Umsatz von knapp neun Millionen Euro.

Neue Gutachter im Ausschuss Hannelore Stockert, Vorsitzende des Gutachterausschusses, hat für die neue Amtszeit bis 2018 sieben neue Experten bestellt: die Architektin Gabriele Ebner, die Vermessungsingenieurin Tina Gering, den Finanzbeamten Hansjörg Alicke, den Anwalt Nico Bergerhoff, den Bankkaufmann und Immobilienwirt Roland Butz, den Immobilienwirt Matthias Sasse und den Vermessungsingenieur Christian Vogt. Damit hat der Ausschuss künftig 23 Mitglieder.

Herrenknecht mit Umsatzloch Bei der Herrenknecht AG in Schwanau hat der Umsatz 2013 im Vergleich zum Vorjahr um rund zehn Prozent auf 1,0 Milliarden nachgegeben. Das Unternehmen aus Schwanau ist Weltmarktführer im Bau von Tunnelbohrmaschinen.

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Neue Räume für S-Beteiligung Die Beteiligungsgesellschaft der Sparkasse Freiburg-Nördlicher Breisgau ist umgezogen. Das Team um Geschäftsführer Hermann Dittmers ist ab sofort im Quartier Unterlinden in der Predigerstraße 2 zu finden. Bisher war die S-Beteiligung in Unterlinden 9 zu finden. „Wir haben von bankinternen Neuordnungen zweier Abteilungen profitiert und fühlen uns im Neubau sehr wohl“, freut sich Dittmers.

Neuer Sitz für Ärzte- FinanzCenter Das Ärzte-FinanzCenter der Sparkasse Freiburg ist in die Freiburger Innenstadt gezogen. Zeitgleich hat die Bank die Selbstbedienungs-Filiale in der Sundgauallee geschlossen, da die Räumlichkeiten nicht ihr gehören.


Menschen & Meldungen

Die Arbeitslosenzahl in Freiburg ist im Juni im Vergleich zum Mai um 69 auf 6709 gesunken. Das teilt die Arbeitsagentur mit. Damit sank die Quote um 0,1 Punkte auf 5,9 Prozent. Von allen Freiburgern ohne feste Arbeit ist etwa ein Drittel langzeitarbeitslos, ein knappes Drittel älter als 50 Jahre. 72 Prozent der Arbeitslosen sind Deutsche, nur 28 haben einen anderen Pass. Zusammen mit den Landkreisen Emmendingen und Breisgau-Hochschwarzwald liegt die Arbeitslosenquote bei 4,1 Prozent. Demnach sind im Agenturbezirk 14.012 Männer und Frauen ohne Arbeit – 152 weniger als im Mai. Die Jugendarbeitslosigkeit ging ebenfalls um 0,1 Punkte auf 1,8 Prozent oder 748 unter 25-Jährige zurück. „Der Arbeitsmarkt ist robust. Das reicht, um Arbeitslosigkeit stabil zu halten, es reicht aber nicht, um Langzeitarbeitslosigkeit spürbar abzubauen“, sagt der Vorsitzende der Geschäftsführung Christian Ramm. Nach wie vor aber gibt es in der Wirtschaftsregion Freiburg mehr Arbeitslose als vor einem Jahr.

Der Handwerker gute Laune Die südbadischen Handwerksbetriebe sind weiterhin guter Dinge. Das ergab die Konjunkturumfrage der Handwerkskammer Freiburg. Eine breite Mehrheit der Betriebe ist mit der Geschäftsentwicklung im zweiten Quartal 2014 sehr zufrieden. Auftragsvolumen und Umsätze haben sich weiter positiv entwickelt. Der Konjunkturindikator der HWK, der den Saldo aus Geschäftslage und -erwartungen angibt, liegt mit +62,7 Zählern auf nahezu demselben hohen Niveau wie im ersten Quartal 2014. Im Vergleich zum Vorjahr konnte sich der Wert um mehr als 10 Punkte verbessern. Die Betriebe sind zudem wesentlich investitionsfreudiger: 59,8 Prozent gaben an, in den letzten drei Monaten investiert zu haben. Ein Jahr zuvor waren es lediglich 51 Prozent.

Foto: © eundp

Weniger Arbeitslose

Ehrenmedaille für Tattoo-Gründer Erik Julliard, Produzent des Military & Brassmusik-Festivals Basel Tattoo, hat am 1. Juli aus den Händen von OB Dieter Salomon die Ehrenmedaille der Stadt Freiburg erhalten. Mit der heuer im sechsten Jahr stattfindenden Basel Tattoo Parade in Freiburg biete Julliard der Stadt eine at-

traktive Veranstaltung, die regelmäßig rund 25.000 Zuschauer begeistert. „Die Auszeichnung ist eine große Ehre für mich“, so Julliard. Das Wirtschaftsmagazin business im Breisgau hatte bereits in der Mai-Ausgabe ein großes Portrait über den Festivalmacher veröffentlicht.

RVF erneut mit Rekordzahlen Jeder Einwohner fährt 190 Mal Bus und Bahn Der Regio-Verkehrsverbund Freiburg (RVF) blickt auf ein erfolgreiches Geschäftsjahr zurück. Die Zahl der Fahrgäste ist 2013 um 1,3 Prozent auf knapp 120 Millionen gestiegen. „Die kontinuierlich steigenden Zahlen und die Ausweitung der Verkehrsangebote zeigen, dass der Nahverkehr in unserer Region ein Erfolgsmodell ist“, sagt RVF-Geschäftsführerin Dorothee Koch. Alle Mittel, die in den Ausbau von Strecken und in neue Fahrzeuge fließen, seien „gut investiertes Geld“. Der Erfolg des RVF fußt auf dem Erfolg der RegioKarte, mit der fast 90 Prozent aller Fahrten gemacht werden und die in allen Spielarten Zuwächse hatte. Es wurden aber auch mehr Einzelfahrscheine für Erwach-

sene (+1,5 Prozent), mehr 2x4-FahrtenKarten (+ 5 Prozent) und vom verbundweit gültigen 24-Stunden-Ticket REGIO24 gar 6,2 Prozent mehr verkauft. Der RVF macht dafür nicht zuletzt das wachsende Angebot auf der Münstertalbahn und die Stadtbahnverlängerung nach Zähringen verantwortlich. Und er geht mit der RVFApp FahrPlan+ sowie der Entwicklung des HandyTickets auch neue Wege. „Dass im Verbundgebiet jeder Einwohner jährlich über 190 Fahrten mit unseren Verkehrsmitteln unternimmt, ist ein bemerkenswertes Ergebnis“, kommentierte RVF-Geschäftsführer Christoph Landwehr. Allerdings würden nicht in allen Unternehmen die gestiegenen Einnahmen die Kostensteigerungen decken.

