VISIER 03/2012 Leseprobe

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3/2012 www.visier.de J 5,50 Österreich: J 6,50 Dänemark: DKK59,00 Italien: J 6,90 Luxemburg: J 6,50 Schweden: SEK78,00 Niederlande: J 6,50 Belgien: J 6,50 Slowenien: J 7,10 Ungarn: HUF2.195,00

3

Zwei große Vergleichstests

50

SEITEN TESTS

8 Varmint-Repetierer 10 Neun-Para-Pistolen

VISIER-AKTION: Schießen macht Spaß

REPORTAGE:

Da kauft die Bundeswehr: Munition von MEN

TEST:

Aus dem Stall des Weltmeisters: 2 IPSC-Pistolen von Tanfoglio

TEST:

s Las Veg

SHOT SHO Test:

Neues FN SCARMilitärgewehr im Praxis-Check: Noch besser?

Sammeln:

as

W 2012

Rare IOD 89Variante: Deutscher Degen für China

03

Frisch au

4 191314 205505

Unterhebler überarbeitet: Uberti Burgess in .44-40


März 2012

INHALT

Vergleichstest I: Neun-Para-Pistolen auf dem Prüfstand VISIER bewertete und testete zehn gängige Gebrauchspistolen auf Herz und Nieren. Polymerpistolen treffen auf Ganzstahlwaffen und neue Varianten auf etablierte Modelle. Wer am Ende die Nase vorn hat? Das steht ab Seite

30

42

18

In diesem Heft: KURZWAFFEN: Beretta 92 FS Inox Beretta P x 4 Storm CZ 75 B CZ 75 SP-01 Shadow Glock 17 Heckler & Koch USP SIG Sauer P 228 Steyr M9-A1 Tanfoglio Limited HC Custom Tanfoglio Stock III

Test: Tanfoglio-Pistolen

Lever Action, getunt und getestet

Taurus Ply 22

IPSC-Weltmeister Eric Grauffel schwört auf die italienische Marke — VISIER testete zwei Modelle für „Standard“ und „Production“.

Die Uberti 1883 Burgess im 2. Durchlauf — nun aber in .44-40 und gründlich überarbeitet. Lesen Sie, was im Test herauskam.

Taurus Ply 25

48

94

Taurus PT 24/7 OSS DS Walther P 99 AS

LANGWAFFEN: CZ 550 Varmint FN SCAR H-PR Howa 1500 Marlin X 7 Marlin X7 VH Remington 700 SPS TAC AAC-SD Remington 700 SPS Varmint

Vergleichstest II: Varmint-Gewehre

Als England bis Indien reichte

Savage 12 FVSS

Es geht um acht Varmint-Repetierer, alle im Kaliber .308 Winchester — was bringen die dickeren Läufe, was die Kunststoff-Schäfte?

Mit der East India Company begann nicht nur ein neues Kapitel der Kolonial-, sondern auch der Waffen- und Militärgeschichte.

Tikka T 3

4

Uberti 1883 Burgess

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INHALT

TEST & TECHNIK Von der Stange

18

Zehn moderne Pistolen in 9 mm Luger im harten Vergleichstest. Volks-Kunst

30

Die Taschenpistolen 22 Ply (.22 l.r.)

134

den Eltern gefallen. 34

Die Tanfoglio-Pistolen Limited HC

MEN-Power

138

42

1883 Lever Action Burgess in .44-40: Ubertis Unterhebler überarbeitet.

GESCHICHTE & GESCHICHTEN Kein verlorenes Paradies

Die Unverwüstlichen

48

94

Die Waffen der East India Company.

Vergleichstest: Acht VarmintRepetierer in .308 Winchester. Familienzuwachs

62

Die „Heavy Precision Rifle“ H-PR, der

RECHT & ORDNUNG Big Brother is watching you

80

Das Nationale Waffenregister-

jüngste Spross der FN-SCAR-Familie.

Gesetz: hat jetzt (fast) jeder Zugang? Die Waffen-Flüsterer

NEWS

130

Wer zahlt beim Selbstlader-Verbot?

Die Nassauer Munitionsfirma MEN.

(9 mm Luger) aus Italien.

IM FADENKREUZ Kosten: keine?

Neues Konzept und neue Technik:

Custom (.40 S & W) und Stock III

Zweiter Durchlauf

Früh übt sich Sichere Kindermesser, die auch

und 25 Ply (.25 ACP) von Taurus. Meister-Macher

VISIER VOR ORT

STÄNDIGE RUBRIKEN Startschuss

3

Leserbriefe

16

Impressum

85

Anzeigen-Coupon

108

VISIER-Shop-Bestellcoupon

131

Termine

132

Vorschau

146

86

Der Verband für Waffentechnik und

SHOT SHOW 2012

8

-geschichte (VdW): Die Ansprechpartner für Waffensammler.

Frisch aus Las Vegas: Die neuesten Waffen im Messereport.

FASZINATION WAFFEN Schießen macht Spaß

68

NAMEN UND NACHRICHTEN KonTev-Schulprojekt

122

Auftakt der gleichnamigen VISIER-

ZDF siegt gegen Armatix

125

Aktion: Machen wir unser Hobby

Waffenrechts-Links

127

Neu: Lesertipps

124

doch attraktiver und bekannter! Das Zeichen des Drachen Der „China-IOD“ — ein besonderer Infanterie-Offiziersdegen M 1889.

72 Außerhalb der Schweiz gibt es das in VISIER eingeheftete Supplement des Schweizer WaffenMagazins nicht am Kiosk, sondern nur im XXLAbo vom Verlag. Näheres auf Seite 131.

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IN EIGENER SACHE

März 2012

Das neue... Frühjahrsputz beim Waffenmagazin: Dank neuem Layout, neuen Ideen und einem aktualisierten Testverfahren finden Sie künftig Ihre Informationen schneller, strukturierter und ausführlicher. unpraktischen Verfahren. Die Titelseite wurde „umgekrempelt“, die Themen und Informationen darauf klarer strukturiert. Auch wenn die Umstellung auf ein neues Redaktionssystem erst noch erfolgt, sind alle Beteiligten zuversichtlich, dass die Leser die neue

VISIER wird 25 — Zeit für einen „Relaunch“, wie Zeitschriften-Macher eine Rundum-Erneuerung bezeichnen. Redaktion, Grafik, Anzeigenabteilung und Vertrieb arbeiteten monatelang an neuen Konzepten und trennten sich von liebgewonnenen, aber eigentlich

