Deichschatten

Page 1

Daniela Anna Eckstein

Deich Schatten Norderney-MysteryThriller

Verlag

Monika Fuchs



Daniela Anna Eckstein

Deich Schatten

Norderney-MysteryThriller

Verlag

Monika Fuchs


Bibliografische Informationen der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbiografie; detallierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. ISBN 978-3-940078-27-8 http://www.deichschatten.de © 2010 by Verlag Monika Fuchs | Hildesheim www.verlag-monikafuchs.de Umschlaggestaltung: Monika Fuchs | Hildesheim Bild 1: »Kommunikation« © Monika Donkervoort | Walchum Bild 2: Sonnenuntergang am Meer © Friederike Fuchs | Hildesheim Satz und Layout: MedienBüro Monika Fuchs | Hildesheim Printed in EU 2010


hell erstrahlt er majest채tisch weise geheimnisvoll 체berblickend als wisse er aus alt wird neu aus neu wird alt aus alt wird neu und doch f체hrt beides zusammen. und ein geheimnisvolles l채cheln umspielt das gesicht der hellen sichel des mondes. Daniela Anna Eckstein



Teil Eins

Dies ist eine Geschichte…. eine vielleicht nicht ganz alltägliche Geschichte. Dies ist die Geschichte von Marla, Marlon, meiner Familie … Und diese Geschichte musste vielleicht aus unerklärlichen Gründen so sein … um erzählt zu werden …



Prolog

D

es Lebens eigene Tragödien … Irgendwo hatte Marla Hinrichsen diesen Satz gelesen oder vielleicht auch nur gehört – und nun fiel er ihr ausgerechnet hier wieder ein. Sie starrte in ihre Teetasse. Die junge Frau fuhr mit der Fähre Frisia V. nach Norderney und dachte darüber nach, ob es wirklich eine gute Idee gewesen war, zurück zur Insel zu fahren. Kurz zuvor hatte sie noch auf dem obersten Deck gestanden und die Aussicht auf die in der Morgensonne silbergrau glänzende Nordsee genossen. Doch dann war sie lieber nach unten in den Gastronomiebereich gegangen, um einen Tee zu trinken, einen echten Ostfriesentee, wie sie ihn schon ziemlich lange vermisst hatte: schwarz, heiß, mit Kluntjes gesüßt und mit Rahm verfeinert. Inmitten des freudigen Stimmengewirrs der anderen Fahrgäste, von denen die meisten als Touristen die Insel besuchen wollten, verlor Marla sich in ihren Gedanken … Gestern Abend hatte ihr Vater sie angerufen. Marla war gerade müde von ihrem Kellnerjob, mit dem sie ihr Studium finanzierte, nach Hause gekommen, als das Telefon klingelte. Erst wollte sie das Läuten ignorieren, aber dann nahm sie doch ab. Doch nach ein paar Begrüßungsworten hatte ihr Vater sie mit seiner Nachricht so durcheinander gebracht, dass sie alle Pläne, die sie für diese Woche gehabt


hatte, über den Haufen geworfen hatte. Kurzentschlossen hatte sie ein paar Klamotten in ihre Reisetasche geschmissen und war am frühen Morgen losgefahren, um die erste Fähre nach Norderney zu erwischen. Vor einem Jahr hatte Marla die Insel verlassen und war nach Hamburg gezogen. Damals war ihre Mutter nach einem heftigen Streit mit ihrem Vater spurlos verschwunden. Die Leute im Ort hatten endlos darüber diskutiert, ob Marlene Hinrichsen einem Verbrechen zum Opfer gefallen war oder ob sie einfach von der Insel abgehauen war, weil sie aus der Familie ausbrechen und ein neues Leben beginnen wollte. In Marlas Lieblingskneipe, dem Klabautermann, hatten die Leute hinter vorgehaltener Hand getuschelt: »Entweder hat sie irgendwo einen anderen Lover oder sie ist tot!« Überall hin hatten sie diese Gespräche verfolgt. Und jetzt erzählte ihr Vater am Telefon, dass ihre Mutter auf einmal einfach wieder aufgetaucht sei … So, als ob nie etwas gewesen wäre: »Bitte, Marla, komm nach Hause. Deine Mutter – nun ja – sie ist wieder da und sie würde sich sehr freuen, dich zu sehen.« Das waren die Worte gewesen, die sie völlig aus dem Gleis geworfen hatten …