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Menschen & Meldungen

Umsatzrutsch im Winzerkeller

Die Fürstlich Fürstenbergische Brauerei aus Donaueschingen ist vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft mit dem Bundesehrenpreis ausgezeichnet worden. Das ist die höchste Ehrung, die eine Brauerei für ihre Qualitätsleistungen erhalten kann. Das ausgezeichnete Unternehmen hatte bei der Qualitätsprüfung der DLG (Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft) eines der besten Ergebnisse erzielt. „Bleiben Sie Ihrem nachgewiesenen Bekenntnis zur Qualität treu. Denn Spitzenqualität begeistert auch in Zukunft“, sagte DLG-Vizepräsident Achim Stiebing.

Der Umsatz des Badischen Winzerkellers in Breisach hat im vergangenen Geschäftsjahr um 7,1 Prozent oder 3,5 Millionen auf 45,8 Millionen Euro nachgegeben. Grund seien das außergewöhnlich kühle Frühjahr, weniger Verträge und das erntebedingt rückläufige Offenweingeschäft, das um rund 50 Prozent unter dem Vorjahr lag. Insgesamt haben die Deutschen im vergangenen Weinwirtschaftsjahr (August 2012 bis Juli 2013) 17 Millionen Hektoliter Wein getrunken. Das sind pro Kopf 21,1 Liter und somit eine Flasche mehr als im Vorjahreszeitraum. Die Finanzlage im Winzerkeller sei dennoch solide, alle Investitionen wurden aus Eigenmitteln finanziert.

Foto: © FFB

Bundesehrenpreis für Fürstenberg

Die Giganten der Nacht 13 ultralange Elefanten im Freiburger Nadelöhr

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In den frühen Morgenstunden des 17. und 18. Juni war es wieder soweit: Ein Spezial-Lkw nach dem anderen rollt vom Bauhof des Schwarzwälder Betonfertigteile-Werks Lahr (SBL). Vorne die Kabine des Führerhauses, dazwischen endlos Beton und irgendwann dann noch mal die Räder. 42,60 Meter lang sind die beeindruckenden Spannbetonbinder von SBL diesmal geworden. Bestimmt für das neue DHL-Logistikzentrum in der Einsteinstraße in Freiburg. Im SBL können hochbelastbare Spannbetonbinder bis zu einer Länge von 50 Meter gefertigt werden. Sie werden für besonders große Hallen bei Industrie und Gewerbe verwendet und bieten den planenden Bauingenieuren ideale Eigenschaften. Natürlich sind in diesen Nächten jede Menge Helfer vor Ort, die Polizei hat die Route aufwändig abgesperrt. Manche Bäume, Schilder und Geländer müssen notgedrungen weichen. Trotz der frühen Uhrzeit haben sich zahlreiche Schaulustige eingefunden, um das Spektakel mitzuerleben. Insgesamt sind es 13 Laster und alle transportieren nur einen einzigen Spannbetonbinder. Da bleibt manchem Zeitungsjungen in den frühen Morgenstunden schon mal die Spucke weg. Seit Jahren macht das erfolgreiche mittelständische Industriebauunternehmen SBL immer wieder durch aufsehenerregende Projekte auf sich aufmerksam. Das große Logistikzentrum von LIDL im Gewerbepark Breisgau oder das gigantische Interpneu-Reifenlager in Speyer – alles Industriebauprojekte aus dem reichhaltigen Portfolio von SBL in Lahr. SBL gehört zur VOGEL-Bau Unternehmensgruppe aus Lahr.


Foto: © Waldhaus

Menschen & Meldungen

Spatenstich bei Waldhaus Es ist mit 4,5 Million Euro die bisher größte Einzelinvestition, die die Privatbrauerei Waldhaus mit dem Bau des neuen 4600 Quadratmeter großen Logistikzentrums stemmt. Am 3. Juli war nun Spatenstich mit Vertretern des Generalunternehmers Goldbeck, mit Architekt Michael Duffner, Regierungsdirektor Walter Scheifele (Landratsamt Waldshut), Roland Arzner (Bürgermeister Weilheim), dem CDU-Landtagsabgeordneten Felix Schreiner sowie Waldhaus-Seniorchef Helmar Schmid, Geschäftsführer Dieter Schmid und treibenden Kräften der Brauerei. Das neue Gebäude wird Platz für etwa fünf Millionen Flaschen, 300 Quadratmeter Bürofläche und 150 Quadratmeter Sozialräume bieten.

Vierter BZ-Award Zum vierten Mal hat die Badische Zeitung in Freiburg (BZ) einen Kreativwettbewerb für Firmen und Werbeagenturen in Südbaden ausgeschrieben. Eingereicht werden können alle Cross-Media- und Online-Kampagnen, die in BZ, Der Sonntag, auf badische-zeitung.de oder fudder.de im Zeitraum vom 1. September 2012 bis 31.August 2014 erschienen oder geplant sind. Für Studierende und Nachwuchskräfte gibt es den BZ-Junior-Award. Diesjähriges Motto: „Gib der BZ-Aktion Weihnachtswunsch ein neues Gesicht." Dotiert ist der Wettbewerb mit 17.500 Euro. Mehr Info: www.bz-award.de

Neuartiges Holzvergaser-BHKW Die Badenova-Tochter Wärmeplus hat am 9. Juli ein innovatives Holzervergaser-Blockheizkraftwerk (BHKW) im Freiburger Stadtteil Landwasser in Betrieb genommen. Das Vorgänger-BHKW versorgte schon seit 1990 das Diakonie-Krankenhaus und 3400 Haushalte im Stadtteil mit Gas von der Deponie Eichelbuck. Das neue erhöht mit 1350 Megawattstunden Strom und 1875 MWh Wärme den Anteil regenerativer Energien in Landwasser um 15 Prozent. 2011 hatte der Energieversorger sie umgerüstet und seither mit einer Mischung aus Bio-, Deponie- und Bioerdgas betrieben. Als zusätzliches Modul entstand nun in den vergangenen Monaten ein neuartiges Holzvergaser-BHKW. „Holzpellets sind regenerative Energien aus der Region. Dieses Projekt ist ein wichtiger Schritt, um unsere ambitionierten städtischen Klimaschutzziele zu erreichen“, sagte Oberbürgermeister Dieter Salomon. Das Projekt wurde vom Badenova-Innovationsfonds mit 250.000 Euro gefördert.

Freiburger Mittelstandskongress Unter dem Motto „Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität – Projekte, die die Welt verändern“ feiert der Freiburger Mittelstandskongress in diesem Jahr sein zehnjähriges Bestehen. Den Eröffnungsvortrag hält am 1. Oktober im Konzerthaus die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesumweltministerium, Rita Schwarzelühr-Sutter. Anmeldungen: www.fr-mk.de

Weingut Blankenhorn verkauft Die Winzerin Roy Blankenhorn hat nach 20 Jahren an vorderster Front das Weingut Blankenhorn zum 1. Juli an Martin Männer verkauft. Der gelernte Jurist Männer hatte zuletzt in der Zulieferindustrie gearbeitet und hat alle sieben Mitarbeiter übernommen.

