Unser Wald

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4. Ausgabe Juli/August 2010

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Unser Wald Zeitschrift der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald

Wald und Kunst I Jugendreport Wald 2010 Unser Wald 4 I 2010

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Inhalt

Editorial

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Schwerpunkt: Wald und Kunst

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Der Wald als Inspiration Ars Natura – Kunst am Wanderweg Gläserne Fichten und Tannen Freiheit und Wildnis Skulpturenwege in Deutschland

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Baumkunde

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Wollemia – die Urweltpflanze

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Baum des Jahres

20 – 21

Kirschbäume: Von der Blüte zur Frucht

Jugendreport Wald 2010

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22 – 24

Jugendreport Wald 2010: Statt Waldwirtschaft ist Sauberkeit und Ordnung angesagt. 22

Vogel des Jahres

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Fischjäger in der Kulturlandschaft Foto: Urs-P. Twellmann

Kunstwerk von Urs-P. Twellmann aus Zedernholz in Japan 2002.

Impressum Herausgeber: Verlagsgesellschaft Unser Wald mbH Meckenheimer Allee 79, 53115 Bonn, Telefon: 02 28/9459830, Internet: www.sdw.de, E-Mail: unser-wald@sdw.de Im Auftrag der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald – Bundesverband e.V. Chefredakteurin: Sabine Krömer-Butz, Bonn Kontakt: 02 28/94 59 835, E-Mail: sabine.kroemer-butz@sdw.de Stellvertretende Chefredakteurin: Nicole Rabanser, Harxheim Redaktion: Lothar Gössinger, München; Christoph Rullmann, Bonn; Sylke Emmermann, Leck (Landesverbandsnachrichten) Anschrift der Redaktion: Meckenheimer Allee 79, 53115 Bonn Telefon: 02 28/9 45 98 30, Telefax: 02 28/9 45 98 33 Geschäftsführer: Jens Stengert, Bonn Konten: Sparkasse KölnBonn, Kontonummer 031 019 797, BLZ 370 501 98 Gesamtherstellung: Echo Verlag, Selma-Lagerlöf-Straße 51–53, 50859 Köln, Telefon: 0 22 34/40 09-01, Fax: 0 22 34/40 09-44, Internet: www.lambertzdruck.de, E-Mail: info@lambertzdruck.de Erscheinungsweise: zweimonatlich Bezugspreis: Jahresabonnement 17,50 € einschl. Versandkosten und 7 % MwSt. Einzelheft: Preis 3,00 € Fotos: Für die Fotos in den Landesverbandsnachrichten sind die jeweiligen Landesverbände verantwortlich.

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Wald – Südafrika

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Wald und Forstwirtschaft in Südafrika

Wald – Gefahren

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Ein gefährlicher blinder Passagier

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Forstnachrichten

30 – 31

Novellierung des Bundeswaldgesetzes

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Umweltnachrichten

32 – 33

SDW-Verbandsnachrichten

34 – 63

SDW-Bundesverband Baden-Württemberg Bayern Berlin Brandenburg Hamburg Hessen Mecklenburg-Vorpommern Niedersachsen Nordrhein-Westfalen Rheinland-Pfalz Sachsen Sachsen-Anhalt Schleswig-Holstein Thüringen

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Für unverlangt eingesandte Manuskripte und Bildmaterial übernehmen Verlag und Redaktion keine Verantwortung: Die Redak­tion behält sich Kürzungen und Überarbei­tungen, insbesondere bei Leserbriefen, vor. Rücksendung erfolgt nur, wenn Rückporto beigefügt ist. Die von den ­Autoren vertretenen Meinungen sind nicht in jedem ­Falle mit den Ansichten des Herausgebers oder der Redaktion identisch.

Inhalt

Unser Wald 4 I 2010


Editorial

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Liebe Leserinnen, liebe Leser, Kunst, so ist oft zu hören, öffnet uns die Augen. Man wagt unter ihrer Anleitung einen ganz anderen Blick unverändert neue Denkstrukturen. Wir wollen Sie heute mitnehmen auf diesen neuen Weg.

Sabine Krömer-Butz

Kunst und Wald – auf den ersten Blick fragt man sich, wie passt das zusammen. Doch der Wald bietet nicht nur eine herrliche Kulisse für Kunstwerke, sondern er liefert mit seinem Holz, Blättern, Zapfen und Früchten vielfältiges Material, sich künstlerisch zu betätigen. Neben Künstlern, die Holz bemalen, drechseln oder bearbeiten, wollen wir Sie mit der Kunstrichtung Land Art bekannt machen. Land Art gehörte in den sechziger Jahren zu den radikalsten künstlerischen Konzepten. Man wollte dem Besitzbürgertum kein weiteres Konsumgut liefern und schuf deshalb großes Bau- und Kunstwerke, die weder transportabel noch käuflich und oft durch Wind und Wetter nicht vergänglich.

Veranstaltungen rund um Kunst und Wald. Haben Sie schon von dem Baum Wollemia gehört? Wahrscheinlich nicht. Bekannt aus Versteinerungen früherer Perioden der Erdgeschichte entdeckte 1994 ein Ranger den Baum in einer tiefen, unzugänglichen Schlucht in Australien. Unser Wald stellt Ihnen den Baum vor. Der Natursoziologe Dr. Rainer Brämer beschäftigt sich bereits seit 1997 mit dem Verhältnis von Kindern und Jugendlichen zur Natur. Das Leben in virtuellen Welten drängt das Kennen und Verstehen der realen Welt immer weiter zurück. Für Unser Wald hat Dr. Brämer die Erkenntnisse zum Wald, der Forstwirtschaft und der Jagd zusammengefasst. Schließlich stellt Ihnen Prof. Dr. Thomas Seifert passend zur gerade statt gefundenen Fußball-WM den Wald und die Forstwirtschaft in Südafrika vor. Herzlichst

Heute wird der Begriff Land Art auf alle Arten von Natur-Kunst oder Kunst in der Landschaft angewandt. Und heute wird die fotografische Dokumentation der Kunst akzeptiert, da sonst nur Wenige die Entwicklungen mitverfolgen können. Wir stellen Ihnen in Unser Wald UrsP. Twellmann, einen der bekanntesten Land Art-Künstler, vor. Wir haben ihn kennengelernt, als wir für Angela Merkel einen besonderen Preis suchten. Seine Kunstwerke in und aus der Natur, mit einer Motorsäge hergestellt, faszinieren viele Menschen. Wenn Sie noch eine Idee für einen Ausflug in Deutschland suchen, wir haben für Sie etwas gefunden: Skulpturenwege, Waldkunstpfade und

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Editorial


Foto: F. Musiol

Die Kunstwerke von Franz Musiol beeindrucken durch glatte, zum Berühren einladende Oberflächen – wie die Skulptur „Flügelschlag“, die aus Apfelholz gefertigt wurde.

Der Wald als Inspiration Nicole Rabanser; Jens Stengert; Lothar Gössinger Die Natur ist ein großartiger Künstler: Sie taucht unsere Umgebung in die schönsten und außergewöhnlichsten Farben, sie zeichnet filigrane, grobe und atemberaubende Strukturen in Feld, Wald und Wiese oder modelliert imposante und spektakuläre Formen in die Landschaft. Kein Wunder, dass sich zahlreiche Künstler von ihr inspirieren lassen – sei es, indem sie ihr Atelier nach draußen verlegen, unsere Umwelt auf eine Leinwand zaubern und auf Zelluloid bannen oder mit Naturmaterialien arbeiten.

Wald und Kunst

Besonders das Material Holz fasziniert die Menschen.

Es wirkt warm und harmonisch, kein Stück gleicht dem anderen, jedes scheint eine eigene Geschichte zu erzählen. Viele Kunstschaffende verarbeiten es zu edlen und phantasievollen Skulpturen oder initiieren aufsehenerregende Kunstprojekte in der Landschaft. Der Wald ist ein großartiger Raum, um der eigenen Kreativität freien Lauf zu lassen. Kunst kann im Grünen zu einem wahren Erlebnis werden, aus dem wiederum eine Erfahrung wird, die das Leben der Menschen bereichert. Besonders das von Kindern: Durch einen spielerischen, künstlerischen Umgang mit der Natur lernen sie das Ökosystem Wald kennen und schätzen. Auch unter dem Stichwort „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ lässt sich Kunst im Wald betrachten: Zwar liefert uns der Wald schon viele Materialien „frei Haus“ - doch nur solange die Menschen einen nachhaltigen, vorausschauenden und behutsamen Umgang mit ihm pflegen. Kunst im Wald bedeutet in diesem Sinne, Unser Wald 4 I 2010


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dass Materialien, die nichts im Grünen zu suchen haben, dort nicht einfach zurückgelassen werden. Denn auch das ist eine Kunst: Den Wald zu nutzen, ohne ihn auszunutzen. Im Folgenden stellt Unser Wald einige Künstler vor, die den Wald und seine Rohstoffe für sich und ihre spannende Arbeit entdeckt haben.

„Dich kenne ich, dich lieb ich, dich sah ich wachsen“ von Pablo Neruda steht nicht ohne Grund auf

der Homepage des Künstlers Franz Musiol, das wird dem Betrachter seiner Kunst schnell klar. In jedem seiner Werke wird die Liebe des Eberbachers zum Holz sichtbar, fast scheinen die von ihm gefertigten, imposanten und dabei doch so filigran wirkenden Skulpturen diese poetischen Zeilen beständig auszuhauchen. Seit 1999 fertigt der gelernte Tischler, Diplom-Holzingenieur und DiplomPädagoge als freischaffender Holzbildhauer Holzskulpturen, die er seit 2004 in jährlichen Ausstellungen zeigt. Im Alltag ist er als wissenschaftlicher Berufslehrer für Holztechnik tätig. In seiner künstlerischen Arbeit ist es Franz Musiol besonders wichtig, dass er die natürliche Wuchsform des Holzes erhält, dem Holz „nichts aufzwingt“: Er hackt weder etwas brachial hinein noch sägt er unbarmherzig etwas weg – die Natur bestimmt den Weg, den er bei der Bearbeitung einschlägt. Die von ihm geschaffenen Kunstwerke beeindrucken durch ihre harmonische Form, ihre glatten, zur Berührung einladenden Oberflächen und ihre schlichte Natürlichkeit. Herausragend und holzhistorisch interessant sind die Skulpturen, die aus Stammteilen einer 3700 Jahre alten Mooreiche entstanden sind. Das schwarzbraun bis ganz schwarz gewordene Holz stammt aus dem Boden seiner Heimat, der südlichen Wesermarsch, wo der prähistorische Baumriese im Boden eines ehemaligen Moores überdauert hat. Wer jetzt neugierig geworden ist, sollte sich bald auf den Weg nach Eberbach am Neckar machen. Dort werden vom 24. Juli bis 12. September in der Evangelischen Michaelskirche zwölf große Holzskulpturen des Künstlers unter dem Titel „Dem Weg des Menschen gibt das Holz eine Richtung an“ präsentiert.

„Lebendiges Holz – Farbenspiel der Natur“ das ist das Motto der Drechselarbeiten von Volkmar Zimmer aus Germering. Schon immer haben ihn Maserungen und Farben der Hölzer fasziniert und so waren bereits während seiner Berufszeit als Konstruktionsingenieur Metallkunsthandwerk, die Welt der Mineralien und immer wieder Holz seine Freizeitbeschäftigungen. Die stetig wachsende Holzsammlung verlangte nach einer angemessenen Darstellungsart, so kam es zur „Produktion“ von annähernd 500 Schnupftabakdosen aus den verschiedensten Hölzern aller Kontinente. Ein Seminar beim international bekannten englischen Holzkünstler Ray Key brachte schließlich den Durchbruch. Als Mitglied der Association of Woodturners of Great Britain und der Vlaamse Gilde van Houtdraaiers, den ersten Adressen der künstlerischen Drechsler, steht er seitdem in intensivem Erfahrungsaustausch mit Holzkünstlern aus Unser Wald 4 I 2010

Foto: F. Musiol

„Waldengel“ von Franz Musiol

Foto: G. Hornbostel

Die Schale „Vogel im Nest“ fertigte Volkmar Zimmer aus Eibenholz. anderen Ländern und wurde inzwischen zu internationalen Drechselsymposien eingeladen. Die Kenntnisse durch Vorlesungen an der Forstwissenschaftlichen Fakultät der LMU München ermöglichen ihm die anatomischen Grundlagen über Aufbau der Bäume, sowie Anomalien wie z.B. Wucherungen, eingewachsene Steine und ähnliches bei seinen Objekten fachgerecht und treffsicher herauszustellen. Wald und Kunst


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Wald und Kunst

Foto: R.Stinzing

In seinen Kunstobjekten setzt sich Reinhard Stinzing mit Themen auseinander,‚ die ihn beschäftigen.

Reinhard Stinzing sagt von sich selbst: „Bequem war ich nie, will ich auch gar nicht sein“. Für ihn ist Kunst Freiheit. „Modern“ ist für den Künstler nicht das Neue, es ist das Wagnis des Ungewohnten. Der Wald ist für ihn die ideale Galerie, da er einzigartig und nicht nachbaubar ist und ihm Platz ohne Ende bietet. Hinzu kommt, dass der Wald reich strukturiert und abwechslungsreich ist, zudem verändert er sich je nach Tages- oder Jahreszeit. Der Künstler dekoriert Bäume, Baumstümpfe oder Stämme nicht nur mit Farbe, um den Wald bunter erscheinen zu lassen. Durch die Kunstobjekte setzt sich Reinhard Stinzing mit Themen auseinander, die ihn beschäftigen: Politik, Geschichte, Moral. Durch das Betrachten seiner Kunst gibt der Künstler den Besuchern die Gelegenheit, sich Zeit zu nehmen und die Kunst im Umfeld der Natur auf sich wirken zu lassen. Den Respekt, den Reinhard Stinzing vor der Natur hat, erkennt man auch durch den Untertitel seiner Baumwelten: „Sind Bäume die letzten Philosophen?“ Dabei spielt die Zeit, die die Bäume zum Wachsen gebraucht haben, verbunden mit der Frage „Was haben die Bäume in der Zeit alles gesehen?“, für ihn eine große Rolle.

Foto: R.Stinzing

Seit vielen Jahren begleitet Volkmar Zimmer die bayerischen Tagungen zum Baum des Jahres mit seinen jeweils ausgesuchten Exponaten. Ob bei großen Baumschutztagungen, der Interforst, im Botanischen Garten München oder bei kleineren Ausstellungen in Walderlebniszentren oder bei SDW-Jahresversammlungen: Immer versteht es der Drechselkünstler, für die Teilnehmer den Bogen von Wald über Holz zu Kunst zu spannen. In seinem Wohnort Germering hat er in der Stadtbibliothek eine Holz-Infothek mit 50 europäischen Holzarten und auch etlichen exotischen Hölzern eingerichtet. Natürlich sind auch alle 22 Bäume des Jahres mit Musterstücken dabei. Auch bei sich zu Hause sind die Objekte zu besichtigen und teilweise auch käuflich zu erwerben.

