ZP 127: Medizin zwischen Markt und Mensch

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Sept. / Okt. 2013 Fr. 10.– / € 8,–

Für intelligente Opt imist innen und konstruk t ive Skept iker

Medizin zwischen Markt und Mensch In diesem Zeitpunkt lesen Sie über die Grenzen der Neugierde, die Herstellung von Krankheit am Beispiel von Alzheimer, die Machtergreifung vor 50 Jahren, die Gründe der Überwachung, Solarkraftwerke auf dem Balkon, was Tätowierungen verraten, die grösste Flüchtlingswelle der Schweiz. Und vieles mehr.


Die Mensch-Maschine:

Die Geld-Maschine?

Impressum Zeitpunkt 127 September > Oktober 2013 Zeitpunkt erscheint zweimonatlich in einer Mindestauflage von 12 000 Expl. 2013 > 22. Jahrgang Redaktion und Verlag ZEITPUNKT Werkhofstrasse 19 CH-4500 Solothurn Telefon 0041 (0) 32 621 81 11 Fax 0041 (0) 32 621 81 10 E-Mail: mail@zeitpunkt.ch www.zeitpunkt.ch Geldfluss: Postkonto 45-1006-5 ISSN 1424-6171

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Herausgeber Christoph Pfluger Redaktion Christoph Pfluger (CP), Walter Keller (WK), Kaspar Flück (Layout / Illustrationen). Regula Moser (RM) Jonas Widmer (JW, Praktikant) Redaktionelle Mitarbeit Christine Ax, Thomas Gröbly, Paul Dominik Hasler, Andreas Krebs Ständige Autorinnen und Autoren Daniele Ganser, Geni Hackmann, Ute Scheub

Verlag & Vertrieb Hannah Willimann (Abobetreuung, mail@zeitpunkt.ch) Anzeigenberatung Zeitpunkt Webereistrasse 66 8134 Adliswil Christian Becker, 044 709 19 20 Rolf Ulrich, 044 710 19 91 inserate@zeitpunkt.ch Vertrieb Deutschland Synergia Verlag und Mediengruppe Erbacher Strasse 107, D-64287 Darmstadt Telefon 0049 (0) 6151 42 89 10 info@synergia-verlag.de

Abonnementspreise Der Preis des Abonnements wird von den AbonnentInnen selbst bestimmt. Geschenkabo Schweiz: 54 Franken Geschenkabo Europa: 68 Franken Einzelnummer: 10 Franken / 8 Euro Druck & Versand: AVD Goldach, Papier: Rebello Recycling Beilagen Teilauflagen dieser Ausgabe enthalten Beilagen von Vivanda, Gebana , der Fattoria La Vialla und von Musik&Mensch. Wir bitten um Beachtung.


Editorial

Eine ewige Kinderfrage Liebe Leserinnen und Leser «Bund und Kantone sorgen im Rahmen ihrer Zuständigkeiten für die Berücksichtigung der Komplementärmedizin.» Fast 70 Prozent des Schweizer Stimmvolks sagten 2009 Ja zu diesem Verfassungsartikel. Es war der abgeschwächte Gegenvorschlag zu einer Initiative, die eine «umfassende Berücksichtigung der Komplementärmedizin» gefordert hatte, aber zurückgezogen wurde. Der Initiative vorausgegangen war eine weltweit einmalige Prüfung von fünf komplementärmedizinischen Richtungen, deren entscheidender Faktor – die Wirtschaftlichkeit – aber nicht veröffentlicht wurde. Dem dafür zuständigen Gesundheitsökonomen Hans-Peter Studer wurde gekündigt und die Publikation der Ergebnisse verboten. 2012 wurden die Resultate doch noch veröffentlicht. Fazit: Die Komplementärmedizin ist mindestens so effizient wie die Schulmedizin. Betrachtet man heute den Versuch der Komplementärmedizin, die Schulmedizin zur Öffnung zu zwingen, dann muss er als gescheitert bezeichnet werden. Die meisten entsprechenden Spitäler haben ihre Angebote reduziert, wichtige Vertreter wie der Chefarzt Hans-Ueli Albonico vom Spital Langnau sind zurückgetreten. Einen anderen Weg gingen der Chefarzt Christian Hess und die Psychotherapeutin Annina Hess-Cabalzar im Bezirksspital Affoltern am Albis. Sie vermieden den Methodenstreit und öffneten die Schulmedizin gewissermassen von innen für komplementäre Angebote. Über ihre faszinierende Arbeit erfahren Sie einiges in diesem Heft. Aber auch sie sahen schliesslich keine Möglichkeit, unter den bestehenden Rahmenbedingungen eine ganzheitliche Medizin zu praktizieren. Unser Gesundheitswesen und die Zahlen, mit denen es gesteuert wird, behandeln den Menschen als biologische Maschine, die repariert werden kann wie ein Gerät. Aber der Mensch ist keine Maschine, die sich nur unter dem Einfluss äusserer Faktoren ändert. Neben Gefühlen, Beziehungen und Überzeugungen, die alle auf seinen Organismus einwirken, verfügt er namentlich über Selbstheilungskräfte. Sie entfalten sich, wenn der Mensch als Mensch behandelt wird. Jetzt versuchen Christian und Annina Hess mit ihrer Vision einer menschlichen Medizin mit der «akademie menschenmedizin» zum Durchbruch zu verhelfen. An einer Tagung am 20. September in Zürich möchten sie die Diskussion über die Entwicklung im Gesundheitswesen wieder in Gang bringen. Ihre Initiative wird nur Erfolg haben, wenn auch wir an der Basis Fragen an uns selber richten: Warum unterstützen wir als Steuer- und Prämienzahler und als Patienten ein System, das uns als Menschen nicht ernst nimmt? Und warum verschaffen wir uns nicht Gehör bei den Politikern, die doch unsere Interessen vertreten sollten und nicht die eines Systems, das auf dem menschlichen Auge blind ist und nur Zahlen sieht. Es ist diese ewige Kinderfrage: Warum sind die Dinge so wie sie sind? Darauf gibt es keine gültige Antwort, aber vielleicht eine Einsicht: Sie sind so, solange wir sie akzeptieren. Ich für meinen Teil habe langsam genug. Es braucht auf der Welt definitiv mehr Platz für Liebe, Freude, Geist und Freiheit. Dafür sind wir da. Mit herzlichen Grüssen Christoph Pfluger, Herausgeber

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Inhalt

6 chapeau & Federlesen

30 Entscheiden & arbeiten

6 Chapeau! Wir ziehen den Hut vor dem Steher vom Taksim-Platz, den Wegbereitern der Nützlinge, der Mutter der Keinkaufswagen und dem Gnüsser und Chrampfer. 8 FEDERLESEN Neugier und Wissensdurst brauchen keine Grenzen Walter Keller

10 Schwerpunkt: Medizin zwischen MArkt und Mensch

10 Medizin aus dem vorletzten Jahrhundert Wenn der Mensch zur Maschine wird, kann man ihn unbeschränkt reparieren. Aber: eine Menschenmedizin ist möglich, sagen Christian Hess und Annina Hess-Cabalzar 14 Die Herstellung von Krankheit Alzheimer als Produkt eines Forschungsschwindels Cornelia Stolze 18 Der Mittelweg zur Menschenmedizin Anstatt gegeneinander zu kämpfen, sollten Schul- und Alternativmedizin voneinander lernen Christoph Pfluger und Walter Keller im Gespräch mit Christian Hess und Annina Hess-Cabalzar 21 Wir können nicht heil en, aber li ndern Monica C. Fliedner 22 Krankheit kann Teil eines Selbstheilungsprozesses sein. Martina Degonda 24 Was Internisten wissen müssen – über die Faszination des diagnostischen Prozesses Franco Salomon 28 Das linke Rote Kreuz und andere Kurznachrichten.

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30 Fünfzig Jahre Machtergreifung Wer die tödlichen Schüsse von Dallas abgegeben hat, brauchen wir nicht mehr zu wissen. Eine Erkenntnis genügt: Das Netzwerk der Kennedy-Mörder geniesst noch heute den Schutz der USRegierung. Christoph Pfluger 34 Warum wir überwacht werden Damit wir uns selber kontrollieren Geni Hackmann 35 Mensch ärgere dich nicht! Tu etwas 50 Vorschläge von Harro Honolka 36 Verschlüsselung ist Bürgerpflicht Die Enigma-Box ist das Gerät dazu Christoph Pfluger 37 Geranium weg, Solarpanel her! Das Solarkraftwerk für den Balkon Christoph Hunziker 38 Anti-Globalisierungs-Initiative gescheitert – was tun? 39 Wir arbeiten: für Geld ohne Gewähr Ivo Muri 41 «Revolution» am Filme für die Erde-Festival, dem grössten Umwelt-Event der Schweiz 42 Und jetzt? Antworten von «Danach»


Inhalt

44 Vollwertig Leben

58 Horizonte erweitern

44 Zu welchem Stamm gehören Sie? Körperschmuck und Tätowierungen kennen keine Grenzen, auch keine solchen des Geschmacks Christine Ax 49 Reise nach Koštunici Wer das Migrationsproblem lösen will, muss den entwurzelten Menschen ihre Heimat zurückgeben Andreas Krebs 50 Gemeinschaftlich wohnen– wie plant man das? Erich Kolenaty 52 Von der Wohn- zur Ressourcengemeinschaft. Ein Beispiel aus dem südfranzösischen Montpellier Pascal Mülchi 53 Der Club of Rome fordert ein monetäres Ökosystem Thomas Gröbly 54 Nichts für sanfte Brisen und andere Kurznachrichten 55 Stiftung plant Schweizer Zukunftsdorf Raffael Wüthrich 56 Alle Welt auf der Schweibenalp – die Konferenz des Global Ecovillage-Network (GEN) Raffael Wüthrich

58 Vom Fluchtweg zum Wanderweg – 1685 brach die grösste Flüchtlingswelle, die das Land je gesehen hat, über die Schweiz herein Philippe Welti 64 «Es singt» Das Singprojekt «StimmVolk» will zu einer sinnlichen Politik anregen, und das mit tausend Stimmen auf dem Berner Münsterplatz Eva Rosenfelder 64 Ohren auf! Musik dient nicht nur der Erbauung, sondern ist Welterfahrung. Diese Leitidee steht hinter der Veranstaltungsreihe «Musik&Mensch» 66 Die neuen Werkstudenten – Lernen und arbeiten im Work-StudyProgramm des Kientalerhofs. 67 Bildung heisst: sich zur Wehr setzen 68 Sex und Kultur und andere Kurznachrichten 69 Im Haus der Bücher Sagita Lehner 72 Sechs Seiten gute Adressen Ob gesund leben, kreativ arbeiten, nachhaltig wohnen, achtsam verreisen, fair einkaufen oder findig suchen: Dieser Marktplatz hat viel zu bieten. 78 Kleinanzeigen von und für Zeitpunkt-Leser 80 Leserinnen und Leser schreiben 82 Geschafft! Nicht fragen, nicht rechnen — so hat die Gemeinschaft Glarisegg ihre ersten zehn Jahre geschafft. Stefanie Gross

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Erdem Gündüz

Der Steher vom Taksim-Platz Zuerst steht er ganz allein da. Ein schmaler Mann auf dem TaksimPlatz. Er hat den Blick auf die grosse Fahne mit dem Bild des Staatsgründers Atatürk gerichtet. Spricht nicht, bewegt sich nicht, steht einfach da. Acht Stunden lang. Nach einiger Zeit merken die Passanten, dass dieses Stehen eine Form des Protestes ist. Bis zum 15. Juni haben auf diesem Platz in Istanbul die heftigsten Auseinandersetzungen stattgefunden – der Protest Tausender junger Türken gegen die Politik der konservativen Regierung Erdogan wurde grausam niedergeschlagen. Die Zugänge zum Taksim werden nun von der Polizei geregelt, Demonstrationen verboten. Aber der 33jährige Erdem Gündüz demonstriert nicht, er schwingt keine Fahne, skandiert keine Parolen. Er steht nur da. Acht Stunden lang. Rasch wird die Aktion über das Internet verbreitet, andere Istanbuler stellen sich dazu. In wenigen Stunden wächst die Gruppe auf dreihundert Steher an, darunter sind auch türkische Prominente. Das hat Erdem Gündüz nicht geplant. Zuerst versucht er noch, seine Nachahmer zum Gehen zu bewegen. Dies sei eine Aktion «nur für eine Person», lässt er über Twitter verbreiten. Und benennt auch seine Motivation: «Ich protestiere gegen die Sprachlosigkeit der türkischen Medien und die Gewalt der Polizei. Vier Menschen sind gestorben, Tausende wurden verletzt. Doch die Medien haben nichts davon gezeigt.» Erdem Gündüz steht weiter, die braunen Locken fallen ihm ins Gesicht. Reporter kommen, stellen ihm Fragen, halten Mikrofone an seinen Mund. Gündüz reagiert nicht, blickt stur geradeaus. Auch die Polizisten haben inzwischen gemerkt, dass hier eine politische Performance stattfindet. Doch der reglose Protest macht sie einigermassen ratlos. Sie durchsuchen seinen Rucksack, finden darin nur Wasserflaschen. Später nehmen sie ihn fest, müssen ihn aber bald wieder freilassen. Als Gündüz die Aktion beendet, ist er schon als «duran adam», stehender Mann, um die Welt gegangen und seine reglose Protestform hat sich bis über die ganze Türkei und darüber hinaus verbreitet. Eva Baumann-Lerch, publik-forum Erdem Gündüz wurde 1979 in Ankara geboren und ist Tänzer, Choreograph und Performance-Künstler. www.erdemgunduz.org

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Foto: zvg

Foto: Marko Djurica/Reuters

Chapeau!

Martin und Isabel Andermatt Wegbereiter der Nützlinge

Man muss sich das mal vorstellen: Da experimentieren ein doktorierender Agronom und eine angehende Tierärztin in der Küche ihrer Studentenwohnung mit Granuloseviren und erhalten von der mutigen Behörde sogar eine Bewilligung, das Präparat als Pflanzenschutzmittel gegen den Apfelwickler einzusetzen. Das war vor 26 Jahren und die Bewilligung damals weltweit die erste. Mit dem visionären Produkt und der Idee für eine ganze Palette weiterer Nutzorganismen gründeten Martin und Isabel Andermatt ein Jahr später die Andermatt Biocontrol AG. Von Viren wollten sie damals nicht sprechen, da allein der Begriff bei vielen Leuten Ängste auslöste. Dabei ist die belebte Welt voller Viren, und nur ein winziger Bruchteil kann überhaupt für Menschen gefährlich werden. Die meisten sind nützliche Glieder in den verschiedensten biologischen Gleichgewichten. 1988 folgten Nematoden, das sind kleine Fadenwürmer, gegen den verbreiteten Dickmaulrüssler und etwas später die Marienkäfer. Das blattlausfressende liebliche Insekt, der wohl bekannteste Nützling, wurde zur Bildmarke der jungen Firma. Die mentale Hürde gegen Nutzorganismen war beim Pflanzenschutz und der Schädlingsbekämpfung am Anfang besonders hoch. Damals vertrauten viele eher den vom Menschen gebrauten Giften als den natürlichen Gegenspielern der Schädlinge. Aber die Nutzorganismen machten ganze Arbeit. Wer hätte damals geahnt, dass aus der Idee, die den damaligen Pflanzenschutzexperten so fremd war, eine Holding mit fünf Unternehmen und vielen weiteren Beteiligungsfirmen werden könnte? Sie produzieren und vertreiben neben den ursprünglichen Pflanzenschutzmitteln auch Gartenpflanzen, Wildpflanzen, Biogarten-Bedarf, alternative tiermedizinische Produkte und neuerdings auch Wundfliegen zur Reinigung von Wunden beim Menschen. Neben Aufzuchtsets für Marienkäfer gibt es solche für Distelfalter und Florfliegen. Aber bis es so weit war, brauchte es viel Überzeugungskraft, Ausdauer und vor allem Vertrauen in die Natur. Diese und die Andermatts haben ganze Arbeit geleistet. CP Weitere Infos: www.biocontrol.ch, www.biogarten.ch, www.biovet.ch, www.entomos.ch


Foto: zvg

Foto: Beat Hebeisen

Chapeau!

Tilla Künzli

brachte den Keinkaufswagen ins Rollen Nirgendwo in der Schweiz ist die urbane Landwirtschaft so lebendig wie in Basel. Wer der Ursache auf den Grund geht, stösst schon bald einmal auf die «Keinkaufswagen», die die Bewegung buchstäblich ins Rollen gebracht haben. Die ausrangierten, bepflanzten Einkaufswagen haben sich zu einem Symbol des lustvollen, städtischen Gärtnerns entwickelt, das mittlerweile in der ganzen Schweiz, aber auch in Deutschland, Österreich und der Ukraine die Menschen zum Nachdenken und Mitmachen anregt. Die pfiffige Idee entstand im Rahmen einer Masterarbeit von Tilla Künzli (27) an der Hochschule für Gestaltung und Kunst in Basel. An drei öffentlichen Pflanzaktionen im Mai 2011 haben rund 200 Personen unter Anleitung von zehn Gärtnern alte Einkaufswagen zu mobilen Gemüsegärten umgestaltet und sind mit ihnen durch die Stadt gezogen. Jetzt bereichern sie private Gärten, Hinterhöfe und Balkone und tauchen immer wieder in der Öffentlichkeit auf.

Pianta Monda und Ulrico «Gnüsse und chrampfe»

Ob die humorvolle, niederschwellige Sensibilisierung und der geschickt gewählte Begriff «Keinkaufswagen» massgeblich zum Erfolg des gemeinnützigen Vereins Urban Agriculture Basel beigetragen haben, lässt sich hinterher nur ungenau feststellen. Aber die Fülle von 30 Projekten in Basel ist doch erstaunlich: der Gemeinschaftsgarten Landhof, eine Lebensmittelgemeinschaft, Uni-Gärten, Mittagstische, Generationengärten mit Kindern und Senioren in Alterssiedlungen; Zudem gibt es Projekte wie «Nutzdach», «Perlengarten» und «Stadthonig» und viele Veranstaltungen. Neben Tilla setzen sich noch viele andere Menschen mit Feuer und Flamme für die essbare Stadt ein: Isidor Wallimann als Präsident des Vereins, Bastiaan Frich, Klaus Bernhard, Andres Wiemken, Sabine Keller und rund tausend weitere – eine Bewegung mit Gestaltungskraft. Aber Tilla ist die Botschafterin, die der Idee mit Witz, Tatkraft und Diplomatie ein sichtbares Symbol geschaffen hat, das nun in viele andere Orte rollt und den Menschen sagt: Man kann immer, wenn man will. Es ist alles vorhanden. Anbeissen lohnt sich! CP

Die Berge im hinteren Maggiatal wurden von den Einheimischen «monti di fame» genannt – Hungerberge. Die kleinen Weiler an ihren Hängen sind seit dem Zweiten Weltkrieg verlassen, ihre Rusticos oft zu Ferienhäuschen umgebaut. Permanent leben und auf dem steinigen Gelände arbeiten, das will schon lange niemand mehr. Aber es gibt eine Ausnahme. In Pianted, einem kleinen Häuserhaufen auf 850 m.ü.M. oberhalb Mezzonico, versucht die Genossenschaft «Pianta Monda» seit zwanzig Jahren ein Ökodorf aufzubauen. Als wirklich gelungen kann man den Versuch noch nicht bezeichnen. Es kommen zwar immer wieder Leute für ein paar Monate in die Idylle. Aber wenn irgendwo ein Job ruft und spätestens wenn der Winter einbricht, kämpfen Ulrico Stamani und seine Partnerin Sanna meist wieder alleine mit den Widrigkeiten des einfachen Lebens ohne Strom, ohne warmes Wasser, ohne Zufahrtsstrasse. Vor zwanzig Jahren liess Ulrico, damals noch Ulrich Stadelmann, eine gesicherte Stelle als Lehrer im Kanton Zürich hinter sich und wagte, was die Einheimischen 50 Jahre zuvor aufgegeben hatten: Vom Ertrag der steilen Gärten zu leben. Ein paar Freunde halfen ihm, eine Genossenschaft zu gründen und der grossen Idee auf die Beine zu helfen. Wenn man ihm heute zuhört, ist in der Begeisterung des Unentwegten eine gewisse Ernüchterung nicht zu überhören. Die Besucher aus aller Welt halten den Flecken Erde zwar für ein kleines Paradies, aber dauerhaft bleiben und wirklich im Ökodorf leben, das ist ihnen trotz aller Bekenntnisse zum einfachen Leben einfach zu hart. «Gnüsse und chrampfe» lautet das Motto in Pianta Monda. Vielleicht müsste man den Satz umkehren. Zuerst muss man die Hänge terrassieren, Beete anlegen, pflanzen, jäten, ernten, rüsten, Holz sammeln, Feuer machen, kochen und erst dann kommt das Vergnügen, eine dampfende Suppe zu essen. Wir ziehen den Hut vor Ulrico, wünschen Pianta Monda ein paar grosszügige Spender für den anstehenden Ausbau, viele Feriengäste und ein paar, die bleiben wollen. CP

Weitere Informationen: http://keinkaufswagen.ch • www.urbanagriculturebasel.ch

Weitere Infos: Cooperativa Pianta Monda, Pianted, 6692 Menzonio, Tel. 079 417 67 21 www.piantamonda.ch

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Federlesen

Neugier und Wissensdurst brauchen keine Grenzen Sieht man sich als mündigen Bürger, als eigenverantwortlichen Medienkonsument, will man alle zur Verfügung stehenden Kanäle nutzen, ob digital oder gedruckt-analog. Neue Chancen der Informationsbeschaffung inspirieren zu umfassenderem, eigenständigeren Wissen.   von Walter Keller Widersprüchliches aus Syrien Ich schaue mir periodisch die Videos zu den bewaffneten Auseinandersetzungen in Syrien an. Was ich da zu sehen kriege, beschäftigt mich wegen seiner Unmittelbarkeit und wegen der Zusatzinformationen, die mir Presse und Medien hierzulande nicht vermitteln. Die Videos sind roh. Sie sind nicht von westlichen Redaktionen gekocht und so aufbereitet, dass sie in Aktualitätssendungen eine schützende Distanzierung erreichen. Wenn möglich geben die Verantwortlichen der New York Times die Quellen der Videos an. Zwei Textspalten begleiten die Videos, die ab und zu nach kurzer Zeit – warum bleibt unklar – wieder von der Website verschwinden. Ein Begleittext gibt an, was man zur Herkunft der Filme weiss, der andere, was nicht zu klären war. Was ich am Projekt der New York Times schätze: Ich werde als eigenverantwortlicher Medienkonsument behandelt, der sich seinen Reim selber machen soll. Ein grauenvolles Video, am 2. August 2013 vom in England beheimateten Syrian Observatory for Human Rights aufgeschaltet, zeigt gemäss den Angaben der Organisation von islamistischen Rebellen exekutierte Regierungssoldaten. Die Organisation weist gleichzeitig auf die Genfer Konvention für die Behandlung und das Tötungsverbot von Kriegsgefangenen hin. Im Text «what we don’t know» verweist die New York Times-Redaktion ihrerseits darauf, dass FEDERLESEN ist eine Rubrik des Zürcher Autors, Kurators und Galeristen Walter Keller: «Ich schaue mich um, ich registriere, ich recherchiere. Ich bin verloren in der Flut von Informationen und drehe mich um die eigene Achse. Ich wähle aus, was mich berührt oder meinen Zettelkasten besetzt. Ich setz mich hin und formuliere im Kopf, ich zeitpunkte und schreibe.»

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nicht vollständig geklärt ist, ob die Getöteten wirklich Soldaten seien oder nicht. Opfer eines grausamen Konfliktes sind die Toten so oder so. Die Gesamtzahl der Getöteten gibt die Menschenrechtsorganisation für die seit zwei Jahren dauernden bewaffneten Auseinandersetzungen mit 106'423 an (Stand 9. August 2013): ungefähr die Bevölkerung von Winterthur. Werbung für so eine Website mag pervers erscheinen – und trotzdem empfehle ich den Besuch. Wir in der Schweiz leben im Paradies, die Bevölkerung in Syrien durchlebt die Hölle. Was ein Bürgerkrieg tatsächlich und täglich bedeutet, übersteigt unsere Vorstellungen – zumindest meine. Die Nutzung unmittelbarer Quellen macht das viel bewusster als die Zusammenschnitte unserer TV-Nachrichtensendungen. projects.nytimes.com/watching-syrias-war

Make Love, not War Überraschendes ganz anderer Art zeigt ein Buch, das 2008 – drei Jahre vor Ausbruch der Auseinandersetzungen erschien, das mangels deutscher Version hierzulande aber unbeachtet blieb. «The Secret Life of Syrian Lingerie», herausgegeben von der Journalistin Malu Halasa sowie der gebürtigen Beiruterin Rana Salam, zeigt eine unerwartete Seite syrischer Alltagskultur. Der Bild- und Textband die Produktion von ausgefallen-verspielter syrischer Unterwäsche, wie sie sich vor allem frisch verheiratete Frauen von ihren Eltern bzw. Müttern schenken lassen. Büstenhalter mit künstlichen Rosen, falschem Pelz, Vogelfedern, Strass oder arabischen Ornamenten, Slips oder Tangas mit eingebauten Handys, in Ei-, Pralinen- oder Teebeutelform – der Phantasie dieses verspielten und wun-


Federlesen

derbar kitschigen Intimdesign scheinen keine Grenzen gesetzt. Die Wäsche entspricht sicher nicht dem, was wir unter islamisch-strenger Kleidung vermuten würden. Die beiden Autorinnen haben mit syrischen Frauen – Trägerinnen und Näherinnen – und Männern gesprochen, die diese Nischenprodukte syrischer Modeproduktion in den Souks von Damaskus anbieten. Um die Gleichzeitigkeit des Althergebrachten und Postmodernen in der syrischen Kultur zu illustrieren, zitieren die Herausgeberinnen den Autor, Menschenrechtsaktivisten und politischen Kommentator Ammar Abdulhamid: «Betrachtet man die Gesamtheit der heutigen syrischen Kultur, wird man auf ein Spektrum unterschiedlicher kultureller Werte treffen, die sich über tausend Jahre erstrecken, heute aber alle zur gleichen Zeit existieren.» Malu Halasa und Rana Salam (Hg.): The Secret Life of Syrian Lingerie – Intimacy and Design. Chronicle Books. 2008. Erhältlich bei www.amazon.com. US$ 19.97

Brief an die Schriftstellerin Sibylle Berg Liebe Sibylle, dieses im Juli 2013 neu erschienene und damit endlich wieder erhältliche Buch musst Du einfach lesen. «Edward – wie ich zum Menschen wurde» von Roy Lewis ist mit seiner humorvollen Geschichte der Menschwerdung im Pleistozän genau auf Dich und Dein Interesse an menschlichen Grundfragen zugeschnitten. Roy Lewis (1913-1996) arbeitete nach seinem Studium mehr als zwanzig Jahre als Auslandkorrespondent – u.a. in Afrika – für The Economist und The Times, bevor er sich in London auf das Abenteuer einliess, den Kleinverlag Keepsake Press zu leiten. Das mit Afrika ist deshalb bedeutsam, weil «Edward» die Geschichte einer Sippe aus dem Pleistozän (mehrere zehntausend Jahre ist das her) zwischen Innovation und Beharrung erzählt. Eine Geschichte mit dem überaus neugierigen, erfindungsreichen und risikofreudigen Vater Edward auf der einen und seinem traditionalistischen Bruder Wanja auf der anderen Seite. Edward lebt mit Frau und Kindern irgendwo in Ostafrika und ist ein Tüftler und Erfinder der Vorzeit. Der Verlagstext bringt es auf den Punkt: «Was haben wir Edward nicht alles zu verdanken! Er hat das Feuer vom Berg geholt, den Flintstein perfektioniert, den Speer und Pfeilbogen erfunden und das Gesicht der Welt verändert. Mit seiner Sippe entsteht das Menschengeschlecht. Sie entdeckt das Handwerk, die Kochkunst, die

Malerei, die Religion, die Liebe und den Swing. Sie kämpft einen heroischen, komischen und noch durchaus unentschiedenen Kampf gegen die Tücken der Evolution.» Wie im Fluge geht die Lesezeit vorbei, weil Roy Lewis seine beeindruckende Sachkenntnis perfekt in das britisch-ironische Understatement einer knappen, «fadengeraden» Sprache verpackt. Geradezu auf Dich und Deine MännerFrauen-Storys zugeschnitten ist die Jagd des einen Sohnes von Edward, Ernest, nach seiner künftigen Frau. Zwölf Tage hetzt er hinter Griselda her, die ihm immer wieder entwischt, bis er beschliesst, der Gang auf Freiersfüssen sei nichts für ihn. Er gibt auf. Müde, die Keule hinter sich herschleppend, tritt er auf eine Waldlichtung. Und wer sitzt da seelenruhig auf einem Baumstamm, kämmt sich mit einer gezahnten Fischgräte die Haare und lächelt ihn mit den Worten an: «Bist ganz schön erhitzt» ... Griselda natürlich. Die beiden werden ein Paar fürs Leben. Sibylle, der Roman legt ungefähr alle menschlichen Melodien auf den pleistozänischen Plattenteller des Pleistozäns, nach denen wir heute noch tanzen. Und ist nebenbei ein veritables Aufklärungsbuch darüber, wie wir zu dem wurden, womit wir heute noch kämpfen: zu Kulturwesen. Musst du lesen!

mich mit der maschinenstürmerischen Frage nicht mehr befassen. Mir ist im Grunde einerlei, wie ein Inhalt mich erreicht. Hauptsache, er hat Qualität. Ob Buch oder E-Reader, mich als Konsumenten interessiert der Stoff, der mich gedanklich weiter bringt. Darum lese ich. Die Frage «gedruckt oder digital» soll der Heimatschutz beantworten. Wenn Verlage sich also künftig von Papierbedruckern zu Spezialfirmen für Geschichten erzählen und Fachwissen wandeln, wenn Buchhandlungen ohne Buchlager zu Beratungsstellen für Inhaltliches werden: warum nicht? Ich will alles für mich Spannende jederzeit in allen meinen Sprachen lesen können. Dass mich das auch digital etwas kostet, ist klar – auch Bücher lesen und TV bzw. Filme schauen ist nicht gratis. Liegt ein Inhalt nur gedruckt vor, kaufe ich ihn, ist er digital aufbereitet, auch. Weil ich ihn wissen will. Hier zur Illustration neuer Chancen zwei inspirierende Websites, die sowohl auf Gedrucktes wie Digitales verweisen, die eine bekannt, die andere nicht: www.perlentaucher.de und www.thebrowser.com.

Roy Lewis: Edward – wie ich zum Menschen wurde. 2013. Unionsverlag. Fr. 21.90/ € 14.95

A propos lesen Ich habe in den letzten Jahren alles gelesen, was mir zur Frage «digital oder gedruckt?» in die Finger kam. Jetzt will ich

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Medizin zwischen Mensch und Markt

Medizin aus dem vorletzten Jahrhundert Wenn der Mensch nur Maschine ist und es weder Geist noch Beziehung und Tod geben darf, kann man ihn unbeschränkt reparieren. Dies ist die tiefere Ursache der permanenten Krise im Gesundheitswesen. Aber: Eine «Menschenmedizin» ist möglich, sagen Christian Hess und Annina Hess-Cabalzar

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Die Wissenschaft, richtig verstanden, heilt den Menschen von seinem Stolz; denn sie zeigt ihm seine Grenzen. Albert Schweitzer

ie aktuelle Krise im Gesundheitswesen der westlichen Welt wird als Finanzierungskrise verstanden. Als Folge versucht man, das Problem mit Konzepten aus der Ökonomie zu lösen. Dazu gehören Wettbewerbsorientierung, Prozessoptimierung, Behandlungsstandardisierung, Angebotskonzentration und im stationären Bereich sogenannte Fallkostenpauschalen. Bei dem System der Fallkostenpauschalen definiert man aufgrund statistischer Werte und komplexer Zusammenführung von medizinischen Diagnosen sogenannte Fallgruppe, über deren Codierung dann die Geldflüsse gesteuert werden. Eine Computersoftware liefert schliesslich die geforderte Norm-Aufenthaltsdauer und damit den Krankheitswert und den Ertrag für das Spital. Die theoretische Begründung für dieses Vorgehen klingt plausibel: Konkrete Leistungen und nicht Institutionen werden finanziert. Man spricht von Subjekt- anstelle von Objektfinanzierung. Dahinter steht allerdings ein reduktionistisches Menschenbild mit der Annahme, das individuelle Kranksein sei objektivierbar und bewertbar.

Dieser reduktionistische Ansatz verfolgen bereits die Naturwissenschaften. Er akzentuiert sich nun aber durch den gewählten Finanzierungsansatz dramatisch. Das dahinterstehende Menschenbild ist ein Maschi-

Wenn wir das Menschenbild zum Maschinenbild reduzieren und viele andere Faktoren, zurechtbiegen oder ausblenden, dann wäre vielleicht die Ökonomie als Mittel, das Gesundheitswesen zu organisieren ein gangbarer Weg. nenbild. Es stammt aus dem neunzehnten Jahrhundert. Weder die Erkenntnisse der Philosophie der letzten zweihundert Jahre mit ihrem Fokus auf Beziehung und noch viel weniger die Erkenntnisse der nichtlinearen Physik sind darin berücksichtigt. Weder Selbstorganisation als Voraussetzung von Heilungsprozessen, Zielgerichtetheit als allgegenwärtiges Prinzip der Biologie, noch Lebens-energetische Überlegungen haben in einem solch einseitigen Menschenbild ihren notwendigen Platz. Die Situation des Patien-

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Medizin zwischen Mensch und Markt

ten, sein individuelles Schicksal und sein psychosozialer Kontext werden nicht mehr berücksichtigt. Das betreuende Personal, das in unmittelbarer Beziehung zu den Patienten steht, gerät unweigerlich einen ethischen Konflikt. Orientiert es sich entsprechend seiner Motivation und seiner Berufsethik am leidenden Menschen, kommt es unter Druck des ökonomischen Systems. Dessen Vertreter haben ganz andere Ziele. Sie versuchen, ökonomische Vorgaben unabhängig von der Patientenoptik zu realisieren. Beidem gerecht zu werden, verlangt oft einen unmöglichen Spagat. Sprachlich ist bereits ein Trend festzustellen, der das ethische Dilemma zu reduzieren versucht: Der Patient, wird zum «Kunden» umgedeutet, dem man harte Marktbedingungen besser zumuten kann. Der Konflikt des Personals ist damit allerdings nicht gelöst. Entsprechend führen solchen Systeme zu Demotivation und Frustration. Die Instrumentalisierung des Krankseins wird auch von Patienten zunehmend wahrgenommen. Der Patient fühlt sich als einzigartiger Mensch nicht mehr gemeint, geht er doch in einem statistischen Mittelwert unter. Die Verantwortlichen dieser lebensferner Systeme irritiert dies wenig. Dabei müsste ihnen auffallen, dass ihre selbstgesetzten Ziele der Effizienzsteigerung, der Kostenstabilisierung und der Qualitätssteigerung offensichtlich so nicht zu erreichen sind. Der Grund liegt in der falschen Annahme, dass sich therapeutische Interventionen wie industrielle Prozesse organisieren und leidende Menschen sich auf Defekte in einzelnen Systemen reduzieren lassen.

Wenn man sieht, was die heutige Medizin fertig bringt, fragt man sich unwillkürlich: wieviele Etagen hat der Tod? Jean-Paul Sartre

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Der Zeitgeist führt dazu, dass die Krise im Gesundheitswesen als Finanzierungskrise wahrgenommen wird. In einer materialistisch wahrgenommenen Welt scheinen eben alle Probleme materialistischer Natur zu sein. Wenn Sie Schmerzen im linken Arm haben, kann er lange ohne Resultat untersucht werden, weil der Grund in einer Herzkrankheit liegt. Der vordergründigste Ort ist oft nicht die eigentliche Ursache der Problematik. Der Herzpunkt unserer Problematik liegt tiefer, nämlich in der Vernachlässigung der seelisch-geistigen und sozialen Dimension des Menschseins – doch davon später. Nochmals zurück zur propagierten Lösung: Mehr Wettbewerb, mehr Markt, mehr Ökonomisierung des Gesundheitswesens, in der Hoffnung, dadurch mehr Qualität, mehr Effizienz und tiefere Preise zu erhalten. Zur Plausibilität dieses Ansatzes ein kurzes Wort zum Wettbewerb in Marktwirtschaften: Die Grundvoraussetzung der Theorie von Adam Smith mit seiner selbstregulierenden, unsichtbaren Hand bestand darin, dass sich über Angebot und Nachfrage eine Preisregulation bei gleichzeitiger Qualitätssteigerung ergibt. Die Produktion wird optimal auf die Bedürfnisse abgestimmt, was die Qualität hebt. Auf der anderen Seite soll die

Gewinnmaximierung bestmögliche Ergebnisse auf der Produktionsseite ergeben. Der Theorie immanent sind die Mengenausweitung, sowie der Eigennutz mit der Idee, dass eigennütziges Handeln der Menschen im Mechanismus des Marktes immer auch das Gemeinwohl steigert. Voraussetzung für den Wettbewerb ist also die freie Marktwirtschaft. Nur: Gibt es diesen Markt auch im Gesundheitswesen? Sind die Voraussetzungen überhaupt gegeben? Gibt es zum Beispiel eine sogenannte Informationssymmetrie, wie sie im Markt notwendig wäre? Eine Symmetrie, die bedeutet, dass sowohl der Anbieter wie der Nachfrager in gleicher Weise vollständig über das Produkt bzw. dessen Nutzen informiert sind? Was ist genau das Angebot und was die Nachfrage im Krankheitsfall? Vordergründig könnte man sagen, die Nachfrage ist das Kranksein selbst und das Angebot ist das therapeutische Handeln bzw. das Heilversprechen. Nur, ist eine seltene, aber aufwendige Krankheit marktfähig? Wer will hier schon ein Angebot machen? Ist ein Notfall samstags um 02.00 Uhr nachts marktfähig? Wer will hier schon für ein paar Franken arbeiten? Ist Sterbebegleitung marktfähig? Ist Schmerztherapie marktfähig? Ist Depression, ist eine Lebenskrise, sind Angstattacken wirklich marktfähig? Sind chronische, sich stetig verschlechternde Krankheiten marktfähig? Und weiter: Besteht in all diesen Leidenssituationen wirklich eine Informationssymmetrie, wie wir sie gefordert haben? Kann sich im Verhandeln von Angebot und Nachfrage tatsächlich eine sinnvolle Regulation der Preisbildung und Qualität ergeben? Verhält sich der Patient überhaupt marktkonform? Verzichtet er z.B. auf die Behandlung einer Nierenkolik, wenn sie ihm zu teuer erscheint? Diese Beispiele zeigen, dass mehr Ausnahmen und Schwierigkeiten bestehen,

Bei ökonomischen Anreizsystemen verdient der Betrieb besser, je weniger der Patient kooperiert, da er dadurch wieder und wieder behandelt werden kann. als Ähnlichkeiten mit der Markttheorie. Wo aber kein Markt ist, kann auch kein Wettbewerb stattfinden. Wettbewerb basiert zudem auf dem Stimulus der Konkurrenz. Was wir brauchen ist eine Kooperation, nicht nur der Anbieter untereinander, sondern auch der betroffenen kranken Menschen. Bei ökonomischen Anreizsystemen verdient aber der Betrieb besser, je weniger der Patient kooperiert, da er dadurch wieder und wieder behandelt werden kann. Und wie steht es auf einer tieferen Ebene? Ist menschliches Leiden wirklich auf einen Geldbetrag (Fallkostenpauschale) zu reduzieren? Können wir Leiden, Unfall, Verzweiflung, Sterben wie handelbare Waren sehen? Was heisst eigentlich Menschsein, was gehört dazu, was sind seine Bedingungen? Man kann fünf Ebenen


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unterscheiden: 1. einen Körper mit seinen messbaren Funktionen; 2. eine Seele mit ihrem Empfinden; 3. Das Geistige, mit seinem Denken, seinem Fragen nach Sinn und seiner transzendenten Dimension; 4. Kranksein Heilkunst kann nicht auf Reparieren und Leiden als unüberwindreduziert werden, da sie sich dann zwei bare Gegebenheiten zu allen Probleme einhandelt: Erstens, sie entfernt Zeiten und in allen Kulturen; sich vom leidenden Menschen als erlebendes 5. Endlichkeit und Grenzen, Individuum und zweitens mündet sie in Sterben und Tod als bedingende Voraussetzung von eine unbegrenzte Mengenausweitung, weil sie das ihr gesteckte Ziel des endlos optimal menschlichem Leben.

funktionierenden Körpers nie erreichen kann.

Wenn wir uns nur am Messbaren orientieren, wenn wir das Menschenbild zum Maschinenbild reduzieren, wenn wir den Tod ausklammern, wenn wir Gesundheit und Wellness zum Menschenrecht machen, wenn wir trotz aller Misserfolge glauben, dass Kranksein und Leiden mit noch intensiverer Forschung als störende Defekte eliminierbar werden, und wenn wir noch viele andere Faktoren voraussetzen, zurechtbiegen oder ausblenden, dann wäre vielleicht die Ökonomie als Mittel, das Gesundheitswesen zu organisieren und wie einen Industrieprozess zu optimieren, ein gangbarer Weg. Vielleicht, aber nur dann und eben nur vielleicht. Weil wir Menschen aber endlich, einzigartig, fühlend, denkend, leidend, gesund und krank sind, weil wir in einem spezifischen sozialen Kontext leben und weil all diese Dinge nicht auf einen reproduzierbaren, messbaren Wert reduzierbar sind, ist Ökonomie mit ihrem isoliert materialistischen Weg ein völlig absurder Ansatz das Ganze zu steuern. Ökonomie hat ihre Bedeutung in Bereichen wie Pharmaindustrie, Medizinaltechnik, Infrastruktur und Immobilien, nur leider spielt sie dort oft nicht so frei, wie sie könnte, so dass man gelegentlich den Eindruck bekommt, sie werde nun stellvertretend ans Patientenbett delegiert.