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Wirtschaft Rubrik

Alles unter einem Dach Die Wüstenrot & Württembergische ist als Baufinanzierer eine gute Wahl

Gut beraten: Die W&W-Mitarbeiter Benjamin Ammon, Peter Stübing und Sonja Ketterer (v. l.) helfen ihren Kunden, den Traum vom Eigenheim zu verwirklichen.

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ypothekendarlehen, klassische Annuitätendarlehen, Fördermittel der KFW, Forwardkonditionen, Bausparverträge – wenn es ums Thema Geld in Verbindung mit dem Wunsch nach einem Eigenheim geht, kann

es sich schnell kompliziert anhören. Die meisten sind daher froh, diese komplexen Themengebiete in guten Händen zu wissen. Für die Wüstenrot & Württembergische AG (W&W) beraten im Bereich Bausparen und Finanzierungen Bankfachwirtin Sonja

Fotos © Fotolia, fho

Die Ausgangslage Die Immobilienbranche boomt. „Die Unsicherheit ist groß, da flüchtet man natürlich in Werte, die man kennt“, weiß auch W&W-Berater Benjamin Ammon, warum die Nachfrage nach Baufinanzierung weiter steigt. Dadurch, dass die Wirtschaftskrise nach wie vor nicht überwunden scheint, gebe es zugleich einen weiteren Vorteil: „Der Zins ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich nach unten gegangen – jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, an dem sich viele Leute ihren Traum von der Immobilie erfüllen können.“ Zwei bis zweieinhalb Prozent – so niedrig kann der Zins auf geliehenes Geld derzeit liegen. Laut W&W-Gebietsdirektor Peter Stübing bedeutet das für viele Südbadener, dass ein Kredit derzeit ein überschaubares Risiko darstellt: „Selbst bei 400.000 bis 500.000 Euro Kredit sind das monatliche Belastungen, die viele Menschen hier in der Region fast problemlos aufbringen können.“ Allerdings dürfe man nicht davon ausgehen, dass dieses Zeitfenster der Möglichkeiten für immer geöffnet sei, wie 20 | chilli | business im Breisgau | 08.2014

Ketterer (45) und Diplombetriebswirt Benjamin Ammon (34) die Menschen in und um Freiburg. Gemeinsam mit Gebietsdirektor Peter Stübing verraten sie im business im Breisgau, worauf es bei der Finanzierung der eigenen vier Wände ankommt.

Ammon betont: „Was passiert, wenn der Zins wieder in gesunde Gegenden kommt? Dann geht ziemlich sicher auch der Darlehenszins nach oben.“

Für wen eine Baufinanzierung in Frage kommt Grundsätzlich sind derzeit laut Aussage der Experten Menschen aller Bevölkerungsschichten am Bau oder Erwerb einer Wohnung oder eines Hauses interessiert. Klar ist: Wer genug Geld hat, zumindest einen Teil der Kosten selbst zu tragen, hat die beste Ausgangslage. Nur auf Pump sollte man ein Eigenheim hingegen in der Regel nicht finanzieren. Denn: Wer viel spart, kann sich günstigere Zinsen leisten. Statistiken zeigen, dass es sich durchaus lohnt, mit Eigenkapital zu starten: Wer Anfang des Jahres einen Darlehensanteil von 100 Prozent des Kaufpreises beantragte, musste mit bis zu 3,4 Prozent Zinsen über zehn Jahre auf das geliehene Geld rechnen. Bei 90 Prozent waren es nur noch etwa 3 Pro-


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zent, und wer schon 20 Prozent des Kaufpreises selbst aufbringen konnte, musste auf den Restbetrag nur mehr 2,7 Prozent Zins zahlen. Die W&W-Mitarbeiter tendieren deshalb dazu, den Kunden dahingehend zu beraten, erst einmal Eigenkapital anzusparen. Zudem will auch das Abbezahlen eines Kredites geübt sein. Daher berät etwa Sonja Ketterer ihre Kunden dahingehend, sich zunächst einmal selbst zu testen: „Wenn jemand sagt, er könne sich 1000 Euro im Monat leisten, hat aber bislang nur 400 Euro Miete gezahlt, dann können wir auch ein Probebausparkonto einrichten.“

Tipps und Tricks Die Zeiten im Baukreditgeschäft haben sich geändert. „Wir wollen die Kunden, die es gewohnt sind, zur Bank zu gehen, über Alternativen informieren“, bekräftigt Stübing. „Die meisten Leute nutzen gar nicht alle Möglichkeiten, die der Finanzdienstleistungsmarkt ihnen bietet.“ So würden Bankkunden etwa nach wie vor oft relativ kurz laufende Verträge unterzeichnen, obwohl das derzeit kaum einen Vorteil bietet. „Uns ist wichtig, dass die Kunden möglichst lange Zinsbindungen vereinbaren. Man ist historisch gewohnt, dass zehn Jahre vereinbart werden, wir empfehlen heute eher 15 bis 20 Jahre“, erklärt der Gebietsdirektor. „Nicht alle Banken machen das gerne.“ Dank neuer Sondertilgungsmöglichkeiten habe man jederzeit die Chance, einen Kredit vorzeitig abzuzahlen, mit einer langen Laufzeit sichere man sich aber die derzeit günstigen Konditionen auch über einen langen Zeitraum. Aber auch für die, die noch einen alten Vertrag abbezahlen, kann sich ein Beratungsgespräch mit einem W&W-Mitarbeiter lohnen, wie Stübing aufklärt: „Es gibt die Möglichkeit, ein paar Jahre vor Ablauf eines vertraglich festgehaltenen Zinses ein Forwarddarlehen abzuschließen. So sichert man sich für einen geringen Aufschlag das heutige Zinsniveau für ein paar Jahre im Voraus.“

„Manche haben vor sieben Jahren einen Kredit aufgenommen und denken, sie müssten den jetzt noch drei Jahre für 4,5 Prozent weiterlaufen lassen. Dabei besteht vereinzelt die Möglichkeit, vorzeitig auszusteigen und mit aktuell günstigen Konditionen weiter zu finanzieren.“

Alternative zur Bank „Wir haben alles aus einer Hand. Viele werben damit, bei uns trifft das tatsächlich zu“, nennt Ammon Gründe, sich bei Wüstenrot & Württembergischer nach alternativen Finanzierungsmodellen umzuschauen. „Wir legen viel Wert darauf, dass Familien für mannigfaltige Eventualitäten eine Vorsorge haben. Etwa, dass man im Fall einer Berufsunfähigkeit auch nachher finanziell abgesichert ist und das Haus weiter abbezahlen kann“, erläutert Stübing nur ein Beispiel von vielen, in denen ein W&W-Berater die gesamte finanzielle Situation im Blick hat. „Natürlich macht es Spaß, das eigene Haus zu planen. Aber im Leben kann eben auch sonst viel passieren“, bricht der Gebietsdirektor für sein Unternehmen eine Lanze. „Unsere Berater reden mit den Menschen aus Erfahrung auch über solche Dinge.“ fho Wüstenrot & Württembergische Gebietsdirektion Freiburg Hanferstraße 28, 79108 Freiburg Tel.: 0761 / 70 86 71 76, www.ww-ag.com 5 Anzeige