10


26. März • Sonntag

L

angsam näherte sich die Fähre der Insel und legte wenig später mit einem Ruck an. Marla trank den Tee aus, stand auf, zog ihre Regenjacke, den »Ostfriesennerz«, an und nahm die Reisetasche. Nachdem sie sich in die lange Schlange am Ausgang eingereiht hatte, wurde sie zusehends nervöser, in ihr fing es an zu kribbeln, sie trat von einem Bein aufs andere, zupfte nervös an ihrem Pulloverärmel herum. Am Ausgang musste sie ihre Bahnfahrkarte vorzeigen, woraufhin sie von einem freundlichen Kontrolleur die Norderneyer Kurkarte bekam. Marlas Handy klingelte. »Meike!«, rief sie erstaunt. Konnte Meike neuerdings Gedanken lesen? Oder hatte sie sonst irgendwelche telepathischen Fähigkeiten? Meike war ihre beste Freundin auf der Insel und zudem die dortige Polizeikommissarin. Sie kannten sich schon seit der 1. Klasse. Gemeinsam hatten sie viele Höhen und Tiefen erlebt: Marlas erste 5 in Mathe; Meikes ewigen Streit mit deren älterer Schwester Hannah; gemeinsam hatten sie den Filmklassiker »La Boom –Die Fete« gesehen und dabei heimlich Bier getrunken; zusammen hatten sie den ersten Urlaub ohne Eltern in Spanien verbracht. »He, wie geht es?«, erkundigte sich Meike. »Geht so«, versuchte Marla der Frage auszuweichen, weil sie absolut keine Lust hatte, mit Meike über ihre derzeitige Verfassung zu reden. »Übrigens, ich bin gerade wieder auf

11


der Insel angekommen.« Sie wartete gespannt auf Meikes Reaktion. »Du bist wieder da?«, quiekte diese am anderen Ende begeistert. »Wenn du ein paar Minuten wartest, komme ich gleich und hole dich ab, ok? Ich wollte eh gerade Pause machen!« Ohne auch nur eine Sekunde lang auf Marlas Antwort zu warten, legte Meike auf. Marla musste grinsen. Das war typisch Meike. Dann sah sie sich um und atmete tief die salzige Luft ein. Sie hatte das schon alles vermisst … die Insel, die unendliche Weite des Meeres … ihre Freunde … Wenig später kam Meike mit ihrem alten, klapprigen hellblauen VW-Käfer angefahren. Meike stieg aus und winkte ihr begeistert zu: »Marla!« Sie liefen aufeinander zu und umarmten sich. Meike sah mit ihren blonden, kurzen Haaren und ihrer heiß und innig geliebten schwarzen Lederjacke aus wie früher. »Mensch, schön, dass du wieder auf der Insel bist!«, freute sich Meike. »Du bist sicher wegen deiner Mutter da, oder?« Sie nahm Marlas Tasche und verfrachtete sie in den Kofferraum. Wenig später saßen sie im Auto und Meike startete den Motor. »Ja«, beantwortete Marla erst dann Meikes Frage und fügte nach einer Weile leise hinzu: »Ich finde es merkwürdig … Ein Jahr lang meldet sie sich überhaupt nicht, dann taucht sie plötzlich auf – so, als ob nie etwas geschehen wäre. Ich verstehe das einfach nicht!« Nachdenklich sah Marla aus dem Fenster. »Hast du schon mit Marlon geredet?«, fragte Meike. Marlon war Marlas zwei Jahre älterer Bruder. Marla schüttelte den Kopf.