Baumstämme, bunt bemalt: Das sind die „Baumwelten“ des Künstlers Reinhard Stinzing. Doch Stinzings Kunst findet nicht nur mit Bäumen und Holz statt, sondern befindet sich auch noch im Wald. Kein Wunder, denn Stinzing ist nicht nur Künstler, sondern auch Förster mit einem Revier in der Nähe von Lohr am Main. Und dort befinden sich auch seine Naturgalerien der Moderne. Wald und Kunst

Autoren Nicole Rabanser ist die stellvertretende Chefredakteurin von Unser Wald. E-Mail: unser-wald@sdw.de Jens Stengert ist Geschäftsführer der Verlagsgesellschaft Unser Wald mbH. E-Mail: jens.stengert@sdw.de Lothar Gössinger ist Geschäftsführer der SDW Bayern. E-Mail: sdwbayern@t-online.de

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Kunst und Wald

Foto: Urs-P. Twellmann

Anneau d‘epicéa (Fichtenring) steht seit 2002 im Wald bei Bex in der Schweiz.

Urs-P. Twellmann – ein Künstler des Vergänglichen Sabine Krömer-Butz Wenn ein Kunstwerk in der Natur steht und es aus der unmittelbaren Umgebung besteht, wenn dieses Werk zu einem Teil der Landschaft wird und damit selber wieder zur Natur wird, dann hat man es mit Land Art zu tun. Einer Kunstrichtung, die sich nur schwer in dem etablierten Kulturbetrieb einordnen lässt, aber auf Interesse stößt und bei den meisten Betrachtern Verblüffung, Staunen und nicht selten offene Fragen hinterlässt. Der erste Meister des Vergänglichen war Andy Goldsworthy, der Ende der sechziger Jahre diese neue Kunstrichtung bekannt machte. Heute möchte ich Ihnen einen der bekanntesten Naturkünstler überhaupt vorstellen, nämlich den Schweizer Urs-P. Twellmann. Seine Werke findet man auf der ganzen Welt. Ob in Japan, Südafrika, Australien oder Kanada: Überall, wo es Holz gibt, lässt er sich von den Ästen, Stämmen oder Wurzeln inspirieren und schafft Werke Wald und Kunst

von besonderer Schönheit. Kreise, Linien, Spiralen, Wellenlinien finden sich in all seinen Skulpturen. Twellmann greift mit seinen Werken in die Natur ein, verändert und deutet sie und verschafft dem Betrachter so den Zugang zu der innewohnenden Schönheit. Die Auseinandersetzung mit dem Material, das Erforschen seiner Eigenschaften und Möglichkeiten sowie das Spannungsfeld zwischen Chaos und Ordnung stehen im Zentrum des kreativen Prozesses von Twellmann. Ich habe mit Urs- P. Twellmann gesprochen und ihm einige Fragen zu seiner vergänglichen Kunst gestellt: Vor vier Jahren haben wir für unseren jährlich vergebenen Preis „Goldene Tanne“ eine außergewöhnliche Holzskulptur gesucht und bei Ihnen gefunden. Sie haben diese vollständig mit der Kettensäge gestaltet. Ist sie Ihr übliches Handwerkszeug? Urs-P. Twellmann: Zurzeit habe ich eine umfangreiche Werkschau in einem Museum in der Schweiz. Von den über hundert Exponaten sind alle ausschließlich mit der Kettensäge gearbeitet. Natürlich habe ich Sägen in verschiedenen Unser Wald 4 I 2010


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Größen. Es sind aber alles Sägen, wie sie auch die Waldarbeiter brauchen. Woher bekommen Sie Ihre Inspiration? Urs-P. Twellmann: Die kommt mit der Arbeit. Mit jeder neuen Arbeit erhalte ich Ideen für Varianten. Oft sind es auch die „missglückten“ Versuche, die mir neue Wege aufzeigen. Sehr wichtig ist zudem die Auseinandersetzung mit dem Material, den Werkzeugen und den Orten, wo die Arbeiten entstehen. Ein wesentlicher Teil meiner künstlerischen Arbeit besteht darin, die spezifischen Eigenschaften der verschiedenen Hölzer zu erforschen und die Möglichkeiten der Kettensäge immer wieder neu auszuloten. Was möchten Sie mit Ihren Werken ausdrücken? Welche Botschaft möchten Sie dem Betrachter mitgeben? Urs-P. Twellmann: Ich verbinde mit meinen Skulpturen keine spezifischen Botschaften, freue mich aber, wenn ich mit meiner Arbeit dazu beitragen kann, dass die Wichtigkeit der Natur als unsere Lebensgrundlage erkannt wird, dass das Staunen über die Vielfalt der Natur angeregt wird und dass die Achtung gegenüber der Kreativität und den Wundern, die die Natur kreiert, wächst. Wie lange arbeiten Sie an einem Werk? Urs-P. Twellmann: Es gibt Arbeiten, die in einem Tag abgeschlossen sind. Andere erfordern ein, zwei oder gar drei Monate intensive oft sehr physische Arbeit. Generell lässt sich das aber nicht in Stunden oder Tagen ausdrücken, weil die Wochen des Erforschens und Experimentierens, wie auch die über Jahre gesammelten Erfahrungen ebenso dazuzuzählen wären. Was fasziniert Sie an dem Grundstoff Holz? Urs-P. Twellmann: Die Vielfältigkeit, die Lebendigkeit und die Kraft, die selbst weiterwirkt, auch wenn der Baum schon lange gefällt ist. Auch nach dreißig Jahren bin ich täglich am Lernen und am Staunen. Ich sehe meine Tätigkeit als eine Zusammenarbeit, sowohl mit dem Werkstoff Holz wie auch mit den Landschaften in denen ich arbeite. Was sind Ihre Pläne für die kommende Zeit? Urs-P. Twellmann: Diesen Herbst und Winter werde ich mit Projekten in Nord- und Südamerika beschäftigt sein. Im Detail habe ich noch nicht entschieden, in welche Regionen die Reise führen wird und wo ich an der Arbeit sein werde. Ihre Arbeiten kann man sich zuhause aufstellen, aber auch in der Natur bewundern. Wie kommen Sie mit der Vergänglichkeit Ihrer Werke im Freien zurecht? Urs-P. Twellmann: Ja, die Arbeiten in der Natur sind vergänglich. Alles ist vergänglich, das Auto, der Computer, der letzte Lohn. Das Problem mit dem Holz ist halt, dass es zum Teil nicht mal eine Generation lang hält und dass die meisten Leute den Anspruch haben, dass Kunst ewig halten sollte. Ich sehe die Vergänglichkeit aber auch als Freiheit. Mal habe ich gelesen, dass es für eine Schicht von 200 km rund um die Erde reichen würde, wenn Holz nicht verfaulen würde. Ich habe mit der Vergänglichkeit auch deshalb Unser Wald 4 I 2010

Foto: Urs-P. Twellmann

Kiefernkugel in den Schweizer Alpen. (2005) keine Probleme, weil die Arbeiten ja auf den Fotografien weiter bestehen. Regelmäßig arbeite ich aber auch an Objekten für den Innenraum. Ich habe viele Holzskulpturen gesehen, die Jahrhunderte alt sind. Wo sind Ihre Arbeiten ausgestellt? Urs-P. Twellmann: Ich habe wiederholt auf allen Kontinenten gearbeitet. Zahlreiche Arbeiten stehen im öffentlichen Raum. Parallel dazu gibt es immer wieder die Möglichkeit meine Arbeiten in Museen, Galerien oder in Freilicht-Skulpturen-Ausstellungen zu sehen. Sind Ihre Arbeiten käuflich? Urs-P. Twellmann: Ja, davon lebe ich. Doch nicht alle sind verkäuflich, denn viele entstehen auf Reisen und aus einer bestimmten Situation heraus. Davon bleibt dann meist nur eine Fotografie. Anders die Arbeiten, die ich in den Galerien zeige, die sind alle verkäuflich. Wichtig um meinen Lebensunterhalt zu bestreiten sind aber auch die Aufträge, die ich auf Einladung von Gemeinden, Städten oder Firmen realisieren kann. Künstler Urs- P. Twellmann wohnt in Münsingen in der Schweiz. Wer sich über den Künstler und die aktuellen Projekte informieren möchte, erhält alle Informationen auf seiner Homepage: www.twellmann.ch (siehe auch Buchtipp Seite 17) Autorin Sabine Krömer-Butz ist die Chefredakteurin von Unser Wald. E-Mail: unser-wald@sdw.de

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Foto: Ars Natura-Stiftung

Kunstwerk „Raumschau“ von Norbert Jäger aus Hamburg.

Ars Natura – Kunst am Wanderweg Karin Lina Adam Erholung durch Wandern und intensives künstlerisches Erlebnis im „Galerieraum Natur”zu vereinen, ist das Ziel der Ars Natura-Stiftung, die seit 2001 an der Verwirklichung dieser Idee arbeitet. Inzwischen sind in Nordhessen über 240 Kunstwerke aus ökologischen Materialien auf 200 Kilometer Wanderwegen zu besichtigen. Belebend sattes Grün der Wiesen, herrliche Ausblicke auf die reizvolle Mittelgebirgslandschaft, Kunstwerke, denen man am Wegesrand begegnet. Wo? In Brüder Grimms Märchenland Nordhessen. Erholung durch Wandern und intensives künstlerisches Erlebnis im „Galerieraum Natur“ wirken hier zusammen – etwa 700 Meter bis 1.000 Meter Wegstrecke ist von einem zum anderen Werk zurückzulegen – Zeit zum Genießen der Natur und Nachdenken über die Eindrücke, die „Arrived“, „Zuneigung“, „Ponykids“ und viele andere Kunstwerke hinterlassen haben. Wald und Kunst

Die aus ökologischen Materialien hergestellten künstlerischen Arbeiten sind thematisch natur- und ortsbezogen und kommen durch ihre jeweils spezifische landschaftliche Umgebung besonders zur Geltung - Wechselbeziehungen entstehen, die die Wirkung von Landschaft und Kunstwerk jeweils verstärken. Im Gegensatz zur kompakten Kunstschau der Museen ist hier die landschaftsbezogene Streuung das künstlerische Präsentationsprinzip in Entsprechung zum Charakter des ländlichen Raumes. Bis zu einem Kilometer Wegstrecke zwischen den einzelnen Kunstwerken erlaubt eine kontrastreiche, lebendige Konzeption. Skulpturen, hängende, liegende, stehende, tönende Objekte, Land Art unterschiedlicher Stilrichtungen befinden sich am Wegesrand. Die Rezeption der Werke ist eng mit der Bewegung durch Radfahren oder Wandern verbunden, wobei das Verweilen und Innehalten einen ebenso hohen Stellenwert hat.

Die Kunstwerke befinden sich zum einen entlang des Fernwanderweges X8, der als Barbarossaweg den

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Kyffhäuser in Thüringen mit dem hessischen Korbach verbindet. Innerhalb des Projektes ARS NATURA, das von Dr. Karin Lina Adam und Sandrino Sandinista Sander, künstlerische Leiter, ins Leben gerufen wurde und in eine Stiftung übergegangen ist, entstand vom Jahr 2001 bis heute eine Strecke von rund zweihundert Kilometern mit 240 Kunstwerken von Waldkappel im Werra-Meißner-Kreis bis Bad Wildungen. Nirgendwo sonst in Deutschland findet sich ein Wanderweg dieser Länge, der zu einer ununterbrochen spannenden Kunstreise einlädt. In Spangenberg kreuzen sich Barbarossaweg (X8) und Wildbahn (X3), die von Höxter nach Bad Brückenau führt und seit 2006 ebenfalls zum ARS NATURA-Kunstpfad ausgebaut wird. Ab dem documenta-Jahr 2007 sind auch in Kassel zehn Werke „am Fluss“ zu erwandern, Lohfelden besitzt eine ARS NATURA-Strecke, dem alten „Schusterpfad“ gewidmet und der Abschnitt Kehrenbach bis Rotenburg an der Fulda bietet imposante „Weitblicke“. Es wird deutlich, dass jede der Teilstrecken somit ein eigenes Motto hat – „Paradiesisches“ und „Zauberwälder“ gibt es zu entdecken, die „Geschichte der Christianisierung“ der Region, der Reflexion der Entwicklung des Verhältnisses von „Tier und Mensch“ und der Natur als Ort der „Rekreation“ wecken ebenso das Interesse wie der „Dialog zwischen Stadt und Land“ sowie Gedanken zur zeitgemäßen ökologischen „Energiegewinnung“.

Auf den beiden Fernwanderwegen und bisher vier

Rundwegen, die zur genaueren Erkundung der Umgebung von X8 und X3 einladen, entsteht ein Gesamtkunstwerk, das Kunstinteressierte und passionierte Wanderer gleichermaßen inspirieren dürfte. Einige regionale, viele deutsche und international tätige Künstlerinnen und Künstler konnten für die ARS NATURA-Idee gewonnen werden. Noch im Jahr 2010 hofft ARS NATURA den etwa 15 km langen Abschnitt am Barbarossaweg zu verwirklichen, der dem historischen Verlauf folgend die ehemalige innerdeutsche Grenze kreuzt. Das Motto der Teilstrecke soll daher schlicht, aber gewichtig, lauten: „Wiedervereinigung“. Damit wäre es ARS NATURA mit Hilfe seiner Partner, den Städten und Gemeinden am Weg, HessenForst und dem Land Hessen gelungen, die Kunst-WanderVerbindung zum Land Thüringen herzustellen. Wälder, Felder, Bergkuppen mit weiten Ausblicken, Täler mit Flüssen oder lauschigen Bächen, Fachwerkdörfer und -städte mit ihren Sehenswürdigkeiten und auf ganz eigene Weise inspirierenden Kunstwerke als Wegbegleiter laden zum Erkunden, Genießen und Philosophieren ein.

Foto: Ars Natura-Stiftung

„Red Sticks“ von Dana Widawski aus Berlin.

Autorin Dr. Karin Lina Adam hat die künstlerische Leitung der ARS Natura-Stiftung. Weitere Infos unter www.ars-natura-stiftung.de

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Wald tut gut

Foto: Stadt Regen

Der „Gläserne Wald“ befindet sich am Fuße der Burgruine Weißenstein.

Gläserne Fichten und Tannen Susanne Kargus

Im Südosten von Deutschland haben wir besondere Bäume entdeckt. Sie befinden sich in Regen, einer Kreisstadt im Bayerischen Wald in Niederbayern. Die Stadt liegt an der 250 Kilometer langen Glasstraße und hat sich eine etwas andere Werbung dafür einfallen lassen. Ihre Blätter rascheln nicht, ihre Äste treiben nicht aus, und ihre Jahresringe sucht man vergebens. Weder Fichten noch Espen oder Kiefern haben Wurzeln. Die Bäume, die in der Stadt Regen im Naturpark Bayerischer Wald auf einem Quarzriff wachsen, sind buchstäblich einzigartig in Deutschland und auf der ganzen Welt: Denn der Wald, den die Stadt „gepflanzt“ hat, besteht ganz und gar aus Glas.