Regionale Spezialitäten Nicht wenige Menschen haben in der Vergangenheit vermeintlich günstigere Angebote aus dem Ausland genutzt, um an Geld fürs Eigenheim zu kommen. Allerdings ziehen sich die schweizer und die französischen Banken mehr und mehr aus dem Markt zurück, sogenannte „Grenzgänger“ müssen umfinanzieren. „Wer normalerweise vor Zinsende aussteigt, muss den Verlust der Bank ausgleichen“, klärt Stübing auf. „Französische Banken sind inzwischen aber sogar bereit, auf diese Vorfälligkeitsentschädigung zu verzichten, wenn die Immobilie über eine deutsche Bank nachfinanziert wird.“ Für die W&W-Kunden könne daraus auch ein Vorteil entstehen: chilli | business im Breisgau | 08.2014 | 21


Schwerpunkt IT

Die hidden champions der IT-Branche Coole Unternehmen mit heißen Chancen am Markt

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ie ist nicht leicht zu greifen, die IT-Branche in Südbaden. Aber sie ist eine, die in den vergangenen Jahren immer stärker geworden ist. Allein in Freiburg sind nach Erhebungen des regionalen Technologieverbands Baden-Württemberg: Connected (bwcon) Südwest mittlerweile mehr als 18.000 Menschen bei IT- und Medienunternehmen beschäftigt. In der Region südlicher Oberrhein sollen es 41.000 Beschäftigte in 5150 Hightech-Unternehmen sein. Jahresumsatz: 4,7 Milliarden Euro. Neben der etablierten Haufe-Lexware-Gruppe reüssierten viele einst kleinere IT-Schmieden wie Oxid eSales, Jedox, Virtual Identity, relounge, die Leitwerk-Gruppe, badenIT, Inxmail, Ciber oder United Planet. Es gibt eine ganze Reihe von hidden champions wie datadirect, HRworks, Geo-Solutions-Freiburg oder den Textanalytiker Averbis – der beim Deutschen Gründerpreis 2013 unter den Top 3 landete. „Silicon Breisgau“, titelte das Freiburger Stadtmagazin chilli schon im April 2010. „Freiburg ist das Silicon Schwarzwald“ war die Schlageile über einem Bericht der Computerwoche im vergangenen August, der sich auf Recherchen der Wirtschaftswoche stützte. Die jüngste Nachricht in der südbadischen IT-Szene war, dass Jedox-Gründer Kristian Raue sein 2002 gegründetes Unternehmen an die Finanzinvestoren eCAPITAL Partners und Wecken & Cie. verkauft hat. Die Jedox AG hatte unlängst den Innovationspreis IT der Initiative Mittelstand gewonnen und hat heute mehr als 100 Mitarbeiter. Bedeutend für den Erfolg war die Forschungskooperation mit der Universität Freiburg bei der Nutzung von Grafikkarten (statt langsamerer Prozessoren) für die Beschleuni-

gung von Datenbank-Abfragen. Denn Jedox-Geschäft ist big-Data-Geschäft. Der Umsatz lag zuletzt bei mehr als acht Millionen Euro. Mitbewerber sind etwa SAP oder Oracle. „In der Wirtschaftsregion Freiburg gibt es sehr viele, sehr erfolgreiche IT-Unternehmen, die sehr wenige kennen“, sagt Freiburgs oberster Wirtschaftsförderer Bernd Dallmann. Die von ihm geleitete Freiburg Wirtschaft Touristik und Messe GmbH (FWTM) könne sich das direkt „nicht ans Revers heften“, aber das Schaffen von guten Standortfaktoren sei für Unternehmen, die für ihre Arbeit eigentlich an keinen bestimmten Standort gebunden sind, sehr wichtig. „Die Firmen siedeln sich hier an, weil hier die Lebens- und Arbeitsbedingungen stimmen, weil sie hier Mitarbeiter kriegen, die sie nicht überall kriegen.“ Die FWTM hatte 1999 die Gründung eines Branchennetzwerks, des Medienforums Freiburg, initiiert – und bis 2012 gemeinsam mit dem Freiburger Rathaus mit mehr als 350.000 Euro gefördert, wie FWTM-Sprecherin Franziska Pankow zusammenrechnet. Das Medienforum fusionierte 2012 mit bwcon. Dennoch: Auch in der Wohlfühlregion Südbaden haben es viele Firmen schwer, Fachkräfte zu finden. „Was für die Großen der Branche gilt, gilt für die kleineren noch mehr“, sagt Katja Schwab vom Freiburger bwcon-Regionalbüro. Der größte Player ist unangefochten Lexware, wo Jörg Frey und Isabel Blank die Geschäfte – und rund 300 Mitarbeiter – führen. Lexware ist einer der erfolgreichsten Softwareanbieter in Europa – es gibt im Buchhaltungs- und Finanzbereich nahezu nichts, für das die auf Freiberufler und Mittelständler spezialisierte Softwareschmiede keine gute Lösung parat hätte. Die Haufe-Lexware-Gruppe füllt sogar rund 1300 Lohntüten, 850 allein in Freiburg.

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Standortvorteil für Freiburg

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Schwerpunkt IT

Der Intranet-Spezialist United Planet, 1998 von Axel Wessendorf gegründet, hat mittlerweile auch 80 Mitarbeiter. Zu den weniger bekannten Firmen zählt die HRworks GmbH, Marktführer in der browserbasierten Reisekostenabrechnung. Gegründet 1996 von Thomas Holzer. In Freiburg. Es gibt einen ganzen Haufen von südbadischen Schmieden, die europa- oder weltweit agieren. „Wir haben sehr viele Betriebe, die Innovationspreise gewinnen und sich offenbar am Markt auch durchsetzen“, sagt Schwab. Wer weiß schon, dass die 1998 in Freiburg gegründete datadirect GmbH mit Geschäftsführer Thomas Nieberle unter anderem für die IT-Sicherheit deutscher Unternehmen in China sorgt – was bekanntlich in dieser Hinsicht nicht gerade als Fort Knox bekannt ist? Oder dass die Geo-Solutions-Freiburg von Ralph Elsaesser für die European Commission Development, die Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ), die Japan International Cooperation Agency, die Weltbank oder einen ganzen Bauchladen voller Ministerien, Länder und Kommunen arbeitet? Wer kennt Dr. Hornecker Software-Entwicklung und IT-Dienstleistungen aus der Leo-Wohleb-Straße, bei der das Team um Achim Hornecker auch mal für die Deut-