12


»Er hat sich in letzter Zeit sehr verändert«, sagte Meike leise. »Er ist so … ruhig geworden.« »Diese ganze Geschichte hat uns alle verändert«, stellte

Marla genauso leise fest. Streng genommen hatte diese Geschichte ihr ganzes Leben komplett umgekrempelt. Sie war von Norderney nach Hamburg gezogen, hatte ein Studium begonnen. Vielleicht aber hatte ihr das Verschwinden ihrer Mutter und ihre eigene Abreise von der Insel aber auch eine Entscheidung abgenommen … Eine Entscheidung, die sie hätte treffen müssen: die zwischen Jan und ihrem Cousin Paul, in die sie beide verliebt gewesen war. »Wie geht es Jan?«, fragte sie schließlich. »Jan?« Meike sah sie an. »Interessiert dich das wirklich?« „Klar interessiert mich das. Ich weiß, ich habe mich letztes Jahr nicht fair verhalten … weil ich einfach so abgehauen bin. Aber es ging nicht anders …« »Jan ging es eine Zeitlang richtig schlecht deshalb«, sagte Meike ernst. »Und ich weiß auch nicht, wie er es finden wird, wenn du auf einmal wieder da bist … Marla, ich habe dir schon mal gesagt, und ich weiß, es hört sich so besserwisserisch an: Aber du kannst nicht immer vor Entscheidungen davonlaufen … Manchmal muss man sie nun mal treffen, auch wenn es nicht einfach ist.« »Du hast ja Recht!« Marlas Stimme klang trotz dieser Feststellung kummervoll. »He, aber ich finde es toll, dass du wieder da bist!«, versuchte Meike, Marla aufzumuntern. »Ich finde, heute Abend oder spätestens morgen müssen wir was zusammen unternehmen.« »Machen wir«, stimmte Marla zu. »Ich muss nur erst mal sehen, was zu Hause eigentlich los ist.«

13


Meike sah ihre Freundin, die auffallend schmal geworden war, von der Seite her an. »Du siehst blass aus«, stellte sie fest. »Du arbeitest wohl zuviel.« »Das sagst ausgerechnet du?« Marla grinste. »Wie geht es dir sonst so?«, erkundigte sie sich dann neugierig und stichelte: »Ist dir die große Liebe über den Weg gelaufen?« »Hier auf der Insel?« »Meike, du versuchst mir auszuweichen.« Meike schwieg. Sie konnte Marla ja schlecht sagen, dass auch sie in Jan verliebt gewesen war … »Komm, wir sind da.« Meike parkte das Auto vor dem Haus von Marlas Eltern, der Pension »Kapitänshaus Hinrichsen«. Gleichzeitig war es auch das Wohnhaus der Familie. »Meike, du schuldest mir noch eine Antwort«, sagte Marla. »Marla, später, ok? Lass uns erst mal reingehen. Deine Eltern freuen sich bestimmt, dass du kommst.« Marla holte ihre Tasche aus dem Kofferraum, ging zur Haustür und klingelte. Sie hörten, wie sich Schritte der Tür näherten. »Marla!« Ihr Vater öffnete die Tür. Er umarmte sie: »Bist du doch gekommen! Du hättest uns doch anrufen können, dann hätte ich dich abgeholt!« »Meike hat mich mit dem Wagen hergefahren«, berichtete Marla. »Kommt doch erstmal rein.« Marla schnappte sich ihre Tasche und sie gingen gemeinsam in die große, mit hellen Holzmöbeln eingerichtete Wohnküche. »Schön, dass du gekommen bist, wirklich«, sagte Marlas Vater. »Möchtet ihr was trinken – Kaffee oder Tee?«

14


»Wir nehmen uns schon was«, meinte Marla. »Wo ist Ma denn?« »Sie wollte noch schnell etwas erledigen, müsste aber gleich kommen.« Ihr Vater war kurz angebunden.

