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Foto: U. Matthias

Aus Sicht der Wohnungslosen

»Soziale Ungleichheit bekämpfen« Hannover. Für die Rechte derer eintreten, die sonst vergessen werden; mit diesem Ziel demonstrierten vor dem hannoverschen Hauptbahnhof SozialarbeiterInnen und Betroffene aus mehreren niedersächsischen Städten gegen die Folgen sozialer Ungleichheit (nicht nur) in Coronazeiten. Covid-19 könne jeden treffen, die Möglichkeiten, mit den Folgen der Pandemie umzugehen, seien jedoch höchst ungleich verteilt. Das betreffe besonders Wohnungslose, Behinderte, transidente Personen, SexarbeiterInnen, Opfer von häuslicher Gewalt. Auf der Kundgebung wurden Erfahrungsberichte aus den verschiedenen Bereichen sozialer Arbeit live gehalten oder – wegen Corona – als Audio-Konserve eingespielt. Für die Initiative »Armut stinkt« stellte Florian Schulz die Ergebnisse einer Umfrage zur Lebenslage von wohnungslosen Menschen vor (s. auch nebenstehende Meldung). SexarbeiterInnen stellten ihre Sorgen und Nöte während des Lockdowns auf bunten Bögen aus. Die Veranstalter vom Arbeitskreis Kritische Soziale Arbeit (AKS) forderten strukturelle Veränderungen in der Gesellschaft, um soziale Ungleichheit zu bekämpfen. Das Wohl aller müsse zählen. Ein schlichtes Zurück dürfe es nach Corona nicht geben, die bisherigen Maßnahmen – wie die Unterbringung von Wohnungslosen in der Jugendherberge oder in Hotels – zeigten schließlich, was möglich sei. UM

Hannover. Wie sehen wohnungslose Menschen ihre Situation und die jeweiligen Hilfsangebote? Verlässliche Antworten auf diese Fragen findet nur, wer auch den Weg in die Notunterkünfte oder zu den Schlafplätzen im Freien nicht scheut. Für die partizipative Studie der Initiative »armutstinkt.de« haben die AutorInnen ihre Ergebnisse aus dem echten Leben geschöpft. Partizipativ deshalb, weil alle Texte, einschließlich der Fragebögen, von Betroffenen und Fachkräften der sozialen Arbeit gemeinsam verfasst wurden. Aus der Praxis für die Theorie (und bestenfalls retour). Immerhin eine dreistellige Zahl von Wohnungslosen in Hannover hat an der Umfrage teilgenommen, jetzt liegt eine erste Auswertung vor. Darin zeigt sich eine große Unzufriedenheit der Befragten (rd. 70 Prozent) mit ihrer derzeitigen Situation, die in vielfacher Weise von Stigmatisierungen geprägt ist. Erschreckend viele Wohnungslose berichten von einer massiven Bedrohungslage und schildern Gewalt als alltägliche Erfahrung. Vielen Betroffenen bleibt der Zugang zur medizinischen Regelversorgung trotz Krankenversicherung verwehrt. Und lediglich 25,4 Prozent empfanden die fachliche Unterstützung der SozialarbeiterInnen als hilfreich. In der Kritik stehen aber auch die Unterkünfte. Wegen hygienischer Defizite und mangelnder Sicherheit ziehen viele Betroffene es vor, obdachlos zu bleiben, als diese Unterbringungen in Anspruch zu nehmen. Die Forschungsgruppe fordert daher einen »radikalen Wandel des bisherigen Auffangs- bzw. Unterbringungssystems«. Wohnen müsse ein Grundrecht werden. Weitere Informationen unter armutstinkt.de. UM

Unterrichtsmaterial zu Hate Speech Hannover/Berlin. Die Frauenrechtsorganisation Terres des Femmes hat gemeinsam mit Lehrkräften Unterrichtsmaterial zum Thema Hate Speech entwickelt. »Die Botschaft an die SchülerInnen ist klar: Wortgewalt darf nicht hingenommen werden«, sagt Christa Stolle, Bundesgeschäftsführerin von Terres des Femmes. Das Unterrichtsmaterial bezieht sich nicht nur auf sexistische Hassrede, sondern thematisiert auch Rassismus, Antisemitismus, Behindertenfeindlichkeit und LGBTIQ+-Feindlichkeit in der Sprache. Lehrkräfte können ihre SchülerInnen über die Folgen von Wortgewalt aufklären und gemeinsam mit ihnen die Sprach- und Wortwahl reflektieren. Das Material richtet sich an SchülerInnen aller Schulformen in allen Bundesländern von der 8. bis 11. Klassenstufe und umfasst zwei Unterrichtsstunden. UM


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