sche Börse in Frankfurt spezielle Kompressionsverfahren zur Verbesserung des Eurex-Handelssystems entwickelt. Oder die Paragon Software Group aus der Heinrich-vonStephan-Straße, für die mehr als 200 IT-Experten in den USA, in Deutschland, China, Japan und Polen an Big data Datensicherheit arbeiten? Wem sagt die highQ Computerlösungen GmbH etwas, bei der die Geschäftsführer Christian Disch und Thomas Hornig in der Schwimmbadstraße längst nicht nur für den ÖPNV mit PlanB und TicketOffice leistungsfähige Softwarelösungen erarbeitet haben? Eine kleine Rolle beim Erfolg der südbadischen IT-Szene spielt vielleicht auch die nahe Hochschule in Furtwangen, wo etwa Roland Fesenmayr, der Gründer der Oxid eSales AG, die äußerst erfolgreich Shopping-Software fürs Internet vertreibt, studierte. Oder Ralf Heller, Mitgründer der Freiburger Virtual Identify AG. Auch Heller kennt das Problem mit den Mitarbeitern: die Gründung der Büros in München, Berlin und Wien zeugt davon. „Wir haben aber auch in Freiburg mit der Technischen Fakultät mittlerweile eine Institution“, sagt Dallmann, „die beim Erfolg der IT-Szene in Freiburg und Region sicher ein kleines bisschen schuld ist.“

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Schwerpunkt IT

Integration von CONNECT in die LEITWERK-Gruppe abgeschlossen

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ie LEITWERK-Gruppe hat mit der abgeschlossenen Integration des Beteiligungsunternehmens CONNECT seine Stellung als ausgezeichnetes und lösungsorientiertes Systemhaus im Badischen gefestigt. Seit vergangenem Jahr gehört CONNECT, Anbieter für professionelle Systemlösungen, zur LEITWERK-Gruppe mit Hauptsitz in Appenweier. Mit der Unternehmensintegration in die LEITWERK-Gruppe ist an den Standorten in Freiburg, Strasbourg Appenweier und Karlsruhe ein Großteil der Mitarbeiter in den Bereichen Netzwerkprodukte, kundenspezifische Hardware- und Softwarelösungen sowie Schulungen und Präsentationslösungen tätig. Dank der Unternehmenspräsenz von Nord- bis Südbaden und der „Mannstärke“ vor Ort können die IT-Spezialisten den Südwesten Deutschlands noch besser und vor allem kundenorientierter und schneller abdecken. Die dezentralen Niederlassungen garantieren kurze Wege. Zum Dienstleistungsportfolio von Badens größtem IT-Systemhaus gehören zum Beispiel die Schwerpunkte Rechenzentrum, Infrastruktur, Applikationen, Managed Services und die Organisation von Prozessen. Die LEITWERK-Gruppe besteht aus der LEITWERK AG und ihren Beteiligungen. Sie ist heute in Baden und

Foto © Leitwerk

Badens größtes IT-Systemhaus optimiert Service

LEITWERK-Standort Freiburg: Dank des starken Wachstums arbeiten mittlerweile mehr als 315 Beschäftigte für die LEITWERK-Gruppe in Freiburg, Karlsruhe, Strasbourg und der Zentrale in Appenweier. dem Elsass einer der führenden Partner der regionalen Wirtschaft für umfassende IT- und Kommunikationslösungen. In der Zentrale in Appenweier sowie an den vier weiteren Standorten in Freiburg, Achern, Karlsruhe und Strasbourg betreuen über 315 Mitarbeiter mittelständische Unternehmen, aber auch internationale Großkonzerne, öffentliche Einrichtungen und Freiberufler.

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Gute Stimmung bei den Inxmail-Geschäftsführern Martin Bucher (l.) und Peter Ziras.

Inxmail weiter auf Wachstumskurs Ausgezeichneter Top IT-Arbeitgeber in Freiburg

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Foto © Inxmail

er an Freiburg denkt, denkt an Schwarzwald-Idylle, Bächle und den Sportclub. Was wenige auf dem Schirm haben: Die Breisgau-Metropole ist auch ein attraktiver Standort für bedeutende IT-Unternehmen. Hierzu gehört seit 15 Jahren der Softwarehersteller Inxmail, der mit seiner Lösung Inxmail Professional mittlerweile zu den wichtigsten E-Mail-Marketinganbietern Europas zählt. Neben dem Hauptquartier in Freiburg betreibt Inxmail Standorte in Italien, Frankreich und Australien. Mit den Inxmail-Lösungen setzen heute mehr als 1500 Kunden in über 20 Ländern erfolgreiche Kampagnen und Newsletter um. Zum renommierten Kundenkreis gehören etwa s.Oliver, der Tourismusanbieter Robinson, der Heise Zeitschriften Verlag sowie zahlreiche namhafte Agenturen wie Ogilvy und rabbit eMarketing. Obwohl allenthalben über den Fachkräftemangel debattiert wird, ist Inxmail in den vergangenen Jahren stark gewachsen und hat unlängst den 100. Mitarbeiter eingestellt. Im vergangenen März gab es dafür den Jobmotor-Preis der BZ. Schon 2012 hatte das Great-Place-to-Work-Institut Inxmail als einen der besten Arbeitgeber Deutschlands eingestuft. Der Grund liegt in der großen Mitarbeiterzufriedenheit, die sich auch in den außergewöhnlich positiven Bewertungen auf der Online-Plattform „Kununu“ widerspiegelt. Von den Mitarbeitern besonders positiv hervorgehoben werden die sehr gute Work-Life-Balance, die Familienfreundlichkeit sowie die umfangreichen Möglichkeiten, sich persönlich weiterzubilden und die eigenen Ideen weiterzuentwickeln. Auch 2014 soll der Wachstumskurs bei Inxmail fortgesetzt werden. Aktuell sind bei dem Software-Unternehmen neun Stellen in den Bereichen Software-Entwicklung und Vertrieb ausgeschrieben. bib chilli | business im Breisgau | 08.2014 | 25


Die, die den Handel denken

Die erfolgreiche Schweitzer Group jetzt erstmals in Baden-Württemberg

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Fotos © Schweitzer

er Südtiroler Ladenbauer Schweitzer Group ist ein Schwergewicht in der Branche. Mehr als 700 Mitarbeiter beschäftigt das 1927 von Leo Schweitzer gegründete Unternehmen heute. Mehr als 1000 Projekte werden Jahr für Jahr abgewickelt. Jetzt hat Schweitzer seine erste Niederlassung in Baden-Württemberg gegründet: in Freiburg, in der Lokhalle auf dem Güterbahnhof. Sebastian Hundehege wird sie leiten. Ob in Moskau oder Basel, in London oder Mailand, in Hongkong oder Padua, in Paris oder San Francisco – die Schweitzer Group ist mit ihren Niederlassungen mittlerweile in der halben Welt vor Ort. In Deutschland

zählten bisher nur Rosenheim und Hildesheim zu der langen Liste der Firmensitze. Seit Anfang Juli nun auch Freiburg. „Wir haben die Nähe zu unseren Lieferanten im Schwarzwald gesucht, aber auch einen Standort, der für unsere Mitarbeiter attraktiv ist“, begründet Hundehege das Engagement. In Freiburg sollen schon bald 20 Beschäftigte arbeiten. Gerade die Mittelständler im Schwarzwald seien sehr innovativ und hätten viel Verständnis für die gewünschten Produkte. Und schließlich gebe es im wachsenden Freiburg auch viele hochqualifizierte Mitarbeiter und genau die sucht Hundehege. „Unsere Auftragsbücher sind prall gefüllt, deswegen sind gute Mitarbeiter der entscheidende Faktor für den Erfolg.“