Im Flut polterte es und wenig später kam Marlon in die Küche. »Ach ne!«, sagte er, als er seine Schwester und Meike sah. »Wie kommen wir denn zu der Ehre, dass du hier mal wieder auftauchst?« »Marlon!«, wies ihn sein Vater zurecht. »Ich habe Marla gebeten zu kommen.« Marlon ließ sich davon nicht beeindrucken und schaltete die Kaffeemaschine ein. »Ist doch wahr«, erwiderte er und holte Tassen aus dem Schrank. »Wollt ihr auch Kaffee?« »Ja, gerne«, sagte Meike schnell, bevor Marla etwas erwidern konnte. Kurze Zeit später wurde die Haustür aufgeschlossen und eine Stimme rief: »Ich bin wieder da!« »Stimmt!«, dachte Marla unwillkürlich und gereizt. Unsicher sah sie dann von ihrem Vater zu Marlon und wusste nicht, wie sie jetzt reagieren sollte. Die ganze Zeit auf der Fähre hatte sie sich überlegt, was sie machen sollte, wenn sie ihre Mutter wiedersähe. Aber in der Realität erschien ihr alles schwieriger. Was verlangte man von ihr? Als ihre Mutter schließlich in die Küche kam, rief sie überrascht: »Marla!«, und blieb wie vom Donner gerührt stehen. »Schön, dass du gekommen bist!« Sie ging auf ihre Tochter zu und wollte sie umarmen. Das war zuviel für Marla. Sie stürzte aus der Küche, verließ panikartig das Haus, rannte an den Deich und atmete tief durch. Erschöpft setzte sie sich schließlich auf eine der zahlreichen grauen Steinbänke, die verteilt auf der Promenade standen.

15


»Marla?«

Sie schreck­te aus ihren Gedanken hoch und sah direkt in Jans erstauntes Gesicht. Der hatte ihr gerade noch gefehlt! »He«, murmelte Marla und vergrub ihre Hände in den Jackentaschen. »Besonders glücklich scheinst du ja nicht darüber zu sein, dass du wieder hier bist! Und wohl auch nicht, mich zu se­ hen!«, stellte Jan prompt fest. »Danke, auf deine psychologischen Weisheiten kann ich verzichten!«, fauchte Marla, auf Jans Beruf anspielend. »Okay, ich kann auch wieder gehen«, meinte er und sah sie an. »Sorry … Jan … ich fürchte, heute ist nicht mein Tag, ich glaube, ich verscherze es mir heute mit allen!«, sagte Marla leise. »Marla?« Meike kam angerannt. »Da bist du ja!« »He, Jan!«, fügte sie dann hinzu. »Ich lasse euch beide mal am besten alleine!«, sagte Jan zu Marla. »Du bist sicher noch länger hier … Dann können wir uns ja gerne mal treffen.« Er nickte den beiden zu und ging. »Alles okay bei dir?« Meike sah ihre Freundin prüfend an und setzte sich neben sie. »Meike, verflucht … ich weiß weder, wie ich mich meiner Mutter gegenüber verhalten soll noch Jan gegenüber … Marlon ist auch sauer auf mich. Vielleicht war es doch ein Fehler, dass ich wiedergekommen bin.« »Ach was!«, erwiderte Meike. »Marla … Ich meine, du bist erst heute hier angekommen … Du musst den anderen und dir ein bisschen Zeit geben … Es ist so viel passiert. Weißt du was? Ich lade dich jetzt auf einen Tee ein und wir quatschen ein bisschen … so wie in alten Zeiten.«

