Brueckenbau 5/2017

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www.maurer.eu

Ausgabe 5 . 2017

Symposium ÖPP-Projekt »Bau der A 94 Isentalautobahn«

www.verlagsgruppewiederspahn.de

ISSN 1867-643X


Wir starten durch! In den Jahren 2017 und 2018 werden wir unter anderem folgende Symposien und Exkursionen anbieten: Isentalautobahn Symposium mit Exkursion: Planung und Realisierung des ÖPP-Projekts A 94 (Veranstaltung in Verbindung mit der Autobahndirektion Südbayern) Oktober 2017 18. Symposium Brückenbau Traditionelles Symposium zum Thema »Großbrücken« 6. und 7. Februar 2018 Brücken: Ponts et Passerelles Symposium in Luxemburg (Gemeinschaftsveranstaltung mit französischen Partnern) 13. und 14. Juni 2018 3. Symposium Fußgängerbrücken Symposium: Planung und Bau von Geh- und Radwegbrücken Oktober 2018 Weitere Veranstaltungen sind in Planung: BIM im Krankenhausbau Ingenieurbau und BIM

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VERLAGSGRUPPE W I E D E R Smit MixedMedia P A Konzepts HN

Biebricher Allee 11 b 65187 Wiesbaden Tel.: +49/611/98 12 92-0 Fax: +49/611/80 12 52 kontakt@verlagsgruppewiederspahn.de www.verlagsgruppewiederspahn.de www.mixedmedia-konzepts.de www.symposium-brueckenbau.de

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Große Resonanz in der Tages- und Fachpresse

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Und jedem Symposium Und wiewie beibei jedem Symposium derder Verlagsgruppe Wiederspahn liegen sämtVerlagsgruppe Wiederspahn liegen sämtliche Vorträge natürlich zusätzlich in geliche Vorträge natürlich zusätzlich in gedruckter Form – als Ausgabe 5 ∙ 2015 druckter Form vorvor – als Ausgabe 5 ∙ 2015 Zeitschrift »Brückenbau«, derder Zeitschrift »Brückenbau«, diedie alsals Einzelheft € kostet und in jeder gutEinzelheft 14 14 € kostet und in jeder gut-


EDITORIAL Zu einem (unzulänglichen) Thesenpapier

Baukultur nach Bedarf von Michael Wiederspahn

Dipl.-Ing. Michael Wiederspahn

»Infrastrukturen gewährleisten die flächendeckende Versorgung mit Energie und Gütern ebenso wie die Erreichbarkeit von Arbeitsplätzen, Wohnorten und Freizeitangeboten. Sie prägen wesentlich die Stadt- und Landschaftsräume in Deutschland. Sie sind flächenrelevant und räumlich zu planen. Ihr Unterhalt und Ausbau erfordern jährlich umfangreiche Investitionen (...) Dabei geht es aus Sicht der Baukultur darum, neue Mobilitäts- und Logistikkonzepte kontextuell gut zu integrieren und den Flächenverbrauch zu minimieren. Intelligente Planung und Steuerung von Abstimmungs- und Genehmigungsverfahren, Prozessen, Datenaustausch und Schnittstellen sparen Kosten und Zeit und sind unverzichtbare Bestandteile auf dem Weg zu nachhaltigen und widerstandsfähigen Verkehrsinfrastrukturen. Investitionsmaßnahmen in technische Infrastrukturen bieten die Chance, durch fachübergreifendes Planen und Bauen und eine frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit einen gestalterischen Mehrwert für öffentliche Stadt- und Landschaftsräume zu erzielen, der den jeweiligen Bedürfnissen der Nutzer gerecht wird und damit dauerhaft zu einer Verbesserung der Standort- und Lebensqualität beiträgt. Aus diesem Grund müssen städtebauliche, architektonische und stadtgestalterische Qualitäten von Verkehrsprojekten maßgebliche Entscheidungskriterien auch in den Bewertungsund Förderrichtlinien des Bundes sein.«

Es gibt Texte, die lösen schlicht und einfach Begeisterung aus, indem sie mit originellen Ideen und inspirierenden Kommentaren, mit fundierten Informationen, neuen Perspektiven und, keineswegs zu vergessen oder zu unterschlagen, einer stringenten, stets nachvollziehbar bleibenden Argumentation aufwarten, während manch andere einen eher traurig stimmen, da es ihnen an Substanz ermangelt, sie oft oder überwiegend nur aus einer Aneinanderreihung von althergebrachten, ja nachgerade als altbacken abzuhakenden Allgemeinplätzen bestehen, deren Lektüre einem weder Erkenntnisgewinn noch Lesevergnügen zu bescheren vermag. Natürlich stößt man bisweilen auch auf Romane und Novellen, Essays und Artikel, die zum Teil oder eben in toto Mittelmaß repräsentieren, was für den geneigten Literaturfreund aber lediglich bedeutet, dass er sie nicht unbedingt von vorne bis hinten durcharbeiten oder gar zur Gänze auf (eventuell) vorhandene Extravaganzen und überraschende Wendungen untersuchen oder durchforsten muss. Wie verhält es sich hingegen mit den eingangs zitierten Zeilen, also mit der ersten These in einem Strategiepapier, das am zweiten Tag des diesjährigen Ettersburger Gesprächs unter dem Titel »Verkehr, Quartier, Kultur. Die neuen Infrastrukturen bauen« verabschiedet wurde? Wer nun jene These eins ein bisschen genauer studiert, und zwar vom Anfang bis zum Ende, wird hier zweifelsohne kaum eine Passage entdecken (können), die ob ihrer generellen Intention in irgendeiner Form angreifbar, befremdlich oder unlauter und damit zumindest diskussions- oder erklärungsbedürftig erscheint. Und trotzdem drängt sich en passant der Eindruck einer gewissen Beliebigkeit auf, handelt es sich bei »Verkehr – integriert Planen, Bauen und Unterhalten« im Grunde doch bloß um eine Auflistung oder Ansammlung von Aussagen, die andernorts bereits erschöpfend be- und durchleuchtet wurden und zudem schon in diverse Empfehlungen und Abschlussberichte eingeflossen sind, wie zum Beispiel in das sehr

detaillierte Resümee der Reformkommission »Bau von Großprojekten« oder in den fast gleichnamigen Aktionsplan des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur. Im Übrigen wäre es sicherlich ein klein wenig ungerecht, das berühmte Haar in einer Suppe aufspüren zu wollen, die ansonsten, im besten Sinne, geschmacksneutral und infolgedessen relativ konfliktarm anmutet. Ein solches Haar zu übersehen, zu ignorieren oder, wesentlich eleganter, kraft eines gedanklichen Löffels an den Tellerbzw. Themenrand zu verfrachten, um es in Art einer Ultima Ratio bis auf weiteres aus dem Blickfeld zu verbannen, gelingt indessen nicht immer und in jeder Situation oder Konstellation, zumal die widerborstigsten unter ihnen einem nicht sofort ins Auge zu springen pflegen, sondern erst in Gestalt des letzten Satzes: In der Regel einer Bilanzierung und der Zusammenfassung von Konsequenzen, Kritikpunkten oder Forderungen dienend, zeigt sich an und in ihm stets der (gesamte) Nutzwert des zuvor Ge- und Beschriebenen. Und im Fall von »Aus diesem Grund …« ist das leider mehr als enttäuschend, denn mit der von ihnen gewählten, arg weichgespült ertönenden Formulierung haben die Autoren die große Chance verschenkt, die eigentlich Verantwortlichen zu benennen, ergo die Politik in die Pflicht zu nehmen und sie mit der Tatsache zu konfrontieren, dass Entwurf, Planung und Realisierung von Verkehrs- und insofern Ingenieurbauwerken bis dato primär unter dem Diktum des geringsten Erstellungspreises beauftragt werden – und sie in puncto Ästhetik und Nachhaltigkeit von offizieller Seite (eben) nicht, wie gerne behauptet, dieselbe Priorität genießen wie Hochbauten. Schön klingende Worte und Wortkombinationen im Kreise wohlmeinender Mitstreiter zu äußern und sie danach als Botschaft zu deklarieren, die Impulse bewirken soll, wird die fraglos vorherrschenden Defizite freilich nicht zu lindern, abzuschwächen oder (irgendwann) zu beseitigen helfen.

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Editorial

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Baukultur nach Bedarf

Michael Wiederspahn

ÖPP-Projekt »Bau der A 94 Isentalautobahn«

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Verfügbarkeitsmodell für Forstinning nach Marktl

Stefan Fischer

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Referenzplanung der Ingenieurbauwerke

Markus Nestler

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Naturschutzmaßnahmen beim A-94-Neubau

Roland Schaub

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Projektgesellschaft als ÖPP-Auftragnehmer

Alfred Stangassinger

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Planung und Ausführung der Isentalautobahn

Nikolaus Arndt

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Konzept und Herstellung der Goldachtalbrücke

Wolfgang Weiß, Sven Hofmann

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Konzept und Herstellung der Isentalbrücke

Wolfgang Weiß, Alexander Marx


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Die Rimbachtalbrücke

Otto Wurzer, Sven Hofmann

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Die Ornautalbrücke

Otto Wurzer, Nikolaus Arndt

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Erweitertes Qualitätsmanagement beim ÖPP-Projekt

Karen Ludewig, André Bock

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Brückenbau mit feuerverzinktem Stahl

Dietmar Hildebrandt

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Produkte und Projekte

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Software und IT

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Nachrichten und Termine

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Branchenregister

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Impressum

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SYMPOSIUM Bundesautobahn A 94: Ausschreibung und Vergabe

Verfügbarkeitsmodell für Forstinning nach Marktl von Stefan Fischer

Der lange erwartete, ca. 33 km lange Lückenschluss der A 94 in Oberbayern zwischen Pastetten und Heldenstein wird derzeit noch bis Ende 2019 im Rahmen einer öffentlich-privaten Partnerschaft (ÖPP) durch das deutsch-niederländisch-französische Konsortium Isentalautobahn GmbH & Co. KG gebaut. Erstmals kommt hierzu in Bayern ein so genanntes Verfügbarkeitsmodell zum Tragen, bei welchem die Vergütung des privaten Projektpartners von der Verfügbarkeit der Strecke sowie der Qualität der erbrachten Leistungen abhängig ist und welches im Unterschied zu den beiden Betreibermodellen auf der A 8 unabhängig von der auf der Strecke anfallenden Lkw-Maut ist. Auftraggeber ist die Bundesrepublik Deutschland, letztlich vertreten durch die Autobahndirektion Südbayern, welche auch Vergabestelle war. Vorausgegangen war dem Projektstart im Februar 2016 ein umfangreiches und sehr zeitintensives Vergabeverfahren in Form eines sogenannten strukturierten, mehrstufigen Verhandlungsverfahrens mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb. Kennzeichnend, wie bei allen anderen ÖPPProjekten auch, ist hier wiederum die im Unterschied zu herkömmlichen Bauverträgen andere Risikound Aufgabenverteilung zwischen privater und öffentlicher Seite, welche in einem detaillierten Vertragswerk geregelt ist.

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1 Autobahn von München nach Pocking Die A 94 stellt die kürzeste Fernstraßenverbindung zwischen München und der Grenzregion Passau dar. Sie ist für den Wirtschaftsraum Südostbayerns von herausragender Bedeutung, da bisher keine leistungsfähige Anbindung an den Ballungsraum München besteht. Mit dem Bau des ca. 33 km langen Abschnittes Pastetten–Dorfen–Heldenstein der A 94 im Rahmen einer öffentlich-privaten Partnerschaft (ÖPP) soll die hochbelastete und unfallträchtige Bundesstraße B 12 wirkungsvoll entlastet werden. Gleichzeitig wird mit diesem Teilstück der Lückenschluss der A 94 in Oberbayern erreicht.