Da wir aus Ärzten Kaufleute machen, zwingen wir sie, die Handelskniffe zu erlernen. George Bernard Shaw

Die Krise im Gesundheitswesen liegt eben gerade nicht im Finanziellen und Ökonomischen. Die Krise ist vielmehr Folge dieser einseitigen reduktionistischen Optik. Die Krise ist geistig-seelischer Natur, weil diese Bereiche nicht mehr berücksichtigt werden. Die Krise liegt im Ausblenden dieser Dimensionen des Menschen. Im Ausblenden jeglicher Endlichkeit, im Vergessen der Zerbrechlichkeit, letztlich im fehlenden Akzeptieren der Conditio humana. Heilkunst kann nicht auf Reparieren reduziert werden, da sie sich dann zwei Probleme einhandelt: Erstens, sie entfernt sich vom leidenden Menschen als erlebendes Individuum und zweitens mündet sie in eine unbegrenzte Mengenausweitung, weil sie das ihr gesteckte Ziel des endlos optimal funktionierenden Körpers nie erreichen kann. Konsequenz davon ist die

sogenannte Kostenexplosion. Da keine Versöhnung mit dem Kranksein stattfindet, werden ständig neue medizinische Situationen kreiert. Gleich der Hydra, der nach jedem Abschlagen eines Kopfes zwei neue nachwachsen. Folge ist, dass trotz noch nie dagewesener Gesundheit in unserer Bevölkerung, dass trotz der einmaligen Lebenserwartung in den westlichen Industrienationen, und der tiefen Säuglingssterblichkeit und, noch nie in der Geschichte gleichzeitig so viele Menschen in ärztlicher Behandlung stehen und Medikamente schlucken. Es ist die Schattenseite des medizinischen Erfolges selbst. Krankheiten führen nicht mehr zum Tod, werden aber oft auch nicht geheilt, sondern nur chronifiziert. In dieser Chronifizierung treten immer neue Themen und Probleme auf. Werden diese allesamt nur technisch und mit einer Reparaturoptik gesehen und angegangen, ist die Mengenausweitung und damit die Kostensteigerung systemimmanent und unbekämpfbar. Das ständige Reparieren ohne Reflexion über Sinn und Zweck, über Lebensinhalt und Endlichkeit, führt gleichsam zum Stolpern von einer medizinischen Krise in die nächste. Heilkunst ist viel mehr als Reparieren, nämlich Beistehen, Mittragen, Aushalten, Verstehen, Verarbeiten, Versöhnen, Ermuntern, Unterstützen, aber auch Akzeptieren, dass gesund-werden nicht immer möglich ist. Heilkunst ist Staunen, Trösten, Bescheidenheit und Demut, genau so wie Erfolg und Linderung. Heilkunst ist Sinnfindung, Entscheidungsfindung, Entwicklung und Prozessarbeit. Ohne diese geistigen Inhalte ist sie entfremdet, hilflos, entmenschlicht und eben unsagbar teuer. Dr. med. Christian Hess, ist ehem. Chefarzt des Spitals Affoltern a.A. und Annina Hess-Cabalzar, MA, psychol. Psychotherapeutin, Präsidentin «akademie menschenmedizin». Die beiden haben während zwanzig Jahren am Bezirksspital Affoltern a.A. ihr Konzept einer «Menschenmedizin» umgesetzt, konnten ihre Ziel letztlich nicht erreichen – nicht aus ökonomischen, sondern aus administrativen Gründen. Die von ihnen gegründete «akademie menschenmedizin» will einer menschengerechten Medizin in der Schulmedizin zum Durchbruch zu verhelfen. Buchtipp: Christian Hess u. Annina Hess-Cabalzar: Menschenmedizin – für eine kluge Heilkunst. Suhrkamp, 2. Auf. 2012. 262 S. Fr. 28.90/€ 20.–. Veranstaltungstipp: «Markt – Mensch – Medizin. Symposium der «Akademie Menschenmedizin». 20. September 2013, 09.00 bis 17.00 Uhr, Kunsthaus Zürich. Fr. 175.–. Infos und Anmeldung: www.menschenmedizin.ch Weitere Infos siehe S. 20

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Die Herstellung von Krankheit

«Alzheimer» ist das Produkt eines Forschungsschwindels. Ein nützliches Etikett, das seit den 1970er Jahren gezielt geschaffen wurde, um wirkungsvoll Fördermittel zu mobilisieren, Karrieren zu beschleunigen, Gesunde zu Kranken zu erklären und riesige Märkte für Medikamente zu schaffen. Wasserdicht recherchiert hat diesen gesundheitspolitischen Kriminalfall die Hamburger Biologin und Journalistin Cornelia Stolze

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Die Menschheit lässt sich keinen Irrtum nehmen, der ihr nützt. Hebbel

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o ungeheuerlich es klingt: In Wirklichkeit weiss niemand, was Alzheimer ist. Zwar wird die Diagnose jedes Jahr tausendfach gestellt. Ob Walter Jens, Gunter Sachs oder Rudi Assauer – fast täglich berichten Medien von der neuen «Volkskrankheit», an der angeblich Millionen von Menschen leiden. Jeder hat schon von Alzheimer gehört. Fast jeder fürchtet sich inzwischen davor, selbst einmal daran zu erkranken. Und der Markt für Früherkennungstests und Medikamente boomt. Nach Angaben des Datendienstleisters IMS Health setzten die Hersteller der vier auf dem Markt befindlichen Präparate weltweit allein 2010 insgesamt 6,3 Milliarden Euro um. Doch Alzheimer ist keine Krankheit wie Tuberkulose oder Krebs. Das Leiden ist weder klar definiert noch direkt nachweisbar. Nicht einmal Spitzenexperten können sie diagnostizieren. Und zwar selbst dann nicht, wenn ein Patient bereits schwer demenzkrank ist. Die Diagnose erfolgt nach dem Ausschluss-Prinzip: Wenn der Arzt keine Erklärung findet, warum der Betroffene verwirrt, vergesslich oder desorientiert ist – dann muss es wohl Alzheimer sein. Dabei ist Demenz nicht gleich Demenz. Hinter den klassischen «Alzheimer»-Symptomen können zahlreiche Ursachen stecken: irreparable Hirnschäden durch Schlaganfälle, jahrelange Alkoholexzesse, unerkannte Stoffwechselstörungen oder aber unberechenbare Nebenwirkungen jener Medikamenten-Cocktails, die viele ältere Menschen täglich schlucken. Viele der Ursachen lassen sich behandeln, verhindern oder beheben. Voraus-

gesetzt, sie werden nicht als Alzheimer verkannt – und durch weitere Arzneimittel verstärkt. Von all dem ahnte ich freilich nichts, als ich Harald Hampel, den weltweit renommierten Alzheimer-Forscher und späterer Direktor der psychiatrischen Klinik der Universität Frankfurt im Februar 2007 zum Interview traf – und meine Reise durch die rätselhafte Welt der Alzheimerforschung begann. Die Zeitschrift P.M. Magazin hatte mich mit einem Bericht über ein Thema beauftragt, das auf den ersten Blick nichts mit Demenz zu tun hat: den weltweiten Handel mit menschlichen Gewebeproben, bei dem es inzwischen um Hunderttausende von Euro geht.

Hinter den klassischen «Alzheimer»Symptomen können zahlreiche Ursachen stecken. Viele lassen sich behandeln, verhindern oder beheben. Vorausgesetzt, sie werden nicht als Alzheimer verkannt – und durch weitere Arzneimittel verstärkt. Ob Nervenwasser, Tumorbiopsie, Blutprobe oder Hautstanze vom Leberfleck – Körpermaterialen sind zu einem wertvollen Rohstoff für die Forschung geworden. In den Proben steckt eine Vielzahl von Molekülen, die Forschern Aufschlüsse darüber geben können, wie eine


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Krankheit verläuft, wie sie sich früher erkennen und womöglich auch gezielter behandeln lässt – Ansatzpunkte, nach denen Pharmafirmen dringend suchen und die ihnen später vielleicht Milliardeneinnahmen bescheren. In manchen Fällen zahlen Arzneimittelhersteller mehrere Hundert Euro für wenige Milliliter Blut. Bei besonders raren Proben, wie etwa Gewebe aus dem Gehirn oder Flüssigkeit aus dem Rückenmarkskanal, können es sogar mehrere tausend Euro sein. Vor allem dann, wenn sie – wie etwa an Uniklinken – mit einer Vielzahl von klinischen Daten der jeweiligen Patienten verknüpft sind.

Die Fälschung unterscheidet sich vom Original dadurch, dass sie echter aussieht. Ernst Bloch

Einige Mediziner, so zeigte sich, haben darin eine Goldader für sich entdeckt. Das offenbarte ein Wissenschaftsskandal, der 2006 in den USA für Furore sorgte. Jahrelang, so zeigte sich, hatte der Alzheimer-Forscher Trey Sunderland von den Nationalen Gesundheitsinstituten der USA (NIH) heimlich mehr als 3000 Nervenwasserproben und fast 400 Blutproben von Patienten und gesunden Probanden samt den dazu gehörenden Daten an den Pharmakonzern Pfizer weitergereicht. Ohne Wissen der Betroffenen und ohne die Zustimmung seines Arbeitgebers. Insgesamt kassierte Sunderland von der Firma Pfizer, die eines des absatzstärksten Alzheimer-Medikamente vertreibt, zwischen 1998 und 2004 mehr als 600'000 USDollar. Knapp die Hälfte davon erhielt er in direktem Zusammenhang mit der Lieferung der Gewebeproben. Derlei Verquickung der eigenen Forschung mit kommerziellen Interessen ist an den NIH nicht erlaubt. Nach mehr als zweijährigen Ermittlungen wurde der ehemalige Star der Alzheimer-Szene im Dezember 2006 zur Zahlung von 300'000 US-Dollar, zwei Jahre Haft auf Bewährung und 400 Stunden gemeinnütziger Arbeit verurteilt. Wie ich herausfand, war Sunderland damit jedoch nicht allein. Über Jahre hinweg hatte er eng mit einem Kollegen kooperiert – dem deutschen Psychiater Harald Hampel. Eine lange Liste gemeinsamer Veröffentlichungen seit 1997 belegte das. Wie Sunderland war auch Hampel auf der Suche nach Vorboten der Alzheimer-Krankheit. Und wie der USForscher fahndete auch er im Blut und Nervenwasser (Liquor) von Demenzpatienten nach körpereigenen Substanzen, die das Leiden womöglich schon Jahre oder gar Jahrzehnte vor Ausbruch der ersten Symptome anzeigen können. Würde es gelingen, solche «Biomarker» für die Alzheimer-Krankheit zu entdecken, so die Vision einiger Forscher, könnte man die Betroffenen bereits in jungen Jahren vorbeugend mit Medikamenten behandeln und so einen Ausbruch des Leidens verhindern. Bei ihm allerdings, beteuerte Hampel auf meine Nachfrage im Februar 2007, gebe es solche Verbindungen der Arbeit als Arzt mit finanziellen Interessen nicht. Bei sei-

nen eigenen Kooperationen mit Pharmafirmen, darunter auch Pfizer, gehe es lediglich um «wissenschaftlichen Austausch». Fest stehe: «Unsere Proben werden grundsätzlich nicht kommerziell genutzt.» Eine finanzielle Gegenleistung für die Lieferung von Proben, wie bei der Kooperation zwischen Trey Sunderland und Pfizer, erhalte er nicht. «Ich bekomme keine Beraterhonorare», versicherte Hampel. Und: «Ich schliesse keine Verträge mit Firmen ab.» Stutzig machte mich jedoch noch etwas anderes: Selbst wenn es gelingen sollte, eine sich anbahnende AlzheimerErkrankung mit einem Test bereits Jahre vor Ausbruch der ersten Symptome zu erkennen – was würde das den Betroffenen nützen? Fest steht nämlich: Bis heute steht kein Medikament zur Verfügung, mit dem sich das rätselhafte Leiden verzögern oder gar heilen liesse. Demnach gäbe es folglich auch nicht den Hauch einer Hoffnung auf medizinische Rettung davor, sich binnen weniger Jahre in ein geistig verfallendes Bündel Mensch zu verwandeln. Der Psychiater hatte damals scheinbar schon mehrere solcher Biomarker gefunden. «Bei Patienten mit einer leichten kognitiven Störung», behauptete er im Gespräch, «können wir heute eindeutig mit drei Liquormarkern vorhersagen, wer Alzheimer bekommt und wer nicht». Wie, so fragte ich mich, hatte Hampel das geschafft? Nach allem, was ich wusste, liess sich Alzheimer zu Leb-

Die Diagnose erfolgt nach dem Ausschluss-Prinzip: Wenn der Arzt nichts findet, was in seinen Augen erklärt, warum der Betroffene verwirrt, vergesslich oder desorientiert ist – dann muss es wohl Alzheimer sein. zeiten nicht zuverlässig diagnostizieren, geschweige denn sicher von anderen Formen der Demenz unterscheiden. Für das Vorliegen der Krankheit gab es nach damaligem Lehrbuchwissen nur einen zuverlässigen Nachweis: eine mikroskopische Untersuchung des Gehirns nach dem Tod des Patienten. Bei einer solchen Autopsie prüfen Pathologen, ob das Gehirn typische Proteinablagerungen aufweist. Das sind zum einen Amyloid-Plaques und zum anderen so genannte Tau-Bündel. Beide Eiweisspartikel gelten nicht nur als typische Merkmale jener Krankheit, die Alois Alzheimer 1906 als Erster beschrieb. Immer wieder heisst es auch, dass Plaques oder Tau-Bündel die Hauptauslöser des Leidens sind. Wie sich zeigte, hatte Hampel die Aussagekraft seiner Biomarker nie durch spätere Obduktionen überprüft. Ich staunte:

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Ich kann alle Lügner zur Umkehr bringen, nur die Lügner nicht. Rabbi Bunam

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Wie will man einen brauchbaren Test entwickeln, wenn man dessen Vorhersagen nie anhand des einzig verlässlichen Referenzpunkts überprüft? Konnte es sein, dass ein renommierter Medizinprofessor einer angesehenen deutschen Universität die Grundregeln naturwissenschaftlicher Forschung – das saubere Validieren der eigenen Ergebnisse – ignoriert und damit auch noch international Karriere macht? Oder hatte ich etwas nicht verstanden? Diese Frage liess mich von da an nicht mehr los. Ich sprach mit Experten in Deutschland und den USA, recherchierte in wissenschaftlichen Artikeln und Datenbanken des Europäischen Patentamts und ich durchforstete Fachbücher und Websites von Forschungsinstitutionen. Je länger ich suchte, desto grössere Abgründe taten sich auf. Am Ende förderte die Recherche schier Unglaubliches zutage: ■ Das Phänomen, das der Nervenarzt Alois Alzheimer 1906 beschrieb und das später als «Morbus Alzheimer» in die Lehrbücher einging, hat mit dem heutigen Bild der Krankheit so gut wie nichts zu tun. Zwar zeigte Alzheimers Patientin Auguste Deter, deren Fall später in die Medizingeschichte eingehen sollte, etliche Anzeichen einer Demenz. Innerhalb weniger Monate war die zuvor normale Frau immer vergesslicher geworden, wurde ruhelos, entwickelte Wahnvorstellungen und begann, in allen Ecken und Winkeln der Wohnung Dinge zu verstecken. Ähnliche Symptome hatte Alois Alzheimer bei etlichen Patienten im Alter von 70, 80 oder 90 Jahren gesehen. «Altersschwachsinn» ist auch zu seinen Zeiten ein bekanntes Phänomen. Doch dieser Fall war völlig anders: Deter war gerade einmal 51 Jahre alt. ■ Inzwischen weiss man, dass selbst eine mikroskopische Untersuchung des Gehirns nach dem Tod massive Ungereimtheiten liefert. Denn einerseits findet man bei einigen Kranken mit schwersten Symptomen ziemlich gesund aussehende Gehirne. Andererseits weiss man seit langem, dass rund ein Drittel aller normal alternden Menschen, die bis zu ihrem Tod völlig klar im Kopf waren und nach ihrem Tod obduziert wurden, so viele Plaques im Gehirn hatten, dass der Befund eindeutig «Alzheimer» gelautet hätte. Genau genommen bringt diese Erkenntnis das gesamte Theoriegebäude der Alzheimer-Forscher ins Wanken. ■ Jegliches Versprechen von «Früherkennung» ist damit Augenwischerei. Denn: Wie will man eine Krankheit im Voraus erkennen, wenn man sie nicht einmal sicher diagnostizieren kann, nachdem sie bereits ausgebrochen ist? ■ Tatsächlich kursieren über die Merkmale und Ursachen der Krankheit bis heute die unterschiedlichsten Theorien. Für die einen sind es giftige Proteinklumpen, die das Leiden hervorrufen sollen. Für die anderen Diabetes, Entzündungen oder Metalle wie Eisen oder Zink. Die jüngste These angesehener Forscher lautet: Alzheimer ist infektiös!

■ Derlei Rätselraten hält führende Vertreter der Zunft jedoch nicht von grossspurigen Versprechen ab. Vor zehn Jahren etwa pries der Chemiker Konrad Beyreuther, ehemals Professor an der Universität Heidelberg und gerne als deutscher «Alzheimer-Papst» tituliert, einen von ihm entwickelten Labortest an, der angeblich ein «zu Lebzeiten nahezu hundertprozentig sicheres Ergebnis» liefere. Zudem behauptete er, dass sich der Ausbruch von Alzheimer mit bestimmten Medikamenten verzögern liesse. Heute gibt er auf Nachfrage kleinlaut zu: Beides würde ich heute nicht mehr so sagen. ■ Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) sah sich 2009 gezwungen, allzu euphorische Versprechen in einer Pressemitteilung zu dämpfen: «Wir müssen klarstellen, dass eine Alzheimer-Frühdiagnose nicht zuverlässig möglich ist». Man sei noch nicht so weit, einen solchen Test routinemässig bei älteren Menschen mit beginnenden Gedächtnisstörungen einzusetzen. Allzu oft würde dadurch ein falscher Alarm ausgelöst. Dies sei nicht zu rechtfertigen, solange es noch keine Arzneien gebe, die den Krankheitsverlauf längerfristig beeinflussen können. ■ Regelmässig prangern namhafte Psychiater wie zum Beispiel die Vertreter des in Deutschland ansässigen Vereins Hirnliga e.V. eine «dramatische Unterversorgung» von Demenz-Kranken in Deutschland an – und fordern einen möglichst frühen und breiten Einsatz von Medikamenten. Mit diesen könne der Umzug ins Pflegeheim um «einige Jahre» aufgeschoben werden. Wissenschaftliche Belege dafür gibt es bis heute nicht. ■ Fest steht nur, dass der Nutzen der Mittel höchst umstritten ist. Denn alle vier auf dem Markt befindlichen Alzheimer-Medikamente haben erhebliche Nebenwirkungen. Fatal daran: Einige davon ähneln genau jenen Symptomen, die als charakteristische Merkmale einer Alzheimer-Demenz gelten. Darunter

Alle vier auf dem Markt befindlichen Alzheimer-Medikamente haben erhebliche Nebenwirkungen. Fatal daran: Einige davon ähneln genau jenen Symptomen, die als Merkmale einer AlzheimerDemenz gelten.

Unruhe und Übererregung, Angstzustände, Schlafrhythmusstörungen, Apathie, Reizbarkeit, agitiertes Verhalten, Wahnvorstellungen, Halluzinationen und Psychosen. Sie alle können als Anzeichen für eine fortschreitende Demenz missdeutet werden – obwohl sie in Wirklichkeit durch die Medikamente ausgelöst


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werden. Unabhängige Experten wie die Herausgeber des arznei-telegramms und die US-Verbraucherschutzorganisation Public Citizen raten seit Jahren von einer Anwendung der Mittel ab. ■ Bei näherem Hinsehen zeigt sich zudem: Die an der Hirnliga beteiligten Mediziner, darunter Psychiatrieprofessoren angesehener Institutionen wie Isabella Heuser von der Berliner Charité, Hans Förstl vom Uniklinikum Rechts der Isar in München, Johannes Kornhuber von der Universität Erlangen, Lutz Frölich vom Mannheimer Zentralinstitut für Seelische Gesundheit, sind nicht nur eng mit der Arzneiindustrie verstrickt. Manch einer von ihnen bewegt sich mit seiner fragwürdigen Werbung auch am Rande der Legalität. ■ Die engen Verbindungen zu ihren Sponsoren kehren die Professoren und Doktoren gerne unter den Teppich – auch wenn die Wahrheit dabei mitunter auf der Strecke bleibt. Ein Beispiel dafür ist die im Herbst 2009 veröffentlichte «S3-Leitlinie Demenzen». Das Schriftwerk ist eine von führenden Experten verfasste Handlungsanleitung für alle Ärzte in Deutschland, die Demenzkranke betreuen. Jeder der 68 beteiligten Autoren sollte mögliche Interessenkonflikte selbst angeben. Zum Beispiel deshalb, weil er oder sie als Berater für Industrieunternehmen tätig war, Patente für Arzneimittel oder Medizinprodukte hat oder aber als bezahlter Autor von Artikeln im Auftrag pharmazeutischer Unternehmen tätig war. Das Verblüffende: Glaubt man der entsprechenden Tabelle hat keiner der beteiligten Experten auch nur einen einzigen Interessenkonflikt. ■ Eine kurze Recherche jedoch bestätigt schon bei rund der Hälfte der Beteiligten diverse Interessenkonflikte. Fast immer tauchen als Geldgeber die führenden Hersteller der gängigen Demenzmedikamente auf. Ob Pfizer, Eisai, Janssen-Cilag, Lundbeck, Schwabe oder Merz – viele der Mediziner stehen sogar bei mehreren Pillenproduzenten auf der Honorarliste. ■ Einer von ihnen, der Psychiater Harald Hampel, hält zudem mehrere Patente – für Verfahren zur Früherkennung der Alzheimer-Krankheit und anderer Demenzen. Entgegen seinen Beteuerungen im Interview stand er zudem mehrere Jahre in den Diensten einer BiotechFirma namens Applied NeuroSolutions (APNS) in Illinois. Das Unternehmen entwickelt diagnostische Tests und Medikamente gegen die Alzheimer-Krankheit. Dazu hat APNS zahlreiche Studien an mehr als 2500 Liquorproben vorgenommen. Und siehe da: Wie die Geschäftsführerin Ellen Hoffing auf Nachfrage mitteilt, stammten die meisten dieser Proben aus dem Labor von Harald Hampel, der als bezahlter Berater für APS tätig war. In einer anderen Publikation gibt der Psychiater sogar selbst an, dass er Fördermittel von den Arzneimittelherstellern Eisai und Pfizer erhalten hat. Beide Unternehmen vertreiben gemeinsam das AlzheimerMedikament Aricept.

Doch das Problembewusstsein wächst – auch innerhalb der Ärzteschaft. Einige Monate nach Erscheinen des Buchs gründeten mehrere Neurologen die Initiative «Neurology-First». Mehrere Hundert Mitglieder der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) rufen ihre Fachgesellschaft zu grundlegenden Reformen auf. Um die «professionelle Autonomie» der Ärzte zu stärken, müsse das wissenschaftliche Fortbildungsprogramm der DGN von der pharmazeutischen Industrie entkoppelt werden. Zudem brauche man innerhalb der DGN eine «Gewaltenteilung zwischen Ärzten, die mit der Industrie kooperieren und solchen, die die Leitlinien verantwor-

Jegliches Versprechen von «AlzheimerFrüherkennung» ist Augenwischerei. Denn: Wie will man eine Krankheit im Voraus erkennen, wenn man sie nicht einmal sicher diagnostizieren kann, nachdem sie bereits ausgebrochen ist? ten». Sprich: Wer Interessenkonflikte habe, könne nicht Autor einer DGN-Leitlinie sein. Es gehe schliesslich darum, «unsere Patienten vor Fehlbehandlung zu schützen und den Verdacht finanziell motivierter Empfehlungen gar nicht erst aufkommen zu lassen». Interessant ist auch: Bis heute hat keiner der in «Vergiss Alzheimer!» genannten Forscher, Mediziner oder Arzneimittelhersteller die Irreführung, die falschen Versprechen oder die Tricks der Geschäftemacher in Sachen Alzheimer bestritten. Schweigen, so scheint es, ist ihre beste Strategie. Rechtliche Schritte gegen die Inhalte des Buchs blieben aus. Im Gegenteil: Harald Hampel wurde am 22. März 2012 fristlos entlassen, offiziell wegen Meinungsverschiedenheiten. Doch der einstige Star – seither wie vom Erdboden verschluckt – ist nur die Spitze eines Eisbergs. Darunter wirkt noch immer ein weltweites Netzwerk von Medizinern, Wissenschaftler und Arzneimittelfirmen, das mit der Angst vor dem Vergessen Geschäfte macht. Das darf man nicht vergessen.

Cornelia Stolze hat Biologie studiert und ist in Hamburg als Wissenschaftsjournalistin tätig. Mit «Vergiss Alzheimer» landete sie nicht nur einen Bestseller, sondern löste im Gesundheitswesen ein mittleres Erdbeben aus. Ihre peinlichen Enthüllungen blieben unwidersprochen, aber die gesundheitspolitischen Konsequenzen brauchen Zeit und sind noch keineswegs gesichert. Auf den Websites www.corneliastolze.de und www.vergiss-alzheimer.de berichtet sie aktuell über die weiteren Entwicklungen. Cornelia Stolze: Vergiss Alzheimer! Die Wahrheit über eine Krankheit, die keine ist. Kiepenheuer&Witsch, 2011. 256 S. Fr. 26.80/€19.–.

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Der Mittelweg zur Menschenmedizin Anstatt gegeneinander zu kämpfen, sollten Schul- und Alternativmedizin voneinander lernen und zusammenarbeiten. Auf diesem goldenen Mittelweg haben Christian Hess, ehem. Chefarzt am Spital Affoltern, und Annina Hess-Cabalzar, ehem. Leitung Psychotherapie, in über 20 Jahren ein Modell realisiert, das über die Landesgrenzen bekannt wurde.

Walter Keller und Christoph Pfluger im Gespräch mit den beiden Pionieren

Walter Keller (WK): Zum Einstieg: Wie seid Ihr auf den Begriff Menschenmedizin gekommen? Christian Hess (CH): Er ist auf der Suche nach einem passenden Titel entstanden, nachdem wir unser Buch fertig geschrieben hatten. Mit dem Begriff «Menschenmedizin» wollen wir unterstreichen, dass wir vom Methodenstreit «Schulmedizin vs. Alternativmedizin» wegkommen und zunächst klären müssen, an welchem Menschenbild wir uns orientieren. Wer im Gesundheitswesen tätig ist, sollte sein Menschenbild offenlegen. WK Wie sehen diese Menschenbilder aus? CH Grob vereinfacht geht die Schulmedizin von einem naturwissenschaftlichen, reduktionistischen Menschenbild aus. Für sie ist der Mensch eine chemisch-biologische Maschine. Bei körperlichen Störungen ist sie entsprechend erfolgreich. Die Alternativmedizin versteht den Menschen als körperlich-geistig-seelische Einheit , allerdings oft mit vagen Vorstellungen der körperlichen Prozesse. WK Wenn die Schulmedizin ein so erfolgreiches Modell ist, wo liegt dann das Problem? Annina Hess-Cabalzar (AHC): Es ist eben ein reduktionistisches Weltbild, das alles Menschliche ausklammert. An ihren Erfolgen ist nichts falsch. Aber sie könnte wesentlich erfolgreicher sein. In der Medizin behandelt man schliess-

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lich nicht Diagnosen, sondern Menschen in einem psychosozialen System mit vielen Faktoren ausserhalb der naturwissenschaftlichen Wahrnehmung. WK Das ist ja eine Art Glaubenskrieg. Wie ist es zu diesem Konflikt gekommen? CH Die Frage zielt auf das, was wir verhindern wollen: einen Methodenstreit. Wir werden das Geheimnis des Lebens nicht durchschauen, also sollten wir nicht gegeneinander streiten, sondern voneinander lernen. WK Dabei seid ihr ganz schön zwischen Stuhl und Bank geraten… CH Nein, wir sind auf Stuhl und Bank. Wir wollen das Beste aus beiden Welten. Eine Analogie aus der Naturwissenschaft: Dass die linerare Physik in vielen Bereichen funktioniert, bedeutet noch lange nicht, dass wir die nichtlineare Physik deswegen ablehnen müssen. Christoph Pfluger (CP): Leiden die beiden Lager unter einer beschränkten Wahrnehmung und können die Erfolge der Anderen nicht akzeptieren? CH Ja! Dabei könnte man sehr pragmatisch vorgehen: Ein kranker Mensch will in seiner Ganzheit wahrgenommen werden, und da spielen körperliche, geistige und seelische Aspekte eine Rolle. Der Doppelblick auf beide Welten offenbart einfach mehr als die einseitige Betrachtung.

WK Es ist nicht nur ein Methodenstreit, es geht auch um die Deutungshoheit und sehr viel Geld. CP Darauf werden wir sicher noch zurückkommen. Zunächst aber die Frage: wie lässt sich die Menschenmedizin in der Praxis umsetzen? AHC Es beginnt mit einer Klärung, auf welchem weltanschaulichen Boden wir stehen, nach welchem Menschenbild wir handeln. Und dann braucht es eine Kulturbildung auf allen personellen Ebenen, von den Ärztinnen über Pflegefachkräfte, von Therapeutinnen über Verwaltungs- bis zum Küchenpersonal . Es findet ein Kulturwandel statt in einem Spital, und das braucht Zeit. Die Integration einer neuen Abteilung, Psychiatrie, Palliativ-Station, Mutter-Kind-Abteilung etc. dauerte jeweils ein bis zwei Jahre. CH Es braucht auch die Bescheidenheit, dass es kein Wissensprimat gibt und sich das Entscheidende im Krankheitsverlauf auch ändern kann. In einer akuten Situation steht vielleicht eine Operation im Vordergrund. Aber eine wirkliche Reintegration ins Leben passiert erst im Lauf der Zeit und unter Einwirkung anderer Faktoren. Erst die geisteswissenschaftliche Arbeit macht die Operation zum dem, was sie sein kann. AHC Menschenmedizin ist ein zutiefst interdisziplinäres Konzept, in der sich jede Disziplin ihrer eigenen Grenzen bewusst sein muss.


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Neben den medizinischen Fachrichtungen im engeren Sinn spielen Pflege, Psychotherapie, Theologie und Philosophie, Sozialarbeit und paramedizinische Disziplinen wie Physiotherapie eine Rolle und müssen ineinandergreifen. CH Gerade die körperliche Berührung wird in der Schulmedizin unterschätzt. Dabei war Berührung während Jahrtausenden die erste medizinische Handlung. Und ausgerechnet sie verschwindet zunehmend aus dem schulmedizinischen Repertoire. Wir stecken die Patienten einfach in den Computertomographen oder schauen mit dem Ultraschallgerät in sie hinein. Unsere Erfahrung ist, dass die Patienten ganz anders von sich erzählen, wenn sie berührt werden. Der Wegfall der Berührung als Heilpotenzial ist ein grosser Verlust für die Medizin. Wo noch berührt wird, wird kaum gesprochen. Und wo gesprochen wird – in der Psychotherapie –, ist die körperliche Berührung mehrheitlich tabu. CP Ist eine hierarchiefreie oder zumindest -arme Zusammenarbeit in einem Spital überhaupt möglich? Ihr seid ja, wenn man dem so sagen darf, gescheitert. CH Das Konzept ist eindeutig nicht gescheitert, wir selber sind nur bedingt gescheitert. Aber es ist eine Machtfrage. – Jetzt haben wir ja mehr Zeit, die Menschenmedizin bekannt zu machen. AHC Die Gleichwertigkeit der Disziplinen

muss gewollt und sie muss institutionalisiert werden. Wenn wir die Machtfrage aus dem Behandlungssystem nehmen, kommen wir dem Menschen näher und verstehen seine Bilder und seine Geschichte viel besser. Übrigens: Je höher die Position im schulmedizinischen Sinn, desto mehr sprechen die Fachleute im geschützten Rahmen über ihre Ohnmacht. CP Welche Rolle spielen die Verwaltung und das politische Umfeld? CH Der Spitaldirektor muss das Konzept verstehen und mittragen. Es braucht auch ein integriertes Angebotsmodell, spitalintern und extern. Wir haben heute im Gesundheitswesen keine Versorgungsoptik – was braucht der Patient, um wieder gesund und lebensfähig zu werden? –, sondern eine Finanzierungsoptik: Welche Leistungen lassen sich erfassen, bewerten und finanzieren? Dabei müssen alle Bereiche rentieren. Zudem stehen sie zunehmend im Wettbewerb untereinander, was die Kooperation erschwert. Es gibt Patienten, die müssten gar nicht ins Spital; Spitex und Psychotherapie würden reichen. Ein anderes Beispiel: Man könnte während einer Narkose zwei kleine Eingriffe gleichzeitig machen, was aber aufgrund des heutigen Finanzierungssystems nicht mehr möglich ist. CP Wäre die Menschenmedizin in der hausärztlichen Praxis nicht besser aufgehoben?

CH Das Hausarztmodell ist relativ nahe an der Menschenmedizin. Nur: Ein ärztliches Gespräch ist kein psychotherapeutischer Prozess . Die Zeiten sind vorbei, als ein Hausarzt zu Hause bei den Patienten Diagnosen stellte. Man bestellt sie in die Praxis, überweist schneller an Spezialisten und ist damit auf der sicheren Seite. Ein interdisziplinäres Konzept braucht eben mehrere Spezialitäten; das wäre am ehesten in einer Gruppenpraxis gegeben. Grundsätzlich gibt es für die Menschenmedizin keine Präferenz für den stationären und den ambulanten Bereich. Wir haben es einfach in einem Spital angewendet und gezeigt, dass es funktioniert. WK Das Hausarztmodell scheint mir etwas romantisch. Gerade hier gibt es ja eine ausgeprägte Hierarchie; zudem begibt man sich in Abhängigkeit von einem einzelnen Menschen. Gibt es Patienten, die eher für die Menschenmedizin geeignet sind? AHC Es braucht eine Bereitschaft, hinzuschauen. Viele Patienten hoffen auf den Arzt mit der alles erklärenden Diagnose und dem entscheidenden Eingriff. Dabei hat Kranksein immer eine existenzielle Dimension mit seelisch-geistigen Komponenten, die ohne psychiatrische Diagnose angegangen werden soll... Da ist der Zugang auf den somatischen Abteilungen bedeutend leichter als in der Psychiatrie, die immer noch tabuisiert ist.

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Etwa ein Fünftel der Spitalpatienten hat das psychotherapeutische Angebot angenommen, ohne grosse Unterschiede bei Geschlecht, Alter und Bildungsstand. Das ist viel. CH Die Existenz dieses Angebots allein sorgt im Spital für ein viel offeneres Klima. Das spüren die Patienten und die Mitarbeitenden aller Disziplinen. Ein Chirurg in unserem Spital sagte, er könne in dieser Atmosphäre im Gespräch mit den Patienten viel mehr zulassen und müsse sich nicht nur auf seinen Eingriff beschränken. Der Tenor nach einer Präsentation unseres Konzepts an einem Treffen von Chirurgen war: Das hat uns immer gefehlt. Die Operation ist ja nur die halbe Miete. CP Warum ist die Menschenmedizin nicht ein Erfolg, der sich im Gesundheitswesen ausbreitet? Warum wird das nicht seriös untersucht und diskutiert? AHC Das kommt erst noch. Wenn man 14 Stunden am Tag in der Klinik arbeitet, hat man weder Zeit noch Energie für die notwendige politische Arbeit. So ein Konzept muss politisch gewollt sein und es braucht Zeit, sich zu entwickeln. CH Der medizinisch-industrielle Machtkomplex hat seine ganz spezifischen organisatorischen und finanziellen Anreize, die auf seinen eigenen Nutzen ausgerichtet sind. Jetzt geht es darum, in möglichst kurzer Zeit möglichst viel Geld zu verdienen. Die Menschenmedizin ist in diesem System wie ein Fremdkörper; sie bräuchte ganz andere Anreize, sinnvollere und nachhaltigere. Wer oft krank wird, ist rentabler für das System als jemand, der seine Krankheit versteht und entsprechend weniger krank wird. Wir haben zwar einen hohen Gesundheitsstand, aber noch nie waren so viele Menschen in Behandlung und noch nie haben wir für die Gesundheit einen so hohen Prozentsatz unse-

res Einkommens ausgegeben. Und vor allem wissen wir nicht, was die Selbstheilung auslöst. Der Mensch kann gar nicht gesund werden, ohne Selbstheilung. Das Behandlungsteam schafft einfach die Rahmenbedingungen für diesen Prozess. Etwas vom Wirkungsvollsten in der Medizin ist der Placeboeffekt. Auch darüber wissen wir fast nichts. Wenn das Ziel ist, möglichst vielen Menschen möglichst gute Bedingungen zu schaffen, gesund zu werden und gesund zu bleiben, dann würde man nicht ein ökonomisiertes Gesundheitswesen aufbauen. CP Es braucht freies Forschungsgeld, das nicht von den Interessen der Pharmaindustrie bestimmt wird! AHC Ja. Man müsste Modelle wie die Menschenmedizin einmal gewissermassen unter Laborbedingungen untersuchen. Es ist zwar sehr unspektakulär, aber lebensnah. Wenn bei einem Patienten die Arbeit das Problem war, kam der Arbeitgeber zur nächsten Sitzung. Wir haben auch nicht stundenlang über Beziehungsprobleme gesprochen, sondern den Partner oder die Partnerin ins Spital geholt. Die Befragungen haben ergeben, dass dies auch ökonomisch sinnvoll ist. CH Wir waren nahe daran, eine nationale Pilotregion zu etablieren, in der man viele Fragen rund um die Menschenmedizin hätte untersuchen können, auch die wirtschaftlichen Konsequenzen. Leider ist der Nationalrat, der dies einbringen wollte, verunglückt. Und andere Gesundheitspolitiker hatten kein Interesse. WK Ist es zu früh für die Menschenmedizin? CH Wir stecken in einer Phase, in der man alles nach der Ökonomie ausrichtet, auch die Gesundheit. Die Nachteile dieses Denkens werden immer sichtbarer.

WK Das System wird also in absehbarer Zeit kippen. CH Das ist so. In Amerika, auch in diesem Bereich in einer Vorreiterrolle, sieht man dies schon sehr deutlich. Da sind die Kosten des Gesundheitswesens mittlerweile bei 18 Prozent des Bruttosozialprodukts angelangt. Gleichzeitig hat das Land eine der schlechtesten Grundversorgungen der westlichen Länder. Das alte System ist am Sterben. In dieser Agonie werden die alten Prinzipien absurd verstärkt. Was man jetzt zum Beispiel mit den Fallkostenpauschalen macht, ist eigentlich ein grosses Experiment mit der gesamten Bevölkerung, trotz negativer Erfahrungen in anderen Ländern. WK Was ist jetzt der notwendige nächste Schritt, wenn man davon ausgeht, dass sich das bestehende System noch zehn bis zwanzig Jahre halten wird? CH Ein erster Schritt wäre der Wechsel von der betriebswirtschaftlichen zur volkswirtschaftlichen Optik. Was wir jetzt haben, führt zur Mengenausweitung und zur Gewinnmaximierung. Dann muss sich die Bevölkerung einig werden, wieviel der Kosten sie über die öffentliche Hand und wieviel sie privat über die Krankenversicherung finanzieren will. Die Prämien sind ja nicht zuletzt deshalb so stark gestiegen, weil die öffentliche Hand gespart hat. AHC Die Patienten sollten sich auch darüber Gedanken machen, wie sie eigentlich behandelt werden wollen. Es braucht eine Rückbesinnung auf unsere Selbstverantwortung und wie wir als Menschen im Gesundheitswesen wahrgenommen werden möchten. Wir müssen den Tod wieder als Teil des Lebens verstehen und darüber nachdenken, was Heilung eigentlich ist.

«Markt – Mensch – Medizin» Wie soll das Gesundheitswesen der Zukunft aussehen? Mit dieser Frage geht die «akademie menschenmedizin» – www. menschenmedizin.ch – am 20. September 2013 an die Öffentlichkeit. Die Tagung richtet sich an Fachleute aus dem Gesundheitswesen aller Disziplinen und Stufen, an interessierte Laien, an Politiker und Medien Kann der Gesundheitsmarkt die Erwartungen erfüllen? Was ist sein Preis? Von welchen Werten soll ein Gesundheitswesen geprägt sein? Welche Versorgung sorgt sich tatsächlich um die Patienten, die leidenden Menschen. Diese

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und andere Fragen werden am Symposium «Markt – Mensch – Medizin» diskutiert. Referentinnen und Referenten, u.a.: Mathias Binswanger: Der Denkansatz des Wettbewerbs und sinnlose Aspekte im Gesundheitswesen Stephan Meierhans: Sinnvoller Wettbewerb und Pauschalisierung im Gesundheitswesen Christian Hess und Annina Hess-Cabalzar: Menschenmedizin – ein gelebtes Modell L. Stocker, MK. Arnold, R. Valek: Medizin der Zukunft : Die Stimme des Nachwuchs

Ludwig Hasler: Der Mensch ist kein Pauschalfall: Warum eine menschengerechte Medizin auch ökonomischer wäre Stephan Bachmann: Herausforderungen für das Management «Markt – Mensch – Medizin», Symposium der «Akademie Menschenmedizin». 20. September 2013, 09.00 bis 17.00 Uhr, Kunsthaus Zürich. Fr. 175.– / 75.- Studenten, Rentner und andere Personen bei Bedarf Infos und Anmeldung: www.menschenmedizin.ch


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Wir können nicht heilen, aber lindern von Monica C. Fliedner

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eit 1986 arbeite ich mit Patienten, die eine Tumorerkrankung haben. In der Onkologie versucht man wieder und wieder, den Tumor in den Griff zu bekommen. Aber Machsal und Schicksal treffen irgendwann aufeinander – und plötzlich ist das Ende der Fahnenstange erreicht. Im Grunde genommen weiss jeder Mensch, dass er irgendwann sterben wird. Und doch ist es für viele Sterbende hart, damit umzugehen. Die Menschen haben eher Angst vor dem Sterben als vor dem Tod. Der Sterbeprozess kann mit Symptomen belastet sein: Schmerzen, Atemnot, Kontrollverlust, Angst. Wir von der Palliative Care bieten interprofessionelle Unterstützung. Zum Team gehören neben Ärzten und Pflegefachpersonen auch Psychoonkologen, Ernährungs-, Physio- und Musiktherapeuten, der Sozialdienst und die Seelsorge. Manche winken zwar ab und sagen, «einen Pfarrer brauche ich nicht». Unser Seelsorger kann aberdass er losgelöst von der Religion die Spiritualität der Menschen ansprechen, etwa mit einer Meditation. Dafür sind viele offen. Die meisten Menschen brauchen am Lebensende eine persönliche Art von Spiritualität. Sterben ist ein Lernprozess. In Australien gibt es ganze Programme «Learning for the end of life». Manche durchlaufen die fünf Phasen nach Kübler-Ross lehrbuchmässig, andere wehren sich bis zum Ende des Lebens. Das hat nichts mit dem Alter zu tun. Ich habe 18, 19-Jährige erlebt, die am Ende ihres Lebens sogar ihre Familie trösteten. Das ist ganz wunderbar. Andere kommen nie an den Punkt des Annehmens. Sie hadern bis zum Schluss: «Warum ich!?» Auf diese Frage können wir keine Antwort geben. Wir fordern den Patienten auf, andere Fragen zu stellen, Fragen worauf wir oder er sich selber vielleicht Antworten geben kann. Aber natürlich können wir einen Patienten nicht zwingen, in die nächste Phase zu kommen. Früher wurde beinahe bis zur letzten Minute voll therapiert. So haben die Menschen kaum eine Chance, Abschied zu nehmen oder Dinge auszusprechen, die noch auszusprechen sind. Diese Zeit aber braucht man. Deshalb kom-

men wir bei bestimmten Diagnosen möglichst frühzeitig dazu. Wir werden häufig gefragt, wie das sei mit dem Tod und mit dem Sterben. Wie geht das? Was kommt da auf mich zu? Werde ich Schmerzen haben? Solche Themen anzusprechen ist für die Pflege eine ganz wichtige Aufgabe. Wir fragen: «Wovor haben Sie Angst?», und helfen den Menschen, das, was sie beschäftigt, auch auszusprechen. Dabei geht es nicht nur um den sterbenden Menschen, sondern auch um sein Umfeld, um den Partner, die Familie, Freunde. Wir sehen viele Angehörige, die nächtelang am Patientenbett sitzen und am Schluss keine Energie mehr haben. Die brauchen ein professionelles Unterstützungssystem. Wir bauen momentan ein solches System auf mit Freiwilligen, zunächst hier auf der Station. Wir wollen das aber auch in die Gemeinde tragen. Denn ehrlich, welcher Mensch möchte im Spital sterben? Ganz tief drinnen möchte auch ich in meiner eigenen Umgebung sterben. Mit Unterstützung geht das. Die Spitex arbeite bereits mit Freiwilligen. Das geht Hand in Hand mit uns Professionellen. Wir weben das Netz jetzt immer enger. Wir Pflegenden können nicht heilen, aber wir können Leiden lindern. Das fängt an bei Schmerzen oder Atemnot und reicht bis zum Traurig sein oder Angst haben. Als Pflegende kann man das mittragen. Dies im Bewusstsein, dass die Pflege nicht durch den Patienten gewählt wurde. Wir sind in das Leben des Betroffenen einfach reingekommen. Zuerst müssen wir Vertrauen aufbauen. Zu manchen

Patienten hat man sofort einen guten Draht, bei anderen stimmt die Chemie weniger. Aber natürlich muss man auch denen professionelle Unterstützung bieten. Dabei ist Empathie gefragt, nicht Mitleid. Menschen, die viel Mitleid haben, würden draufgehen bei der Arbeit. Ich werde immer wieder gefragt: «Wird man da nicht hart?». Nein, man wird es nicht! Man lernt, damit umzugehen, und man lernt auch, loszulassen. Die Beziehung im Team ist ebenso wichtig wie die Beziehung zu den Patienten und ihren Familien. Wir müssen einander gut kennen, eine Sprache sprechen und uns gegenseitig unterstützen. Auch stabile Beziehungen im Privaten können sehr wichtig sein. Wenn man da keine Stabilität hat, ist es schwieriger, die Situation zu ertragen. Ich glaube, für mich hat der Tod den Schrecken verloren. Weil ich weiss, dass es diese Unterstützung gibt und man nicht irgendwo alleine sterben muss. Das wäre schlimm. Der Tod kommt, das ist klar. Je mehr ich mich damit auseinandersetze, desto weniger Angst habe ich vor dem Tod. Aufgezeichnet von Andreas Krebs Monica C.Fliedner ist Pflegeexpertin auf der Onkologie/ Palliative Care im Inselspital Bern. Studium in Cardiff (Wales): Master of Science in Nursing; Studium in Freiburg i.Br.: Master of Science in Palliative Care; Studium in Maastrich (NL): PhD. Seit 1986 innerhalb der Onkologie. Seit 2002 im Inselspital. Was ist Palliative Care? Der Begriff leitet sich vom Lateinischen «palliare» (ummanteln, einhüllen, verbergen und bergen) ab. In dem Bild «einen Mantel umlegen» liegt etwas wie Behutsamkeit, Wärme, Geborgenheit im Umgang mit dem schwerkranken und sterbenden Menschen.