16


Nach einigem Zögern stimmte Marla zu und gemeinsam gingen die beiden Freundinnen die Strandpromenade entlang zur »Alten Teestube«, einem alten, urigen Norderneyer Café. Dort fanden sie einen Platz an einem der gro­ßen Fenster, von dem man wunderbar auf den Deich und zum Meer hinaus schauen konnte. Aber heute hatte Marla keinen Blick dafür. »Verdammt, ich hätte doch nicht wieder herkommen sollen.« Marla war immer noch wütend auf sich selber. »Blödsinn!«, widersprach ihr Meike heftig. »Marla, ich habe dir gesagt, irgendwann holt dich die ganze Geschichte wieder ein. Auf Dauer kannst du das nicht verdrängen …« Als die Kellnerin kam, fragte Meike Marla: »Wie immer?« Marla nickte abwesend. »Bitte zweimal Tee mit Rahm und Kluntjes und zweimal Butterkuchen«, bestellte Meike. »Gerne«, bestätigte die Kellnerin. »Ich bin gleich wieder da.« Marla schwieg, bis Tee und Kuchen vor ihr standen. »Du hast ja Recht«, sagte sie dann, während sie ihren Tee umrührte. »Aber wirklich weiter hilft mir das auch nicht.« »Marla, du musst dich entscheiden, was du willst«, sagte Meike mit Nachdruck. »Ich meine, so kann es nicht ewig weitergehen. Ganz abgesehen davon, dass du dich sicher auch mit deiner Mutter aussprechen solltest – oder sie sich mit dir!« »Jaja, ich weiß«, murmelte Marla. Meike sah aus dem Fenster. »Und bei dir?«, erkundigte sich Marla. »Nun sag schon!« »Bei mir gibt es nichts Neues.«

17


Meike zuckte mit den Schultern: »Nur arbeiten.« »Ach was?« Marla sah sie an. »Ja, wirklich. Wir sollen einen neuen Kollegen kriegen dieser Tage«, berichtete Meike dann. »Das ist aber auch das einzig wirklich Neue.« »Oha!« Marla grinste. »Dann bin ich ja mal gespannt.« »Darf ich Ihnen noch etwas bringen?« Die Kellnerin blieb

an ihrem Tisch stehen, nachdem sie den Nachbartisch abgeräumt hatte. Marla sah Meike fragend an. »Na los, Marla! Zur Feier des Tages genehmigen wir uns noch einen Prosecco – so wie früher!« Trotz ihrer Traurigkeit musste Marla lachen: »Ja, so wie früher!« Während sie genüsslich den Prosecco schlürften, schwelgten sie in Erinnerungen. Als es draußen dunkel wurde, brachen sie auf. Während Meike das Wechselgeld einsteckte, seufzte Marla: »Ach ja, Meike – das war jetzt wirklich wie früher – aber eben nur fast!« »Ach, das wird schon wieder«, munterte Meike sie auf und gemeinsam schlenderten sie Arm in Arm zum Kapitänshaus zurück. Marlon öffnete und fragte sie spitz: »Auch wieder da?« Ohne auf die Bemerkung ihres Bruders einzugehen, ging Marla durch den Flur bis in die Küche. »Marla!« Ihre Eltern saßen am Tisch. »Sorry wegen heute Nachmittag«, entschuldigte sich Marla. »Marla …« Marlene Hinrichsen stand auf. »Marla … Ich muss mich bei dir entschuldigen … Bei euch.« Marlon kam ebenfalls in die Küche.

18


»So, spielen wir jetzt also heile Familie?«, erkundigte er

sich ironisch. »Marlon!« versuchte sein Vater, ihn zu beschwichtigen. »Ist doch wahr«, gab Marlon zurück und verließ wütend die Küche. »Möchtest du was essen?« fragte Frau Hinrichsen vorsichtig. »Es sind noch Bratkartoffeln da.« »Gerne.« Marla setzte sich auf die große Eckbank. Marlas Vater stand auf: »Ich muss noch was für die Pension erledigen.« Marlene Hinrichsen ging an den Herd, schaltete die Kochplatte ein, holte aus dem Kühlschrank eine Pfanne mit Bratkartoffeln und stellte sie auf die Platte. »Marla, es tut mir leid.« Sie drehte sich zu ihrer Tochter um. »Ich hätte nicht einfach verschwinden dürfen damals. Aber es ging nicht anders.« »Wieso?«, fragte Marla mit dünner Stimme. »Marla, ich weiß, ich bin dir eine Erklärung schuldig. Aber im Moment kann ich einfach nicht darüber reden.« Marlene sah Marla mit einem sonderbaren, fast ängstlichen Gesichtsausdruck an, den sie nicht verstand. »Ma …«,sagte sie daher nach einer Weile leise, „ich finde es eben nicht fair … uns gegenüber … Verdammt! … Dadurch, dass du einfach abgehauen bist, hat sich mein ganzes Leben mit einem Schlag verändert. Weißt du das überhaupt?« »Manchmal muss man eben Entscheidungen treffen«, murmelte ihre Mutter, drehte sich zum Herd und wendete die Bratkartoffeln. Marla seufzte. Hatte sie diesen Satz nicht heute schon einmal irgendwo gehört? Die Mutter schmeckte die Kartoffeln ab und würzte sie kräftig mit Pfeffer und Kümmel nach. »Magst du Krabben dazu?«