1 Gesamtübersicht über die A-94-Strecke © Autobahndirektion Südbayern

Die ersten Überlegungen zum Bau der A 94 stammen bereits aus den 1970er Jahren. Es folgten intensive Diskussionen bezüglich der Trassenwahl zwischen der »Trasse Haag« (Ausbau der bestehenden B 12) oder der »Trasse Dorfen« (Neubautrasse am Rande des Isentals), verbunden mit langwierigen Planungsrechtsverfahren und daran anschließenden gerichtlichen Entscheidungen. Die Entscheidung fiel letztlich auf die Trasse Dorfen. Bestandskräftiges Baurecht ist für den Abschnitt Pastetten–Dorfen seit Dezember 2011 und für den Abschnitt Dorfen–Heldenstein seit Mai 2012 vorhanden. Die ersten baulichen Aktivitäten im Bereich der Neubaustrecke begannen im Jahr 2012.


SYMPOSIUM

2 Bisheriges Ende der Autobahn © Autobahndirektion Südbayern

Von den geplanten ca. 150 km der A 94 sind mittlerweile ca. 70 km vierspurig unter Verkehr und aktuell 39 km, neben dem Abschnitt Pastetten–Dorfen–Heldenstein ein weiteres ca. 6 km langes Teilstück in Niederbayern, im Bau.

2 Verfügbarkeitsmodell Forstinning–Marktl 2.1 Allgemeines Das Projekt ist Bestandteil einer zweiten Staffel von bundesweit insgesamt neun ÖPP-Projekten, welche bis einschließlich 2016 begonnen werden sollten. Vergabestelle und im Auftrag des Bundes zuständig für die vertragliche Abwicklung bei dem Projekt ist die Autobahndirektion Südbayern. Neben den beiden Betreibermodellen auf der A 8 zwischen Augsburg und München, dem bundesweit ersten ÖPP-Projekt auf Autobahnen, und zwischen Ulm und Augsburg ist das »Verfügbarkeitsmodell A 94« das insgesamt

dritte Projekt im Rahmen einer öffentlichprivaten Partnerschaft in Bayern und darüber hinaus das bundesweit erste Neubauprojekt im Rahmen von ÖPP. Neben dem Neubau des ca. 33 km langen Lückenschlusses der A 94 zwischen Pastetten und Heldenstein, der gemäß Vertrag innerhalb von 45 Monaten bis Ende Oktober 2019 abgeschlossen sein muss, umfasst das Projekt zusätzlich auch den Betrieb (ab November 2019) und die Erhaltung (ab Vertragsbeginn) der insgesamt ca. 44 km langen, bereits bestehenden Autobahnabschnitte zwischen Forstinning und Marktl sowie die Finanzierung aller Leistungen. Die Vertragslaufzeit beträgt 30 Jahre. Der Neubau einschließlich der außerhalb von ÖPP bereits hergestellten Vorwegmaßnahmen umfasst neben den 33 km Autobahn selbst sechs Großbrücken mit einer Länge von jeweils über 100 m, ca. 60 weitere Über- und Unterführungen, vier Anschlussstellen, zwei Parkplatzanlagen mit Toiletten sowie ca. 22 km Lärmschutzanlagen.

3 Projektübersicht: Verfügbarkeitsmodell © Autobahndirektion Südbayern

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SYMPOSIUM

4 Lappachtalbrücke als eine Vorwegmaßnahme © Autobahndirektion Südbayern

Als Vergütung für seine Leistungen erhält der Auftragnehmer monatlich ein sogenanntes Verfügbarkeitsentgelt, dessen Höhe sich aus dem Wettbewerb ergeben hat, sowie eine Anschubfinanzierung in Höhe von 215 Mio. €, welche während des Baus abhängig vom Baufortschritt in jährlichen Tranchen ausbezahlt wird. Mit der Anschubfinanzierung sollen die Finanzierungskosten auf privater Seite, die aufgrund der dort anderen Bonität höher sind als bei einer Finanzierung durch den Bund selbst, gesenkt und somit das Projekt insgesamt wirtschaftlicher gestaltet werden. Im Unterschied zu den beiden Betreibermodellen auf der A 8 ist die Vergütung bei einem Verfügbarkeitsmodell unabhängig von der im Streckenabschnitt anfallenden Lkw-Maut und damit auch unabhängig von der Verkehrsmenge. Reduzierungen der monatlichen Vergütung hat der Auftragnehmer dann zu tragen, wenn die Verfügbarkeit auf der Strecke, bedingt durch von ihm durchgeführte Erhaltungs- oder Betriebsmaßnahmen, nicht in der Weise gegeben war, wie dies vertraglich vereinbart wurde, oder wenn er seine Leistungen nicht in der vertraglich geforderten Qualität erbracht hat.

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Bei dem Modell bleibt die öffentliche Hand Straßenbaulastträger sowie Eigentümer der Grundstücke und nimmt weiterhin alle hoheitlichen Tätigkeiten, beispielsweise als Verkehrsbehörde oder auch im Rahmen der Verwaltung der Autobahn, wahr. Das Finanzvolumen bei dem Projekt für Bau, Erhaltung, Betrieb, Planungsleistungen und anteilige Finanzierung beträgt, über die 30 Jahre Vertragslaufzeit gesehen, ca. 1,16 Mrd. €. Die Baukosten für den Neubauabschnitt im Rahmen der ÖPP-Umsetzung betragen ca. 440 Mio. €. Besondere Herausforderungen beim Bau sind die schwierigen geologischen Verhältnisse, das ökologisch sensible Umfeld sowie die damit verbundenen Auflagen für die Errichtung sowie die Dichte an Großbrücken.

2.2 Vorwegmaßnahmen Im Vorgriff auf das im Februar 2016 gestartete ÖPP-Projekt wurden, beginnend ab dem Jahr 2012, von Seiten der Autobahndirektion Südbayern bereits verschiedene sogenannte Vorwegmaßnahmen durchgeführt. Diese umfassen einige ausgewählte Brücken, zum Beispiel die Errichtung der ca. 300 m langen Lappachtalbrücke, sowie verschiedene Maßnahmen im Bereich des Erdbaus, die Herstellung aller naturschutzrechtlich erforderlichen vorgezogenen Ausgleichsmaßnahmen und umfangreiche Maßnahmen zur Baufeldfreimachung, das heißt unter anderem Rodung, Kampfmittelräumung, wichtige Spartenverlegungen und Archäologie. Die Maßnahmen wurden durchgeführt, um vertiefte Erkenntnisse hinsichtlich der schwierigen geologischen Verhältnisse für die Ausschreibung zu gewinnen und einen störungsfreien Start des ÖPP-Projektes sicherzustellen. Die im Vorfeld hergestellten Brücken tragen zudem dazu bei, dass die umfangreichen Erdbewegungen von Beginn an weitestgehend über die Trasse selbst abgewickelt werden können und somit das örtliche Wegenetz vom Baustellenverkehr so gut wie möglich entlastet wird. 2.3 Vergabeverfahren Die Auswahl des künftigen Auftragnehmers erfolgte wie bei den bisherigen ÖPP-Projekten in Deutschland über ein eigens vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur hierzu konzipiertes strukturiertes Verhandlungsverfahren mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb (Präqualifikation), welches in mehreren Stufen abläuft. Dabei werden zunächst die vier Bewerber, welche die beste Eignung nachweisen können, ausgewählt und zur Abgabe eines ersten Angebotes sowie zur Anmeldung ihres Verhandlungsbedarfs in Bezug auf die von der Vergabestelle vorgesehenen Regelungen im Projektvertrag aufgefordert. Aus der Wertung der ersten Angebote gehen dann die beiden Bieter hervor, mit denen in die Verhandlungen eingetreten wird und die nach Abschluss der Verhandlungen ihr endgültiges Angebot (BAFO: Best and Final Offer) auf den Projektvertrag abgeben können. Auf das wirtschaftlichste der beiden Angebote erfolgt schließlich der Zuschlag.


SYMPOSIUM

5 Ablauf des Verhandlungsverfahrens © Autobahndirektion Südbayern

Startschuss für das Vergabeverfahren war am 2. August 2013 mit der Bekanntmachung im EU-Amtsblatt. Über ihre Teilnahmeanträge konnten dabei die Bewerber ihre Eignung nachweisen und sich bis zu vier von ihnen für das eigentliche Verhandlungsverfahren präqualifizieren. Die Wertung der Teilnahmeanträge erfolgte dabei nach einem Verhältnis 76 % Technik zu 24 % Finanzierung. Nach Abschluss des Teilnahmewettbewerbs im April 2014 wurden die vier Bieter schließlich zur Abgabe eines ersten Angebotes und zur Anmeldung ihres Verhandlungsbedarfs aufgefordert. Submissionstermin war im März 2015. Gegenstand der Angebote waren hauptsächlich Unterlagen zur technischen Ausgestaltung und Umsetzung der baulichen Maßnahmen – hier wurde den Bietern von Seiten der Autobahndirektion Südbayern eine unverbindliche Referenzplanung zur Verfügung gestellt – die sie übernehmen konnten, alternativ war es ihnen möglich, unter Berücksichtigung der Vorgaben aus den Planfeststellungsbeschlüssen auch eine eigene Planung zu erstellen – sowie Konzepte zu Betrieb und Erhaltung, Risikomanagement, Kommunikation und Finanzierung sowie der Preis, in diesem Fall das aus Bietersicht jeweils notwendige monatliche Entgelt über die gesamte Vertragslaufzeit. Im Vordergrund der Wertung stand diesmal der Preis, dessen Anteil bei 75 % lag. Nach knapp zweimonatiger Wertung wurden Ende April 2014 die beiden sogenannten bevorzugten Bieter ausgewählt, mit denen anschließend die Verhandlungen geführt werden sollten.

Im Juni und Juli 2014 wurde anschließend mit den beiden bevorzugten Bietern in zwei Runden jeweils separat verhandelt. Verhandlungen waren vor allem deswegen erforderlich, weil bei den ÖPPProjekten von Bieterseite über einen langen Zeitraum Risiken übernommen werden, die üblicherweise von der öffentlichen Hand getragen werden und zudem die Wirtschaftlichkeit eines Projektes wesentlich davon abhängt, dass die Risiken optimal verteilt sind. Verhandelt werden konnte dabei über sämtliche Regelungen des zu diesem Zeitpunkt im Entwurf vorliegenden Projektvertrages, nicht jedoch über technische Inhalte aus den Leistungsbeschreibungen oder den anderen technischen Vergabeunterlagen,

beispielsweise Festlegungen aus den Planfeststellungsbeschlüssen, Verträge mit Dritten oder technische Mindeststandards. Nach Abschluss der Verhandlungen wurden die beiden Bieter bis zum 24. September 2015 zur Abgabe eines endgültigen Angebotes (BAFO) auf Grundlage eines überarbeiteten Projektvertrages aufgefordert, in den die Ergebnisse der Verhandlungen mit den beiden Bietern eingeflossen waren. Am 24. November 2015 konnte dann der Zuschlag an das deutsch-niederländisch-französische Konsortium bzw. die Projektgesellschaft Isentalautobahn GmbH & Co. KG erteilt werden. Somit ließ sich das Vergabeverfahren nach rund 28 Monaten Dauer abschließen. Am 19. Januar 2016 wurde dann mit dem Abschluss der Finanzierungsverträge zwischen der Projektgesellschaft und ihren Banken, dem sogenannten Financial Close, die letzte Voraussetzung für den Start des Projektes geschaffen. Der Beginn der Vertragslaufzeit für das Verfügbarkeitsmodell A 94 Forstinning– Marktl war am 1. Februar 2016. Am 5. Februar 2016 fand schließlich der feierliche erste Spatenstich für den Neubauabschnitt statt.