Die Stadt Regen hat durch die Installation des Gläsernen Waldes ein Bild geschaffen, das Werbung und Aufmerksamkeit für das Thema „Glas“ auf sich zieht – mehr

Wald und Kunst

als tausend Worte dies könnten. Auf exponierter Lage am Fuß der Burgruine Weißenstein, direkt auf der Quarzader „Großer Pfahl“, wächst nach dem Konzept des Künstlers Rudolf Schmid auf 2000 Quadratmetern ein glitzernder, funkelnder und transparenter Wald aus acht Millimeter dickem, grün-, braun- oder blauschimmernden Glas, dessen Bäume mit einer Höhe von bis zu acht Metern in den Himmel ragen. Blau- und Weißtannen, Fichten, Buchen, Kiefern oder Espen stehen neben dem früheren Getreidekasten der einstigen Trutzburg Weißenstein. Kein Baum „wächst“ wie der andere. Das Sonnenlicht bricht sich auf bunten, kegelförmigen Baumkronen, kreisrunden Ästen, spitzen, zackigen Zweigen oder spiralenartig gewundenen Stämmen. Um den Wipfel des höchsten Baumes, eine acht Meter hohe Tanne, zu sehen, müssen sich selbst die erwachsenen Besucher strecken. Vor acht Jahren versenkte der Künstler Rudolf Schmidt die ersten Stämme für die Glasbäume im Boden. Mittlerweile sind 26 Bäume zu bewundern. Zug um Zug soll der Gläserne Wald auf 60 bis 80 Bäume wachsen. In der Natur wirken die Bayerischen Wälder bei Nacht finster, fast ein wenig bedrohlich. Ganz anders der Glaswald: Unzählige Bodenfluter strahlen die Unser Wald 4 I 2010


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Bäume nach Sonnenuntergang an und rücken sie ins rechte Licht. „Der Glaswald ist der Höhepunkt in Regen, alle Leute sind begeistert und erkennen den künstlerischen Wert der Bäume“, sagt Tourist-Info-Leiterin Angelika Michl. Der Glaswald ist eine große Bereicherung für das touristische Angebot der Stadt.

Der Gläserne Wald zählt zu den bedeutendsten Se-

henswürdigkeiten im und um den Luftkurort Regen. Er ist Touristenattraktion und Kunstwerk zugleich. Tausende Besucher geraten Jahr für Jahr nach einem Spaziergang durch den 2000 Quadratmeter großen Glaswald ins Schwärmen. Auch viele Prominente wie Alt-Bundeskanzler Helmut Kohl oder die Volksmusik-Moderatorin Carolin Reiber schlenderten bereits zwischen den Bäumen aus farbigem Flachglas umher. Fernsehsender drehten Filme über die Gläsernen Bäume vor der imposanten Kulisse des Bayerischen Waldes, zudem wurde die Stadt im Jahr 2002 mit dem Glasstraßenpreis ausgezeichnet, der die außerordentlich gute Verbindung von Tourismus und Glaskultur würdigt und an Personen oder Institutionen vergeben wird, die die Kriterien „Vorbildcharakter“, „Überregionale Bedeutung“ und „Wert für das Innenmarketing der Region“ besonders erfüllen. Mit dem Gläsernen Wald will die Stadt auch der Glasindustrie neue Impulse geben. Denn mit dem Glas ist die Stadt eng verbunden: Die Degenberger, früher Herren von Burg Weißenstein, waren die ersten Glashüttenbesitzer im Bayerischen Wald. Die in Regen von einer bekannten Firma hergestellten Brillengläser sind deutschlandweit bekannt, ebenso wie die dort produzierten Spezial-Linsen, die unter anderem in hochmodernen Head-up-Displays für Flugzeuge oder medizinischen Geräten eingebaut werden. Ein ganz besonderer Knoten hat die Stadt Regen außerdem weit über die Landkreisgrenzen hinaus bekannt gemacht. Damit ist jedoch nicht ein Wirrwarr aus Hanfseilen oder Schnürsenkeln gemeint, sondern ein Faden aus Kristallglas, der sich im Kurpark im Ortskern von Regen aus der Erde schraubt und sich zu einem Knoten windet. Die Miniprismen des Glasfadens schillern je nach Licht in den verschiedensten Farben. Alle Völker dieser Erde mit einem Glasfaden erreichen – das ist die Grundidee des Künstlers Charly Rödl, die hinter dem Gläsernen Faden und Knoten steckt. Vom Kurpark soll der Gläserne Faden – zumindest symbolisch – rund um den Globus führen.

Bild: Stadt Regen

Die gläsernen Bäume des Künstlers Rudolf Schmid sind bis zu acht Meter hoch.

Autorin Susanne Kargus ist freie Journalistin; E-Mail: tourist@regen.de

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Wald tut gut

Foto: U. Ritschel

Pilz-Baum von Ping Qiu. Die chinesische Künstlerin baute im Mai 2010 ihr Kunstwerk. Der Pilzhut mit sechs Meter Durchmesser steht auf dem Kopf und soll als Sitzplatz verwendet werden.

Freiheit und Wildnis Ute Ritschel Das Motto „Freiheit und Wildnis“ des 5. Internationalen Waldkunstpfads in Darmstadt berührt unsere Sehnsucht nach einem Leben oder einer Auszeit fernab der Zwänge der Zivilisation. Im Mittelpunkt steht die künstlerische Auseinandersetzung mit dem Naturstandort Wald. Aus den vergangenen Veranstaltungen hat sich ein Waldkunstpfad von 2,6 Kilometer Länge mit 20 Kunstwerken entwickelt. Der 5. Internationale Waldkunstpfad „Freiheit und Wildnis“ hat vom 2. bis 21. August 17 Künstlerinnen und Künstler aus acht Ländern zu einem dreiwöchigen Symposium eingeladen. Die Kunstschaffenden kommen aus: Belgien, China, England, Italien, Kanada, Schweiz, USA und Deutschland. In diesen Woche werden u.a. ein schwimmendes Zelthaus, eine 500 Meter lange schwebende weiße Linie, ein „Spiegelbaum“ und ein Minenfeld im Wald entstehen. Mit dem „Green Summit – Bäume im Gespräch“ wird es ein Leit- und Verweissystem zu historischen Bäumen mit internationalem Bezug im Wald geben und die „Strange Fruit“ wird Ort eines Kontakt-Tanzprojektes für spätere öffentliche Nutzung. Die chinesische Künstlerin Ping Qiu hat während ihres Aufenthaltes als Gastkünstlerin im Internationalen Waldkunstzentrum im Mai 2010 den „Pilzbaum“ fertiggestellt: ein Pilz dessen Wurzel die Baumkrone ist und dessen Pilzrand als Sitzbank genutzt werden kann. Wald und Kunst

Der Mythos von „Freiheit und Wildnis“ ist die Sehnsucht der Menschen nach einem Leben, einer Aus-Zeit oder einem Urlaub in der sogenannten „Freiheit“ und „Wildnis“, es ist der Wunsch den Zwang der Zivilisation hinter sich zu lassen. Die Städte, die an den Rändern der Natur nagen – besonders im dicht besiedelten Rhein-Main-Gebiet – bedrängen uns und lassen wenig Raum für das tief verinnerlichte Bedürfnis nach der Natur. Der Kontrast zwischen dem städtischen Leben und der Verbindung zur Natur ist immer gegenwärtig. Der 5. Internationale Waldkunstpfad wird die romantische Idee von Freiheit und Wildnis thematisieren. Es geht um das „Überleben in der Wildnis“, die „Freiheit der Gedanken“ und um den ewigen Traum des „Zurück zur Natur“.

Die Biennale der Internationalen Waldkunstpfade findet seit 2002 im Darmstädter Wald am Böllenfalltor statt. Seither haben 95 Künstlerinnen und Künstler aus über 20 Ländern an diesem internationalen Kunstprojekt teilgenommen. Die Aufgabe des Vereins ist „die künstlerische Auseinandersetzung mit dem Naturstandort Wald“. Dieses Ziel verfolgen wir vor allem mit dem Waldkunstpfad, dem Internationalen Waldkunst Zentrum (IWZ), das im Oktober 2009 gegründet wurde, den internationalen Waldkunstkonferenzen bzw. Vorträgen und unseren Projekten zur Waldkunstpädagogik. Waldkunst ist ein nachhaltiges Kunstkonzept für die Zukunft – ein Ort für neue Ideen und den regen Austausch zwischen Kunst, Natur und Wissenschaft im internationalen Umfeld. Von Anfang an war die Gründung des Vereins für Internationale Waldkunst e.V. ein Kooperationsprojekt mit dem Forstamt Unser Wald 4 I 2010


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Darmstadt unterstützt von Hessen Forst. Diese erfolgreiche und fruchtbare Zusammenarbeit hat im Lauf der Jahre den 2,6 Kilometer langen Waldkunstpfad mit 20 bestehenden Kunstwerken zu einem überregional bekannten Kunstort gemacht. Die Internationalität der Kunstprojekte und der kreative Austausch zwischen den Kulturen wird durch die Auswahl von jeweils einem Drittel deutscher Künstler und zwei Drittel internationaler Künstler immer breiter. Auch wenn natürliche Materialien für die Kunstwerke nicht unbedingt erforderlich sind, verfolgen wir das Ziel, nachhaltige Kunstwerke zu fördern, die direkt für einen Ort konzipiert sind und auch nur eine bestimmte Lebensdauer haben. Die Standorte im Wald werden immer wieder für neue Kunstwerke genutzt, dadurch entsteht eine „Erinnerung des Ortes“ im kollektiven Gedächtnis der Besucher.

Das umfangreiche Programm für die Ausstellungswochen 2010 umfasst vier Gespräche zur „StadtWaldKunst“ in Zusammenarbeit mit Soziologen der Technischen Universität Darmstadt, eine ARTtafel „Der Geschmack des Waldes“, ein „Hänsel und Gretel“ Kinderopernprojekt und umfangreiche waldkunstpädagogische Angebote z.B.mit der Universität Koblenz, Grundschulpädagogik: „Die Wölfe sind los!“, zur Erkundung des Waldkunstpfads in Wolfskostümen für 1. bis 4 Klassen. Autorin Ute Ritschel ist Kuratorin im Verein für Internationale Waldkunst, E-Mail: ute@ritschel.net

Foto: U. Ritschel

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Unser Wald 4 I 2010

Wald und Kunst


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Foto: E. Krause

„Twist“ von Alois Steger im Zauberwald.

Skulpturenwege in Deutschland In ganz Deutschland gibt es viele Begegnungen zwischen Kunst und Natur. An die 30 Skulpturenwege oder Kunstwanderwege gibt es laut Wikipedia allein in Deutschland und jährlich kommen weitere dazu. Wir haben fünf davon ausgesucht und stellen sie Ihnen vor: Der Kunstwanderweg Hoher Fläming ist ein System von

Skulpturenwegen im Naturpark Hoher Fläming in Brandenburg, das die Bahnhöfe von Bad Belzig und Wiesenburg/Mark verbindet. Auf der 17 Kilometer langen Nordroute wurden zehn landschaftsbezogene Kunstwerke errichtet. Die im Mai 2010 eröffnete 16 Kilometer lange Südroute wurde zur Hälfte von flämischen Künstlern gestaltet, die dieses Gebiet vor 850 Jahren besiedelten. Ein Rufbus sammelt auf Wunsch müde Wanderer auf und bringt sie zum Ausgangspunkt zurück. Weitere Infos unter www.flaeming.net.

Die 30 Holzskulpturen entlang des Pummpälzweges

stammen von Schülern der Schnitzschule Empfertshausen. Der 28 Kilometer lange Rad- und Wanderweg führt von der Wartburg bei Eisenach und nach Frankenstein bei Bad Salzungen. Der ganzjährig begehbare Weg ist in vier bis fünf Stunden zu bewältigen. Die Skulpturen stehen an kulturhistorisch interessanten Plätzen und laden durch Sitzgruppen und Lesetafeln zum Verweilen ein. Pummpälz ist übrigens der bekannteste Kobold der Thüringer Sagenwelt, der Wanderern auf den NaWald und Kunst

cken gesprungen ist, um sich tragen zu lassen. Dabei soll er den Wanderern Ohrfeigen gegeben haben. Weitere Infos unter www.pummpaelz.de.

Der Zauberwald mit dem Leitmotiv Mensch-Wasser-Umweltwahrnehmung zeigt in einem Rundweg in den Isarauen bei Moosburg 15 Land-Art-Kunstwerke, die aus natürlichen Materialien gefertigt wurden. Die Kunst-Objekte akzentuieren die natürliche Wahrnehmung der Umwelt, sie verstärken die Atmosphäre des Ortes und lenken das Bewusstsein der Betrachter auf die Beziehungen zwischen Mensch und Wasser sowie zwischen Mensch und Umwelt: zu einem Natur-KunstErlebnis. Studierende der TU München gestalteten diesen Kunstpark in Kooperation mit bekannten Land-Art-Künstlern. Die Kunstrichtung Land-Art (engl. für Landschaftskunst) entstand in den sechziger Jahren. Die Natur (z. B. Wald, Wüsten, Felder oder Wasserflächen) wird dabei als Objektträger künstlerischer Gestaltung genutzt. Zu besuchen ist der Zauberwald täglich 24 Stunden in den Isarauen bei Moosburg (Lände, 85368 Moosburg), nördlich von Freising. Weitere Infos www. wup.wi.tum.de/fluss-werke/.

Zwischen Bad Berleburg in Siegerland-Wittgenstein und

Schmallenberg im Hochsauerland führt der WaldSkulpturenWeg. Auf den Rothaarsteig-Zugangswegen der beiden Städte überwindet er mit 23 Kilometern den Rothaarkamm, auf dem er bei Kühhude auch den Rothaarsteig kreuzt. International bekannte Künstler wie zum Beispiel Nils-Udo, Alan Sonfist oder Jochen Gerz haben mit ihren Kunstwerken am Wegesrand des Unser Wald 4 I 2010


Wald und Kunst

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WaldSkulpturenWegs einen zumindest in Deutschland einmaligen Kunstwanderweg geschaffen. In dem über Jahre angelegten Projekt sind elf Kunstwerke zu sehen. Es wurde den Künstlern also Zeit gelassen, damit am Ende Erstklassiges entstehen konnte. Die umgebene Landschaft, wird vor allem von Fichten in den Kammbereichen und von Mischwäldern in den Tälern geprägt. Weitere Infos unter www.waldskulpturenweg. de.