Von Freiburg aus soll künftig der Fokus vor allem auf den hochwertigen Innenausbau gelegt werden, in Deutschland steht dabei der Nonfood-Bereich klar im Vordergrund. Feste Umsatzziele gibt es nicht. Nicht zuletzt, weil an den meisten Projekten mehrere Teams an mehreren Standorten gemeinsam arbeiten. Aktuell arbeitet Freiburg mit Partnern in Südtirol, Mailand und Basel schon an einem größeren Auftrag. Videokonferenzen und Simultandolmetscher bei Workshops sind bei Schweitzer, wo 14 Sprachen gesprochen werden, so selbstverständlich wie die Kaffeemaschine im Büro. Für die interne Unternehmenskommunikation hat Schweitzer vor drei Jahren einen Award von der Uni in Mailand bekommen.

Zeugnisse der Kompetenz: Schon die kleine Auswahl an Schweitzer-Projekten zeigt die innovative Handschrift.


Advertorial

Der große und langanhaltende Erfolg liegt für Hundehege vor allem darin begründet, dass das inhabergeführte Unternehmen in einem sehr intensiven Dialog mit den Kunden versucht, diese zu fördern. „Wir diskutieren neue Wege, versuchen, die Kunden noch ein, zwei Schritte weiter voranzubringen“, sagt Ruth Toechterle von der Schweitzer-Tochter Interstore Design. Längst nicht alle in der Branche würden diesen Ansatz verfolgen. „Wir verstehen, was den Handel bewegt, und versuchen ein Umfeld zu kreieren, in dem Produkt und Verbraucher perfekt zusammenkommen können“, erzählt Hundehege. Dazu passt der Schweitzer-Slogan: „Wir denken Handel.“ Die Liste der diesem Motto folgenden Auftraggeber ist lang: Armani ist dabei, Nike, Le Bon Marché, das Warenhaus Jelmoli in Zürich, das PKZ Zürich, das KaDeWe in Berlin, Benetton in Mailand, Manor Zürich, Edeka, Burberry, Longchamp, Ralph Lauren, und viele namhafte andere. Für Armani hat Schweitzer übrigens im höchsten Gebäude der Welt, im Burj Khalifa in Dubai, einen Shop inszeniert. Auch in Freiburg haben die Experten schon Spuren hinterlassen, etwa beim Umbau von Breuninger oder bei der Einrichtung der neuen Filiale einer

Umgebung Handel stattfinden kann und künftig auch immer mehr stattfinden wird.“ Deswegen müsse man mit Kunden auch mal streiten dürfen, über Produkte und deren Umfeld, über Ideen und Präsentationen. Und wenn der Kunde von „visual merchandising“ noch zu wenig versteht, müsse man es ihm beibringen.

Durch die „geballte Kompetenz“ – im Foodbereich sei man jetzt schon sicher unter den Top 3 in Europa – mit den Tochterfirmen Interstore Design und Interforce könne Schweitzer vom Bauvorhaben an sich über das Design bis hin zur letzten kleinen Präsentationsfläche alles aus einer Hand bieten. Womöglich würden die Südtoriler künftig auch noch die passenden Gebäude planen und bauen. Auf der Ladenbauer-Weltleitmesse EuroShop in Düsseldorf, wo übrigens noch in diesem Jahr wieder eine neue Niederlassung eröffnet wird, haben die Südtiroler im Februar einen völlig neuen Department-Store 3.0 präsentiert. Ein Stand, auf dem Schweitzer selber in die Rolle des Einzelhändlers geschlüpft war, sich hinter großen Schaufensterfronten zeigte, in dem die Besucher von Insekten und Blumen essen konnten, der einen Soundgarden hatte, sich jeden Tag veränderte. Ein Tag stand dabei ganz im Zeichen des Gentlemen’s Club. Auch für Männer müssten neue Umgebungen für Spaß und Erlebnis beim Einkaufen geschaffen werden, damit sie nicht nur rumsitzen, während ihre Frauen durch die Flächen fliegen. „Männer sind aktuell die wichtigste Zielgruppe des Handels. Gehen Sie gerne einkaufen? Sehen Sie.“ bib

Historie Schweitzer

Jobs bei Schweitzer

Schweitzer ausgezeichnet

Das Fundament für die Schweitzer Group legte 1927 Leo Schweitzer mit der Gründung der Schweitzer Mercantile. 1934 beginnt der Handel mit Kühlschränken, 1972 gründet Norbert Schweitzer die Schweitzer AG am heutigen Stammsitz in Naturns. 1977 wird das erste Kaufhaus-Projekt für La Rinascente abgeschlossen, 1985 das erste Kaufhaus in Saudi Arabien gebaut. In den vergangenen 20 Jahren kommen Produktionsstätten und Entwicklungszentren hinzu oder werden erweitert sowie zahlreiche Niederlassungen gegründet. 2012 übernimmt Schweitzer den ungarischen Ladenbauer Shoptec.

Für die Freiburger Niederlassung sucht der Leiter Sebastian Hundehege noch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Bereichen Projektleitung, Konstruktion, Kaufleute, Einkäufer und Logistiker. Bewerbungen an: personal@schweitzerproject.com oder +49 (0) 761 / 50 31 12 00

Im vergangenen November ist Schweitzer mit dem Retail Week Interior Award 2013 für das beste Supermarkt-Design beim Projekt „Good Wine“ in Kiew ausgezeichnet worden. 2012 gewann das Unternehmen den dritten Platz bei den Top Arbeitgebern in Südtirol, weil es binnen Jahresfrist 80 neue Mitarbeiter einstellte, ein internationales Umfeld und gute Karrierechancen bietet. 2011 gewann Schweitzer den ersten Preis beim Wettbewerb für Kommunikationslösungen im Unternehmen der Uni Mailand. Videokonferenzen sind bei Schweitzer selbstverständlich.

schwedischen Modekette an der KaiserJoseph-Straße 192. „Was wir im Jelmoli in Zürich gemacht haben, war sehr innovativ, hier wird der Bereich Lebensmittel ideal mit Fashion verbunden, da schaut gerade halb Europa drauf, das ist die Zukunft des Handels“, sagt Hundehege. Ein zweites aktuelles Vorzeigeprojekt in seiner Verantwortung sei das millionenschwere Einkaufszentrum Au Pont Rouge in St. Petersburg, das im Herbst eröffnet wird. „Da wird gerade der Handel tatsächlich neu erfunden, da wird neu definiert, in welcher

