Erwin Jakob Schatzmann: unverblümt

Page 1





edition

ZE!TPUNKT 1


Erwin Jakob Schatzmann: unverbl端mt ISBN: 978-3-9523955-2-3 Fotos: Erwin Schatzmann, Seite: 8, 60, 70, 126, 132, 140 Max Peter, Seite: 60 Andi Dietrich, Seite: 34, 94, 104, 114, 120 Christoph Pfluger, Seite: 4 Susanne Ehrat, Seite: 144 Satz: Erwin Jakob Schatzmann Korrektorat: Hannah Willimann Layout: Vincent Grand Umschlag: Vincent Grand unter Verwendung eines Reliefs von Erwin Jakob Schatzmann Produktion: Synergia Verlag und Mediengruppe, DE-Rossdorf Printed in the EU 息 2015 Erwin Jakob Schatzmann und edition Zeitpunkt, Werkhofstr. 19, CH-4500 Solothurn. www.zeitpunkt.ch Der Autor dankt f端r die Unterst端tzung von:

2


3


4


5


6


7


8


9


10


11


12


143


144


Erwin Jakob Schatzmann: Künstler – Philosoph – Generator Erwin Schatzmann (*1954) wuchs in Agasul (Zürcher Oberland) auf. Nach der obligatorischen Schule absolvierte er eine kaufmännische Lehre. Die für seinen Werdegang wegweisende Bildung unterlief er in Indien, wo er insgesamt drei Jahre verbrachte und sich zeitweilig den Sadhus anschloss. Tief beeindruckt vom materiell genügsamen, jedoch spirituell tieferfüllten Leben der heiligen Männer erachtete er nach seiner Rückkehr in die Schweiz eine bürgerliche Existenz als undenkbar und beschloss deshalb Kunstmaler zu werden. In der christlichen Tradition und in der Natur fand er die inhaltliche Grundlage für sein künstlerisches Schaffen. Im Bestreben, mystisch-geistigen Inhalten eine bildhafte Form zu geben, verwendet er in seiner Malerei und Bildhauerei Elemente der europäischen Volkskunst, die er neu interpretiert. Ende der 1990er Jahre erlangte er mit seiner Initiative «Ein See für Winterthur», die damals ihrer Zeit weit voraus war und deshalb an der Urne verworfen wurde, nationale Bekanntheit. In seiner Heimatstadt kannte man ihn längst; nicht nur aufgrund seiner phantasievollen Holzskulpturen, sondern ebenso wegen seines extravaganten Erscheinungsbildes. Mit selbst gemachten Kleidern, langen Haaren und geflochtenem Bart polarisierte er: Für die einen war er ein Bürgerschreck, für andere eine Kultfigur. Seit 2009 arbeitet er am Gesamtkunstwerk «Morgenland Off Space», einem aus recyclierten Baumaterialien und seinen Skulpturen bestehenden Hüttendorf am Stadtrand von Winterthur, die ihm als Wohn- und Wirkstätte dient und wo er regelmässig Feste unter dem Titel «Artgerechte Haltung» veranstaltet. Das gesellige Zusammenbringen von ganz unterschiedlichen Menschen ist ein eminent wichtiger Teil seiner Kunst und dient ihm gleichzeitig als Ausgleich zur oft einsamen, viel Kraft und Konzentration erfordernden Tätigkeit als Bildhauer. Künstlerisch seit den späten siebziger Jahren als Autodidakt aktiv, betrieb er bereits Anfang der achtziger Jahre einen alternativen Ausstellungsraum an der Obergasse in Winterthur, der als beliebter Treffpunkt zugleich 145


eine soziale Funktion erfüllte. Schon damals zeichnete sich ab, was noch heute für Erwin Schatzmann typisch ist: Ein hundertprozentiges Leben für und in der Kunst, das sich in den Dienst der Allgemeinheit stellt und wenig persönliche Privatheit kennt. Mit seinem «Morgenland» hat er einen eigenen Kosmos erschaffen, wo er das Ideal einer materiell bescheidenen, kreativen und originären Lebensführung realisiert. Seine Arbeit versteht er als Beitrag zu einer neuen, ganzheitlichen, sinn- und freudestiftenden Kultur, die auf einer umfassenden Sorgsamkeit gegenüber den (Mit-)Menschen, der Schöpfung und kulturellen Traditionen baut. In einer Welt, in der Zahlen dominieren, postuliert er Schönheit als unschätzbaren Wert. Seine Holzfiguren, von ihm als «Phantastischer Heimatstil» bezeichnet, sind allesamt gute Geister – lebensspendende Göttinnen, kurlige Zwerge, vorwitzige Tiere und liebliche Blumen. Das u. a. mit Weihnachtskugeln, alten Kronleuchtern, selbstgeschnitztem und upcyclierten Mobiliar dekorierte «Morgenland» wirkt traumhaft und ist doch ganz und gar Realität. Er hält in Ehren, was andere entsorgen: Erinnerungstücke (sog. emotionale Devotionalien), Alltagsgegenstände, Heiligenbilder und vieles mehr. Undogmatisch und ohne Berührungsängste befasst er sich mit religiösen Inhalten. Das Wort «heilig» ist für ihn Synonym für Ganz-Sein, Unversehrtheit und Unveräusserlichkeit. Erwin Schatzmann ist nicht lediglich ein konservativer Bewahrer, sondern erneuert das Alte, sei es geistig oder materiell, indem er es veredelt und weiterentwickelt, so dass es für eine weitere Generation Wert, Würde und Sinn erlangt. Die Gegenstände, die er für seine Schrein-Objekte und Installationen verwendet, findet er in Brockenhäusern und auf Trödlermärkten oder bekommt sie mitunter geschenkt. Seine Kleider, die er meist Secondhand kauft, sowie alles, was in seinen Besitz übergeht, wird von ihm alsbald «schatzmanisiert», d.h. nach seinen Vorstellungen überarbeitet und in seinen Kosmos integriert. Wie er selbst sagt, «entsteht damit die Kunst eines Volkes, das es (noch) nicht gibt bzw. (vorläufig) nur aus mir selbst besteht.»

