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Gastkommentar – Wohin steuert die Branche? Nichts tun ist kein Alternative

„Unser Erfolgsrezept ist die Kombination aus Konstanz und Lebendigkeit“

Dr. Michael Scheuch leitet seit 2010 den Bereich „Brand Management“ der Österreich Werbung. Dabei ist er für die internationale Markenführung, das internationale Content- und Kampagnenmanagement sowie für Strategie und Innovation in den digitalen Medien zuständig. Dieser Position gehen unter anderem Tätigkeiten als Strategie- und Marketing-Consultant bei der internationalen Unternehmensberatung Simon, Kucher & Partners sowie als Konzernleiter des Bereichs Werbung und Marketing im Einzelhandel voraus. Dr. Scheuch ist derzeit zudem als Lektor an der Wirtschaftsuniversität Wien und als Dozent an der FH Wien tätig. Joachim Leiter sprach mit ihm über die aktuelle Covid-19-Krise, nachhaltigen Tourismus, Klischees in der Werbung und Österreich als Destination im Jahr 2030.

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Text: Joachim Leiter Foto: Österreich Werbung www.austriatourism.com

Dr. Michael Scheuch.

Joachim Leiter: Worin besteht Ihre Aufgabe bei der Österreich Werbung und wie groß ist das Team, welches Sie leiten? Joachim Leiter: Sie sind seit zehn Jahren verantwortlich für die Markenführung bei der Österreich Werbung. Ziehen Sie bitte einen Vergleich zwischen Markenführung in 2010 und Markenführung aktuell. Dr. Michael Scheuch: Ich leite den Bereich Brand-Management, welcher aus drei Teams besteht. Eines davon ist für das Content-Management zuständig und beinhaltet unter anderem die Aufbereitung und Recherche von Inhalten zu verschiedenen Themen sowie die Bereitstellung des Contents für unsere Auslandsbüros. Ein weiteres Team kümmert sich um alle Aspekte der Markenführung, wie beispielsweise Markenrecht, Bilddatenbanken sowie Film- und Fotoproduktionen. Dann gibt es ein Team, das sich mit Innovation und Kampagnen beschäftigt, konkret mit allen marketingrelevanten Innovationsprojekten und mit den großen Image-Kampagnen. In Summe sind wir in der Österreich Werbung 200 Mitarbeiter, 100 davon

arbeiten in Österreich und weitere 100 in den Büros im Ausland. Dr. Michael Scheuch: Die größte Veränderung besteht darin, dass die Kommunikationsmacht von Marken verloren gegangen ist und diese nur mehr ein Teil des Gesprächs mit den Verbrauchern sind. Früher haben die Marken das Gespräch dominiert und konnten somit bestimmen, welche Botschaften vermittelt wurden. Inzwischen haben die Zielgruppen viel mehr Möglichkeiten ihre eigene Meinung zu äußern, weshalb es umso wichtiger ist, die eigene Identität und die Werte, für die man als Destination steht, zu kennen. Man muss authentisch und eigenständig auftreten, das ist das Gesetz der Zeit, welches durch die technologischen Entwicklungen angetrieben wird.

Joachim Leiter: Die Österreich Werbung hat die Kampagne #EntdeckeDeinEigenesLand initiiert. Welches ist die Strategie dahinter? Wie lange wird diese Kampagne laufen? Joachim Leiter: Wie schätzen Sie die aktuelle Lage rund um die Covid-19Krise ein? Wagen Sie einen Ausblick auf die Wintersaison 2020/2021 in Österreich? Joachim Leiter: Wird sich das Reiseverhalten Ihrer Meinung nach in der Zukunft nachhaltig ändern? Welche Destinationen können davon profitieren? Dr. Michael Scheuch: Die Kampagne hatte das Ziel, Gäste aus dem Inland für das eigene Land im laufenden Sommer zu begeistern. Mit der Headline „Auf dich wartet ein guter Sommer“ war das Ziel, nach besonders schweren Wochen im Frühjahr Zuversicht zu vermitteln und ein Angebot für das Erkunden des eigenen Landes auszusprechen. Gerade in Krisenzeiten ist der Inlandsmarkt von höchster Relevanz. Zusätzlich standen zum Zeitpunkt des Kampagnenstarts Anfang Juni viele Menschen in Österreich noch vor der Frage, ob sie überhaupt einen Sommerurlaub planen sollen. Die Kampagne lief über die Monate Juni und Juli. Gegenwärtig befinden wir uns im Rollout der Herbstkampagnen sowie in den letzten Vorbereitungen auf die Kommunikation von winterrelevantem Content in Zusammenhang mit der Rolle als verantwortungs-

„Werte wie Nachhaltigkeit sind in der Krise nicht in Vergessenheit geraten, sondern haben, ganz im Gegenteil, noch an Bedeutung gewonnen“

voller Gastgeber. Dr. Michael Scheuch: Insgesamt ist die Lage für den Tourismus heuer natürlich eine sehr schwierige. Wobei es die Städte durch das Ausbleiben der Gäste aus den Fernmärkten ganz besonders hart trifft. Regionen mit einem traditionell hohen Anteil an Gästen aus Deutschland und Österreich stehen besser da. Die Steiermark, Kärnten und das SalzburgerLand zum Beispiel sind die Bundesländer, die diesen Sommer bei den Inlandsgästen ganz besonders gefragt waren. Wir haben im Sommer gesehen, dass verantwortungsvoller Tourismus möglich ist und wir werden auch im Winter verantwortungsvolle Gastgeber sein, mit allen erforderlichen Maßnahmen zum Schutz der Gäste, der Gastgeberinnen und Gastgeber und der einheimi-

schen Bevölkerung. Dr. Michael Scheuch: Wir sehen in Umfragen, dass Werte wie Nachhaltigkeit in der Krise nicht in Vergessenheit geraten sind, sondern ganz im Gegenteil noch an Bedeutung gewonnen haben. Verantwortungsvoller, nachhaltiger Tourismus wird weiter an Bedeutung gewinnen. Das betrifft einerseits die Anreise – die ÖBB bauen nicht umsonst ihr Nachtzug-Angebot weiter aus – andererseits aber auch die Verhältnisse vor Ort. Die österreichischen Seilbahnen zum Beispiel investieren Jahr für Jahr nennenswerte Summen in Projekte zur nachhaltigen Energiegewinnung oder zur umweltschonenden Beschneiung. Nachhaltige Mobilität vor Ort ist auch ein Thema, zu dem es zahlreiche Pilotprojekte und Initiativen gibt.

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