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Renovierungen in St. Bonifaz im 19. und 20. Jahrhundert

O.S.B. – O, sie bauen!

Renovierungen in St. Bonifaz im 19. und 20. Jahrhundert

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Bruder Engelbert am Pfortenfenster von St. Bonifaz.

Bruder Engelbert Schacherbauer (1854-1935) war von 1888 bis kurz vor seinem Tod Pförtner in St. Bonifaz. Als solcher saß er gewissermaßen an der Schnittstelle von Kloster und ‚Welt‘. Jeder, der aus- und einging, kam an ihm vorbei. Neben dem Tagebuch einer Romreise im Heiligen Jahr 1925 sind Lebenserinnerungen erhalten, die Einblicke in das ganz alltägliche Leben im Kloster geben. Daneben gibt es einzelne Blättersammlungen, die sich mit Umbau- und Renovierungsmaßnahmen in Kirche und Kloster beschäftigen, denn: „Nachdem ich, Br. Engelbert, seit März 1882 im Kloster bin und Aufzeichnungen für Reparaturen in der Kirche verloren gegangen sind, hat mir der Hochw. Herr Abt den Auftrag gegeben, alles aufzuschreiben, was in dieser Zeit in der Kirche und im Kloster gemacht wurde.“ Im Kontext der derzeitigen Generalsanierung der Abtei ist dabei der Abschnitt über die Trockenlegung des Klosters in den Jahren 1933 und 1934 besonders interessant. Unsere Stiftsarchivarin Dr. Birgitta Klemenz hat die Ausschnitte zusammengestellt.

Trockenlegung des Klosters 1933-1934. Bekanntlich ist das Kloster St. Bonifaz auf feuchtem Grund gebaut. Daher auch in den Zimmern parterre immer Modergeruch und Feuchtigkeit, welche an den Mauern immer höher hinaufsteigt.

Nachdem vom Staat für Arbeitsbeschaffung Prozente gegeben wurden, so hat der Convent beschlossen, durch Mauerabsägen das Kloster trockenlegen zu lassen. Diese Arbeit wurde der Firma Stadler & Geyer übergeben. Mitte Dezember 1933 wurde angefangen und bis Mitte März soll es fertig sein. Die Kosten waren auf 18 000 RM berechnet, 2 000 RM waren Zuschuß versprochen, aber diese lassen auf sich warten.

Es arbeiteten 9 Mann mit 2 Elektromaschinen. Eine ähnliche neue wurde probiert zum Nagelstein-Durchsägen, hat sich aber nicht bewährt. Rückwärts in der Schuhmacherei am rechten Kreuzgartl <Osttrakt Richtung Königsplatz und heutige Katharina-von-Bora-Straße; Anm. d. Bearb.> wurde das Durchsägen angefangen. Wenn gut 2 Spannlang durchgesägt war, wurde eine dünne Bleiplatte eingelegt und ein Eisen eingeschlagen, daß sich die Mauer nicht setzen kann. Ist eine Zimmerlänge durchsägt, so wurde links und rechts an die Mauer ein Brett hingemacht, unten verdichtet, dann oben Zement eingegossen, daß der Schnitt damit ausgefüllt ist. Nach einigen Tagen, wenn der Zement trocken war, konnten die Bretter wieder weggenommen und die Mauer verputzt werden. Von da ging die Sägerei weiter in die Brüderschlafsäle rechts, in die Buchbinderei und Gastzimmer für die Brüder. Da gab es schon Schwierigkeiten. Man wußte nicht mehr wo die Brüder zum Schlafen unterbringen, es mußten Sprechzimmer dazu benützt werden. Es gingen wenigstens 10 Tage vorüber, bis diese Zimmer wieder einigermassen bewohnbar waren. In den langen Gängen und Sprechzimmern waren Vertäfelungen angebracht, welche alle abgenommen werden mußten. – Mit dem zweiten Motor wurde auf der linken Seite zu Sägen angefangen <Westtrakt Richtung Königsplatz und Luisenstraße; Anm. d. Bearb.>. Vorplatz von der Küche, dann Eßzimmer für die Weltlichen, Schneiderei, Schlafsaal, Badezimmer und bis ganz vor. An mehreren Zimmern und Gängen wurde der Mörtelverputz herunter gehauen bis hoch hinauf und auf weiteres belassen. Das verursachte viel Staub und Unrat, dieser wurde jedoch immer wieder von den Arbeitern zusammengekehrt und in den Hof hinaus gefahren, aber die weitere Reinigung blieb den Brüdern.