19


»Hm, gerne.«

Sie nahm aus dem Kühlschrank eine Schüssel mit bereits entpahlten, kleinen Nordseekrabben, die sie unter die Bratkartoffeln mischte und fragte ihre Tochter: »Wie geht es dir in Hamburg?« »Gut.« Marla hatte keine Lust, ihrer Mutter Details aus ihrem Leben zu erzählen. Ihre Mutter schaltete den Herd aus. »So glücklich hört sich dass aber nicht an«, stellte Marlene Hinrichsen fest und holte einen Teller aus dem Hängeschrank. Sie häufte Kartoffeln und Krabben darauf und reichte ihn mit Besteck Marla herüber. »Sorry, aber ich meine … ich hatte bis gestern keine Ahnung, was du machst oder wie es dir geht … da kann ich mich ja wohl kaum wirklich gut fühlen«, platzte es nun doch aus Marla heraus. »Du hättest dich wenigstens mal melden können.« Sie stocherte in den Bratkartoffeln herum. »Marla, es ging nicht«, beharrte ihre Mutter. »Ach ja?« Marla starrte sie an. »Und warum nicht? Was wäre so schlimm daran gewesen, einfach anzurufen? Oder wenigstens mal eine Karte zu schreiben?« »Marla, ich will es dir jetzt nicht erklären …« »Aber wie es uns ging in der Zeit – war dir das völlig egal?« »Marla, lass uns später darüber reden, ja? Die Hauptsache ist doch, dass wir jetzt alle hier sind.« »Für mich ist das Thema noch nicht abgeschlossen«, warf Marla heftig ein. Verstimmt aß sie auf und räumte danach den Tisch ab. »Ich geh dann hoch.« Marla stand auf, schnappte sich im Flur ihre Reisetasche und stieg die alte, schiefe Holztreppe nach oben in ihr

20


früheres Zimmer. Sie stellte ihr Gepäck auf einem Stuhl ab, knipste das Licht an und ging zum Fenster. Von hier aus konnte man direkt auf den Deich und das dahinter liegende Meer blicken. Sie öffnete das Fenster und atmete tief die frische Luft ein. Ihr Handy klingelte. Sie angelte es aus ihrer Hosentasche. »Jan!«, sagte sie erstaunt. »Wollen wir uns morgen zum Frühstück im Rathaus Café treffen?« »Jan, ich weiß nicht, ob das so eine gute Idee ist …« »Wir könnten doch einfach mal wieder zusammen frühstücken. Wir müssen ja nicht über alles reden, wenn du nicht willst.« Marla gab nach: »Okay– dann sehen wir uns morgen um 9 Uhr im Rathaus Café.«