146


Als Entdecker «schlummernder Potenziale» sieht er vielerorts Nachholbedarf hinsichtlich Verschönerung. Der Verschandelung von Stadt und Land durch Strassen und Gewerbebauten hat er als Einzelner nichts entgegenzusetzen, das weiss er. Im Rahmen der ihm zur Verfügung stehenden Kräften bemüht er sich, den Leuten die Augen zu öffnen, nicht indem er ihnen den alltäglichen Schrecken vor Augen hält, sondern aufzeigt, wo es noch schützenswerte Orte gibt. Seit drei Jahren organisiert er im städtischen Naherholungsgebiet niederschwellige Kunstausstellungen mit lokalen Kunstschaffenden und unterläuft damit die Erwartungen des globalisierten Kunstbetriebs, der Internationalität mit Qualität gleichsetzt. Bis zu seiner ersten institutionellen Einzelausstellung in der Kunsthalle Winterthur im Jahr 2010 wussten nur enge Bekannte von seinem literarischen Œuvre. Dieses umfasst Aphorismen, Kurzgeschichten und Statements zu einer breiten Palette von Themen. Die prägnanten Sentenzen beruhen auf spontanen, auf einem Notizzettel festgehaltenen Geistesblitzen, die er anschliessend auf der Schreibmaschine abtippt, ausschneidet und in thematisch geordnete Hefte einklebt. Seine im analogen «Copy-Paste»-Verfahren fabrizierten Textbücher sind zwar in technischer Hinsicht ein Anachronismus, gedanklich aber höchst aktuell. Sie beinhalten eine intensive Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Fragen; darüber hinaus reflektieren sie das eigene Künstlerdasein mit all seinen Licht- und Schattenseiten. Die erstmalige öffentliche Präsentation seiner Schriften beeindruckte und berührte damals viele Ausstellungsbesucher und brachte mit sich, dass er als Persönlichkeit mit Tiefgang wahrgenommen wurde. Erwin Schatzmann ist ein kritischer Freigeist, ideenreicher Querdenker und nicht zuletzt ein disziplinierter Arbeiter. Mit konsequenter Haltung, vielseitigem Engagement, wunderbaren Kunstwerken und nachdenklichen Texten ist er bestrebt, positive Energien in die Welt zu setzen und damit anderen Leuten Mut und Hoffnung zu schenken. Lucia Angela Cavegn lic. phil. Kunsthistorikerin, Winterthur (www.kunstweise.ch) 147


Bücher aus der edition Zeitpunkt Das nächste Geld Die privaten Banken schöpfen Geld, jedes Mal, wenn sie einen Kredit verleihen. Damit entsteht aus dem Nichts ein Guthaben, das gleich bleibt und eine Forderung, die mit dem Zins ständig wächst. Deshalb sind die Schulden weltweit heute so gross, dass sie mit der gesamten vorhandenen Geldmenge nicht mehr bezahlt werden können. Der Autor erklärt eingängig und scharf, wo die Systemfehler des Geldes liegen, wie sie in der Geschichte wirkten und wie sie behoben werden können. Die Überwindung des kollektiven Irrtums ist möglich, aber es braucht ein breites Verständnis des Geldes und einen demokratischen Aufbruch. Dieses Buch liefert die Grundlagen. Christoph Pfluger: Das nächste Geld – die zehn Fallgruben des Geldsystems und wie wir sie überwinden. edition Zeitpunkt, 2015. 248 S., Fr. 23.–/€ 21.– ISBN: 978-3-9523955-3-0

Das Buch zur wichtigsten Volksinitiative seit Jahrzehn­ ten: Drei hochkompetente Autoren erklären die Geldschöpfung, ihre Probleme und eine überzeugende Lösung: die Vollgeld-Reform. Hans Christoph Binswanger beschäftigt sich seit Jahrzehnten als em. Professor der Hochschule St. Gallen mit Fragen der Geldschöpfung. Joseph Huber hat als Professor em. für Wirtschafts- und Umweltsoziologie der Universität Halle das Vollgeld-Konzept entwickelt. Und der em. Professor für Staatsrecht der Hochschule St. Gallen, Philippe Mastronardi, hat den Verfassungstext zur Vollgeld-Reform und zur Neugestaltung des Bankwesens geschrieben, über den die Schweiz in naher Zukunft abstimmen wird. Hintergrundwissen für Staatsbürgerinnen und Staatsbürger, die ihre Verantwortung ernst nehmen. Verein Monetäre Modernisierung (Hrsg.): Die VollgeldReform – wie Staatsschulden abgebaut und Finanzkrisen verhindert werden können. Mit Beiträgen von Hans Christoph Binswanger, Joseph Huber,Philippe Mastronardi und einer Einleitung von Mark Joób. edition Zeitpunkt, 4. Aufl., 2014. 84 S. Fr.12.50/€ 10.01.