Die VISIER-Tests

Die Rubriken

Schon seit der ersten VISIER-Ausgabe im Oktober 1987 sorgte ein damals neues Testverfahren für Aufsehen in der Waffenbranche. Erstmals wurden Serienwaffen nach einem ausgeklügelten System in verschiedenen Kategorien bewertet. Anhand der Punktzahl und den VISIER-Prädikaten, die auch das Preis-Leistungsverhältnis widerspiegeln, können die Leser verschiedene Modelle miteinander vergleichen und nach ihren eigenen Kriterien auswählen. Die Testkriterien werden in den einzelnen Artikeln unter „So testet VISIER“ erläutert. Die Testsieger findet man in den Tabellen sofort anhand eines eigenen Signets, ebenso werden besonders günstige Angebote als „Kauftipp“ gekennzeichnet. Regelmäßig aktualisierte Ranglisten der besten Modelle finden Sie auf www.visier.de

Wir haben die Reihenfolge der Rubriken im Heft umgestellt, einige sind auch neu. Ganz vorn zur schnellen Information finden Sie künftig die News mit Infos zu neuen Produkten und Kurztests. Die Leserbriefe bekamen dahinter einen prominenteren Platz — schließlich erfährt die Redaktion dort, was Ihnen gefällt, was nicht und was vielleicht noch fehlt. Den größten Bereich nimmt „Test & Technik“ ein, mit Einzel- und Vergleichstests inklusive (bei Serienwaffen) aktualisierter Punkte-Bewertung. Auch technische Beiträge, PrototypenVorstellungen und generell alle „Hardware“-lastigen Themen gehören hier hinein. Unter „Faszination Waffen“ finden Sie spannende Berichte aus den Bereichen Sport, Jagd, Sammeln — sozusagen aus Anwendersicht. „Geschichte & Geschichten“ begleitet Sie in die Vergangenheit, wie immer opulent bebildert und packend geschrieben. In der Rubrik „Recht & Ord nung“ stehen die Artikel zum Waffenrecht, aber ebenso zu Verbandspolitik oder zu Sportordnungen. Hinter dem völlig umgestalteten Anzeigenmarkt folgt „Namen & Nachrichten“ mit Neuigkeiten aus Handel und Industrie, Personalia, LeserTipps, Internet-Links und „Im Fadenkreuz“, dem stets bissigen Kommentar zu einem aktuellen Thema. Dem Terminkalender folgt die neue Rubrik „Vor Ort“ — VISIER-Reportagen aus dem In- und Ausland, Messeberichte und... lassen Sie sich überraschen. Die Vorschau macht abschließend Appetit auf das nächste Heft — und wir sind gespannt, ob Ihnen das neue VISIER gefällt. Schreiben Sie’s uns: visier@visier.de

VISIER-Abzugsprofil:Test Messdaten

3,0

Single Double Action Action Maximale Kraft:

2,5

9,999

Kraft

Auslöseweg: 9,999

1,5

Vorzug: 1,0

9,999

Überzug:

0,5

Das neue Abzugsprofil (Triggerscan)

9,999 0,0

0

2

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10

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Weg W affenart: Pistole

Fabrikat: Test

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Auslöseenergie: 9,999

Modell: 9999

Abzug:

Zündverzugszeit:

© VISIER-Grafik nach Manthei-Mess-Systemen

2,0

6

Machart akzeptieren. Konstruktive Kritik ist willkommen, per Post, Fax oder an v i s i e r @ v i s i e r . d e . Was alles verändert wurde und warum, das erklären wir Ihnen auf dieser Doppelseite im Detail. Viel Spaß bei der Entdekkungsreise im neuen VISIER!

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Das neue VISIER

Das neue Layout VISIER steigt auch auf eine neue Gestaltung um. Das zeigt bereits das zeitgemäß überarbeitete Titel-Logo (siehe oben links). Im Heft gibt es dann ein neues Schriftbild. Als „Brotschrift“ und damit Hauptschrift der Artikel dient künftig eine Futura. Sie kommt ohne die als „Serifen“ bekannten Haken an den einzelnen Lettern. Das wirkt sich ebenso positiv auf die Lesbarkeit aus wie ein größerer Buchstabenabstand und ein vergrößerter „Durchschuss“ (= Abstand zwischen den Zeilen). Ebenfalls zugunsten der Lesbarkeit achtete das VISIER-Team darauf, dass sich die für Kästen und Bildzeilen benutzten Schriften besser von der Brotschrift unterscheiden. Deshalb blieb bei den Kästen die gewohnte Corporate-Schrift erhalten. Für mehr Klarheit und Ruhe sorgt auch der Umstand, dass Sie künftig die Text- und die Bild-Anteile deutlicher voneinander getrennt vorfinden. Auch das verbessert die Lesefreundlichkeit. Ebenso war es höchste Zeit, anderes in ein zeitgemäßes Gewand zu bringen. Künftig verrät Ihnen schon beim Blättern das „VISIER-Blau“ in Rubrik- und Bildzeilen, dass Sie „Ihre“ Zeitschrift in der Hand halten. Die als „Aufmacher-Seite“ bekannten Anfänge der Artikel tragen ab sofort zu mehr Trennschärfe zwischen den einzelnen Rubriken bei: Erstmals mit diesem Heft sehen Sie allein schon anhand des Aufmachers, ob Sie sich in einem Artikel aus „Test & Technik“ oder in einem aus der Sparte „Geschichte und Geschichte“ befinden — dort die Anmutung klarer und etwas nüchterner, hier hingegen opulent und mit Blick fürs geschichtliche Detail.

VISIER | 3-2012

VISIER-Kleinanzeigen und Shop Viele Leser blättern ein neues Heft stets direkt im Kleinanzeigen-Teil auf (Abonnenten haben darauf den eleganteren Zugriff, schon Tage vor dem Kioskverkauf und online auf www.visier.de). Aber auch hier ist einiges jetzt anders: Es beginnt mit der auffällig platzierten „Anzeige des Monats“, einer Fotoanzeige, die der Verlag auswählt — Sie können sich mit einem schönen Motiv allerdings auch bewerben (siehe Seite 107). Auf der Rückseite finden Sie stets den AnzeigenCoupon. Die Bestellseite für Artikel aus dem VISIER-Shop steht immer unmittelbar vor dem Terminkalender, diesmal auf Seite 131. Genauso schön stöbert man im Internet, den Shop finden Sie direkt unter www.vsmedien-shop.de.