Kunstwegen ist ein Skulpturenweg, der vom niedersächsischen Nordhorn ins niederländische Zwolle führt. Über einen Zeitraum von mehr als zwanzig Jahren entstanden in und um Nordhorn entlang des Flusslaufs der Vechte über 30 Skulpturen, die heute fast exemplarisch und auf internationalem Niveau die jüngere Geschichte der Kunst im öffentlichen Raum nachvollziehbar machen. Zugleich wurden auf niederländischer Seite der Vechte an Bahnhöfen zwischen Emmen und Zwolle ab 1987 ebenfalls künstlerische Arbeiten im Stadtraum installiert. Für den Lückenschluss über die Grenze hinweg schufen schließlich ab 1998 insgesamt 15 internationale Künstlerinnen und Künstler neue Werke, die sich intensiv mit der örtlichen Geschichte und der Landschaft beschäftigen. Seit dem Sommer 2000 bilden diese mehr als 60 Skulpturprojekte auf einer Strecke von ca. 140 Kilometern Länge unter Bücher & Co.

Andy Goldsworthy gehört zu den

Pionieren der Kunstrichtung Land Art, die Ende der sechziger Jahre in den USA entstand. Goldsworthy macht Kunst mit der Natur. Aus Blättern und Blumen, Steinplatten und Kieseln, Zweigen und Bäumen, aus Erde und Eis. Goldsworthys Objekte sind schwer zu sammeln. Aber es gibt Fotos, die Andy Goldsworthy von seinen vergänglichen Kunstwerken machte. „Andy Goldsworthy“ ist auch der Titel des wunderschönen Bildbandes, der diese Arbeiten erstmals in Deutschland versammelt. Andy Goldsworthy: Andy Goldsworthy ISBN 978-3-86150-128-2 Preis: 33,00 Euro

Arbeiten mit Holz Diese Buch gibt

einen guten Überblick über die Werke von Urs-P. Twellmann. Er bearbeitet Holz für seine Kunstwerke und Kunstaktionen nach vorbereitenden Zeichnungen mit grossem körperlichem Aufwand. Die intensive Auseinandersetzung mit dem vielfältigen Material steht im Zentrum des kreativen Prozesses. Der Landschaftsraum selber wird in dieser Land-Art genannten

Unser Wald 4 I 2010

Foto: Wittgensteiner Akademie e.V.

Der „Krummstab“ steht zwischen dem katholischen Sauerland und dem protestantischen Wittgensteiner Land.

dem Namen „kunstwegen“ eines der größten offenen Museen Europas. Die meisten dieser Kunstwerke stehen unter freiem Himmel und sind rund um die Uhr für jedermann zugänglich. Weitere Infos unter Infos unter www. kunstwegen.org Kunst zum Kunstwerk. In diesem Bildband werden zahlreiche Bildhauerarbeiten, filigrane Kleinplastiken und sorgfältig dokumentierte Installationen und Interventionen in der Natur vorgestellt und kommentiert. Ein schönes Geschenk für sich und andere! Urs-P. Twellmann: Arbeiten mit Holz ISBN 978-3-72721-101-0 Preis: 32,40 Euro

Naturwerkstatt

Landart Jeder kann ein Landart-Künstler sein. Landartkünstler gestalten ihre Werke mit bloßen Händen aus dem, was sie in der freien Natur vorfinden. Ausgehend von ihrer langjährigen Erfahrung mit Landart-Workshops inspirieren die Autoren zu eigenen Naturkunstwerken und beschreiben praxisnah, Schritt für Schritt und mit vielen Farbfotos. Neben einer Einführung und handwerklichen Tipps für verschiedenste Konstruktionsmöglichkeiten beschreiben die Autoren praxisnah konkrete Beispiele von Landartprojekten für alle Altersstufen. Ein umfassendes anregendes Praxisbuch mit einer Fülle an Ideen. Andreas Günthler; Kathrin Lacher: Naturwerkstatt Landart ISBN 978-3-85502-883-2 Preis: 23,90 Euro

Wald und Kunst


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Baum

Foto: C. T. Johansson/Wikipedia.org

Die kräftigen grünen Blätter werden bis zu acht Zentimeter lang.

Wollemia – die Urweltpflanze Hubert Rößner Eine unerwartete Überraschung: Im September 1994 machte der Ranger David Noble im Wollemia-Nationalpark nahe Sydney/ Australien die erstaunlichste Entdeckung der letzten Jahrzehnte.

einer unzugänglichen, tiefen Schlucht in einem von dauerndem Schatten und ständig hoher Feuchte geprägten Biotop überlebt, als ganz Australien während der Eiszeiten unter extremer Dürre dürstete, und die trockenresistenten Eukalypten die Herrschaft über den Kontinent antraten.

Er fand eine vermeintlich neue Koniferenart, die aber den Paläobotanikern von Versteinerungen aus früheren Perioden der Erdgeschichte vor 120 bis 30 Millionen Jahren schon längst vertraut war. Seit etwa 30 Millionen Jahren war sie immer seltener geworden und galt seit der letzten Eiszeit als vollständig ausgestorben. Drei Gruppen dieses Baumes mit zusammen rund 50 erwachsenen Individuen, haben in

Der neue Baum wurde als eigene Gattung in die Familie der Araukariazeen eingereiht. Diese Familie ist zwischen Südamerika, Australien, Neuseeland und etlichen Südsee-Inseln beheimatet, also auf den auseinander triftenden Schollen des ehemaligen einheitlichen Südkontinents Gondwanaland. „Wollemia nobilis“ wählte man als Namen des Neulings, nach dem Ort der Entdeckung und zu Ehren des

Baumkunde

Finders, ohne dessen Scharfblick der Baum vielleicht noch lange in seiner engen Schlucht verborgen geblieben wäre.

Botanische Charakteristik der Wollemia Der mächtigste der ent-

deckten Bäume ist ca. 40 Meter hoch bei einem Durchmesser von 1,2 Meter. Sein Alter wird im Anhalt an einen benachbarten alten Wurzelstock mit 400 Jahresringen auf über 1000 Jahre geschätzt. Die erwachsenen Bäume bilden eine blasige, wie von Pocken befallene Borke aus, zeigen eine schmale, aufrechte Silhouette mit steil himmelwärts strebenden Ästen, an denen die Zweige in Büscheln und ohne Seitentriebe verteilt sind. Die kräftig grünen Blätter – man kann sie Unser Wald 4 I 2010


Baumkunde

wirklich nicht mehr „Nadeln“ nennen – werden drei bis acht Zentimeter lang und drei bis sieben Millimeter breit, mit stumpf abgerundeter Spitze. Wollemias sind einhäusig, tragen also männliche und weibliche Blüten getrennt auf dem gleichen Baum. Nach zwei Jahren reifen in einem Zapfen bis zu 300 Samenkörner, die rundum einen schmalen Flügelsaum besitzen. Am Naturstandort keimen sie zahlreich; die meisten leben aber nicht lange, Pilzbefall, der stark versauerte Boden und Lichtmangel dezimieren die, die nicht schon zuvor von Vögeln und Mäusen verzehrt wurden.

Schutz, Vermehrung, Vertrieb Die Behörden haben rasch strenge Schutzvorschriften erlassen: Niemand außer den Fachleuten darf den Naturstandort betreten, nur diese dürfen kontrolliert Material entnehmen. Es zeigte sich bald, dass Wollemia sehr gut über Stecklinge zu vermehren ist. So wurde eine eigene Baumschule eingerichtet, die inzwischen „am Fließband“ Jungpflanzen zu Tausenden erzeugt, die an geeigneten Standorten im Herkunftsgebiet ausgepflanzt, aber inzwischen auch weltweit vermarktet werden. Die erste öffentliche Versteigerung von 300 Wollemia-Pflanzen bei Sotheby‘s in Sydney erbrachte 1,5

Stellenausschreibung Der Landesverband Rheinland-Pfalz e. V. der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald schreibt zum 01.01.2011 die Stelle der Geschäftsführerin/ des Geschäftsführers mit Dienstsitz in Obermoschel/Pfalz aus. Gesucht wird eine Persönlichkeit mit abgeschlossenem Studium – bevorzugt in der Fachrichtung Forstwirtschaft, Landespflege, Biologie – mit Bachelor- oder FH-Abschluss. Sie sollte ausgeprägte kommunikative Kompetenz und Freude an der Zusammenarbeit mit Menschen

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Millionen Dollar. Inzwischen ist der erste Kaufwahn vorbei, und jeder kann schon für 49 Euro seine eigene Wollemia besitzen. Je nach Größe – von 30 bis 100 Zentimeter – steigt der Preis bis auf 300 Euro.

Behandlung

einer

Wollemia

Nach Literaturangaben ist Wollemia frosthart bis zu - 12°C, also bei uns nur in den wärmsten Lagen im Freien winterfest. Ansonsten wird der Baum als anspruchslos, robust, tolerant gegen Hitze, Sonne, Schatten und Trockenheit beschrieben. Er benötigt nur wenig Wasser – einmal pro Woche gießen soll genügen – und verträgt alle Bodenarten. Er kann in einem nicht zu großen Topf stehen.

Ausblick Nach der Entdeckung des lebenden, aus fast 400 Millionen Jahre alten Gesteinsschichten überlieferten urtümlichen Quastenflosser-Fisches 1938 vor der südafrikanischen Küste und der Metasequoia glyptostroboides im Inneren Chinas 1941, die auch aus Versteinerungen schon lange bekannt war, haben wir hier nun den dritten Fall einer Wiederentdeckung von seit langem für ausgestorben gehaltenen Arten in jüngster Zeit! Die Metasequoia, als „dawn redwood“ in USA, und als „Urweltmammutbaum“ bei uns inzwischen weit verbreitet, hat sich als völlig winterhart bis in die Mittelgebirgslagen und ins rauhe Allgäu erwiesen. Vermutlich und Partnerorganisationen haben. Strategisches Denken, Organisationsvermögen und Belastbarkeit ist genauso erforderlich wie Interesse an projektbezogenen Arbeiten und Freude an Öffentlichkeitsarbeit. Vorteilhaft wären darüber hinaus waldpädagogische Kenntnisse oder Zusatzqualifikationen, Erfahrungen in der Verbands- oder Vereinsarbeit und Moderatorenausbildung. Reiskosten werden nach dem Landesreisekostengesetz vergütet. Wir bieten eine unbefristete Stelle in der Entgeltgruppe 9/10 TVöD mit

Foto: A. Dux/Wikipedia.org

Wollemia im Kew Garden, London wird sich die Wollemia wegen ihrer stärkeren Frostempfindlichkeit nicht so weitgehend einbürgern, aber bei Fachleuten, Hobby-Dendrologen und allen Liebhabern exotischer Pflanzen dürfte sie sicher auf großes Interesse stoßen. Autor Hubert Rößner ist SDW-Mitglied und ehem. Leiter des Bayer. Forstamtes Weilheim/Obb.

entsprechenden Aufstiegsmöglichkeiten. Nähere Informationen über den Umfang der Aufgaben unserer Geschäftsführung können Sie unter www.sdw-rlp.de erhalten. Bewerbungen mit den üblichen Unterlagen innerhalb von vier Wochen richten Sie bitte an: SDW Rheinland-Pfalz e.V. Richard-Müller-Str. 11 67823 Obermoschel E-Mail: sdw@sdw-rlp.de Telefon: 06362-993200 Telefax: 06362-564448

Baumkunde


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Regenerative Natur –Energien Freizeit

Fotos: C. Griesche

Die Blüte der (Vogel-) Kirschbäume fasziniert jedes Jahr wieder.

Kirschbäume: Von der Blüte zur Frucht Gregor Aas Blühende Kirschen prägen im Frühling an Waldrändern, in Hecken, Streuobstwiesen und Gärten das Bild der Landschaft. Dabei ist es nicht nur der Baum des Jahres 2010, die Vogelkirsche (Prunus avium), sondern oft auch andere wild wachsende oder kultivierte Arten aus der Gattung Prunus wie die Schlehe, die Traubenkirsche, die Sauerkirsche, die Zwetschge oder Pflaume, der Pfirsich, die Aprikose oder der Mandelbaum. Baum des Jahres

Allen gemeinsam ist, dass sie ihre

üppige Blütenpracht im Frühjahr kurz vor oder mit dem Laubaustrieb entfalten. Die Blüten aller Prunus-Arten sind zwittrig, haben fünf Kelchblätter und fünf freie, weiße oder rosafarbene bis rötliche Kronblätter, 20 – 30 Staubblätter und einen Fruchtknoten, der aus einem Fruchtblatt gebildet wird. Bestäubt werden Kirschen durch Insekten, in der Hauptsache durch Bienen (Honig- und Wildbienen), gelegentlich aber auch durch Fliegen und Käfer. Prunus avium ist die Stammart der vielen Hundert Sorten von Süßkirschen, die durch jahrtausendelange Züchtung entstanden sind. Die Wildkirsche (Wilde Vogelkirsche, Waldkir-

sche; Prunus avium ssp. avium) hat kleine (Durchmesser < 1 Zentimeter), schwarzrote Früchte mit wenig und bittersüß schmeckendem Fruchtfleisch, Süßkirschen dagegen in der Regel größere und süßere Früchte. Unterschieden werden hier die Herzkirschen (P. avium ssp. juliana) mit weichen und sehr saftigen, meist dunkel- bis schwarzroten Früchten und die Knorpelkirschen (P. avium ssp. duracina) mit festen (knorpeligen), gelben bis roten Früchten. Die meisten Sorten der Süßkirsche sind selbstunfruchtbar (selbststeril), müssen also durch den Pollen von Bäumen anderer Sorten befruchtet werden (Fremdbefruchter). Bekannt sind so genannte IntersterilitätsUnser Wald 4 I 2010


Baum des Jahres

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gruppen, das heißt, dass nicht nur innerhalb bestimmter Sorten, sondern auch innerhalb ganzer Sortengruppen die Befruchtung nicht oder nur schlecht möglich ist. Als guter Pollenspender gilt beispielsweise die Sorte ‚Hedelfinger‘. Wer in seinem Garten eine Süßkirsche pflanzen will, die weit und breit die einzige ist, sollte eine der selbstfruchtbaren Sorten auswählen, beispielsweise ‚Sunburst‘ oder ‚Stella‘. Sauerkirschen, Zwetschgen und Pflaumen haben sowohl selbststerile als auch selbstfruchtbare Sorten.

Die Gattung Prunus, zu der weltweit immerhin etwa 200 Arten gehören, wird als Steinobst bezeichnet. Bei der charakteristischen Steinfrucht bildet die Fruchtwand eine äußere fleischig-saftige und einen innere, stark verholzte Schicht. Was wir bei der Kirsche, der Zwetschge oder dem Pfirsich als Fruchtfleisch verzehren, ist nur ein Teil der Fruchtwand. Der

Die Früchte der Vogelkirsche sind kleiner als bei den kultivierten Arten. andere ist die harte, verholzte Schale des Steinkerns, der wiederum in seinem Innern den Samen enthält. Bei der Mandel (Prunus dulcis) knackt

man diesen Steinkern und verspeist, bei der süßen Form auch roh, als Mandel den Samen, was man bei den meisten anderen Steinobstarten tunlichst vermeiden sollte, da die Samen stets mehr oder weniger reichlich giftige Blausäureglykoside (Amygdalin) enthalten.