Es gibt Zitronen, die werden ausgepresst, bis Blut fliesst. Griechenland ist so ein Fall. Das Ergebnis wird selbst den Köchen der Rettungsdiät nicht schmecken. Der Journalist und Filmemacher Harald Schumann hat die Rezepte analysiert und mit dem Küchenpersonal des IWF, der EZB und der EU gesprochen. Er hat sich vor Ort in Griechenland umgesehen und die Resultate in zahlreichen Artikeln im «Tagesspiegel» und zwei bemerkenswerten Filmen dokumentiert, dem preisgekrönten «Staatsgeheimnis Bankenrettung» (2013) und «Macht ohne Kontrolle – die Troika» (2015). Die Autorin Ute Scheub hat aus dem umfangreichen Material eine griechische Tragödie geschrieben, samt Chor der Boulevardjournalisten. Eine überzeugende, eingängige Darstellung einer Geschichte, die wir verstehen müssen, wenn wir sie noch beeinflussen wollen. Harald Schumann und Ute Scheub: Die Troika – Macht ohne Kontrolle. Eine griechische Tragödie und eine europäische Groteske in fünf Akten. edition Zeitpunkt, 2015. Ca. 100 S., geb. Fr. 15.–/€ 14.– ISBN: 978-3-9523955-4-7 Erscheint Ende August 2015

Niemand schrumpft zivilisierter. Die japanische Krankheit spitzt sich unaufhaltsam zu: Mit einer Staatsverschuldung, die bei 240 Prozent seines Bruttoinlandproduktes liegt und der Aussicht, ein Drittel seiner heutigen Bevölkerung zu verlieren, muss Japan heute als erstes OECD-Land den Übergang in die Postwachstumsgesellschaft gestalten. Seine Bevölkerung erträgt diesen Wandel trotz Prekarisierung der Arbeitswelt bisher mit bemerkenswerter Disziplin, ja sogar mit einer gewissen Anmut. Die Philosophin und Nachhaltigkeitsforscherin Christine Ax nimmt Sie mit auf die Reise in ein Land, das zehn Jahre tiefer in einem Problem steckt, das den übrigen Ländern des Westens erst noch bevorsteht. Christine Ax: Reise ins Land der untergehenden Sonne – Japans Weg in die Postwachstumsgesellschaft. edition Zeitpunkt, 2014. 80 S. Fr. 12.50/€ 10.01. ISBN: 978-3-9523955-1-6

149


Veränderungen kann man nicht bestellen,

aber die Anregungen dazu!

Der Zeitpunkt ist die gepflegte Alternative zur Gleichschaltung der Mas­sen­­medien. Er bietet Journalismus mit Kopf, Herz und Hand für intelligente Optimistinnen und konstruktive Skeptiker. Er putzt trübe Scheiben, macht Mut und vernetzt mit Organisationen, in denen Pio­nier­geist weht. Der Zeitpunkt erscheint zweimonatlich und zeigt, wie die grossen Schwierigkeiten dieser Zeit zur grossen Chance werden. Einzelnummer: Fr. 10.–/€ 10.–. Der Abobeitrag wird von den Lesern selbst bestimmt. www.zeitpunkt.ch

Nimm dir Ze!tpunkt 150



Hier ist ein Mensch, der lebt, was er denkt, und tut, was er sagt. Die «aphoristische Denkprosa» von Erwin Jakob Schatzmann ist nicht das Resultat endloser Grübelei oder gestauter Wut, sondern das Ergebnis eines kompromisslosen Lebens. In seinem «Morgenland», einem Hüttendorf am Rande von Winterthur arbeitet der Maler und Bildhauer frei nach dem Motto: «Wer Kunst macht, macht; er macht nicht mit.» So entstand ein Werk, das er als «phantastischen Heimatstil» bezeichnet, als «Kunst eines Volkes, das es noch nicht gibt.» Wie dieses Volk denkt, zu dem wir alle gehören könnten, fasst ein weiteres Stück Denkprosa aus Schatzmanns Schreibmaschine zusammen: «Dein Leiden interessiert niemanden – nur deine Antwort darauf.» 395 weitere Antworten gibt es in «unverblümt» zu entdecken. Schatzmann hat internationales Format, im besten Sinne des Wortes: «Es ist egal, welcher Nation du angehörst, Hauptsache nicht der Resig-Nation.» ISBN 978-3-9523955-2-3 152


Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.