6 Feierlicher Spatenstich zum Beginn der Baumaßnahmen © Autobahndirektion Südbayern

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SYMPOSIUM

7 Risikomatrix im Projektvertrag © Autobahndirektion Südbayern

2.4 Projektvertrag und Risikoverteilung Den Leistungsumfang, die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien, die Risikoverteilung im Projekt und alles Weitere regelt ein umfangreiches Vertragswerk, insgesamt ca. 4.000 Dateien umfassend. Das Herzstück der Vertragsunterlagen bildet der Projektvertrag. Auf ca. 130 Seiten finden sich dort in 67 Paragraphen die wichtigsten Regelungen. Weitere Vertragsunterlagen sind Leistungsbeschreibungen aus den Bereichen Qualitäts- und Baumanagement, Bau, Erhaltung und Betrieb, Pflichtenhefte aus unterschiedlichen Bereichen, beispielsweise dem Brückenbau, detaillierte Aufgabenbeschreibungen in Form von Leistungsheften für die Erhaltung und den Betrieb sowie das Angebot des Auftragnehmers. Darüber hinaus gehören auch noch viele weitere, sogenannte ergänzende Unterlagen zum Vertragswerk, wie unter anderem Planfeststellungsbeschlüsse, Verträge mit Dritten, geologische Unterlagen, zusätzliche technische Vertragsbedingungen etc. Kennzeichnend für das Vertragswerk ist, dass sämtliche Leistungen funktional beschrieben sind. Leistungsverzeichnisse mit konkreten Mengen- und Massenangaben gibt es daher keine. Hinsichtlich der dort festgelegten Risikoverteilung unterscheidet sich der Projektvertrag sehr deutlich von konventionellen Bauverträgen im Straßenbau.

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Anders als üblich ist bei diesem Projekt nicht die öffentliche Hand Bauherr, vielmehr obliegen sämtliche Bauherrenaufgaben dem Auftragnehmer. Er hat deshalb alle erforderlichen Leistungen – nicht nur die seiner Nachunternehmer, sondern auch von Dritten wie etwa von Leitungsträgern, sofern diese für den Bau erforderlich sind – selbst zu koordinieren und muss beispielsweise auch alle zusätzlich zur Planfeststellung noch erforderlichen Genehmigungen, zum Beispiel für Sperrungen kreuzender Straßen und Wege etc., eigenständig einholen. Folglich trägt er auch alle in diesem Zusammenhang stehenden Risiken. Für die von ihm zu erbringenden Planungsleistungen liegt das Risiko ebenfalls beim Auftragnehmer. Sofern er sich die vom Auftraggeber erstellte unverbindliche Referenzplanung zu eigen gemacht hat, trägt er das Risiko etwaiger Planungsfehler. Im Unterschied zu herkömmlichen Bauverträgen trägt der Auftragnehmer bei den ÖPP-Projekten zu großen Teilen auch das geologische Baugrundrisiko. Grundsätzlich wird davon ausgegangen, dass der Auftragnehmer in seiner Sphäre am ehesten Maßnahmen ergreifen kann, um Mehrkostenentwicklungen im Bereich des Baugrundes zu begrenzen. Aufgrund des funktionalen Charakters der Vergabeunterlagen liegt zudem das Risiko von Mengenerhöhungen beim Auftragnehmer.

Des Weiteren obliegt dem Auftragnehmer auch das Risiko in Zusammenhang mit der termingerechten Fertigstellung der Neubaustrecke bis zum 31. Oktober 2019. Im Fall einer Nichteinhaltung dieses Termins sind Vertragsstrafen in nicht unerheblicher Höhe vereinbart. Zusätzlich trägt der Auftragnehmer die Risiken aus der Erhaltung und dem Betrieb der Strecke. Er hat unter anderem dafür einzustehen, dass die Autobahn während und am Ende der 30 Jahre die vertraglich vereinbarten funktionalen Anforderungen in Form von Zustandswerten und Zustandsnoten aufweist und dass jederzeit eine ausreichende Verkehrssicherheit gewährleistet ist. Dies gilt unabhängig davon, wie sich der Verkehr über die Vertragslaufzeit entwickelt. Schließlich steht der Auftragnehmer in Zusammenhang mit den von ihm durchzuführenden Erhaltungs- und Betriebsmaßnahmen auch für das Risiko der Verfügbarkeit der Strecke ein. Abhängig von Art, Dauer und Zeitpunkt des von ihm zu vertretenden verkehrlichen Eingriffs reduziert sich seine monatliche Vergütung entsprechend. Die beschriebene Risikoübertragung an den Auftragnehmer in Verbindung mit dem ÖPP-Projekten zugrundeliegenden Lebenszyklusansatz soll letztlich dazu führen, positive Anreize zu schaffen, die Vertragsabwicklung insgesamt zu erleichtern und zu einer größeren Kostensicherheit beizutragen. Weiterhin bei der öffentlichen Hand bleiben im Wesentlichen alle Risiken, welche sich aus den vorhandenen Planfeststellungsbeschlüssen ergeben, das allgemeine Kostensteigerungsrisiko sowie alle Risiken in Zusammenhang mit nachträglichen Änderungen technischer oder rechtlicher Normen – also sämtliche Risiken, welche der Auftragnehmer selbst nicht beeinflussen kann und bei denen eine Übertragung daher aus Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten nicht sinnvoll wäre. Autor: Dipl.-Ing. Stefan Fischer Autobahndirektion Südbayern, München


Brückenbau | Tunnelbau | Hochbau | konstruktiver Ingenieurbau

SYMPOSIUM

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Talbrücke Lappach, A94 Bautechnische Prüfung

Ornautalbrücke, A94 Bautechnische Prüfung 5 . 2017 | BRÜCKENBAU

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www.buechting-streit.de


SYMPOSIUM ÖPP-Projekt »Isentalautobahn«

Referenzplanung der Ingenieurbauwerke von Markus Nestler

Im Zuge von ÖPP-Projekten hat ein neuer Begriff Einzug gehalten: der sogenannte Referenzplan. Dessen Bedeutung für die Ingenieurbauwerke soll anhand des im Bau befindlichen Verfügbarkeits-(V-)Modells zwischen den oberbayerischen Orten Pastetten, Dorfen und Heldenstein erläutert werden. Dabei ergeben sich folgende Fragestellungen: – Welche Bedeutung hat die Gestaltung der Ingenieurbau- werke? – Welche Gestaltungsaufgabe liegt zwischen Pastetten und Heldenstein vor? – Wie setzt der Auftraggeber die Gestaltung im konventionellen VOB-Vertrag um? – Wie wird aus einem Plan ein ÖPP-Referenzplan? – Welche Bedeutung hat der Referenzplan und welche Folgen hat dessen Wegfall? – Welche Grundlage beschreibt das Bausoll bei Wegfall des Referenzplans? – Wie wird das Bausoll, insbeson- dere die Brückengestaltung, bei Wegfall des Referenzplans im ÖPP-Vertrag verbindlich fest- gelegt? – Wie kann eine hochwertige Gestaltung der Lärmschutz wände vereinbart werden?

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1 Vorwegmaßnahme: Brücke über das Lappachtal © Autobahndirektion Südbayern

1 Bedeutung der Gestaltung 1.1 124 Ingenieurbauwerke Die Gestaltung der Ingenieurbauwerke wird einen wesentlichen Anteil zur Einbindung der A 94 in Natur und Landschaft leisten und maßgeblich das Erscheinungsbild für das Umfeld und die Verkehrsteilnehmer dieser Autobahn prägen. 124 Ingenieurbauwerke sind insgesamt herzustellen, davon 65 Brücken, 53 Lärmschutzwände und 6 Stützwände. 1.2 Beteiligung BMVI Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) hat ein großes Interesse an hochwertiger Gestaltung und bringt sich daher selbst intensiv in den Planungsablauf ein. Im Rahmen wiederholter Entwurfsbesprechungen wurde die Gestaltung der Talbrücken im persönlichen Dialog mit der Autobahndirektion Südbayern auf Grundlage umfangreicher Variantenuntersuchungen diskutiert und entwickelt. Die formalen Genehmigungen der Brückengestaltungen durch das BMVI erfolgten dann abschließend auf Basis der Bauwerksentwürfe.

2 Gestaltungsaufgabe 2.1 43 Brückenbauwerke 43 Brücken im Zuge der A 94 und des nachgeordneten Netzes sind über Verkehrswege und Gewässer anzuordnen. Diese gliedern sich in: – 32 kleine Brücken bis 20 m lichte Weite: Hier liegt nur ein geringeres Gestaltungspotential zugunsten der Verkehrsteilnehmer der untergeordneten Straßen und des A-94-Umfeldes vor; – sechs mittelgroße Brücken bis 100 m Länge; – fünf Groß- bzw. Talbrücken über 100 m Länge. Im Falle der mittelgroßen und der Großbrücken liegt unter Berücksichtigung der naturschutzfachlichen Anforderungen jeweils eine anspruchsvolle Aufgabe mit hohem Gestaltungspotential für das Umfeld vor.


SYMPOSIUM

2 Bauwerk K 34/1 über die A 94 © Autobahndirektion Südbayern

2.2 Brücken über A 94 und DB 21 mittelgroße Brücken überführen nachgeordnete Verkehrswege über die A 94, eine Großbrücke überführt eine verlegte Staatsstraße über eine Bahnlinie. Im Zuge der Brücken über die A 94 wird bis auf eine Ausnahme auf Mittelpfeiler verzichtet, um im schmalen Mittelstreifen die Anordnung der passiven Schutzeinrichtung zu erleichtern. Für diese Brücken ergibt sich in der Folge ein hohes Gestaltungspotential. Im Ergebnis der Gestaltungsarbeit wurde eine Einfeldrahmenlösung entwickelt. Der Verzicht auf Mittelpfeiler öffnet in Verbindung mit der konstant gekrümmten Brückenunterseite einen großzügigen Verkehrsraum für die A-94-Nutzer. 2.3 53 Lärmschutzwände In der Gesamtschau der Bauwerke fällt den 53 Lärm- bzw. Irritationsschutzwänden das größte Gestaltungspotential zu. Sie bestimmen zum einen den optischen Eindruck des Verkehrsraums der A-94Nutzer in maßgeblichem Umfang und wirken zudem weit in das Umfeld. Ihre Planung ist daher mit einem besonders hohen Gestaltungsanspruch auszuführen. Fast alle Wände verlaufen über die Brücken im Zuge der A 94 und darüber hinaus. Als Vorlage für die hier weiterentwickelte Gestaltung diente eine Materialkombination aus transparenten Scheiben und wellenförmig angeordneten und durchgefärbten Absorberelementen über die Talbrücke Bergen im Zuge der A 8.

3 Lärmschutzwand an der A-8-Talbrücke Bergen © Autobahndirektion Südbayern

2.4 Sechs Stützwände Zur Sicherung von Einschnitten ist die Anordnung von sechs Stützwänden in Form von Bohrpfahlwänden erforderlich.

Zum Schutz der Bohrpfahlbewehrung vor Chlorideintrag werden Betonvorsatzschalen vorgesehen. Für eine ansprechende Ansicht wird mittels Schalungsmatrize die Anmutung eines Steinmauerwerks hergestellt.

4 Vorsatzschale einer Stützwand © Autobahndirektion Südbayern

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SYMPOSIUM

5 Vorwegmaßnahme: Brücke über die Gemeindeverbindungsstraße Kopfsburg–Badberg ohne Wartungsgang © Autobahndirektion Südbayern

3 Gestaltung im VOB-Vertrag 3.1 Vorwegmaßnahmen mit VOB-Vertrag Ursprünglich war die Realisierung der 33 km langen Neubaustrecke konventionell mittels VOB-Verträgen vorgesehen. Der Bund hat neben Grunderwerbsmitteln in Höhe von 50 Mio. € insgesamt 70 Mio. € für die VOB-Verträge zur Verfügung gestellt. Der erste Spatenstich dazu hat im Jahr 2012 stattgefunden. Zehn Bauwerke wurden auf dieser Grundlage in Form von Einzelvergaben errichtet, davon sechs Brücken und eine Bohrpfahlwand (ohne Vorsatzschale) im ersten Abschnitt Pastetten–Dorfen. Hier war ab 2012 Baurecht vorhanden. Drei Brücken wurden im Folgeabschnitt Dorfen–Heldenstein hergestellt, nachdem dort ab dem Jahr 2014 Baurecht geschaffen war. 3.2 VOB-Plan: zentraler Kern Der VOB-Ausschreibungsplan ist, als »Sprache« des Ingenieurs, der zentrale Kern des VOB-Vertrags. Dieser ist Vertragsbestandteil und Grundlage der Ausführungsplanung durch den Auftragnehmer. Im Plan sind sowohl die Gesamtform des Bauwerks als auch die Abmessungen der einzelnen Bauteile enthalten. 3.3 Übersetzung VOB-Plan Für die Kalkulation und Abrechnung der Brückenbaumaßnahme ist der VOB-Ausschreibungsplan zu ergänzen durch bzw. zu »übersetzen« in: – ein Leistungsverzeichnis, – eine Baubeschreibung, – ergänzende Zeit- und Material vorgaben.