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März 2012

TEST & TECHNIK

Von der Stange

„Welche standardmäßige NeunPara-Pistole soll ich mir kaufen?“ — keine Frage hört das VISIERTeam bei der Hotline-Fragestunde öfter. Daher lag es auf der Hand, dass es beim Wiederbeleben des VISIER-Vergleichstests zuerst um Kurzwaffen dieses Kalibers gehen müsste. Keine für Spezialzwecke getunten Stücke, sondern das, womit jeder Einsteiger möglichst viel anfangen kann, sei es ein Sportler, sei es ein Jäger. Pistolen, die 18

sich zum Scheibensport ebenso eignen wie für die IPSC-Production Class. Mit den Vorgaben im Hinterkopf wählte das VISIER-Team durchaus willkürlich aus: Bekannte Modelle finden sich ebenso im Aufgebot wie einige „unbeschriebene Blätter“. Ganzmetall- steht neben Polymerbauweise, außen liegende Hähne neben Schlagbolzenschlossen. Preislich liegen die zehn Prüflinge zwischen zirka 650 und etwa 1150 Euro. Und jetzt in medias res.

A b z u g s c h a r a k t e r i s t i k : In der Kategorie überzeugte keine der untersuchten Standardausführungen restlos. Keine räumte die volle Zahl von zehn Punkten ab. Die Testpistolen warteten hier teils mit sehr unterschiedlichen Abzugsvarianten auf: Beide Berettaund CZ-Pistolen sowie die Heckler & Koch USP und die SIG Sauer P 228 traten mit Single Action/Double ActionTrigger und außen liegendem Hahn an. Auch die Taurus PT 24/7 OSS DS VISIER | 3-2012


Von der Stange| Pistolenvergleich 9mm Para

Fabrikbelassene Gebrauchspistolen in 9 mm Luger zählen zu den meist geschossen Kurzwaffen. VISIER vergleicht einige der gängigsten Modelle. Wie schneiden die „Etablierten“ gegenüber den „Aktuellen“ ab?

Fotos: Michael Schippers Text: Andreas Wilhelmus und Markus Emmel

kam mit SA-/DA-Abzug, aber mit Schlagbolzenschloss. Safe Action System von Glock und Reset Action von Steyr ähneln sich nicht nur durch das Mittelzüngel — bei beiden hatte schließlich Wilhelm Bubits seine Finger im Spiel. Zudem schickte Walther seine aktuelle P 99 AS ins Rennen. AS steht für Anti-Stress. Es soll bei Dienstwaffenträgern unbeabsichtige Schüsse in Extremsituationen verhindern. Das geschieht durch einen extrem lanVISIER | 3-2012

gen Vorzug mit quasi eingebautem Zwischenstopp auf etwa halbem Abzugsweg. Was in der Behördenpraxis Unfällen vorbeugen soll, wirkt auf dem Schießstand aber als Präzisionskiller. Da man beim ersten Schuss neben dem doppelten Weg auch das zweifache an Kraft aufbringen muss, reißt der auch regelmäßig aus. Überdies kratzte der Abzug auch bei den Folgeschüssen im sogenannten ResetModus arg, stand nicht trocken und

fiel nach dem Auslösen einen guten Millimeter weiter durch. Daher vergaben die Prüfer nur fünf der möglichen zehn Punkte. Mehr konnte auch die CZ 75 B nicht verbuchen. Da ist das Schloss nicht festgelegt. So bewegen sich die am Schießen beteiligten Teile beim Abziehen mit. Die Folge: ein sehr schwammiger und ruckeliger Vorzugsweg im SA-, ein hakeliger im DA-Betrieb. Und dann muss der Abzugsfinger ohne Vorspannung zu hohe 19


März 2012

fünfeinviertel Kilogramm überwinden. Die CZ SP-01 Shadow liegt beim DAWiderstand in etwa gleich auf, bekommt aber werkseitig bereits die gerade genannten Kinken der CZ-75 B ausgetrieben. Sie kam mit trocken stehendem SA-Trigger, der bereits bei knapp über 1,5 Kilogramm in der Hauptbetriebsart auslöst. So sicherte sich die Shadow hier satte neun Punkte. Den gleichen Wert erzielt die Beretta Px4 Storm. Sie überzeugt in DA, verliert aber einen Punkt wegen ihres noch merklich kratzenden Vorzugs und leicht durchfallendem Züngel. Die 92 FS aus dem gleichen Stall kratzt ein wenig mehr. Bei ihr spürt der Finger auch das Hochdrücken der automatischen Schlagbolzensicherung. Obwohl der Abzug nicht vorgespannt über fünf Kilogramm einfordert, fühlt sich das beim Auslösen deutlich geringer an. Daher gibt’s insgesamt doch noch acht Punkte für die 92er Beretta. Ebenfalls acht Punkte erhielten Taurus PT 24/7 DS und USP. Bei der Taurus ruckelte der Vorzug im SA- wie im DA-Modus zu sehr. Das war bei der USP zwar nur ohne Vorspannen so, dafür gesellte sich hier aber ein etwas zu hohes DA-Abzugsgewicht hinzu. Für letztgenanntes reichte bei der SIG Sauer P 228 die Lyman-Abzugswaage der Redaktion nicht mehr aus. Es dürfte aber noch über den vom Hersteller angegeben 5500 g liegen. Das kostete die Pistole drei Punkte, während es an der SA-Charakteristik nichts zu mäkeln gab. Auch der Glock 17 und der Steyr M9 gestanden die Tester nur sieben Punkte zu: Beide holperten, standen nicht trocken oder fielen durch. A b z u g s - G r i f f - D e s i g n : In dieser Kategorie spiegeln sich die Eindrücke von Testern mit drei unterschiedlichen Handgrößen wider. Sofort einig waren sich die Juroren bei P 228 und Walther P 99 AS. Die Pistolen lagen allen gleich gut und angenehm. Walther fügt seri20

TEST & TECHNIK

Bei der Beretta 92 FS Inox bestehen Griffstück und Schlitten aus rostträgem Stahl. Der Verschluss verriegelt über einen Kippriegel ähnlich dem der Walther P 38.

Die Beretta P x 4 Storm kommt mit einem Polymer-Griffstück. Wie die 92 FS besitzt sie einen beidseitigen Sicherungs- und Entspannhebel ohne Rücksprungfunktion.

Die tschechische CZ 75 B hat nur einseitige Bedienhebel (hier verdeckt). Die Form des Abzugsbügels und das Loch im Hahn unterscheiden sie vom Ursprungsmodell CZ 75.