Die Samen werden normalerwei-

se durch Tiere ausgebreitet. Bei vielen Tierarten, vor allem Vögeln, aber auch Sägetieren wie Marder und Fuchs stehen reife Kirschen auf dem Speiseplan, wobei die harten Steinkerne unverdaut ausgeschieden werden (Endozoochorie). Entgegen einer weit verbreiteten Ansicht, ist aber die Passage durch den Verdauungstrakt der Tiere für die spätere Keimung des Samens nicht erforderlich.

Blühende Kirschen am Waldrand. Unser Wald 4 I 2010

Autor PD Dr. Gregor Aas ist Leiter des Ökologisch-Botanischen Gartens der Uni Bayreuth. E-Mail: gregor.aas@uni-bayreuth.de.

Baum des Jahres


Foto: S. Hofschläger/pixelio.de

Für Kinder ist der Computer oft faszinierender als die Natur.

Jugendreport Wald 2010: Statt Waldwirtschaft ist Sauberkeit und Ordnung angesagt. Rainer Brämer Seit 1997 beschäftigt sich der Natursoziologe Rainer Brämer mit dem Verhältnis der Jugend zur Natur. Im Juni wurden die ersten Ergebnisse einer Befragung von 3000 Jugendlichen im Alter von 11 bis 15 Jahren veröffentlicht. Diese Ergebnisse, die sich mit dem Verhältnis zum Wald beschäftigen, wollen wir Ihnen heute vorstellen. Wenn man junge Menschen fragt, was ihnen spontan zum Thema „Natur“ einfällt, dann stehen unter den konkreten Antworten zwei mit Abstand an der Spitze: Wald und Bäume. Natur scheint also in erster Linie hölzern zu sein. So sehr sich die Forstzunft darüber freuen kann, so bedenklich stimmt ein zweiter Jugendreport Wald 2010

Basisbefund: So gut wie niemandem kommt in diesem Zusammenhang Aspekte der Nutzung von Natur in den Sinn, weniger als ein Prozent der Einfälle betreffen Forst und Jagd. Der erste „Jugendreport Natur“ aus dem Jahre 1997 hat es etwas überpointiert in der Schlagzeile „Der Wald als heiliger Hain“ auf den Begriff zu bringen versucht. Hier konnte sich das nicht nur unter jungen Menschen verbreitete „Bambi-Syndrom“ voll entfalten. Im jüngsten „Jugendreport Natur 2010“ hat sich der Akzent etwas verschoben: Nunmehr ist vor allem Ruhe und Ordnung angesagt, nicht nur im Wald als solchem, sondern auch im eigenen Verhalten. Das naturschutzinspirierte Bambi-Syndrom hat sich leicht abgeschwächt, dafür sind die Herren des Waldes in ein besseres Licht gerückt.

Befragt worden waren über 3.000 Sechst- und Neuntklässler aus 45 allgemeinbildenden Schulen aller Art in sechs Bundesländern. Unterstützt wurde die unter der Schirmherrschaft des Bundesumweltministers stehende Studie u.a. von der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald, dem Deutschen Jagdschutzverband und der landwirtschaftlichen Kommunikationsagentur i.m.a.

Unbaum Fichte Gezielter noch als die Vorgängerstudien geht der aktuelle Report dem so auffälligen Phänomen der Verdrängung von Nutzungsaspekten nach. Denn in der für unsere Zukunft so entscheidenden Frage des nachhaltigen Umgangs mit den natürlichen Ressourcen geht es nicht um das Ob, sondern um das Wie der Nutzung. Unter den Wissensfragen des Reports dominieren daher solche nach wirtUnser Wald 4 I 2010


Jugendreport Wald 2010

schaftlich relevanten Naturgütern. Im deutschen Wald spielt die Fichte in dieser Hinsicht eine führende Rolle – was ihr in der Öffentlichkeit indes eher einen schlechten Ruf eingebracht hat. Wir wollten nun wissen, wie geläufig Jugendlichen die Eigenschaften dieses waldbaulichen Leitbaumes sind. Dabei stießen wir auf erhebliche Wissenslücken.

die Frage nach deren Ursache gekommen sein. Dass man sich noch an sein Grundschulwissen erinnert, ist also gar nicht nötig, es reichen Erfahrung und Interesse. Daran aber scheint es nicht nur der jungen Generation zu mangeln. Die Einwände zeigen nur, dass die elementare Verdrängung des alltäglichen Nutzungsaspektes von Natur ein generelles Phänomen ist.

So verweigerten 44 Prozent der Schüler die Antwort auf die Frage „Aus welcher Holzart werden Dachstühle gebaut?“. 24 Prozent legten sich auf Eiche fest, 10 Prozent auf Buche. Nur 8 Prozent kamen auf die zu weit über 90 Prozent verwendete Fichte, wobei in diese Quote bereits die damit stets verwechselte Tanne einbezogen ist. Ebenfalls über 40 Prozent mussten auf die Frage nach der Farbe von Fichtenblüten passen. Immerhin notierten 20 Prozent eine Farbe zwischen gelb (männliche Blüten) und rot (weibliche Blüten). 14 Prozent plädierten für weiß, 12 Prozent für grün, 7 Prozent für braun, 3 Prozent für lila und 1 Prozent für blau.

Paradoxien Generalisiert schlägt

sich dieser Verdrängungsprozess in der nahezu unveränderten Existenz des „Schlachthaus-Paradoxes“ auf den Wald (Suda) nieder: In der Variante des Jugendreports heißt das: 85 Prozent der Jugendlichen halten es für naturnützlich, „im Wald Bäume zu pflanzen“, 70 Prozent zugleich aber für naturschädlich, „im Wald Bäume zu fällen“.

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Die widersprüchlichen Quoten sind gegenüber früheren Ergebnissen nahezu unverändert geblieben, obwohl die Fragestellung diesmal durch den Zusatz „im Wald“ präzisiert wurden, um dem Einwand zu begegnen, die Aversion gegen das Baumfällen beziehe sich lediglich auf städtische Solitärbäume oder das Abholzen ganzer (Regen-)Wälder. Nein, auch im ganz normalen Wald wird der Zusammenhang von Pflanzen und Ernten nicht gesehen. Dazwischen scheint eine Art Bewusstseins- bzw. Bewertungsgrenze zu klaffen – die Holzwirtschaft als Niemandsland zwischen schönem Freizeitwald und warmen Holzprodukten. Subjektiv folgerichtig hätten trotz der damit verbundenen Arbeit 27 Prozent nichts dagegen, an einer Baumpflanzaktion teilzunehmen, während 73 Prozent höchst ungern beim Baumfällen helfen würden.

Das ist für die Natur ...

In den Medienberichten über den Jugendreport entzündete sich an diesen Fragen die Kritik, dass sie von den meisten Erwachsenen ja schließlich auch nicht beantwortet werden könnten. Ob das die Sache tatsächlich besser macht, steht dahin. Denn schließlich hat heute nahezu jeder ein fichtenbestücktes Dach über dem Kopf, und jedem Waldgänger sollte angesichts gelber Pfützenbeläge im Frühlingswald schon mal

85 %

13 %

53 %

16 %

3%

70 %

12 %

67 %

Wald und Feld vor Wildschäden schützen

Im Wald Bäume pflanzen

Rehe und Wildschweine jagen

Im Wald Bäume fällen

... eher nützlich ... eher schädlich Rest zu 100 %: folgenlos

✁ Jugendreport Natur 2010: Einstellungen zu Forst und Jagd

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Jugendreport Wald 2010

Ähnliches gilt auch für die Jagd, wenn auch auf deutlich niedrigerem Niveau. 53 Prozent der Befragten finden, Wald und Feld müssten vor Wildschäden geschützt werden, nur 12 Prozent widersprechen dem ausdrücklich. Dagegen empfinden es 67 Prozent als schädlich für die Natur, Rehe und Wildschweine zu jagen, auch hier widersprechen nur 16 Prozent. Das wird ohne Heinzelmännchen nicht lösbar sein. Auf einer noch allgemeineren Ebene reproduziert sich der Verlust eines zusammenhängenden Naturbildes in den beiden prinzipiell gegensätzlichen Feststellungen „Die Natur soll möglichst unberührt bleiben“ (59 Prozent Zustimmung, 10 Prozent Ablehnung) und „Der Mensch soll sich die Natur zu Nutze machen“ (37 Prozent Zustimmung, 23 Prozent Ablehnung). Denn es ist keineswegs so, dass die Zustimmung zu einem mit der Ablehnung des anderen Statements einhergeht. 20 Prozent der Jugendlichen stimmen sogar beidem gleichermaßen zu. Ist der Begriff von Natur nur noch ein Puzzle, das man im Kopf nicht mehr zusammenbekommt?

Selbstbetrug Bei alledem kommen die betroffenen Akteure im jugendlichen Urteil erstaunlich gut weg. Von den vorgegebenen Werturteilen zur Arbeit der Förster wurden die beiden positiven stark bejaht, das negative mehrheitlich verneint (siehe Tabelle). Dahinter steht der Versuch, das idyllische Bild des Waldes zu erhalten – indem man den Nutzern eine Art Helfersyndrom unterstellt. Danach geht es

Umfrage

Jugendreport Natur 2010 Einstellungen zu Forst und Jagd Meinung

eher ja

eher nein

Förster sind nötig, um den Wald gesund zu erhalten 71 % 8% Förster gehen rücksichtsvoll mit der Natur um 78 % 7% Förstern geht es nur um das Holz der Bäume 15 % 52 % Jägern geht es vor allem um das Wohl des Wildes 36 % 26 % Jäger gehen rücksichtsvoll mit der Natur um 35 % 18 % Jäger wollen letztlich nur Tiere töten 22 % 49 % dem Förster keineswegs nur um den Holzertrag, sondern vor allem um die Gesundheit des Waldes. Erneut wird also das Primärziel des Waldbaues verdrängt. Jäger kommen bei dieser Konfrontation nicht ganz so gut weg, doch selbst

... eher ja ... eher nein Rest zu 100 %: unsicher

Jugendreport Wald 2010

n zu Forst und Jagd

Ruhe, Sauberkeit und Ordnung.Zu

diesem selbstbetrügerischen Harmoniestreben passt es, dass man am Wald keinen ästhetischen Makel hinnimmt. Nach Meinung von sage und schreibe 94 Prozent – die zweithöchste Zustimmungsquote überhaupt – kommt es der Natur zugute, wenn man sie sauber hält. Dazu gehört es in erster Linie, Müll zu sammeln (85 Prozent), aber auch, tote Bäume und Äste wegzuräumen (61 Prozent). Noch größere Zustimmung findet nur noch das dazu passende Gebot, im Wald keinen Abfall zu hinterlassen (97 Prozent). Mehr nach ihren eigenen Eltern als nach jugendlichem Erlebnishunger klingen auch die von mehr oder weniger zwei Dritteln aller Jugendlichen unterschriebenen Bekenntnisse: „Im Wald liebe ich die Stille“, „Das Wild braucht seine Ruhe“ und – nochmal – „Der Wald muss ordentlich und aufgeräumt sein“. Das mag mancher selbstzufrieden als Ergebnis einer gelungenen Waldpädagogik ansehen. Es könnte aber auch ein Alarmsignal in dem Sinne sein, dass junge Menschen mit dem Wald nicht mehr sonderlich viel am Hut haben, weil sie von ihnen gesuchten Herausforderungen woanders finden. Weitere aufschlussreiche Daten und Fakten zur aktuellen wie zu früheren Ausgaben des „Jugendreports Natur“ finden sich auf der Website www.natursoziologie.de.

Persönliche Einstellungen

Vorliebe l

bei ihnen überwiegt das Positive. Hier hat sich einiges geändert. 2003 bejahten noch knapp 50 Prozent die Anklage: „Jäger sind Tiermörder“. Sieben Jahre später ist man um des Bildes einer heilen Waldwelt willen offenbar bereit, selbst über den härtesten Zugriff auf die Natur hinwegzugehen, indem man ihm einen guten Zweck zuschreibt.

71 %

8%

3%

70 %

Förster sind nötig, um den Wald gesund zu erhalten Ich habe eine Vorliebe für Holzmöbel

Autor Dr. Rainer Brämer ist Natursoziologe an der Universität Marburg, E-Mail: braemer@staff.uni-marburg.de ... eher ja ... eher nein Unser Wald 4 I 2010 Rest zu 100 %: unsicher


Vogel des Jahres

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Foto: Siegel/DJV

Kormorane sind fast so groß wie Gänse und haben eine Flügelspannweite von bis zu anderthalb Meter.

Fischjäger in der Kulturlandschaft Martin Lauterbach Nach dem allseits beliebten Eisvogel fiel die Wahl des „Vogel des Jahres“ 2010 diesmal auf eine sehr kontrovers diskutierte Art, den Kormoran. Von der einen Seite als „Symbol des Vogelschutzes“ gefeiert, wird er von der anderen als „Schadvogel“ verfolgt. Die vertretenen Standpunkte könnten widersprüchlicher kaum sein und erinnern an die Schädling-Nützling-Diskussion vor hundert Jahren.

Unser Wald 4 I 2010

In Europa kommt der Kormoran (Phalacrocorax carbo) in zwei Unterarten vor. Entlang der felsigen Küsten West- und Nordeuropas brütet Ph. c. carbo. In Mittel- und Südeuropa und damit auch in Deutschland, lebt die baumbrütende „Festlandrasse“ Ph. c. sinensis. Der Brutbestand in Europa wird auf bis zu 370.000 Brutpaare geschätzt (davon Ph. c. sinensis ca. 250.000). In Deutschland brüten etwa 24.000 Paare. Dies ist beachtlich, galt doch der Kormoran um 1900 in den meisten europäischen Ländern als ausgestorben. Nach der Unterschutzstellung durch die Vogelschutz-Richtlinie 1979 hat sich der Bestand binnen kürzester Zeit wieder erholt. Bei der heutigen Verbreitung des Kormorans handelt es sich also nicht um eine

Neuansiedlung, sondern um eine Rückwanderung. Nach dem rasanten Anstieg der Population scheint sich diese in Mitteleuropa auf das derzeitige Niveau einzupendeln. Lokal können die Bestandsdichten jahreszeitlich jedoch sehr stark schwanken, denn als „Kurzstreckenzieher“ weicht der Kormoran im Winter ungünstigen Wetterlagen aus. Deshalb kann z.B. in Süddeutschland der Winterbestand das bis zu Zehnfache des Brutbestandes im Frühjahr betragen.