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6 Auszug aus der Vergabeverordnung vom 12. April 2016 © Bayerische Staatskanzlei

3.4 Einfluss auf Bauablauf Im VOB-Vertrag kann der Auftraggeber über die Vereinbarung von Zwischenterminen Einfluss auf den Bauablauf nehmen. Im Fall der Vorwegmaßnahme K 27/1 Brücke über GVS Kopfsburg–Badberg und Ökoverbindung konnten auf diese Weise sinnvolle Einsparungen erreicht werden. Durch Vorgabe einer längeren Winterpause nach Fertigstellung des 73 m langen Spannbetonüberbaus war dessen Verkürzung aus Kriechen und Schwinden so weit abgeklungen, dass anschließend der Einbau einer kostengünstigen einschläuchigen Übergangskonstruktion (ÜKO) möglich war. Die sonst höheren Bau-, Unterhaltungsund Erhaltungskosten einer mehrschläuchigen ÜKO in Verbindung mit dem dazu notwendigen Wartungsgang im Widerlager konnten damit vermieden werden. 4 Von VOB zu ÖPP 4.1 Begrenzung der Haushaltsmittel Durch die damalige Begrenzung der verfügbaren Haushaltsmittel hat sich der Bund entschlossen, die VOB-Ausschreibungen auslaufen zu lassen und das verbleibende (überwiegende) Bausoll von 56 Brücken, 53 Lärmschutzwänden und fünf Stützwänden mittels Öffentlich-Privater-Partnerschaften (ÖPP) herzustellen.

4.2 Rechtsgrundlagen Die beiden Vertragsarten VOB und ÖPP sind in der Vergabeverordnung (VgV) enthalten und dort hinsichtlich ihrer rechtlichen Unterschiede gegenübergestellt. 5 ÖPP 5.1 Inhaltliche Voraussetzungen Gemäß VgV kann der öffentliche Auftraggeber Aufträge im Verhandlungsverfahren vergeben, wenn der Auftrag konzeptionelle oder innovative Lösungen umfasst und/oder eine zusätzliche Risikoübertragung stattfinden soll. 5.2 Konzeptionelle und innovative Lösung Im Zuge der Gesamtmaßnahme wurde als konzeptionelle und innovative Lösung der Betrieb und die Erhaltung für 30 Jahre an den Auftragnehmer übertragen. Darüber hinaus wurde zudem eine anteilige Finanzierung beauftragt. 5.3 Planfeststellung und Risikoübertragung Generell wird dem Auftragnehmer im ÖPP-Projekt die vertragliche Aufgabe gestellt, im Neubaubereich die Planfeststellung umzusetzen. Dazu werden zusätzliche Risiken übertragen, insbesondere das Baugrund- und das Massenrisiko.


SYMPOSIUM

7 Begriff »Referenzplan«: Auszug aus der Angebotsaufforderung (Teil Bewerbungsbedingungen) © Autobahndirektion Südbayern

5.4 Entscheidungsfreiheit: Bauart und Bauweise Zum Ausgleich der übertragenen Risiken soll bei ÖPP dem Auftragnehmer im Rahmen des Vertragsabschlusses eine größere Entscheidungsfreiheit hinsichtlich der Bauart und der Bauweise der Bauwerke zugestanden werden. Dies führt zur Relativierung der Ausschreibungsplanung des Auftraggebers. 6 Plan und ÖPP-Referenzplan 6.1 Benennung in VGU Die Begrifflichkeit des Referenzplans muss zunächst in einer Vergabeunterlage (VGU) aufgeführt sein und dort definiert werden. Im vorliegenden Fall ist dies in der Angebotsaufforderung im Teil Bewerbungsbedingungen erfolgt.

6.2 Konkrete Benennung im Plan Darüber hinaus muss der Bauwerksplan des Auftraggebers im Schriftfeld zum einen als Referenzplan bezeichnet werden. Zum anderen ist dort das Bauwerk mit konkreter Namensbenennung anzugeben. Im Weiteren wird dies am Beispiel K 47/2, Brücke über den Weidenbacher Bach, ausgeführt.

8 Schriftfeld im Referenzplan für Bauwerk K 47/2: Brücke über den Weidenbacher Bach © Autobahndirektion Südbayern

7 Bedeutung und Wegfall des Referenzplans 7.1 Bedeutung des Referenzplans Der Auftraggeber liefert im ÖPP-Vergabeverfahren zur Erläuterung seiner Vorstellungen, insbesondere auch hinsichtlich der Gestaltung, für jedes Bauwerk eine Plandarstellung. Zur Gewährleistung der Entscheidungsfreiheit des Bieters wird dieser Referenzplan im ÖPP-Projektvertrag jedoch nicht vorab verbindlich vereinbart. Der Plan hat daher im Rahmen des Verhandlungsverfahrens zunächst nur die Bedeutung einer Mustervorlage bzw. einer Empfehlung. Es steht dem Bieter frei, den Referenzplan vollständig oder teilweise anzubieten oder einen eigenen Plan zu erstellen. 7.2 Eigener Plan des Bieters Falls ein Bieter den Referenzplan nicht in sein Angebot übernimmt, hat er einen eigenen Plan vorzulegen.

Maßgebend für dessen Erstellung sind die Festlegungen des Bausolls in den übrigen Vergabeunterlagen. Für den Auftraggeber stellt sich damit die Aufgabe, die essentiellen Eckdaten des Bauwerks aus dem Referenzplan zu extrahieren und so zusammenzufassen, dass dem Bieter die Möglichkeit gegeben wird, die übertragene Entscheidungsfreiheit hinsichtlich Bauart und Bauweise des Bauwerks entsprechend wahrzunehmen. 8 Grundlage Bausoll für Wegfall des Referenzplans 8.1 Planfeststellung Grundlage des ÖPP-Vertrags ist die ursprüngliche Planfeststellung. Darin sind jedoch hinsichtlich der Bauwerke nur wenige Grunddaten aus der Vorplanung, das Ingenieurbauwerk betreffend, enthalten. Für das Beispiel K 47/2 war dabei ein überschüttetes Gewölbe mit einer Stützweite von 45 m zur Überbrückung des Bachlaufes vorgesehen. Die Gradiente verläuft dabei bis zu 15 m über Gelände.

9 10 Brücke über den Weidenbacher Bach: Lage- und Höhenplan des Gewölbes gemäß ursprünglicher Planfeststellung © Autobahndirektion Südbayern

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8.2 Änderung Planfeststellung Nach Schaffung des Baurechts ergeben sich in der Regel zusätzliche detaillierte Erkenntnisse im Rahmen der Ausschreibungs- bzw. Referenzplanung. Besonders ausgeprägt sind die Änderungen für das Beispiel K 47/2 ausgefallen. Aus der vertieften Baugrunduntersuchung nach Schaffung des Baurechts und entsprechend verbesserter Zugänglichkeit des Geländes haben sich neue Erkenntnisse hinsichtlich der Tragfähigkeit des Untergrundes ergeben. Im konkreten Fall hat sich für die im Anschluss an die Brücke geplante hohe Dammschüttung der anstehende Talgrund als nicht ausreichend tragfähig erwiesen, so dass dessen Überspannung in Form einer Brückenverlängerung erforderlich wurde. Im Ergebnis wurde die Entwicklung einer nicht überschütteten Dreifeldbrücke in die Wege geleitet. Das dazu notwendige Baurecht wurde vom Auftraggeber im Rahmen eines Planänderungsverfahrens nachträglich erwirkt. 8.3 Referenzplan Zur Minimierung der Bauwerkslasten und deren Abtragung in den Untergrund ist nun ein Dreifeldbauwerk mit möglichst kurzen Stützweiten vorgesehen. Der Weidenbach wird dabei in der Talsohle im westlichen Randfeld München unterführt, dessen Stützweite ergibt sich unter Berücksichtigung der Böschung vor dem hochgesetzten Widerlager und der bachbegleitenden Bermen für die Fauna zu 30 m. Das Hauptfeld erhält eine Stützweite von 33 m, das östliche Randfeld Mühldorf eine Stützweite von 30 m.

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Die geänderte Gesamtstützweite ergibt sich damit zu 93 m. Als wirtschaftliche Bauform hat sich für den Auftraggeber die Herstellung eines zweistegigen Spannbetonplattenbalkens in Ortbetonausführung angeboten, die Herstellung kann auf Traggerüst erfolgen. Wie in der Brückenplanung üblich, hat der Auftraggeber Varianten zum Auffinden der letztlich umzusetzenden Vorzugslösung untersucht. Eine parallelgurtige Überbauvariante würde wegen der geometrisch ungünstigen Feldeinteilung (Randfelder beinahe ebenso groß wie das Hauptfeld) eine verhältnismäßig große Überbauhöhe von 2,00 m (Schlankheit 1/15 der in diesem Fall maßgebenden Randfelder) erfordern. Dieser konstant hohe Überbau würde gestalterisch im Verhältnis zum flachen Tal zu mächtig wirken, weshalb die entsprechende Variante nicht weiterverfolgt wurde.

12 Bauwerk K 47/2: Referenzplan mit gevouteter Dreifeldbrücke © Autobahndirektion Südbayern

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11 Lageplan des Bauwerks K 47/2: Änderung der Planfeststellung in Dreifeldbrücke © Autobahndirektion Südbayern

Das Bauverfahren »Spannbetonplattenbalken auf Traggerüst« würde dem Grunde nach durch Einspannung der Pfeiler in den Überbau auch die Herstellung eines semiintegralen Bauwerks ermöglichen. Im vorliegenden Fall besteht jedoch wegen des schlechten Baugrunds die Gefahr größerer Differenzsetzungen. Die semiintegrale Variante wurde daher ausgeschieden. Vielmehr wurde der gelagerte und gevoutete Spannbetonplattenbalken zur Betonung der Überbauschlankheit favorisiert. Die Konstruktionshöhe ergibt sich im Hauptfeld über den beiden Pfeilern zu 2,10 m (Schlankheit 1/16) und in Feldmitte zu 1,50 m (Schlankheit 1/22). Die Gründung erfolgt über Großbohrpfähle. Die Stützung der Überbauten soll nach Anforderung der Landschaftsplanung für eine optimale Durchgängigkeit auch quer zum Talverlauf mittels Doppelpfeiler ausgeführt werden.


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13 Tabelle 1 aus »Besondere Leistungsbeschreibung Bau« mit Gegenüberstellung von Planfeststellung und Referenzplan © Autobahndirektion Südbayern

9 Bausoll bei Wegfall des Referenzplans 9.1 Tabelle 1 Maßgebend für den Brückenstandort sind der Bau-km und die Widerlagerstandorte. Um diese Ergebnisse der Entwurfs- bzw. Referenzplanungsphase als verbindliche Vorgabe in den ÖPP-Vertrag einfließen zu lassen, ist in einer eigenen Vertragsunterlage, der »Besonderen Leistungsbeschreibung Bau«, im Rahmen einer ersten Tabelle eine entsprechende Gegenüberstellung zwischen den Planfeststellungsdaten und den neuen Referenzdaten durch den Auftraggeber aufzuführen. Im vorliegenden Beispiel K 47/2 wurde durch die Brückenverlängerung eine Konkretisierung des Bau-km, des statischen Systems von der Bogenbrücke in den Durchlaufträger, der lichten Weite zwischen den Widerlagern und der zu gewährleistenden lichten Höhe erforderlich. Für jede der 56 ÖPP-Brücken ist eine eigene Tabelle 1 in den Vergabeunterlagen enthalten. 9.2 Tabelle 2 Für das gefällige Erscheinungsbild einer Talbrücke ist eine Ausgewogenheit im Rhythmus der Gliederungen wichtig. [1] Insbesondere ist ein harmonisches Verhältnis zwischen den Stützweiten des Überbaus und den Talabmessungen zu finden. Eine maßvolle Abstufung der Feldweiten hin zu den Widerlagern bewirkt ein ruhiges Gesamtbild. Die Anzahl der gewählten Felder sowie deren Einzelstützweiten sind daher in einer zweiten Tabelle in der Besonderen Leistungsbeschreibung Bau definiert.

