Ostern und das Lamm

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Ostern und das

Lamm Jesus und das Opfer vom Kreuz



Nichts für Vegetarier … Vor einiger Zeit besuchte ich einmal Freunde in Serbien, die ich während ihres Aufenthalts in Deutschland als Asylbewerber kennen gelernt hatte und die leider wieder nach Serbien zurück mussten. In dem serbischen Dorf feierte man zu der Zeit gerade ein traditionelles jährliches Opferfest. In jeder Familie wurde ein Lamm getötet, zum Ausbluten aufgehängt, gehäutet und anschließend am offenen Feuer auf einem Spieß gegrillt – und dann genüsslich verspeist. Für Vegetarier muss die Zubereitung ein schrecklicher Anblick sein: Vor jedem Haus rotierten die gehäuteten Lammleiber auf quietschenden Drehvorrichtungen über der Feuerglut und überall lag ein beißender Geruch in der Luft. Als Christ dachte ich: Das kommt mir doch bekannt vor! Ein Lamm wird geopfert – das kommt aus der Bibel. Vor vielen tausend Jahren,


zur Zeit des Alten Testaments, wurden in Israel immer wieder Lämmer als Opfertiere dargebracht. Das Schlachten hörte erst auf, als Jesus Christus – der auch als »Lamm Gottes« bezeichnet wird (im JohannesEvangelium Kapitel 1,29 und 1,36) – am Kreuz gestorben war und die Zeit des neutestamentlichen Christentums anbrach. Aber nicht nur Lämmern wurde dadurch das Leben gerettet, sondern die Rettung durch das Kreuz geht viel weiter. Das werden wir sehen, wenn wir der Frage nachgehen: Was haben das Lamm, das Opfer, der Kreuzestod Jesu Christi und das Osterfest miteinander zu tun?

Die Geschichte des Opfertieres Am Anfang waren tatsächlich alle Menschen Vegetarier. Gott hatte Adam und Eva nur pflanzliche Erzeugnisse zur Nahrung gegeben (nachzulesen in 1. Mose 1,29). Ursprünglich gab es den Tod nämlich gar nicht, weder für Tiere noch für Menschen. Das Sterben begann



erst mit einem einschneidenden Ereignis im Leben Adams und Evas: ihrem Sündenfall, als sie zum ersten Mal gegen Gott rebellierten und der Verführung Satans folgten. Sicher kennen Sie die Geschichte von der verbotenen Frucht aus 1. Mose Kapitel 3. Gott hatte Adam und Eva gewarnt: »… wenn ihr davon esst, werdet ihr sicher sterben« (1. Mose 2,17). Daher kam der Tod erst mit der Sünde in die Welt. Nach dem Sündenfall starben allerdings als erstes nicht Adam und Eva, sondern ein Tier. Das nackte, schuldig gewordene Menschenpaar hatte sich zunächst selber notdürftig mit Feigenblättern bedeckt, doch Gott machte ihnen »Leibröcke aus Fell« (1. Mose 3,21), wofür unweigerlich mindestens ein Tier bluten und sein Leben lassen musste. Das war wohl der erste Tod der Weltgeschichte. Es war ein stellvertretender Tod. Nicht die eigentlich schuldigen Adam und Eva starben nach dem Sündenfall, sondern ein unschuldiges Tier wurde geopfert, um die offenkundig gewordene Schuld und Scham der Sünder in einer Weise



zu bedecken, die Gott zumindest vorläufig akzeptieren konnte. Auch Adam und Eva und alle ihre Nachkommen waren nun todgeweiht, aber durch Gottes Vorkehrung mit dem stellvertretenden Opfertier konnten sie zumindest bis ins hohe Alter unter der Geduld und Nachsicht Gottes leben. Doch hatten auch sie Konsequenzen ihrer Sünde zu tragen: Sie wurden aus den paradiesischen Zuständen und der Gemeinschaft mit Gott verbannt und mussten ihren Lebensunterhalt »im Schweiße ihres Angesichtes« (1. Mose 3,19) erarbeiten und nach dem Tod schließlich Gott als ihrem Richter gegenüber treten.