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– gesunde Krankheit Krankheit kann Teil eines Selbstheilungsprozesses sein. Werden dabei nur Symptome unterdrückt, entfernen wir uns immer mehr von der Gesundheit – ohne es zu merken. Dies geschieht in der heutigen Gesellschaft zunehmend.Warum? Antworten von Martina Degonda

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uf den ersten Blick sind Krankheit und Gesundheit klar trennbare Begriffe. Aber ist es wirklich so einfach? Wer bestimmt letztlich, was krank und was gesund ist – die Weltgesundheitsorganisation (WHO), die Ärzte, die Gesellschaft oder wir selbst? Die WHO definiert, weltumfassend und für alle Menschen gültig, Gesundheit als «einen Zustand vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens, der sich nicht nur durch die Abwesenheit von Krankheit oder Behinderung auszeichnet». Diese schön klingende Auslegung, nach der realistischerweise nur wenige Prozent der Weltbevölkerung als gesund gelten dürften, produziert leider einige gravierende Nebenwirkungen. So wird damit suggeriert, dass jede unangenehme, schmerzvolle Gefühlsregung, durch die das vollständige Wohlbefinden beeinträchtigt wird, per se krankhaft und deswegen zu behandeln sei. Ihren derzeitigen Höhepunkt findet diese Entwicklung im vor kurzem in den USA erschienen DSM-5-Manual, der diagnostischen Bibel für viele Psychiater weltweit, in der definiert wird, was als psychisch krank gilt. Hier eskaliert ein Trend, der sich schon seit längerem abzeichnet. Unsere an sich normalen Gefühlszustände, die Auf und Abs des Lebens, werden zu Krankheiten: Seien dies Wutanfälle eines kleinen Kindes, Verträumtheit, länger als zwei Wochen dauernde Trauer nach einem Todesfall oder starke prämenstruelle Beschwerden – alles wird zur Krankheit!

Es ist gar nicht selbstverständlich, dass der Kranke gesund werden will. etwas im Kranken steht im heimlichen Komplott mit seiner Krankheit. Wilhelm Stähelin

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Krankheiten werden neuerdings nach der Verfügbarkeit von Medikamenten definiert. Die diesbezüglich krasseste Änderung findet sich bei der Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS): Seit kurzem kann diese Diagnose auch bei Teenagern gestellt werden, wenn Symptome wie Unruhe und schlechte Konzentrationsfähigkeit erstmals vor deren 12. Geburtstag aufgetreten sind. Die bisherige Altersgrenze von sieben Jahren wurde somit um fünf Jahre angehoben und fällt nun in die Pubertät. Wie schön für die Pharmaindustrie! Da-

bei ist die Zahl der diagnostizierten ADHS-Fälle schon heute sehr hoch. So ist sie in Deutschland zwischen 2006 bis 2011 um 41 Prozent gestiegen. 2002 wurden dort 17 Millionen Tagesdosen Methylphenidat (Ritalin) verschrieben; 2011 waren es bereits 56 Millionen, eine Verdreifachung in zehn Jahren. In der Schweiz sind zurzeit Bestrebungen im Gange, dass Psychopharmaka wie Ritalin nur noch durch psychiatrisch geschulte Fachkräfte abgegeben werden dürfen. International werden diese vorwiegend von Allgemeinpraktikern verschrieben, was sich auch auf die hohen Umsatzraten auswirkt. So beträgt in den USA der jährliche Umsatz der wichtigsten Psychopharmaka schon um die 40 Milliarden Dollar – offenbar noch zu wenig, wenn man die Ausweitung der Diagnosen in Betracht zieht. Dabei nimmt heute bereits jeder fünfte erwachsene US-Bürger mindestens ein Medikament wegen eines psychiatrischen Leidens. Das Absurdeste an der ganzen Psychopharmakologie ist jedoch, dass diesMedikamente – wie Psychiater selbst zugeben – gar nicht heilen. Die Krankheiten werden lediglich behandelt, d.h. die störenden Symptome unterdrückt. Werden wir tatsächlich immer kränker? Oder anders formuliert – wie krank dürfen wir sein? Schwere Krankheiten, seien diese psychischer oder physischer Art, führen in unserer Gesellschaft oft zu einem Wertverlust oder gar zu sozialem Abstieg. Dagegen gilt als gesund, wer seine Beschwerden durch den «Einwurf» von Pillen beseitigen oder unterdrücken kann. Hauptsache, ein weiteres Funktionieren ist gewährleistet. Unser heutiger Gesundheitsbegriff definiert sich vor allem über ökonomische Rentabilität. Sind wir noch rentabel und können dem Zeitdruck und Stress standhalten, gelten wir als gesund. Brechen wir unter dieser Last zusammen, gelten wir als krank. Dabei ist Stress heute zu einer ernst zu nehmenden Volkskrankheit geworden: Sogar die WHO hat ihn zu


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«einer der grössten Gesundheitsgefahren des 21. Jahrhunderts» erklärt und rechnet damit, dass im Jahr 2020 jede zweite Krankmeldung auf Stress zurückzuführen sei! Laut Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) leidet mittlerweile jeder dritte Erwerbstätige in der Schweiz unter Stress. Der häufigste Grund liegt dabei nicht in der Menge der Arbeit, sondern im Mangel an Kontrolle. Wer sich seine Arbeit und die Arbeitszeiten nicht selbst einteilen kann und die Abläufe nicht durchschaut – also keinen Sinn darin findet – empfindet schneller Stress. Laut Seco nehmen die arbeitsbedingten Gesundheitsprobleme ständig zu und die daraus entstehenden Kosten für die Volkswirtschaft belaufen sich zurzeit bereits auf rund 4 Milliarden Franken. Stress ist eine natürliche Anpassungsreaktion des Körpers auf Anforderungen. Er ist physiologisch nötig, um in Belastungssituationen aktivierende Hormone auszuschütten und unschädlich, wenn der gestresste OrganisDas Absurdeste an der ganzen mus anschliessend ausreichend Psychopharmakologie ist, dass diese Zeit findet, sich wieder zu erholen. Erst, wenn dies nicht Medikamente – wie Psychiater selbst mehr gewährleistet ist und die zugeben – gar nicht heilen. Es werden übermässige Anstrengung über lediglich die störenden Symptome Tage und Wochen anhält, wird unterdrückt. sie gesundheitsschädigend. Anhaltender Druck in allen Lebensbereichen, gepaart mit mangelndem Lebenssinn, erzeugt schädigenden Stress. Wir sollten möglichst alles simultan erledigen, schliesslich ist Zeit Geld! Neben dem essen noch mailen oder telefonieren, das Kind versorgen, aber den gesundheitsfördernden Sport nicht vergessen, dauernd erreichbar sein, aber trotzdem vor Vitalität strotzen und ausgeruht auftreten. Dabei klagen heute bereits Kinder über die Belastung in der Schule, sowie Erwachsene im Beruf und in der Beziehung. Selbst Sex wird zur Anstrengung, Es kommt darauf an, den denn auch dort müssen wir erstklassige Liebhaber sein. Körper mit der Seele und Stress hat unser Leben fest im Würgegriff – ist er nicht die Seele durch den längst fester Bestandteil unseres Lebensgefühls geworKörper zu heilen. den? Gelten wir in unserer Gesellschaft überhaupt noch Oscar Wilde etwas, wenn wir nicht darüber klagen?

Mittlerweile gibt es unzählige Ratgeber, die uns im Umgang mit Stress beraten – leider scheinen sie, wie obige Zahlen zeigen, recht wenig zu bewirken. Das gleiche gilt für das Thema Gesundheit – wir werden überschwemmt mit guten Tipps – aber auch dies scheint unser Wohlbefinden nicht nachhaltig zu steigern. Stimmt vielleicht grundsätzlich etwas mit unserem Konzept von Gesundheit nicht? Wäre allenfalls ein Paradigmenwechsel nötig, damit unser Leben gesamthaft wieder lebenswerter würde? Interessanterweise liegt unsere Heilung – und nicht einfach die Instandhaltung unserer Leistungsfähigkeit – oft in dem, was wir am wenigsten wünschen. Eine positive Grundhaltung entsteht bei etlichen Menschen gerade durch die Bewältigung von schweren Krankheiten und Krisen. Sie geben uns auch die Möglichkeit unser Leben zu ändern, neue Wege zu gehen und uns grundlegend zu entschleunigen. Durch die vertiefte Beschäftigung mit der Endlichkeit des Lebens entstehen Fragen nach dem Sinn unseres Daseins: Was ist mir wichtig und was möchte ich mit der verbleibenden Zeit anfangen? Erfüllt mich meine momentane Aufgabe wirklich oder mache ich sie vor allem aus gesellschaftlichem und finanziellem Zwang? Gerade in der Auseinandersetzung mit schwierigen Lebenssituationen finden Menschen oft zu spirituellen Werten und einer Verbindung mit dem Göttlichen. Krankheit kann einen Selbstheilungsprozess in Gang setzen und uns zu dem führen, was wir zutiefst brauchen und uns wichtig ist. Ist es demnach gesund, manchmal krank zu sein? Schon als Kinder müssen wir manche Krankheiten durchmachen, damit wir später immun gegen sie sind. Paradoxerweise führt auch erst das Erfahren von Krankheit und Missbehagen zum Bewusstsein, was Gesundheit und Wohlbefinden für jeden Menschen individuell bedeutet. Vielleicht ist Gesundheit, um es mit Thomas von Aquin zu sagen, weniger ein Zustand als eine Haltung, die mit der Freude am Leben gedeiht.

Dr. phil. Martina Degonda führt eine psychotherapeutische Praxis in Brugg und schreibt regelmässig für den Zeitpunkt.

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Was Internisten wissen müssen Über die Faszination des diagnostischen Prozesses

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er diagnostische Prozess ist die intellektuelle Faszination in unserem Beruf. Er fordert uns auf allen Ebenen und er verlangt ein hohes Mass an Hingabe und Konzentration. Er ist Quelle von Freud und Leid. Der erste Teil des diagnostischen Prozesses ist der Hypothesenbildung gewidmet. Die Geschichte des Patienten, und die Befunde der körperlichen Untersuchung lösen gewisse Diagnosen oder diagnostische Kategorien aus. Der zweite Teil dient der zusätzlichen Beschaffung, Verarbeitung und Überprüfung von Informationen. Man wird zusätzliche Untersuchungen anordnen, diese interpretieren und versuchen, ein kausales Modell für das Krankheitsbild zu erarbeiten und man wird überprüfen, ob darin alle wesentlichen Beschwerden und Befunde auch wirklich erklärt sind. Dies ist kein geradliniger Prozess, sondern er verläuft in Schlaufen. Man geht oft wieder zurück, erhebt nochmals und detaillierter Beschwerden und Befunde – bis man zu einer Diagnose kommt. Bei unserer Arbeit sollten wir uns von folgenden Grundgedanken leiten lassen:

Der ist ein Arzt, der das Unsichtbare weiss, das keinen Namen hat, keine Materie und doch seine Wirkung. Paracelsus

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Neugier: Wenn der diagnostische Prozess die Grundlage des internistischen Handelns ist, so ist die Neugier die treibende Kraft, sozusagen der Bewegungsapparat der Inneren Medizin. Neugier auf Geschichten – denn Auskultationsbefunde, Laborwerte, Röntgenbilder, Diagnosen mögen sich wiederholen. Doch die Geschichten, die wir von den Menschen hören, sind einmalig. Überspitzt gesagt: Es gibt keine langweiligen Patientinnen und Patienten, sondern nur langweilige Kolleginnen und Kollegen. Dazu gibt es eine schöne Anekdote der US-amerikanischen Internistin Faith Fitzgerald. Bei den morgendlichen Besprechungen der Neueintritte liess sie sich – im Gegensatz zu den meisten anderen Vorgesetzten – von den Assistenten jeweils den langweiligsten Fall

Franco Salomon

vorstellen. Eines Morgens wurde ihr eine ältere Dame vorgestellt, eingeliefert als sogenannter Pflegenotfall, weil sie aus ihrer Wohnung herausgeworfen worden war. Das Gespräch mit der Patientin ergab keine interessanten Anhaltspunkte. Sie hatte ein Leben lang in einem Hotel als Zimmermädchen gearbeitet und anscheinend ein einzigartig ereignisloses Dasein gefristet. Faith Fitzgerald versuchte verzweifelt, irgendetwas Interessantes zu finden. Kurz vor dem Eingeständnis, dass ihre goldene Regel auch Ausnahmen hatte, fragte sie: «Wie lange leben sie schon in San Francisco?» «Jahrzehnte», war die Antwort. «Vor dem Erdbeben?» «Nein, nachher.» «Woher kamen Sie?» «Irland.» «Wann war das?» «1912.» «Waren Sie schon einmal in einem Spital?» «Einmal.» «Wieso?» «Armbruch.» «Wie kam es zu diesem Armbruch?» «Ein Koffer ist darauf gefallen.» «Ein Koffer?» «Ja.» «Was für eine Art von Koffer war denn das?» «Ein Überseekoffer.» «Wie passierte das?» «Das Schiff wurde plötzlich durchgeschüttelt.» «Das Schiff?» «Ja.» «Wieso wurde das Schiff ...» «Es fuhr auf einen Eisberg auf.» Plötzlich war die Patientin nicht mehr langweilig, sogar die lokalen Zeitungen und Fernsehstationen berich-

Es ist viel wichtiger zu wissen, was die Leute gespürt haben, als was andere, v.a. Ärzte davon gehalten haben. teten über sie. Sie war eine der letzten Überlebenden der grossen Katastrophe. Unsere Neugier für den Menschen und seine Krankheit ist die Basis für eine empathische Beziehung. Sie bringt uns die nötigen Informationen für Diagnose und Behandlung – und von Zeit zu Zeit wunderschöne Ge-


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schichten. Unser Fragen und Nachfragen, unser Interesse für den Menschen ist das, was unsere Patientinnen und Patienten als Sorge um sie empfinden, auch wenn sie uns erst einige Minuten kennen. FPI not TLC ist die Kurzformel für dieses Verhalten, also: friendly professional interest und nicht tender loving care; Letzteres sparen wir uns besser für unsere Familien auf. Genauigkeit: Der Wert der Genauigkeit im diagnostischen Prozess kann nicht überschätzt werden. Die genaue Erfassung aller möglichen Daten ist die Voraussetzung für die richtige Diagnose. Wir müssen in den späteren Schritten des diagnostischen Prozesses so viele Annahmen, Schätzungen und Extrapolationen anwenden, dass die Ausgangsbasis solid sein sollte. Wir haben es in unserem Beruf mit so vielen nicht messbaren Grössen zu tun, dass man wenigstens die wenigen Tatsachen, die man numerisch festhalten kann, unbedingt in die Krankengeschichte aufnehmen sollte. Es gibt keinen «guten» Blutdruckwert, sondern eine zwei- oder dreistellige Zahl des systolischen und diastolischen Blutdruckes. Alles andere ist unbrauchbar. Dieser Teil unserer Arbeit ist wie Sudoku spielen. Dort können wir ja auch nicht «gut» oder «schlecht» oder «hoch» oder «tief» einsetzen, sondern nur eine Zahl.

Ein guter Arzt rettet, wenn nicht immer von der Krankheit, so doch von einem schlechten Arzte. Jean Paul

Übersicht: Die Übersicht ist das Herz und das Blut der Inneren Medizin. Dieses Herzblut ist konkurrenzlos in der ganzen Medizin, und niemand wird uns das nehmen können. Auch nicht die Niemands, die sich als akademische Pseudo-Odysseuse verkleiden; denn wir sind nicht einäugig. Um Übersicht zu gewinnen gilt es, die Geschichten, die wir hören, in Kapitel zu ordnen, Beschwerden und Befunde in die richtige Reihenfolge zu bringen. Die Aufgabe tönt banal, ist es aber ganz und gar nicht. Bei der Anamnese – der Krankheitsgeschichte – ist vor allem darauf zu achten, dass die Information klar von der Interpretation getrennt wird. Es ist viel wichtiger zu

wissen, was die Leute gespürt haben, als was andere, v.a. Ärzte davon gehalten haben. In meiner Arbeit bin ich immer wieder damit konfrontiert worden, wie schwierig es ist, den Beginn einer Krankheit zu lokalisieren. Häufig wird das unmittelbare Ereignis, das zur Hospitalisierung führte, als Beginn angenommen, gar schlimmer, der Zeitpunkt, an dem der Patient oder die Patientin in die zuständige Klinik eintrat. Ist dieser Zeitpunkt falsch gewählt, riskiert man, die Übersicht zu verlieren und Wichtiges zu übersehen. Der Prozess der Beschaffung, Sichtung und Ordnung der Fakten ist zuweilen mühsam und mit viel Zeitaufwand verbunden. Darum glauben viele, man könne ihn

Von Miss Marple die Beobachtungsgabe und das logische Denken; von Maigret die Fähigkeit, die psychologischen und sozialen Umstände zu erfassen; von Columbo das scharfe Auge für die feinen Unterschiede und das Erkennen von Ungereimtheiten. ungestraft weglassen. Telefon dahin, Fax dorthin, schriftliche Anfrage hier, nächtlicher Gang ins Archiv dort. Aber oft ist eine wichtige und unerwartete Diagnose der Lohn für diese Mühen. Synthese: Es gibt nichts, das uns nicht interessieren sollte – und sei es der Wochenplan der Coiffeurbesuche einer betagten Lady mit wiederholten Fieberattacken. Die Korrelation der Coiffeurbesuche mit den Fieberepisoden führte zur Lösung des Problems: Es handelte sich um eine allergische Reaktion auf das Haarfärbemittel. Wenn es also nichts gibt, das uns nicht interessieren sollte, so ist die Selektion und Gewichtung der Informationen aus

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einem weiten Feld das Gehirn der Inneren Medizin. Unzweifelhaft werden die Ansprüche immer höher. Nicht nur sollen die medizinischen Probleme fokussiert und hierarchisiert werden, sie sollen vor allem auch in Übereinstimmung mit den persönlichen Bedürfnissen der Patientinnen und Patienten gebracht werden. Dieser Kristallisationspunkt von subjektiven und objektiven Tatsachen, von Messbarem und Unmessbarem, von Logik und Gefühlen, dieses Zusammentreffen also ist für mich eine der grossen Faszinationen unseres Berufes und war eine meiner primären Motivationen, Internist zu werden. Im British Medical Journal haben drei italienische Kollegen die Untersuchungsmethoden von literarischen Detektivfiguren analysiert und mit dem diagnostischen Prozess verglichen. Davon abgeleitet wäre der ideale Internist ein «MMC». Die Abkürzung steht für Miss Marple, Maigret und Columbo. Von Miss Marple die Beobachtungsgabe und das logische Denken, das alles kombiniert. Von Maigret die Fähigkeit, die psychologischen und sozialen Umstände zu erfassen und Leute zu befragen. Von Columbo das scharfe Auge für die feinen Unterschiede und das Erkennen von Ungereimtheiten.

Das Geheimnis der Medizin besteht darin, den Patienten abzulenken, während die Natur sich selber hilft. Voltaire

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Unsicherheit: In der klinischen Medizin ist die Unsicherheit sowohl in der Diagnose wie auch in der Therapie allgegenwärtig. Die emotionale Verdauung und Verarbeitung der Unsicherheit bereitet oft ein mulmiges Gefühl im Magen-Darm-Trakt. Im englischen Kurort Tunbridge Wells hat Pfarrer Thomas Bayes das Problem schon vor über 250 Jahren theoretisch erforscht. Es gibt mehr oder wenig komplizierte Formeln, die Wahrscheinlichkeit einer Diagnose in Zahlen zu fassen. Persönlich liebe ich aber die poetische Variante, die ich erstmals von einem Chirugie-Professor im Zürcher Waidspital hörte und die mir enormen Eindruck machte, obwohl ich damals das Wesen der Aussage noch nicht ganz erfasste: «En medicine comme en amour il n’y a ni jamais ni toujour ...» Darum lieben wir ja beides so. Wie viel Unsicherheit ausgehalten wird, hängt sowohl

von der Berufserfahrung wie auch von der Übersicht der medizinischen Probleme ab. Je breiter und weiter der Blick, desto eher kann das Problem als Ganzes erfasst werden. Es können Abgrenzungen gezogen werden, ohne jeden Meter der Grenze abzulaufen, beziehungsweise alle erdenklichen Tests durchzuführen. Je enger das Blickfeld, desto höher ist das Bedürfnis nach Sicherheit. Diese beiden Betrachtungsweisen sind in der Medizin komplementär – und wenn sie in der richtigen Reihenfolge und Mischung angewendet werden, ist die darauf basierende Medizin sehr erfolgreich. Der Umgang mit der Unsicherheit ist also zentral in unserem Beruf und fordert viel Kraft. Einerseits werden wir immer wieder mit der Unsicherheit einer Diagnose oder Therapie konfrontiert, andererseits dürfen wir dadurch nicht gelähmt werden und Entscheidungen unnötig verzögern. Als zusätzliche Schwierigkeit kommt die Kommunikation der Unsicherheit an die Patientinnen und Patienten hinzu. Wie viel soll ich mitteilen, wann soll ich es sagen, was behalte ich für mich und dies alles, ohne dass wir das reale Bild verzerren? Begeisterung: Damit wäre ich beim sechsten Punkt, dem Unspezifischsten, aber wohl für jeden von uns persönlich wichtigsten. Wenn die Begeisterung fehlt, wird das Leben eine Mühsal; und Begeisterung wie auch Niedergeschlagenheit sind infektiös und kontagiös. Sie sind Vorbedingung für den Weg zum «Schloss des Erfolgs». Dort anzukommen ist zwar schön, aber es genügt nicht. Will man ins Schloss hinein, braucht Frau/Mann einen Schlüssel. Diesen Schlüssel finden wir durch inneres Gleichgewicht. Damit wir den Erfolg auch geniessen können. PD Dr. Franco Salomon ist in Zürich als selbständiger Internist tätig (www.spitalinternist.ch) Von 1989 bis 2006 arbeitete er am Universitätsspital Zürich, ab 1997 als leitender Arzt und Chefarzt-Stellvertreter der Medizinischen Klinik. Von 2006 bis 2010 war er Chefarzt an der Klinik für Innere Medizin im Spital Lachen. Beim Text handelt es sich um eine gekürzte Version seiner Abschiedsvorlesung an der Universität Zürich im Jahr 2006 unter dem Titel «Sechs Memos für Internistinnen und Internisten».


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Naturärztin/Naturarzt Studium gemäss EMR-Richtlinien mit den Fachrichtungen: r ,MBTTJTDIF )PNšPQBUIJF r $IJOFTJTDIF .FEJ[JO r &VSPQÂŞJTDIF /BUVSIFJMLVOEF 7PMM[FJU PEFS 5FJM[FJUBVTCJMEVOH &JO[FMGBDICFMFHVOH NšHMJDI Studienbeginn: August 2013

Eulerstrasse 55, 4051 Basel Tel. 061 560 30 60, www.anhk.ch www.therapiezentrum-anhk.ch

Auch streiten will gelernt sein

Konflikte wagen – gewaltfrei Sechsteiliger Trainingszyklus

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Der Kurszyklus richtet sich an alle, die sich beruflich oder privat fĂźr die Themen Zivilcourage, KonfliktlĂśsung und Gewaltprävention interessieren. Leitung: Angela Tsering, IFOR Schweiz. Kursort: Hirschengraben 50, 8001 ZĂźrich Kosten: Fr 900.– (6 Kurstage) Anmeldung und Information: Evang.-ref. Landeskirche, Monika Hein, 044 258 92 37, monika.hein@zh.ref.ch

Was man Ăźber Krebs wissen muss Krebs betrifft viele Menschen, sei es direkt oder indirekt. Franco Cavalli, einer der europaweit renommiertesten Krebsspezialisten, gibt Auskunft Ăźber die Entstehung der Krankheit, ihrer Vorbeugung und ihrer Behandlung. Er richtet zudem den Blick auf die Länder der dritten Welt, wo eine groĂ&#x;e Zunahme der Krankheit verzeichnet wird, den Menschen der Zugang zu Ăźberteuerten Medikamenten aber verwehrt ist.

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Krebs

Die groĂ&#x;e Herausforderung Mit einem Vorwort von Ruth Dreifuss 200 Seiten, Klappenbroschur, 2012 isbn 978-3-85869-475-1, Fr. 32..–/â‚Ź 26,–

moh - 18.07.2013 - 1/1


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Das linke Rote Kreuz: Medico International

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edico International Schweiz wurde vor 76 Jahren unter dem Namen «Centrale Sanitaire Suisse» gegründet und unterstützte im spanischen Bürgerkrieg die Republikaner mit medizinischen Hilfeleistungen. Im Zweiten Weltkrieg folgten Einsätze für Partisanen in Italien und in Ex-Jugoslawien, u.a. mit Paul Parin, der darüber das Buch «Es ist Krieg und wir gehen hin» schrieb und als Psychoanalytiker berühmt wurde. Diese Einsätze erfolgten im Widerspruch zur offiziellen Politik der Schweiz. Heute ist die CSS, die 2002 den Namen der deutschen Partnerorganisation Medico International übernahm, nicht mehr in Gebieten tätig, in denen offene Kriege wüten, sondern unterschwellige Auseinandersetzungen: in Nicaragua, Guatemala, El Salvador, Palästina

und im südlichen Mexiko. Die Einsätze begannen mit der medizinischen Unterstützung der Guerilla, heute sind die vernachlässigte Landbevölkerung und vor allem Frauen Nutzniesser der Arbeit von Medico International. Das politische Engagement ist geblieben. «Medizin soll

dazu dienen, gesellschaftliche Veränderungen zu bewirken», sagt die Ärztin Maja Hess, Präsidentin von Medico International. Ein Beispiel dafür ist die Zusammenarbeit mit einer unabhängigen Organisation von nichtausgebildeten, aber erfahrenen Hebammen in El Salvador. Ihnen geht es längst nicht mehr nur um sichere Geburten, sondern um Frauenthemen und politische Emanzipation – für arme Bäuerinnen sei das revolutionär. Medico International Schweiz beschäftigt drei hauptamtliche MitarbeiterInnen und ein gutes Dutzend Ehrenamtliche in der Koordination der Projekte, von denen Hunderte von Menschen vor Ort profitieren. CP Kontakt: medico international schweiz, Quellenstr. 25, 8031 Zürich, Tel. 044 273 15 55, Spendenkonto: PC-Konto 80-7869-1. www.medicointernational.ch

Unmenschenmedizin und ihre Opfer

Eine Datenbank von Impfskeptikern?

Der Eisenpicker Nazif findet seine schwangere Frau in Schmerzen. Der Arzt stellt fest, dass das Ungeborene tot sei und unverzüglich entfernt werden müsse. Nur: Woher das Geld nehmen? Nazif versucht alles, um seine Frau zu retten. Der bosnische Oscar-Preisträger Danis Tanovic (No Man’s Land) hat diese wahre Geschichte packend authentisch nachgestellt. Kino real und pur. Inszenierte er damals den Krieg in seiner Heimat als Auseindersetzung dreier Männer, die in ihrem eigenen Graben gefangen sind, so hat ihm dieses Mal eine kleine Zeitungsnotiz keine Ruhe gelassen. Ihr zufolge konnte die Frau eines Alteisenpickers eine lebensnotwendige Behandlung nicht bekommen, weil sie weder über die notwendigen 600 Franken verfügte noch über eine Krankenversicherung. Er hat etwas Atemloses, der Film, und man spürt es schon nach wenigen Minuten. Zu unglaublich, um wahr zu sein. Einen Dokumentarfilm wollte Danis Tanovic nicht drehen, das wäre ihm zu versachlicht geworden. Ein Spielfilm sollte es sein, aber keiner der falschen Emotionen. Und so entschied

Liest man im revidierten Epidemiengesetz (rEpG) von den Plänen zur Datensammlung (Art. 24 Abs. 21) und der Pflicht der Kantone, dafür zu «sorgen, dass die von Impfempfehlungen betroffenen Personen vollständig geimpft sind» (Art. 21 Abs. c), fragt man sich, wie diese zentrale Datensammlung durchgeführt werden soll. Bis anhin waren diese Daten lediglich beim Hausarzt und beim Patienten im Impfbüchlein. Es wundert nicht, dass zeitgleich mit diesem Gesetz von «eHealth Schweiz» das ‹Elektronische Impfdossier› lanciert wird. eHealth ist ein umstrittenes Projekt (vgl. «10 Killerkriterien für eHealth», H. Bhend, Schweizerische Ärztezeitung SAEZ 2011; 92:49; «Wenn die Diagnose zum öffentlichen Gut wird…» J. Wagner, SAEZ 2010; 91:38), Es wurde von der EU-Kommission 2004 mit dem «Aktionsplan für einen europäischen Raum der elektronischen Gesundheitsdienste» geschaffen. «Bei einem elektronischen Impfdossier geht es nicht nur um die Digitalisierung von heute papierbasierten Informationen, die elektronisch zeit- und ortsunabhängig

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er sich zu etwas Ungewöhnlichem: Er lässt die Geschichte, die sich in seiner bosnischen Heimat ereignet hat, von denen nachspielen, die sie erlebt haben. Einzig die Ärzte, die die Frau abgewiesen haben, waren nicht bereit, ihre Rolle nachzuspielen. Wie oft spürt man noch diese Dringlichkeit im Kino? Wie häufig sitzt man noch da, schaut zu und staunt, erzählt noch Wochen später vom Gesehenen. Oder müsste man hier sagen: Vom Erlebten? Hautnah mit Elementen des Wirklichen, ein atemloser Realismus: Man schaue hin! Walter Ruggle

An Episode in the Life of an Iron Picker. Danis Tanovic´/Bosnien-Herzegowina. 2013. Spielfilm mit den Beteiligten der wahren Originalgeschichte. 75 Min. Im Kino ab 5. September in Zürich, Bern und Basel. Weitere Spielorte: www.trigon-film.org

zur Verfügung stehen könnten», schreibt eHealth Schweiz. «Ein potentieller medizinischer Mehrwert ist der automatisierte elektronische Impfcheck, der Impflücken aufdeckt und diese dem Anwender kenntlich macht». Es soll bereits eine umfangreiche Sammlung von persönlichen Daten angelegt werden, neben Personendaten auch die erhaltenen Impfstoffe, Diagnosen, Allergien, Kontraindikationen, Impfkomplikationen, Serologien und Titer-Bestimmungen. Kompatibel zum rEpG ist «ein landesweiter elektronischer Dienst zur Prüfung von Impfanamnese bzw. Immunstatus vorgesehen. Impflücken einer Person können so online festgestellt werden (‹e-Impfcheck-Dienst›).» Zukünftig sollen also per Mausklick landesweit alle «Impfverweigerer» identifiziert werden können – brave new world! Dr. med. Karla Neuhus Das revidierten Epidemiengesetz kommt am 22. September zur Abstimmung. Informationen der Befürworter: www.jazumepg.ch Und der Gegner: www.nein-zum-impfzwang.ch


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an muss nicht alle Bücher lesen, die in diesem Jahr zur Ermordung Kennedys erschienen sind oder noch erscheinen werden. Der Millionenbestseller «Killing Kennedy» des Fernsehmannes Bill O’Reilly von Fox News zementiert bloss die Legende Oswald. Und Christopher Andersens «These Few Precious Days: The Final Year of Jack with Jackie» beschränkt sich auf das Bild des Präsidenten als Frauenheld, wie es seit Ende der 70er Jahre ausgehend vom Boulevard zunehmend gepflegt wird. Tenor: Sein Tod ist kein politischer Verlust. Aber das ist ein grosser Irrtum.

viel später publik gemacht. Nach demselben Zuschnitt wurden 1968 Martin Luther King und Robert Kennedy, der das Werk seines Bruders weiterführen wollte, umgebracht. Über die lasche Ermittlung in beiden Fällen kann man heute nur den Kopf schütteln. Bröckers erklärt in seinem spannenden, höchst lesenswerten Buch drei wesentliche Dinge: • wie die CIA entstand und wie es zur Zusammenarbeit mit der Mafia kam, • wie sich Kennedy vom kalten Krieger zum Friedenspolitiker wandelte und wie er die Kriegshoffnungen des militärisch-industriellen Komplexes (vor dem sein Amts-

Wer die tödlichen Schüsse von Dallas abgegeben hat, brauchen wir nicht mehr zu wissen. Entscheidend ist, dass die amerikanische Regierung bis heute Beweismittel für die Aufklärung des Mordes an Präsident Kennedy unterdrückt. Das kann nur eines heissen: Sie hat noch immer ein vitales Interesse, das Netzwerk der Täter im Verborgenen zu halten – weil es nach wie vor aktiv ist und seine Macht weltweit ausgebaut hat. Christoph Pfluger

Wer die sanfte Revolution verunmöglicht, macht die gewaltsame Revolution unausweichlich. John F. Kennedy

Dies zeigt der taz-Journalist und Bestseller-Autor Mathias Bröckers in seinem lesenswerten Buch «JFK – Staatsstreich in Amerika», das Ende August erschienen ist. Bröckers hat über 10’000 Seiten Bücher, Dokumente und Protokolle verarbeitet und die überwältigende Fülle von Fakten und Indizien in einen sinnvollen Zusammenhang gestellt, der die unbekannten Hintergründe und Motive sichtbar macht. Neben Lee Harvey Oswald, der bloss ein hergerichteter Sündenbock war und als Täter nicht in Frage kommt, richtete sich der Verdacht in den ersten Tagen nach der Bluttat auf verschiedene Gruppen, darunter vor allem: • die Mafia, die vom FBI-Chef Hoover in Ruhe gelassen, aber von den Kennedys bedrängt wurde • von der Politik Kennedys enttäuschte Exil-Kubaner • ein kommunistisches Komplott • und eine Verschwörung höchster Geheimdienst-, Militär- und Politikerkreise. Für alle Varianten gab es Indizien, aber keine Beweise. Während die offizielle Interpretation zu Beginn das kommunistische Komplott bevorzugte – Oswald war ein von der CIA präparierter kommunistischer Agent – schwenkte sie schon nach wenigen Tagen auf die Einzeltätervariante um, die dann von der Warren-Kommission zur einzig wahren erklärt wurde. Erst Jahre und Jahrzehnte später zeigte sich, dass die Kommission sich dabei auf manipulierte und unterschlagene Beweismittel stützte. Der Mord an Kennedy klärt sich deshalb weniger am Tathergang als vielmehr über die jahrzehntelange Vertuschung. Die Täterschaft liess dabei nichts anbrennen. Dallas war der dritte Versuch. Pläne nach ähnlichem Muster – mehrere Scharfschützen aus Mafia-Kreisen und ein präparierter Sündenbock – wurden in den Wochen zuvor in Florida und Chicago aufgedeckt, aber erst

vorgänger Eisenhower so eindringlich warnte) zerstörte, • und wie von Beginn weg systematisch Beweise und Zeugen für eine mehrfache Täterschaft und eine Verschwörung beseitigt wurden. Die koordinierte Vertuschung Das Märchen vom Einzeltäter Lee Harvey Oswald war nie mehrheitsfähig: Im November 1963, wenige Tage nach der Tat, glaubten es gemäss dem Meinungsforschungsinstitut Gallup bloss 29 Prozent. 1966 – der auf die Theorie des Einzeltäters zugeschnittene Bericht der Warren-Kommission war zwei Jahre zuvor erschienen – waren es 36 Prozent. 1976, als das «House of Representatives Select Committee on Assassinations» mehrer Täter als wahrscheinlich erklären musste, waren es elf Prozent. Den schlechtesten Wert mit zehn Prozent erreichte die Glaubwürdigkeit der offiziellen Version 1992, als Oliver Stones Film «JFK» in den Kinos lief. Das Misstrauen war damals so gross, dass 1994 der amerikanische Kongress ein «Assassination Records Review Board» (ARRB) ins Leben rief und der Wert auf 13 (2001), bzw. 19 Prozent (2010) stieg. Die Zahlen zeigen: Um die Deutungshoheit des Jahrhundertmordes wird hart, aber wenig erfolgreich gekämpft, bis auf den heutigen Tag. Und das ist kein Zufall. Wenn Kennedy einer Verschwörung zum Opfer fiel und eine Aufklärung bis heute verhindert wird, dann müssen die Hintermänner und ihre Nachfolger noch immer aktiv sein. Im Mai dieses Jahres hat die Administration Obamas 175 Stapel lange geheim gehaltener CIA-Akten freigegeben. Die sehnlich erwarteten 1100 CIA-Files zur Ermordung Kennedys waren allerdings nicht dabei. Dem «National Declassification Center» fehlten angeblich «Zeit und Ressourcen». Diese wurden offenbar zur

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Robert Kennedy wurde 1968 von mehreren Schützen ermordet. Beweismittel verschwanden. Verurteilt wurde nur einer.

Eine Nation kann ihre Dummköpfe und sogar ihre Ehrgeizigen über­ leben, aber nicht Verrat von innen. Cicero

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Allen Dulles, ehemaliger Wallstreet-Anwalt und Lobbyist. Gründer der CIA und von Kennedy 1961 entlassen.

Mary Pinchot, gebildete und freigeistige Geliebte Kennedys. Führte mit ihm wahrscheinlich psychedelische Sitzungen durch.

Deklassifizierung von Bauanleitungen für fliegende Untertassen verwendet, ein Thema von wahrlich entscheidendem Interesse. Die Begründung erinnert fatal an die Ausrede der Polizei in Dallas vor 50 Jahren, es bestehe kein Protokoll des siebenstündigen Verhörs von Lee Harvey Oswald, weil gerade kein Tonbandgerät im Haus gewesen sei. Und offenbar auch weder Papier noch Bleistift. Die wichtigsten Beweisstücke, der Obduktionsbericht und die Autopsiebilder wurden erst 1996 vom AARB als Manipulationen erkannt mit dem Zweck, die tödlichen Schüsse auf eine Richtung zu beschränken. Dem diente auch die absurde Vorstellung der «magic bullet», die im Präsidentenfahrzeug mehrmals die Richtung änderte, Kennedys Körper ohne Aufenthalt durchflog und Gouverneur Connally auf dem Vordersitz fünf Verletzungen beibrachte. Schüsse aus verschiedenen Richtungen hätten die Einzeltätertheorie sofort beerdigt. Der Vorgang schliesst auch die Mafia, Exilkubaner oder ein kommunistisches Komplott aus. Sie könnten zwar einen Präsidenten erschiessen, aber keine Autopsieberichte fälschen. Für den verheerenden Umgang mit Beweismitteln und Zeugenaussagen muss ein einziges Beispiel genügen: Als Tatwaffe identifizierten vier Polizisten ein Präzisionsgewehr der Marke Mauser. Dieses passte allerdings nicht zur untauglichen Mannlicher, die Oswald zuvor für 19.50 Dollar bei einem Versandhaus gekauft hatte. Drei Polizisten änderten darauf unter Druck ihre Aussage. Der vierte, Roger Craig, 1960 «Sheriff of the Year», blieb standhaft und ruinierte damit sein Leben: 1967 wurde er entlassen, einige Zeit später durch Schüsse eines Unbekannten verletzt, dann drängte ihn ein Auto von der Strasse ab, und wenig später explodierte eine Autobombe in seinem Wagen. In Depression versunken, nahm sich Craig 1975 das Leben. Er ist einer von Dutzenden von Mitwissern und Zeugen, die eines unnatürlichen Todes starben. Richard Belzer und David Wayne haben das Schicksal von 1400 Zeugen akribisch untersucht und im April dieses Jahres in ihrem Buch «Hit List – An In-Depth Investigation into

Martin Luther King, Schwarzenführer, Friedensnobelpreisträger und Opfer mehrerer Schützen – und eines Sündenbocks.