VISIER | 3-2012


Von der Stange| Pistolenvergleich 9mm Para

Bei P x 4 Storm (l.) und 92 FS tritt beim Abziehen die automatische Schlagbolzensicherung vor der Kimme oben aus dem Schlitten heraus. Die P x 4 Storm (u. l.) verriegelt mittels Rotationsverschluss. Eine Kurve am Rohr läuft dabei durch das Steuerstück.

betrieb keine Rolle, ob es sich um weiße, farbige und nachleuchtende Kontrasteinlagen handelte.

enmäßig auch Wechselgriffrücken bei. Also kassierte die P 99 AS wie auch die SIG Sauer P 228 volle fünf Punkte, alle anderen vier Zähler. Bei USP, Beretta 92 FS und CZ 75 B lautete das Urteil: eine griffige, aber zu unangenehme Haptik. Die Gummigriffschalen der Shadow fassten sich besser an, jedoch missfiel das Checkering vorn und hinten am Griff. Es war zu glatt. Die Textur von P x 4 und M9-A1 rutschen in der Hand. Bei Glock und Taurus fällt der Abzugsbügel zu klein aus. Und der Finger schleift beim Abkrümmen unten an der Innenseite des Bügels entlang. V i s i e r u n g : Mit Ausnahme der Glock 17 büßten beim Check der ZielvorVISIER | 3-2012

richtung alle Pistolen einen der möglichen fünf Punkte dafür ein, dass eine Höhenjustierung nur mit der Feile oder durch Austausch von Kimme oder Korn möglich ist. Beide CZ-75-Varianten fielen zudem durch schief eingesetzte Korne auf und verloren so einen weiteren Zähler. Auch die Steyr M9-A1 musste sich mit drei Punkten in der Kategorie Visierung zufrieden geben: Die Prüfer beurteilten die auf schnelles Zielerfassen ausgelegte Kombination aus Dreieckskorn und Trapezkimme als zu filigran für mittlere und weite Scheibenentfernungen. Alle anderen Modelle lieferten dagegen ein kontrastreiches klares Visierbild. Dabei spielte es im normalen Schießstand-

B e d i e n e l e m e n t e : Auch hier kommt es wie schon beim Abzug in erster Linie auf die Charakteristik an. Die Bewertung orientiert sich an der Erreichbarkeit und Bedienfreundlichkeit der an der Waffe vorhandenen Hebel und Drücker. „Vorhanden“ heißt in dem Fall, dass VISIER einer Waffe ohne manuelle Sicherung natürlich keine Punkte wegen eines fehlenden Sicherungshebels aberkennt. Allerdings schlagen von der Konstruktion her notwendige, aber nur einseitig angebrachte Bedienelemente ins Kontor, sofern dadurch Zeitverluste bei Wettkämpfen entstehen können. Ordnungsgemäß funktionieren sollten die Teile natürlich auch noch. So bekam nur die mit beidseitigen, langen Verschlussfanghebeln und Magazinlösetasten ausgestattete P 99 die vollen zehn Punkte in dieser Sparte. Bei der Shadow trägt der Sicherungshebel etwas zu dick auf und erschwert den Zugang zum nur rechts angebrachten Fanghebel. Die USP besitzt einen links wie rechts bedienbaren Magazinlöser mit sehr kleinen Tasten. Fang- und Entspannhebel erreicht jedoch nur der Daumen von Rechtshändern. Ähnliches gilt für die P 228, die wie USP und Shadow jeweils acht Punkte ergatterte. Bei der P x 4 weisen die beidseitigen Sicherungsund Entspannhebel etwas zu scharfe Kanten auf, der Fanghebel dürfte etwas länger sein. Bei der 92 FS taten sich kleine Hände mit dem Spannen eher schwer. Die winzigen GlockSchieber machen das Waffenzerlegen zur Belastungsprobe für Fingernägel. Auch der kleine Zerlegehebel der PT 21


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24/7 schreit nach stabilen Nägeln. Immerhin lässt sich hier der Fanghebel besser erreichen als bei Glock oder Steyr. Letztere zeigte zudem scharfe Kanten am Fanghebel. Somit bleiben jeweils sieben Punkte für beide Berettas, Glock 17, Steyr M9 und Taurus PT 24/7. Sechs Punkte bekam die CZ 75 B. Hier kam zu den nur einseitigen und klein dimensionierten Bedienelementen ein Magazin hinzu, das nicht von alleine aus der Waffe fiel. So etwas braucht niemand — weder im Dienstalltag noch bei sportlichen Disziplinen, da, wo es auf einen schnellen Magazinwechsel ankommt. A u f d e m S c h i e ß s t a n d : Für den Präzisionstest konnte VISIER wieder den Kurzwaffenspezialisten und Topschütze Markus Emmel verpflichten. Zwecks Chancengleichheit zwischen den Kandidaten verzichteten die Tester darauf, die Pistolen mit Stahlrahmen aus der Ransom Rest auf ihre Trefferleistung zu überprüfen. Stattddessen durften die Stahlmodelle ihre Präzision ebenso wie die Polymerpistolen im sitzend aufgelegten Anschlag von der Sandsackauflage beweisen. Als Futter für alle Probanden dienten jeweils fünf Fabriklaborierungen (siehe Tabelle). Den engsten Streukreis von 39 Millimetern schoss Emmel aus der USP (Geco 154 Grains Kegelstumpf-Vollmantel). Dahinter platzierte sich die Steyr M9-A1 mit der gleiche Sorte und 47 mm. Die meisten anderen Waffen blieben im für Dienstpistolen vertretbaren Rahmen von unter 70 mm. Die PT 24/7 kam trotz der längsten Visierlänge nicht unter 90 mm. Der P 99 dürfte hier der Anti-StressAbzug die schlechtesten Streukreise beschert haben. Ihr bester lag nur knapp unter der Zehn-Zentimeter-Marke. R e p e t i e r a b l a u f / S i c h e r h e i t : Eines vorweg — in dieser Kategorie erhielten alle getesteten Pistolen die maximale Punktzahl von zehn Punkten. Alle Sicherungen verrichteten ihren Dienst – sofern dieses von den Testern ohne Gefährdung der eigenen Sicherheit überprüft werden konnte. Falltests oder ähnliches fanden also nicht statt. 22

TEST & TECHNIK

Die CZ 75 SP-01 Shadow kommt mit rutschhemmenden Gummigriffschalen und verlängertem Magazin. Sie hat beidseitige Sicherungshebel und ein Lichtsammelkorn.

Die Glock 17 ging als erste Polymerpistole in Serie. Hier ein Modell aus der dritten Generation mit Standardgriffstück. Typisch: das Mittelzüngel des Glock Action Triggers.

Um sie glasklar als Gebrauchspistole zu klassifizieren, nannte Heckler & Koch diese Kurzwaffe einfach Universal-SelbstladePistole oder kurz USP.