Au Pont Rouge in St. Petersburg: Wo der Handel neu erfunden wird

Schweitzer in Freiburg Die Schweitzer Vertriebs GmbH hat außergewöhnliche 320 Quadratmeter im Dachgeschoss des Ostflügels der Lokhalle Freiburg an der Neunlindenstraße 35, 79106 Freiburg, bezogen. www.schweitzerproject.com

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Reise

Der Celtic Tiger springt wieder Wirtschaftlich interessante Städte (2): Dublin

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ublin im Juni 2014: Es ist warm, das Zentralgestirn brennt auf die Stadt herunter, der SightseeingBus stoppt an einer Wohnanlage unweit der Heuston Station: „Hier stehen dutzendweise teure Appartements leer. Die EU hat Irland jetzt ein Ultimatum gestellt, wie sie das fair den Käufern und den Banken gegenüber lösen will“, sagt die Reiseleiterin. Die Nachwehen des Wirtschaftsbooms sind in der irischen Metropole nicht nur an dieser Stelle zu bestaunen. Die Zeiten des Celtic Tiger – so wurde Irland etwas martialisch genannt, weil das Bruttoinlandsprodukt zwischen 1995 und 2007 jedes Jahr durchschnittlich um sechs Prozent wuchs und die Staatsverschuldung sich gleichzeitig von 90 auf 50 Prozent fast halbierte – sind lange vorbei. Ein paar unfertige Bürotempel an der Liffey inmitten der Stadt zeugen vom abrupten Ende des „Wirtschaftswunders“, das indes wenig wunderlich

war, weil die Regierung die Unternehmenssteuer von 40 auf 12 Prozent gesenkt hatte und damit zielsicher globale Konzerne anzog. Vor allem für sie wurden die Docklands-Areale großflächig entwickelt, hier reckten sich neue Glasbauten empor, dort wurden alte Hafengebäude schick revitalisiert. Wegen der niedrigen Zinsen und der damals völlig fehlenden Regulierung der Banken investierten ab Mitte der 90er Jahre zunehmend auch Private in Immobilien: Zwischen 1996 und 2006 verdreifachte sich in Irland der Bau neuer Wohnhäuser auf 93.000 Einheiten jährlich. So wurde Irland eines der Länder mit der höchsten Eigentumsquote weltweit. Der Dampf im Immobilienkessel führte bald zu einer Blase. Das laute Brüllen des Tigers – „niemand war davon mehr überrascht als die Dubliner“, wie die Reiseleiterin spöttisch erzählt – wurde zu einem Schluchzen, die Immobilienpreise fielen allein 2009 um 20 Prozent, viele Haushalte sind überschuldet. In der Euphorie hatten die Banken jungen Leuten, die finanziell kaum abgesichert sind, vor allem in Dub-

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lin horrende Preise für neue Wohnungen finanziert, die heute vielleicht noch die Hälfte wert sind. Nach Angaben des Bankenverbands war das Volumen der bewilligten Immobilienkredite in Irland im ersten Halbjahr 2012 auf 950 Millionen Euro gefallen. Im Jahr 2006 waren es im gleichen Zeitraum 18,5 Milliarden Euro. Am Ende war das Brüllen des Celtic Tiger kaum auf die eigene Wirtschaftsleitung, sondern auf Investitionen aus dem Ausland gegründet. Vor allem aus den USA, die Irland als Standort für größere Exportabsätze interpretiert hatten. Wegen der immer noch niedrigen Steuern liest man auch heute beim Stadtrundgang an den Häuserfassaden Global Player: Google, Microsoft, Facebook, Paypal, Zynga und Yahoo! haben hier ihre European Headquarters. Nach einer Studie von PwC, die standesgemäß direkt an der Liffey residieren, die die Stadt in Northside und Southside teilt, war Dublin 2011 nach Antwerpen der attraktivste Standort für Firmen-Hauptquartiere. Mit Ryanair hat etwa der führende Billigflieger Euro-


pas hier seinen Sitz. Es gibt also doch noch etwas mehr als nur Guinness, es geht wieder bergauf in Dublin. Die Besichtigung des Guinness Storehouse sei derweil uneingeschränkt empfohlen, auch für solche, die das frischeste Guinness der Welt nicht in Bewegung bringt. Denn die Gravity-Bar ist im Wortsinn sehenswert – die Aussicht auf die Stadt und die nahen Wicklow Mountains sind inklusive. Dublin ist aber auch Stadt der Literaten: Georg Bernard Shaw, Samuel Beckett und William Butler Yeats schrieben sich hier zu Nobelpreisen. Seit Beckett 1969 die höchste Auszeichnung gewann, zahlen übrigens Künstler, die auf der Insel leben, keine Steuern. James Joyce ließ hier seinen Ulysses-Helden Leopold Bloom – dem im Kneipenviertel Bar Temple (hingehen!) ein Hotel mit komplett bemalter Romanfassade gewidmet ist – durch die Gassen ziehen, auch Oscar Wilde (bei der Einreise in die USA: „Ich habe nichts zu verzollen außer meinem Genie.") wirkte hier. Und es liegt auch heute noch ein sehr besonderes Werk in Dublin: Das Book of Kells,

das nicht wenigen als das schönste Buch der Welt gilt und im Ende des 16. Jahrhunderts gegründeten Trinity College (so etwas wie die Trutzburg des Protestantismus im katholischen Irland) zu bestaunen ist – im ebenso staunenswerten „Long Room", der alten Bibliothek des Colleges. Sehen muss man auch das kleine St. Stephens Green, den riesigen Phoenix Park, das Kilmainham Gaol, das Dublin Castle inmitten der Stadt – im Schlossgarten befand sich einst der dunkle Teich (Dubh Linn), der Dublin seinen Namen gab – und natürlich die St. Patricks Cathedral, Irlands größtes, geschichtsträchtigstes Gotteshaus. Dublin ist aber auch die Stadt der Musik, in der es kaum eine Kneipe ohne Livemusik gibt. Es ist die Stadt von U2, Bono wohnt südlich im vornehmen Dalkey, direkt an der Liffey steht das Hotel The Clarence mit der coolen Octagon Bar, das Bono und sein Gitarrist The Edge vor gut 20 Jahren gekauft hatten. Wer Geld ausgeben möchte, ist in der O’Connell Street (nach Daniel O’Connell, der 1829 die Gleichberechtigung der Ka-

tholiken erstritt) oder der Grafton Street gut aufgehoben. Was sich lohnt: Von der Konzerthalle The O2 am Hafen einmal entlang der Liffey bis zur Heuston Station. Was schade ist: Der Hafen ist weder begeh- noch erlebbar. Hinter den hohen Mauern gilt: Where the Streets Have No Name. Lars Bargmann