Lee Harvey Oswald, von der CIA präparierter, erfolgloser kommunistischer Agent, von einem Mafioso erschossen.

the Mysterious Deaths of Witnesses to the JFK Assassination» vorgestellt. Allein in den ersten drei Jahren sind 33 von ihnen eines unnatürlichen Todes gestorben. Die statistische Wahrscheinlichkeit, dass es sich bei dieser Häufung um Zufall handle, schreibt Bröckers, liegt bei 1 zu 137 Billionen. Es muss also eine sehr lange Hand an der Arbeit sein. Vom kalten Krieger zum Friedenspolitiker Im vielleicht interessantesten Kapitel beschreibt Bröckers die erstaunliche Wandlung von John F. Kennedy vom kalten Krieger, der er in den 50er Jahren noch war, zum visionären Friedenspolitiker, der nach Moskau reisen und den sinnlosen Rüstungswettlauf beenden wollte. Zwei Figuren spielen in diesem Prozess eine entscheidende Rolle: sein Vater Joe und seine Vertraute und Geliebte Mary Pinchot Meyer. Ende 1961 erlitt der ambitionierte Patriarch, während der Prohibition mit zwielichtigen Geschäften reich geworden, einen Schlaganfall und fiel als Chef von Kennedys Küchenkabinett aus. John F. und sein Bruder Robert als Justizminister wurden damit frei, eine eigenständige Politik zu verfolgen, was sie dann auch taten. Mary Pinchot, von ihrem Mann geschieden, der bei der CIA für 3000 Mittelsmänner in den Medien zuständig war, pflegte einen freien Lebensstil und experimentierte u.a. mit LSD, das damals noch legal war und weltweit in der Psychotherapie eingesetzt wurde. Kennedy lernte Mary Pinchot 1937 kennen, aber ihre Wege trennten sich, bis sie Anfang der 60er Jahre wieder zueinander fanden. Sie ging im Weissen Haus ein und aus und war Kennedys beste Freundin, Inspiratorin und bestimmt auch Geliebte. Mehrmals besuchte sie Timothy Leary und liess sich in der Führung von psychedelischen Sitzungen unterweisen, um eine solche mit «einem Freund, einem sehr wichtigen Mann» durchzuführen, wie Leary später schrieb. Dass eine solche Sitzung effektiv stattgefunden hat, ist nicht nachgewiesen, aber wahrscheinlich. Tatsache ist aber, dass Kennedy in diesen Jahren ganz andere Töne anzuschlagen begann. Visionären Klartext sprach er in


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seiner berühmten Rede vom 10. Juni 1963, in der er seine Friedens- und Abrüstungspläne erläuterte: «Nach welcher Art von Frieden streben wir? Nicht nach einer Pax Americana, die der Welt durch amerikanische Kriegswaffen aufgezwungen wird. Nicht nach dem Frieden des Grabes oder der Sicherheit des Sklaven. Ich spreche hier von dem echten Frieden – jenem Frieden, der das Leben auf Erden lebenswert macht, jenem Dallas war der dritte Versuch. Pläne nach ähnlichem Muster – mehrere Scharfschützen Frieden, der Menschen und Nationen befähigt, aus Mafia-Kreisen und ein präparierter zu wachsen und zu hoffen Sündenbock – wurden in den Wochen zuvor und ein besseres Leben für in Florida und Chicago aufgedeckt, aber erst ihre Kinder aufzubauen, viel später publik gemacht. nicht nur ein Friede für Amerikaner, sondern ein Friede für alle Menschen. Nicht nur Frieden in unserer Generation, sondern Frieden für alle Zeiten.» In der Rede kündigte er u.a. Abrüstungspläne an, wies seine Mitbürger aber auch darauf hin, dass der Friede gegen aussen im Innern beginnen müsse – ein deutlicher Hinweis auf die grassierenden Konflikte zwischen Weissen und Schwarzen. Mary Pinchot überlebte ihr Wissen nicht. Sie wurde im Oktober 1964 erschossen.

Mathias Bröckers: JKF – Staatsstreich in Amerika. Westend Verlag, 2013. 288 S. Geb. Fr. 28.90/€ 20.–.

Die Feinde des Friedens Die Militärs und die hinter ihnen stehenden Kräfte wollten etwas ganz anderes: Krieg. Die Rede ihres obersten Befehlshabers machte ihnen klar, dass sie ihn nie bekommen würden. Bereits mehrmals hatte er sie bitter enttäuscht. Beim Scheitern der Schweinebucht-Invasion im April 1961 durch Exil-Kubaner, die ganz auf ein Eingreifen der USArmee ausgerichtet war, lehnte Kennedy die Kriegspläne seiner Stabschefs ab. Und bei der Kubakrise im Oktober 1962 hatte Kennedy nicht nur die Militärs, sondern auch das Kabinett gegen sich, die sie mit einem Krieg lösen wollten. Stattdessen verständigte er sich auf informellen Kanälen mit Partei- und Regierungschef Chruschtschow auf einen Rückzug der sowjetischen Atomraketen aus Kuba und der amerikanischen aus der Türkei. Dies alles war den Militärs und der CIA zu viel, in welcher der nach dem Schweinebucht-Fiasko entlassene Gründer und langjährige Direktor, der ehemalige Wallstreet-Lobbyist Allen Dulles als graue Eminenz immer noch eine Rolle spielte. Worum es wirklich ging, zeigt auch die Zeit unmittelbar nach der Ermordnung Kennedys. Noch im Flugzeug nach Washington hob der eben vereidigte Präsident Johnson als erstes eine Direktive Kennedys zur Schaffung eines von der Federal Reserve unabhängigen Zahlungsmittels wieder auf. Und kurze Zeit später wurde der Konflikt in Vietnam, wo Kennedy sämtliche Militärberater abziehen wollte, erst richtig als Krieg lanciert, u.a. mit dem getürkten TonkinZwischenfall.

Wie Prof. Albert Stahel vom Institut für Strategische Studien in einem kürzlichen Artikel mit dem Titel «Die USA – im dauernden Kriegszustand» (Zeit-Fragen, 5. Aug. 2013) zeigt, sind solche Operationen ein Grundmuster der amerikanischen Kriegs- und Expansionspolitik. Man darf in diesem Zusammenhang nicht vergessen, dass Al Kaida eine Schöpfung der CIA aus der Zeit des russisch-afghanischen Krieges ist und bis heute die beispiellose Überwachung der Weltbevölkerung durch amerikanische Geheimdienste legitimiert. Der Mord vom November 1963 markiert hier eine Art Wasserscheide. Die Macht in der mächtigsten Demokratie wurde von einem dunklen Netzwerk übernommen. Verschwörung! – die ultimative Verteidigung Pikanterweise wurde der Kampfbegriff «Verschwörungstheorie» im Zusammenhang mit dem Kennedy-Mord in die Welt gesetzt. 1967 wies die Abteilung für Psychological Warfare der CIA ihre Dienststellen und Mitarbeiter in den Medien an, wie «Verschwörungstheorien» (die die Einzeltäterschaft Oswalds in Frage stellten) zu kontern seien. Der Begriff hat sich seither als wichtigste Verteidigungslinie dieses dunklen Netzwerks gegen alle Vermutungen und Hinweise erwiesen, an den amerikanischen Schaltstellen könnten undemokratische Kräfte ihr Unwesen treiben und Operationen unter falscher Flagge durchführen. Erst langsam beginnen sich Wissenschaftler der neueren Geschichte aus dieser begrifflichen Umklammerung zu lösen und sprechen von «Staatsverbrechen gegen die Demokratie», wie etwa der Politikwissenschaftler Lance DeHaven-Smith. Aber das ist erst ein zaghafter Anfang in der veröffentlichten Meinung. Zum Jahrestag der Schüsse von Dallas im November wird zweifellos ein Sperrfeuer von Zauberkugeln, Einzeltätertheorien und anderen Verdrehungen auf uns niederprasseln. Aber: «Reality is stranger than fiction». Und um dieser Komplexität zu entkommen, greift der Mensch nur allzu gern nach der dargebotenen Hand der manipulierten Vereinfachung. Um die kognitive Dissonanz zwischen dem Staat als Garanten der Sicherheit und einzelner seiner Organe als ihre Zerstörer aufzulösen, blenden wir unpassende Fakten einfach aus. Um sich ein wahres Bild zu machen, genügen die Häppchen der Massenmedien nicht und auch nicht ein Text wie dieser. Dazu muss man mindestens ein Buch lesen wie das von Mathias Bröckers, das die Fakten in ihrer Fülle ausbreitet, sie zu einem plausiblen Bild verbindet und die unvermeidlichen Unschärfen benennt. Diese unangenehme Arbeit steht den USA und der westlichen Welt noch bevor. Aber der Lohn ist gross, wie Bröckers schreibt: « Länder wie Südafrika, Chile oder Argentinien haben in teilweise schmerzhaften Prozessen vorgemacht, wie eine Nation mit schrecklichen ‹Staatsverbrechen gegen die Demokratie› umgehen kann – und umgehen muss, um sie in Zukunft zu vermeiden.»

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B rennende B ä rte

Warum wir überwacht werden!

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enken beginnt mit Fragen. Heute: Warum werden wir eigentlich überwacht? Zur Bekämpfung von Verbrechen und zur Abwehr von Terroristen, sagen die Geheimdienste. Aber das glauben nur Menschen, die nicht wissen, dass die Geheimdienste bestenfalls Geschichten erzählen, die das notwendige Minimum an Wahrheit enthalten, damit sie geglaubt werden. Das Vorletzte, was sie verraten würden, sind ihre wahren Absichten; und das Letzte ihre Auftraggeber. Wäre die Bekämpfung von Terror und Verbrechen wirklich das Ziel der Überwachung, hätten die Bombenleger von Boston mit ihren vielfältigen Spuren im Internet nie zur Tat schreiten können. Immerhin gegen eine Million Mitarbeiter zählen die amerikanischen Geheimdienste, das Dreissigfache der Gestapo bei Kriegsende. Verbrechensbekämpfung ist nur der Vorwand, der vordergründige Zweck der Überwachung. Der mittelgründige Zweck ist Kontrolle – man will, wenn es nötig wird, über jeden von uns irgendetwas in den Akten haben. Das ist plausibel. Unser mit Zinsen behaftetes Schuldgeld und sein Wirtschafts- und Herrschaftssystem ist in der Endphase. Es kann sich nur noch mit Betrug (z.B. inflationärer Geldvermehrung), Unterdrückung (rigorosen Sparprogrammen) und Krieg gegen Spielverderber (z.B. Irak, Lybien, Iran) an der Macht halten. Der Druck von der Strasse wächst sichtbar, die Gefahr eines arabischen Frühlings oder eines deutschen Herbsts nimmt zu. Wer die Kontrolle nicht verlieren will, muss wissen, wen er als Erster zu pflücken hat. Dabei geht es nicht um unsere Sicherheit, sondern um die Sicherheit der Herrschenden.

Motto dieser Kolumne ist ein Zitat von Lichtenberg: «Es ist fast unmöglich, die Fackel der Wahrheit durch ein Gedränge zu tragen, ohne jemandem den Bart zu versengen.»

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Aber: Das wirkliche Ziel der Kontrolle ist die Selbstkontrolle. Wir sollen vorsichtig werden, ein bisschen Angst haben und am besten nichts tun, nichts sagen und schliesslich nichts mehr denken. Kein Volk kann auf Dauer seiner Freiheit beraubt werden, wenn es nicht darin einwilligt. Wenn die Kontrolle zur Selbstkontrolle führen soll, muss man natürlich hin und wieder jemanden vorführen, wie vor kurzem Eric Eoin Marques, den Gründer von «Tor Freedom Hosting», das anonymes Hosting und Routing anbot. Wenn Marques von Irland an die USA ausgeliefert wird, drohen ihm 30 Jahre Haft. Ladar Levinson ist dagegen glimpflich davon gekommen. Er verlor nur seine Firma Lavabit und zehn Jahre harter Arbeit. Er hatte sich geweigert, wie Google, Facebook, Apple oder Microsoft mit der amerikanischen

von Geni Hackmann National Security Agency zusammenzuarbeiten und die Kundendaten seiner E-Mail-Dienstleistungsfirma herauszugeben. Edward Snowden gilt zwar bereits jetzt als der grösste Whistleblower aller Zeiten. Aber grundlegend Neues hat er nicht verraten und die Politik hat sich auch nicht wirklich verändert. Aber durch den enormen Medienhype ist ein neues Bewusstsein entstanden, ein Gefühl der allgegenwärtigen Kontrolle und der unterschwelligen Angst. Und das könnte ganz im Sinn von Big Brother sein. Wenn die Weltmedien eine Sau durchs globale Dorf treiben, muss man besonders aufmerksam zwischen den Zeilen lesen. Was sagte doch Hans-Peter Friedrich, als deutscher Innenminister ganz besonders in der Verantwortung der PRISM-Affäre: Die Deutschen müssten selber mehr für den Schutz ihrer Daten tun. Gemeint hat er damit auch: gar keine sensitiven Daten mehr produzieren. Bei der Überwachung geht es weniger um Inhalte, als vielmehr um Metadaten: Absender, Empfänger, Zeiten, Orte – die Zutaten von Bewegungs-, Kommunikationsund Identitätsprofilen. Die Metadaten erlauben zwar den Zugriff auf Inhalte im Verdachtsfall, aber vor allem

Wir sollen vorsichtig werden, ein bisschen Angst haben und am besten nichts tun, nichts sagen und schliesslich nichts mehr denken. ermöglichen sie die Identifikation von Netzwerken und – bei Bedarf – ihre Stilllegung. Wer mit wem? Das ist die Frage, welche die Geheimdienste am meisten interessiert. Die bedenklichste Wirkung der Überwachung erscheint zunächst ziemlich harmlos: die Steuerung der Aufmerksamkeit. Unter Überwachung verlagert sich unser Augenmerk von dem, was uns wichtig ist auf die Merkmale unter Beobachtung. Anstatt mit den Dingen, die uns Freude bereiten, beschäftigt sich unser Verstand damit, nicht aufzufallen, in der Norm zu bleiben und Ärger mit öffentlichen Stellen zu vermeiden. Damit lässt sich keine Zukunft bauen, schon gar nicht die, nach der wir uns sehnen. Darum: Pfeifen wir auf die Überwachung, vergessen wir die Angstmacherei und leben wir das grosse Geheimnis des Lebens.


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Mensch ärgere dich nicht! Tu etwas Ein Blick in die Zeitung, ein halbes Ohr voll Radio, ein Auge auf den Bildschirm – und schon hat man genug Stoff, sich wieder einen Tag zu ärgern: Abzockerei bei den Banken, Begünstigung und Willkür bei den Behörden, Pferdefleisch im Erdbeer-Joghurt, abgeholzte Regenwälder in der Sonnencreme. Es nimmt nicht nur kein Ende, es scheint immer schlimmer zu werden.

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etzt gibt es drei Möglichkeiten», schreibt Harro Honolka in seinem eben erschienen Buch ‹Jetzt reicht’s›: «Sie sagen: ‹Da kann man nichts machen›, schlucken Ihren Ärger hinunter und schaden damit Ihrer Gesundheit. Oder Sie schwören: ‹Beim nächsten Wahltag ist Zahltag›, ahnen aber, dass sich wie schon nach der letzten Wahl nicht viel ändern wird. Die dritte Möglichkeit: Sie tun etwas.» Davon handelt sein Buch, im Untertitel «50 Anleitungen zum Bürgerprotest – was jeder gegen Missstände tun kann». Kann der einzelne Protest überhaupt etwas bewirken, mag man sich angesichts vieler fruchtloser Massendemonstrationen fragen. Dazu Honolka: «In Spanien … begann der Widerstand gegen die zahlreichen Zwangsräumungen von Wohnungen im Zuge der Immobilien-Banken-Krise zunächst in Form von spektakulären Massendemonstrationen, die nicht die erhoffte Wirkung zeitigten. Inzwischen verlagert er sich zu individuellen Protestaktionen: Feuerwehrleute weigern sich, Menschen aus einer von der Bank kassierten Wohnung zu holen; empörte Bürger brandmarken öffentlich Abgeordnete vor ihren Privathäusern; Gerichte werden mit Protestschreiben gegen Zwangsräumungen überschwemmt.» Die Aktionsvorschläge des Buches sind alle erprobt, die meisten legal, viele brauchen etwas Mut und bei ein paar wenigen wird bewusst eine begrenzte Übertretung von Gesetzen in Kauf genommen. Das Verrückte, Visionäre an der Sache: Wenn alle Menschen einen Tag lang «jetzt reicht’s» sagen und danach handeln würden, hätten wir am Abend eine vollkommen andere Welt. CP

Die 50 Anleitungen

1 Zum Aufwärmen: Wechseln Sie zu einem nachhaltigen Stromanbieter! 2 Per Mausklick demonstrieren: Onlineproteste unterschreiben

3 Surfspuren verwischen beim Googeln 4 Nutzen Sie ausgiebig Beschwerdemöglichkeiten 5 Durch Petitionen ein bisschen mitregieren 6 Nerven Sie datensammelwütige Firmen durch Selbstauskünfte 7 Treten Sie NGOs wie Attac oder Greenpeace bei oder spenden Sie an sie 8 Heikle Behördengänge nur mit Begleitschutz! 9 Bei Mietproblemen im Haus: Laden Sie andere Mieter zum Kaffee ein 10 In sozialen Netzwerken mitdiskutieren 11 Melden Sie irreführende Produktangaben an Lebensmittelklarheit.de 12 Machen Sie von Ihren Auskunftsrechten bei Behörden ausgiebig Gebrauch 13 Wehren Sie sich mit Ombudsmännern und -frauen gegen Ungerechtigkeiten 14 Konsumentenmacht: Nichts von verantwortungslosen Firmen kaufen! 15 Dämmen Sie die Werbeflut wenigstens zu Hause ein 16 Das T-Shirt als politisches Statement 17 Schicken Sie’s zurück! Firmen, die es verdienen, mit Retouren abstrafen 18 Abgeordneten sagen, was Sache ist 19 Per Aufkleber protestieren 20 Demnächst im Supermarkt: Einkaufskorb mit unfair hergestellten Waren stehenlassen 21 Veröffentlichen Sie Ihren Protest in Leserbriefen 22 Demonstrieren ist gesund 23 Konto kündigen und zu einer verantwortungsvollen Bank wechseln 24 Zahlen Sie mit Regionalgeld 25 Konsumieren ohne zu kaufen: tauschen, leihen oder gemeinsam nutzen 26 Im Alltag Flagge zeigen 27 Starten Sie Ihre eigene Kampagne im Internet 28 Kein Kita-Platz? Nicht jammern – klagen! 29 Whistleblowing: betriebliche Missstände ans Licht bringen

30 Hartz-IV-Eingliederungsvereinbarung nicht oder nur unter Vorbehalt unterschreiben 31 Hundehaufen 32 Protestieren Sie mit Filzstift oder Spraydose 33 Unterschriften sammeln 34 Lassen Sie sich auf der Bank ausführlich über eine fiktive Erbschaft beraten 35 Adbusting: Plakate umfunktionieren 36 Spritfressern den Spass verderben 37 Mit Denkmälern und Ortstafeln zum Nachdenken anregen 38 Fairtrade-Einkauf in Firmenkantinen, Kindergärten oder Schulen einführen 39 Mahnwachen und Einmann-/EinFrau Demos 40 Schlagen Sie Ihren Protest wie Martin Luther an 41 Mit Flugblättern gezielt und persönlich informieren 42 Kleinaktie kaufen und auf Hauptversammlungen gehen 43 Vorbildliche Geschäfte mit einem Carrotmob belohnen! 44 Einen Smart Mob organisieren 45 Luxussanierungen? Nein danke! 46 Stellen Sie Ihr Depot auf ethische Anlagen um 47 Guerilla Gardening gegen hässliche öffentliche Räume! 48 Sitzblockaden gegen Zwangsräumungen in der Nachbarschaft 49 Wenn eine Schliessung droht: Jugendtreffs, Seniorenklubs, Schwimmbäder oder Büchereien besetzen 50 Die Krönung des Bürgerprotests: eine Bürgerinitiative gründen Harro Honolka: Jetzt reicht’s. 50 Anleitungen zum Bürgerprotest – was jeder gegen Missstände tun kann. Westend Verlag, 2013. 240 S. Fr. 21.90/€15.–. Weiteres auf: www.anleitungen-buergerproteste.de

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Verschlüsselung ist Bürgerpflicht Das Internet ist ein Kriegsschauplatz. Wer sich nicht schützt, riskiert auch als Unbeteiligter, etwas abzukriegen. Verschlüsselung ist deshalb das Gebot der Stunde.

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ass Datenkrieg herrscht, dürfte nach der PRISM-Affäre jedermann klar sein. Man hätte es schon anfangs der 90er Jahren wissen können, als Verschlüsselungssoftwares von den USA noch als «Waffen» behandelt und mit einem Exportverbot belegt wurden. Das Verbot fiel, als der Programmierer Phil Zimmermann den Code seiner «Pretty Good Privacy»-Software als Buch druckte und – geschützt durch die Meinungsfreiheit – exportierte. Die Logik ist einfach: Wenn Verschlüsselung eine Waffe sein soll, dann muss die Gegenseite auch Waffen haben. Und nachdem sie diese offensichtlich einsetzt, herrscht Krieg. Die Gefahr liegt zwar vor allem in den USA, wo die IP-Adressen, mit der jeder Computer identifiziert werden kann, durch die ICANN zugeteilt werden. Diese «Internet Corporation for Assigned Names and Numbers» ist zwar eine non-profit-Organisation, wurde aber 1998 auf Initiative der US-Regierung gegründet, um die Steuerung des ursprünglich militärischen Internet zu übernehmen. Ein weiterer Risikofaktor für Computer-Anwender auf der ganzen Welt ist die Tatsache, dass ein grosser Teil des Internetverkehrs über die USA läuft, wo die Daten von den Geheimdiensten abgesogen werden können. Die wichtigsten Internetkonzerne wurden zur Zusammenarbeit mit den Geheimdiensten verpflichtet. Dank der riesigen Datenbank «XKeyscore» haben Mitarbeiter der NSA ohne Autorisierung aufgrund der IP- oder e-Mail-Adresse Zugang zu e-Mails, Freundeslisten, Passwörtern und dergleichen. «Nur gegen Zielpersonen» richte sich die Überwachung, beteuerte die National Security Agency im Nachgang zu den Enthüllungen von Edward Snowden. Aber das ist mit Sicherheit gelogen. Potenzielle Terroristen werden gewiss kein Facebook-Profil unterhalten. Bereits 2007 wurden gemäss veröffentlichten Dokumenten 850 Milliarden Telefon- und 150 Milliarden Internet-Verbindungen überwacht. Mittlerweile dürfte die Zahl ein Mehrfaches

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Plug, play, security: Mit der Enigma-Box kann man spurenlos surfen, verschlüsselt telefonieren und bis Ende Jahr verschlüsselt e-Mails verschicken.

betragen. Selbst bei einer unwahrscheinlich hohen Zahl von einer Million Terrorismusverdächtigen, müssten diese täglich 2328 Telefongespräche führen. Wir stehen also alle im Visier, aus welchen Gründen auch immer. Schutz wird zur Bürgerpflicht.

Mail-Verschlüsselung dazu kommen. Ziel der Entwickler war ein in der Schweiz hergestelltes Gerät, das ohne Software-Installation auf der Basis von plug’n’play funktioniert und absolut sicher ist. Wir haben es in der Redaktion installiert – und es funktioniert. CP

Das sieht auch der Verein Enigma so, der nach zweijähriger Entwicklungsarbeit vor kurzem eine Verschlüsselungsbox mit Telefon auf den Markt gebracht hat. Die Box erlaubt spurenloses Surfen im Internet durch Verwendung des cjdns-Protokolls, indem jeder Nutzer seine eigene IPv6-Adresse generiert. Die von der amerikanischen ICANN verwaltete Vergabe der IP-Adresse, die jeden Computer identifizierbar macht, wird umgangen. Die Enigma-Box erlaubt ferner abhörsicheres Telefonieren – allerdings nur mit anderen Besitzern einer Enigma-Box. Für jede Verbindung wird ein neuer Verschlüsselungscode erstellt, der dann wieder verworfen wird. Ohne Box an der Zieladresse funktioniert das Telefon wie ein normales Internet-Telefon. Allein wenn es als solches verwendet wird, amortisieren sich die Kosten von Fr. 350.– pro Set relativ schnell. Bis Ende Jahr soll dann noch die e-

Weitere Informationen und Bestellung: enigmabox.net

ein gestiegenes Interesse an Verschlüsselung stellt auch der Chaos Computer Club Zürich fest. An sogenannten Kryptoparties, die seit Ende Juli regelmässig stattfinden, zeigen Hacker, wie man sich gegen elektronische Überwachung schützt und helfen bei der Installation von Programmen. Termine, Orte und weitere Informationen: www.ccczh.ch


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Das Solarkraftwerk für den Balkon

Geranium weg, Solarpanel her! Einstecken und unabhängig werden! So einfach wird Sonnenlicht in Strom transformiert – und so einfach funktioniert ADE!geranium. Christoph Hunziker, Energie Genossenschaft Schweiz

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ine eigene Solaranlage war bisher immer etwas für's grosse Portemonnaie oder für Leute mit entsprechender Dachfläche. Das gilt per sofort nicht mehr! Das neue Produkt ADE!geranium der Energie Genossenschaft Schweiz belehrt uns eines Besseren. Die Genossenschafter zeigen damit, dass ein Solarkraftwerk nicht mehr als 750 Franken kosten muss und ohne Dach auskommen kann. ADE!geranium ist eine fixfertige Solaranlage, die mit wenigen Handgriffen am Balkon/Fenstersims montiert werden kann, wie die Geranien. Die Geranien müssen nicht zwingend weichen! Die Botschaft ist eher: Wir müssen jetzt etwas tun und dazu ist der Bruch mit gewissen Traditionen unumgänglich!

Die Mitgliedschaft kostet einmalig Fr. 500.-. 2 Prozent erhält man jährlich zurück in Form von Solarstrom. Im weiteren können Genossenschafter vergünstigte Photovoltaik-Anlagen und Solarstrom zu einem faiern Preis beziehen. Weitere Infos: www.energiegenossenschaft.ch

Technische Details: Die Solaranlage am Balkon (90°) nach Süden ausgerichtet, produziert jährlich rund 170kWh und spart 90kg CO2 ein. Das ADE!geranium ist bei einem gleichbleibenden Strompreis nach neun Jahren amortisiert (60° Winkel in 7 Jahren bei einem Ertrag von 230kWh). Masse: 165 x 100 x 5 cm. Im Lieferumfang enthalten ist neben dem Solarpanel aus europäischer Produktion, Wechselrichter, Halterung für die Selbstmontage und Verbindungskabel mit FI-Schutzschalter auch ein Messgerät zur Feststellung der Energieproduktion. Preis: Fr. 750.-, für Zeitpunkt-Leser bis 30. September Fr. 666.- (Bei Bestellung Gutschein-Code «Zeitpunkt» eingeben.) Wer es genauer wissen will, erfährt über den separat erhältlichen ADE!geranium-Monitor detaillierte Echtzeitdaten darunter: - Gesamtenergieertrag - Leistung der einzelnen Module - Anzeige der Stromerzeugung im Zeitverlauf Ein Montageteam der Energiegenossenschaft mit Standorten im den Regionen Bern, St.Gallen, Zürich, Luzern, Bellinzona hilft auf Wunsch bei der Installation des ADE!geranium und geht auch auf spezifische Wünsche ein. punkt-Les eit er rZ

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Die Energiegenossenschaft Schweiz «bezweckt in gemeinsamer Selbsthilfe und im Interesse der Genossenschafter eine Vergrösserung des Anteils an erneuerbarer Energie in der Schweiz; dies auf Kosten der fossilen/ atomaren Energie, jedoch nicht, um den Energiekonsum noch mehr zu steigern.» Sie erhielt im Januar 2013 den zweiten Preis beim Prix Nature in der Kategorie «Generation Zukunft».Und seit kurzem hat sie Bundesrätin Doris Leuthard als prominente Genossenschafterin an Bord. Das Motto der Energie Genossenschaft Schweiz lautet: gemeinsam dezentral.

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Das ADE!geranium produziert bei voller Sonneneinstrahlung bis zu 245 Watt. Damit können z.B. ein Kühlschrank, der Internetzugang, eine E-Bike-Ladung, das Notebook und das Mobiltelefon solar betreiben werden. Der Überschuss fliesst ins allgemeine Stromnetz. Gewisse Zähler drehen rückwärts oder das EW installiert auf Wunsch einen Zähler für die Überschusseinspeisung. Die Herstellergarantie des Wechselrichters ist 25 Jahre und das Modul verfügt über eine Leistungsgarantie von 30 Jahren. Zudem kann das Solarkraftwerk für die kostendeckende Einspeisevergütung KEV angemeldet werden. Dadurch werden vom Bund bis zu einem Drittel der Investitionskosten zurückerstattet.

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Mit ADE!geranium sind auch Mieter und Wohnungseigentümer angesprochen. Jeder kann damit aktiv die Energiewende gestalten und profitiert gleich dreimal: ■ Geld sparen, weil man weniger Strom vom Elektrizitätswerk (EW) beziehen muss. ■ Ökologisch sein, denn man produziert erneuerbaren Strom und reduziert CO². ■ Unabhängig werden aufgrund der persönlichen dezentralen Solaranlage. Es können bis zu sechs ADE!Geranium-Panels gleichzeitig betrieben werden. Bei der Installation von noch mehr Panels ist der Beizug eines Fachmanns nötig.

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Anti-Globalisierungs-Initiative gescheitert – was tun? Die «Volksinitiative für eine Wirtschaft zum Nutzen aller» ist mit bloss rund 50’000 Unterschriften nicht zustande gekommen. Aber das Ziel, der zerstörenden Wirkung der Globalisierung die Stirn zu bieten, bringt Aktivisten und besorgte Bürger nach wie vor in Bewegung.

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m 29. Juni trafen sich rund 40 davon in Zürich, um das weitere Vorgehen zu besprechen. Eröffnet wurde die Tagung von Prof. Hans Würgler, bis 1992 Leiter der Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich, dem mutigsten Mann in dieser Position. In den 80er Jahren wurde er für seine Aussage, Arbeitslosigkeit sei von der politischen Elite gewollt, vom Bundesrat gerügt, aber entgegen dem Wunsch des wirtschaftlichen Establishments nicht entlassen. Später gründete er die «Gesellschaft für gerechte Arbeitsverteilung» (GeGAV) und lancierte mit Gleichgesinnten eine Volksinitiative zu diesem Thema, verfehlte aber die nötige Unterschriftenzahl. Um die drei grundlegenden Elemente der direkten Demokratie ging es beim Kurzreferat von René Roca, Gründer des Forums zur Erforschung der direkten Demokratie. Die weltweit einzigartige Staatsform der Schweiz ist ja nicht mit der Gründung des Bundesstaats 1848 vom Himmel gefallen, sondern hat sich während Jahrhunderten aus dem Natur- und Widerstandsrecht, der genossenschaftlichen Verwaltung der Gemeingüter und aus der

Volkssouveräntität entwickelt. Nicht umsonst ist das Genossenschaftsprinzip im offiziellen Namen unseres Landes, der «Schweizerischen Eidgenossenschaft» prominent verkörpert. Einige wichtige Elemente der direkten Demokratie sind erst mit der Totalrevision von 1874 eingeführt worden und zwar nicht auf Initiative der liberalen Kreise, sondern von einer demokratischen Bewegung, die von Katholisch-Konservativen und Frühsozialisten getragen wurde, die sich gegen das System Escher wandten. Interessant ist auch, dass alle Sprachregionen entscheidende Elemente zur direkten Demokratie beitrugen. Diese über die Jahrhunderte gewachsene politische Kultur wird, wie man weiss, von verschiedener Seite in ihren Grundlagen bedroht. Dies zeigten die kurzen Referate von Willy Crétegny, dem Initianten der Initiative für eine Wirtschaft zum Nutzen

Es muss wieder möglich werden selbstbestimmtes Recht vor das globale Konzernrecht zu stellen.

aller, der Bürgerrechtlerin Ariet Güttinger und von Reinhard Koradi, Präsident der Genossenschaft Zeit-Fragen, der zur Tagung eingeladen hatte. Der grösste Druck auf die direkte Demokratie geht heute von der Globalisierung, von internationalen Organisationen und der Zentralisierung aus. Was tun gegen diese epochalen Elementarkräfte? Den globalen Konzernen, die mit der Zollbefreiung enorme wirtschaftliche Vorteile realisieren, nur ökologische und soziale Standards aufzuzwingen, reicht nicht. Es muss wieder möglich werden selbstbestimmtes Recht vor das globale Konzernrecht zu stellen. Für konkrete politische Antworten auf diese grosse Frage blieb in der Diskussion zu wenig Zeit. Aber der Entscheid war klar: Man trifft sich wieder und will die Suche nach einem geeigneten politischen Projekt intensivieren und den Kreis erweitern. Das ist auch nötig. An der Tagung waren vor allem Bürgerliche und Grün-Alternative vertreten, die Linken fehlten weitgehend. Dabei heisst direkt-demokratisch nicht zuletzt auch sozial. CP Kontakt: reinhard.koradi@bluewin.ch

Energiewende kostet weniger als die Nicht-Wende Eine zügig umgesetzte Energiewende ist spätestens ab 2040 kostengünstiger als die NichtWende, bei einem Szenario «hohe Preise fossiler Energien» sogar bereits ab 2020. Dies ist das Ergebnis einer Studie der Schweiz. Energie-Stiftung (SES). Bei einer moderaten Ölpreissteigerung weist die Energiewende gegenüber der Nicht-Wende Mehrkosten von im Mittel 1 Prozent oder 41 CHF pro Person und Jahr auf. Ab 2040 führt die Energiewende zu tieferen Gesamtkosten. Ein Hochpreisszenario geht von einem Ölpreis von 210 Dollar pro Barrel bis im Jahr 2050 aus. Bei diesem sehr wahrscheinlichen Szenario wirkt sich die Energiewende bereits in den

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ersten Jahren wirtschaftlich vorteilhaft aus und führt zu mittleren jährlichen Minderkosten von 3,3 Mrd. Franken oder einer Einsparung von 374 Franken pro Person und Jahr.

Es liegt auf der Hand, dass die Energiewende die Schweiz unabhängiger vom Ausland macht, denn sie führt zu Einsparungen im Importbereich: Heute fallen fast 40 Prozent der Energieversorgungskosten auf Importe, was mit der Nicht-Wende gleich bleibt. Die Energiewende reduziert die Importkosten für Energieträger auf 16 Prozent bis 2050. Das bedeutet jährlich mindestens 7 Mrd. Franken weniger Geldabfluss im Jahr 2050. Ein Teil davon wird eingespart, ein Teil fällt als Investitionen im Inland an und bringt grosse Wertschöpfungsund Arbeitsplatzpotenziale mit sich. SES www.energiestiftung.ch


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Wir arbeiten: für Geld ohne Gewähr Beim Ziehen der Lottozahlen sagt man, sie seien «ohne Gewähr». Das Fernsehen lehnt die Haftung für die angegebenen Zahlen ab. Wie steht dies mit dem Geld? Können die Nationalbanken garantieren, dass hinter den Zahlen auf unseren Bankkonten reale Werte stecken?

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ährungen heissen so, weil Notenbanken gewährleisten oder garantieren, dass hinter dem Geld reale Werte stecken. Wir glauben, dass das Geld, für das wir arbeiten, auch mit Wertschöpfung erworben wurde und dass man für dieses Geld jederzeit etwas erwerben könne. Die Notenbanken, welche dieses Geld ausgeben, garantieren für diesen Wert. Ist das heute noch der Fall? Können Notenbanken noch gewährleisten, dass hinter dem Geld ein realer Wert steckt? Wenn wir genauer hinschauen, können wir unschwer feststellen, dass dies heute keinesfalls mehr gegeben ist. Mit jedem Rettungspaket, das die Euro-Zone für die Rettung von demokratischen Rechtsstaaten geschnürt hat, wurde Geld in den Markt geworfen, hinter dem kein realer Gegenwert steht. Auf Bankcomputern wurden wertlose Zahlen erzeugt. Mit diesen wertlosen Zahlen kaufen Europäer bei uns in

der Schweiz ein. Sie kaufen Grundstücke, Immobilien, Unternehmungen und sie erwerben von uns Produkte, für die wir täglich in einem immer brutaleren Wettbewerb mit Billiglohnländern arbeiten. Gleichzeitig wird die Schweiz wegen des starken Frankens gezwungen, selbst Geld zu drucken. Wir kaufen das immer wertlosere Euro-Geld auf. Wer will da noch von Währungen sprechen? Also von Geld mit Gewähr? Im antiken Babylon wurde Geld mit Lebensmitteln geeicht. Hinter jedem Schekel Gold musste eine gewisse Anzahl Zentner Getreide eingelagert sein. Lassen Sie sich überraschen, wie Politiker und Bankverantwortliche reagieren, wenn Sie diese fragen, warum wir heute Geld nicht eichen und dieses Geld trotzdem eine Währung nennen. Wer garantiert uns heute, dass ein Gegenwert hinter unserem Geld steht? Statt aus

Die «persönliche Reset-Taste» Der Swisscom-Chef Carsten Schloter hat sie nicht gefunden und stattdessen die Escape-Taste gedrückt. Ob ihm das Buch «Die Königsstrategie» von Peter Modler, Unternehmensberater und Lehrbeauftragter an den Universitäten Freiburg i.Br. und Basel, geholfen hätte, wissen wir nicht. Auf jeden Fall beschreibt der Autor realitätsnah den «selbstmörderischen Luxus» vermeintlicher Souveränität, aber auch, wie es Managern gelingen kann, die «persönliche Reset-Taste» zu drücken. Dies ist spätestens dann nötig, wenn die Herausforderungen der Arbeit die persönlichen Bindungen in der Partnerschaft, zu Familie, Freunden und selbst zum eigenen Körper zerstören und die Brücken zum Leben jenseits der Arbeit brechen. Die Empfehlungen des Autors fassen sich am besten zusammen in

den «Zehn Geboten des Königs»: 1. Du sollst auf die kleinen Fehler achten! 2. Du sollst keine Angst haben vor einem Rückzug! 3. Du sollst feiern! 4. Du sollst nicht fett werden! 5. Du sollst ein sexuelles Leben haben! 6. Du sollst die Initiative zurückgewinnen! 7. Du sollst keine Angst haben, etwas anders zu machen als alle anderen! 8. Du sollst rechtzeitig um Rat fragen! 9. Du sollst deine Kinder kennen! 10. Du sollst keine Angst vor einem Neuanfang haben! CP Peter Modler: Die Königsstrategie – so meistern Männer berufliche Risiken. Krüger-Verlag, 2012. 271 S. Fr. 28.–/€ 19.99.

Kostengründen Gemeinden zu fusionieren und weiter für Geld zu arbeiten, das täglich mehr an Wert verliert, tun wir gut daran, die Verantwortlichen an ihre Verantwortung zu erinnern. Ivo Muri Der Autor ist Unternehmer, Zeitforscher und Buchautor. Er ist überzeugt, dass ohne die Unterstellung des Geldsystems unter demokratische Kontrolle Demokratie in einer geldbasierten Wirtschaft nicht möglich ist. Unter dem Titel «Zeitzeichen» lanciert Ivo Muri am 13. September eine Veranstaltungsreihe, die über aktuelle Fragen informieren will. Die Veranstaltung findet jeweils an einem Freitag oder Donnerstag von 17.00 bis 20.00 Uhr statt und wird von Philipp Gut, Inlandredaktor der Weltwoche, moderiert. Das Thema am 13. September: «Geld isst Zeit – wie die Zeit zu Geld wird, und was dies für uns bedeutet» mit Prof. em. Hans-Christoph Binswanger (Hochschule St. Gallen), dem Wirtschaftshistoriker Prof. Heinrich Bortis und Martin Neff, Chefökonom bei Raiffeisen. Aula Kantonsschule Sursee. Eintritt Fr. 30.–. Weitere Infos: www.zeitag.ch

Die Talente sind da Der Anfang war eine Sternstunde: Über 300 Menschen kamen im Herbst 1992 nach Aarau an eine Tagung über alternative Geldsysteme, damals in Europa ein absolutes Novum. Eingeladen hatten der Zeitpunkt und die «Initiative für eine natürliche Wirtschaftsordnung» (INWO). Es knisterte im überfüllten Saal, das Neue erhob sich buchstäblich vor der Tür. Dann stand der Unternehmer Peter Christen, schlug vor, es doch einfach zu tun und gab dem ungeborenen Kind auch gleich den passenden Namen: Talent, die alte Währung aus biblischer Zeit. Ein paar Monate später wurde das erste alternative Geldsystem Europas in neuerer Zeit aus der Taufe gehoben und wuchs schnell auf über 1000 Mitglieder. Kernpunkt: Das Talent-Geld entwertet sich mit sechs Prozent jährlich,

um das Horten unattraktiv zu machen. Als die INWO das Management an den Talent-Verein übergab, setzte ein langsamer Niedergang ein. Heute sich noch knapp 300 Talentler an regionalen Märkten treffen oder wickeln über das Internet Geschäfte mit dem grünen Geld ab, dank dem Clearingsystem ZART mit 14 anderen Tauschsystemen in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Wenn das Talent im Oktober sein 20-jähriges Jubiläum begeht, wird wohl weniger das Erreichte gefeiert als vielmehr das grosse Potenzial wieder aktiviert. CP Talent-Jubiläumsfest, 19. Oktober im reformierten Kirchgemeindehaus Lenzburg, 10.00 bis 23.00 Uhr. Mit Markt, Workshops, Aktionen, Kinderbereich, Verpflegung und einem attraktiven Abendprogramm. Auch Nicht-Mitglieder sind herzlich willkommen. www.talent.ch

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Nichts gelernt aus all den Krisen Die Wirtschaftsgeschichte ist eine unablässige Folge von Auf- und Abschwüngen, oft krisenhaft, gelegentlich katastrophal. Dies zeigt die «Kleine Geschichte der Finanzkrisen» des französischen Journalisten Christian Chavagneux, die der Rotpunkt-Verlag vor kurzem auf deutsch herausgebracht hat. Trotz ihrer Regelmässigkeit waren die Krisen nicht unvermeidbar. «Meistens wurden sie sogar von Zeitgenossen vorhergesehen», schreibt Chavagneux. Warum schenkt man den Warnern niemals Gehör? Der französische Ökonom André Orléan spricht von «Blindheit vor der Katastrophe» und nennt drei verstärkende Faktoren: Zum einen glauben wir, es sei diesmal alles anders und die Lehren aus früheren Krisen seien nicht anwendbar. Der zweite Faktor ist das Vertrauen in die «Weisheit der Masse». Tatsächlich muss man, um als Investor Erfolg zu haben, nicht den wahren Wert einer Anlage kennen, sondern die Bewegungen des Marktes

vorhersehen. Je länger die Masse mit Irrtümern finanzielle Erfolge erzielt, desto grösser ist dann aber der Absturz. «Der dritte Faktor schliesslich», schreibt Chavagneux, «beruht auf der … widerlegten Vorstellung, dass Menschen die viel Geld verdienen, zwingend intelligent sein müssten und sich in ihrer Einschätzung dessen, was man kaufen sollte und was nicht, kaum irren könnten.» Die Lehre, die man daraus ziehen kann: Lassen wir uns doch von denen mit den dicken Konten nicht mehr für dumm verkaufen! Im Buch nimmt der renommierte Wirtschaftsjournalist neben der gegenwärtigen vier weitere große Finanzkrisen unter die Lupe: die holländische Tulpenkrise des 17. Jahrhunderts, die Mississippi-Spekulation John Laws im 18. Jahrhundert, die US-amerikanische Krise von 1907 und die Weltwirtschaftskrise von 1929. Er beleuchtet die jeweilige historische, politische und gesellschaftliche Situation und arbeitet Schritt für Schritt die Gemeinsamkeiten heraus.

