StiftungsReport 2007

Page 122

120

raten und umgesetzt werden. Konkrete Projekte sind bereits entstanden. So gibt es jetzt Fortbildungskurse für Bürgerinnen und Bürger, wie Angehörige und Nachbarn gepflegt und beim Sterben begleitet werden und die Familien in der Trauerphase unterstützt werden können. Da auch immer mehr im Ausland geborene Menschen bei uns – also aus ihrer Sicht in der Fremde – sterben, wird die zweite Generation dieser Zuwanderer über gemeinsame Bustouren motiviert und in Hospitationen qualifiziert, sich ehrenamtlich zu engagieren. 2007 wollen wir ein Palliativ-Forum initiieren und vor allem den Pflegeheimen helfen, das Schmerzmanagement zu verbessern. Sie halten viel von Kooperationen. Manche Stiftungen scheuen die Zusammenarbeit, weil sie glauben, sie verlören dabei Profil. Stiftungen können sich selbstloses Handeln leisten. Man verliert in der Kooperation sicherlich die Leuchtturmrolle und damit die kurzfristige öffentliche Aufmerksamkeit. Das ist für mich aber nicht dasselbe wie das Profil. Ich hoffe, der Breuninger Stiftung gelingt es, ihr Profil durch die Kooperation zu schärfen. Unsere Partner werden das zu schätzen wissen. Manchen Stiftungen reicht es, wenn nur wenige Insider wissen, wofür sie stehen und was sie können. Mit der Schärfung des Profils verbessert die Stiftung ihre inneren Strukturen und konzentriert sich, wie man in der Wirtschaft sagen würde, auf ihre Kernkompetenz. Stiftungen können, müssen aber nicht wie Marken aufgebaut werden, obwohl sie viel vom Marketing lernen können. Der Stiftungszweck bestimmt, welchen Stellenwert die professionelle Kommunikation mit der Öffentlichkeit erhält. Die Mehrzahl der Stiftungen agiert auch leise wirkungsvoll. Sie lindern Not, finanzieren Krankenhäuser, Universitäten und wunderbare Projekte, und dann stehen diese in der Aufmerksamkeit. Stiftungen

StiftungsReport 2007

können es sich leisten, die Inhalte in den Vordergrund zu stellen und selbst nicht im Mittelpunkt zu stehen. Die Robert Bosch Stiftung oder die Körber-Stiftung sind für mich in diesem Punkt Vorbilder. Die Stifter waren beispielhafte reife Persönlichkeiten, die ihre Stiftungen nicht als Denkmäler um sich selbst herum aufgebaut haben. Wie passt man neue Bedürfnisse der Gesellschaft, etwa die Betreuung älterer Migrantinnen und Migranten, an einen Stiftergedanken an, der in einer ganz anderen Zeit entstanden ist? Da treffen Sie einen Nerv im Stiftungswesen! Auf der einen Seite hilft es, das Stiftungsziel so klar wie möglich zu formulieren, um das Profil zu schärfen. Auf der anderen Seite muss es so offen sein, dass es jeweils aktuell interpretiert und neuen Bedürfnissen angepasst werden kann. Mein Vater und ich haben seinerzeit einen großen Blumenstrauß an Stiftungszwecken definiert – von der Kunst bis zur Wirtschaft. Dieser Freiraum erfordert jedoch die Festlegung von jährlichen Schwerpunktthemen, um nicht beliebig zu agieren. Glauben Sie, dass die Tatsache, dass Sie eine Frau sind, Ihre Arbeit beeinflusst? Zunächst mal schlicht ein einfaches Ja. Ich arbeite als Frau anders als ein Mann. Gisela Erler, die Tochter des großen Politikers, hat einmal gesagt, Frauen und Männer sind verschieden und gleichwertig. Das schicke ich allen Ausführungen voran. Das Geschlechterdilemma besteht aus meiner Sicht einzig und alleine in der historisch gewachsenen Hierarchie: Der Mann oben, die Frau unten. Dagegen wehren sich die Frauen zu Recht. Ich bin überzeugt, dass auch hier die Lösung im gegenseitigen Respekt und in der Teamarbeit liegt. Die Ergebnisse aus der Geschlechterforschung zeigen, dass die Unterschiede zwischen einzelnen Frauen größer sind als jene zwischen Frauen und


Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.