Wie kann Schuld bereinigt werden? Würde Gott, gerechter Richter, sie verurteilen oder aber begnadigen? Diese Frage muss die Menschen von Anfang an sehr bewegt haben. Wie konnten sie mit Gott wieder ins Reine kommen? Versuchen, nicht mehr zu sündigen? Gutes tun? Wie viel Leistung würde ausreichen? Nein, als



Sünder mit verdorbenem Charakter können wir uns nicht einfach wie Münchhausen selbst am Schopf aus dem Schlamassel ziehen. Seit Adam und Eva haben Menschen durch die Opferung eines Tieres zum Ausdruck gebracht: Ihre Schuld vor Gott können sie nicht selbst abarbeiten, sondern brauchen einen Stellvertreter, den Gott akzeptiert. Sie haben Opfertiere für Gott dargebracht – in Anlehnung an Gottes eigene Vorkehrung mit dem ersten Opfertier, das für sie starb, um ihre beschämende Blöße zu bekleiden. So war es schon bei den Kindern Adams und Evas: Abel war Schafhirte und brachte Tiere für Gott als Opfer dar; sein Bruder Kain hingegen versuchte, Gott mit seinen eigenen landwirtschaftlichen Erzeugnissen zu beeindrucken. Der Ausgang der Geschichte ist bekannt: Kain ermordete Abel, weil er sauer war, dass Gott Abels Opfer akzeptierte, seines aber nicht. Im weiteren Verlauf des Alten Testaments finden wir immer wieder diese Opferpraxis: Noah hatte von den geeigneten Tieren extra einige



mehr mit in die Arche genommen, um sie nach der Sintflut Gott zu opfern, ohne dass diese Spezies damit ausgestorben wären. Abraham, der Stammvater des Volkes Israel, errichtete oft Altäre, um Gott zu opfern; ebenso taten es seine Nachkommen. Sie alle drückten damit ihren Glauben aus, dass Gott ein stellvertretendes Opfer verlangt – den blutigen Tod eines Repräsentanten für sie als Sünder –, damit die Sünde, die zwischen Gott und den Menschen steht, als bereinigt gilt und er nicht zu Recht zornig ist, sondern uns Gnade und Liebe erweist.

»Go down, Moses …« und das Passah Erst als schon mehr als die Hälfte der etwa 4.000 Jahre langen Zeitspanne des Alten Testaments verstrichen war, wurde die Opferpraxis Israels in aller Form festgelegt und als geregelter Gottesdienst bestimmt, insbesondere mit dem so genannten Passahfest. Was ist das? Die junge Sippe Israels war in Ägypten zu einem großen Volk herangewachsen



und von den Ägyptern zu Sklaven gedemütigt worden. Gott wollte sie befreien und in ein eigenes Land führen, doch der Pharao wollte sie nicht gehen lassen. Sie kennen sicher das Lied: When Israel was in Egypt Land … Go down, Moses … tell old Pharao: Let my people go. Wie es weiterging, ist nicht nur in 2. Mose 1-12 ausführlich nachzulesen, sondern in diesem Lied auch kurz zusammengefasst. In der 2. Strophe heißt es: »Thus saith the Lord … If not I’ll smite your firstborn dead – So spricht der Herr (zum Pharao): Wenn du sie nicht gehen lässt, erschlage ich eure Erstgeborenen.« Der Pharao zeigte sich stur, forderte Gottes Macht heraus und Gott machte seine Drohung war: Er tötete in jener Nacht in Ägypten in jedem Haus jedes erstgeborene Kind. Aber an den Häusern der Israeliten ging er vorbei, denn dafür hatte er zuvor dem Mose eine Vorkehrung verordnet: Jede israelitische Familie musste ein Lamm schlachten und dessen Blut außen an die Türpfosten streichen. »Wenn ich das Blut sehe, dann werde ich an euch vorübergehen« (2. Mose 12,13), hatte



Gott versprochen. »Vorübergehen« heißt im Hebräischen »Passah«. Gott ging in jener Nacht an den Israeliten vorüber, verschonte sie und führte sie dann aus dem Land Ägypten heraus in die Freiheit. Das Passahfest ist also das Erinnerungsfest daran, dass Gott die Israeliten von seinem Gericht verschont und befreit hat. Aber das tat er nicht, weil sie bessere Menschen gewesen wären als die Ägypter – sie waren ebenfalls Sünder –, sondern aufgrund des Blutes des Lammes. Von nun an sollten die Israeliten in jedem Jahr an diesem Frühlingstag dieses Fest der Erinnerung an Gottes Gnade und Rettung feiern und dabei ein Lamm pro Familie opfern, und das taten sie auch über viele Jahrhunderte. Außerdem bekam das Volk Israel, als es aus Ägypten auszog und durch die Wüste Sinai ins verheißene Land wanderte, von Gott noch viele weitere Ordnungen: unter anderem die Zehn Gebote und viele Gottesdienstsatzungen, zu denen zahlreiche streng reglementierte Tieropfer gehörten. Das Prinzip war klar: Nur ein geeignetes



stellvertretendes Opfer konnte das zerstörte Verhältnis zwischen Gott und Mensch wieder herstellen, und nur mit einem solchen Opfer konnte man in die Gemeinschaft und Gegenwart Gottes kommen.