14 Tabelle 2 zum Erscheinungsbild der Brücke aus der »Besonderen Leistungsbeschreibung Bau« © Autobahndirektion Südbayern

Hier sind zusätzliche wichtige Brückendaten aufgeführt, die in den Planfeststellungsunterlagen nicht enthalten sind. Insbesondere wird auch der Querschnitt vorgegeben, um die Herstellung eines robusten Bauwerks sicherzustellen. Es handelt sich um Angaben zur Brückenlänge, zum statischen System, zur Konstruktionshöhe, zu Querschnittsbreiten der Fahrbahnen und der Kappen sowie gegebenenfalls zu konkreten Anforderungen an die Brückenausstattung wie lärmgeminderte Übergangskonstruktionen. Für jede der 56 ÖPP-Brücken ist eine eigene Tabelle 2 erstellt worden.

9.3 Qualitätssicherung Für alle Brücken anzuwendende qualitätsbestimmende Merkmale und Regelungen wie die Mindestdicken einzelner Bauteile sind in einer weiteren Vertragsunterlage zusammengefasst: dem »Pflichtenheft Ingenieurbau, Teil Brücken«. Falls ein Bieter im Angebot einen eigenen Plan vorlegt, hat dieser die enthaltenen Kriterien zu erfüllen. 9.4 Bauart Der Auftragnehmer hat im Rahmen des Vergabeverfahrens für sämtliche Bauwerke den Referenzvorschlag angeboten. Für K 47/2 wäre als alternative Bauart eine Stahlverbundlösung in Frage gekommen. Mit dem Referenzplan wurde jedoch der Spannbetonvorschlag vertraglich vereinbart.

15 Pflichtenheft Ingenieurbau für den Teil Brücken © Autobahndirektion Südbayern

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SYMPOSIUM 9.5 Bauverfahren und Baufortschritt Als Bauverfahren setzt der Auftragnehmer die vom Auftraggeber ursprünglich überlegte Herstellung auf Traggerüst um. Die Errichtung ist aufgrund des frühen Baubeginns im Jahr 2016 aktuell im Herbst 2017 bereits weit fortgeschritten. 10 Erscheinungsbild der Talbrücken: Isentalbrücke Am Beispiel der Isentalbrücke soll der Gestaltungsentwurf für die Talbrücken erläutert werden. Der flache Talraum der Isen wird mit einer 594 m langen Talbrücke überbrückt. Die lichte Höhe unter dem Bauwerk beträgt nur bis zu 10 m. Mit der Anordnung von 14 abgestuften Feldern wird ein harmonisches Erscheinungsbild erreicht.

17 Brücke über das Isental gemäß Referenzplan © Autobahndirektion Südbayern

Ausgangspunkt der Brückengliederung ist das mit einer Stützweite von 60 m planfestgestellte Hauptfeld. Zur Minimierung der Konstruktionshöhe im Vorland auf 2,50 m erhalten die beiden Nachbarfelder eine Stützweite von jeweils 50 m, bis zu den Widerlagern werden die Stützweiten dann weiter von 45 m bis auf 35 m bzw. 33 m im jeweiligen Randfeld reduziert. Zur Überbrückung des Hauptfeldes ist eine starke Voutung des Überbaus mit einer Konstruktionshöhe von 4,00 m über den Pfeilern und 2,75 m in Feldmitte erforderlich. Zur Umsetzung der geringen Überbauhöhe von 2,50 m im Vorland ist ein offener Querschnitt in Form eines zweistegigen Plattenbalkens erforderlich, ein Spannbetonhohlkasten scheidet wegen seiner größeren Überbauhöhe aus. Zur Stützung des zweistegigen Plattenbalkens wurde Rundstützen der Vorzug vor Pfeilerscheiben gegeben. Im FFH-Gebiet ist ein baulicher Eingriff nur in Form einer schmalen Baustraße mit Querung der Isen mittels Behelfsbrücke zugelassen. Hinsichtlich des Bauverfahrens scheidet hier die Herstellung auf Traggerüst zur Minimierung des Eingriffs aus. Ein Freivorbau des Hauptfeldes kommt wegen der dafür zu geringen Bauhöhe des Plattenbalkens nicht in Frage. Auch Taktschieben kann wegen des dazu erforderlichen Hohlkastens mit größerer Konstruktionshöhe nicht zur Anwendung kommen. Der Auftragnehmer setzt nun im Ergebnis die vom Auftraggeber ursprünglich überlegte Herstellung mittels Vorschubrüstung um.

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16 Bauwerk K 47/2: Herstellung der Spannbetonbrücke auf Traggerüst © Autobahndirektion Südbayern

11 Gestaltung der Lärmschutzwände 11.1 Planfeststellung für K 47/2 Die Grunddaten der Lärmschutzwände sind analog zur Brücke in der ursprünglichen Planfeststellung enthalten. 11.2 Änderung der Planfeststellung für K 47/2 In der geänderten Planfeststellung wurden die Grunddaten der Lärmschutzwände unter Berücksichtigung der neuen Dreifeldbrücke angepasst.

11.3 Gestaltung im Referenzplan über K 20/2 und K 47/2 Eine besondere Herausforderung an die Gestaltung stellen die Lärmschutzwände des ÖPP-Projekts dar. Dies liegt sowohl in der sehr hohen Anzahl von 53 Wänden begründet als auch erschwerend in deren sehr starker geometrischer Vielfalt.

18 Brücke über das Isental: Haupt- und Nachbarfelder gemäß Referenzplan © Autobahndirektion Südbayern

19 Herstellung der Brücke über das Isental im FFH-Gebiet Isen mittels Vorschubrüstung © Autobahndirektion Südbayern


SYMPOSIUM

Hinsichtlich der Maximalhöhe ist einerseits für niedrige und andererseits für hohe Wände eine gemeinsame Lösung zu finden. Zudem soll die Materialkombination aus transparenten Scheiben und wellenförmig angeordneten und durchgefärbten Absorberelementen höhenmäßige Akzente setzen.

20 Lärmschutzwand über A-8-Talbrücke Bergen © Autobahndirektion Südbayern

21 Referenzplan für K 47/2: hohe Lärmschutzwand und damit lange Absenkung © Autobahndirektion Südbayern

Zu Beginn des Entwurfs hat sich ergeben, dass die Gestaltungsvorlage der Welle nicht einfach übertragbar ist. Eine Reihe von Lärm- bzw. Irritationsschutzwänden endet im Anschluss an die Brücken. Hier ist das stetige Auslaufen mittels Absenkung in einer Neigung von 1:8 zur Vermeidung des Lärmschlags zu berücksichtigen. Im Fall einer hohen Wand wäre die Welle analog zur Talbrücke Bergen umsetzbar. Bei niedrigen Lärm- bzw. Irritationsschutzwänden ergibt sich dagegen die Schwierigkeit, dass die Form der Welle letztlich geometrisch nicht dargestellt werden kann. Zum Teil dienen die Lärmschutzwände auf den Brücken wiederum als Lückenschluss zwischen den Lärmschutzwällen entlang der Strecke, hier ist über das Querschott ein abruptes Ende der hohen Wand zu berücksichtigen. Aus diesem Grund wurde für den ÖPPAbschnitt Pastetten–Dorfen–Heldenstein eine Lösung mit einzelnen getrennten Bögen entwickelt. Diese Gestaltung wird im Vergleich zur Welle eine etwas schärfere Kontur aufweisen. Für ein harmonisches Erscheinungsbild wird der Pfostenabstand von 2 m auf der Brücke bis zum Ende der Wand weitergeführt.

22 Referenzplan für K 20/2: niedrige Irritationsschutzwand und damit kurze Absenkung © Autobahndirektion Südbayern

23 Referenzplan für K 47/2: hohe Lärmschutzwand mit Querschotteinbindung in Wall © Autobahndirektion Südbayern

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SYMPOSIUM

25 Textteil aus dem »Pflichtenheft Lärmschutzwände« © Autobahndirektion Südbayern

24 Lärmschutzwände über Brücke K 47/2: Tabelle aus der »Besonderen Leistungsbeschreibung Bau« © Autobahndirektion Südbayern

12 Lärmschutzwände bei Wegfall Referenzplan 12.1 Bausoll: Tabelle Wie bei den Brücken ist für jede Lärmschutzwand eine Tabelle zu erstellen, in der zunächst die Daten aus der ursprünglichen Planfeststellung als Grundlage des ÖPP-Vertrags aufgeführt sind. Zum einen sind hier jedoch hinsichtlich der Ausgestaltung der Lärmschutzwände nur wenige Informationen aus der Vorplanung enthalten. Darüber hinaus haben sich nach Schaffung des Baurechts insbesondere zusätzliche detaillierte Erkenntnisse im Rahmen der Referenzplanung bei den Brücken oder im Bereich des Erdbaus ergeben. Fixpunkt für die Wandkonstruktion ist die jeweilige Brückensituation. Hier ist grundsätzlich ein Pfostenabstand von 2 m herzustellen. In Ausnahmefällen kann ein kleineres Passfeld erforderlich werden, wenn der Übergang von der Brückenkappe auf die Strecke nicht in die 2-mTaktung eingebunden werden kann oder wenn auf der Brücke auf die ÜKO Rücksicht genommen werden muss. Im weiteren Verlauf sind bis zum jeweiligen Wandende die 2-m-Felder anzuordnen. Maßgebend wird dabei entweder die Absenkungslänge 1:8 oder der Lückenschluss zwischen den angrenzenden Lärmschutzwällen. Die Übersetzung der Gestaltungsform in Verbindung mit der Materialkombination aus transparenten Scheiben und durchgefärbten Absorberelementen sowie die Anordnung der Türelemente und zusätzlich die Unterscheidung in Wand- und Querschottbereich ergibt in der Tabelle eine komplexe Abfolge unterschiedlichster Bereiche.

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26 Anlage Ausführungsdetails im »Pflichtenheft Lärmschutzwände« © Autobahndirektion Südbayern

Die örtliche Zuordnung der Wandbereiche erfolgt über die Angabe des Bau-km, wobei hier auf ganze Meter aufgerundet und dabei die 2-m-Taktung berücksichtigt wurde. Die Tabelle ist analog zu den Brücken in der »Besonderen Leistungsbeschreibung Bau« enthalten. Für jede der 53 Lärmschutzwände wurde eine eigene Tabelle erstellt. 12.2 Bausoll: Qualitätssicherung Material Für alle Lärmschutzwände anzuwendende qualitätsbestimmende Merkmale und Regelungen, wie zum Beispiel der notwendige Vogelschlagschutz für die transparenten Scheiben, sind in einer weiteren Vertragsunterlage zusammengefasst. Dies ist das »Pflichtenheft Lärmschutzwände – Textteil«.

12.3 Bausoll: Qualitätssicherung Gestaltung Um eine gestalterische Harmonie sowohl für die A-94-Nutzer als auch für die Anlieger zu erreichen, sind im »Pflichtenheft Lärmschutzwände – Anhang« Ausführungsdetails dargestellt. So ist unter anderem zur Gewährleistung eines ruhigen Gesamtbildes vorgegeben, die Oberkante der Wandsockel ohne Höhensprung und parallel zur Gradiente herzustellen. Die beidseits sichtbare Sockelhöhe ist dabei auf den Kappen auf maximal 20 cm und außerhalb der Brücken auf 40 cm beschränkt. Die Betonwandelemente erhalten beidseitig Absorberschalen, auf der Fahrbahnseite in gestalteter Form zur Schallabsorption und auf der Anliegerseite spiegelbildlich für ein gefälliges Erscheinungsbild. Bei Ausführung der Lärmschutzwand mit Stützfunktion ist die anliegerseitige Absorberschale entsprechend nach unten zu verlängern.