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Von der Stange| Pistolenvergleich 9mm Para

Auch die vom

VISIER-Abzugsprofil: Glock 17 3,0

2,5

Messdaten

Trigger Scanner

Single Double Action Action Maximale Kraft:

aufgezeichnete Kurve spiegelt den

2,185 2,0

Vorzug: 1,0

1,93

Überzug:

0,5

2,84 0,0

0

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20

Weg Waffenart: Pistole

Fabrikat: Glock

Auslöseenergie: 9,85

Modell: 17

Abzug:

Zündverzugszeit:

ruckeligen Vorzugs© VISIER-Grafik nach Manthei-Mess-Systemen

Kraft

Auslöseweg: 8,54

1,5

2,5

Kraft

–––

–––

Überzug: 2,22

4

6

8

10

12

14

16

18

Weg Waffenart: Pistole

Fabrikat: Heckler & Koch

20

Auslöseenergie: 4,63

Modell: USP

Abzug:

–––

–––

Zündverzugszeit: –––

auch einen klar © VISIER-Grafik nach Manthei-Mess-Systemen

1,07

2

kleines Stück durch.

GLock 17. Er besitzt

–––

Vorzug:

0

abgabe noch ein

weniger als der der

Auslöseweg:

0,0

nach der Schuss-

kratzt deutlich

4,94

0,5

zum Stehen und fällt

Single Double Action Action Maximale Kraft: 1,913

1,0

kommt nicht richtig

Messdaten

2,0

1,5

wider. Der Abzug

Der Abzug der USP

VISIER-Abzugsprofil: Heckler & Koch USP 3,0

weg der Glock 17

erkennbaren Druckpunkt, an dem er trocken steht. Dann fällt der Abzug, kaum spürbar, noch einen winzigen Hauch durch.

Auf dem Schießstand gab es weder beim langsam getakteten Präzisionsschießen noch bei schnellen Schussfolgen irgendwelche Zuführ- oder Funktionsstörungen mit den verwendeten Laborierungen. V e r a r b e i t u n g : Die Qualität der verwendeten Teile und Werkstoffe ist VISIER insgesamt zehn Punkte wert. Die Tester gingen bei der Bewertung verschiedenen Fragen nach: In welchem Maße sind Werkzeugspuren zu finden, sind Gussteile schlecht entgratet, weisen sie oder Frästeile unnötig scharfe Kanten auf? Wie sind die Baugruppen gepasst, besitzen bewegliche Teile zu viel oder zu wenig Spiel? Treten während des Tests Verschleißspuren auf? Anhand der Fragen lässt sich die Taurus PT 24/7 als Schlusslicht in dieser Kategorie ausmachen. Das im

Unschön: Die CZ 75 B gibt nach dem Druck auf den Auslöseknopf das Magazin nicht komplett frei. Der Tank rutscht nur etwa zwei Zentimeter weit aus dem Griffstück heraus.

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FASZINATION WAFFEN

Text: Matthias Recktenwald – Fotos: Michael Schippers

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Das Zeichen des Drachen | China-IOD

Das Zeichen des Drachen Ein feuerspeiender Lindwurm am Korb und eine Solinger Herstellermarke auf der Klinge: Die Kombination macht diese prächtige Blankwaffe zur Sammler-Rarität. Gratis dazu gibt es Geschichte, ebenso verwickelt wie spannend. Als sich der spätere Musketier d’Artagnan um 1625 gen Paris aufmachte, baumelte am Degengehenk die vom Vater überreichte Blankwaffe. Wie damals üblich, ein handgefertigtes Unikat. Gut 50 Jahre nach d’Artagnans Aufbruch aber kam die als „Modellzeit“ bekannte Periode. Seitdem folgten vor allem die Blankwaffen des westlichen Militärs vereinheitlichenden Vorgaben: Sie entsprachen einem „Modell”. Diese Vorgaben sorgten dafür, dass heute den Sammlern das Herz im Leibe lacht. Natürlich tat es ja ein Blankwaffen-Typ nicht allein — in den gut 250 Jahren entstanden zig Modelle mit unzähligen Stempeln. Mitunter folgten dem Grundmodell auch mehr oder minder viele, oft rare Varianten. Um so eine geht es: die an ihrem Drachenemblem zu erkennende, als „ChinaIOD” bekannte Spielart des Infanterieoffiziersdegens M 1889 (kurz: IOD 89). Die galt lange als geheimnisumwittert. War das etwa die Dienstwaffe der deutscherseits im „Boxeraufstand” von China (1899-1901) eingesetzten Offiziere? Oder ein Erinnerungsstück an die Teilnahme beim militärischen Expeditionskorps der Deutschen ins Reich der Mitte? Um das Rätsel zu lösen, muss man auf den IOD 89 wie auch auf die Beziehungen zu China blicken. Dann gibt die Blankwaffe den Blick auf die eigene Karriere und einen dramatischen Moment der Weltgeschichte frei. VISIER | 3-2012

Der IOD 89 war „die letzte eigenständig deutsche lange Griffwaffe”, so mit Gerd Maier der Nestor der deutschen Blankwaffenkunde. Ergänzend Peter Hartmann und Reiner Herrmann: „Obwohl dieses Degenmodell nur knappe 30 Jahre lang Ordonnanzwaffe war, hat es das Erscheinungsbild des Soldaten im kaiserlichen Deutschland so nachhaltig geprägt wie etwa die Pickelhaube.” Rein optisch stellt der IOD 89 eine ästhetische Meisterleistung dar: ein schlanker, gut meterlanger Entwurf mit gerader Klinge samt zweier Hohlbahnen und einer Rippe auf jeder Seite. Dazu ein abgewinkelter Griff mit Viertelskorb und halber Schaftkappe. Ein Degen wie gemacht, um bei Uniformen einen eleganten Akzent zu setzen und den Status des Trägers zu betonen — der Zweck der prächtigen Waffen. Der IOD 89 wurde am 22. März 1889 per Genehmigung durch Kaiser Wilhelm II. eingeführt. Als Einheitsseitengewehr gedacht, entwickelt er sich bald zu einer ganzen Blankwaffenfamilie, deren Stammbaum viele Zweige aufwies. Das begann mit genehmigten Abweichungen von der Standard-Klingenlänge. Es ging weiter mit Körben, deren Stichblätter fest oder klappbar ausfielen. Auch kamen Griffe, die statt des reglementgemäßen Monogramms „WR” (Wilhelmus Rex”) andere inoffizielle Lettern, Ziffern und Motive besaßen. Neben die Standardware