Was würden wir tun, wenn Geld keine Rolle spielte? Die Welt ist ein unsicheres Pflaster. Takashi Fuchigami verlor 2009 während der globalen Finanzkrise sein gesamtes Geld. Die Angst überfiel ihn. Er fühlte, als hätte er sich selbst verloren. Fuchigamis Vertrauen ins Finanzsystem wurde von einem auf den anderen Tag ge-

brochen. Aber er hatte keine Wahl, es musste weiter gehen – irgendwie. Der Tsunami im Jahre 2011 führte ihm vor Augen wie kurz das Leben wirklich ist. Wir ignorieren, wie vergänglich das vom Menschen materiell Erschaffene ist, sagt Fuchigami. Grundlegende Fragen, wie «Wieso mache ich das, was ich mache, jeden Tag?» und «Lebe ich authentisch?», erschienen ihm jetzt wichtiger als der Kontostand. Für viel Unheil ist nach Fuchigami das Geld verantwortlich. Die Angst, Geld zu verlieren, lässt den Menschen das eigentliche Leben vergessen, führt zu existentiellen Konflikten und letztlich

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zu Kriegen. Riesenhafte Pseudovermögen, die Aufblähung des Marktes und seine eigene Geschichte brachten Fuchigami zu der Idee der «Gratis Basis». Was würden wir tun, wenn Geld keine Rolle spielen würde? Fuchigamis Antwort ist klar: Wir würden nach unserem Herzen leben und jeder könnte sich selber sein. Leben soll auf Vertrauen, Zusammenarbeit, Harmonie und Freiheit basieren, anstatt auf Angst und Neid. Ohne Geld gäbe es kein Konkurrenzdenken und der Mensch könnte ganz bei sich sein, ist Fuchigami überzeugt. Er reiste um die Welt, um herauszufinden, ob ein globales Umdenken stattfindet. Nach sieben Monaten war er sich sicher: Menschen auf der ganzen Welt fangen an, neue Lebensentwürfe auszuprobieren, um vom Geld loszukommen. Takashi Fuchigami will auf seiner Internetseite die Menschen mit Beiträgen über alternative Lebensformen ermutigen, das wahre Leben zu suchen und wirklich anfangen zu leben. Takashi Fuchigami und seine Frau Salina, mit Hochschulabschlüssen in Ökonomie und einer breiten Joberfahrung, sind nun daran, unter dem Titel «Free» einen Film über das Leben ohne Geld zu drehen. RM Weitere Infos: www.gratisbasis.com

Die holländische Tulpenmanie der 1630er Jahre gilt als die erste Spekulationsblase der Wirtschaftsgeschichte und an ihr kann man bereits den entscheidenden Bestandteil aller folgenden erkennen. Richtig losgetreten wurde die Spekulation nämlich erst, als wegen der übergrossen Nachfrage nach Tulpenzwiebeln nicht nur echte Pflanzen, sondern auch Bezugsrechte verkauft wurden. Die Käufer sicherten sich gegen eine Gebühr von 2,5 Prozent eine notariell beglaubigte Option, die zur Erntezeit erfüllt werden musste, in der Regel aber schon vorher mehrmals gewinnbringend die Hand wechselte. Man konnte also mit relativ wenig Geld und einem Versprechen an die Zukunft einen satten Profit einstreichen. CP Christian Chavagneux: Kleine Geschichte der Finanzkrisen – Spekulation und Crash von 1637 bis heute. Rotpunkt Verlag, 2013. 272 S. Fr. 38.–/€ 29.90.

Indien: Gentechkritik schon bald verboten?

Wer die Gentechnologie in Indien öffentlich kritisiert, macht sich strafbar. Dies verlangt ein Gesetz, das kurz vor der Ratifizierung steht und alle bestraft, «die ohne Beweise oder bar jeder wissenschaftlicher Grundlage irreführende Informationen über die Sicherheit von Organismen und Produkten öffentlich verbreiten.» Die Angst der Genkritiker ist verständlich, besonders weil gentechnisch veränderter Mais bald in einem nationalen Ernährungsprogramm für die Armen eingesetzt werden könnte. Millionen würden dadurch mit genveränderten Lebensmitteln ernährt. Doch liest man den Gesetztestext genau, so fällt auf, dass auch die Gentechlobby verklagt werden könnte. Umfasst «die öffentliche Verbreitung von irreführenden Informationen» nicht auch geschönte wissenschaftliche Studien, wie sie in der Gentechnologie vorkommen? JW Quelle: www.schattenblick.de


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«Revolution» am grössten Umwelt-Event der Schweiz Der Film ist zweifellos das stärkste Medium und spielt eine wichtige Rolle in der Umweltbewegung. Man denke nur an die «Unbequeme Wahrheit» von Al Gore, den Millionen sahen und der die Klimapolitik an die Basis der Gesellschaft getragen hat. Dieser Film stand auch am Anfang einer Idee, die Kai Pulfer und sein Verein «Filme für die Erde» seither zu einer ernsthaften Initiative ausgebaut haben. Filme für die Erde organisiert Gratis-Vorstellungen von aktuellen Umweltfilmen. Den Besuchern wird am Schluss eine DVD kostenlos zum Weitergeben überlassen. Zehntausende von Filmen, von Sponsoren bezahlt, haben auf diesem Weg schon ein Mehrfaches an Zuschauern erreicht. Seit zwei Jahren gibt es nun das «Filme für die Erde-Festival», das am 20. September zum dritten Mal durchgeführt wird. Die Idee: ein Tag, sechs Filme, elf Städte und rund 5000 Besucherinnen und Besucher. Hundert Freiwillige und knapp 50 Sponsoren stehen hinter diesem grössten Umweltevent der Schweiz. Ein Grossteil des Publikums während des Tages entfällt auf Schulklassen. Damit aus Filmschauen auch Handlung entsteht, arbeitet Filme für die Erde mit der Initiative «klimapioniere.ch» zusammen, die begleitende Impulslektionen, konkrete Schulprojekte und Unterrichtsmaterialien anbietet, die von 80 Prozent der Klassen in Anspruch genommen werden.

Der Filmer und Umweltaktivist Rob Stewart bei den Dreharbeiten zum Dokumentarfilm «Revolution».

Über den Mittag gibt es ein Lunchkino, zu dem lokale Firmen mit nachhaltiger Zielsetzung eingeladen werden. Die Besucher können sich auf den Film «Taste the Waste» und einen Bio-Lunch freuen – wenn ihnen der Film nicht den Appetit verdirbt. Das Lunchkino ist der einzige Event am Festival,bei dem ein Eintritt verlangt wird. Hauptattraktion des Abends ist die Schweizer Erstaufführung des Films «Revolution – Save the Humans» von Rob Stewart, bekannt geworden mit dem Grosserfolg «Sharkwater». Vier Jahre lang hat er die Hotspots der Umweltkrise besucht, von den Korallenriffen vor Papua-Neuguinea über die Entwaldung in Madagaskar bis zum bisher grössten Rohstoffabbau in Alberta, Kanada. In seinem eindringlichen Werk zeigt er, wie alle unsere Handlungen zusammenhängen. Eine Lösung sieht er allerdings nicht, ausser in einer Revolution. An jedem der elf Austragungsorte stellen lokale und nationale Organisationen wie myclimate, Erklärung von Bern, WWF oder Greenpeace Nachhaltigkeitsprojekte vor. red.

Das «Filme für die Erde-Festival» findet gleichzeitig in diesen elf Städten statt: Basel (Unternehmen Mitte), Bern (Sternensaal Bümpliz), Chur (Aula HTW), Horgen (Schinzenhof), Luzern (Südpol), Neuenhof b. Baden (Schule Neuenhof), Schwyz (MythenForum), Sursee (Campus Sursee), Winterthur (Stadthaussaal), Zug (Kino Gotthard), Zürich (Dynamo) Das Programm findet synchron in allen Städten gleichzeitig statt. Die Eröffnungsrede des Regisseurs von «Revolution», Rob Stewart, wird via Live-Stream aus Winterthur in die anderen Städte ausgestrahlt.

Öffentliche Vorführungen: 12:00 – 13:30 Lunchkino Taste the Waste 16:00 – 17:30 Nachmittags-Kino Solartaxi/ Ausnahme Luzern: Waste Land 18:00 – 19:30 After-Work-Kino I am (CH-Erstaufführung) 20:00 – 22:00 Abendveranstaltung mit CH-Premiere Revolution, Apéro ca. 22:00 Ende

Werden Sie Mitglied bei mountain wilderness. Damit Sie auch morgen eine intakte Bergwelt geniessen können. www.mountainwilderness.ch info@mountainwilderness.ch Fon: 031 372 30 00 | PC 20-5220-5

Details und Reservation: www.FILMEfuerdieERDE.org

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Und jetzt? Antworten von «Danach»

«Danach», die «Allianz für unsere Zukunft», ist im letzten Herbst mit einem gut besuchten Symposium fulminant gestartet. Jetzt bringen die vier Initianten drei Leuchttürme der alternativen Wirtschaftsbewegung nach Zürich und dringen vor in «eine Welt ohne Banken».

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ie Aufbruchstimmung nach dem ersten Danach-Symposium ist mittlerweile etwas verflogen. Aber die vier Initianten der Allianz, Fred Frohofer, Nora Mae Herzog, Manuel Lehmann und Dominic Schriber holen neuen Anlauf. Für diesen Herbst haben sie ein hervorragendes Programm mit drei internationalen Koryphäen zusammengestellt. Es beginnt am 18. September mit dem innovativsten der drei, dem amerikanischen Mathematiker und Philosophen Charles Eisenstein. In seltener Klarheit beschreibt er in seinen Büchern den porentiefen Einfluss des Geldes auf unser Leben. Geld zerstört nicht nur die sozialen Beziehungen – den heutigen Verhältnissen obsiegt das Billige über das Nahe –, es könnte als Tauschmittel auch die Kreativität aller Menschen verbinden. Am Horizont sieht Eisenstein eine Schenkökonomie, die er in seinem Leben auch schon praktiziert. Der zweite ist der Praktischste. Niko Paech ist als Wirtschaftsprofessor der Uni Oldenburg Deutschlands bekanntester Wachstumskritiker, der auch den Green New Deal in Frage stellt – mit guten Argumenten. Er lebt, was er lehrt, sass erst einmal in einem Flugzeug und hat in Oldenburg einen Verschenkmarkt initiiert. Der dritte der Leuchttürme ist der amerikanische Anthropologe David Graeber, der 2011 mit seinem Buch «Schulden, die ersten 5000 Jahre» einen weltweiten Bestseller landete und den Diskurs über die Finanzkrise geprägt hat. Der bekennende Anarchist und Vordenker der Occupy-Bewegung zeigt darin, dass die Wirtschaft während der überwiegenden Zeit ihrer Geschichte bestens ohne Geld funktioniert hat. Die gegenseitigen Verpflichtungen

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(Schulden) wurden unter den Wirtschaftssubjekten kontrolliert und im Gleichgewicht gehalten. Dieses Gleichgewicht ist nun allerdings nachhaltig gestört, was sogar den Fortbestand der Demokratien gefährdet. Zwischen diesen Vorträgen richtet «Danach» am Wochenende des 28./29. September in der Roten Fabrik in Zürich ein Symposium ein, am Samstag zur Frage «Eine Welt ohne Banken», am Sonntag zum Thema «Zivilgesellschaftliches Engagement für den Wandel» CP Charles Eisenstein – Money, Values & Trust Mittwoch, 18. September 2013, 19:00 Uhr. Hauptgebäude ETH Zürich, Rämistrasse 101. Eintritt frei, Kollekte Niko Paech – Wirtschaft ohne Wachstumszwang Freitag ,27. September 2013, 19:30 Uhr. Rote Fabrik, Aktionshalle, Seestrasse 395, 8038 Zürich. Eintritt frei, Kollekte Eine Welt ohne Banken? Samstag, 28. September 2013, 10:00 - 18:00 Uhr, Rote Fabrik, Aktionshalle, Seestrasse 395, 8038 Zürich. Eintritt frei, Kollekte •Barbara Bohr, Bankfachfrau und Kommunikationsspezialistin, www.dievorbaenker.org

•Prof. Dr. Gerhard M. Buurman, Head of Institut for Design Research, Zürcher Hochschule der Künste •Hervé Dubois, WIR-Bank •Manuel Lehmann, Danach •Moderation: Klaus Amman, Wirtschaftsredaktor des SRF Zivilgesellschaftliches Engagement für den Wandel Sonntag 29. September 2013, 13:00 - 18:00 Uhr. Rote Fabrik, Aktionshalle, Seestrasse 395, 8038 Zürich. Eintritt frei, Kollekte Einstiegsreferat von Andrea Baier der Stiftungsgemeinschaft anstiftung & ertomis Podiumsdiskussion mit Tilla Künzli (UrbanAgriCulture Basel), Christian Müller (Volksinitiative bedingungsloses Grundeinkommen) sowie Isabelle von Walterskirchen (Petzi) David Graeber – Debt and the Future of Democracy Donnerstag 10. Oktober 2013, 18:00 Uhr: Referat und Diskussion; 20:00 Uhr: Apéro riche & Networking. GDI Gottlieb Duttweiler Institute, Langhaldenstrasse 21, 8803 Rüschlikon/Zürich Eintritt: CHF 30.- für Studierende und Wenigverdienende; inkl Essen Anmeldung: gdi.ch/de/Think-Tank/Veranstaltungen

Weitere Infos zu allen Veranstaltungen: www.danach.info

Auf dem Weg in die Postwachstumsökonomie Die Aussichten auf eine schnelle Lösung der Finanzkrise sind düster und verlangen vielmehr eine grundlegende Neuorientierung als kleine Justierungen. Die Fachhochschule Nordwestschweiz har sich deshalb für ihre öffentliche Ringvorlesung im kommenden Herbst-/Wintersemester das Thema Moloch, Milch und Honig – die Finanzkrise und ihre Alternativen gestellt. Ziel ist, den Weg in eine Postwachstumsökonomie aufzuzeigen. Alle Veranstaltungen finden jeweils von 17.15-18.45 Uhr im Audimax (1.045) der FHNW, Klosterzelgstrasse 2 in Windisch statt. Wie Banker Krisen auslösen und sie lösen – BankerPanik, Flash-Crash, Grosse Depression: Eine Übersicht der zehn grössten Finanzkrisen der jüngeren Geschichte und was wir daraus lernen können. Harry Büsser, Leiter der Finanzredaktion des Magazins Bilanz. 25. September 2013

Eine Woche im Leben eines Bankangestellten – Ursachen und Begleiterscheinungen der Finanzkrise. Ulli Schilling, Dozent für Mathematik und Unternehmensführung an der FHNW. 9. Oktober 2013 Griechenland – im Auge des Zyklons. Referent bei Redaktionsschluss noch offen. 23. Oktober 2013 Illusion und Realität Geld. Peter Koenig, Unternehmensstratege und Geldforscher. 6. November 2013 Geld und Nachhaltigkeit. Norbert Olah, Physiker. 20. November 2013 Vollgeld und Service Public: eine alternative Geld- und Finanzmarktverfassung. Philippe Mastronardi, Prof. em. für Staatsrecht der Hochschule St. Gallen. 4. Dezember 2013 Die Zukunft liegt in der Vielfalt der Währungen. Kathrin Latsch, Diplom-Psychologin und Wissenschaftsjournalistin. 18. Dezember 2013 Die kopernikanische Wende im Finanzsystem auf der Basis einer nachhaltigen Entwicklung. Erich Renner, Professor an der School of Engineering, der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften, Winterthur. 8. Januar 2014


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Bogen bis 27. September 2013 per Brief oder Fax an Zeitpunkt, Werkhofstr. 19, CH-4500 Solothurn senden. Fax: ++41 (0) 32 621 81 10. Oder schreiben Sie eine e-mail an: abo@zeitpunkt.ch • Bitte leserlich schreiben! Die Adressen werden ausschliesslich für den ein- oder zweimaligen Versand einer Probenummer mit Hinweis auf den Absender der Empfehlung verwendet.

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Die Kosten der Abowerbung sind horrend. Über 200 Franken pro neuen Abonnenten bezahlen die grossen Verlage. Da können und wollen wir nicht mithalten. 49 Prozent der Abonnenten sind durch Freunde und Bekannte auf den Zeitpunkt aufmerksam geworden – ein ausserordentlicher Vertrauensbeweis. Bitte helfen Sie uns, die Abonnentenbasis zu erweitern. Melden Sie uns die Adressen von möglichen Interessenten. Herzlichen Dank Strasse, Hausnummer

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Veränderungen kann man nicht verschenken aber


Foto: Stanislas Guigui


vollwertig leben

Zu welchem Stamm gehören Sie? von Christine Ax

Ganz vorsichtig hebt die schöne junge Frau in meinem Badezimmer ihre Oberlippe an. In der rechten Hand hält sie eine Stahlkanüle. Es ist verdammt schwierig, die stählerne Spitze ruhig und präzise zu führen, da der Spiegel jede Bewegung seitenverkehrt zeigt. Endlich glaubt sie, das Objekt an die richtige Stelle geführt zu haben, und sticht entschlossen zu. Durchsticht das zarte Häutchen, das ihre Oberlippe mit dem Zahnfleisch der Kieferhöhle verbindet. Schmuck kennt scheinbar keine Grenzen: Make-up, Farben und Lacke aller Art, Frisuren, Bärte, künstliche Leberflecken, Aufkleber, Hennamalereien, Haarfärbemittel und falsche Haare, Bänder, Flechtwerk, Ringe an Armen und Beinen, Broschen, Masken, Federn, Schuhe, Korsetts und Dessous: Sie alle schmücken uns, ohne den Körper zu verletzten. Und doch ist dies alles nicht genug. Noch in den 50er oder 60er Jahren wurden Piercings und Tattoos gewissen Milieus zugeordnet (Seeleute, Gefängnisinsassen u.a.). Beide Arten des Körperschmucks sind heute ziemlich normal. Bankangestellte, CEOs und Politiker mit Piercings sind allerdings nach wie vor selten. Doch wer weiss? Man sieht ja nicht alles..

Das Mädchen in meinem Bad flucht: Die Wunde tut weh und blutet. Nun greift sie zu dem bereit liegenden Ring aus Chirurgenstahl und schiebt ihn durch das blutende Fleisch. An seinem Ende ist ein glitzernder Stein. Er wird – wenn alles gut geht - bei jedem Lächeln zwischen ihren Schneidezähnen zu sehen sein. Tattoos gehörten bis vor kurzem nicht in unseren Kulturkreis. Aber die Welt ist bunt: Tut Ench Amun ist auf seiner berühmten goldenen Sarkophagmaske mit einem Ohrläppchenpiercing zu sehen. Die Ägypter durchstachen hauptsächlich Ohren. Azteken und Maya applizierten Naturmaterialien durch und unter die Haut. Intimpiercings werden Indien und dem Kamasutra zugeschrieben. In Afrika gibt es einen Stamm, dessen Frauen sich mit Hilfe von Ringen so lange Hälse wachsen lassen, dass sie an einem gebrochenen Genick stürben, nähme man sie ihnen ab. Andernorts lieben Männer den Fettsteiss so sehr, dass Frauen ihn sich wachsen liessen. Japanerinnen wurden lange die Füsse verkrüppelt. Und bei uns war die Wespentaille so beliebt, dass Frauen ein Korsett trugen, das die Atmung zur Qual machte.

Na bitte: Der Stahlring passt. Aber die blöde Klemmkugel nicht. Eine gute Stunde versucht die junge Frau in meinem Bad vergebens, eine Klemmkugel zwischen den Enden des Stahlrings zu befestigen. Als sie aus dem Bad kommt, ist die Oberlippe stark geschwollen. Sie hat den Stichkanal mit einem Ohrenpiercing gefüllt, weil dessen Stahlnadel dünn genug war. Jetzt bereut sie, das Piercen selber in die zitternden Hände genommen zu haben. Morgen geht sie in ein Piercingstudio oder notfalls zum Arzt und hofft, dass die Verletzung sich bis dahin nicht entzündet. Wir sind inzwischen sehr tolerant. Man könnte auch sagen: Es hat sich eine gewisse Gleichgültigkeit breit gemacht. Die Mütter von heute haben immer öfter selber ein Piercing und wissen ganz genau, dass sie gegen die wilde Entschlossenheit ihrer Kinder nicht ankommen. Und was ist schon ein Piercing, gegen die allgegenwärtigen Realitäten des Schönheitswahns, zu dem die moderne Chirurgie und Fernsehsendungen inspirieren? Aufgespritzte Lippen in Promigesichtern, künstliche Busen und mit Eigenfett aufgespritzte «glutei maximae» (Pomuskeln) bewegen sich gekonnt auf den Bühnen, die die Welt bedeuten. Und dann gibt es auch noch das weite Feld religiös motivierter Intimver-

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stümmelungen: Bei jungen Männern offiziell erlaubt. Bei Mädchen verabscheut und verboten. Stars wie Angelina Jolie oder Michael Jackson, machten schon vor vielen Jahren den martialischen Umgang mit dem eigenen Körper vor. Jolie wurde früh als tätowierte Selbstverletzerin ins Filmgespräch gebracht und liess sich jüngst aus gesundheitlichen Gründen beide Brüste amputieren. Jackson brauchte viele Operationen um sich von einem dunkelhäutigen Jungen mit breiter Nase und krausen Haaren zu einem schmallippigen, spitznasigen Weissen mit weiblichen Zügen ummodellieren zu lassen. Über 16 Millionen Schönheitsoperationen wurden 2007 in den USA ausgeführt. Immer mehr Frauen gehen mit Jolie-Lippen, harmlosen Stupsnasen und ausladenden Oberweiten durch die Welt. Die Lust an Monströsem und Fremdem ist nicht neu. Die Gründer des Hamburger Zoos Hagenbeck machten ihr Vermögen mit «Völkerschauen»: Eingeborene wurden ebenso gerne ausgestellt, wie Missgeburten und Menschen mit Elefantitis. Heute bedienen Privatsender den ungebrochenen Voyeurismus. Der Wettbewerb um die Aufmerksamkeit der Medien ist hart. Wer als «body modifier» Geld verdienen möchte, muss sich Hörner oder ElfenOhren wachsen lassen oder ausgefallene Brandzeichen tragen. Erik Sprague ist als Lizardman bekannt geworden. In seinem Mund blitzen spitze, geschliffene Zähne. Er kann die beiden Teile seiner gespaltenen Zunge umeinander wickeln. Und er hängt sich an

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den Ohren an einem Betonklotz auf. Sein Körper ist komplett grün tätowiert. Er ist eine menschliche Echse, ein lebendes Kunstwerk. Stalking Cat kann mit Reisszähne fletschen und mit Barthaaren schnurren. Er hat Raubtierstreifen auf der Haut. Der Schweizer Journalist Etienne Dumont lässt tief blicken: Durch ein Loch am Kinn kann man seinem Unterkiefer sehen und seinen bunten Kopf schmücken zwei Hörner. Das sind Extreme. Normal ist anders: In Deutschland hatten Anfang 2000 40 Prozent aller Mädchen und 27 Prozent aller jungen Männer zwischen 14 und 24 Jahren ein Piercing. Jeder Fünfte ist mit einem Tattoo verziert. Angefangen hat es mit Punks, die sich Sicherheitsnadeln durch die Haut steckten. Dass Tattoos, Piercings, Implantate, Brandzeichen oder selbst erzeugte Narben bald so verbreitet sein würden, haben wir uns nicht vorstellen können. Dieser Trend wird unter anderem von Psychotherapeuten und Medizinern untersucht. Sie müssen «normalen» Körperschmuck von «Selbstverletzendem Verhalten» (SsV) unterscheiden, das unter jungen Frauen verbreitet ist. Wie kann ein Arzt wissen, ob ein Mädchen, das mit drei oder fünf Piercings vor ihm sitzt, zu den Normalen gehört oder ob die Piercings Anzeichen für ein Borderline-Syndrom oder Depressionen sind, die als Auslöser für SsV gelten?

Als ich das Mädchen aus meinem Badezimmer das nächste Mal sehe, ist die Lippe abgeschwollen. Wenn sie lächelt sieht man einen kleinen Glitzerstein. Ihre Ohrläppchen schmücken drei Piercings, ein Piercing befindet sich an der Nase und an der Unterlippe rechts und links befinden sich «snakes». Seit kurzem hat sie auch ein Intimpiercing. Oberhalb der Klitoris. Sie findet es «nur geil».

«Piercings in den inneren vaginalen Bereichen sind u.a. das bekannte Prinzessin Albertina, welches wie der Prinz Albert durch die Harnröhrenöffnung zur Vaginalöffnung gestochen wird», heisst es auf der Website www.meinpiercing.de: «Es gibt auch Piercings direkt durch die Klitoris (Isabella waagerecht und Triangel senkrecht). Beliebt ist auch noch das KlitorisVorhautpiercing, dabei kann man ein Barbell, einen Ring, einen Bullenring, aber auch ein Fake-Plug einsetzen lassen. Gestochen werden sollte es aber erstmal mit einem Barbell.» Die Grenzen dessen, was erlaubt und was normal ist, sind beweglich. Wer sagt uns, dass das Ende absehbar ist? Wie wäre es z.B. mit regelmässigem Brustbügeln? Ein beliebtes Verfahren, um bei jungen Mädchen das Wachstum der Brüste zu hemmen. Oder mit Schädeldeformationen? Schädelverformungen durch Bandagieren war in Asien zeitweise sehr beliebt. Der französische Arzt Delisle berichtet Ende des 19. Jahrhunderts von Schädelverformungen in den französischen Departements Haute-Garonne und


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Seine-Maritime. Seinen Schätzungen zufolge besassen 15 Prozent der Männer und 10 Prozent der Frauen verformte Schädel. Schmale Schädel hielt man dort für ein Zeichen adliger Geburt. Normalerweise halten Ärzte und Psychotherapeuten Piercing und Tätowierung heute nicht für selbstverletzendes Verhalten. Obwohl Branding, Ritzen und Selbstamputation durchaus Züge davon haben. Das Deutsche Ärzteblatt berichtet allerdings, dass Drei Viertel der befragten Männer und die Hälfte aller Frauen, die sich tätowieren oder piercen lassen, Opfer von Gewalt waren. Sie suchen den Schmerz, um Traumata und negative Emotionen zu bewältigen. Aber verstümmeln wollen sie sich nicht und auch nicht suizidieren.1

Während junge Männer sich über jeden Zentimeter freuen, den sie nach der Pubertät an den richtigen Stellen zunehmen, sehen sich junge Frauen nach den Millimetern, die sie nicht sind. Versuchen sich dort zu dematerialisieren wo Weiblichkeit nicht erwünscht ist und arbeiten hart daran, andere, begehrtere Stellen aufzublasen. Wir haben es mit Körperkonzepten gegenüber dem anderen Geschlecht zu tun, die erschrecken. Dies geht einher mit einer Pornografisierung von Sprache in der Musikkultur und im Internet.

Selbstverletzendes Verhalten ist ein Frauenthema: 70-80 Prozent aller Selbstverletzer sind weiblich. Wen es interessiert: Das Internet ist voller Foren2, auf denen sich junge Mädchen über selbstverletzendes Verhalten austauschen. Niemand weiss, ob sie tatsächlich davon abhalten oder nicht vielleicht doch erst die Legitimation dafür liefern, sich so etwas anzutun. Eine naheliegende Erklärung für den extrem hohen Frauenanteil ist die Tatsache, dass Mädchen und junge Frauen es auch heute noch sehr schwer haben, sich mit ihrem Körper und der Frauenrolle anzufreunden. Die Gehirnwäsche, der sie durch die Werbung ausgesetzt sind, ist effektiver denn je. Wer dick ist, hat nicht nur ein Problem – er oder sie ist das Problem.

Aglaja Stirn ist Expertin in Sachen Körperschmuck. Sie war lange Zeit Leiterin der psychosomatischen Abteilung an der Universitätsklinik in Frankfurt und arbeitet heute in Hamburg. Sie forscht über Körperschmuck und legte erst kürzlich die Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage vor: 41 Prozent aller jungen Frauen unter 24 haben Tattoos oder Piercings. 38 Prozent aller jungen Frauen haben ein oder mehrere Piercings an Augenbrauen, Ohrmuscheln, Lippen, Zunge, Nase, Nabel, Brustwarzen oder Genitalien. Junge Männer bevorzugen Tattoos. Es spielt dabei keine Rolle, ob die Befragten in den alten oder in den neuen Bundesländern leben oder wie hoch das Einkommen ist. Es handelt sich nicht um ein «Unterschichtenphänomen» wie manche bisher noch glaubten. Statistisch auffällig ist allein die Tatsache, dass junge Arbeitslose doppelt so häufig gepierct sind, wie junge Männer in Beschäftigung oder Schü-

1 www.aerzteblatt.de/archiv/57550/ Selbstverletzendes-Verhalten-Ruf-nach-Hilfeund-Unterstuetzung2 2 verstecktescham.de

Wenn das Mädchen in meinem Badezimmer gross ist und Geld hat, will sie sich eine Po-Vergrösserung gönnen. Das findet sie ganz besonders «geil».

lerInnen. Der früher gerne unterstellte Zusammenhang zwischen erotischen Piercings und Sadomasochismus lässt sich nach Ansicht der Hamburger Expertin nicht aufrechterhalten. Sie hält Körperschmuck für einen eindrücklichen Bestandteil einer betont körperorientierten Lebensweise. Ausdruck eines Lebensgefühls, das von einer Lust an Provokation und der Ausformung einer neuen Ästhetik getrieben sei. Kein Wunder also, dass das Piercing heute auch in besseren Kreisen ein beliebtes Geschenk zum Abitur ist. Es scheint, dass Heranwachsende Piercings oder Tattoos heute immer öfter nutzen, um besonderen Lebensmomente zu „verewigen». Man geht als «Gezeichnete» durch die Welt. Womit sich das Tattoo und das Piercing auch als eine Art «Initiationsritus» einordnen liesse. Nehmen das Piercen oder andere invasive Körperschmuckvarianten suchtähnliche Züge an, hält die Hamburger Expertin Aglaja Stirn, eine misslungene Identitätssuche allerdings für wahrscheinlich. Dann könne die Ursache in psychischen Konflikten zu finden sein. Immerhin ist unser Körper das Einzige, über das wir auch dann Macht haben, wenn wir uns dem Leben als Ganzem gegenüber völlig machtlos fühlen. Es muss uns also nicht wundern, dass der Körper heute soviel ertragen muss. Für eine Beurteilung entscheidend könnte sein, ob wir uns diesen blutigen Ritualen in einem Akt der Freiheit oder in einem Akt der Notwendigkeit zuwenden. Doch wer kann das heute noch unterscheideden?

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Reise nach Koštunići Wer das Migrationsproblem lösen will, muss den entwurzelten Menschen ihre Heimat wieder zurückgeben. Ein internationales Team von Experten und Studierenden hat in Serbien im Rahmen einer Summer School die Bildung eines Ökomusterdorfes in Angriff genommen. Konzepte sind in dieser Arbeit weniger gefragt als die Sprache des Herzens. von Andreas Krebs

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Wenn wir in der Schweiz nicht Heerscharen traumatisierter Menschen aus dem Ausland wollen, dann müssen wir in der Heimat Perspektiven schaffen», sagt Martin Klöti und erzählt von seiner Reise nach Koštunići, gut 100 Kilometer südlich von Belgrad. Hügeliges Land mit einer erstaunlich grünen, fast alpinen Flora; kleinbäuerliche Strukturen; von alten Eseln gezogene Karren. Die Jungen wandern in die Stadt in der Hoffnung auf Arbeit. Aber Belgrad ist ein Moloch. Dort gibt es keine Arbeit, nur Stress. Wer kann, zieht weiter. Ins Ausland. Landet vielleicht im vermeintlich gelobten Land, zum Beispiel in Neuenhof mit einem Ausländeranteil von 46 Prozent. Entwurzelte Menschen überall auf der Welt. «Wir müssen Wirkung und Ursache zusammen bringen», begründet Martin Klöti sein Interesse an Koštunići und fragt rhetorisch: «Warum sind all die Menschen in der Schweiz?» Weil sie im Balkan keine Perspektive haben. Den Tropenhelm absetzen «Um den Paradigmenwechsel zu schaffen, müssen wir unser Gehirn dekolonialisieren», sagt Thomas Gröbly. Nicht immer nur den eigenen Nutzen und Profit für sich anstreben. Realisieren, dass wir mehr erreichen, wenn wir gemeinsam nach Lösungen suchen - über Landesund Kulturgrenzen hinweg. Denn, so Gröbly, «wir stecken überall in Sackgassen. Die Welt befindet sich in einem desaströsen Zustand». Klöti redet gar von einem Weltkrieg. Es herrsche ein global ausgetragener Systemkampf - und doch sei die Lage nicht hoffnungslos. «Das alte System ist ohne Zukunft, verteidigt sich aber hartnäckig. Doch neue Systeme erobern nach und nach das Bewusstsein.» Was dringend nötig ist. Getroffen zu diesem Interview haben wir uns einen Tag nachdem Carsten Schloter sich umgebracht hat. Für Klöti Sinnbild dafür, dass das System sich selbst verschlingt. «Schloter ist ein Opfer des Systems, das er selbst gepuscht hat.» «Immer mehr Menschen realisieren, dass es so nicht weitergeht.

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Sie leiden an riesigem Unbehagen, wissen aber nicht, wie damit umgehen», sagt Gröbly. Die Thematisierung und Stärkung von Nachbarschaften sei ein guter Ausweg aus diesem lähmenden Unbehagen. Hier wie dort. Die Probleme sind systemisch In Neuenhof, Melchnau, Zürich-Leutschenbach, Windisch und Schaffhausen werden derzeit Bedürfnisse evaluiert. Mit Teams von Experten und Studierenden verschiedener Hochschulen und Fachgebiete und unter direkter Mitwirkung der Einwohner entwickeln Klöti und Gröbly lebenswerte, nachhaltige Nachbarschaften – doch wie sollen diese aussehen? Ein wichtiger Aspekt ist, dass die lokale Wirtschaft gestärkt und die Gemeinden finanziell und kulturell unabhängiger werden. «Wir wollen radikal neu ansetzen mit Modellen, die ohne Wachstumsillusionen auskommen», sagen Klöti und Gröbly. Auch im Balkan braucht es solche Modelle. Zwar versuchen sich die Menschen selbst zu helfen, etwa indem sie gewaltige Himbeerplantagen anlegten, um Europa mit den Früchtchen zu beliefern. Zwei Euro pro Kilogramm bekommen sie dafür. «Die werden über den Tisch gezogen», empört sich Klöti. «Handel ohne Macht – das ist das systemische Problem des Agrarfreihandels.» Es braucht Alternativen, in Koštunići dringender als in Neuenhof. Faszination verbreiten 25 Alumnis aus aller Welt treffen sich in Serbien vereint durch ACTIS, einem Spin-Off der ETH Zürich, und der Sehnsucht nach einer besseren Welt. Sie haben eine Idee: Koštunići soll zu einem Ökodorf werden: einem Musterdorf, das beweist, dass eine nachhaltige Lebensweise möglich ist. Die Mehrheit der Teilnehmenden der Summer School wäre gar spontan bereit, in diesem kriegsgeschädigten Land zu leben und den traumatisierten Menschen beim Aufbau zu helfen. Sie wollen raus aus der Stadt, weg vom Stress, sich peux à peux ausklinken vom herrschenden System. Eco-Villages sind eine Möglichkeit.


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ACTIS

Activating Talents in Sustainability (ACTIS) ist ein Spin-Off der ETH Zürich unter der Leitung von Prof. em. Dr. Roger Baud. Die Summer School in Kostunici, Serbien, war der 39. Kurs unter der Bezeichnung YES!, Youth Encountering Sustainability. Weltweit gibt es über 1300 Alumni, mit deren Initiative laufend weitere YES!-Kurse durchgeführt werden. Dabei geht es primär um die Relokalisierung von Gesellschaft und Wirtschaft. Studierende und Dozierende kommen von den verschiedensten Hochschulen aus aller Welt.

Gemeinsame Malabende machten aus den Studierenden aus aller Welt eine engagierte Gruppe, die auch Herzsprache spricht.

Kleinbäuerliche Strukturen verraten das intakte Regenerationspotenzial des serbischen Berglandes.

«Wir müssen aber auch mitten in der Gesellschaft Parallelwelten entwickeln und uns möglichst aus dem bestehenden System raushalten», sagt Klöti, und Gröbly ergänzt: «Wir wollen das gute Leben wieder installieren. Dazu müssen wir neben dem Franken weitere Ressourcen aktivieren.» «Diese Ressourcen haben wir immer genutzt», greift Klöti den Faden auf. «Aber sie sind uns in den letzten Jahren wegdiskutiert worden. Die Wirtschaft hat die gesamte Faszination absorbiert. Alles andere, so hiess es, lohne sich nicht. ‹Die Opportunitätskosten sind zu hoch›, ‹du bist nicht qualifiziert dafür› etcetera. Am Schluss bist du überflüssig geworden: Du bist nichts wert.» Gröbly: «Die Spezialisierung und Fragmentierung schafft Komplexität und oft Trostlosigkeit. Wir müssen nun Wege aus der Disqualifikation finden. Wir sehen uns als Förderer dieser Befreiung.» Denn, so Klöti: «Die Zeit läuft ab.» Es gehe darum, Wege zu finden und den Übergang zu Neuem sichtbar zu machen. Darum, Ideen, Visionen und Faszination zu verbreiten. Projekte, die weitere Projekte anregen.

Die Kraft der Herzsprache In diesem Sinne verbreiten die Studenten ihre Idee in ganz Koštunići. Sie wissen: Gelingen kann so ein Projekt nur, wenn die Einheimischen es tragen. «Man muss es den Menschen überlassen, was sie aufbauen wollen. Man muss auch respektieren, wenn sie andere Wege gehen», sagt Klöti. Sonst wären die Ideengeber nur wieder die mit dem Tropenhelm, wie einst die Engländer in Indien. Symptomatisch ist der Besuch bei einem älteren Bauern auf einem Hof, der auch schon bessere Zeiten gesehen hat. Zuerst gibt es auch hier ein Glas Schnaps, der Mann freut sich über die Abwechslung. Aber sobald das Team der Summer School auf die Vision des Ökodorfs zu sprechen kommt, wird sein Blick leer und er wendet sich ab – zu lebendig ist das Kriegstrauma und zu gross die Desillusionierung über andere Entwicklungsprojekte. «Die Enttäuschung war niederschmetternd», erinnert sich Klöti. «Wir haben dann im Team eine Stimmungsübung gemacht.» Lauter positive Begriffe brachten die Studenten zu Papier, seitenweise. «Das war ein Befreiungsmoment. Die Kraft ist zurückgekommen und wir redeten darüber, was es braucht, um die Idee voranzubringen.» Entstanden ist eine Liebesgeschichte über Land und Leute. Die Studenten luden damit Koštunići zum Aufbruch ein. «Nur so kann man die Menschen erreichen», ist Klöti überzeugt: «Mit der Herzsprache.» Ansteckende Begeisterung Die Studenten haben zahlreiche Bauernfamilien besucht, von ihrer Vision des Eco-Villages erzählt und so einen Keim gesetzt. Sie haben die Menschen aufgefordert, von ihren Bedürfnissen und Träumen zu erzählen und haben sich von ihren Geschichten berühren lassen. «Wir haben Räume eröffnet, wo die Leute über ihre Herzensangelegenheiten reden konnten», sagt Klöti. Es gehe um Befähigung und Ermutigung, um Anstecken mit Begeisterung und Entzünden des Feuers. «Wir gehen davon aus, dass die Glut noch am schlummern ist in den Menschen und dass das nötige Potenzial für Veränderungen vorhanden ist. Man muss die Menschen dahingehend stärken, dass sie dieses Potenzial und ihre Talente und Ressourcen wieder entdecken.»

Der Zeitpunkt bei den Nachbarschaften Der Zeitpunkt berichtet über eine Reihe von Nachbarschaftsentwicklungen, die auf Initiative von Martin Klöti und Thomas Gröbly, Nachhaltigkeits- und Ethikdozierende der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW), in der Schweiz und im Ausland betrieben werden. Die letzten Artikel handelten von Windisch, Melchnau und Neuenhof, weitere Artikel folgen zu Entwicklungen in Afrika und China. Alle Projekte und Initiativen werden von ENGAGE! geführt. ENGAGE! formiert sich aktuell als Non-Profit-Organisation und Spin-Off der FHNW mit einer eigenen Trägerschaft.

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Gemeinschaftlich wohnen – wie plant man das?

Zusammen Wohnen liegt nahe an der Intimitätsgrenze der Menschen – auch wenn jeder seine eigene Wohnung hat, die man zusperren kann. Weil die Nachbarn eben keine anonymen Geschöpfe sind, die man von Erich Kolenaty sich manchmal lieber wegdenkt.

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emeinschaftlich wohnen heisst, bewusst wesentliche Ausschnitte des Lebens teilen, freiwillig und mit Freude. Die spannende alltagspraktische Frage ist nur, wie das geht: Individualität in der Gemeinschaft leben? Damit diese Frage ein bisschen konkreter wird, stellen Sie sich jetzt bitte eine Wohnbaugruppe vor, bei der 60 Männer und Frauen mitten in Wien gemeinsam ein Haus planen und bauen lassen, in dem sie anschliessend wohnen werden. Nicht irgendein Haus: ökologisch und nachhaltig, sechs Etagen mit Dachterrasse und Untergeschoss, 3.200m² Wohnfläche, 700m² Gemeinschaftsräume, Gewerbeflächen etc. Das Ganze zu Bedingungen und Preisen der Wohnbauförderung. Klar: Leidenschaft und Verantwortung in Bezug auf die gemeinsame Vision hilft zum Gelingen Vertrauen sowieso und ein wertschätzender Umgang miteinander ist nie verkehrt. Ist das schon genug oder fehlt da noch etwas? Wie entscheiden 60 Menschen eigentlich gemeinschaftlich? Wie koordinieren sie sich, wie teilen sie die Arbeit auf? Ist das nicht stundenlanges Gerede dass sich am Schluss die Lautesten durchsetzen oder die mit dem grössten Sitzfleisch? Die Herzenswärme alleine tut’s nicht, es braucht auch Pfiffigkeit in der Struktur. Struktur, weil 60 Leute sind keine Gruppe mehr sind, sondern längst die Grösse eines kleinen Unternehmens haben. Und es braucht Leichtigkeit und Verlässlichkeit bei dem, was getan wird. Wir brauchen sieben Sachen damit es gelingen kann: 1. Hardware: Bauplatz, Finanzierung und ein professionelles und vertrauenswürdiges Bauunternehmen 2. Architekten, die bereit und fähig sind, sich auf gemeinsame Planung einzustellen 3. Menschen, die Individualität in der Gemein-

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Synthese von Individualität und Gemeinschaft: Das Vauban-Quartier in Freiburg i.Br. Die heimliche Ökohauptstadt Deutschlands verfügt noch über andere beispielhafte und vielbesuchte Stadtentwicklungen. Foto: cp

schaft leben wollen, möglichst vielfältig zusammengesetzt 4. Jede Menge Herzenswärme, in all ihren Schattierungen 5. Einen Schöpfungsprozess für eine kraftvolle und tragfähige gemeinsame Vision und die Planung des ganzen Vorhabens , zum Beispiel mit Hilfe von «Dragon Dreaming» 6. Einen inneren Aufbau der Gemeinschaft, partizipativ, demokratisch und robust genug, den menschlichen Schwächen und Schwankungen zu trotzen. 7. Eine Art und Weise der Zusammenarbeit, die zu guten Ergebnissen führt und Energie bringt, statt raubt.

