BLANK 01/2012

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erfolgreiche Kombination einer betonschweren, teerfarbenen Bodenständigkeit, exotisch-progressiv-frech daher kommender Instrumentaleinsätze und einer textlichen Ambitioniertheit, die mal mit mit kunstvoller Einfachheit komplexen Alltag beschreibt und dann auch wieder andersrum daher kommt. Dieses Werk ist nichts für musikalische und gesellschaftspolitische Analphabeten, sondern für eine intellektuell ambitionierte, am politischen und sozialen Diskurs interessierte Zuhörerschaft. Aber wisst ihr was? Schluss mit dem Geschwurbel. Denn „Santa Muerte“ ist eine Platte, die von vorne bis hinten mit ganz wenigen Ausnahmen viel Spaß macht. Und auch wenn sie manchmal etwas verkopft daher kommen mag, so ist dieser Gedanke nie Selbstzweck, sondern zwingt den Zuhörer, sich nicht nur mit der Form, sondern auch dem Inhalt der Songs auseinander zu setzen. Denn zwischen Bläsersätzen, die hier so geschmackvoll arrangiert und effektiv wie noch nie zuvor in der Broilers-Laufbahn, lauert hinter jeder Ecke Botschaft und Aufforderung zu irgendwas. Vorsicht, diese Platte ist durch und durch politisch – und zwar, weil alles politisch. Außer vielleicht der schieren musikalischen Freude und Fülle an auditiven Gedanken, die auf „Santa Muerte“ verarbeitet sind. Anspieltipps: „Weckt die Toten“, „In ein paar Jahren“, „The World Is Yours

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MUSIK

(Nicht)“, „Tanzt du noch einmal mit mir“. www.broilers.de

Beauty And The East

The Kordz Mit dieser und der nächsten Scheibe wird es ein bisschen exotischer und ich wette, mindestens eine der beiden Bands wird bei euch nur Fragezeichen produzieren. Und weil das so schade ist, will ich euch beide vorstellen. Los geht es mit den Kordz und die räumen in Sachen Exotenbonus voll ab, auch wenn sie den eigentlich weder wollen noch brauchen. Die Band um Sänger und Mastermind Moe Hamzeh kommt aus dem Libanon und wenn sich das große Raunen unter den Rockfreunden gelegt hat, bleibt in der Regel eine große Neugier zurück. So war es auch bei mir, als ich meine Finger an diese Platte bekommen habe. Und man bekommt eigentlich genau das, was man erwartet – zumindest musikalisch: Eine

Band, die handwerklich über alle Zweifel erhaben agiert und darüber hinaus selbstbewusst und mit großer Finesse immer wieder völlig klischeebefreit und gut dosiert das kulturelle Erbe ihrer Heimat zitiert. Ansonsten ist „Beauty And The East“ eine Platte, deren Titel das selbstironischste Element ist. Denn inhaltlich wird hier durchaus schwere Kost geboten, auch wenn es wider Erwarten eher unpolitisch zugeht. Dass Sänger und Texter Moe kein luftiger Springinsfeld ist, trieft aus jeder Zeile der Texte, die sich häufig mit den ganz großen Fragen („The End“) beschäftigen. The Kordz liefern hier ein lebendig-melancholisches Album ab, das gerade für mitteleuropäische Ohren unheimlich viel unheimlich unaufdringlich zu Entdecken bereit hält. Und am Ende des Tages vor allem eines ist: Ein verdammt gutes Stück Rockmusik! www.thekordz.com

Lost/ All Things To All People

Carpark North Meine dänische Zweitlieblingsband – noch deutlich vor Volbeat – hört auf den Namen Carpark North und ist vielleicht dem einen oder anderen hier schon ein Begriff. Das Trio spielt elektronisch beeinflussten, stets etwas poppigen Rock und ist gerade in der Heimat schon weit mehr als


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