27 Anlage Ausführungsdetails im »Pflichtenheft Lärmschutzwände« © Autobahndirektion Südbayern


Wirtschaftlich und nachhaltig.

SYMPOSIUM

Korrosion impossible

28 Lärmschutzwand mit Stützfunktion im Anschluss an die Brücke K 27/1: Fahrbahnseite © Autobahndirektion Südbayern

Straßenbrücken sind jetzt feuerverzinkbar

29 Lärmschutzwand mit Stützfunktion im Anschluss an die Brücke K 27/1: Anliegerseite © Autobahndirektion Südbayern

13 Lärmschutzwand mit Stützfunktion Im Anschluss an das Widerlager Heldenstein der Brücke K 27/1 erfüllt die nördliche Lärmschutzwand zusätzlich die Funktion einer Stützwand. Um den Erdbau vorantreiben zu können, wurde dieser Wandabschnitt im Stützbereich vorab hergestellt. Das Gestaltungskonzept des Bogens ist auf der Fahrbahnseite nun im Ansatz und auf der Anliegerseite bereits deutlich erkennbar. 14 Fazit Große Straßenbauprojekte erfordern einen zum Teil jahrzehntelangen Planungs- und Genehmigungsvorlauf. Im Zuge dessen werden die Ingenieurbauwerke auf die topographischen, naturschutzfachlichen und siedlungstechnischen Anforderungen zugeschnitten, um eine bestmögliche Einbindung in Natur und Landschaft zu leisten. Dabei bringt sich der Bund als Straßenbaulastträger intensiv in die Gestaltungsfindung mit ein, so dass über den Bauwerksplan zur Ausschreibung ein klar definiertes Bausoll vorliegt.

Dieses Bausoll muss zusätzlich aufwändig in neue Vergabeunterlagen übersetzt werden. Dabei sind einerseits Spielräume für den Bieter zu ermöglichen und andererseits die wesentlichen Vorstellungen des Auftraggebers so zu fixieren, dass sie auch realisiert werden. Beim vorliegenden V-Modell wurde ausnahmslos die Referenzplanung des Auftraggebers angeboten, so dass zumindest der Aufwand einer Prüfung und Bewertung neuer Pläne entfallen konnte. Der verbleibende Mehraufwand für die Übersetzung des Bausolls hat sich damit im Nachhinein als entbehrlich erwiesen. Autor: Baudirektor Dipl.-Ing. (Univ.) Markus Nestler Autobahndirektion Südbayern, München

Literatur [1] Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, Abteilung Straßenbau, Straßenverkehr (Hrsg.): Pfeilergestaltung von Talbrücken. Bonn, 2000.

Stahl- und Verbundbrücken dürfen seit kurzem auch in Deutschland feuerverzinkt werden. Wissenschaftliche Untersuchungen ergaben nämlich, dass die Feuer verzinkung auch für den Einsatz an zyklisch belasteten Brückenbauteilen geeignet ist und eine Korrosionsschutzdauer von 100 Jahren ohne Wartung erreicht. Zudem ist Feuerverzinken bereits bei den Erstkosten günstiger. Mehr unter www.feuerverzinken.com/ bruecken

INSTITUT FEUERVERZINKEN 5 . 2017 | BRÜCKENBAU

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SYMPOSIUM Der ÖPP-Abschnitt von Pastetten bis Heldenstein

Naturschutzmaßnahmen beim A-94-Neubau von Roland Schaub

Der aktuell in Bau befindliche Neubauabschnitt der A 94 in den Landkreisen Erding und Mühldorf kann auf eine lange Planungshistorie zurückblicken, wobei die Fortentwicklung des Umwelt- und Naturschutzrechts während dieser Zeit sukzessive zu weiteren, in der Genehmigungsplanung zu berücksichtigenden Anforderungen geführt hat, die auch im Rahmen der gerichtlichen Auseinandersetzungen zugrunde gelegt wurden. Es musste daher stets auf höchstem naturschutzfachlichem Standard gearbeitet werden, was die nachfolgenden Ausführungen konkretisieren. 1 Planungsgeschichte Der aktuell in Bau befindliche Neubauabschnitt der A 94 in den Landkreisen Erding und Mühldorf kann auf eine lange Planungshistorie zurückblicken. Erste Überlegungen zur Realisierung einer Fernverkehrsverbindung zwischen München und Passau gehen auf die 1970er Jahre zurück. Für den Bau der A 94 im Abschnitt München–Ampfing wurde 1977 das Raumordnungsverfahren eingeleitet. Konkretisiert wurden die Planungen in einem großräumigen Trassenvergleich für die raumordnerische Beurteilung in den 1980er und 90er Jahren. Dabei standen sich im Wesentlichen zwei Verbindungen, nämlich über Dorfen und alternativ über Haag in Oberbayern, gegenüber. Die jetzt als ÖPP-Modell in Realisierung befindliche »Trasse Dorfen« bedeutet zwischen den Anschlussstellen Hohenlinden (B 12) und Heldenstein einen klassischen Neubau, während sich die »Trasse Haag« weitgehend an den Verlauf der vorhandenen Bundesstraße 12 angelehnt hätte. Um diese beiden Alternativen entwickelte sich ein langanhaltender Dissens zwischen der Straßenbauverwaltung einerseits sowie privaten Grundbetroffenen, Gemeinden und Naturschutzverbänden andererseits.

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Die Fortentwicklung des Umwelt- und Naturschutzrechts hat während der gesamten Planungsdauer seit Anfang der 1990er Jahre sukzessive zu weiteren, in der Genehmigungsplanung zu berücksichtigenden Anforderungen an die technische ebenso wie an die Umweltfachplanung geführt. Genannt seien hier insbesondere folgende Meilensteine des Umwelt- und Naturschutzrechts, auf die während des Planungsprozesses zu reagieren war: – 1990 Umsetzung der UVP-Richtlinie 85/337/ EWG in deutsches Recht, verbunden mit der Einführung einer UVP-Pflicht unter anderem für bestimmte Infrastrukturvorhaben (laut UVP-Gesetz, Anlage 1) – 1992 Erlass der Richtlinie 92/43/EWG zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (FFH-Richtlinie) im Rahmen des vierten Umweltaktionsprogramms der Europäischen Gemeinschaft (EG) – 1996–2004 Bayerische Meldung von Gebietsvorschlägen für das Europäische Netz »Natura 2000« (FFH- und Vogelschutzgebiete; verschiedene Meldetranchen) – 2002 Novellierung des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) – 2007 »Kleine Artenschutznovelle« im BNatSchG aufgrund nicht europarechtskonformer Umsetzung des Artenschutzrechts aus Europäischen Richtlinien – 2010 Erneute Novellierung des Bundesnaturschutzgesetzes, aufgrund der Föderalismusreform erstmals als unmittelbar geltendes Bundesrecht (vorher: Rahmenrecht des Bundes)

Die umwelt- und naturschutzrechtlichen Anforderungen wirkten bis in die gerichtlichen Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof hinein (2007– 2012). Um die Planung auch in den Augen des Gerichts überzeugend vertreten zu können, musste daher auf höchstem naturschutzfachlichem Standard gearbeitet werden. Dies ist durch Unterstützung namhafter Landschaftsplanungsbüros und bundesweit renommierter Gutachter auch gelungen. Maßstab waren hier nicht weniger als »die besten verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse«, so dass zuweilen »mit Hosenträger und Gürtel« gearbeitet werden musste. 2 Schwerpunkte der Umweltfachplanung Mit Blick auf die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege waren die folgenden fachrechtlichen Randbedingungen bei Planung und Bau der A 94 maßgeblich: – Meldung des Gebiets »Isental mit Nebenbächen« als Vorschlag für das Europäische Netz »Natura 2000« (flächenhaftes FFH-Gebiet, Gesamtgröße ca. 770 ha), – Meldung des Gebiets »Mausohrkolonien im Unterbayerischen Hügelland« als Vorschlag für das Europäische Netz »Natura 2000« (punktuelles FFH-Gebiet mit sieben Wochenstubenquartieren vor allem in Südostoberbayern), – Vorkommen verschiedener, streng geschützter Tierarten gemäß Anhang IV der FFH-Richtlinie und Anhang 1 der EG-Vogelschutzrichtlinie (Beispiele: Bachmuschel, Grauspecht, Schwarzstorch, verschiedene Fledermausarten etc.).


SYMPOSIUM

Diese FFH-Gebietsvorschläge sind inzwischen durch Aufnahme in die EG-Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung und die Bayerische Natura-2000Verordnung rechtsverbindlich geschützt. Bezogen auf den Erhaltungszustand maßgeblicher Gebietsbestandteile gilt damit ein generelles Verschlechterungsverbot. Überdies sind Pläne und Projekte vor ihrer Zulassung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen für das jeweilige FFHGebiet zu prüfen (§ 34 BNatSchG). Der bisherige nationale Schutzstatus besteht außerdem fort (hier: Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet »Isental und südliche Quellbäche«). Der strenge Artenschutz für die oben genannten Arten nach Anhang IV der FFH-Richtlinie sowie Anhang 1 der EGVogelschutzrichtlinie gilt unmittelbar und unabhängig von der Ausweisung bestimmter Schutzgebiete, das heißt flächendeckend. Gleiches gilt für besonders geschützte Tier- und Pflanzenarten, was an dieser Stelle aber nicht vertieft werden soll. 3 »Naturschutz« beim Brückenbau Die genannten naturschutzrechtlichen Randbedingungen waren in hohem Maße ausschlaggebend für die Ausgestaltung der Planung und die Genehmigungsfähigkeit des gesamten Vorhabens. Im Folgenden soll mit besonderem Blick auf den Brückenbau dargestellt werden, in welcher Form die oben genannten Randbedingungen in den Phasen der Genehmigungsplanung sowie bei der Bauvorbereitung und schließlich beim Bau Berücksichtigung gefunden haben. Dabei standen insbesondere die fachrechtlichen Anforderungen des FFHSchutzregimes im Vordergrund. Die in diesem Zusammenhang zu berücksichtigenden Tierarten des Anhangs II der FFH-Richtlinie stellen in vielen Fällen gleichzeitig auch streng geschützte Arten nach Anhang IV der FFH-Richtlinie dar (Beispiel: Fledermäuse). Da sich aus dem europäischen Artenschutzrecht, bezogen auf den Brückenbau, nur in Einzelfällen über den FFH-Gebietsschutz hinausgehende Anforderungen ergeben haben, werden die Anforderungen des Artenschutzrechts, die beim Bau der Isentalautobahn zu beachten waren, insoweit beispielhaft im Zusammenhang mit dem FFH-Gebietsschutz dargestellt.