Brutbiologie und Lebensraum

Die enorme Bestandszunahme des Kormorans war zunächst überraschend, da bei langlebigen und spezialisierten Arten derartige Zuwächse nicht unbedingt zu erwarten sind. Der Kormoran wird bis zu 20 Jahre alt, erreicht die Geschlechtsreife erst Vogel des Jahres


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Vogel des Jahres

mit drei bis vier Jahren und hat auch nur eine einzige Jahresbrut mit bis zu vier Jungen. Die Bestandsentwicklung spiegelt also im Umkehrschluss zwei Dinge wider: zum einen muss die menschliche Nachstellung in den vergangenen Jahrhunderten exzessiv erfolgt sein, um eine so „erfolgreiche“ Art fast zum Aussterben zu bringen. Zum anderen scheinen in Mitteleuropa beste Lebensbedingungen für die Art vorzuliegen. Im Sommer hält sich der Großteil der europäischen Brut-Population an den Meeresküsten und Flussmündungen auf. Im Winter verlagert sich das Vorkommen neben den Meeresküsten vor allem auf große Binnenseen. Aber auch kleinere, eisfreie Gewässer werden dann häufiger aufgesucht. Im Binnenland brüten Kormorane in Kolonien auf Baumgruppen – meist gemeinsam mit Graureihern. In den Kolonien befindet sich immer auch ein größerer Anteil von Jungvögeln und Nichtbrütern. Die Brutbestände werden deshalb oft überschätzt.

Nahrungswahl – der Kern des Problems Kormorane fressen fast

ausschließlich Fische. Der Tagesbedarf beträgt ca. 350 bis 500 Gramm. Bevorzugt werden Fische mit einer Länge von zehn bis 20 Zentimetern. Aber es gilt: Gefressen wird, was am leichtesten zu erbeuten ist. Kormorane ernähren sich deshalb von den Fischarten, die vor Ort jeweils am häufigsten vorkommen. Darum stehen wirtschaftlich unbedeutende Fischarten wie Stichling, Rotauge, Rotfeder, Giebel, Ukelei und Brachse an oberster Stelle des Speisezettels.

Schäden für Teichwirtschaften

und Auswirkungen auf die natürlichen Fischbestände: Die perfekte Anpassung an seine Nahrung macht den Kormoran für Teichbesitzer zum „Problemvogel“. Fischzuchtanlagen stellen hochattraktive Jagdgebiete dar. Hier kommen die Beutetiere in extrem hohen Dichten vor und sind leicht zu fangen, weil ihnen Versteckmöglichkeiten fehlen. Übliche Schutzvorkehrungen sind beim Kormoran nicht wirksam. VergrämungsVogel des Jahres

methoden verlieren wegen des Gewöhnungseffekts rasch an Wirkung. Lokal bleibt oft nur, das Wasser mit Netzen zu überspannen oder gar eine Totaleinhausung. Für Teichbewirtschafter können durch diesen Mehraufwand oder durch geringere Erträge lokal also deutliche finanzielle Einbußen entstehen. Ebenso beeinflussen die Kormorane an kleinen und mittelgroßen Gewässern auch die Biomasse der Fische. In intakten, schnellfließenden und sauerstoffreichen Fließgewässern kann die Fischbiomasse z.B. 100 bis 200 Kilogramm pro Hektar betragen. In strukturarmen, naturfernen Gewässern können diese Werte auf weit unter zehn Kilogramm pro Hektar abfallen. Ein Kormorantrupp mit nur zehn Tieren kann hier an einen Tag die Hälfte der Biomasse entnehmen. Wenn Kormorane in isolierten Gewässerabschnitten gefährdete Fischarten jagen, erwachsen hieraus vereinzelt naturschutzfachliche Probleme. Gleiches gilt für Gewässer, die noch intakte Fischpopulationen beherbergen, aber als Spenderflächen für benachbarte Gewässer dienen sollen.

Schlechter Zustand der Gewässer Der entscheidende Punkt ist je-

doch, dass der Kormoran nur in einer vom Menschen stark veränderten Kulturlandschaft zum „Problem“ werden kann. In Deutschlands Flüssen und Bächen behindern über 60.000 Stauwerke Fischwanderungen massiv. Mangels fehlender Strukturen an ausgebauten Ufern finden Fische keine Unterstände und Rückzugsmöglichkeiten mehr. Der Kormoran gefährdet also nicht einheimische Fischarten, er zeigt nur den schlechten Zustand unserer Gewässer an.

Europäisches Management erforderlich Bundesweit werden

jährlich 15.000 Kormorane erlegt. Die Jagdstrecken übersteigen mancherorts die Brutbestände und sogar die Rastbestände um ein Vielfaches. Diese Praxis hat weder zu einer Verminderung der Bestände insgesamt

geführt, noch lassen sich die Auswirkungen auf die jeweiligen Brutpopulationen nachvollziehen. Ebenso führt diese Störung dazu, dass die Trupps immer scheuer werden und sich mehr verteilen. Dies kann zu einer flächigeren Streuung der Brutkolonien führen. Die Bestände sind dadurch noch schwerer zu erfassen, geschweige denn zu regulieren. Außerdem können die Abschüsse z.T. erhebliche Störungen in sensiblen Wasservogel-Rastgebieten darstellen. Im Kormoran-Management sind zwingend neue Wege zu gehen. Ein wichtiger Schritt ist die Einrichtung von Ruhezonen an großflächigen Gewässern, in denen die Vögel ungestört brüten und jagen können. Dies würde eine bessere räumliche Lenkung ermöglichen. Die Neuansiedlung in sensiblen Gewässerabschnitten und Bereichen mit intensiver Teichbewirtschaftung sollte mittels Vergrämung möglichst frühzeitig vereitelt werden. In welcher Anzahl man den Fischjäger tolerieren wird, um wirtschaftliche Einbußen bei Betroffenen möglichst gering zu halten, ist eine politische Entscheidung. Zur Versachlichung der Diskussion ist ein länderübergreifendes Kormoran-Management auf europäischer Ebene dringend erforderlich, das eventl. auch Regulierungen der Brutbestände miteinbezieht. Dennoch ist der Kormoran ein natürlicher Bestandteil unserer heimischen Fauna wie Fischotter, Graureiher und Eisvogel. Er hat seinen Platz in Mitteleuropa wieder eingenommen und auch Gegner der interessanten Art werden sich an den Anblick an unseren Gewässern gewöhnen müssen.

Autor Martin Lauterbach arbeitet in der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft im Referat Naturschutz, E-Mail: Martin.Lauterbach@lwf.bayern.de

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Wald – Südafrika

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Foto: T. Seifert

Der dichte Wald im Tsitsikamma-Nationalpark im Süden mit seinen alten, bis zu 40 Meter hohen Bäumen ist einer der letzten Urwälder Südafrikas.

Wald und Forstwirtschaft in Südafrika Thomas Seifert In den letzten Wochen ist Südafrika anlässlich der FußballWeltmeisterschaft stärker ins Bewusstsein der Welt gerückt. Wir wollen Ihnen heute einen Einblick in die Forstwirtschaft Südafrikas geben und haben dazu als Fachmann Prof. Dr. Thomas Seifert gewonnen, der seit 2008 an der Universität Stellenbosch in Südafrika lehrt.

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Südafrika ist ein überwiegend trockenes und von Natur aus kein waldreiches Land. Lediglich 0,2 Prozent der Landesfläche sind von Naturwäldern bedeckt, die zum größten Teil zum Typ des afromontanen Waldes gehören. Die Ursachen für den geringen Waldanteil ist vor allem das trockene Klima, das in weiten Teilen Südafrikas keine Wälder wachsen lässt. Feuer ist ein Bestandteil der natürlichen Vegetationsdynamik in weiten Teilen des Landes und verhindert das Aufkommen geschlossener Wälder auf großer Fläche. So kommen die Naturwälder Südafrikas oft nur in feuergeschützten Tälern und Taleinschnitten vor oder in feuchteren Küstengebieten, in denen das Feuer keine dominante Rolle spielt. Feuerexponierte Landschaftsbereiche werden von Buschoder Grasvegetation eingenommen, welche die periodisch wiederkehrenden Brände verträgt oder sogar zur Regeneration benötigt, wie etwa

der Fynbos des Westkaps mit seinen bis fünf Meter hohen Silberbaumgewächsen (Proteaceen). Die Rolle des Menschen in der Feuerdynamik ist umstritten. Momentan werden etwa nur zehn Prozent der Brände auf natürliche Ursachen zurückgeführt. Leichtsinn und vorsätzliche Brandstiftung stellen ein großes Problem dar. Man kann davon ausgehen, dass der Mensch schon sehr lange Einfluss auf die Landschaft nimmt, da bereits die Koi-San Stämme, die lange vor den Weißen und den Bantu in Südafrika lebten, Feuer einsetzten, um Grasland abzubrennen, um so frisch nachgetriebenes Gras für ihr Vieh zu erhalten. Es kann daher davon ausgegangen werden, dass vor der Besiedelung etwas größere Flächen in Südafrika von Naturwäldern bedeckt waren als heute. Südafrikas Naturwälder werden kaum genutzt, außer in der südlichen Gegend um Knysna, wo Bäume kurz vor dem natürlichen Wald – Südafrika


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Wald – Südafrika

Foto: T. Seifert

Kommerzielle Forstwirtschaft wird mit schnellwachsenden Baumarten wie z.B. Kiefer betrieben.

Absterben sehr schonend geerntet werden. Das wertvolle und seltene Holz von Podocarpus (Yellowwood) und Acotea bullata (Stinkwood) wird stark von der heimischen Möbelindustrie nachgefragt. Die Rinde einiger Bäume (z.B. Stinkwood), viele Früchte und weitere Pflanzen haben in Südafrika auch rituelle oder medizinische Bedeutung.

Die kommerzielle Forstwirtschaft

in Südafrika wird praktisch ausschließlich mit eingeführten schnellwachsenden Baumarten (Kiefer, Eukalyptus und australischen Akazien) betrieben. Die kommerzielle Plantagenwirtschaft bedeckt etwa zwei Prozent der Landesfläche und arbeitet hochproduktiv in kurzen Umtriebszeiten und im Kahlschlagsbetrieb. Das ausgezeichnete Wachstum der Kiefern und Eukalypten ermöglicht die Produktion von Papierholz in Zyklen von 7 bis 12 Jahren, die Sägeholzproduktion in 25 bis 30 Jahren.

Wald – Südafrika

Forstwirtschaft wird in Monokulturen betrieben. Mischbestände oder gar ungleichaltrige Plantagen gibt es in Südafrika nicht. Typische Risikofaktoren sind Waldbrände und verschiedene Pathogene wie Holzwespen, blattfressende Insekten und verschiedene Pilze wie etwa Fusarium. Das Ziel der Forstwirtschaft ist eindeutig die Maximierung der Produktion auf der relativ geringen für die Forstwirtschaft tauglichen Fläche. Dabei wird der Plantagenbesitzer nach Wasserverbrauch besteuert, was zum Teil zu einer Benachteiligung der Forstwirtschaft gegenüber anderen Landbewirtschaftungsformen führt, die dieser Steuer nicht unterliegen. Durch gezielte Züchtung und Hybridisierung wurden Kultivare geschaffen, die jeweils auf die sehr variablen Standortbedingungen in verschiedenen Teilen Südafrikas optimiert sind. Durch Düngung werden gezielt Nährstoffdefizite ausgeglichen. Insgesamt zeigt sich die hohe Produktivität in der Tatsache, dass Südafrika bis vor einigen Jahren, trotz der geringen Plantagenfläche, ein Nettoexporteur von Holz und Holzprodukten war. Während immer noch mehr Zellstoff und Papier exportiert als eingeführt wird, besteht beim Sägeholz eine höhere Nachfrage als die Produktion im eigenen Land zu decken vermag. Deshalb werden im Moment verschiedene Strategien ausgearbeitet, um wieder autark zu werden. Unter anderem sind im Ostkap, der ärmsten Region des Landes 100.000 Hektar zur Neuaufforstung vorgesehen. Dabei spielt die soziale Komponente eine große Rolle. Längst ist klar, dass die Forst- und Säge-/Papierindustrie einer der größten Arbeitgeber im Land darstellt. Um Arbeit in wirtschaftlich benachteiligten ländlichen Regionen zu schaffen, werden dort weniger die internationalen und vertikal integrierten Konzerne gefördert. Stattdessen sollen neue Plantagen vor allem von Dorfgemeinschaften betrieben werden, so dass diese den Wald als zusätzliches Einkommen nutzen können und Arbeitsplätze entstehen. Dies führt natürlich dazu, dass das entsprechende Wissen zur Waldbewirtschaftung vor Ort erst geschaffen werden muss.

In der Forstwirtschaft Südafrikas wird die Bioenergieproduktion aus Holz als neue Chance für die Forstwirtschaft gesehen. Bereits jetzt werden per Schiff Pellets nach Europa geliefert. Doch auch in Südafrika ist das Potenzial für Bioenergie aus Holz noch lange nicht ausgeschöpft. Hier verhindern momentan die gesetzlichen Rahmenbedingungen und die Monopolisierung des Energiemarktes ein stärkeres Engagement.

Südafrika ist ein hochattraktives Land, wenn es um Klimafolgenforschung geht. Die klimatische Konstellation in Südafrika weist heute schon nahezu alle erdenklichen Klimate auf, die für Europa in 20 bis 50 Jahren vorhergesagt werden – insbesondere, wenn es um wärmere und trockenere Wetterbedingungen geht. Von temperierten über mediterrane bis subtropische Bedingungen, von Gebieten mit dominantem Sommerniederschlag, solchen mit Winterniederschlag bis zu gleichmäßig über das Jahr verteilten Niederschlagsregimen findet sich in Südafrika alles. So können Hypothesen zur Anpassungsfähigkeit von Baumarten und zur Änderung der Wachstumsmuster heute bereits getestet werden, wie das gegenwärtig Forscher der Universität Stellenbosch und der TU München mit finanzieller Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft und der südafrikanischen National Research Foundation (NRF) tun.

Autor Prof. Dr. Thomas Seifert ist ehemaliger Mitarbeiter am Institut für Waldwachstumskunde der TU München und seit 2008 an der Universität Stellenbosch in Südafrika beschäftigt.