Es ist wichtig, die individuellen Träume der Einzelpersonen zugun­ sten eines neuen, gemeinsamen Trau­ mes der Gruppe sterben zu lassen.

Jetzt bin ich Ihnen eine Erklärung schuldig: Was ist Dragon Dreaming? Dragon Dreaming ist ein ganzheitliches Projektdesign-Konzept des Australiers John Croft: Jedes Dragon Dreaming Projekt durchläuft vier Phasen: Träumen, Planen, Handeln, Feiern und in diesen Phasen eine Vielzahl von Schritten und Prozessen. Träumen und Feiern, das ist in Projekten ungewöhnlich und zugleich so wichtig. Der philosophische Kern und gleichzeitig eine der Ursachen, warum Dragon Dreaming so gut für Gemeinschaftsprojekte passt, ist die Betonung einer gelebten Win-Win-Kommunikation. In jeder Wohnbaugruppe versammeln sich in der Pioniergruppe zunächst sehr unterschiedliche Träume. Es ist wichtig, mit Dragon Dreaming die individuellen Träume der Einzelpersonen zugunsten eines neuen, gemeinsamen Traumes der Gruppe sterben zu


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Von der Wohn- zur Ressourcengemeinschaft Im Oktober 2011 haben sich im südfranzösischen Montpellier mehrere Wohngemeinschaften zusammengeschlossen, um ihre Ressourcen gemeinsam besser zu nutzen.

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er sucht, der findet – manchmal ganz in der Nähe. Das dachten sich zwei junge Aktivisten im südfranzösischen Montpellier und schlugen den WGs der Agglomeration die gemeinsame Nutzung ihrer Ressourcen vor. Ans erste Treffen kamen sieben WGs, im Gepäck eine Liste mit Dingen, die sie zu teilen und tauschen bereit waren. Geboren war die CUMA Coloc, die Coopérative d'utilisation de matériel agricole: ein Netzwerk von Wohngemeinschaften, die gewillt waren, den Austausch von Material, Wissen und Kompetenzen zu formalisieren. In einem einfachen Informatik-Werkzeug wurden alle Informationen in zwei Hauptrubriken «Biete» und «Suche» zusammengefasst. Weitere Rubriken wie «Ateliers/Projekte», «Wohnung/ Unterkunft», «Kontakte» und nicht zuletzt «Agenda/Events» und «Witze» komplettieren das Angebot im Internet. Eine Dynamik setzte sich schnell in Gang. Die Euphorie unter den 40 beteiligten Personen war gross: Während des ersten Jahres fanden zahlreiche kollektive Ateliers wie Brot backen, Körbe flechten, Sammelnachmittage von lassen. Dieser gemeinsame Traum schafft Energie und Anziehungskraft für die weiteren Mitbewohner. Der gemeinsame Traum baut auch die Motivation für den Kraftakt auf, der gebraucht wird, um die nötigen architektonischen und sozialen Konzepte zu entwerfen und umzusetzen. Leidenschaft, Verantwortung, Vertrauen und Wertschätzung sind gleichzeitig Ausgangspunkt und Ergebnis der gelingenden Zusammenarbeit einer Gemeinschaft. Kehren wir zu unserem Beispiel zurück. Die Wohnbaugruppe ist nach drei Jahren der Zusammenarbeit nach wie vor stabil, arbeitsfähig und voller Energie. Der Bau des Hauses ist in der Endphase, alle Planungen sowohl der «Hardware» als auch der «sozialen Software» sind im Zeitplan, der Ein-

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Wildpflanzen, Tauschabende und zahlreiche individuelle Ateliers mit dem zur Verfügung stehenden Material statt. Unterdessen ist der gemeinschaftliche Schwung zwar etwas verflogen, die Aktivitäten der CUMA formieren sich hingegen mehr und mehr informell. DaOnline-Werkzeug wird immer weniger genutzt, man kennt sich ja unterdessen – es wird direkt zur Tat geschritten. Romain bringt es auf den Punkt: «Die Basisidee der CUMA ist, die Menschen einander näher zu bringen, und nicht den Computer!» Maud sieht es etwas anders: «Ich wünschte mir, dass unsere bescheidenen Initiativen, die letzthin rarer wurden, uns einen veritablen Lebensstil einhauchen. Diesen Eindruck habe ich bis jetzt nicht.» Pauline meint dagegen: «Die CUMA basiert auf dem Willen, der Lust und der Energie, die jeder einzelne zu geben hat. Und im Moment ist etwas weniger Energie vorhanden, ganz klar.» Auch sei die Lebensform in einer WG einer ständigen Veränderung ausgesetzt, die Leute kommen und gehen, und nicht jeder eignet sich das Projekt gleichermassen an, so Pauline. Immerhin ist jetzt eine Lebensmittel-Kooperative am entstehen. zugstermin Dezember 2013 wird mit grosser Wahrscheinlichkeit eingehalten werden. Link: www.wp-wien.at Erich Kolenaty (*1956), lebt und arbeitet als Unternehmensberater in Wien. Er betreibt die Moderationsakademie und ist seit 2010 Mitglied im Wohnprojekt Wien. moderation.at CoHousing ist im Trend, und das ist kein Zufall. Die Herausgeber des Handbuches «CoHousing Cultures» vom Berliner «Institut für kreative Nachhaltigkeit» schreiben: «Die Bewohnenden von CoHousing-Projekten gestalten Gemeinschaft, fördern die nachbarschaftlichen Beziehungen über ihre eigenen Wände hinaus und tragen so zur Entwicklung ihrer Städte bei. Sie experimentieren mit ökologischen Bauweisen und verbrauchen durch Teilen weniger Ressourcen. Sie verbinden Generationen, schaffen integrative Wohnräume und neue attraktive Lebensqualitäten.» Nur: CoHousing entwickelt sich nicht von allein, sondern muss organisiert werden. Dazu liefert das Handbuch eine Reihe von Vorschlägen und stellt neun Praxisbeispiele vor, aus Amsterdam, Basel, Berlin, Brüssel, Kopenhagen, Mailand, Stockholm, Tübingen und Wien.

Drei Menschen – sechs Hände: Ein Holzofen entsteht an einem der zahlreichen CUMA-Ateliers (Bild: zvg)

Das Ziel der CUMA ist aber nicht, unendlich zu wachsen. Mittlerweile ist man mit zwölf WGs und gut 60 Cumistes an der oberen Grenze angelangt. Denn in der CUMA ist man überzeugt: Nur menschliche, eher kleine Strukturen garantieren die Flexibilität und das unkomplizierte Funktionieren. So werden Interessierte eher animiert, eigene Initiativen ins Leben zu rufen. Ein CUMA-Babyboom soll es sein! Pascal Mülchi Kontakt: cumacoloc@lists.riseup.net CoHousing Cultures – Handbuch für selbstorganisiertes, gemeinschaftliches und nachhaltiges Wohnen. Hrsg.v. Id22 – Institut für kreative Nachhaltigkeit. JovisVerlag, 2012. 208 S. Fr. 35.–/€ 25.–. co-housing-cultures.net

Veranstaltungstipp: Der 14. September ist «Tag der offenen Genossenschaftstüren» in Basel. Auf der «Wohnprojekte-Tour durchs Dreiland» gibt es ein knappes Dutzend interessanter Anlagen zu besichtigen, vom Reihenhaus über die Hausgemeinschaft und das Mehrgenerationenhaus bis zur autofreien Nachbarschaft und dem Ecoquartier. Es gibt Kurzführungen durch die Häuser und Gelegenheit zu einem Schwatz mit den Bewohnern beim Apéro; der Bustransport ist organisiert. Die Teilnahme ist für Private kostenlos (Fachpersonen Fr. 15.–), eine Anmeldung erforderlich. www.wohnportal-basel.net, www.wohnportal-dreiland. net. Anmeldung: info@wohnportal-basel.net


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Der Club of Rome fordert ein monetäres Ökosystem «Während 40 Jahren habe ich die Literatur über Nachhaltigkeit studiert», schreibt Dennis Meadows im Vorwort «und an hunderten von Konferenzen teilgenommen, … aber nie hörte ich jemanden, der das Finanzsystem als Ursache unseres Weges zum Kollaps erklärte.» Das Buch «Geld und Nachhaltigkeit» des Club of Rome stellt die Fehlkonstruktion des Geldsystems und seine Folgen für die Umwelt dar und zeigt Wege aus den gegenwärtigen Krisen. Die brisanten Forschungsergebnisse verlangen eine Debatte jenseits aller Ideologien. Der Club of Rome kritisiert, dass unser gegenwärtiges «monetäres Paradigma einer Monokultur des schuldenbasierten, zinsbestimmten Geldes» strukturell instabil und nicht nachhaltig ist. Fünf «monetäre blinde Flecken» diagnostizieren die Autoren: Unser gegenwärtiges Geldsystem hat einen prozyklischen Charakter, verstärkt also Aufschwung wie Abschwung.

Zweitens fördert es kurzsichtiges Denken und Handeln. Drittens führen die Mechanismen des Zinseszinses zu zwanghaftem Wachstum. Daraus ergibt sich viertens eine Konzentration von Reichtum und fünftens eine Abwertung des Sozialkapitals, also des sozialen Kitts unserer Gesellschaft. Zudem werden die demokratischen Strukturen zersetzt, könnte ich noch ergänzen. Was absolut glaubwürdig dargestellt wird, hinterlässt bei mir Wut und Verzweiflung. Wut über das ungerechte Finanzsystem und Verzweiflung über die Ignoranz, den blinden ökonomischen Glauben und die Korruption der Finanzeliten. Zivilisationszusammenbrüche in der Geschichte sind durch Konzentration von Reichtum, falsche Prioritätensetzung der Eliten und einer Verschlechterung der Umwelt verursacht worden. Alle drei Faktoren treffen heute zu. Die Autoren verfallen jedoch nicht in Resignation, sondern stellen neun Lösungsansätze vor.

Es handelt sich immer um Komplementärwährungen mit einem positiven Einfluss auf die Lebensqualität und Nachhaltigkeit. Das Buch ist ein «Muss» für alle, die sich Sorgen um unsere Zukunft machen. Es vermittelt eine komplexe Materie gut verständlich und die Quellenangaben erleichtern eine Vertiefung. Die Studie kritisiert zwar radikal unser gegenwärtiges Geldsystem, will es jedoch nicht überwinden, sondern ihm (nur) Komplementärwährungen an die Seite stellen. Ich bin nicht sicher, ob das reicht, aber vielleicht ist es ein guter Schachzug, um auch die Finanzeliten überzeugen zu können. Thomas Gröbly Bernard Lietaer, Christian Arnsperger, Sally Goerner, Stefan Brunnhuber: Geld und Nachhaltigkeit. Von einem überholten Finanzsystem zu einem monetären Ökosystem. Ein Bericht des Club of Rome/EU-Chapter. Wien, Berlin, München, 2013 (deutsche Übersetzung). Thomas Gröbly ist Dozent für Ethik und Nachhaltigkeit an der Fachhochschule Nordwestschweiz sowie Inhaber des Ethik-Labors. www.ethik-labor.ch


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Gesucht: Die schmutzigsten Stellen der Schweiz

Eine neue App soll ein Littering-Narometer der Schweiz erstellen. Das App hilft, zugemüllte Orte zu registrieren. Aufgeräumt wird dann gemeinsam am 21. September 2013 am nationalen Clean-Up-Day. Die IG saubere Umwelt (IGSU) will wissen, wo die Littering-Hotspots der Schweiz sind und ruft die Bevölkerung zur Mithilfe auf. In einer mehrmonatigen Mapping-Aktion sollen durch Abfall verschmutzte Stellen im öffentlichen Raum fotografiert und auf eine Schweizerkarte hochgeladen werden. So entsteht mit der Zeit ein Littering-Barometer der Schweiz. Dazu braucht es die Clean-Up-Day-App der IGSU. Mit dem Fotografieren alleine ist es aber noch nicht getan: Am 21. September 2013 organisiert die IGSU zusammen mit der Stiftung Praktischer Umweltschutz Schweiz (Pusch) einen schweizweiten Clean-Up-Day. An diesem Tag räumen Gemeinden, Schulklassen, Vereine und Unternehmen gemeinsam auf und setzen damit ein Zeichen gegen Littering und für eine saubere Schweiz. red. Weitere Informationen unter: www.clean-up-day.ch

Nichts für sanfte Brisen

Hundert mal neues Leben

Grosse Windanlagen sind ein erheblicher eingriff in die Landschaft, kleinere noch kaum erforscht. Insbesondere die Wirtschaftlichkeit ist noch ungeklärt. Nun will ein weltweit einzigartiges Pilotprojekt private Windkraftanlagen vom Hobby-Status befreien. Was leisten die Anlagen? Welches ist die beste Form? Wie teuer ist die Produktion, die Instandsetzung und die Wartung? Wie lange halten sie? Diese Fragen muss das Forschungsteam der Hochschule Bremerhaven beantworten. Um eine optimale Windkraftanlage zu entwickeln, müssen die Wissenschaftler sogar Schallentwicklung und Schattenwurf mit einbeziehen. Die momentan beliebteste Kleinwindanlage erzeugt bei einer sanften Brise 1,3 kWp (Kilowatt peak) und kostet zehn- bis zwölftausend Euro. Bei norddeutschen Windbedingungen leistet sie ungefähr das Dreifache und versorgt einen durchschnittlichen Vierpersonen-Haushalt. Zum Vergleich das Konkurrenzprodukt: Für eine Photovoltaikanlage rechnet man heute gemäss Swisssolar pro kWp dreieinhalbtausend Franken. Folglich lohnen sich die Kleinwindanlagen momentan im stürmischen Norddeutschland, nicht jedoch in unseren windärmeren Gefilden. JW

Was willst du wirklich? Mit dieser Frage können sich hundert Menschen in einem «Ermöglichungsraum» in der Uckermark nordöstlich von Berlin befassen. Ursprünglich als Feldversuch für das bedingungslose Grundeinkommen gedacht, wird die Einrichtung heute als Institution betrieben, in der Menschen ihre wahre Berufung finden und die Netzwerke dazu knüpfen können. Initiiert wurde das seit März 2011 bestehende Projekt «100 x neues Leben» von der Stuttgarter Breuninger Stiftung mit 200’000 Euro und einer Liegenschaft in Angermünde. Dazu kommen 390’000 Euro aus dem europäischen Sozialfonds. Neben der Betreuung der Teilnehmer in der Verwirklichung ihrer Ideen finden in Angermünde öffentliche Workshops und Veranstaltungen rund um das Thema Arbeit statt. Hertha Bentlage, eine der Teilnehmerinnen gewann für ihr Konzept einer Besenwirtschaft für Welsow den Wettbewerb «Neulandgewinner» der Robert-Bosch-Stiftung und ist dafür mit 50’000 ausgezeichnet worden.

Quelle: taz, 14.6.2013

Weitere Infos: www.100xnl.de

Beton als Seelenbaustoff «Beton, leicht und nachgiebig wie Waldboden.» So beschreiben zufriedene Kunden die Wirkung eines neuen Baustoffveredlers. Pneumatit (abgeleitet vom griech. Wort «Pneuma», Seele, auch Atem oder Luft) macht Beton «organischer». Der Zusatzstoff stammt aus der widar-Forschung, die von der FintanStiftung in Rheinau getragen wird. Erforscht wird das Verhältnis von lebensspendenden ätherischen Kräften zu formgebenden astralischen Kräften. Ätherische Kräfte sind weich, warm und lebendig. Astralische Kräfte hingegen hart, kalt und strukturierend. Herkömmlicher Beton ist tote Materie mit astralischer Energie. Mehr noch: Durch die Technik seiner Herstellung «saugt» er an den Lebens- oder Ätherkräften von lebendigen Organismen, die sich in betonierten Räumen aufhalten. Das kann zu Verstimmungen, Schmerzen bis hin zu Depressionen führen.

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Mit Pneumatit verändert sich der Beton jedoch so, dass er positiv auf den Menschen wirkt. Und dabei, so belegen Untersuchungen des HolcimQualitätslabors, wird die physikalische Struktur des Baustoffs nicht verändert. An der Wissenschaftlichkeit der Forschungen mit anthroposophischem Hintergrund scheiden sich die Geister. Doch die Aussagen von überzeugten Pneumatitbenützern sind bemerkenswert. Pneumatit kostet Fr. 25.- pro Kubikmeter Beton und die Anwendung braucht keine Fachkenntnis. Flüssiges Pneumatit zum Frischbeton dazugeben, gut umrühren, und fertig ist der Seelenbaustoff. JW

Bezug: Fintan Fünf, Pneumatit, Klosterplatz 1, 8462 Rheinau, Tel. 052 304 91 90. www.pneumatit.ch


vollwertig leben

Stiftung plant Schweizer Zukunftsdorf Die Stiftung KOLESE (Kommen, Leben, Sein) plant ein Gemeinschaftsprojekt mit Dorfcharakter in der Schweiz. In gemeinsamer Produktion werden die Güter des täglichen Bedarfs, im Einklang mit der Natur und der Gesellschaft, hergestellt. Kooperation und Teilen bilden das Rückgrat der Dorfgemeinschaft, jedeR trägt bei, was er kann, jedeR bekommt was sie braucht. Nun sucht die Stiftung eine passende Gemeinde für die Realisierung des Projekts. Das Zukunftsdorf vereint viele erprobte Modelle zu einem neuen Ganzen. So fliessen Ideen von Ökodörfern, Kibuzzim, dem Verein Neustart Schweiz, aus der Vertragslandwirtschaft, Gemeinwohlökonomie, Kreislaufwirtschaft oder Open Source Ecology ein. Es geht um die enkeltaugliche Herstellung, Bewahrung und Nutzung von Gemeingütern in Kooperativen. Dazu gehört fast alles: Boden, Nahrung, Wohnen, medizinische Versorgung, Energie, aber auch immaterielle Güter wie Wissen oder Kultur. Was kompliziert tönt, ist eigentlich einfach: Eigene kooperative Wirtschaftskreisläufe Ein Dorf hat einen bestimmten Bedarf an Gütern und Dienstleistungen. Und es wird von vielen verschiedenen Menschen mit unterschiedlichen Talenten und Berufen bewohnt.

Je grösser der Bedarf nach einem Gut ist, desto sinnvoller ist es, dieses regional herzustellen. Also baut die Dorfgemeinschaft für solche Produkte eigene Produktionsbetriebe auf, die sie kooperativ bewirtschaftet. Viele verschiedene Betriebe garantieren eine grosse Vielfalt an eigenen, qualitativ hochstehenden und umweltfreundlich produzierten Gütern. Der Überschuss wird verkauft. Für die Dorfgemeinschaft selbst sind die Produkte und Dienstleistungen kostenlos. Im Gegenzug erhalten sie auch keinen Geldlohn für die Arbeit in den Gemeinschaftsbetrieben. Die Dorfgemeinschaft sorgt für eine möglichst weitgehende Selbstversorgung.

– bezahlt werden. Eine solche «Gemeinsame Ökonomie» wird von diversen Gemeinschaften seit Jahrzehnten mit Erfolg praktiziert. Die Stiftung Kolese sucht neben einem Standort interessierte Menschen, die sich aktiv in den Aufbau eines solchen Dorfes einbringen möchten. Raffael Wüthrich Weitere Informationen unter www.kolese.ch oder www.facebook.com/ZukunftsdorfKolese Raffael Wüthrich Stiftungsratsmitglied KOLESE raffael.wuethrich@kolese.ch

Aus einer Kasse Die daneben benötigten Einnahmen erzielt die Dorfgemeinschaft durch den Verkauf von Produkten, durch Dienstleistungen in sanftem Tourismus und durch Bildungs-, Gesundheitsund Kulturangebote für die breite Bevölkerung. Die Einnahmen der Dorfbetriebe fliessen in eine gemeinsame Kasse, aus der die Kosten der Dorfgemeinschaft – und ihrer Individuen!

Wie Städte sich ernähren könnten Wer auf dem Land lebt und sich mit regionalen Lebensmitteln versorgen will, findet ein reiches Angebot, quasi vor der Haustüre. Aber wie sieht es in den Städten aus, wo die meisten Menschen leben? Bei Grossverteilern und Supermärkten haben regionale Produkte nur eine marginale Bedeutung oder dienen vor allem der Image-Pflege. Ins Gewicht fallen sie nicht. Damit sich Städte regional versorgen können, muss die umliegende Landwirtschaft für den Bedarf der Stadt produzieren, und es braucht neue Vertriebskanäle. Nachhaltige Ernährungsstrategien sind in den letzten zwanzig Jahren denn auch zu einem wichtigen Thema geworden. In Kanada arbeiten bereits 64 Kommunen damit, darunter Grossstädte wie Toronto und Vancouver. In «Food Councils», Lebensmittel-Räten, finden Akteure der

verschiedenen Ebenen – Produktion, Vertrieb, Konsum und der öffentlichen Verwaltung – gemeinsame Lösungen. Neben Nachbarschaftsläden, Vertragslandwirtschaft und LebensmittelKooperativen, die alle auf privater Basis und in geduldiger Kleinarbeit aufgebaut werden, spielt die öffentliche Beschaffung wegen ihrer Dimension eine entscheidende Rolle. Die Stadt Malmö will ihre 50’000 Mahlzeiten an Schulen, Krippen und städtischen Einrichtungen bis 2020 zu 100 Prozent auf biologisch umstellen. In Biel will eine Initiative den städtischen Lebensmitteleinkauf von rund zwei Millionen Franken «regionalisieren». Dort eröffnet am 20. September die Tagung «Stadt ernähren» die Diskussion über Ernähungsstrategien in der Schweiz. Der langjährige Kenner des Themas Philipp Stierand erklärt die wichtigsten Instrumente städtischer Er-

nährungssouveränität. Monika Jäggi zeigt am Beispiel von Toronto wie eine erfolgreiche Ernährungspolitik aussehen kann. Rudi Berli von der Bauerngewerkschaft Uniterre führt durch verschiedene Projekte in Genf. Thomas Gröbly von Neustart Schweiz macht Mut zu Nachbarschaften. Ulrike Minkner, Präsidentin von Uniterre, spricht zur Ernährungssouveränität. Am Nachmittag werden in Gruppenarbeiten in Zusammenarbeit mit den Referenten an den verschiedenen Aspekten gearbeitet. red. «Stadt ernähren» – Tagung für lokale und nachhaltige Strategien 20. September, 9 bis 18 Uhr Wyttenbachhaus, Jakob-Rosius 1, Biel Tagungsbeitrag Fr. 75.-(inkl. Mittagessen). Anmeldung: info@vision2035.ch Weitere Informationen auf: www.vision2035.ch

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vollwertig leben

Alle Welt auf der Schweibenalp 280 Menschen aus 50 verschiedenen Ländern verloren sich für eine Woche auf einer abgelegenen Alp hoch über dem Brienzersee, um die Idee der Ökodörfer voranzutreiben. «NextGen», die nächste Generation, war das Thema der Konferenz des Global Ecovillage Network (GEN). Interessant, mit welchen Ideen junge Leute ihre Gemeinschaftsprojekte befeuern. Da ist Leti Leticia, die berichtet, wie eine nomadische Gemeinschaft in Südamerika zu Fuss, auf Pferden, in Booten oder auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln von Stadt zu Stadt zieht, um den Menschen vor Ort simple aber wirkungsvolle Konzepte für eine nachhaltige Lebensweise aufzuzeigen. Oder Nick, der mit ansteckender Begeisterung von der ValhallaBewegung in den USA erzählt. Anfänglich als Ökodorf in Montreal gestartet, gibt es bereits drei Nachahmerprojekte in Los Angeles, Washington und Colorado. Ihr Trick, die nachhaltige Lebensweise auf schnelle Art zu verbreiten, ist professionell gemachte Kommunikationsarbeit über soziale Medien wie Facebook und Youtube. Auch aus Afrika und Asien berichten junge Menschen über Erfolge und Konzepte für

Die Bishnoi, die ersten Umweltaktivisten «Seinen Kopf zu verlieren ist besser als einen Baum zu verlieren», so lautet ein Sprichwort der Bishnoi. Die Bishnoi, eine indische Religionsgemeinschaft mit rund einer halben Million Anhänger, gehören weltweit zu den ersten Umweltaktivisten. Ihre Geschichte beginnt im 15. Jahrhundert. Der Guru Jambeswar zieht sich nach einer bedrohlichen Dürre zum Meditieren zurück und sieht die Wahrheit. Er verfasst eine Lehre mit 29 Maximen – Bish bedeutet zwanzig und noi neun – mit dem Ziel, die Menschen mit der Natur zu vereinigen. Tiere und Pflanzen sind ihnen heilig. Vor 200 Jahren haben sich 363 Bishnoi geopfert, um den Wald in Kherjarli, südöstlich von Jodhpur, der auf Wunsch des Königs gerodet werden sollte, zu schützen. Auch heute fechten die Bishnoi einen ungleichen Kampf mit begrenzten Mitteln gegen die Auswirkungen der Umweltverschmutzungen durch Abwasser der Textilindustrie. Die Bedrohung kommt jedoch nicht nur von Aussen. Die Nachfahren wollen mehr von der Welt sehen, ja von ihr profitieren, und kehren der Gemeinschaft den Rücken zu. RM

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ein nachhaltiges Leben in Gemeinschaft. Älteren Konferenzteilnehmern treiben die Berichte der jüngeren Referentinnen und Referenten die Tränen in die Augen. Im Applaus am Ende der Präsentationen schwingt viel Freude und Liebe mit. Wohl weil spürbar ist, dass das Werk der Älteren fortgesetzt wird, die Welt zu einem besseren Ort zu machen. In Europa gibt es mehrere hundert ÖkodorfProjekte, weltweit tausende. Und sie haben Einfluss auf die Gesellschaft. So gibt es an der Universität Catalonia in Barcelona seit 2008 den Master-Studiengang «Ecovillage Design Education», einen Studiengang zum Erlernen der Konzepte der Ökodörfer. Vielleicht wird aus der Ökodorf-Kultur eines Tages eine massentaugliche Bewegung. Die Mitglieder der

weltweit wachsenden Ökodörfer glauben jedenfalls fest daran. Auf der Schweibenalp leben 30 Personen dauerhaft. Zusätzlich erfahren jeweils 20 Volontäre zwischen einem und drei Monaten das Leben im Ökodorf. Das «Zentrum der Einheit» sei aber auch ein «Zentrum der Diversität», betont Sundar Robert Dreyfus, der Initiant der Gemeinschaft. Wie alle Ökodörfer erprobe die Schweibenalp Alternativen, die ein friedliches, nachhaltiges und bewusstes Zusammenleben ermöglichen. Eine Stiftung ist Besitzerin der Liegenschaften, ein Verein betreibt das Ökodorf, das 1982 als «Ort der Begegnung für die Vielfalt der traditionellen Religionen, Kulturen und spirituellen Richtungen» gegründet wurde. Raffael Wüthrich gen.ecovillage.org www.schweibenalp.ch

«Kooperation der Generationen, Grundlage für einen Systemwechsel in der Ökonomie und neue Formen des Zusammenlebens» – unter diesem Titel findet vom 25. bis 30. September bereits zum dritten Mal die internationale Green Phoenix Konferenz auf der Schweibenalp statt. Green Phoenix versteht sich als «Netzwerk ökosozialer Friedensarbeit für eine nachhaltige Lebenskultur». Diese Fragen will die Konferenz beantworten: • Welche Welt werden wir unseren Kindern hinterlassen? • Welche Formen des Wirtschaftens unterstützen soziale und ökologische Nachhaltigkeit? • Was für Formen des Zusammenlebens verhindern Gewalt? Weitere Infos: greenphoenixglobally.wordpress.com


Wahre Werte / Publireportagen

Architektur, Ökologie und Ethik in selbstverständlicher Harmonie In Lindencham entstand am Rande eines beliebten Neubauquartiers ein Leuchtturmprojekt für das zukunftsorientierte, in jeder Hinsicht nachhaltige Bauen und Wohnen. Der schlichte, viergeschossige Holzelementbau mit Eigentumswohnungen gehobenen Standards überrascht vor allem durch die Konsequenz, mit der die Bewohner und ihr Wohlergehen in den Mittelpunkt gestellt und ihr Verhältnis zu Natur und Umwelt behandelt werden. Bei der Planung wurden die Lebenszyklen der Bauteile und die Graue Energie speziell berücksichtigt. Durch die Verwendung von Holz als Baustoff z.B. wird das darin eingelagerte Treibhausgas CO2 der Atmosphäre für Jahrzehnte entzogen. Ausser dem Sockelgeschoss und dem Liftschacht

wurden sämtliche Wände und Decken in der Holzelementbauweise der Tschopp Holzbau AG aus Hochdorf erstellt, ohne Leim und Zusatzstoffe. Eine sägerohe, mit Roggenmehlfarbe gestrichene Holzschalung bildet die Fassade. Dadurch prägt der Baustoff Holz auch die äussere Erscheinung, und durch die Massivparkettböden die Stimmung der qualitätvollen Innenräume. Naturmaterialien und die atmungsaktive Gebäudehülle tragen massgeblich zur Gesundheit der Bewohner bei. Für den ausserordentlich geringen Aufwand an Betriebsenergie ist eine massgeschneiderte Wärmepumpenanlage verantwortlich. Dank dem berufsethischen Anspruch des Architekten Alois M. Fischer (Cham) mussten den vielen Innovationen weder Wohnkomfort noch ästhe-

tische Qualitäten geopfert werden. Mehrere zufriedene Eigentümer konnten ihr Zuhause bereits beziehen; die letzten der 4.5-Zimmer-Wohnungen stehen aktuell noch zum Verkauf. Mehr erfahren Sie unter www.klimahaus-cham.ch

Neuland entdecken durch Fasten, Wandern, Wellness Für Erstfastende ist es das unbekannte Land des Nahrungsverzichts. Damit verbunden ist die Furcht vor dem Unbequemen: Angst vor körperlicher Schwäche, vor der Leere und vor allem Angst, zu verhungern. Und dann erfahren sie das Gegenteil und machen die Erfahrung der Fülle – die Fülle der neuen Empfindungen. Eine Motivation zum Fasten kann ein körperliches Problem sein: Rheuma, Gelenkschmerzen, Magen-/Darmbeschwerden, Kopfweh, Gewicht u. v. m. Das ist gut so. Noch besser ist: Das Fasten unterscheidet nicht zwischen Körper und Gefühlen, und mit jedem Tag kann deutlicher werden, dass hinter den körperlichen Gebresten Erfahrungen schlummern, denen wir bis anhin wenig Aufmerk-

samkeit entgegen gebracht haben. Holen wir dies nach, kann Erstaunliches passieren. Fasten erholt und bringt Lebensimpulse Sich eine Woche lang um nichts kümmern und verwöhnen lassen – dieser Genuss sollte für alle Menschen ein «Muss» sein. Wenn dabei die Gesundheit gestärkt wird und sich ungünstige (Ess) Gewohnheiten ändern, ist das umso besser. All dies ist durch Fasten möglich. Die Erfahrung, einige Tage problemlos aufs Essen zu verzichten, greift tief und gibt Ansporn für Neues. Wichtig ist, dass das Fasten richtig durchgeführt wird. In unseren Fastenferien erhalten Sie eine kompetente und herzliche Begleitung, die Ihnen viel

Teebuffet – Trinken ist das A und O beim Fasten

Freiraum lässt. Nächste Termine: 28. Sept. – 5. Okt., Hotel Serpiano, Serpiano, TI 13. – 20. Okt., Jugendstil-Hotel Paxmontana, Flüeli-Ranft, OW Weitere Informationen: Ida Hofstetter, zertifizierte Fastenleiterin UGB,

Uradix – Naturkontakt Uradix fördert das Bewusstsein für die Zusammenhänge in der Natur. Dies in einer Zeit, in der es manchen Menschen anfängt aufzufallen, dass man Geld nicht essen kann ... Uradix steht für das Urvertrauen in die natürlichen Kreisläufe. Georg Henne, ein Naturpraktiker, bietet mit seinem Schaffen Unterstützung, um ein Verständnis für die Zusammenhänge der Natur zu erhalten. «Ich biete, in natürlichen Systemen denkend und handelnd, Möglichkeiten für Menschen, denen naturgesetzmässige Werte und Produkte am Herzen liegen» so Georg Henne. Das Angebot von Uradix ist sehr mannigfaltig, wie unsere Mutter Natur ja auch :-). Dies geht von ganz grundlegenden Hilfeleistungen für ein gesundes Leben,

der Beratung im Bereich der Ernährung und einer natürlichen Lebensführung, über die Gestaltung und Harmonisierung von Garten und Haus, bis zur Behandlungen bei allerlei Beschwerden mit Hilfe der Pflanzenheilkunde. Wer zum Beispiel seinen Garten im Sinne der Permakultur, nicht nur mit dem Ziel der Verschönerung, sondern auch für Nützlichkeit und somit in den natürlichen Kreisläufen funktionierend, umgestalten möchte, findet bei Uradix Unterstützung mit Hand und Herz. Zudem bietet Uradix eine wunderschöne Palette an eigens fabrizierten Kräutermischungen und Salzen, Salben aus hochwertigen Rohstoffen, sowie Silberlinge an.

Mehr über Uradix, aktuelle Workshops und Lehrgänge, sowie Produktbestellungen auf: www.uradix.ch, oder per Telephon direkt an Georg Henne: 052/624’75’18

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Vom Fluchtweg zum Wanderweg

Im Jahr 1685 bricht die grösste Flüchtlingswelle, die das Land je gesehen hat, über die Schweiz herein. Über 140‘000 Reformierte aus Frankreich, Hugenotten genannt, und dem Piemont suchen Schutz vor Verfolgung. Trotz wirtschaftlicher Not zeigen sich die reformierten Kantone solidarisch mit ihren Glaubensbrüdern. Einige bleiben und prägen als Handwerker und Geschäftsleute die Schweizer Wirtschaft nachhaltig. Nun soll ein durchgehender Hugenotvon Philippe Welti tenweg zwischen Genf und Schaffhausen an den Flüchtlingstreck erinnern.

N

achdem der französische König Ludwig XIV. im Jahr 1685 den Katholizismus zur Staatsreligion und alle Reformierten zu Ketzern erklärt, kommt es landesweit zu Zwangsbekehrungen und Schikanen gegen Reformierte. Der Protestantismus soll ausgerottet werden. Jetzt gibt es für Jacques Friquet, Sattler und Maultiertreiber aus dem Städtchen St. Hyppolyte-du-fort in den südfranzösischen Cevennen und seine Familie nur noch eines: Sie wollen weg. Ihr Ziel ist Genf, die Stadt ihres Reformators Johannes Calvin. Tausende tun es ihnen gleich. Die Flucht ist gefährlich. Jederzeit können die Flüchtlinge verraten werden; dann droht ihnen der Kerker oder ein Leben in Ketten als Ruderer auf den Galeeren. Sie reisen deshalb nachts und kommen tagsüber bei Glaubensbrüdern unter. Endlich erreichen die Friquets Genf, wo ein grosses Gedränge herrscht und sich die Spur der Familie vorerst verliert. Rund 300‘000 Menschen verlassen in dieser Zeit der Verfolgung Frankreich. Vermutlich in Anspielung auf das französische Wort aignos (für Eidgenossen) werden die Flüchtlinge als Hugenotten bezeichnet. Viele von ihnen wollen nach Deutschland, wo fruchtbares Land liegt und ganze Landstriche nach dem 30-jährigen Krieg entvölkert sind.

Wer anderer Not löst, ist der Erlöste. Lao-Tse

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Reise auf Seen und Flüssen Für die Weiterreise in Richtung Deutschland gilt es, bei Genf das französische Gebiet von Versoix zu umgehen – viele nehmen deshalb eine Barke über den Genfersee. Später wird ein Teil der Hugenotten über den Neuenburgersee und Bielersee verschifft. Andere nehmen den beschwerlichen Landweg über Bern. Die Weiterreise

erfolgt auf der Aare via Solothurn. Dort versucht der französische Ambassador, die Flüchtlinge zur Heimkehr zu bewegen, doch die Einwohner Solothurns, die schon 155 Jahre zuvor einen Glaubenskrieg verhindert haben, denken nicht daran, die Flüchtlinge auszuliefern. Trotzdem machen viele um die katholischen Städte Solothurn und Olten einen Bogen. Eine Tragödie ereignet sich am 8.September 1687. Damals hat man sich im Dorf Lyss im Bernbiet bereits an die Franzosen gewöhnt, die hier für einige Tage oder Wochen im Hotel «Weisses Kreuz» aufgenommen werden. Jetzt soll erneut eine Gruppe von Flüchtlingen aus Bern anreisen. Doch die meisten von ihnen kommen nie an. Die betrunkenen Schiffsleute steuern die Barke mit 137 Flüchtlingen auf der Aare zwischen Aarberg und Lyss auf eine Kiesbank. Das Schiff kentert und 111 Menschen ertrinken bei der grössten Schifffahrtskatastrophe, die das Land je erlebte. Dreissigmal so viele Flüchtlinge wie heute Die reformierten Kantone sehen es als ihre Pflicht an, ihre Glaubensbrüder zu unterstützen, stossen aber mit Aufnahme, Unterstützung und Abfertigung der Tausenden an ihre Grenzen. Zu den Flüchtlingen aus Frankreich kommen die Waldenser, verfolgte Reformierte aus dem Piemont, hinzu. Heute weiss man, dass längst nicht alle Glaubensflüchtlinge waren. Rund 20‘000 der Flüchtlinge lassen sich schliesslich dauerhaft in der Schweiz nieder, die damals 1,2 Millionen Einwohner hat. Angesichts des grossen Flüchtlingsstromes legen die Kantone Aufnahmequoten fest. Die Stadt Bern beherbergte Ende 1685 bei rund 8000 Einwohnern 1614 Flüchtlin-


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«Protestantische Flüchtlinge» von Albert Anker (Sammlung Christoph Blocher)

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An dieser Stelle in Aarburg mussten die hugenottischen Flüchtlinge die Boote verlassen, um das katholische Olten zu umgehen und Aarau zu erreichen. (Foto: PW)

ge. Ende des Jahres 1686 zählt die Stadt Zürich 11‘000 Einwohner. Im März dieses Jahres übernachten dort 1073 Flüchtlinge, rund 10 Prozent der Bevölkerung. Im Vergleich dazu: Heute kommen auf eine Stadt dieser Grösse 33 anerkannte Flüchtlinge. In Schaffhausen beherbergen die 5000 Einwohner sogar 9000 Flüchtlinge. Auch damals gab es kritische Stimmen, doch die Notwendigkeit der Aufnahme der Flüchtlinge wurde nicht in Frage gestellt. In den Städten Bern, Zürich, Aarau und Schaffhausen entstehen französische Kirchgemeinden, die bis heute existieren. Zahlreiche Hugenotten lassen sich Ende des 17. Jahrhunderts in Aarau nieder. Bald gibt es dort auch einen Pfarrer und eine französische Kirchgemeinde, die sich um die Flüchtlinge kümmert. Hier taucht auch die Familie Friquet wieder auf, die ihre Tochter 1692 in der Stadt taufen lässt. Solidarität in der Kleinen Eiszeit Die Solidarität mit den Glaubensbrüdern in der Schweiz ist zumindest zu Beginn des «Grand Refuge» hoch, davon

Hugenotten unter uns Die Nachfahren der Hugenotten leben immer noch unter uns. Dabei sind sie bescheiden und suchen nicht das Rampenlicht. Getreu dem Motto: «Etre non paraître» (Sein, nicht scheinen). Oft erkennt man die Familien hugenottischen Ursprungs am französisch klingenden Namen – auch wenn dieser mittlerweilen eingedeutscht wurde. Einige der Flüchtlinge haben sich als erfolgreiche Unternehmen einen Namen gemacht. Dazu gehört zum Beispiel die Familie Ringier. Jean Ringier flüchtete bereits 1527 aus Frankreich in die Schweiz. Heute steht der Name Ringier für das grösste private Schweizer Medienunternehmen.

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Philippe Gaydoul, früherer Chef von Denner ist ebenfalls hugenottischen Ursprungs, genauso wie die Bankiers Sarasin und Mirabaud aus Genf. In die Politik zog es Carl Miville, ehemaliger Basler Ständerat. Der Filmemacher Jean-Luc Godard ist ebenfalls hugenottischen Ursprungs. Die heute bekanntesten Hugenotten in Deutschland sind Verteidigungsminister Thomas de Maizière sowie der Schauspieler und Regisseur Mathieu Carrière. Bekannte Nachkommen von Hugenottenfamilien sind der Schriftsteller Theodor Fontaine und der Naturforscher Alexander von Humboldt. PW

zeugenberichten von Kollekten in den Schweizer Archiven. Später kommt es zu kulturellen Reibereien. Fremde schüren Ängste. Das ist vor über 300 Jahren nicht anders als heute. So rufen der Wirtschaftsbesuch und der Weinkonsum der Flüchtlinge Ärger hervor. Den puritanischen Zürcher Männern verdrehen die «Exulantenweiber» mit ihrer frivolen Kleidung so den Kopf, so dass die Stadt ein Sittenmandat «wider die hoffärtigen und ärgerlichen Kleidungen» erlässt. Obwohl sie grosszügig unterstützt werden und auch längere Zeit in der Schweiz Unterkunft finden, sträubt sich der Staat aber gegen die dauerhafte Ansiedelung der Flüchtlinge, denn viele Einheimische leben am Rande des Existenzminimums. Schlechte Ernten während der Kleinen Eiszeit führen immer wieder zu Hungersnöten und Preiserhöhungen für Nahrungsmittel. Zu keiner Zeit aber denken die Kantone daran, die Flüchtlinge an der Grenze zurückzuweisen. Bevor man sie weiterschickt, stattet man sie mit Reisegeld aus. Im Herbst 1698 hält der Kanton Bern das Städtchen Lenzburg an, seine «vermöglichen Burger zu persuadieren», drei Flüchtlinge, ein Mann, eine Schwangere und ein Kind, «um Gottes und der Religion willen» aufzunehmen. Die Flüchtlinge erhalten für Verpflegung wöchentlich drei Gulden ausbezahlt, die unter der Burgerschaft gesammelt werden. Zudem erhalten sie Holz und Hausrat und im Winter warme Kleider. Seide, Baumwolle, Uhren Den Kantonen ist daran gelegen, die reichen Kenntnisse der Flüchtlinge für sich zu nutzen und neue Produktionsmethoden kennenzulernen. Viele Hugenotten sind gewillt, hart zu arbeiten – Eigenschaften, die sich heute auch bei Immigranten feststellen lassen. Die Flüchtlinge sind zudem geübte Handwerker und hinterfragen mit kritischem Geist Althergebrachtes, ideale Voraussetzungen, um erfolgreich zu wirtschaften. Sie helfen mit, das wirtschaftliche Fundament für die moderne Schweiz zu legen. Arbeitsbewilligungen sind an die Bedingung geknüpft, einheimische Arbeiter «zuschauwen lassen sollen». So kommt es, staatlich gefördert, unter Führung von Flüchtlingen zur Gründung von Seidenmanufakturen. Die Berner Obrigkeit beschliesst, dazu 8000 Maulbeerbäume für Seidenraupen anzupflanzen. An die Industrie erinnern heute die Strassenbezeichnungen Maulbeerstrasse und Seidenweg. Die Stadt Zürich entwickelt sich später zu einem Zentrum der Seidenindustrie. Auch die Ostschweizer Baumwollindustrie vom Wissen der Flüchtlinge profitiert. An einigen Orten wehren sich die Zünfte erfolgreich gegen die Tätigkeit der Hugenotten. Anfragen zur Gründung von Spinnereien und Strumpffabriken werden auf Druck der Zünfte oft nicht bewilligt. So zum Beispiel in Biel, wo es die Stadt verpasst, hugenottisches Knowhow für ihre Industrialisierung zu nutzen.