der Solinger Hersteller wie Clemen & Jung, E. & F. Hörster, Ewald Cleff, Weyersberg, Kirschbaum & Cie. oder Carl Eickhorn traten Extra-Ausführungen. Das umfasste laut Maier alles „vom noch recht einfachen, vergoldeten Gefäß mit zusätzlich gravierter Klinge bis zum hochfein innen und außen ziselierten, feuervergoldeten Prachtstück mit überbreiter und kunstvoll in handwerklicher Einzelarbeit verzierter Klinge”. Es ging auch schlicht: Im I. Weltkrieg entstanden IOD 89, bei denen brüniertes/lackiertes Eisen das Messing ersetzte. Aller Vielfalt zum Trotz — standardmäßig sind beim IOD 89 Klinge und Griffelemente nicht vernietet. Statt dessen hat die Klingenangel ein Gewinde: Man steckt die Griffteile auf und fixiert sie per aufgeschraubter Knaufplatte. Auf dem terz- oder außenseitig gelegenem Knöchelschutz fand sich stets ein Wappenschild. Da aber liegt der wunde Punkt beim China-IOD: Nichts da mit deutschen Emblemen — an diesen meist von E. & F. Hörster aus Solingen gefertigten Degen prangt ein feuerspeiender Drache mit Zackenschweif. Die Fachwelt kennt mehrere Varianten: Mal findet sich der Drache als Halbrelief im Korb, mal durchbrochen. Auch gab es Klappscharnier-Gefäße mit diesem Motiv. Doch stets handelt es sich um das Wappen der chinesischen Mandschuoder Qing-Dynastie. Deren Zeit endete offiziell mit Abdankung des letzten 73


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GESCHICHTE & GESCHICHTEN

Kein verlorenes

Paradies Die indische Kronkolonie, der Eckstein des Britischen Empires, entstand aus der Unternehmungslust einiger Londoner Kaufleute. Um 1850 besaĂ&#x; ihre Ostindien-Kompanie ein Riesenreich von Afghanistan bis Burma, von Nepal bis Ceylon, und das mit eigener Armee von rund 250 000 Mann und bewaffneter Handelsflotte. Fotos: Dr. David Th. Schiller, Michael Schippers, VISIER-Archiv Text: Dr. David Th. Schiller

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Kein verlorenes Paradies| East India Company

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März 2012

GESCHICHTE & GESCHICHTEN

Dabei gelangten die Engländer erst recht spät in das Entdeckerund Kolonialgeschäft Südostasiens: Der Portugiese Vasco da Gama hatte schon 1498 den Seeweg nach Indien entdeckt. Sieben Jahre später eröffneten die Portugiesen ihre ersten Handelsstationen entlang der Küste. Auch die Schiffe der holländischen Ostindien-Kompanien kreuzten bereits ab 1595 vor der indischen Ostküste und richteten sich auch in Bengalen (heute Bangladesch) ein. Ihr Hauptaugenmerk lag aber auf der (heutigen) indonesischen Inselgruppe. Erst im April 1601 machte sich von England aus eine kleine Flotte unter Führung von Kapitän James Lancaster nach Indien auf. Sie gehörte einer Gruppe reicher Londoner Kaufleute, die sich zu einer Aktiengesellschaft zusammengefunden hatten, um Handel mit den sagenhaften Fürstentümern des fernen Orients zu treiben. Der königliche Charterbrief dieser „English East India Company“ (EIC) vom Dezember 1600 erteilte der neuen Handelsgesellschaft weitreichende Rechte und Privilegien, die von späteren englischen Königen im 17. Jahrhundert

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Nach der Schlacht von Plassey 1757: Robert Clive besiegte mit nur 1100 Europäern und 2100 Sepoys die 68 000 Mann starke Armee des Provinzfürsten von Bengalen. Hier empfängt er Mir Jafar, der im entscheidenden Moment mit einem Teil seiner Truppen zu den Briten überlief und dafür zum Vizekönigs von Bengal, Bihar und Orissa gemacht wurde. Dem ging im Februar 1857 der Vorstoß Clives auf das von Mogultruppen belagerte Fort William bei Kalkutta voraus. Die Hafenfestung (u.) diente der EIC als wichtigste Regierungszentrale in Indien, hier mit Company-Schiffen.

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Kein verlorenes Paradies| East India Company

Die indischen Fürstentümer hinterließen viele Prunkbauten, hier in Jaipur. Die Karte unten zeigt die schrittweise Ausdehnung der EIC-Herrschaft im Mogulreich um 1800.

Soldaten in Hot Pants: Sepoys der Bengal-Armee in kurzen Hosen und den roten Röcken, die zum Sinnbild der britischen Sir Robert Clive (1725-77) startete

Vorherrschaft in Indien wurden.

seine Karriere bei der EIC als einfacher Handelsekretär. Er bewährte sich als Fähnrich und später als Truppenführer in den Kämpfen mit den Franzosen und den Holländern.

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NEWS

NEWS – März 2012 Schießsportprojekt an Schulen Baden-Württemberg Das Ministerium für Kultus, Jugend und Sport im Ländle startet zusammen mit den drei dortigen dem DSB (Deutscher Schützenbund) angeschlossenen Schützenverbänden den Wettbewerb KonTeV. Die Abkürzung steht für Konzentration, Teamfähigkeit und Verantwortungsbewusstsein. Diese drei Grundeigenschaften des Sportschießens stehen im Fokus eines Projekts für Schützenvereine und Schulen. Der Württembergische Schützenverband (WSV), Badische Sportschützenverband (BSV) und Südbadische Sportschützenverband (SBSV) konzipierten KonTeV gemeinsam. Der WSV stand nach eigenen Angaben bereits länger mit dem zuständigen Landesministerium bezüglich eines gemeinsamen Projektes in der Diskussion. Mit dem Wettbewerb möchten die Initiatoren einen gesellschaftlichen Beitrag zur allgemeinen Gewaltprävention leisten und die positive Wirkung des Sportschießens auf die Entwicklung junger Menschen hervorheben. Das Kultusministerium nahm die Projektidee sehr anerkennend zur Kenntnis und sagte seine umfassende Unterstützung zu. Von Ministeriumsseite kommen die Preisgelder von insgesamt 6500 Euro. Außerdem will das Kultusministerium den Wettbewerb bei allen Schulen im Land bekannt machen. Die drei Verbände rufen nun alle angeschlossenen baden-württembergischen Schützenvereine auf, sich an dem Projekt zu beteiligen und dazu Kontakt mit den Schulen aufzunehmen. Weitere Informationen und die Ausschreibung unter www.wsv1850.de AW

Ministerpräsident Wilfried Kretschmann will KonTev fördern, Großkaliber-Kurzwaffen aber abschaffen.