Bruder Engelbert vor dem Fenster der Pforte von St. Bonifaz.

Mit einem Motor wurde dann in der Pforte angefangen zu sägen. Ein Arbeiter mußte immer nebenbei mit einem gebrauchten Sägblatt das Sägmehl aus dem Schnitt kratzen. Es gingen 8 Tage vorüber bis diese 2 Pfortenzimmer durchgesägt waren. Die vordere Außenmauer ist 95 cm stark, die Zwischenmauern sind verschiedener Stärke; im ganzen sind 500 qm zu durchsägen. In der Pforte hatte es seine Schwierigkeit mit dem Telephon; bei dem großen Lärm war nichts zu verstehen. 3-4 Tage hatte ich Kasten und Bett mitten im Zimmer, mußte immer drum herumlaufen, weil auch der Heizkörper herunter genommen und um 6 Teile kürzer gemacht wurde. Ein besonders feuchter Teil der Mauer am Eck der beiden Zimmer wurde isoliert mit Bleiblech und Teer, nachdem es trocken war mit Mörtel verputzt. Armenbrod wurde auch inzwischen abgegeben. Hernach ging die Arbeit über das Sprechzimmer nebenan und über die Pfarrzimmer <Richtung Westen; Anm. d. Bearb.> . Das hatte auch seine Schwierigkeiten, der Sekretär zog auf ein paar Tage ins kleine Pfortenzimmer, das inzwischen notdürftig hergerichtet war, der Pfarrer dann in das sog. Elefantenzimmer <?; Anm. d. Bearb. >, das wurde mit seinen Möbeln von der Pfarrei eingerichtet und auch sein Telephon dahin verlegt. Das Pfarrzimmer war sehr feucht, zum Durchsägen der äußeren Mauer mußte beim Kreuz die Erde niedergegraben werden. Das Zimmer wurde dann wieder verputzt und frisch getüncht, daß es wieder bezogen werden konnte. Mit dem Sekretariat ging es schneller.

Mit einem Motor wurde dann die lange Quermauer gegen die Kreuzgartl durchgesägt, mit dem anderen die Mauern am Vorplatz. Mit den 3 Sprechzimmern rechts und Abort gab es auch wieder Schwierigkeiten, weil man nicht wußte, wo die Besuche zum Sprechen hinführen. Im mittleren Sprechzimmer wurde seinerzeit auf das Pflaster ein Holzboden mit Urbauunterlage hineingemacht, dieser war faul und mußte herausgenommen werden. Im 3. Zimmer war die Mauer besonders feucht gegen Abort, sodaß nach Durchsägen der Verputz heruntergehauen, die Mauer mit eisernen Holzkohlen-Öfen trocken geheizt werden mußte.

Nach einigen Tagen konnte die Mauer wieder verputzt und nachdem dieser trocken war, die Vertäfelung in diese Zimmer wieder hineingemacht werden.

Das Absägen wurde dann im Mittelbau begonnen. Das Refektorium liegt 4 Stufen höher wie der Gang, sodaß die Mauer zwischen Refektoriumboden und Kellergewölbe durchgesägt werden konnte und das Refektorium von diesem Schmutz frei blieb. Die 2 Heizkörper von dem Refektorium wurden abgeschraubt und dann zum Sägen ein größeres Loch in die Mauer geschlagen. Mit dem Motor wurde von außen gearbeitet, während dem ein Arbeiter in dieses Fuchsloch hineinkroch und beim Sägen mit einem alten Sägblatt den Sand aus dem Schnitt kratzte, bis ganz herum gesägt war. Eine mühselige Arbeit, weil er da innen nicht stehen konnte.