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Wald – Gefahren

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Ein gefährlicher blinder Passagier Nicole Rabanser Was leuchtet denn da so verführerisch rot im grünen Dickicht am Wegesrand? Walderdbeeren! Köstlich sehen sie aus, ganz saftig und süß. Die sind doch wie geschaffen für eine kleine Zwischenmahlzeit. Schnell sind ein paar Früchtchen gepflückt, die Hand mit der Leckerei wandert zum Mund und – halt! Auch wenn der Appetit groß ist, sollte doch eines nicht vergessen werden: zuerst waschen, dann genießen. Das klingt übertrieben, ist es aber keineswegs. Zwar sind die Beeren in Mutter Natur keinen Spritz- und Düngemitteln ausgesetzt, können jedoch, trotz der vielen Vitamine, äußerst ungesunde Folgen für den Menschen haben. Denn es besteht die Möglichkeit, dass mit dem Genuss einer Frucht – für das menschliche Auge unsichtbar – die Eier eines Fuchsbandwurmes als blinde Passagiere in den menschlichen Verdauungstrakt gelangen. Doch wie kommen die Eier auf die Walderdbeeren, und was macht sie so gefährlich? Die Antwort auf Frage eins ist ganz einfach: Abgelegt wurden die Eier dort entweder von einem so genannten Endwirt, der den Wurm in sich trägt – in der Regel ist das ein Fuchs, es können aber auch Hunde und Katzen sein – oder vom Wind. Der Fuchsbandwurm lebt im Dünndarm seines Wirtes. Jeden Tag scheidet beispielsweise der mit dem Parasit befallene Meister Reineke mehrere Hunderttausende unter einem hundertstel Millimeter große Bandwurmeier mit dem Kot aus. Diese bleiben entweder an Ort und Stelle liegen oder werden durch die Luft an andere Plätze getragen. Normalerweise werden die Eier dort durch die Nahrung von Zwischenwirten wie Mäusen oder Ratten aufgenommen, die dann wiederum vom Fuchs Unser Wald 4 I 2010

Foto: R[1].-B._pixelio.de

Füchse können den für Menschen gefährlichen Fuchsbandwurm übertragen. gefressen werden, wodurch sich der Kreislauf schließt.

Manchmal wird jedoch der Mensch zum Zwischenwirt – zum Beispiel, indem er mit Eiern besetzte Waldfrüchte schlemmt, ohne sie vorher zu waschen. Vom menschlichen Darm aus befallen die in den Eiern enthaltenen Larven Leber und Lunge. Dort führen sie im Laufe der Zeit zu einer krebsartigen Zerstörung des Gewebes, was als Alveoläre Echinokokkose bezeichnet wird. Von alldem merkt der Mensch zunächst nichts: Der Befall mit den Larven des Fuchsbandwurmes verläuft absolut schmerz- und beschwerdefrei. Oft wird die Echinokokkose erst bemerkt, wenn Großteile der Leber befallen sind. Hinzu kommt, dass zwischen Infektion und Ausbruch der Krankheit bis zu 15 Jahre liegen können. Problematisch ist zudem, dass seit einigen Jahren die Fuchspopulation zunimmt – wodurch sich auch der Bandwurm stärker verbreitet. Da Meister Reineke zunehmend den menschlichen Siedlungsraum als Aufenthaltsort für sich entdeckt, können auch die am Boden wachsenden Früchte und das Gemüse in Gärten mit Eiern verunreinigt sein.

Wie kann man sich schützen? Waldfrüchte und Pilze sowie alle am Boden wachsenden Früchte- und Gemüsesorten aus Gärten und Freilandkulturen sollten vor dem Verzehr gründlich gewaschen werden. Absolute Sicherheit vor einer Infektion gibt es jedoch nur, wenn die Lebensmittel vor dem Verzehr auf über 60 Grad erhitzt werden. Tieffrieren, Desinfizieren oder Einlegen in Alkohol tötet die Erreger nicht ab. Ein hygienischer Umgang mit Haustieren ist wichtig: Nach jedem Streicheln sollten sich Tierliebhaber die Hände waschen, zudem sollten Hund und Katze regelmäßig vom Tierarzt entwurmt werden. Eine sorgfältige Handreinigung ist jedoch auch nach Garten-, Feld- oder Waldarbeiten unerlässlich. Darüber hinaus sollten Kinder im Wald keine Grashalme in den Mund nehmen oder tote Tiere anfassen. Autorin Nicole Rabanser ist stellv. Chefredakteurin von Unser Wald, E-Mail: unser-wald@sdw.de

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Forstnachrichten

Novellierung des Bundeswaldgesetzes Dr. Christel Happach-Kasan, MdB ist forstpolitische Sprecherin der FDPFraktion und Vorsitzende der SDW Schleswig-Holstein.

Foto: SDW Schleswig-Holstein

Dr. Christel Happach-Kasan MdB Sie ist maßgeblich an der Novellierung des Bundeswaldgesetzes beteiligt. Unser Wald stellte ihr einige Fragen zu den umstrittenen Themen. Hier ihre Antworten: Warum ist zum jetzigen Zeitpunkt eine Novellierung erforderlich? Unser Bundeswaldgesetz stammt aus dem Jahr 1975 und hat sich insgesamt bewährt. Es gibt gleichwohl neuere Entwicklungen, die damals nicht absehbar waren. Deswegen ergänzt die christlich-liberale Koalition jetzt das Gesetz. Ein vergleichsweise neues Thema ist der Klimaschutz, die Notwendigkeit, die Wälder den klimatischen Änderungen anzupassen. Um die richtigen Entscheidungen zu treffen, muss die WisForstnachrichten

sensbasis verbreitert werden. Mit dem Klimaschutz hängt zusammen, dass die Produktion von Biomasse für die energetische Nutzung an Bedeutung gewonnen hat. Holz ist nach wie vor der wichtigste nachwachsende Rohstoff in Deutschland. Um die Produktion von Holz auf landwirtschaftlichen Flächen in Kurzumtriebsplantagen zu ermöglichen, wurden diese aus dem Waldbegriff herausgenommen. Insgesamt ist eine Novellierung gelungen, die sich durch Sachlichkeit, Augenmaß und Pragmatismus auszeichnet. erzeit haften die Waldbesitzer in D hohem Maße für Schäden, die aus Gefahren in den Wäldern entstehen. Wie steht es um eine Klarstellung der Verkehrssicherungspflicht für die Waldbesitzer? Das Bundeswaldgesetz ermöglicht für jedermann das freie Betretensrecht des Waldes. Wir wollen, dass Waldbesucher waldtypische Gefahren eigenverantwortlich beachten, Waldbesitzer von der Haftung für diese Gefahren freigestellt werden. In den letzten Jahren wurden die Totholzanteile im Wald gesteigert. Damit wird dem Interesse des Naturschutzes entsprochen, insbesondere die Biodiversität von Insektenarten zu steigern. Damit wächst aber auch die Gefahr, dass Menschen durch abfallende Äste oder umstürzende Bäume zu Schaden kommen. Die Verkehrssicherungspflicht an Waldwegen bleibt bestehen, aber Waldbesitzer werden von der Haftung für waldtypische Gefahren freigestellt. Ein Blick auf verschiedene Gerichtsurteile der letzten Jahre zeigt, dass wir mit dieser Formulierung Waldbesitzer entlasten können. Wir sind uns bewusst, dass wir durch die Regelungen im Bundeswaldgesetz nicht die Haftungsregelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches aushebeln können. Kurzumtriebsplantagen, also der Anbau und die Ernte schnellwüchsiger Bäume auf bisher landwirtschaftlich genutzten Flächen, sollen nicht unter den Waldbegriff fallen. Wie ist das unter ökologischen Gesichtspunkten zu sehen?

Die Produktion von Biomasse in Kurzumtriebsplantagen hat gegenüber Monokulturen wie dem Maisanbau erhebliche ökologische Vorteile: Sie zeigen eine deutlich höhere Biodiversität und benötigen weniger Dünge- und Pflanzenschutzmittel. Sie sind damit eine ökologische Alternative zum Maisanbau für die energetische Nutzung. Der Wissenschaftliche Beirat des Agrarministeriums hatte schon im Jahr 2007 in seinem Gutachten auf die ökologischen und ökonomischen Vorteile der Nutzung von Holz aus Kurzumtriebsplantagen hingewiesen. In verschiedenen Regionen Deutschlands gibt es bereits Projekte, in Kurzumtriebsplantagen (KUP) Holz für die energetische und stoffliche Nutzung zu produzieren. Diese Projekte können Wettbewerbsfähigkeit mit anderen Produktionen von Biomasse nur erreichen, wenn sie Rechtssicherheit haben. Viele Park- und Gartenanlagen, aber auch Friedhöfe, haben einen großen Baumbestand, gelten zugleich als Kultur- und Baudenkmäler. Wie sollen die Belange des Denkmalschutzes berücksichtigt werden? Wälder sind ein Archiv der Kulturgeschichte. Der Limes, slawische Wallanlagen, mittelalterliche Pflugspuren, Köhlereien sind Beispiele für das Wirken der Menschen in vergangenen Jahrhunderten, die insbesondere in Wäldern bewahrt wurden. Historische Parkanlagen und Friedhöfe sind mit ihrem teilweise großen Baumbestand ebenfalls Wälder. Der Denkmalcharakter dieser Anlagen verdient besonderen Schutz. Wir wollen, dass die Bewirtschaftung der Wälder auch ihre kulturgeschichtliche Dimension berücksichtigt und haben dafür den § 11 ergänzt. Diese Anpassung wird die Pflege und den Erhalt der bedeutenden Kulturgüter im Rahmen des Waldgesetzes vereinfachen. Die multifunktionale Nutzung unserer Wälder gibt Freiräume, auch denkmalpflegerische Aspekte bei der Waldnutzung zu berücksichtigen. In einem Aufsatz, veröffentlicht in Band 55 der Schriftenreihe des Deutschen Nationalkomitees für Denkmalschutz, wurde die Forstwirtschaft pauschal als Unser Wald 4 I 2010


Forstnachrichten

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„Monokultur-Kahlschlag-Methode“ bezeichnet. Ein solches Zerrbild hat nichts mit der forstwirtschaftlichen Realität in Deutschland zu tun und kann daher auch eine Herausnahme von historischen Parkanlagen aus dem Geltungsbereich des Bundeswaldgesetzes nicht begründen. Forstbetriebsgemeinschaften sind Zusammenschlüsse von privaten Kleinwaldbesitzern. Für sie sollen die Vermarktungschancen verbessert werden. Wie wollen Sie das erreichen? Im Bereich der Sägewerke hat in den letzten Jahren eine erhebliche Konzentration stattgefunden. Der Privatwald ist dagegen überwiegend klein strukturiert. Fast 60 Prozent der fast zwei Millionen Waldbesitzer bewirtschaften Wälder, die kleiner sind als 20 Hektar. Sie werden zumeist in den forstwirtschaftlichen Betriebsgemeinschaften gemeinsam bewirtschaftet. Diese dürfen nun das Holz auch gemeinsam vermarkten. Die kartellrechtlichen Bedenken gegen eine solche gemeinschaftliche Vermarktung wurden ausgeräumt und die notwendigen Änderungen in § 37 und § 40 BWaldG beschlossen. Dies wird Anreize für die Bewirtschaftung des kleinstrukturierten Privatwaldes schaffen. Gerade kleine Waldbesitzer werden dadurch gestärkt. Einige Verbände und Parteien fordern die Aufnahme von Regelungen einer „guten fachliche Praxis“ für die Waldbewirtschaftung ins Bundeswaldgesetz. Wie stehen Sie zu diesem Streitpunkt? Die insbesondere von den Naturschutzverbänden erhobene Forderung nach der gesetzlichen Festlegung einer guten fachlichen Praxis im Bundeswaldgesetz sehen wir nicht als notwendig an. In den meisten Landeswaldgesetzen gibt es dazu bereits Regelungen. Gesetzliche Festschreibungen von Selbstverständlichkeiten wie die Vermeidung des flächigen Befahrens der Waldfläche helfen nicht weiter. Detailliertere Regelungen können nicht allgemeingültig für alle Wälder von der norddeutschen Tiefebene über die Mittelgebirge bis zum Alpenrand festgelegt werden. Viele Waldeigentümer haben zudem bereits freiwillig höhere Kosten akUnser Wald 4 I 2010

Foto: B. Stolze/pixelio.de

Haftungsfragen werden durch die Novellierung neu geregelt. zeptiert, um höheren Standards in der Waldbewirtschaftung zu genügen. So ist fast 70 Prozent der Waldfläche in Deutschland zertifiziert. Die Ergebnisse der letzten Bundeswaldinventur zeigen, dass die Waldbesitzer sehr verantwortlich mit ihren Wäldern umgehen. Der Waldumbau hin zu stabilen, naturnahen Mischwäldern geht voran, der Anstieg von Totholzanteilen im Wald steigt und leistet einen Beitrag zur Biodiversität. Der letzte Waldbericht zeigt, dass weniger Waldpflanzen vom Aussterben bedroht sind als Pflanzen anderer Biotope. Der Schutz von Primärwäldern wird verstärkt. Der Holzvorrat in den Wäldern steigt. Untersuchungen zeigen uns, dass in den letzten Jahren Erkenntnisse der Wissenschaft vergleichsweise schnell von der Praxis übernommen worden sind. Dabei leistet die gute forstliche Ausbildung der Forstmitarbeiterinnen und Mitarbeiter einen wichtigen Beitrag. Starre gesetzliche Regelungen können dies nicht leisten. Die Waldinventur wird bisher alle zehn Jahre durchgeführt. Wie sehen Sie den Nutzen und die Zukunft dieser Erhebung?

Die Entwicklung unserer Wälder muss wissensbasiert erfolgen. Andernfalls sind Fehlentscheidungen vorprogrammiert. Dafür müssen wir verschiedene Daten erheben, die den jetzigen Zustand beschreiben. Durch Vergleich mit früheren Waldinventuren lässt sich die Entwicklung unserer Wälder aufzeigen. Daraus lassen sich Prognosen für die Waldentwicklung ableiten und Handlungsoptionen für Eingriffe ausarbeiten. Dafür haben wir auch Änderungen bei der Waldinventur beschlossen. Neben den Daten zum Holzbestand, dem Baumartenbestand und der Baumgesundheit wollen wir vor allem die Erkenntnisse aus der Bodenzustandserhebung miteinbeziehen. Ebenso soll im Rahmen von internationalen Verpflichtungen der Kohlenstoffbestand, also die Holzmenge, im Abstand von fünf Jahren erhoben werden. Diese Maßnahmen sollen das Monitoring unserer Wälder verbessern und noch aussagekräftiger machen. Nur auf einer umfassenden Wissensbasis können die richtigen Entscheidungen für die Zukunft getroffen werden.

Forstnachrichten


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Umweltnachrichten

Gegründet: Zukunft Holz GmbH

Globale Partnerschaft zum Schutz der Tropenwälder begründet Am 27. Mai haben in Oslo über 50 hochrangige Vertreter von Industrie- und Tropenländern die Globale Partnerschaft zum weltweiten Schutz der Tropenwälder offiziell unterzeichnet.

Zerstörung von Wäldern. Deutschland unterstützt den globalen Waldschutz in den kommenden drei Jahren mit mindestens 350 Millionen Euro im Rahmen seiner Sofortfinanzierung für den internationalen Klimaschutz.

Die Partnerschaft ist ein bedeutender Beitrag zum Klimaschutz, denn etwa ein Fünftel aller weltweiten Treibhausgas-Emissionen entsteht bei der

Insgesamt stellt die Globale Partnerschaft vier Milliarden US-Dollar für die Jahre 2010 bis 2012 zur Verfügung.