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Kommentar: „KonTeV“ zeigt, dass im rot-grün-regierten Ländle scheinbar noch nicht alle Institutionen des Landes kategorisch den Schützen das Leben schwer machen. Der WSV als Triebfeder des erstrebenswerten Projektes sollte trotzdem bei seinen anderen Aktivitäten künftig besser darauf achten, mit wem er sich auf landespolitischer Ebene einlässt. So findet sich im Programmheft zum Landesschützentag 2012 auch das obligatorische Grußwort des Ministerpräsidenten. Hier gab man dem grünen Landesfürsten Winfried Kretschmann ausreichend Platz, nach seiner Laudatio auf die Schützen noch ein dringendes Anliegen zu publizieren: ... „Dennoch halte ich es für richtig, die in unserem Koalitionsvertrag angekündigte Verschärfung des Waffenrechts umzusetzen. Die Landesregierung will deshalb — mit Ausnahme der Jäger — ein generelles Verbot für den Privatbesitz von großkalibrigen Faustfeurwaffen durchsetzen. Die Waffen stellen aufgrund ihrer Durchschlagskraft eine enorme Gefahr dar. Fürchterliche Geschehnisse wie die Amokläufe von Winnenden oder Norwegen sind unvergessen.“ ... Ausgerechnet im Grußwort den Gastgebern eine derartige „Watsch’n“ zu verpassen — da half es auch nichts, wenn Landesoberschützenmeisterin Hannelore Lange die Verantwortung für diesen Fauxpas erst einmal auf den ausrichtenden Schützenverein in Crailsheim abwälzte. Begründung: Der Text sei erst in letzter Minute eingetroffen und vor dem Druck des Programmhefts nicht „ausreichend inhaltlich“ geprüft worden. Das sorgte natürlich für Widerstand in den Reihen der württembergischen Schützenvereine. So bezieht die oberste Schützin nun in einem veröffentlichten Brief an Kretschmann erneut die Position, die sie bereits im Dezember 2011 vertrat. Da gibt sie die Antwort, die dem Landesfürsten anstelle des Abdruckens des Grußwortes gebührt hätte: „Mit insgesamt 1.4 Millionen im Deutschen Schützenbund organisierten Sportschützen üben wir unseren Sport im Rahmen der Sportordnungen aus. Alle Disziplinen dieser Sportordnungen wurden vom Bundesverwaltungsamt sorgfältig geprüft und genehmigt. Zu diesen Disziplinen gehört auch das Schießen mit großkalibrigen Kurzwaffen. Wir sehen nach wie vor keine Veranlassung, diese Disziplinen und Sportwaffen aus unserem vielfältigen, facettenreichen und in sich geschlossenen Sportprogramm zu entfernen. Wir stehen zu all diesen Disziplinen und werden gemeinsam mit dem Deutschen Schützenbund gegen diese von der Landesregierung Baden-Württemberg angedachte Verschärfung des Waffenrechts auf Bundesebene vorgehen.“ Ob der abschließende Appell von Landesoberschützenmeisterin Lange im Namen der 90000 WSV-Mitglieder zum offenen, sachlichen und fairen Dialog mit dem Ministerpräsidenden führt, erscheint eher fraglich. Dazu müsste sich die Spitze der Stuttgarter Landesregierung schließlich von der ideologischen auf die sachliche Diskussionsebene begeben. Andreas Wilhelmus VISIER | 3-2012


Namen & Nachrichten

Neue Black Labels Oberland Arms Seit 2010 hat Oberland Arms von seiner OA 15-Black Label-Reihe fast 4000 Stück verkauft. „Der Erfolg macht natürlich Lust auf mehr. Die Stückzahlen ermöglichen es, Wareneinkauf und Fertigung zu optimieren und so über weitere Maßnahmen der Kostenreduktion nachzudenken, ohne dabei auf die gewohnte Qualität zu verzichten,“ so OA-Chef Frank Satzinger. Der künftige Verkaufspreis eines OA-15 Black Label liegt bei 1295 Euro — nun samt Koffer mit Zahlenschloss. Neben günstigerem Einkauf spare man, so Satzinger, durch Schmiederohlinge aus gängigem Alu 7075 T6. Die Gehäuse werden nach wie vor in Deutschland gefräst, trovalisiert, gestrahlt, hart coatiert und matt schwarz beschichtet. Lothar Walther steuert wie gewohnt die Läufe aus LW19-Spezialstahl mit metrischem 14/1-Mündungsgewinde bei. Demnächst sollen alle Läufe eine andere Kontur unter dem Handschutz erhalten. Das macht die Rohre leichter. Der Einbau von Standardteilen trägt zusätzlich zum neuen Preis bei. Die orientieren sich aber am militärischen Standard (MilStd). Infos: www.oberlandarms.com AW

Von Wetzlar in die USA Schmidt & Bender Schmidt & Bender hat sich einen Auftrag über 34 Millionen USDollar vom US-Verteidigungsministerium gesichert. Der hessische Optikspezialist beliefert zukünftig die Spezialeinheiten von Army, Navy, Air Force und Marines mit dem Zielfernrohr 5-25 x 56 PMII in der Sonderausstattung „PSR“ (Precision Sniper Rifle) für Scharfschützengewehre. Das ist bereits der dritte große Auftrag in den letzten Jahren, bei dem das US-Militär den Zuschlag an UE Schmidt & Bender erteilte. Info: www.schmidt-bender.de


M辰rz 2012

VOR ORT

Text: Andreas Skrobanek Fotos: Michael Schippers, Andreas Skrobanek, MEN, VISIER-Archiv

Die erste Maschinenausstattung f端r MEN lieferte die Firma Fritz Werner, die nach Ende des Zweiten Weltkriegs in Staatseigentum 端berging und von Berlin ins Rheinland umzog. Die Maschinenkataloge unter dem MG-Gurt stammen aus den fr端hen 1930er Jahren. Daneben das aktuelle Sniper Data Book von MEN. 138

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MEN-Power| Metallwerk Elisenhütte Nassau