Bruder Engelbert im Garten von St. Bonifaz. Bruder Engelbert kam als Dionysius Schacherbauer am 20. Juni 1854 in Babing in der Pfarrei Zeilarn in der Diözese Passau zur Welt. Am 3. Mai 1884 feierte er in St. Bonifaz seine Profess, gestorben ist er am 16. Oktober 1935. Wie von den meisten Brüdern ist von seinem Leben nur wenig überliefert. Er war der Sohn eines Leinwebers, erlernte diesen Beruf nach dem frühen Tod des Vaters zusammen mit dem ein Jahr älteren Bruder und führte das väterliche Geschäft weiter, bis er mit 20 Jahren zum Militär eingezogen wurde. Den Großteil dieser beiden Jahre verbrachte er als Krankenwärter im Militärlazarett Oberwiesenfeld, eine Aufgabe, die er auch nach dem Militärdienst ausübte – als Betreuer eines Grafen von Otting, der in der Ottostraße in München und damit ganz in der Nähe von St. Bonifaz lebte. Über den täglichen Besuch der Heiligen Messe kam der Kontakt zu St. Bonifaz zustande, wo sich Schacherbauer „durch das schöne Meßdienern der Brüder angezogen“ fühlte. Er bat um Aufnahme, ein Wunsch, der allerdings erst 1882 in Erfüllung gehen sollte. Zunächst arbeitete er in den Gärten in München und Andechs mit und wurde dann am 16. Juli 1888 Pförtner von St. Bonifaz, ein Amt, das er bis kurz vor seinem Tode ausüben sollte.

Erst vor kurzer Zeit fand sich im Stiftsarchiv eine unscheinbare rote Kladde mit einigen wenigen gebundenen Seiten. Der Inhalt aber hatte es in sich. Vor über 150 Jahren – 1869 – hat Pater Bonifaz Käser in akribischer Kleinarbeit Grundrisse von St. Bonifaz zu Papier gebracht, vom Keller- bis zum Dachgeschoss. Während die Legende für das Unterschoss (1= Keller; 2=Heize; 3= Begräbnisgruft) erhalten ist, fehlt sie auf den übrigen Blättern, so dass die Nummern 3 bis 15 auf dem Plan für das Erdgeschoss leider bisher nicht zugeordnet werden können.

Mit dem anderen Motor wurde in der Küche angefangen; diese liegt 6 Stufen tiefer wie der äußere Boden, mußte daher höher oben durchgesägt werden. Der Mauerverputz wurde innen und außen hoch hinauf und herunter gehauen, innen der Sockel bis zum Schnitt hinauf mit Isolierplatten und Teer belegt, wenn dieses trocken war, wurde es wieder mit Mörtel verputzt. Oberhalb bleibt die Mauer vorderhand offen.

Hernach ging es an die kleinen Zwischenräume gegen das Refektorium. In diesen konnten sie mit dem Motor nicht überall beikommen, mußte ein kleiner Teil mit der Hand gesägt werden. Es wurden dann die Außenmauern links und rechts des Klosters durchgesägt. Diese haben 115 cm und vorne 13 cm Durchmesser; da hatten sie Schwierigkeiten, weil die Fugen ungleich sind, ging es sehr langsam und hat ihnen einige Sägeblätter abgerissen. Sie mußten eine andere Art Säge nehmen. Es wurden auch noch die Mauern der beiden Kämmerl rechts von der Durchfahrt durchgesägt, damit war die Absägung des Klosters fertig. Dann wurden die Mauern noch sauber verputzt, soweit sie nicht offen bleiben mußten wegen Trocknen. Dann haben die Arbeiter ihre Sachen aufgeräumt und den letzten Schutt weggefahren. Am 24. März 1934 war alles fertig.