Arezu Weitholz
Knast ist kein Lifestyle. Der Rest zuweilen schon. „313“ von Ben Tewaag.
Ben Tewaag hat Anfang des Jahres ein Buch geschrieben. „Große Buchstaben. Liest sich einfach. Ist unterhaltsam“ verkündet er, als er mir voller Stolz und doch mit einer gespielten Beiläufigkeit ein Exemplar seines frisch aus der Druckerei angelieferten Romans „313“ überreicht. Auch wenn er sich vorstellen könnte ein weiteres Buch zu schreiben (und das ist nicht die schlechteste Idee die er in den letzten Jahren hatte), so ist „313“ zuallererst einmal kein literarisches Debüt, sondern Bens Versuch seiner selbst habhaft zu werden. Und das ist ihm mehr als gelungen. Die stark autobiographisch-verortete Geschichte erzählt, wie der Protagonist namens Oli, ein erfolgreicher Musiker, medial begleitet seine Haftstrafe wegen
Körperverletzung antritt und beschreibt den darauf folgenden Kampf gegen Vorurteile, Neid und Missgunst, den Kampf gegen den eigenen, inneren Schweinehund, gegen die Angst und die Wut, gegen die Sensationsgier der Medien und den Kampf für die eigene Würde, Privatsphäre, moralische und ausgleichende Gerechtigkeit und letztendlich auch für die große Liebe. Dies alles geschieht dramaturgisch geschickt (natürlich auch den äußeren Zwängen folgend), erzählerisch durchaus souverän, nicht ohne Humor und bewusster Lakonie und eigen larmoyant. Musiker Oli ist, ebenso wie sein reales Vorbild, kein wirkliches Weichei und nimmt sein Schicksal, nach großen Wechselbädern aus Wut und Wehklage, schließlich selbst in die Hand, lotet die formalen Möglichkeiten des Strafvollzugs aus, setzt seine u.a. in der ‚Boulevardhölle‘ (STERN) erworbene Menschenkenntnis ein, bewährt sich, zweifelt, findet Freunde, überprüft seinen eigenen moralischen Kodex, gleicht ihn mit anderen ab und leidet an der Liebe: „Ich bin der Grund, warum meine Süße nicht auf täglicher Basis Sex hat. Der Grund, warum ihr niemand hilft, die Waschmaschine hochzutragen, bin ich. Der Grund, dass sie niemand tröstet, wenn sie Misserfolge im Job hat, bin ich. Der Grund, warum sie alleine einschläft, bin ich.“ Ben inszeniert sein Alter Ego
Arezu Weitholz wenn die nacht am stillsten ist Roman 224 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag Euro 17,95 (D) | 18,50 (A) ISBN 978-3-88897-775-6 Warengruppe: 1112
Poetisch und radikal erzählt Arezu Weitholz von einer Generation und einer Zeit, in der die Oberfläche, der Konsum, das richtige Outfit den Ton angaben. Und doch ist dieser Roman wie ein langes Lied über die Liebe.
Ein Roman wie ein langes Lied über die Liebe verlag antje
BLANK I 73 kunstmann www.kunstmann.de