Allegria Magazin 4-2011

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selbst behandelt werden möchte. Ich bin nicht religiös, sondern spirituell, zugleich unvollkommen und sehr menschlich, wie wir alle. In dem Moment, in dem wir glauben oder vorgeben, besser als irgendjemand anderer zu sein, sind wir nicht mehr spirituell. Sie haben ja mit vielen spirituellen Lehrern gesprochen. Hat irgendeiner von denen mal angedeutet, dass es nicht unbedingt die Essenz der Spiritualität ist, mit den Verstorbenen in Kontakt bleiben zu wollen? Ja, die meisten haben das getan. Aber ich war einfach in meiner Trauer stecken geblieben. Es hat einige Zeit gedauert, bis ich mir nicht mehr selbst im Weg stand. Ich glaube, das geht vielen Menschen so, die einen solchen Verlust zu beklagen haben. Sie erwähnen im neuen Buch ein Gespräch mit dem schamanischen Lehrer Miguel Ruiz und seinen Rat: »Nimm es nicht persönlich!« – der dann im Verlauf des Buches häufig eine Rolle spielt. Was bedeutet dieser Rat für Sie? Ich finde es narzisstisch zu glauben, das, was andere tun, gälte einem selbst. Wenn man sein Leben danach ausrichtet, andere so zu behandeln wie man selbst behandelt werden möchte, wie könnte das dann andere in Rage und dazu bringen, einem schaden zu wollen? Sie beschreiben in Ihrem Buch einige Leute, die behaupten, berühmte Persönlichkeiten wie Marilyn Monroe zu channeln, und Sie machen Ihren Lesern klar, dass Sie mit denen nichts zu tun haben wollen. Wo liegt nach Ihrer Einschätzung die Grenze zwischen einer seriösen und einer unseriösen Herangehensweise an das Thema: Kontakt zu Verstorbenen? Wir sollten uns nicht so sehr darauf konzentrieren, mit den Toten sprechen zu wollen, sondern erkennen,

dass ihr Geist oder ihre Seele weiterlebt und dass es ihnen gut geht. Für mich ging es einfach darum, jedes Medium und jeden Hellsichtigen zu interviewen, den ich erwischen konnte, um schließlich zu sehen, worum es wirklich geht. Jedes der Kapitel im Buch wird – gleichsam als Motto – eingeleitet mit Hinweisen einer katholischen und einer protestantischen Kirche, die einen geradezu abstrusen Streit mit Hilfe von aufgestellten Schildern über die Straße hinweg austragen, beispielsweise darüber, ob Hunde in den Himmel kommen oder nicht. Was war Ihr Gedanke dabei? Ich finde es geradezu lächerlich, wenn eine etablierte Religion derart viel Wind darum macht, ob ein Hund eine Seele hat oder nicht. Die organisierten Religionen haben nach meiner Einschätzung die Botschaft von Jesus und anderen spirituellen Lehrern völlig verdreht. Sobald das Ego ins Spiel kommt und sich ein Streit entspinnt, wer richtig und wer falsch liegt, ist die Verbindung zur Spiritualität gekappt. Im Film »The Sixth Sense« teilt ein hellsichtiger Junge seine GeisterWahrnehmung einem Psychiater mit, der bereits gestorben ist, ohne es realisiert zu haben. Ist dieser Film in Ihren Augen realistisch? Ich bin vielen Kindern begegnet, die Geister sehen. Sie sehen etwas. Wir alle haben eine Intuition. Das ist vergleichbar mit Klavierspielen: Die einen dudeln herum, andere sind wie Mozart, aber jeder spielt Töne. Welche Bedeutung hat für Sie die Liebe? Ich glaube, Liebe ist alles, was wir haben. Doch wenn du nach Liebe suchst, bedeutet das, dass du in dir nicht ganz und eins bist. Wir versuchen, uns selbst ständig zu füllen: mit Essen, Trinken, Drogen, Einkaufen,

und nichts kann dieses Loch füllen und uns zu einem Ganzen machen – außer Selbstliebe und Akzeptanz. So wie wir im Außen nach Erfüllung suchen, schotten wir uns ab von der inneren geistigen Quelle. Das ist für die meisten von uns die größte Herausforderung: einfach auf dem Sofa zu sitzen und mit sich im Einklang zu sein. Wir sind überzeugt, dass wir Macher und Gewinner sein müssen, dabei hat die Wahrheit damit überhaupt nichts zu tun. Wenn wir einfach nur in und mit uns gegenwärtig, präsent sein können, dann sind wir auch ganz. Was möchten Sie Ihren deutschen Lesern sagen? Jeder findet seinen spirituellen Weg auf ganz eigene Weise. Seid offen, bleibt neugierig und lacht Euch eins ins Fäustchen auf dem Weg. Letztendlich ist ein Gärtner ebenso wichtig wie Angelina Jolie. Kein einziger Mensch ist wichtiger als ein anderer. Unser wahrer Lehrer kann ein Niemand sein, dem wir auf der Straße begegnen. Die Fragen stellte Christian Salvesen (www.christian-salvesen.de) Jenniffer Weigel ist TV-Journalistin aus Chicago und wurde für ihre Arbeit u.a. mit dem Emmy ausgezeichnet. Bei Hampton Road erschien 2007 ihr erstes Buch: »Stay Tuned – Conversations with Dad from the Other Side«.

JENNIFFER WEIGEL Danke, liebes Universum, jetzt reicht’s! Allegria, 256 Seiten, 16,99 Euro Danke, liebes Universum, jetzt reicht’s! Allegria, Hörbuch, 3 CDs, 19,99 Euro

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