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Der Hugenottenweg ist das Ergebnis einer europäischen Kooperation. Auf einer Länge von 1800 Kilometern folgt er den historischen Spuren der Flüchtlinge von Südfrankreich durch die Schweiz nach Bad Karlshafen im deutschen Hessen. Zudem sollen zwei Wege der Waldenser vom Piemont in die Schweiz geschaffen werden. Noch ist die genaue Route nicht definitiv festgelegt. Bis 2014 will die Stiftung Via (www.stiftungvia.ch) den gesamten Weg von Genf über Biel, Bern, Solothurn, Aarburg, Zofingen, Aarau, Zürich und Eglisau bis nach Schaffhausen weiterführen. In Frankreich und Deutschland bereits ausgebaut, wurde die erste Etappe in der Schweiz zwischen Genf und Morges (VD) 2011 eröffnet; vor kurzem folgte das Teilstück zwischen Schaffhausen und der deutschen Grenze.

Markiert ist der Hugenottenweg mit einer blauen Scheibe mit weisser Figur. Sie erinnert an eine geprägte Münze, die den Hugenotten als Erkennungszeichen diente. Links: www.hugenotten-waldenserpfad.eu www.surlespasdeshuguenots.eu www.hugenotten.de www.huguenots.ch

In Genf blüht unter dem Einfluss der hugenottischen Flüchtlinge die Uhrmacherkunst auf. Als der Reformator Calvin jeglichen Kirchenschmuck verbot, wurden viele Goldschmiede arbeitslos. Die ersten hugenottischen Uhrmacher fliehen 1685 nach Genf, wo die arbeitslosen Genfer Kunsthandwerker realisieren, dass die Uhrmacherei ihre Zukunft ist, denn Uhren gelten nicht als Schmuck. Jean Marc Vacheron und Jehan Blancpain sind zwei Hugenotten, deren Namen heute noch für Schweizer Luxusuhren stehen. Die Bieler Uhrenmarke Huguenot ist heute eine Reminiszenz an die Uhrmacherkunst der Flüchtlinge.

Ende der Verfolgungen erst 1787 Die Familie Friquet verlässt Aarau im Jahr 1698 und wandert nach Deutschland aus. Angelockt von Landgraf Karl von Hessen-Kassel, der bewusst Hugenotten ansiedelt, gehört die Familie zur den Gründern von Sieburg, dem heutigen Bad Karlsbad. Doch auch hier bleibt die Familie nicht lange. 1702 findet sich Jacques Friquet als Eselkapitän im Dienste des Hannoverschen Hofes, bevor sich seine Spuren verlieren. Bis ins 18. Jahrhundert verlassen französische Hugenotten ihre Heimat – allerdings in weitaus geringerer Zahl. Protestantisches Leben in Frankreich schafft erst das Toleranzedikt unter Ludwig XVI. im Jahr 1787.

«Die protestantische Ethik hat mich geprägt» Interview mit Adèle Thorens, Co-Präsidentin Grüne Partei Schweiz Ihre Vorfahren waren Hugenotten aus Frankreich. Was wissen Sie darüber? Ich habe nie Familienforschung betrieben. Meine Vorfahren sind wahrscheinlich nach Aufhebung des Ediktes von Nantes nach 1685 in die Schweiz gekommen. Vermutlich kommt meine Familie ursprünglich aus dem Val de Thorens in Frankreich. Fühlen Sie sich heute als Hugenottin? Nein, ich fühle mich nicht besonders hugenottisch, bin aber Mitglied der reformierten Kirche. Trotzdem bin ich

stark von der protestantisch-hugenottischen Kultur beeinflusst und habe deren Arbeitsethos verinnerlicht – ich arbeite gerne und strenge mich an, um meine Ziele zu erreichen. Verantwortung, ebenfalls ein protestantisches Thema, steht im Mittelpunkt meines politischen Engagements. Hat Ihre hugenottische Ethik zu ihrem politischen und wirtschaftlichen Erfolg beigetragen? Meine Familie gründete die Firma Thorens, die für ihre Plattenspieler, die sie immer noch herstellt, bekannt ist. Mein Grossvater, den ich für sei-

nen offenen Geist und seinen Humanismus bewunderte, der aber auch eine sehr strenge und nüchterne Seite hatte, führte die Firma. Als ich während meines Studiums das Buch «Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus» von Max Weber las, erinnerte es mich sofort an meine Familie. Ich weiss nicht, ob mein Interesse an protestantischer Ethik und Kultur meine politische Laufbahn bestimmt hat, aber es ist zweifellos Teil meiner Persönlichkeit. Gespräch: Philippe Welti

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«es» singt Durch Lieder in Einklang kommen – das Singprojekt «StimmVolk» will zu einer sinnlichen Politik anregen und Brücken bauen von Herz zu Herz. Rund Tausend Menschen besingen jeweils im Herbst auf dem Berner Münsterplatz die Welt; zwei Unentwegte standen am Anfang. von Eva Rosenfelder

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in singendes Menschenmeer, Frauen, Männer, Kinder, jung und alt, gemeinsam im Klang ihrer Stimmen, eine offene Einladung zum Mitsingen eingängiger Lieder aus aller Welt ... Was Karin Jana Beck und Matthias Gerber einst als vagen Traum hegten, wurde Schritt für Schritt Wirklichkeit. Bereits zum dritten Mal findet im Herbst 2013 auf dem Berner Münsterplatz das Gross-Singen «La paz cantamos» statt. Die beiden vergangenen Jahre trafen sich hier um die tausend Leute zum Singen. Wie berührend dieser Sommerausklang für die Teilnehmenden ist, kann nur erahnen, wer die glücklichen Gesichter auf den Videos von StimmVolk betrachtet: Menschen, die aus purer Freude und vollem Herzen singen. Und dies notabene ohne jede akkustische Verstärkung. Unmerklich entsteht

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dabei das Gefühl, dass «es» singt und eine Kraft entsteht, die übersteigerte Ideologien, Dogmas oder Trennendes zwischen den Menschen einfach wegspült. Aus dieser Kraft heraus ist der Verein StimmVolk entstanden. Spielen aus Freude Karin Jana Beck und Matthias Gerber sind schon seit über zwanzig Jahren musikalisch unterwegs. Zu ihrer Leidenschaft gehört es, Lieder aus ethnischen und spirituellen Kulturen aller Welt zu sammeln und einem breiten Publikum zugänglich zu machen. Es sind «Lieder des Herzens», die aufbauende Kraft in die Welt senden sollen. In einer Ausbildung für Kunst und Ausdruck fanden sich die beiden Schaffensfreudigen und machten sich gemeinsam auf den Weg. Matthias Gerber, der einst in


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Karin Jana Beck und Matthias Gerber, die Stammeltern des «StimmVolks», verbreiten auch als Duo «Duenda» Harmonie und gute Stimmung. (Fotos: zvg)

verschiedenen Folk-Formationen als Geiger gewirkt hatte, entstaubte sein Instrument, als Karin Jana Beck ihre ersten Handorgel-Versuche unternahm. Was zaghaft in der guten Stube begann, sprach sich bald im Freundeskreis herum. Das musizierende Paar wurde immer öfters zum Aufspielen gebeten, an Geburtstagen, Festen und kleinen Anlässen. Sie pflegten einen lebendigen Austausch und bewegten ihr Publikum zum Mitsingen und Tanzen. Das Musikduo Duenda war geboren. Die Begabung, andere zum Mitsingen zu bewegen und die «Medizin» eines Liedes spürbar zu machen, führte schon bald zur Entstehung erster Singkreise unter ihrer Leitung. Später entstanden weitere thematisch fokussierte Chöre wie etwa der Herbst-Chor, der mit Liedern Sterbende und ihre Angehörigen beim Abschied begleitete. Für etwas singen Doch das genügte den beiden nicht. «Als wache und interessierte Menschen ist es uns ein Anliegen, etwas für eine lebenswerte Welt und für unsere Nachkommen zu tun.» Dies in Form von Parteipolitik umzusetzen, lockte sie aber wenig. Als Karin Jana eines Sommers regelrecht die Luft ausging und ihre Stimme der alarmierend hohen Ozonwerte wegen versagte, ging sie an die Öffentlichkeit. Gemeinsam mit Greenpeace kämpfte sie, klagte sogar auf juristischem Weg – ohne Erfolg. Das war ein Wendepunkt. Ein intensiver Traum machte ihr die transformierende Kraft des Singens bewusst. Ein plötzlicher Hirnschlag, den sie erlitt, rüttelte sie zutiefst auf und bestärkte sie darin, dass gemeinsames Singen vielen Menschen den Zugang zur Kraft und Lebensfreude öffnen kann. «Nicht über Kampf, sondern konstruktiv und hörbar wollte ich die Sache nun angehen. Ich erkannte Gesang als Ausdruck davon, dass ich nicht ohnmächtig, nicht stimm- und sprachlos bin. Die Erfahrung, für etwas zu singen, machte ich erstmals bewusst, als wir mit Mundschutz und Transparenten durch die Winterthurer Gassen zogen und mit «Zäuerli» «Paz Cantamos» und Naturjodeln für sau3. Gross-Singen in Bern: bere Luft sangen. MenSamstag, 14. September 2013 schen von links bis rechts, 13.00-14.30 Gemeinsame Einstimmung in von jeglicher Herkunft und Kultur konnten wir der Heiliggeistkirche beim HB Bern ansprechen – unser An15.30- ca.16.45 Gross-Singen auf dem liegen war nicht mehr zu Münsterplatz schubladisieren, es war nur Alle – ob gross oder klein – sind herzlich noch menschlich.»

willkommen!

Gemeinsamer Liedquell Immer grösser wurde der Wunsch, diese Kraft in Form eines konkreten Projekts auch gesellschaftspolitisch zu leben: 2008 kam ein erstes StimmVolk-Austauschtreffen zustande, im Januar 2009 wurde der Verein StimmVolk gegründet und erste StimmVolk-Singgruppen starteten in Winterthur, Laupen/BE und Basel. Inzwischen gibt es schweizweit bereits zehn Singgruppen, neu auch in der Romandie und im Tessin. «Jede Gruppe hat ihren eigenen Stil und Charakter. Unsere gemeinsame Verbindung ist die Leitidee von Gewaltfreiheit und Herzverbundenheit, nach der wir auch alle Lieder auswählen», sagt Matthias Gerber. Das gemeinsame Liedgut ermögliche den Singgruppen, überall dort spontan und ohne viel Üben zusammen tätig zu werden, wo Lieder tragen und transformieren können. Den Drachen erweichen Was in einem georgischen Märchen einem einfachen Sänger aus Liebe zu seiner Prinzessin gelingt – mit der Stimme des Herzens den Drachen zu erweichen – ist auch der Traum von StimmVolk. Gesungen wird, wo immer es diese Kraft braucht, für Gemeinschaft, Liebe und Heilung. Das Vertrauen in die Kraft des Liedes begleitet die nächste Aktion, die in einer kleineren Gruppe durchgeführt wird. Anstatt den Feuerdrachen in Form eines AKWs zu bekämpfen, wird er besungen.Ob er wohl lauscht, wenn ihm gesummt wird von der Angst der Menschlein vor seiner unbändigen Kraft oder von deren Hoffnung, dass er mit ihnen wirken werde für eine enkeltaugliche Zukunft? Links: www.stimmvolk.ch – mit Liedersammlung und Infos zum GrossFriedens-Singen in Bern www.tschatscho.ch Die Seite von Matthias Gerber und Karin Jana Beck. U.a. im Angebot: Vier Doppel-CDs mit insgesamt 200 Liedern zum gemeinsamen Singen, inkl. Texten, Akkordangaben und Aufnahmen der Einzelstimmen. Empfehlenswert

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Ohren auf!

Musik dient nicht nur der Erbauung, sondern ist Welterfahrung. Diese Leitidee steht hinter der Veranstaltungsreihe «Musik&Mensch» in Basel, Solothurn und Windisch. Die 14 Kolloquien und Konzerte befassen sich mit hörbaren Gebärden, Wasserklangbildern, der Akustik von Städten und vielem mehr.

D

ie musikpädagogische Abteilung der Fachhochschule Nordwestschweiz will unsere Ohren öffnen für die Welt der Klänge auch jenseits der eigentlichen Musik: Naturgeräusche, Motoren, Signaltöne, Verkehrsgebrumm, Geraschel – alles, was das Ohr bedrängt und beglückt. «Klänge sind omnipräsent, und sie wirken dauernd auf uns ein», sagt Prof. Markus Cslovjecsek, der für die Veranstaltungsreihe verantwortlich ist. Klänge können wir oft nicht beeinflussen, ganz besonders die störenden nicht. Aber sie seien «durch Wahrnemung gestaltbar». Die Klangwelt bewusst wahrnehmen und Gestaltungsmöglichkeiten erkennen, dazu will die Veranstaltungsreihe unter dem diesjährigen Titel «Zeit und Raum» anregen. Im Hintergrund steht die Erfahrung der Organisatoren mit der Neupositionierung des Musikunterrrichts auf der Sekundarstufe. Nach Ansicht von Markus Cslovjecsek konzentriert er sich heute noch zu sehr auf die Begabtenförderung. Doch so viele Beschäftigungsmöglichkeiten für zukünftige Profimusiker gäbe es angesichts der zusammengestrichenen Kulturbudgets gar nicht. Im Unterricht müsse es darum gehen, den Jugendlichen die Ohren zu öffnen für die Vielfalt von Klängen und Eindrücken auch jenseits der Musik, von der sie sich berieseln lassen. Um das Interesse für die verborgene Klangwelt zu wecken, die wir angesichts der vielen visuellen Eindrücke kaum noch hören, hat Cslovjecsek u.a. die App «Soundoscope» programmiert und zehntausendfach vertrieben, mit der sich aus spontan aufgenommenen Geräuschen kleine Musikstücke zusammenstellen lassen. Der Spieltrieb

«Klänge können wir oft nicht beeinflussen, aber sie sind durch Wahrnehmung gestaltbar» – der Musikpädagoge und Klangexperimentator Markus Cslovjecsek.

und die verfeinerte Wahrnehmung tun natürlich auch den Erwachsenen gut. Jeder Mensch nimmt Geräusche und Musik ganz anders wahr. Um die Leute zusammen zu bringen und Begegnungen zu erleichtern, werden die je sieben Kolloquien und Konzerte des Zyklus von einem Apéro begleitet. Die Veranstaltungsreihe beginnt am 23. Oktober mit einem Kolloquium über «Hörbare Gebärden – der Körper in der Musik» mit Prof. Arne Stollberg von der Universität Basel. Musik wirkt nicht zuletzt auch körperlich. Klänge und Rhythmen stecken uns physisch an, sei es im Tanz, sei es, dass wir während eines Konzertes mit den Füssen wippen oder innerlich «mitdirigieren». Auf den Zahn fühlt ihm als Diskutant der Dirigent Cristoforo Spagnuolo. Am 6. November geht es weiter mit «Rhythmus

und Sehen – Phänomene der Wahrnehmung und die Orientierung in Zeit und Raum» mit dem Sportoptometristen Pascal Abegg. Diskutantin ist die Bildungsexpertin Dagmar Widorski. CP Die ersten Termine der Veranstaltungsreihe «Musik&Mensch», unter dem diesjährigen Titel «Zeit und Raum»: «Hörbare Gebärden – der Körper in der Musik» mit Prof. Arne Stollberg. 23. Oktober 2013, 18.00 Uhr. Fachhochschule Nordwestschweiz, Campus Brugg-Windisch. «Rhythmus und Sehen – Phänomene der Wahrnehmung und die Orientierung in Zeit und Raum» mit Pascal Abegg. 6. November, 18.00 Uhr. Fachhochschule Nordwestschweiz, Riehenstrasse, Basel. Eintritt: Fr. 10.– (Lernende frei) Weitere Infos: www.schulfachmusik.ch

Nimm dir Zeitpunkt!

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Veränderungen kann man nicht bestellen aber die Anregungen dazu!


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ÂťUrsula Fricker hat mit ›Ausser sich‚ scheinbar leichthändig einen tollen Roman Ăźbers Schwierigste geschrieben.ÂŤ ZĂźritipp

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Im Niemandsland Sommer in Berlin – gern hätten Katja und Sebastian den Samstag mit Nichtstun verbracht. Aber das Wochenende ist, wie so vieles im Leben des Architektenpaares, verplant. Auf der Fahrt zu Freunden nach Mecklenburg passiert es: Sebastian erleidet einen Schlaganfall. Der Intensivmedizin gelingt es, ihn am Leben zu halten – fragt sich nur, zu welchem Preis? Was passiert mit der Liebe, wenn ein Unfall passiert und sich der Lebensgefährte plĂśtzlich an nichts mehr erinnern kann? Wenn er sein GegenĂźber nicht mehr erkennt, wenn der Blick nur noch ins Leere geht?

Die Stiftung Felsentor besteht seit 1999. Wir fßhren ein Gästehaus fßr Seminare, ein Gartenrestaurant, unterhalten eine Tierschutzstelle und sind daran, den landwirtschaftlichen Betrieb auszubauen. Das Felsentor bietet buddhistische Retreats und Meditationskurse an. Aktuelles Kursprogramm unter:

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Die neuen Werkstudenten

Lerne und arbeite – wenn der Ordensgründer Benedikt von Nursia heute leben würde, hätte er vielleicht am Work-Study-Programm des Kientalerhofs teilgenommen: Studium, täglich fünf Stunden Arbeit und reichlich Natur, das Erfahrene zu verarbeiten.

D

er Kientalerhof ist Sitz internationaler Schulen verschiedener körpertherapeutischer Richtungen: Shiatsu, Craniosacral, Rebalancing und Ayurveda und als Basis Qi Gong, die Arbeit mit der Lebensenergie (von Qi = Lebenskraft und Gong = Praxis). Seit vierzehn Jahren bietet der Kientalerhof ein Work-Study-Programm an. Die Studenten aus aller Welt arbeiten fünf Stunden pro Tag in verschiedenen Bereichen des Hauses, lernen und praktizieren täglich Qi Gong und haben daneben Gelegenheit, weitere Kurse zu belegen. Es ist eine win-win-Situation für alle Beteiligten: Der Kientalerhof kann die Kosten des Betriebs im Rahmen halten und die Teilnehmer haben Gelegenheit, die verschiedenen Rich-

tungen der Körperarbeit kennenzulernen. Die Kosten betragen 500 Franken pro Monat, Kost, Logis und Kurse inbegriffen. Ron Timm, Dozent am Kientalerhof erklärt, warum Qi Gong eine ideale Grundlage für das Work-Study-Programm ist: «Man kann Qi Gong nur praktizieren, indem man sich mit dem Energiefluss durch den Körper befasst. Bloss die Bewegungen und Haltungen auszuführen, ist sinnlos. Die Quelle des Lebens, der Gesundheit und des Friedens liegt im Inneren.» Zudem brauche Qi Gong Zeit und Regelmässigkeit; dafür seien die drei bis fünf Monate des Work-Study-Programms gerade richtig. Die Teilnehmer sind offenbar mehr als zufrieden mit dem Angebot. «Manchmal denke ich», sagt Lila Dawidziuk aus Polen, «dass ich

Studium, Praxis und täglich fünf Stunden Arbeit – das Work-Study-Programm des Kientalerhofs.

alles, was ich gebe, doppelt zurück erhalte.» Paul Lundberg aus England: «Es ist eine warme, freundliche und offene Umgebung. Mein Aufenthalt ist nicht nur erfolgreich, sondern eine grossartige Erfahrung.» Und Raimonda Agne, Litauen: «Das Work-Study-Programm im Kientalterhof ist das grösste Abenteuer meines Lebens.» Selbstverständlich sind auch Teilnehmer aus der Schweiz bei diesem Abenteuer willkommen. CP Weitere Informationen: Kientalerhof, 3723 Kiental, Tel. 033 676 26 76. www.kientalerhof.ch

Sprach hsalzz – das Literaturfestival Mit den AutorInnen: Irena Bre ná (Schweiz/Slowakei) Zehra /8' ! (Deutschland/Türkei) Anne Cunéo (Schweiz) Max Goldt (Deutschland) Waltraud Haas (Österreich) Alan Kaufman (USA) Markus Köhle (Österreich) Matthias Mander (Österreich) Hanno Millesi (Österreich) Erica Pedretti (Schweiz) Hernán Ronsino (Argentinien) Andre Rudolph (Deutschland/Polen) Bettina Spoerri (Schweiz) Michael Stavari (Österreich/ Tschechien) Ulrike Ulrich (Schweiz/ Deutschland)

11. Internationale ernationale Tiroler Literaturtage Literaturtage, e 13 e, 13. 3. – 15. Septembe September 2013 Hall in Tirol, Eintritt frei, www.sprachsalz.com


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Bildung heisst: Sich zur Wehr setzen

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ein europäischer Staat geht so hart gegen Homeschooling vor wie Deutschland. Erst vor kurzem hat ein Gericht in Hessen eine Familie die ihre Kinder zu Hause unterrichten, weil sie die öffentliche Schule für «eine zweifelhafte Umgebung» haltet zu Geldstrafen verurteilt, . Die Staatsanwaltschaft hatte für die religiös motivierten «Täter» Gefängnisstrafen beantragt. Die Eltern wollen weitermachen. In ganz Deutschland gibt es schätzungsweise rund 500 Kinder, die ausserhalb der Schule lernen, Tendenz sinkend. Die harte Haltung des Staates und das «Reichsschulpflichtgesetz» von 1938, das Strafen bis zum Entzug des Sorgerechts und zur Einweisung der Kinder in ein Heim vorsieht, haben die Eltern mürbe gemacht. Ende der 80er Jahre gab es allein in Bayern rund 4000 Fälle von Schulverweigerung. Aus dieser Zeit stammt auch der bisher einzige Freispruch überhaupt. Die bemerkenswerte Geschichte von Tilmann Holsten und seinen Eltern ist jetzt in einer Neubearbei-

Der Staat erzwingt die Schulpflicht – offenbar als unabdingbare Grundausbildung zum Staatsbürger –, damit das Kind lernt, die kleinen Ungerechtigkeiten zu ertragen, um sich später gegen die grossen Ungerechtigkeiten nicht zu wehren. tung erschienen, zwanzig Jahre nach der ersten Veröffentlichung. Der sensible Tilmann, zweites Kind eines Musikerpaars litt in der 3. Klasse einer bayrischen Dorfschule derart unter dem rauhen Klima auf und neben dem Schulhof, dass er unter zunehmenden Kopfund Magenschmerzen litt und schliesslich die Schule verweigerte. Die Eltern schickten ihn in eine Lerngruppe und nahmen den Kampf mit der Schulbürokratie und den Behörden auf. Den Eltern wurde u.a. beschieden, es sei wichtig, dass Tilmann lerne, «Ungerechtigkeiten zu ertragen». Das muss man zwei Mal lesen, um die Tragweite zu verstehen: Da erzwingt der Staat die Schulpflicht – offenbar als unabdingbare Grundausbildung

zum Staatsbürger –, damit das Kind lernt, die kleinen Ungerechtigkeiten zu ertragen, um sich dann später gegen die grossen Ungerechtigkeiten nicht zu wehren. Was das Kind lernt, wenn es nicht zur Schule geht, das war den bayrischen Behörden im Fall Tilmann egal – so steht es jedenfalls gut begründet in dem Buch. Es war auch dem hessischen Gericht bei seinem kürzlichen Entscheid egal. «Der Erfolg der Eltern sei angesichts der Leistungen der älteren Kinder zwar unzweifelhaft», zitiert das Nachrichtenmagazin «Spiegel» das Gericht. «Es sei allerdings fraglich, ob die Kinder bei ihren guten Noten nicht auch Abitur hätten machen können.» Wie bitte? Ein Bussgeld, weil die Kinder nicht aufs Gymnasium gingen? Während sich Tilmanns Eltern zunächst wenig erfolgreich mit den Schulbehörden stritten und Geldstrafen ins Haus flatterten, kam Tilmann in einer Lerngruppe wieder zu Kräften und schaffte schliesslich die Aufnahmeprüfung ans Gymnasium. Auf die Bussen (die nicht bezahlt wurden), folgten die zwangsweise Zuführung zur Schule (die misslang), die gerichtliche Verhandlung über das Sorgerecht (die gewonnen wurde) und als Krönung der Freispruch von den Bussgeldern. Die Lehrerin hatte vor Gericht gelogen und der Bericht der beauftragten Ärztin war offensichtlich ein Gefälligkeitsgutachten. Zudem besuchte Tilmann in der Zwischenzeit ja wieder eine ordentliche Schule. Der Karriere des Richters soll das Urteil allerdings nicht zuträglich gewesen sein, schreibt Johannes Heimrath, der Autor von «Tilmann geht nicht zur Schule». Dieser ist nach herkömmlichen Kriterien etwas befangen. Nicht nur war er der Partner von Tilmanns Mutter, sondern auch der Freund von Tilmanns Vater, der mit der PatchworkFamilie im selben Haus wohnte. Er vertrat ihn sogar vor Gericht als Verteidiger. Das Buch über zivilen Ungehorsam und für Bildungsfreiheit will Mut machen, und der ist dringend nötig. Die letzten Kämpfer für Homeschooling in Deutschland stammen vor allem aus religiösen Kreisen. Das ist der Sache nicht dienlich. Denn Bildung hat weniger mit Gott zu tun als vielmehr mit der Begeisterung

der Kinder, die nur in einer freiheitlichen Atmosphäre entstehen kann. Oder wie es Peter Paulig, emeritierte Professor für Schulpädagogik im Dokumentarfilm «Der Schüler Tilmann» (als Beigabe zum Buch) formuliert: «Kinder sind keine Fässer, die gefüllt, sondern Feuer, die entzündet werden wollen.» CP Johannes Heimrath: Tilmann geht nicht zur Schule – eine erfolgreiche Schulverweigerung. Überarbeitete Neuauflage von 1993. Drachen-Verlag, 2013. 200 S. Mit DVD mit dem Dokumentarfilm «Der Schüler Tilmann« von Claus Striegel und Bertram Verhaag. Fr. 59.–/€ 38.–

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Sex und kultur

Jede menschliche Gesellschaft hat die Freiheit, sich zu entscheiden, ob sie hohe soziale Energie oder sexuelle Freizügigkeit will. Die Fakten zeigen, dass beides gleichzeitig nicht länger als eine Generation möglich ist. Dies ist das Ergebnis der umfangreichen Studie «Sex and Culture» des englischen Anthropologen Joseph D. Unwin, der dazu während sieben Jahren 80 verschiedene Naturvölker und sechs Kulturvölker untersuchte. Unwin ist zu seiner Untersuchung durch die Theorie der sexuellen Sublimierung Sigmund Freuds angeregt worden, wonach der Trieb «von einem ursprünglichen Ziel – z.B. sexueller Natur – auf ein anderes, kulturell höheres, hingelenkt wird.» Die Studie erschien bereits 1934, hat aber bis heute nichts von ihrer hohen Relevanz eingebüsst. Manche Beobachter sprechen heute von

einer Pansexualisierung der Gesellschaft. Die einen sehen darin die endgültige Befreiung des Menschen, die anderen den kulturellen Zerfall schlechthin. Um so interessanter ist die Frage, welche Folgen es hat, wenn eine Gesellschaft sukzessiv ihre sexuellen Normen aufgibt. Noch eine weitere, politisch unkorrekte Erkenntnis förderten die Untersuchungen zutage: Unwin zeigt anhand seiner Vergleiche verschiedener Hochkulturen und ihrer Einzelphasen, dass die öffentliche Tolerierung der Homo- und Transsexualität jeweils in der allerletzten Phase einer Kultur auftrat, kurz bevor sie in sich zusammenbrach oder von ei-

ner anderen Kultur abgelöst wurde, welche die Sexualität strenger reglementierte. «Sex and Culture» ist nur noch antiquarisch und zu hohen Preisen erhältlich, seit kurzem aber bei scribd.com online abrufbar. Auf der Website des Deutschen Instituts für Jugend und Gesellschaft ist eine ausführliche Zusammenfassung von Unwins Studie zu finden. Josef C. Haefely scribd.com/doc/93107223/J-D-Unwin-Sex-and-Culture dijg.de/sexualitaet/joseph-unwin-sex-culture/

Gläubige und verheiratete Katholiken haben besseren Sex. Dies sagt das christliche «Family Research Council» und beruft sich auf Studien der Universität von Chicago und eine Umfrage über Soziales Leben aus dem Jahre 1992, aus der damals hervorging, dass der beste und regelmässigste Sex zwischen verheiratete Ehepaare stattfindet, die regelmässig eine Kirche besuchen. Quelle: kath.net

Englisch macht dumm Bildungsexperten, der nationale ThinkTank für Wettbewerbsfähigkeit und Ministerpräsident Shinzo Abe sind sich einig: Japan muss besser Englisch sprechen. Nur so könne sich das Land international Gehör verschaffen, im globalen politischen, wirtschaftlichen und akademischen Diskurs präsent sein. Zumindest ein Regierungsmitglied sieht dies allerdings an-

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ders. Kein Englisch zu sprechen, schütze vor Dummheiten, meint Finanzminister Taro Aso. Die Japaner seien in der Finanzkrise glimpflich davongekommen, weil sie die dubiosen Subprime-Anlagen nicht gekauft hätten. «Japanische Bankmanager verstanden kaum Englisch – darum haben sie nicht gekauft», so Asos scharfe Analyse. Patrick Zoll, NZZ


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Im Haus der Bücher

I

n Vättis im Taminatal steht ein grosses, vierstöckiges Haus. Zuerst war es das Haus des Försters, dann Feriendomizil und einmal sogar Standort für Arrestzellen der Schweizer Armee. «Jetzt

ist es vollgepackt bis unters Dach», verrät mir der Mit-Besitzer Stephan Burkhardt. Schwere handbetriebene Maschinen zum Giessen von Bleibuchstaben, Drucken und Schneiden; Lager mit edlen Papieren, Knochenleim und Ziegenleder für die Einbände lassen das bibliophile Herz höher schlagen. Es ist das Gegenteil eines toten Buchdruckmuseums, wo gelangweilte Gymnasiasten die Geschichte Guten-

bergs auf einer Tafel nachlesen – in der «Offizin Parnassia» wird gearbeitet. «Das typische an unseren Kunden ist, dass sie untypisch sind, aber sicherlich unglücklich mit der heutigen Industriequalität», erklärt Burkhardt, der 2001, zusammen mit seinem Partner Hans-Ulrich Frey, die Offizin in Vättis eröffnete. Selbst Besitzer einer kostbaren Sammlung alter Bücher, kannten sie die Sorgen der Liebhaber nur zu gut. Als wieder einmal eines der kostbaren Botanikbücher Freys mit billigem Industrieleim geklebt aus der Buchbinderei kam, war der Startschuss für ein eigenes Projekt gefallen. Und sie hatten Glück: Ein 79-jähriger Setzer aus dem Berner Oberland, der seine liebevoll gepflegte Werkstatt in der Waschküche noch zu Lebzeiten in guten Händen wissen wollte, bot sie ihnen zum Kauf. Nach zwei Schnuppertagen war die Sache entschieden, Burkhardt und Frey, die damals kaum über Vorkenntnisse verfügten, bekamen von dem Herrn den Zuschlag. Er musste sofort erkannt haben, dass seine Gegenüber an der selben Krankheit litten, die ihn schon vor vielen Jahren befiel: «Typo Mania Gravis», wie sie die beiden Quereinsteiger scherzhaft nennen. Für sie war nun die Zeit der rein intellektuellen Arbeit, die nur zu leicht in einer Schublade untergeht, vorbei. Burkhardt, der Theologe und Frey, Botaniker und Forstingenieur, wandten sich nun einem Handwerk zu, dessen Ergebnisse buchstäblich das Licht der Öffentlichkeit suchen. So verwundert es nicht, dass sie 2009 von der St. Gallischen Kulturstiftung mit dem Anerkennungspreis ausgezeichnet wurden.

Hier nimmt man sich Zeit, die Proportionen jedes einzelnen Buches festzulegen, die Grösse der Buchstaben auf die Seiten abzustimmen. Wer den Goldenen Schnitt berücksichtigt haben möchte, wird gewiss keine mitleidigen Blicke ernten. «Unsere Kunden suchen das Spezielle», erklärt mir Stephan Burkhardt und schmunzelt, «ein Büttenpapier käme zwar in eine moderne Offsetdruckmaschine rein, aber wohl nicht mehr raus.» Industrieformate sucht man in der Offizin vergeblich. Um ein Buch noch schöner zu machen, scheut man weder Geld noch Mühe, ohne dabei vom Prinzip des fairen Angebots abzuweichen. Allein die 3600 verschiedenen Alphabete, die unter ihrem Dach lagern, zählenzu den weltweit bedeutensten Sammlungen. Doch sei es nicht die Leidenschaft für alte Maschinen, die sie befeuert, betont Burkhardt. «Was uns antreibt, ist die Faszination für das Buch.» Deshalb ist die Offizin Parnassia eine jener Manufakturen, wo sich Bücher noch stolz «Werke» nennen dürfen. Sagita Lehner Kontakt: Offizin Parnassia Vättis, Unterdorf 2, 7315 Vättis, Tel/Fax: 081 306 14 70, www.parnassia.org

Warum Glück nicht immer glücklich macht Glück ist heute hoch im Kurs. Die Positive Psychologie sieht in der Herstellung positiver Gefühle zur Erlangung des Glücks den Schlüsse moderner Lebensbewältigung. Therapien orientieren sich je länger je mehr an den Ressourcen des Menschen, die sich in glücklichen Momenten gebildet haben. Der Blick auf die Probleme des Menschen ist dem Fokus auf Lösungen gewichen. Oberstes Ziel ist, Flow-Prozesse zu aktivieren, um die eigenen Potenziale optimal entfalten zu können und Unglück und Misserfolg zu begegnen.

Im Kontext dieses Weltbildes stellen die Äusserungen Rudolf Steiners über das Glück (und das Unglück) eine Herausforderung dar. Spannend daran ist, dass er den Blick auf den Menschen erweitert. Die Seele ist ein Ort permanenter Entwicklung und deshalb nicht einfach mit Glücksrezepten abzuspeisen. Das Leben ist ein Schauplatz, in den Erlebnisse aus früheren Leben hineinspielen, und deshalb nicht so einfach zu regulieren. Vor diesem Hintergrund aber kann sich der Mensch durch Arbeit an sich selbst so verwandeln, dass er aus dem Glück viel mehr

für sich zu gewinnen vermag, als wenn er bloss nach Glück strebt und das Unglück zu meiden sucht. Der Pädagoge und Erwachsenenbildner Daniel Baumgartner hat zu diesem Thema für den Rudolf Steiner-Verlag zwei Vorträge von Steiner und Auszüge zum Thema aus weiteren Vorträgen zu einem Buch zusammengestellt. red.

Rudolf Steiner: Glück und Geist. Rudolf Steiner Verlag, 2013. 100. S. Fr. 13.80/€9,90.

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Ein Koffer als Grundstein für ein farbenfrohes Miteinander Was steckt im Fundament? Diese Frage stellt sich, nachdem Ende Mai der Grundstein zum Haus-der-Religionen am Europaplatz in Bern gelegt worden ist. Wenn Religionen aufeinandertreffen, gibt es Streit oder Krieg. Dies vermittelt uns die Presse tagtäglich. Nur: Die Medien verdienen ihre Brötchen bekanntlich mit Katastrophen, Sensationen und Konflikten. Oft schaffen es Projekte, die Religionsgemeinschaften in friedliche Gesprächskreise einbinden nicht in die Nachrichten.

Der Verein «Haus-der-Religionen, Dialog der Kulturen» ist eine Ausnahme und hat es mittlerweile geschafft, eine breite Aufmerksamkeit zu erregen. In einer bescheidenen Feier wurde der Grundstein für das Zentrum Europaplatz gelegt. Fünf Religionsgemeinschaften werden dort ihre Gebets- und Kulträume haben und sich in einem Dialogbereich und einem Raum für Frauen und Kinder spontan begegnen können. Der Grundstein wurde zusammen mit einem Koffer voller Dokumente eingegraben, damit die Visionen aller Beteiligten gewissermassen in Stein gemeisselt sind. Neben Segnungen, Gebeten und Ritualtexten

der beteiligten Religionsgemeinschaften kam auch das jüngst erschienene Buch des Projektes «Gegenwärtig – noch nicht fertig» und ein Auszug der Bundesverfassung mit in den Koffer. Sie verpflichtet uns, «in gegenseitiger Rücksichtnahme und in Achtung von der Vielfalt eine Einheit zu leben». «Einheit», so die Vereinspräsidentin Gerda Hauk, «bedeutet nicht Uniformität, sondern Frieden». JW www.haus-der-religionen.ch Buchtipp: Verein Haus-der-Religionen «Gegenwärtig – noch nicht fertig. Haus der Religionen – Dialog der Kulturen» Edition Haus der Religionen, S. 216, Fr. 97.-.

App in die Pärke! Wer die 18 Schweizer Naturpärke erkunden möchte, kann sich jetzt mit der «Schweizer Pärke App» über eine Vielzahl von Angeboten informieren. Sie öffnet das Auge für die Wunder der Natur und entführt zu kulturellen Sehenswürdigkeiten und kulinarischen Spezialitäten. Gleichzeitig vermittelt die App einen Einblick in die Besonderheiten jedes einzelnen Parks. Insgesamt gibt es drei Kategorien von Pärken: 1.) Nationalpärke mit einer unberührten Kernzone, wo sich die Natur uneingeschränkt entfalten kann, 2.) Regionale Naturpärke, die teilweise besiedelt sind und sich durch hohe Natur- und Landschaftswerte auszeichnen und 3.) Naturerlebnispärke, die in der Nähe dicht

besiedelter Räume liegen und in ihrer Kernzone einheimischen Tier- und Pflanzenarten unberührte Lebensräume bieten. Ein Besuch in den Schweizer Pärken ist mit der App einfach zu organisieren. Anreise,

Radikale Vergebung Colin & JoAnn Tipping 29. Sept. – 4. Oktober 2013

Wer bin ich wirklich?

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Sumadi Kertonegoro Basis: 5. – 8. Sept. 2013 Vertiefung: 15. – 19. Sept.

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Erwartungen in Beziehungen Sneha Ziegler Lanz & Alexander Lanz Learning Love 20. – 22. Sept. 2013

Learning Love

Klaus Konstantin & Ursula Maria Auktor Tagesworkshops 28./29. Sept. 2013 Intensivworkshop 3. – 7. Nov. 2013

Shamanic Ritual

Daan van Kampenhout 27. – 31. Oktober 2013

Krishnananda & Amana Trobe Schock und Trauma heilen: 14. – 20. Okt., Beginn LearningLove-Training: 21. – 27. Okt. 2013

Universal Experience

The Fluid Body

Making Love

Alan Lowen Ein Art-of-Being-Workshop 1. – 3. November 2013

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Daya Putih und Flowermeditation

Übernachtung, Sehenswürdigkeiten und Aktivitäten kann man seinen Bedürfnissen entsprechend planen. Für Wanderungen dienen als Kartengrundlage die bewährten Schweizer Landeskarten. Eine Offline-Nutzung vieler Inhalte, inklusive der Karten zu den Routen, ist möglich. Dank der Förderung einer nachhaltigen Mobilität in den Parkregionen ist es möglich, diese faszinierenden Landschaften mit dem öffentlichen Verkehr zu erkunden. Die App kann als Android- oder als iPhoneApplikation herunter geladen werden. red.

Kai Ehrhardt Continuum Movement 11. – 15. Dezember 2013

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Die guten Adressen/Anzeigen

Die gute Adresse für Ihre Gesundheit

Liebe&Lebe

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Zeitpunkt 127

Silvia Widmer Praxis für Körpertherapie Preyenstrasse 3, 8623 Wetzikon Tel. 079 649 64 38 www.silviawidmer.ch

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LIEBE&LEBE Sieglinde Lorz Dalmazirain 26, 3005 Bern Tel. 079 918 14 19 www.sieglindelorz.ch www.liebeundlebe.ch

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Biologische Apotheke Das Angebot besteht aus ganzheitlichen Medikamenten wie homöopathische, spagyrische und phytotherapeutische Mittel sowie aus Spurenelementen, Katalysatoren und immunstimulierenden Medikamenten. Ebenso finden Sie Reformprodukte, wie z.B. gluten-, milch- oder eifreie Nahrungsmittel sowie Naturkosmetika, Bücher, Videos und Musik-CDs zur Entspannung.

Fontisana, Praxis für natürliches Heilen Bahnhofstrasse 1, 7208 Malans Tel. 081 322 81 25 www.fontisana.ch

Ausbildungen: • Medizinische Grundlagen • Dipl. Kinesiologe/-in in Sygenie® • Dipl. Naturheilpraktiker/in TEN Verschiedene Seminare und Kursangebote. Verlangen Sie unsere ausführlichen Ausbildungs- und Kursunterlagen.

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Sie übernehmen Verantwortung für Ihre Gesundheit – wir unterstützen Sie dabei!

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SCHWiNGUNG.CH Tino & Bettina Mosca-Schütz Hauptstrasse 13, 4556 Burgäschi SO Tel. 062 726 03 26 office@gesundheitsmessen.ch www.gesundheitsmessen.ch

Die Zeit ist reif... sich ein erweitertes Bild über Gesundheit zu machen, zu zeigen was unterstützt, hilft, was heilen kann und neues Bewusstsein schenkt. Therapien, Produkte, Spiritualität und Vorträge. Um Altbewährtes wieder zu finden und Neues zu entdecken.