morgen • mittag • abend • nacht = erster Tag

21


Danksagung

D

a dieses Buch nach über vier Jahren nun doch erstaunlicherweise fertig geworden ist, ist es jetzt an der Zeit, mich auch mal zu bedanken. Ein herzliches Dankeschön geht vor allem an: Meine Mutter – Danke für Deine Unterstützung, für die vielen Tafeln Schokolade und die zahlreichen Kuchen!!! Danke an Astrid und Anja, ich hoffe, wir sehen uns irgendwann auf der Insel … und ansonsten eben in Köln, Dortmund, Paris, Bali, Hamburg oder wo auch immer … Danke an das Team vom Domradio Köln für die vielen tollen, erholsamen und gemütlichen Musik-Samstag­nach­mit­ tage!!! (www.domradio.de) Danke an Maite Itoiz und John Kelly für ihre Musik von »Secret Forest« und »The Blue Elf ’s Dream«. –Danke für »The Force«. – Die Musik bringt die Leute zusammen und sie lässt einen so schön träumen – Dankeschön. Ich hoffe, wir sehen uns wieder … bestimmt … irgendwann, irgendwo bei einem Konzert. Danke an die Insel Norderney und ihre Einwohner – denn Norderney hat mich zu dieser Geschichte inspiriert … Einen besonderen Dank an die Anke Papenfuß, die Antworten gab auf offene Norderney-Fragen. Ein großes Dankeschön geht an Frau Erika Eichenseer von der Franz Xaver von Schönwerth-Gesellschaft e. V. (Amberg) Regensburg. Sie stellte uns den »Original-Text« des

165


Märchens von Sonne und Mond zur Verfügung. Obwohl nicht beabsichtigt, fügt es sich doch sehr schön, dass dieses Buch gerade im Jahr des 200. Geburtstages des Oberpfälzer Heimatforschers Franz Xaver von Schönwerth, aus dessen Volksmärchen-Sammlung es stammt, erscheint. Danke an Sanja Viktoria Hamel, von der diverse Hintergrundinfos zur Polizeiarbeit stammen. Danke an Frauke, meine Lektorin, Danke an Anita für ihre Anregungen und Hilfe, ein herzliches Dankeschön an die eine Monika für das tolle Coverbild, und natürlich ein dickes Danke an meine Verlegerin Monika – schön Tee trinken!!! Dankeschön an das Fotogeschäft Scharf in Köln für die sehr nette und freundliche Unterstützung beim Autorenporträt. An alle, die ich jetzt nicht direkt namentlich erwähnt oder eventuell vergessen habe: Danke!!! Ansonsten geht mein Dankeschön an die vielen kleinen, manchmal seltsamen Zufälle, ohne die diese Geschichte nie zustande und fertig geworden wäre … Danke, dass ich diese Geschichte aufschreiben durfte, so, wie sie nun geworden ist. Daniela Anna Eckstein

166


Die Autorin

Daniela Anna Eckstein wurde 1976 in Bad Hersfeld geboren und schreibt seit frühester Kindheit Lyrik und Prosa. Sie ist staatlich gepr. Dokumentationsassistentin und examinierte Altenpflegerin, lebt seit 2007 in Köln und arbeitet als Freie Autorin. Bisherige Veröffentlichungen: • Der Wunsch. Phantastisches Märchen in: Fröhliche Weihnachten 2 Schmöker-Verlag | Garbsen 2007 • Eine Frage der Zeit. Kurzkrimi Die Reise des Ringes. Phantastisches Märchen beide in: Gute Nacht, Köln! Palabros de Cologne Verlag | Köln 2008 • Nach Unbekannt Verzogen. Die Geschichte und Ausarbeitung, die sie für ihre Teilnahme am Schülerwettbewerb Deutsche Geschichte um den Preis des Bundespräsidenten 1993 geschrieben hat, wird in Hessischen Schulen als Lehrmaterial verwendet, in Schulen als Theaterstück aufgeführt und wurde von Schülern verfilmt. Für ihre Bemühungen, Christen und Juden zu versöhnen, wurde der Autorin von ehemaligen jüdischen Bürgern aus Niederaula ein Baum in Israel gepflanzt. Mehr zu Daniela Anna Eckstein erfahren Sie im Internet unter www.danielaannaeckstein.de

167


Nochmehr Kurzweil gibt’s hier Welche Frau sucht ihn nicht, den Mann fürs Leben? Trulla, die Heldin dieser Geschichten, macht da keine Ausnahme. Allerdings muss es schon ein Akademiker sein, der der engelsanbetenden, pendelnden und gewiss nicht aufs Herzchakra gefallenen Trulla Liebe, Wärme und Geborgenheit geben darf. Gar nicht so einfach! Und so findet sich die wohlproportionierte Lehrerin in herzzerreißend komisch-skurrilen Situationen wieder, die sie mit Engelslichtern, Mantren und Prosecco zu meistern versteht. Trulla, so heißt es im Vorwort, genießt man am besten kapitelweise – und zwar aus der Sicht ihrer besten Freundin, welche sich dem Strudel der Ereignisse kaum entziehen kann.