The way to fly Zwischenzeitlich war er nicht mehr am EuroAirport Basel-Freiburg-Mulhouse, Europas führender Billigfluganbieter Ryanair. Doch mit Beginn des Sommerflugplans Ende März kam er wieder und fliegt seither drei Mal wöchentlich auch die Metropole Dublin an. Der aus der Region kürzeste Weg in die irische Hauptstadt geht seither über Basel. Ryanair – mit Firmenhauptsitz in Dublin – fliegt also dienstags, donnerstags und samstags in seine Heimat, die nur eine von mehr als 80 Destinationen ist, die mittlerweile vom EuroAirport aus anfliegbar sind. Info: www.euroairport.com

Impressionen im Uhrzeigersinn: Für die Samuel Beckett Bridge legte Dublin rund 60 Millionen Euro hin, in der Temple Bar im gleichnamigen Stadtteil wird tags und nachts live gespielt, ein Archivar im herrlichen „Long Room" am Trinity College, eine Bruchbude zu Ehren von Bernard Shaw, die atemberaubende Aussicht in der Gravity Bar, das Dublin Castle inmitten der Stadt, die heilige St. Patrick's Cathedral, ein Gebäude am College in einer Kugel gespiegelt und – Obacht: Immer schön erst nach rechts schauen, bevor man auf die Straße tritt. chilli | business im Breisgau | 08.2014 | 29


Fakten

Die Welt, die Wirtschaft in Zahlen Zahl der nach der grün-roten Landesregierung bis 2020 zu bauenden Windräder: Zahl der während der grün-roten Landesregierung bis Juli 2014 gebauten Windräder: Zahl der Ausländer-Übernachtungen in Freiburg in 2013: Zahl der Ausländer-Übernachtungen in Rust bei Freiburg 2013: Zuschauer beim Public Viewing Deutschland gegen Portugal in Freiburg: Zuschauer beim Public Viewing Deutschland gegen Brasilien in Freiburg: Zahl der Betriebe mit mehr als 50 Beschäftigten in Freiburg (April 2014): Zahl der Betriebe mit mehr als 50 Beschäftigten in Lörrach (April 2014): Zahl der Betriebe mit mehr als 50 Beschäftigten in Tuttlingen (April 2014):

1200 34 474.000 475.000 9000 4000 42 91 130 19.770 58.909

Zahl der in Freiburg lebenden Berufspendler: Zahl der in Freiburg arbeitenden Berufspendler: Produzierte Solarenergie in Kilowattstunden in Freiburg 2013: Produzierte Windenergie in Kilowattstunden in Freiburg 2013: Produzierte Wasserenergie in Kilowattstunden in Freiburg 2013: Produzierte Biomassenenergie in Kilowattstunden in Freiburg 2013: Einpersonen-Haushalte, die man damit ein Jahr lang versorgen könnte: Zahl der in Freiburg aufgenommenen Flüchtlinge: Zahl der in Deutschland aufgenommenen Flüchtlinge: Durchschnittliche Zahl der in Pakistan aufgenommenen Flüchtlinge: Prozentzahl von regelmäßigen Schulschwänzern 2013 in Freiburg: Prozentzahl von regelmäßigen Schulschwänzern 2013 in Deutschland: Prozentzahl von regelmäßigen Schulschwänzern 2013 in England:

28,3 Millionen 11,7 Millionen 2,04 Millionen 19,22 Millionen 29.700 1100 600.000 1.600.000 8 4 9,1

Prozentzahl von Schulabgängern ohne Hauptschulabschluss 2012 in Freiburg: Prozentzahl von Schulabgängern ohne Hauptschulabschluss 2012 in Deutschland: Prozentzahl von Schulabgängern ohne Hauptschulabschluss 2012 in Spanien:

5,6 10,5 24,9

Produktion 2013 von Haus- und Sperrmüll in Kilogramm pro Kopf in Freiburg: Produktion 2013 von Haus- und Sperrmüll in Kilogramm pro Kopf in Baden-Württemberg: Produktion 2013 von Bioabfällen in Kilo pro Einwohner in Freiburg: Produktion 2013 von Bioabfällen in Kilo pro Einwohner in Baden-Württemberg:

112 142 69 44

Durchschnittliche Kleingartengröße in Quadratmetern in Berlin: Durchschnittliche Kleingartengröße in Quadratmetern in Freiburg: Durchschnittliche Kleingartengröße in Quadratmetern in Hamburg:

411 387 542

Besucherzahl in Freiburger Museen 2013: Durchschnittliche Besucherzahl im Freiburger Strandbad: Plätze in Kindergärten für Kinder bis drei Jahren in Freiburg: Plätze in Parkhäusern nahe der Innenstadt:

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216.248 400.000 2884 3731

Anaïs Lauvergeon, Felix Holm, Lars Bargmann / Idee: brandeins


Unternehmen

SAG verlängert auf der Haid „Keine Auswirkungen auf Neubaupläne“

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ie seit Mitte Dezember im Insolvenzverfahren befindliche Solarstrom AG (SAG) hat ihren Mietvertrag an der Sasbacher Straße im Freiburger Gewerbegebiet Haid verlängert. Entsprechende Informationen des Wirtschaftsmagazins business im breisgau bestätigt der Vorstandsvorsitzende Karl Kuhlmann. „Der Vermieter wollte eine klare Regelung, die haben wir jetzt getroffen“, sagt Kuhlmann. Die Neubaupläne in Merzhausen, wo die SAG in einen geplanten Solartower ziehen möchte, seien davon nicht betroffen. Die Gemeinde Merzhausen hatte bereits Ende 2012 ein 7000 Quadratmeter großes Grundstück am Ortseingang eigenen Angaben zufolge für fünf Millionen Euro an zwei Projektgesellschaften verkauft, „hinter denen die SAG steht“, hatte Bürgermeister Christian Ante erklärt.

Eine Gesellschaft will dort drei große Wohnhäuser mit 60 Einheiten bauen, eine andere rund 5000 Quadratmeter in einem bis zu neunstöckigen Gebäude entlang der Hexentalstraße. „Die SAG hat mit dem Wohnungsbau nichts zu tun“, sagt hingegen Kuhlmann. Ob er persönlich beteiligt ist, ließ er unbeantwortet. Die SAG hält aber Anteile an der Gesellschaft, die fürs Gewerbe zuständig ist. Möglich ist, dass sie diese verkauft. „Wir werden entweder als Miteigentümer oder als Mieter einziehen, das kommt darauf an, was für uns zu der Zeit das Beste ist“, so Kuhlmann. Zum Investorenprozess im Insolvenzverfahren sagte er, er führe derzeit „sehr vernünftige Gespräche mit Interessenten aus Europa, den USA und Asien“. Der Vorstandsvorsitzende hatte seine 9,4 Prozent der SAG-Anteile Anfang Mai an die VR-Bank Westmünsterland in Coesfeld verkauft. Lars Bargmann

Interessenten aus Europa, den USA und Asien

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