Die guten Adressen/Anzeigen Vegelateria & Amazing Strength Restaurant Vegan & Bio Schlemmen Müllerstr. 64, 8004 Zürich Tel. 044-558 70 35 www.vegelateria.ch

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Wer bin ich wirklich? Transformation – Lebensgestaltung aus der Seele • Quantenheilung • Coaching • Therapeutische Begleitung - Biosynthese • Atem und Pulsation • Bewusstes, integratives Atmen • Körper-, Atem-, Gestaltarbeit, Meditation

ayurQuell (seit 2004) Geissfluhweg 32, 4600 Olten

Ayurveda Gesundheitszentrum und ayurvedaAkademie Beratungen Massagen Ausbildungen Seminare Wir freuen uns auf Ihren Besuch.

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Kurse: Bewusst Schöpfer sein – was dein Herz zum singen bringt, 12./13. Oktober 13

Die gute Adresse für Ihr Zuhause

CasaConsult

Unabhängige Vorsorgeberatung Stefan Geissbühler Holzikofenweg 22, 3007 Bern Tel. 031 378  10 25 unabhaengig@vorsorgen.ch www.vorsorgen.ch

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ZAGSOLAR AG Luzernerstrasse 9, 6010 Kriens Tel. 041 312 09 40 Fax 41 info@zagsolar.ch www.zagsolar.ch

Das unabhängige Ingenieurbüro ZAGSOLAR ist spezialisiert für sämtliche Belange der Photovoltaik. Photovoltaikanlagen erzeugen Strom aus Sonnenenergie. Wir planen, schreiben aus, und begleiten die Projektrealisierung von der Inselanlage als Stromversorgung für ein Ferienhaus bis zur grossen Netzverbundanlage mit mehreren 1000 m2 Fläche.

manus bau und schreinerei güterstrasse 51, 3008 bern tel 031 381 10 28 manus@manusbern.ch www.manusbern.ch

seit 28 jahren kreieren wir zusammen mit unseren kundinnen und kunden neue, orginelle lösungen, «massgeschneidert» in allen bereichen des innenausbaus und umbaus. nehmen sie mit uns kontakt auf, wir beraten sie gerne und helfen, das einmalige zu realisieren. räume formen – möbel, küchen bauen–planen–beraten

Holzwerkstatt Schmocker GmbH Hauptstrasse 44, 4938 Rohrbach Tel. 062 965 09 59 info@holzwerkstatt-schmocker.ch www.holzwerkstatt-schmocker.ch

Naturkraft in Verbindung mit Handwerk • originelle, durchdachte Lösungen – massgeschneiderte Einrichtungskonzepte – ökologische Grundwerte – heimische Rohstoffe – umsichtige Beratung • Massivholzküchen – Möbel – Betten – Umbauten – Parkette – Wärmedämmungen – energetische Haussanierungen                     Besuchen Sie unsere Ausstellung!

Genossenschaft Handwerkskollektiv Limmatstrasse 28 8005 Zürich Tel. 044 275 25 55 www.handwerkskollektiv.ch

Schreinerei · Zimmerei · Malerei, Selbstverwaltete Genossenschaft seit über 30 Jahren. Herstellung von Massivholzmöbeln aus Schweizer Holz. Allgemeine Schreinerarbeiten. Hüsler Nest Vertretung. Holzbauarbeiten jeglicher Art, vom Boden über die Treppe bis zum Dachstuhl. Malerarbeiten mit natürlichen, lösungsmittelfreien Produkten. Persönliche Farbberatung. Alles unter einem Dach.

naturfarben-malerei weber GmbH Naturfarben • Lehmbau • Geomantie Steinstrasse 38e, 5406 Baden-Rütihof Tel. 079 677 08 74 www.naturfarben-malerei.ch

Wir verarbeiten seit 20 Jahren ausschliesslich natürliche Rohstoffe. Teilweise stellen wir Farben selber her – so, wie es der Maler früher gemacht hat. • Malerarbeiten innen und aussen  • Lehmverputz / Lehmbau • Tadelakt / Stuccolustero     • Geomantie

CasaConsult R. Fankhauser & L. Theiler Luternauweg 8, 3006 Bern Tel. 031 312 95 14 | Fax 031 312 23 06 info@casaconsult.ch | www.casaconsult.ch

Das andere Immobilienbüro. Stehen Sie vor dem Verkauf Ihres Hauses, dann sprechen Sie mit uns ! Wir beraten Sie persönlich und verkaufen Ihre Liegenschaft zu fairen Bedingungen nach den Grundsätzen des Hausvereins, und zwar in den Kantonen BE, SO, AG, FR, JU, NE. Im Tessin haben wir eine zweisprachige Vertretung.

BBZ AG St. Urbanstr. 34 CH-4900 Langenthal fon +41 62 922 47 20 www.bbzag.ch

Thermische Gebäudesanierung mit vernünftigen Dämmstoffen: Zellulose, Holzfaser, Blähglasgranulat für Zweischalenmauerwerke. Bauthermografie mit Wärmebildkamera. Effiziente Akustikdecken aus Zellulose für Schulen, Büros, Foyers etc. Oberflächen mit Oelen und Lacken aus natürlichen Rohstoffen.

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Die guten Adressen/Anzeigen

GESUND WOHNEN UND ARBEITEN Feng Shui Beratungen Ulrike Mix

Hausverein Schweiz Tel. 031 311 50 55 kontakt@hausverein.ch www.hausverein.ch

Die echte Alternative zum Hauseigentümerverband Haushälterischer Umgang mit unserem Boden, klimafreundliches Bauen, gesundes Wohnen, faire Miet- und Nachbarschaftsverhältnisse sind uns zentrale Anliegen. Wir bieten: Beratung in allen Fragen rund ums Haus – Veranstaltungen – Formulare – Rabatte für Solaranlagen – Versicherungen etc.

Ulrike Mix Dipl. Feng Shui-Beraterin SIEF Blochmonterstrasse 8 4054 Basel T: 061 281 41 02 | www.ulrikemix.ch

«Wir gestalten die Dinge und die Dinge gestalten uns.» •  Chinesisches Feng Shui (Bagua, Fliegende Sterne) •  Raumenergetik       (Raum- und Farbpsychologie) •  Elektrosmog, Mobilfunk, Baubiologie (Materialkunde, Erdstrahlen) •  Visuelle Kommunikation (für Firmen)

SIB Riethaldenstrasse 23 CH-8266 Steckborn Tel.: 0041 (0)52 212 78 83 www.baubio.ch

Schweizerische IG Baubiologie/Bauökologie SIB Die SIB fördert seit 1977 gesundes und ökologisches Bauen in der Schweiz. Der Fachverein ist ein offenes Netzwerk von Planenden, Bauhandwerker/Innen und Messtechnikern und versteht sich als interdisziplinäres Forum für eine ganzheitliche und nachhaltige Baukultur. Baubiologischer Beratungsdienst unter Tel.: 0848 105 848 (Normaltarif).

Hans R. Steiner Gesundheitsberater / Pendelkurse 3326 Krauchtal Tel. 034 411 17 30 www.all-koerperharmonie.ch

Alles ist Energie Nutzen Sie Ihre Kraft und Energie für die wichtigen Dinge im Leben. Lebensfreude ist auch eine Frage der Energie Harmonisieren Sie Ihr Haus, Ihre Liegenschaft und schützen Sie sich vor Wasseradern, Erdstrahlen, Verwerfungen und Elektrosmog.

Die gute Adresse für sanften Tourismus

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Hitsch-Huus Dinner | Bed | Breakfast Alte Kirchgasse 1 7215 Fanas Tel. 081 325 14 19 / Fax 081 325 32 44 info@hitschhuus.ch / www.hitschhuus.ch

Ein Haus zum SEIN, Entspannen und Wohlfühlen. Kleines individuelles Hotel mit Charme für Gäste, die das etwas Andere suchen. Wir führen unseren Betrieb nach ökologischen Kriterien, was nicht Strohmatratze heissen muss, sondern Hüsler-Nest ist. Auch nicht Chörnlipickerei, sondern regionale und saisonale Frischküche. Wir leben eine echte, herzliche und unkomplizierte Gastfreundschaft.

Casa Santo Stefano Hotel und Seminarhaus 6986 Miglieglia Tel. 091 609 19 35 info@casa-santo-stefano.ch www.casa-santo-stefano.ch

Kommen Sie in das «etwas andere» Albergo! Eine spezielle Atmosphäre erwartet Sie in unseren zwei historischen, stilvoll renovierten Tessinerhäusern aus dem 18. Jahrhundert. Die gepflegten Zimmer, die Terrasse mit Pergola und die typischen Wohnküchen mit Kamin laden zum Verweilen ein. Das Frühstück mit selbstgebackenem Brot und Zopf wird an urchigen Holztischen serviert. Gelegen in einem kleinen Tessinerdorf im Südtessin mit einer herrlichen Weitsicht inmitten eines wildromantischen Wandergebietes.

Ristorante Eco-Hotel Fam. Kälin-Medici 6678 Coglio Tel. 091 753 11 41 www.hotel-cristallina.ch

Das Eco-hotel Cristallina liegt im Grünen und bietet den idealen Ausgangspunkt für Wanderungen im Maggiatal. In fünf Minuten erreicht man zu Fuss schöne Strände am Fluss Maggia. Das Cristallina wird nach ökologischen Prinzipien geführt, garantiert Qualität des Ambiente und Achtung vor natürlichen Ressourcen. Es fördert damit einen nachhaltigen Tourismus. Das Restaurant-Pizzeria bietet Naturkost an, die Produkte von möglichst regionaler, saisonaler und biologischer Herkunft benützt. Besonderen Wert legen wir auf die vegetarische Küche.

Ayurveda-Pension Le Cocon J. Wäfler und M. Dürst Rue de la Combe-Grède 33, 2613 Villeret Tel. 032 941 61 63 mail@lecocon.ch, www.lecocon.ch

Ayurveda-Kuren im Jura Le Cocon, die kleine Kurpension mit familiärer Atmosphäre, ist ein idealer Ort zur Erholung. Mit ayurvedischen Massagen, Anwendungen und naturärztlicher Beratung sowie mit einer schmackhaften Ayurvedaküche unterstützen wir unsere Gäste, so dass sich Körper, Geist und Seele regenerieren können. Unser Name zeigt unsere Zielsetzung: Le Cocon – von der Raupe zum Schmetterling.

Reisen in die Stille Christine Dettli Brunnweg 4 4143 Dornach Tel. 061 701 88 92 www.pilgerwege.org

In der Stille der Wüste – Reisen zu inneren und äusseren Kraftquellen • Meditatives Kameltrekking – Innehalten und einfach Sein • Visionssuche in der Wüste – Neuorientierung und Sinnfindung Der Mutter Erde anvertraut, den endlosen Himmel mit seinen nächtlichen Sternen über uns, begeben wir uns auf den Weg in unser inneres Selbst.

Ca’stella Gästehaus Garni 6676 Bignasco Tel. 091 754 34 34  Fax 091 754 34 33 info@ca-stella.ch · www.ca-stella.ch

Das spezielle Gästehaus für Menschen im Wandel Lebenskrise? Rekonvaleszenz? Burnout? Lichtkörperprozess? Inspiration für Neubeginn? Vielleicht auch nur ein paar Tage ausspannen, wandern, auftanken? Das oeko-, bio-, logische! *Sternen-Haus* ist der ideale Ort dafür! Ab 3 Nächten flexible Preise. Heimelige Zimmer, liebevolle Betreuung, Kraftort Natur sowie professionelle (Kurzzeit-) Begleitung/ Therapie warten auf euch. Bis bald – a presto – bei uns im ‹magic valley›.


Die guten Adressen/Anzeigen

Wisent Reisen Postfach 8114 8036 Zürich Tel. 043 333 25 25 www.wisent.ch info@wisent.ch

Nordostpolen und Masuren zählen zu den schönsten Naturlandschaften Europas. Wisent Reisen bietet exklusiv Ferien in gemütlichen Zirkuswagen ideal für individuelle Ferien mit der Familie. Wohnen in den Zirkuswagen lässt Sie die Natur hautnah spüren, Sie sehen wilde Tiere, beobachten das Licht der untergehenden Sonne, sitzen draußen am Lagerfeuer und haben zudem ein gemütliches Häuschen. Vom Zirkuswagen aus lassen sich Urwälder Polens per Rad oder zu Fuss erkunden. Die Wagen stehen auf sehr schönen Plätzen in Masuren, dem Bial/owieza-Urwald und dem Storchenhof Pentowo.

adagio alpina Postfach 256 6072 Sachseln Tel. 041 661 24 00 www.adagio-alpina.ch info@adagio-alpina.ch

«vieles – ausser gewöhnlich» Schätzen Sie die Ruhe in der Natur und nicht alltägliche Angebote? Wir bieten Ihnen Aktiv-Erlebnisse mit Erholungswert, die Sie bewegen, herausfordern, bei denen Sie mit Genuss lernen können und sich dabei wohl fühlen. Schneeschuh- oder Skitouren, Biken, Klettern, Wandern, Yoga oder die «Trouvaillen» in Norwegen und Madagaskar – wir freuen uns darauf, Sie auf neuen Wegen und zu spannenden Zielen zu begleiten!

Inspiration - Reisen der Achtsamkeit Spiegelgasse 11, 8024 Zürich Tel. 044 262 55 66 www.inspiration-reisen.ch info@inspiration-reisen.ch

Rundreisen ∙ Yogareisen ∙ Yoga-, Meditations- und Kreativferien Abwechslungsreiche Reiseprogramme mit sorgfältiger Organisation ∙ Unterkunft in kleineren, persönlich geführten Hotels an schönen Plätzen ∙ Authentische Begegnungen mit Menschen im bereisten Land ∙ Wo möglich, Besuche bei spirituellen Meistern, Heilern und Schamanen ∙ Wo möglich, Teilnahme an Festen, Ritualen und Zeremonien ∙ Zusammenarbeit mit Organisationen, die den sanften Tourismus fördern.

orbis reisen Poststrasse 16, 9001 St.Gallen Tel. 071 222 21 33 / Fax 071 222 23 24 info@orbis-reisen.ch www.orbis-reisen.ch

Religion und Kultur Seit 50 Jahren organisieren wir Pilgerfahrten und Kultur-Reisen. Wir sind der einzige Anbieter von Direktflügen Zürich-Lourdes-Zürich. Mit Begleitung von RedemptoristenPatres. Unsere Reisepalette bietet u.a. Malta, Jordanien, Heiliges Land, Rom, Türkei, Portugal. Alles auf kirchlicher, gemischter oder rein kultureller Basis.                 orbis-Spezialität: Organisation von Pfarrei-Reisen.

Heidi Kellenberger & Klaus Estermann Kreuzlingerstrasse 94, 8587 Oberaach Tel. 071 410 25 72, Mobile 079 689 51 00 Fax 071 410 25 74, info@haus-sonnegg.ch, www.haus-sonnegg.ch

Haus Sonnegg - die Pension für Ruhe und Erholung ∙ Für kurze oder längere Auszeiten ∙ Für Seminare, Tagungen, Sitzungen etc. ∙ Kulinarische Genüsse, vor allem vegetarisch ∙ Ausgangspunkt für Velotouren und Wanderungen ∙ Therapeutische Unterstützung und Begleitung

Hotel Macun Barbara & Georg Freimann Janett 7559 Tschlin Tel. 081 866 32 70 / 079 705 44 21 info@hotelmacun.ch

Hotel Restorant Macun in Tschlin /GR Georg und Barbara Freimann Janett heissen Sie herzlich willkommen im Hotel Restorant Macun. Geniessen Sie die Ruhe im sonnenverwöhnten Engadiner Dorf, lassen Sie sich verwöhnen und kosten Sie typische Spezialitäten, die es so nur in Tschlin gibt! Sieben individuelle Zimmer warten auf ebenso individuelle Gäste.

Finca "El Vuelo del Halcón" La Rueda N° 1, Las Tricias E-38787 Garafia / La Palma 0034 922 400 164 oder 0034 636 818 333 Roland Wild, 8004 Zürich 044 361 30 73 www.vuelodelhalcon.ch

Ferien, Seminare, Wandern, Schlemmen etc. auf der Isla Bonita Auf 900 m.ü.M. bei Puntagorda liegt mit einer herrlichen Aussicht in einer gepflegten Parklandschaft die grosszügige Finca. Sie bietet in verschiedenen Gebäuden Unterkunft für bis zu 20 Personen Für Individualreisende oder Gruppen geeignet. Kochen, Bekocht werden oder auswärts essen. Nach La Palma gelangt man ab Zürich via Madrid oder mit der Fähre ab Cádiz

Die gute Adresse zur Horizonterweiterung buchplanet.ch Onlineshop für gebrauchte Bücher Tel. 071 393 41 71 info@buchplanet.ch www.buchplanet.ch

buchplanet.ch: Der Onlineshop für secondhand Bücher buchplanet.ch gehört zur Stiftung Tosam, die mit verschiedenen Betrieben Arbeitsplätze im alternativen Arbeitsmarkt bereitstellt. buchplanet.ch bietet momentan mehr als 28 000 gebrauchte Bücher an, sortiert in über 40 Rubriken. Von Esoterik & Parapsychologie über Märchen & Sagen bis zu Hobby, Sport & Spass. Das Angebot wird laufend erweitert. Ein Besuch auf www.buchplanet.ch lohnt sich deshalb immer.

SAMSARA Gemeinschaftspraxis Hohlstrasse 1 8302 Kloten/ZH Tel. 044 865 65 56 www.samsara-begegnen.ch

• «White Eagle» 2 – 3-jährige Ausbildung in Schamanischem Wissen, Heilen und Zeremonien • Schwitzhütte Herbst Tag- und Nachtgleiche 21.9., Wintersonnenwende 21.12. • Visionssuche im Tessin 30.6.-12.7., 4.8.-16.8.

Lehrinstitut LIKA Dorfstrasse 1, 5233 Stilli b. Brugg info@lika.ch www.lika.ch Tel. 056 441 87 38

Aus- und Weiterbildungen 2013 • Modularisierte Atem-Ausbildung, Start November 2013 • Supervision Komplementär Ausbildung für Fachleute aus dem Gesundheitsbereich, Start nach Vereinbarung 6 Module (auch einzeln buchbar) •  Ausbildung NLP Life Coach, sich selbst und andere coachen – das Beste wecken, Start August 2013 • Fachspezifische Weiterbildungen • Kurse für Alle • Raumvermietung Seminare 2013 auf www.lika.ch.

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Die guten Adressen/Anzeigen

Verlag VITA VERA GmbH Oberebenestrasse 67a 5620 Bremgarten Tel. 056 631 48 60 / Fax 056 631 48 61 vita-vera@bluewin.ch www.vita-vera.ch

Aussergewöhnliche Bücher: • Die Botschaft aus dem All • Gottesprophetie und Naturwissenschaft • Der innere Weg hin zum kosmischen Bewusstsein. Vielfältige Themen: • Gesundheit – Krankheit • Diesseits – Jenseits • Reinkarnation • Prophetie heute • Vegetarische Ernährung • Akte Fleisch (DVD)

VisioTerra Monika Hein Einsiedlerstrasse 68, 8810 Horgen 079 827 78 31 info@visioterra.ch www.visioterra.ch

Naturorientierte Prozessbegleitung Erfüllung finden - persönlich, im Beruf, in Beziehungen Ressourcen nutzen - Vorstellungskraft, Leidenschaft, Reflexion und Handeln Integrität leben - gegenüber sich selbst und anderen Einzelberatung, Seminare, Gruppen

Villa Unspunnen Oberdorfweg 7, 3812 Wilderswil 033 821 04 44 info@villaunspunnen.ch www.villaunspunnen.ch

Kraftort der Stille am Fuss von Eiger, Mönch und Jungfrau In Zeiten des inneren und äusseren Wandels bieten wir einen Ort der Ruhe und Inspiration. Unser Seminarprogramm spiegelt unsere Vision von EINER Welt in einer transkonfessionellen, integral verstandenen Spiritualität.

Oikocredit deutsche Schweiz Postfach, 8026 Zürich T: 044 240 00 62 E: deutsche.schweiz@oikocredit.org www.oikocredit.ch

Nachhaltige Geldanlage Seit 35 Jahren unterstützt Oikocredit mit Darlehen Projekte in Entwicklungsländern und leistet Hilfe zur Selbsthilfe. Tragen auch Sie zu einer nachhaltigen Armutsbekämpfung bei und zeichnen Sie Anteilscheine der internationalen Entwicklungsgenossenschaft Oikocredit.

Eutonie-Schule Zinggstrasse 16, 3007 Bern Tel. 022 362 79 28 info eutonie-formation.ch www.eutonie-ausbildung.ch

Körpererfahrung • Selbsterkenntnis • Bewusstseinsentwicklung

Institut Knickenberg Am Stutz 1, 4314 Zeiningen Tel. 061 851 54 04 info@institutknickenberg.ch www.institutknickenberg.ch

Ausbildungen, Kurse die Sie weiterbringen Ausbildung LernberaterIn, NEU als Fernlehrgang mit Zertifikat Ausbildung Aromatherapie, NEU als Fernlehrgang mit Zertifikat «Der Mensch steht im Mittelpunkt» Haben Sie Fragen? Verlangen Sie unsere ausführlichen Unterlagen.

Ausbildungsinstitut perspectiva Auberg 9, 4051 Basel info@perspectiva.ch www.perspectiva.ch

Perspektiven finden - Kompetenzen erweitern Weil wir davon überzeugt sind, dass es möglich ist, friedvoller mit sich selbst und mit anderen zu leben, bieten wir Seminare und Weiterbildungen an, die dazu beitragen: Gewaltfreie Kommunikation, Mediation als Konfliktlösung, Integrative Friedensarbeit, Lösungsfokussierung und Systemische Strukturaufstellungen, Gruppen leiten.

Doné - Ort der Begegnung Willi Maurer 6994 Aranno TI Tel. 091 609 10 89 info@willi-maurer.ch www.willi-maurer.ch

Transformation des Schattens durch Gefühls- und Körperarbeit Literatur dazu: Willi Maurer, Der erste Augenblick des Lebens - Der Einfluss der Geburt auf die Heilung von Mensch und Erde, DrachenVerlag. - Gemeinsam wachsen: Wochenend- und 6-Tage-Gruppen - Gemeinsam lernen: Ausbildung für im Geburts- oder Therapiebereich Tätige - Vorträge zum Thema Geburt-Imprinting-gesellschaftliche Auswirkungen

James Liebmann, Theologe VDM Bahnhofstr. 7 8488 Turbenthal Fon +41 52 202 39 70 mob +41 79 359 69 61 info@ritualgestalter.ch www.ritualgestalter.ch

Ritualgestaltung – Lebensberatung Ich gestalte Rituale an allen Schwellen des Lebens: Taufe, Hochzeit, Bestattung, Trennung, Scheidung oder nach persönlichen Vorstellungen. Daraus ergibt sich oft das Bedürfnis, über die Gestaltung des eigenen Lebenswegs zu sprechen. Ebenso berate ich bei der persönlichen Gestaltung von Ritualen und Lebenswegen.

Eine pädagogische, therapeutische und künstlerische Ausbildung, die berufsbegleitend über vier Jahre zu einem vom Schweizerischen Berufsverband für Eutonie Gerda Alexander ® anerkannten Diplom führt.

Im guten Webshop einkaufen Paroni Honig Bioimkerei Marco und Esther Paroni Berkenstrasse 9 3373 Heimenhausen/BE Tel. 062 961 64 20, www.paronihonig.ch

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paronihonig.ch: Bio-Honig und -Bienenprodukte Marco Paroni betreibt die Wanderimkerei mit Zuchtbetrieb seit 1970. Der Bioimker erwärmt den Honig beim Abfüllen nie künstlich. Ein guter Grund dafür, dass seine Frühlingsblüten-, Sommer-, Wald- oder Bergblütenhonige so fein und voll im Geschmack und reich an Vitalstoffen sind. Im Webshop und im Hofladen der Paronis gibt es u.a. auch Wabenhonig oder Propolis zu kaufen.


Die guten Adressen/Anzeigen

BioManufaktur Grünboden Urs und Christine Frühauf 6264 Pfaffnau Telefon 079 725 16 10 www.gruenboden.ch

gruenboden.ch: Gourmetgenuss vom Grünboden Die BioManufaktur von Urs und Christine Frühauf auf dem Pfaffnauer Grünboden verwöhnt Sie mit hand- und hausgemachten heimischen Bioprodukten vom Feinsten; z.B. schonend luftgetrocknet: Dörrbohnen «pro specie rara», Cherry-Tomaten, Apfelschnitze, Birnen, Erdbeeren; oder mit Liebe eingemacht: Zucchetti, Sellerie und Kürbis sweet-sour.

Biofarm Biofarm Genossenschaft Beim Bahnhof, 4936 Kleindietwil Tel. 062 957 80 50 | Fax. 062 957 80 59 www.biofarm.ch | www.shop.biofarm.ch

Schweizerisch hat bei Biofarm Tradition. Seit 1972 produzieren und ernten wir Biofarmer das Beste, das die Natur bietet und verarbeiten es schonend zu feinsten Produkten – frisch und von bester Qualität, zu Ihrem Genuss und unsere Freude.

gebana AG 8005 Zürich Tel. 043 366 65 00 www.gebanashop.com www.gebana.com info@gebana.com

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Leserbriefe

Leserbriefe@zeitpunkt.ch Die Wurzel des Problems «Die Zukunft des Automobils», ZP 126 Mit Freude habe ich Ihren Beitrag «Die Zukunft des Automobils" im aktuellen Zeitpunkt gelesen. Sie bringen puncto Mobilität genau das auf den Punkt, was mir auch seit Jahren schon durch den Kopf geht. Unsere Gesellschaft ist in vielen anderen Themen genauso auf den Holzweg geraten mit vielem, was uns genau das bringt was wir wollen, auf eine Weise wie wir es genau nicht wollen: • Energieversorgung: Die billige Energie bringt uns in Wahrheit Abhängigkeit statt Freiheit. • Das Geld- und Zinssystem, welches uns viele Vorteile bringt, um uns am Schluss doch fast immer zu Geldsklaven zu machen. • Moderne Einkaufskultur unserer Überflussgesellschaft, die uns alle erdenklichen Wünsche erfüllt und am Schluss doch oft die wahren Bedürfnisse nicht erfüllen kann. • Moderne Landwirtschaft und industrielle Nahrung: All die perfekten Produkte, welche uns doch nicht gesund machen. • Unser modernes Gesundheitssystem, das für fast alles eine Lösung hat und schliesslich doch den Menschen als ganzheitliches Wesen aus den Augen verliert. Die Liste liesse sich wohl noch lange erweitern. Martin Frischknecht, Herisau ZweitWohnungsinitiative schiesst am Ziel vorbei Wir Bündner verstehen die Wanderer, die Naturschützer, die Unterländer. Ihr habt der Neubebauung und Überbordung Einhalt geboten, und das ist gut so. Aber wollt ihr den Zerfall der bestehenden Bauten in unseren Bergen und Dörfern? Seht euch mal die Ruinenbilder an unter http://www.kulturzerfall.ch, wie sich der Kanton Graubünden heute repräsentiert. Der Tourismus ist die Lebensader Graubündens, wo 30% der Bruttowertschöpfung erwirt-

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schaftet wird. Wäre es nicht geschickter, die bestehenden Bauten und deren traditionelle Kultur und das Landschaftsbild unter Schutz zu stellen mit massvoller Nutzung, anstatt sie einer 20 Prozent Zahlenverordnung zu unterwerfen? Denn das Landschaftsbild zu schützen war das Ziel der Zweitwohnungsinitiative. Erreicht wird aber, dass die bestehenden Bauten auf unseren Alpen und Maiensässen weiter zerfallen werden, was sicher nicht im Interesse der Zweitwohnungsinitiative war. Peter Tarnutzer, Trin Spätepikureische Plattheiten «Liebe macht Sinn», ZP 126 Den Zeitpunkt lese ich stets gerne und oft freut es mich, wie deutlich Kritik an gewissen Zeitgeistphänomenen geäussert wird. Um so erstaunlicher finde ich es, wie der Philosoph Wilhelm Schmid spätepikureische Plattheiten vortragen kann, ohne dass Beat Hugi ein einziges Mal kritisch kontert. Schmid erkennt durchaus richtig, dass man nicht alle Bedürfnisse selber befriedigen kann und sieht ein, dass ohne Hilfe des Zahnarztes das Loch in seinem Zahn nicht zu stopfen ist, «wenn ich nicht zufälligerweise Zahnarzt bin». Wie viele Zahnärzte konnte dieser Philosoph schon dabei beobachten, wie sie sich ihre Zähne selber plombieren? Na ja, bloss eine Frage der Evolution, die versucht, «alle Möglichkeiten zu realisieren, die nur möglich sind… Die Evolution ist kein Subjekt, sie ist blind. Da ist keiner, der irgend etwas steuert». Und zwar vermutlich aus dem einfachen Grund, weil weltanschauungsbedingt kein Steuermann da sein darf. So wie die Schmid‘schen Zahnärzte sich ihre Löcher selber stopfen, so bauten sich wohl auch einst die ersten Mikroogranismen ihre genetischen Schaltpläne selber, doch während die Zahnärzte wenigstens das Plombieren gelernt haben, wussten die Mikroorganismen nicht einmal,

was Mikroorganismen geschweige denn genetische Schaltpläne sind, dachten aber, ohne denken zu können, der ebenfalls nicht denkende blinde Zufall werde es schon irgendwie richten… «Jedes Leben ist ein Experiment, das die Natur mit uns anstellt… Ich möchte auch mit meinem Buch alles dafür tun, dass wir das Experiment ad infinitum weiterführen. Bis ins Unendliche». Nein, Herr Schmid, bei dieser Veranstaltung möchte ich lieber nicht anwesend sein. Sogar Atheisten haben Besseres als dies verdient. Stefan Thiele, Basel Versteckte Wahlzeitung «Gewählt ist: das geometrische Mittel», ZP 125; «Mist», ZP 126 Ich bin massiv enttäusch vom Zdeitpunkt, welche ich für eine gute alternative Zeitung gehalten habe, worin Dinge zu lesen sind, die sonst nirgends stehen. Die letzten zwei Hefte geben mir jedoch zu denken. Ausgerechnet Christoph Pfluger hat zwei Berichte verfasst, die so gar nicht in den Zeitpunkt passen, 1. «Gewählt ist: Das geometrische Mittel», 2. «Mist». Es scheint, als mutiere der Zeitpunkt zu einer Art versteckter Wahlzeitung, die Bürger an der Wahlurne beeinflussen soll… Ich lese aus diesen Berichten, dass die SVP und das Auto verteufelt werden. Ich selber betrachte die SVP als die ehrlichste und volksnaheste Partei und bin ein Auto-Fan. Meines Erachtens ist der letzte Zeitpunkt ein einziges AutoVerteufelungs-Werk. Genauso könnte man den Zeitpunkt dazu nutzen, Flugzeuge, Wirtschaft, Schwule oder Ausländer zu verteufeln. Christoph Pfluger verlangt Kostenwahrheit (Kosten nach Verursacherprinzip) – warum nur bei den Autos – warum nicht überall, z.B. im Gesundheitswesen? Oder bei sozialen Leistungen? Oder in der Wirtschaft? Oder bei den Industrien?

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Verlagsmitteilung

Die Ausführungen, wofür das Auto Verursacher sein soll, sind sehr strittig. Warum soll das Auto schuld sein an einem Verkehrstoten, der unbedacht über die Strasse läuft, warum soll das Auto für einen Verkehrstoten schuld sein, der mit dem Velo über die rote Ampel fährt? Warum zum Teufel soll das Auto generell für alle Verkehrsunfälle der Verursacher sein? Warum soll nur das Auto alle Kosten tragen? Nutzen nicht auch andere Teilnehmer (Velofahrer, Motorfahrer, Mopedfahrer, Fussgänger, LKW’s, ÖV, Krankenwagen, Feuerwehr, jedermann, der im Einkaufsladen Lebensmittel einkauft, die auf Strassen hergebracht wurden) die Strassen? Warum soll nur das Auto für die Umweltverschmutzung verantwortlich sein? Was ist mit Flugzeugen, Industrien, Militärs, Waldrodungsmaschinen, Kriege, AKW’s oder die westliche Lebensweise und anderes? Es

scheint, als solle das Auto für alle Probleme der Welt verantwortlich gemacht werden und finanziell für alles daraus Resultierende aufkommen. Das ist engstirniger und manipulativer Journalismus! Gerry Michel, Erlinsbach Neuer Irrtum geschaffen «Das Triebwerk des Menschen», Zeitpunkt 117 Ich habe letzthin einen alten Zeitpunkt gelesen, wo es um den Irrtum geht, dass der Mensch aggressive Gene hat. Mir scheint, da wird ein neuer Irrtum in die Welt gesetzt. Auch Joachim Bauer redet nur von Zellen, Nerven, Hirnregionen, als ob im Körper eine Tendenz zum Guten gespeichert wäre. Ich vermute, unser Körper hat gar keine solche Tendenz, weder zum Guten noch zum Schlechten. Es ist schlicht die Erziehung und unsere Vernunft, unsere Denkfähigkeit, die ermöglichen, in die gute Richtung

zu gehen. Wenn dieser Irrtum weiter existiert, kommt die grosse Masse eines Tages dazu, zu denken, was nützt es, uns Gedanken zu machen und etwas sinnvoller als bis anhin machen zu wollen, wir können uns gar nicht ändern, weil wir von der Materie, sprich dem Gehirn oder den Genen, abhängen und gar keine Freiheit haben können. Somit haben wir für unser Handeln auch gar keine Verantwortung. Stellen Sie sich diese Einstellung und deren Konsequenzen vor! Zum Glück sind wir noch nicht so konsequent naturwissenschaftlich eingestellt und haben noch einen Rest Vernunft. Diesen Prozess gilt es aber ins Bewusstsein zu heben. (Buchtipp: R. Steiner, Philosophie der Freiheit). Josef Dobler, Jona

Verlagsmitteilung Das dürfte einmalig sein: 49 Prozent der Abonnentinnen und Abonnenten sind durch Freunde auf den Zeitpunkt gestossen. Dies ergab eine Umfrage unter 600 zufällig ausgewählten und daher ziemlich repräsentativen Lesern. Was macht man nun als Verlag, der wie alle anderen auch, im hart umkämpften Mediengeschäft zu überleben versucht? Als Erstes dankt man seinen Leserinnen und Lesern für das ausserordentliche Vertrauen und die enorme Unterstützung. Sie ist wirklich erstaunlich und hat in diesem Ausmass auch mich überrascht. Dieser Dank kommt von Herzen, aber mit ihm ist kein einziges neues Abo gewonnen. Auch wir sind dringend auf eine Erweiterung der Leserbasis angewiesen. Denn mittlerweile spielen wir in einer Liga, in der zumindest branchenübliche Honorare bezahlt werden müssen. Das tun wir eindeutig lieber als ständig mit einer versteckten Bettlermiene herumzulaufen. Aber mit knapp einer halben Million Franken (davon 80 Prozent von den Abonnenten) verfügen wir gegenüber unseren Mitbewerbern am Markt der Aufmerksamkeit über ein Budget, das um Faktoren kleiner ist. Zudem suchen wir Autoren, die uns, d.h. Ihnen gekonnt geschliffene Diamanten ins Heft streuen. Und die sollen für den Schweiss, den sie beim Schreiben vergiessen müssen, damit es Sie beim Lesen keinen kostet, angemessen honoriert werden.

Melden Sie uns bitte die Adressen von Menschen, die sich für den Zeitpunkt interessieren könnten. Auf Seite 43 finden Sie ein Formular zum Ausfüllen für eine Antwort per Fax oder Brief. Sie können uns die Adressen auch per e-Mail schicken: verlag@zeitpunkt. ch. Die Adressen werden aussschliesslich für einen ein- oder zweimaligen Versand einer Probenummer verwendet und nicht weitergegeben. Herzlichen Dank! Diese Nummer wurde erstmals von Kaspar Flück gestaltet. Er hat die Hochschule der Künste in Biel abgeschlossen und bereits Preise erhalten. Dann hatte er die bemerkenswerte Erkenntnis, dass Kunst im Grunde MeditatiDer on ist und er sich ohne Umweg gleich mit ihr : itpunkt e Z beschäftigen könnte. e t s näch Im Weiteren begrüsse ich Christian Diesen Becker und Rolf Ulrich in der Anzeiehen.» g r e uit e ge w ie gena genberatung. Sie betreuen bereits ein ehr lan chen, d hinter s m n t e h M ic schönes Portefeuille an ökologisch ori- «So kann es n und auch von vermuten: Da Disive Wir n oft entierten Zeitschriften. Ich bin sicher: Satz hört ma en wie bisher. ne eine kognit rnehe h h b a c E a W r er m eren ktive Ihre Anzeigenaufträge sind bei ihnen in so weit h e n un s n Ü b e r ze u uf kolle c a is h w ic z s h ere guten Händen. Sie ersetzen Ruth Blum, verbirgt er sp r uc hen uns r Paradoxie , ein Wid ensatz zwisc z se n ie a n D . o die zusammen mit ihrem Mann Beat s n ge n in Geg lu e d , n n k t au f a e H g u m un eren Zeitp n nd am ­ s Hugi den Zeitpunkt verlassen hat, um n n e u t s d h n c u u ä gungen hten wir im n ise, originelle ge beim Hausverein eine neue Herausfordie Fra r äz möc f P u . a n e n h e t e r g o d w e n t n ab. derung anzunehmen. Ich danke ihnen den Gru rz gefasste An ucken wir ger r u k d n r » für die Zusammenarbeit und wünsche ns? mb e . liebste eht es u ss: 30. Septe g ie W « ihnen viel Glück und Erfolg. lu ionssch Re dak t Christoph Pfluger, Herausgeber

s uns? e t h e g Wie

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! t f f a h c s Ge

Nicht fragen, nicht rechnen

Von Stefanie Gross

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Stefanie Gross-blau (Mitte) im Trio PanBelMusa mit SonjaVera Schmitt und Rüdiger Schödel.

m 24. Oktober 2003, meinem 38. Geburtstag, fiel der Hammer: Zum Ersten, zum Zweiten, zum Dritten und die Liegenschaft Schloss Glarisegg am Bodensee ging in die Hände und die Verantwortung unserer Projektgruppe. Wir hatten es geschafft. Kaum zu glauben. Unsere Vision eines Gemeinschaftsprojektes sollte tatsächlich ein Zuhause bekommen. Und was für eins: Ein Schloss am Bodensee, mit eigenem Strand, Land und Wald. Jetzt durften wir an die Verwirklichung gehen und das Leben als Gemeinschaft erforschen, mit Kunst und Kreiskultur, Therapie und Seminarbetrieb. Die Zeit vor dem Kauf war von einer Mischung aus naivem Glauben, der nicht fragt und rechnet, grosser Lust und Tatkraft geprägt. Diese Kraft hat uns aus der Gründergeneration bis zuletzt getragen. Nach der ersten Phase der Euphorie kam die Phasen von viel Arbeit. Oft zuviel. Es wurde gehobelt und es fielen Späne. Viel Aufmerksamkeit in unserer Projektgeschichte brauchte der Seminarbetrieb. Einerseits war und ist er unser Tor zur Aussenwelt, Teil unseres verstandenen Auftrags: «Ort für Begegnung und Bewusst-Sein» zu sein. Und doch hatte sich zwischenzeitlich die Priorität verschoben. Die Gemeinschaft ging fast unter im Betrieb, zugleich kämpfte der Betrieb ums Überleben. Unsere Substanz drohte verloren zu gehen. Wir kamen ins verflixte siebte Jahr. Wir gingen in die Stille und fragten: Wie soll es weiter gehen? Die Antwort war im Grunde einfach: Kümmert euch wieder um die Gemeinschaft. Ladet neue Menschen ein, Familien, öffnet euch. Es ist uns gelungen dies umzusetzen und heute hat sich die Zahl der Gemeinschaftsmitglieder und Annähernden von zwölf auf 34 Erwachsene und 14 Kinder mehr als verdoppelt. Was auch frischen Wind brauchte, waren unsere Begegnungen im Kreis. Sich in Gemeinschaft zu begegnen war zwischenzeitlich nicht mehr nährend. Was dann geholfen hat und die Gemeinschaft immer wieder auf Kurs gebracht hat sind Coachings von Aussen und Rituale. Die wöchentlichen Gemeinschaftskreise gehören, wie der tägliche Morgenkreis zur Alltagskultur in Glarisegg. Der Seminarbetrieb

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geht heute einen neuen Weg des Miteinanders mit der Gemeinschaft und plant die Ressourcen und die Soft Skills der Menschen vor Ort mehr zu nutzen und in sein Angebot zu integrieren. Ein Schlüssel, warum die Gemeinschaft und das Projekt seit zehn Jahren Bestand hat und sich weiter entwickelt ist sicher die Mischung von Ausdauer und Krisenbeständigkeit, Öffnung und Flexibilität. Es braucht bewusste Menschen mit Initiativ- und Umsetzungskraft. Durch sie konnten am Ort nach und nach noch eine Ritualoase, eine Permakulturgarten, eine Waldkindergruppe, eine Kreativwerkstatt,ein Filzatelier, eine Instrumentenbauwerkstatt, das SchlossTrio, ein Lädeli und mehr entstehen. Und es braucht nährende Gemeinschaftserfahrungen, sowie die Bereitschaft, ja die Lust, zu wachsen und in den Spiegel zu schauen. Für mich war die Zeit in Glarisegg ein riesiges Geschenk. Heute endet dieser Zyklus. Die Liebe und das «einfache» Leben auf dem Biobauernhof «Masesselin» im Jura hat mich so deutlich gerufen, dass ich nicht anders konnte, als meine Heimat in der Gemeinschaft und in Schloss Glarisegg zu verlassen. Es waren zehn erfüllte Jahre: Ich habe in einem Trio gesungen, grosse Silvesteranlässe geleitet, in der Seminarküche gekocht und gelernt Brot für einen ganzen Betrieb zu backen. Ich habe ein Kräuterbeet angelegt, einen Laden aufgemacht, Protokolle geschrieben, Sitzungen geleitet. Ich konnte mich in der Tiefe erforschen, mein Herz weiten, die Verbindung zu meiner Quelle stärken, Entwicklungen erleben, Engpässe aushalten. Das Wichtigste war wohl für mich, dass ich meiner Sehnsucht nach einer liebevolleren, nachhaltigeren Welt, die das Wohl des ganzen Planeten im Blick hat, lebendigen Ausdruck geben durfte und so mein Leben als sinnvoll erfahren durfte. Jetzt gehe ich weiter, doch in Glarisegg bleibt ein Teil meiner Familie und ich bin ihr im Herzen verbunden. Schloss Glarisegg kann man besuchen, als Gast, in einem Seminar, einer Gemeinschaftsintensivwoche, in einer Orientierungszeit oder am Jubiläumsfest vom 26./27. Oktober. Programm: Samstag, 26.10.2013 ab 14:00 Uhr: bunter Markt mit Einblicke in Werkstätten und Therapeutikum, Gaukelei und Musik 16:00 Uhr: offizieller Festakt im Speisesaal 18:30 Uhr: kulinarische Vielfalt 20:30 Uhr: 10-Jahres-Fest: Rückblicke, Humor und Musik Sonntag, 27.10.2013 11:00-16:00 Uhr: «Markt der Möglichkeiten, Tag der offenen Tür» Kontakt: Schloss Glarisegg, 8266 Steckborn, Tel. 052 770 2188, www.schloss-glarisegg.ch


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