Ende April wurde die „Zukunft Holz GmbH“ als Nachfolgeorganisation des Holzabsatzfonds in Berlin gegründet. Die Präsidenten der beiden Gesellschafter, Georg Schirmbeck, MdB für den Deutschen Forstwirtschaftsrat (DFWR) und Ullrich Huth für den Deutschen Holzwirtschaftsrat (DHWR) unterzeichneten am 23. März 2010 den Gesellschaftervertrag. „Wir freuen uns sehr über die Gründung der Zukunft Holz GmbH.

nen Jahr produzierten die Anlagen 920 Millionen Kilowattstunden Strom und deckten damit den durchschnittlichen Stromverbrauch von über 800.000 Menschen. Damit wurden alleine bei der Stromproduktion über 55.000 Tonnen CO2 eingespart. Bis Ende 2010 sollen mehr als 400 Biogasanlagen mit über einer Milliarde Kilowattstunden Strom erzeugen. Auch Landwirte profitieren vom Biogas-Boom, in dem sie ein zweites Einkommen bekommen.

Die eigentliche Arbeit, der Aufbau einer funktionierenden Holzabsatzförderung, geht jetzt aber erst richtig los!“, waren sich die beiden Gesellschafter einig. Sitz der GmbH ist das Haus der Land- und Ernährungswirtschaft, Claire-Waldoff-Straße 7 in Berlin Mitte. Die Spitzenverbände der deutschen Forst- und Holzwirtschaft, der Deutsche Forstwirtschaftsrat e.V. (DFWR) und der Deutsche Holzwirtschaftsrat e.V. (DHWR), werden zu jeweils 50 % Gesellschafter der ZHG.

Aralsee fast verschwunden Der Aralsee in Zentralasien hat seit 1950 rund 90 Prozent seiner Wassermenge verloren. Der Aralsee war einst der viertgrößte Binnensee der Erde und reich an biologischer Artenvielfalt bis man für die systematische Bewässerung von landwurtschaftlichen Nutzflächen die beiden Zuströme Amudarja und Syrdarja abzweigte. Die folgende Austrocknung des Sees führte zur Bildung der salzhaltigen Aralkumwüste. Infolgedessen verschwanden rund 20 Tier- und Pflanzenarten. In der Region wurden viele landwirtschaftliche Flächen unfruchtbar, die Zahl der Krankheitsund Todesfälle erreichte 2009 einen neuen Höchststand. Erste Bemühungen gibt es seit 1993. Mittlerweile läuft das ASBP-2-Programm („Aral Sea Basin Program“) zur Verbesserung der ökologischen und sozioökonomischen Situation der AralseeRegion. Darüber hinaus sei eine stärkere internationale Zusammenarbeit zur Rettung der Region nötig. Für den Umweltminister der Republik Kasachstan kann das Problem nur mit intensiverer Zusammenarbeit zwischen den zentralasiatischen Staaten gelöst werden.

Biogas im Vormarsch Die Erzeugung von Biogas in NordrheinWestfalen steigt rasant an. Zu Beginn dieses Jahres gab es fast 330 Biogasanlagen im Land und damit fast doppelt so viele wie im Jahr 2005. Im vergangeUmweltnachrichten

Energiesparen im Elefantenhaus

Foto: DBU

Die Informationstafeln mit den „Energiespartatzen“ informieren über die Energieeinsparungen im Zoo.

Elefantenkuh Sabi dreht die Heizung ab. Und auch Affe, Nashorn und Co. stehen dem Dickhäuter in Sachen Klimaschutz in nichts nach. Der Zoo Osnabrück hat sein Energiesparprogramm erfolgreich in die Praxis umgesetzt. Zwei Jahre hat er in Zusammenarbeit mit der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) und den Stadtwerken Osnabrück nach Möglichkeiten gesucht, den Energieverbrauch zu verringern. Ein Viertel weniger Strom genutzt, 68.200 Euro an Kosten gespart und 250 Tonnen weniger Kohlendioxid produziert – das ist nun die Bilanz.

„Energiesparen im Zoo funktioniert nicht so leicht. Die große Artenvielfalt, die Neugierde der Zoobewohner, das häufige Öffnen der Türen zu den Tierhäusern und die vielen Bauten aus den 70er Jahren mit hohem Energieverbrauch machten das Vorhaben zu einer Herausforderung. Doch die aktuellen Auswertungen zeigen, dass der Zoo nun über 336.000 Kilowattstunden(kWh) Wärme und 250.000 kWh Strom im Jahr weniger verbrauche. Zum Vergleich: Ein Einfamilienhaus verbraucht jährlich 20.000 kWh Wärme und 4.000 kWh Strom. Die Erfahrungen aus Osnabrück könnten nun auch anderen Zoos beim Energiesparen helfen. Unser Wald 4 I 2010


Umweltnachrichten

Bundesweit immer weniger Spatzen Rund 40.000 Vogelfreunde nutzten das zweite Maiwochenende zur Teilnahme an der diesjährigen „Stunde der Gartenvögel“, einer Mitmachaktion des NABU. Sie meldeten alle Vögel, die sie während einer Beobachtungsstunde im Garten oder vom Balkon aus entdecken konnten. Die Auswertung der mehr als 24.000 Einsendungen liegt nun vor und bringt teilweise überraschende Ergebnisse. So nimmt die Zahl der Spatzen kontinuierlich ab, was sich mittlerweile auch im Nordosten der Bundesrepu-

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stabil geblieben und beim Gartenrotschwanz wurde deutschlandweit die doppelte Menge gemeldet. Die „Stunde der Gartenvögel“ wurde 2005 bundesweit ins Leben gerufen.

Foto: Alexandra-H[1]._pixelio.de

blik bemerkbar macht. Entwarnung gibt es hingegen bei den Grünfinken, die im vergangenen Jahr in einigen Regionen mit einem Massensterben für Schlagzeilen gesorgt haben. Auch die Population der Grünfinken ist

Zur Interpretation der Daten weist der NABU darauf hin, dass Veränderungen der Zählergebnisse nicht zwangsläufig mit Veränderungen der Vogelbestände gleichzusetzen seien. Deshalb ist es wichtig, Langzeitdaten zu sammeln, mit denen sich punktuelle Beeinträchtigungen wie das Wetter von nachhaltigen Einflüssen trennen und Bestandstrends erkennen lassen.

Leserbrief zu „Gepflegte Wälder für gepflegte Seelen“ – in Unser Wald, Ausgabe Mai/Juni 2010, S. 8 in der letzten Ausgabe Ihres Hefts beschäftigen sich die Autorinnen Dörte Martens und Nicole Bauer mit der Frage „Gepflegte Wälder für gepflegte Seelen?“ Wissenschaftler der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft hätten in einem Experiment herausgefunden, „dass ein gepflegter Wald, der Zeichen einer Bewirtschaftung aufweist, den Menschen stärker positiv beeinflusst als ein Wald, den ein hoher Totholzanteil kennzeichnet“. Basis für dieses Forschungsergebnis waren laut Artikel im wesentlichen zwei Testgruppen mit je 50 Personen, die auf einer festgelegten Route einmal durch einen „gepflegten Wald“, einmal durch einen „unbewirtschafteten Wald mit höherem Unterholz- und Totholzbestand“ spazierten. Was aber bitte ist ein „gepflegter Wald“? Und was ist ein „unbewirtschafteter Wald mit höherem Unterholz- und Totholzbestand“? Diese Begriffe sind wachsweich, was soll man sich konkret darunter vorstellen?

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Entsprechend brauchbar dürften die Ergebnisse dieses Experiments sein. Mit dem erwanderten Nordschwarzwald vor der Haustüre und ursprünglich von der Schwäbischen Alb kommend kann ich wohl – zumindest für diese Gebiete – guten Gewissens behaupten, dass es einen nicht „gepflegten“ Wald genauso wenig mehr gibt, wie einen unbewirtschafteten Wald. Von Mini-Bannwald-Inselchen einmal abgesehen. Im Gegenteil – die Waldbewirtschaftung hinterlässt vielerorts Schneisen der Verwüstung quer durch den Wald, Wege und vorher unberührte Waldbereiche sehen aus wie nach einer Panzerdurchquerung. Beispiele könnte ich zuhauf anführen. Solche „Zeichen einer Bewirtschaftung“ tragen sicher sehr zur Erholung bei. Daneben gibt es immer mehr ehemals normale Wald- und Feldwege, die asphaltiert werden. Als Wanderer kann man deswegen bspw. das Gebiet um Bad Teinach, Calmbach etc. in weiten Teilen vergessen. Genauso weite Teile des Hagenschieß bei Pforzheim. Jeder kleine Weiler ist mit jedem ande-

ren durch einen asphaltierten und häufig für den öffentlichen Verkehr freigegebenen Weg verbunden. In solchen gepflegten Wäldern lässt es sich wahrlich prima erholen. Nach kürzester Zeit melden sich Gelenke und Rücken mit den besten Schuhen. Es sollte in Ihrem Heft nicht so getan werden, als ob in unseren Wäldern alles in Ordnung wäre, es eine naturnahe sanfte Bewirtschaftung geben würde, die Rücksicht auf die Bedürfnisse Erholungssuchender nimmt. Dem ist mitnichten so. Wohin man kommt, ist der Wirtschaftsdruck auf den Wald erkennbar. Der Erholungssuchende, Tier- und Vogelwelt interessieren da allenfalls am Rande. Sicher, vielerorts sehen die Waldgebiete wieder vielfältiger aus, häufiger lässt man auch mal einen toten Baum stehen (zum Glück für die Spechte), das ist aber wohl mehr den Spätfolgen der Orkane geschuldet und engagierten Vogel- und Umweltfreunden, die es glücklicherweise auch in der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald zu geben scheint. Christoph Schmalfuss, Weil der Stadt

Umweltnachrichten


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SDW Bundesverband

Bundesdelegiertenversammlung in Frankfurt am Main Auf Einladung der SDW-Hessen trifft sich der Bundesverband vom 30. September bis 02. Oktober 2010 zur Bundelegiertenversammlung in Frankfurt. Die „eigentliche“ Delegiertenversammlung wird am Nachmittag des Samstags, 02. Oktober, stattfinden. Die Veranstaltungen beginnen allerdings schon am Donnerstag mit einer Exkursion in die Wälder rund um die Stadt Frankfurt. Hier werden unter anderem Flächen besichtigt, die durch den Maikäfer geschädigt sind oder die Bedeutung des stadtnahen Waldes thematisiert. Der Freitag wird im Zeichen des Großen Runden Tisches stehen, einem Gremium aus Bundesvorstand, und den Vorsitzenden und Geschäftsführern der Landesverbände und weiterer fachlicher Berater. Hierbei werden wichtige aktuelle Themen gemeinschaftlich diskutiert. Die Tagesordnung und das detaillierte Programm werden in der kommenden Ausgabe veröffentlicht werden.

Foto: O. Schneider/pixelio.de

Teleperformance pflanzt Mitarbeiterbäume

Foto: SDW Hamburg

Symbolisch fand im Niendorfer Gehege die erste Baumpflanzung statt. Sabine Herfort, Assistenz der Geschaftsführung der Teleperformance Deutschland, und Jan Muntendorf von der SDW Hamburg legten dabei persönlich Hand an. SDW-Landesverbandsnachrichten

Die Teleperformance Group ist weltweit die Nr. 1 für Customer Care-, Technical Support- und Telemarketing-Lösungen. In Deutschland arbeiten seit 1992, mittlerweile an acht Standorten, über 2.500 Mitarbeiter für internationale Konzerne und erfolgreiche mittelständische Unternehmen aus den Bereichen IT, Telekommunikation, E-Commerce, Medien und Finanzdienstleistungen. Zusammen mit der SDW pflanzt das Unternehmen in den kommenden Jahren für jeden neuen Mitarbeiter in jedem Jahr einen Baum. Hierbei werden wir versuchen, an allen Standorten der Teleperformance Group geeignete Projekte zu realisieren, so Christoph Rullmann. Das erste Projekt wird im Herbst diesen Jahres in Hamburg Wirklichkeit werden. Die nach hohen ökologischen Standards konziperten Projekte werden in Kooperation mit der SDW- Hamburg realsiert. Unser Wald 4 I 2010


SDW Bundesverband

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Deutsche Alleenstraße auf Europäischer Alleentagung Im Königlichen Botanischen Garten Kew in London kamen in diesem Monat Vertreter einiger europäischer Länder zusammen, um sich über den Alleenschutz in Europa auszutauschen und sich zusammen mit mehr als 150 Interessierten über aktuelle Projekte und Entwicklungen zu informieren. Die Deutsche Alleenstraße wurde hierbei von Christoph Rullmann vertreten. „Besonders beeindruckend war für mich“, so Rullmann, „dass die Deutsche Alleenstraße hier allen bekannt war. Das hat mir wieder einmal gezeigt, was für ein tolles Projekt wir hier gemeinsam mit dem ADAC haben.“ Dass Alleen eben nicht nur ein wichtiges Kultur- und Naturgut sind, sondern dass sie auch einen wirtschaftlichen Wert haben, wurde von Chantal Pradines eindrucksvoll dargelegt. Ihre Untersuchungen haben gezeigt dass ein Kilometer Allee einen wirtschaftlichen Wert von mehr als 1 Millionen Euro hat. Und hierbei sind noch nicht die Leistungen der Allee für die Biodiversität den Klimaschutz berücksichtigt. Alleen als ein wichtiges Mittel, um Stadtviertel aufzuwerten, wurde von Vertretern der Stadtplanung vorgestellt. So haben Erhebungen

Wir gratulieren zum 80. Geburtstag dem ehemaligen SDW Präsidenten Fritz Graf Brockdorff und dem ehemaligen Chefredakteur von Unser Wald Paulheinz Grupe. Die SDW bedankt sich bei beiden für ihr jahrzehntelanges Engagement und wünscht alles Gute und Gesundheit für die Zukunft.

Unser Wald 4 I 2010

Foto: K. Halama/pixelio.de

Alleen werten nicht nur Straßen in den Städten auf

in London gezeigt, dass gerade die Stadtteile im Mietspiegel und bei dem Wert der Immobilien besonders hoch liegen, die über einen großen Baumbestand und Anteil an Stadtgrün verfügen. Um nun auch an diese Gebiete angrenzende Stadtviertel an dieses hochpreisigen Viertel anzubinden, werden nun von Investoren und Stadtplaner neue Grünplanungen erstellt. So gilt hier oft als Mittel der Wahl das Anlegen von Alleen oder Baumreihen in den Straßen. Ein kleiner Markplatz bot in den Pausen die Möglichkeit, sich über moderne Techniken der Baumsanierung und über europäische Projekte zu informieren. Hier wurde auch die Alleenfan-Kampagne des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz

und Reaktorsicherheit und der SDW, sowie die Deutschen Alleenstraße präsentiert. Kontakt SDW · Bundesverband Meckenheimer Allee 79 53115 Bonn Tel.: 0228/9 45 98 30 Fax: 0228/9 45 98 33 E-Mail info@sdw.de www.sdw.de Präsident: Staatssekretär a.D. Dr. Wolfgang von Geldern Geschäftsführer: Christoph Rullmann

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