MEN-Power

Eine neue Geschäftsführung der Metallwerke Elisenhütte Nassau bricht mit Traditionen und will die Munitionsherstellung modernisieren. VISIER besuchte das Werk im Umbruch. Zur „Elisenhütte“ fährt man aus dem Nassauer Ortskern die Lahn entlang, vorbei an Weinbergen und vielen Fachwerkhäusern. Im Rückspiegel wird die gut 100 Meter über dem Fluss liegende Burg Nassau immer kleiner. So romantisch sieht es bei MEN nicht aus. Das Werksgelände versprüht den Charme der 1950er und 1960er Jahre — die Metallwerk Elisenhütte Nassau wurde 1957 gegründet. Natürlich wäre damals ebensowenig wie heute jemand auf die Idee gekommen, eine gläserne Fabrik an die Lahn zu bauen, wie es vor zehn Jahren Volkswagen in Dresden machte. Wenn der Besucher auf den Hof einbiegt, fährt er auf ein außen schlichtes Verwaltungsgebäude zu. Die Maschinen für die Hülsen-, Geschoss- und Patronenfertigung rattern in ebenso schmucklosen Flachbauten. Doch für Innovationen braucht man keine Protzbauten. Das 1990 privatisierte, von MAN gekaufte Unternehmen punktete immer wieder mit erfolgreichen Entwicklungen wie der Polizeipatrone Quick Defence (QD). Über Jahrzehnte rollten hier Millionen Patronen für die Polizei und die Bundeswehr aus den Hallen. Die Auftragsbücher waren voll, wohl niemand in dem ehemaligen Staatsbetrieb machte sich Sorgen um die Zukunft. Doch 2009 gab es für die Mitarbeiter einen Schock: Die Nassauer Firma schrammte nur knapp an der Insolvenz vorbei, für MEN ging es plötzlich ums wirtschaftliche Überleben. Die alte Führung nahm ihren Hut, zwei neue Männer rückten als Geschäftsführer an die Spitze: Hermann Mayer kümmert sich um technische Angelegenheiten, Martin Dettmer um den kaufVISIER | 3-2012

männischen Bereich. Anfang 2010 einigte sich das Unternehmen mit der IG Metall dann auf einen neuen Tarifvertrag. Die Mitarbeiter stimmten Mehrarbeit und Lohnverzicht zu, die Firma versprach eine vierjährige Jobgarantie und Investitionen in Millionenhöhe. Offenbar die richtige Strategie. Jedenfalls schrieben die Nassauer im vorvergangenen Jahr wieder schwarze Zahlen und verbuchten im vergangenen einen Umsatz von etwa 66 Millionen Euro. Heute beschäftigt MEN 280 Mitarbeiter — mehr als vor der Krise, doppelt so viele wie noch vor vier Jahren. Die Zukunft hatte für das Metallwerk Elisenhütte allerdings schon 2007 begonnen, als die brasilianische CBC- Gruppe den Betrieb übernahm. Seitdem gehört MEN zu „Magtech Europe GmbH“ — einer Finanzholding. In der Branche orakelte so mancher, dass die brasilianische Muttergesellschaft Schuld an der BeinaheInsolvenz gewesen sei. Zu weit weg, kein ehrliches Interesse an der Firma, sondern nur an derem Know-how, meinten die Schwarzseher. „Stimmt nicht“, sagt Geschäftsführer Martin Dettmer. „MEN hatte leider auch vor 2009 schon fünf Jahre Verluste gemacht, und CBC brauchte nach der Übernahme einfach eine Weile, um sich in Deutschland zu orientieren. Die Probleme lagen woanders.“ Der gelernte Diplomwirtschaftsingenieur kommt aus einer anderen Branche, hat zwölf Jahre in Großbritannien, Polen und der Ukraine gearbeitet und seine eigene Sicht auf Dinge: „Die meisten unserer Produkte sind austauschbar, deshalb können Hersteller sie aus fast jedem Land liefern — sie müssen nur den NATO-Standard erreichen und deutschen Qualitätsan-

MEN-Kurzporträt Das Metallwerk Elisenhütte Nassau (MEN) produziert ausschließlich Munition für staatliche Stellen. Etwa 90 Prozent der Militärpatronen gehen an die Bundeswehr. Den Marktanteil deutsche Polizeien und Behörden schätzte MEN gegenüber VISIER auf zirka 50 Prozent. Zu den Kunden gehören unten anderem die Ordnungshüter in Skandinavien und die französische Armee. Seit einigen Jahren unterhält die Firma auch Geschäftsbeziehungen zu Japan. MEN stellt unter anderem im Kaliber 9 mm Para die für die deutsche Polizei zertifizierte Polizeieinsatzpatrone (PEP) sowie die Polizeitrainingspatronen PTP, PFP (rückprallfrei) und MSR (Vollmantelweichkern) her. Im Langwaffenbereich konzentrieren sich die Nassauer auf die Kaliber .223 Rem., .308 Win., .50 BMG, .300 WinMag und .338 Lapua Magnum. Die „Sniperline“ richtet sich an Präzisionsschützen. Neu im Programm: PDW-Munition 4,6 x 30 mm. Info: www.men-defencetec.de

forderungen entsprechen. Wir konkurrieren mit weltweit agierenden Firmen aus den USA, Israel, der Türkei, Südkorea, Italien und der Schweiz — MEN ist im Vergleich ein eher kleiner Betrieb. Wir brauchen also nicht nur gleichbleibende Qualität, wir müssen auch preislich mit allen anderen mithalten. Gehälter wie in Südkorea will hier niemand. Wir müssen deshalb mit Innovationen die Produk- tionskosten senken. Auch aus dem Grund, weil die Rohstoffpreise stark schwanken und sich in den vergangenen Jahren teilweise vervierfacht haben. Für jeden Munitionsproduzenten bedeutet schon das ein hohes wirtschaftliches Risiko.“ 139


VORSCHAU – Ausgabe 4-2012: ab 23. März im Handel

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Voeres in Leichtbauweise hergestellte LBM-Reihe bietet auch eine auf Match getrimmte

Marksman-Variante. VISIER testete sie auf 100 und 300 Meter Distanz. Olympischen Spielen: Vergleichstest der besten Match-Luftpistolen

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Vier Monate vor den

Pulverbeschichtet, lackiert

oder eloxiert – es gibt viele Beschichtungen, die Waffen vor Rost schützen sollen. VISIER gibt einen Überblick und erklärt die Vor- und Nachteile.

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Außerdem, im SWM

(nur in VISIER XXL für Abonnenten): Eine Parabellum aus dem Jahr 1915 ohne Abnahmestempel, aber mit Ordonnanz-Etui. Sammlerwaffe oder Fälschung?

Erhältlich bei Ihrem Zeitschriften-, Bahnhofs- oder Waffenfachhändler. Oder beim Presse-Fachhandel mit diesem Zeichen und – noch schneller – im Abo: Telefon (02603) 5060-102

Aus aktuellem Anlass können sich die Themen ändern.

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