„Mit Frauke Baldrich-Brümmer und ihrer Trulla gibt es nur noch Tränen vor lauter LACHEN! UNBEDINGT LESEN!!!“ (C. Rosam auf amazon.de)

Frauke Baldrich-Brümmer | Geschichten von Trulla. Eine City-Single-Frau sucht den Akademiker für’s Leben Verlag Monika Fuchs | ISBN 978-3-940078-04-9 152 Seiten | 1 Lesebändchen | 2 Beilagen | 14,90 € www.trullas-blog.de

Der Heckenphilosoph • zeigt, dass Schuheputzen »Chefsache« ist, • erzählt Ihnen »Schmusigeschichten«, • holt seinen »Elfer raus« und nimmt Sie mit auf eine Frühlingsfahrt, • bekommt den »Befehl von oben«, auch in Krisen nicht zu verzagen, • findet beim Stöbern im Keller einen Schatz (und keine Frauenleiche), • lässt Sie an seinen morgendlichen »Spiegelgefechten« teilhaben, • grübelt über »Sex aus dem Karton« beim Schuhekaufen nach und • hat noch viel mehr Geschichten für Sie auf Lager! »Mit seinen witzigen, aphoristischen Darstellungen des Lebens lässt uns Michael D. Wolf über unsere persönliche Hecke hinausblicken in die Welt der Anderen, in das Labyrinth des Lebens, und erlaubt uns damit eine ganz neue Sicht auf Alltagssituationen, die uns allzu selbstverständlich geworden sind.«  Anne Koark Michael D. Wolf | Der Heckenphilosoph. Geschichten aus dem Labyrinth des Lebens Verlag Monika Fuchs | ISBN 978-3-940078-06-3 144 Seiten | 1 Lesebändchen | 1 Beilage | 14,90 € www.heckenphilosoph.de Erhältlich in jeder Buchhandlung. Leseproben gibt es auf unserer WebSite: www.verlag-monikafuchs.de


Mysteriöse Dinge geschehen im Leben der Familie Hinrichsen ... Eine verschwundene Mutter, die auf- und wieder untertaucht ... Eine Tochter, die sich nicht entscheiden kann ... Eine Freundin, die versucht, die Wahrheit herauszufinden ... Zwei Fremde, die nach einem geheimnisvollen Ring suchen ... Ein altes Märchen von Sonne und Mond ... Und dann ist da noch diese Zahl ... Vordergründig ein Krimi ... Aber dahinter steckt mehr ...

Foto: Foto Scharf, Köln

Daniela Anna Eckstein

wurde 1976 in Bad Hers­feld geboren. Sie is­t überzeugt davon, das­s­ s­ich jede Ges­chichte, die erzählt werden will, ihren eigenen Weg s­ucht. Und die Ges­chichten, die von ihr erzählt werden wollen, s­chreibt s­ie auf … So wie dies­e hier über das­ Leben, die Liebe und den Tod. Sie s­pielt auf Norderney, aber die Wurzeln ihres­ Geheimnis­s­es­ reichen bis­ nach Köln und in die Oberpfalz … Daniela Anna Ecks­tein lebt als­ Freie Autorin mit ihren Katzen Willi und Memory in Köln. »Deichs­chatten« is­t ihr ers­tes­ Buch, weitere Geschichten finden sich in verschiedenen Sammelwerken.

ISBN 978-3-940078-27-8

www.verlag-monikafuchs.de


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.