Jesus – das Lamm Gottes Und dann kam schließlich Jesus, über den der Bußprediger Johannes der Täufer sagte: »Seht, das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt wegnimmt« (Johannes 1,29.36). Verstehen Sie nun, was das bedeutet? Wie kann ein Lamm Sünde ausradieren? Obwohl im Laufe des Alten Testaments unzählige Tiere als Opfer starben, hatte Gott mit dieser Symbolsprache von Anfang an ein anderes, viel größeres Opfer im Sinn: Als stellvertretendes Opfer würde niemals ein Tier ausreichen, auch wenn es noch so perfekt und wertvoll war. Etwas viel Wertvolleres musste geopfert werden, um den Schaden und den Preis der Sünde zu zahlen. Gott hatte seinen eigenen Sohn als rettendes, sühnendes Opfer



vorgesehen. Bereits zu Eva hatte er gesagt, dass einer ihrer Nachkommen der von Gott gesandter Retter sein wird (1. Mose 3,16). Die Israeliten erwarteten ihn als »Messias«. Als Jesus zu Johannes dem Täufer an den Jordan kam, wusste Johannes (da er ein Prophet war), dass Jesus dieser Messias und Retter ist – das von Gott vorgesehene Opfer für die Sünde. Etwa drei Jahre später saß Jesus mit seinen Jüngern bei einem Passahfestmahl zusammen. Er wusste, dass er am nächsten Morgen gekreuzigt werden würde. Im Hinblick auf seinen bevorstehenden Tod erklärte er den Jüngern, dass sein »Blut vergossen wird zur Vergebung der Sünden« (Matthäus 26,28). Er war das wahre Passahlamm, das stellvertretend für Sünder sterben musste, damit sie mit Gott versöhnt werden. Das ist die zentrale Aussage des Evangeliums, der frohen Botschaft der Bibel: Jesus Christus, der Sohn Gottes und Messias, ist gekommen, um als stellvertretendes Sühnopfer für Sünder zu sterben, damit alle, die an ihn glauben, vor dem Strafgericht Gottes gerettet



werden. Er hat die Strafe stellvertretend am Kreuz getragen und mit seinem Blut bezahlt – und seine Auferstehung ist der Beweis dafür. Der Tod ist besiegt – für Mensch und Tier. Das ist die Osterfreude: Durch die Auferstehung Jesu ist kein Opfern und Sterben mehr nötig.

Die persönliche Bedeutung Wenn Sie nun ein Osterlamm sehen, überlegen Sie: Brauchen Sie ein stellvertretendes Opfer, oder meinen Sie, Sie selbst und Ihre eigenen Leistungen sind gut genug für Gott? Kehren Sie Ihre Schuld nicht unter den Teppich, wie Adam es mit Feigenblättern versuchte. Seien Sie nicht wie Kain, der kein stellvertretendes Opfer hatte und in seiner Wut und Aggression nur noch schlimmer sündigte. Bleiben Sie nicht in der Sklaverei der Sünde, sondern ergreifen Sie den von Gott geschenkten Ausweg – wie es in dem Lied Go down, Moses in der letzten Strophe heißt: »O let us all from bondage flee … And let us


all in Christ be free – Lasst uns von der Sklaverei fliehen und in Christus frei sein!« Verwerfen Sie jeden Glauben an sich selbst und andere Instanzen, und vertrauen Sie, dass allein Jesus Christus Sie retten kann:

Wer an den Sohn Gottes glaubt, hat ewiges Leben; wer aber dem Sohn nicht gehorcht, wird das Leben nicht sehen, sondern der Zorn Gottes bleibt auf ihm. (Johannes 3,36) Impressum Autor: Hans-Werner Deppe, © 2014 Herausgeber: Betanien Verlag, Augustdorf info@betanien.de · www.betanien.de ISBN 978-3-935558-29-7

Bildnachweise S. 2, 23: © Anna Omelchenko, Fotolia.com S. 7: © hemlep, Fotolia.com S. 17: © Baronb, Fotolia.com Alle anderen und Cover: © 18prozent.de


Frohe Ostern ! Zum Osterfest gehört traditionell das Osterlamm. Was hat es damit auf sich? Tatsächlich hat das Lamm sehr viel mit Ostern und der Kreuzigung und Auferstehung Jesu Christi zu tun, und es hat auch eine persönliche Bedeutung für jeden Menschen. Darum geht es in diesem Heft.

ISBN 978-3-935558-29-7

9 783935 558297


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