4 Genehmigungsplanung 4.1 FFH-Gebiet »Isental mit Nebenbächen« Die »Trasse Dorfen«, das heute in Realisierung befindliche ÖPP-Projekt, quert das FFH-Gebiet »Isental mit Nebenbächen« an vier Stellen. Dabei handelt es sich um die Isen bei Lengdorf sowie die der Isen zufließenden Nebengewässer Lappach, Goldach und Rimbach. In der FFH-Verträglichkeitsprüfung für den Bau der A 94 waren für den Brückenbau insbesondere die folgenden Lebensraumtypen und Arten als maßgebliche Gebietsbestandteile zu berücksichtigen: – Erlen-Eschen-Auenwälder (prioritärer Lebensraumtyp *91E0), – feuchte Hochstaudenfluren der planaren und montanen bis alpinen Stufe (Lebensraumtyp 6430), – Flüsse der planaren bis montanen Stufe (Lebensraumtyp 3260), – Bachmuschel, – Mühlkoppe sowie – Pirol als charakteristische Vogelart der Auwälder. Maßstab für die FFH-Verträglichkeitsprüfung waren die Standarddatenbögen für das FFH-Gebiet und die gebietsspezifischen Erhaltungsziele, die für die oben genannten Lebensraumtypen und Arten vorgegeben bzw. aus den Standarddatenbögen abzuleiten waren. Für die Genehmigungsplanung stand dabei im Vordergrund, die Beeinträchtigungen und Verluste dieser Gebietsbestandteile so gering wie möglich, jedenfalls auf einem unerheblichen Niveau, zu halten. Andernfalls hätte das Vorhaben

lediglich im Wege einer Ausnahmeprüfung nach § 34 Abs. 3 BNatSchG zugelassen werden können. Dies hätte nicht nur eine (erneute) Alternativenprüfung erforderlich gemacht. Erschwerend kam hinzu, dass die ausnahmsweise Zulassung im Fall der Betroffenheit prioritärer Lebensraumtypen (hier: Auwald) im vorliegenden Fall erst nach Beteiligung und Stellungnahme der EG-Kommission möglich gewesen wäre (§ 34 Abs. 4 Satz 2 BNatSchG). Da die Planung der A 94 in den Abschnitten Pastetten–Dorfen und Dorfen–Heldenstein unvermeidbar zu den oben genannten FFH-relevanten Fließgewässerquerungen führte, lag ein besonderes Augenmerk auf der Planung und Gestaltung der Brückenbauwerke. Dabei wurde zunächst im Rahmen eines kleinräumigen Variantenvergleichs im Bereich der Querung von FFH-Gewässern die Lage der Brückenbauwerke insoweit optimiert, dass dadurch so wenig Fläche der oben angeführten Lebensraumtypen wie möglich in Anspruch genommen werden musste. Beispielsweise konnte das aktuell in Bau befindliche Bauwerk über die Isen bei Lengdorf so situiert werden, dass dadurch nur ein kleinflächig ausgeprägter Auwaldrest randlich beeinträchtigt wurde (Bild 1). Im Fall der Lappachquerung ließ sich für die Lage des Querungsbauwerks ein Bereich nutzen, in dem der vorhandene Auwald durch die Querung einer Freileitung bereits beeinträchtigt war.

1 Isenbrücke (K 24/1) mit angrenzenden Auwaldresten © Autobahndirektion Südbayern

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SYMPOSIUM Im Zuge der weiteren Planung waren bau-, anlage- und betriebsbedingte Auswirkungen auf die FFH-Lebensraumtypen und Arten zu prüfen und im Hinblick auf ihre mögliche Beeinträchtigung entsprechender Erhaltungsziele zu bewerten. Hinsichtlich der Brückenbauwerke über die FFH-Fließgewässer stellte sich dabei zunächst die Frage, inwieweit baubedingte, über das eigentliche Bauwerk hinaus gehende Flächeninanspruchnahmen im Bereich der FFH-relevanten Lebensraumtypen durch eine Reduzierung des Baufelds, durch Vor-Kopf-Bauweise bzw. Taktschiebeverfahren, zu vermeiden waren. Dies war insofern von Bedeutung, als die zum Zeitpunkt des Genehmigungsverfahrens maßgeblichen Bagatellgrenzen für die Beurteilung der Verträglichkeit von Projekten mit den Erhaltungszielen zum Beispiel für den prioritären Lebensraumtyp Auwald bei nur 10 m² für einen dauerhaften Flächenverlust im gesamten FFHGebiet lagen. [1] Bei Überschreiten dieses Schwellenwerts wäre das Vorhaben unverträglich und (zunächst) unzulässig bzw. nur im Wege einer Ausnahmeprüfung mit Beteiligung der EG-Kommission genehmigungsfähig gewesen. Insbesondere zum Schutz der prioritären Auwälder wurde daher die Ausweisung von Arbeitstreifen im Rahmen der Genehmigungsplanung auf das unbedingt erforderliche Maß reduziert (Bild 2). Weiterhin waren umfangreiche Schutzvorkehrungen zur Vermeidung von bauzeitlichen Stoffeinträgen in die FFH-Fließgewässer und andere geschützte Lebensraumtypen zu treffen, siehe: Ausführungen zu Baustraßen (Bild 3).

3 Behelfsbrücke im Zuge der Baustraße im Isental mit Staubschutz © Autobahndirektion Südbayern

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2 Freivorbau der Lappachbrücke im Bereich schutzwürdiger Auwaldbestände © Autobahndirektion Südbayern

Hinsichtlich des Aspekts der anlagebedingten Auswirkungen auf das Fließgewässersystem im FFH-Gebiet waren vor allem die Bauwerksabmessungen maßgeblich. Aufgrund der Lage im Gelände bot sich bei den FFH-relevanten Fließgewässern eine Querung mit weitgespannten Talbrücken an. Aber auch die lichte Höhe der Bauwerke war von Bedeutung. Um die Belichtungsverhältnisse unter den Brücken und die funktionalen Beziehungen innerhalb des FFH-Gebiets, hier vor allem im Hinblick auf die Durchlässigkeit für Tiere und die Erhaltung des Funktionszusammenhangs FFH-relevanter Lebensraumtypen, so wenig wie möglich zu

beeinträchtigen, wurde die Gradiente der A 94 so weit angehoben, dass unter den geplanten Bauwerken vorhandene Lebensraumtypen weitestgehend erhalten bleiben konnten. Die Bauwerksabmessungen der FFHrelevanten Fließgewässerquerungen stellen sich wie folgt dar: – Isenbrücke (K 24/1): 585 m Länge, 11 m lichte Höhe (LHmax) – Lappachbrücke (K31/1): 275 m Länge, 15 m lichte Höhe (LHmax) – Goldachbrücke (K36/1): 420 m Länge, 17 m lichte Höhe (LHmax) – Rimbachbrücke (K41/2): 349 m Länge, 17 m lichte Höhe (LHmax) Aufgrund der vorgesehenen Abmessungen werden unter den Bauwerken künftig Belichtungs-, Boden- und Wasserverhältnisse bestehen bleiben, durch die der funktionale Zusammenhang der FFHLebensraumtypen, auch hinsichtlich der Durchlässigkeit für die betroffene Tierwelt, erhalten bleiben kann. Im Hinblick auf die Beurteilung der betriebsbedingten Auswirkungen waren vor allem folgende Aspekte in den Blick zu nehmen: – Vermeidung von Stoffeinträgen in die Fließgewässer und andere FFH-Lebensraumtypen sowie damit zusammenhängend – Schutz der Mühlkoppe und der Bachmuschelvorkommen im Gewässersystem der Isen, – Irritations- und Kollisionsschutz auf den Bauwerken für querende Fledermaus- und Vogelarten.


SYMPOSIUM

Was die Vermeidung von Stoffeinträgen anbetrifft, so war hier zwischen festen bzw. gelösten Stoffen wie Tausalz, Abrieb etc. sowie gasförmigen Emissionen aus dem Kfz-Verkehr zu unterscheiden. Wegen der besonderen Salzempfindlichkeit der Bachmuschel und des unvermeidbaren Anfalls von Tausalz im Zusammenhang mit dem Winterdienst lag hier der Fokus auf technisch-konstruktiven Maßnahmen zur weitestgehenden Minimierung direkter Salzeinträge in die Fließgewässer. Dies konnte einerseits durch die geplanten ≥ 2,50 m hohen Immissionsschutzwände auf den Bauwerken gewährleistet werden. Eine bedeutende Rolle spielt in dem Zusammenhang auch das vorgesehene Entwässerungskonzept, das trotz ungünstiger Bodenverhältnisse im gesamten Neubauabschnitt eine Sammlung des Fahrbahnwassers, dessen Vorreinigung in separaten Absetzbecken und anschließende Versickerung in großzügig auf das HQ100 dimensionierten Entwässerungsanlagen vorsieht (Bild 4).

4 Planausschnitt (Auszug FFH-VP): Goldachbrücke mit Baustraße, Behelfsbrücke und Entwässerungsanlagen © Autobahndirektion Südbayern/Dr. H.M. Schober Gesellschaft für Landschaftsarchitektur mbH

Die auf den Talbrücken vorgesehenen Immissionsschutzwände wirken sich außerdem günstig auf die räumliche Verteilung gasförmiger Einträge, Aerosole und in Sprühnebel oder Niederschlagswasser gelöster Stoffe aus. So hat die Berechnung betriebsbedingter Stickstoffeinträge an Immissionsorten in der nähe-

ren Umgebung ergeben, dass die Immissionsschutzwände auf den Bauwerken, ebenso wie die Gradientenlage der Trasse, dazu beitragen, dass es im Bereich FFH-relevanter Lebensraumtypen zu keiner Überschreitung sogenannter Critical Loads kommt. Gleichzeitig erfüllen die Immissionsschutzwände auf den Bauwerken eine Funktion als Überflughilfe und Irritationsschutz für die die Autobahn querenden Vogel- und Fledermausarten. Der untere Bereich der Immissionsschutzwände wird zudem im Bereich der FFH-Gebiete lichtbzw. blickdicht ausgebildet, wodurch die Lichtimmissionen durch den nächtlichen Verkehr erheblich reduziert werden können (Bild 5). Durch die gewählte Bauweise wird eine relativ gefahrlose Überquerung bzw. in Verbindung mit der lichten Höhe der Bauwerke über die FFH-Gewässer eine sichere Unterquerung der Autobahn ermöglicht. Transparente Immissionsschutzwände erhalten außerdem eine Markierung zur Minimierung des Vogelschlagrisikos.

5 Prinzipdarstellung (Auszug Pflichtenheft Ingenieurbau): Immissionsschutzwände auf Bauwerken © Autobahndirektion Südbayern

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SYMPOSIUM 4.2 Planänderungsverfahren für Baustraßen Im Zuge der Konkretisierung der Planung für das Vergabeverfahren bzw. bei Realisierung von Vorwegmaßnahmen durch den Vorhabenträger wurde deutlich, dass sich die bisherigen Überlegungen einer Abwicklung von Massentransporten ausschließlich über die neuzuerrichtenden Talbrücken und das nachgeordnete Straßennetz nicht aufrechterhalten ließen. Aus verschiedenen Gründen hätte dies zu erheblichen bauzeitlichen Verzögerungen und Belästigungen der Anwohner geführt, so dass im Bereich einzelner Gewässerquerungen für die Dauer der Bauzeit zusätzliche Baustraßen zu errichten waren. Für deren Realisierung waren Planänderungsverfahren erforderlich, die die bisherigen Planfeststellungsbeschlüsse ergänzten. Für diese Planänderungsverfahren waren in komprimierter Form die Auswirkungen der Baustraßen auf Natur und Landschaft, insbesondere auf die betroffenen FFHGebiete und Vorkommen geschützter Tierarten, erneut zu ermitteln und zu bewerten. Im Ergebnis waren diese Auswirkungen, weil nur vorübergehend, von geringem Umfang. Für die Baustraßen werden nahezu ausschließlich Flächen in Anspruch genommen, die auch nach bisheriger Planung bereits Bestandteil des Baufelds waren. Zusätzlich waren vor allem im Bereich der Querung von FFH-Fließgewässern umfangreiche Schutzvorkehrungen zur Vermeidung von Stoffeinträgen in die Umgebung und zur Erhaltung schutzwürdiger Uferbereiche vorzusehen (Beispiel:

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Bauwasserhaltungen mit Vorreinigung des auf der Baustelle anfallenden Niederschlagswassers sowie staubdichte Zäune auf den Behelfsbrücken). Nicht vermeidbare Beeinträchtigungen des Naturhaushalts waren zusätzlich auszugleichen. Die Baustraßen und die Behelfsbrücken werden nach Fertigstellung des Neubauabschnitts wieder vollständig zurückgebaut, die betroffenen Grundflächen rekultiviert bzw. renaturiert. Somit konnten zusätzliche erhebliche Beeinträchtigungen, insbesondere von geschützten Arten und den betroffenen FFH-Gebieten, durch die Planänderung vermieden werden. 4.3 FFH-Gebiet »Mausohrkolonien im unterbayerischen Hügelland« Das FFH-Gebiet »Mausohrkolonien im unterbayerischen Hügelland« wurde 2004 um die Mausohrkolonie Schwindkirchen im Rahmen der zweiten Meldetranche des Freistaats Bayern erweitert und an die EG-Kommission zur Aufnahme in die Liste von Gebieten mit gemeinschaftlicher Bedeutung nachgemeldet. Im Unterschied zur üblichen Meldepraxis handelt es sich hierbei nicht um ein flächenhaftes FFHGebiet, sondern um punktuelle Meldungen von verschiedenen Wochenstubenquartieren des Großen Mausohrs (Myotis myotis). Die Wochenstubenquartiere befinden sich durchwegs in öffentlichen Gebäuden, die hier relevante Teilpopulation hat ihre Wochenstube in der Kirche Mariae Himmelfahrt in Schwindkirchen. Das Große Mausohr ist, unabhängig von seiner Aufführung in Anhang II der FFH-

Richtlinie für den Gebietsschutz, zusätzlich in Anhang IV der FFH-Richtlinie gelistet und daher auch außerhalb der speziell für diese Art ausgewiesenen Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung streng geschützt. [2] Es steht zwar außer Frage, dass das Wochenstubenquartier der Bezugskolonie in der Kirche von Schwindkirchen nicht direkt vom Bau der A 94 betroffen ist. Aufgrund der Biologie des Großen Mausohrs und entsprechender Hinweise in den konkretisierten Erhaltungszielen [3] für das FFH-Gebiet lag jedoch der Schluss nahe, dass Flugrouten der Art zu ihren Jagd- und Nahrungshabitaten im Umkreis der Wochenstube von der A 94 unterbrochen werden könnten. Aus diesem Grund waren die möglichen Auswirkungen des Neubauabschnitts auf die Erhaltungsziele für dieses FFH-Gebiet in einer FFH-Verträglichkeitsprüfung zu untersuchen. Aufgrund des Artenschutzregimes nach § 44 BNatSchG war zudem eine artenschutzrechtliche Prüfung erforderlich. Ziel der Untersuchungen waren die Ermittlung und Bewertung von Beeinträchtigungen dieser streng geschützten Fledermausart auf ihren Flugrouten und in ihren Nahrungshabitaten durch den Bau der A 94, vorrangig im Abschnitt Dorfen–Heldenstein. Dabei war insbesondere aufzuklären, inwiefern aus dem Neubau negative Veränderungen auf die Population der Wochenstube Schwindkirchen und anderer damit in Austausch stehender Teilpopulationen desselben FFH-Gebiets zu befürchten wären.

6 Ergebnisse der Telemetrieuntersuchungen an Mausohren der Wochenstube Schwindkirchen (Auszug FFH-VP) © Autobahndirektion Südbayern/Dr. H.M. Schober Gesellschaft für Landschaftsarchitektur mbH

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SYMPOSIUM

7 Neuangelegte Bepflanzung als Leitlinien zu sicheren Querungshilfen: Bauwerke K 38/3 und K 38/3a © Narr Rist Türk Landschaftsarchitekten BDLA

Zur Ermittlung relevanter Flugrouten wurde daher ein repräsentativer Teil der Population in der Wochenstube Schwindkirchen besendert und deren Flugverhalten telemetriert. Die Analyse der Telemetrieuntersuchungen ergab ein recht heterogenes Bild. Jedenfalls folgte daraus, dass Flugrouten von der Wochenstube Schwindkirchen sowohl in Nahrungshabitate in nördlicher wie auch in südlicher Richtung ausgingen (Bild 6). Diese würden durch die südlich von Schwindkirchen verlaufende Trasse der A 94, aber auch durch jede andere im näheren Umfeld geprüfte Trassenvariante unterbrochen. Aufgrund dieser Erkenntnisse lag ein besonderer Schwerpunkt der Planung darin, die Neubautrasse so »durchlässig«

wie möglich zu gestalten. Darüber hinaus war das betriebsbedingte Kollisionsrisiko so weit wie möglich zu minimieren, dem die Tiere künftig beim Überfliegen der A 94 auf dem Weg in ihre Nahrungshabitate ausgesetzt wären. Vorrangiges Ziel war daher die Vermeidung bzw. weitestgehende Minimierung bau- und betriebsbedingter Beeinträchtigungen. Wie die nachfolgende Auswahl verdeutlicht, wurde zum Schutz der Mausohrpopulation in der Wochenstubenkolonie Schwindkirchen daher ein umfangreiches Programm technisch-konstruktiver sowie landschaftspflegerischer Maßnahmen vorgesehen. Die folgenden ausgewählten Beispiele beziehen sich auf den Sektor der Hauptflugrouten zwischen Bau-km 36+350 und 40+300 (ca. 4 km Baustrecke):

– Bauzeitbeschränkungen in den Dämmerungs- und Nachtstunden während der Wochenstubenzeit (jeweils vom 1. Mai bis zum 31. August für die Dauer der Bauzeit), – Verdichtung und Aufweitung vorgesehener Durchlässe und Brückenbauwerke im Bereich der Hauptflugrouten mit einer Mindesthöhe von LH ≥ 3,50 m, – Querung von Bachtälern durch weitgespannte Brückenbauwerke mit ausreichender lichter Höhe (Bauwerke K 36/1, K 39/1 und K 40/1), – Anlage zusätzlicher Querungshilfen (»Grünbalkone«) an der Überführung der Gemeindeverbindungsstraße Fanten–Bonesmühle (K 38/3 und K38/3a), – Optimierung von Durchflugsquerschnitten an den Bauwerken K 39/1 und K 40/1, – Anlage von Leitlinien zu den Querungshilfen durch Bepflanzung von Straßen- und Wegrändern etc., – Maßnahmen zum Irritations- bzw. Kollisionsschutz auf den Brückenbauwerken sowie auf den Autobahnböschungen im Bereich der Hauptflugrouten (Irritations- bzw. Kollisionsschutzwände von 4,00 m Höhe bzw. entsprechend dichte und hohe autobahnbegleitende Bepflanzung), – Anlage von optimierten Nahrungshabitaten im Goldachtal auf ca. 25 ha landwirtschaftlich genutzter Fläche (Ausgleichsmaßnahme).

8 Goldachbrücke mit nördlich gelegenen Entwässerungsanlagen und bauzeitlich ausgezäunten Nahrungshabitaten für das Große Mausohr © Autobahndirektion Südbayern

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Das Maßnahmenkonzept sieht somit ein dichtes Angebot geeigneter und sicherer Querungshilfen vor. Ohnehin erforderliche Bauwerke für die Über- oder Unterführung von Wirtschaftswegen, sonstigen Straßen oder Gewässern wurden daher so weit wie möglich in Lage und Höhe optimiert, so dass im relevanten Korridor mit den Hauptflugrouten der Fledermäuse mindestens alle ca. 500 m eine geeignete und sichere Querungsmöglichkeit besteht. Für eine bessere Akzeptanz der Querungshilfen ist die Anlage von auf diese Bauwerke gerichteten Bepflanzungen vorgesehen, die als Leitlinien für strukturgebunden fliegende Fledermäuse wirken (Bild 7). Die Autobahn erhält in dem relevanten Abschnitt außerdem eine dichte Bepflanzung, die als Überflughilfe für diejenigen Arten und Exemplare dient, die nicht strukturgebunden fliegen oder die vorgesehenen Querungshilfen nicht nutzen. Somit wird auch diesen Individuen ein relativ gefahrloses Überfliegen der Autobahn ermöglicht. Übergangsweise wird die Trasse in jenem Abschnitt mit 4,00 m hohen, engmaschigen Zäunen ausgestattet, die von Fledermäusen geortet und überflogen werden können. Damit wird der Zeitraum überbrückt, bis die Bepflanzung der Autobahnböschungen eine entsprechende Höhe erreicht hat und selbige Funktion übernehmen wird. Die Anlage optimierter Nahrungshabitate im Goldachtal zwischen Schwindkirchen und der Goldachbrücke dient dazu, der betroffenen Fledermauspopulation einerseits hochwertige Nahrungshabitate »diesseits« der Autobahn zu schaffen (Bild 8). Außerdem sollen die Tiere durch das attraktive Nahrungsangebot auf den Ausgleichsflächen auf die wegen ihrer Abmessungen sichere Querungsmöglichkeit im Bereich der Goldachbrücke zugeleitet werden. Zur Sicherstellung des Erfolgs der Maßnahmen ist außerdem ein umfangreiches bau- und betriebsbegleitendes Monitoring vorgesehen. Sollten daraus Defizite am Maßnahmenerfolg erkennbar werden, werden Nachbesserungen im Rahmen eines Risikomanagements erfolgen, so dass der Schutz der Fledermauskolonie Schwindkirchen mit sehr hoher Prognosesicherheit gewährleistet werden kann.

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5 Maßnahmen in der Bauvorbereitung und beim Bau Die Umsetzung des Konzepts der landschaftspflegerischen Maßnahmen zum Schutz der genannten FFH-Gebiete bzw. zur Vermeidung von Beeinträchtigungen relevanter Lebensraumtypen und Arten erfolgte auf verschiedenen Ebenen. Zunächst wurden vom Vorhabenträger selbst umfangreiche landschaftspflegerische Vorwegmaßnahmen baureif geplant und zur Ausführung gebracht. Dies betraf vorrangig Maßnahmen zur Vermeidung von Beeinträchtigungen in den oben genannten FFH-Gebieten, vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen für Vorkommen streng geschützter Arten wie auch klassische Schutzmaßnahmen (Beispiel: Schutzzäune zur Begrenzung des Baufelds in empfindlichen Bereichen). Die Maßnahmen korrespondierten mit den baulichen Vorwegmaßnahmen des Ingenieurbaus im Bereich der Isen- und Goldachbrücke, zahlreicher kleinerer Bauwerke sowie zur vorgezogenen Errichtung der Entwässerungsanlagen zum Schutz der FFH-Gewässer vor Einträgen von Oberflächenwasser aus der Baustelle. Eine vorgezogene Ausführung war unter anderem deshalb angezeigt, da einzelne landschaftspflegerische Maßnahmen einer längeren Entwicklungszeit bedurften, deren volle Funktionsfähigkeit aber bis zur geplanten Verkehrsfreigabe der A 94 sicherzustellen war. Beispielhaft seien hier Pflanzmaßnahmen zur Anlage von Leitstrukturen für Fledermäuse im Bereich der Hauptflugrouten der Mausohrkolonie Schwindkirchen sowie die Herrichtung von Ausgleichsflächen in der Goldachaue als optimierte Nahrungshabitate für diese Population genannt. Auf den funktionalen Zusammenhang mit den für diese Fledermausart als Querungshilfen relevanten Bauwerken wurde bereits hingewiesen. Ein weiterer wesentlicher Teil der landschaftspflegerischen Maßnahmen war daneben als Bestandteil der Ausschreibung des ÖPP-Projekts vorgesehen. Auch für diesen Teilbereich hat der Vorhabenträger eine sogenannte Referenzplanung aufgestellt, die den fachlichen Maßstab für die Ausführungsplanung der landschaftspflegerischen Maßnahmen vorgibt. Deren Herstellung, Pflege und Unterhaltung liegen nun in der Verantwortung des Vertragspartners Isentalautobahn GmbH & Co. KG. Hierunter fallen im Wesentlichen baubegleitende Schutzmaßnahmen, trassennahe Ausgleichsund Ersatzmaßnahmen [4] nach Naturschutzrecht sowie die Streckenbepflanzung zur Einbindung der Neubaustrecke in die Landschaft.

Darüber hinaus hat der Projektträger Isentalautobahn GmbH & Co. KG eine externe Umweltbaubegleitung zur Sicherstellung der fachgerechten Maßnahmenumsetzung vor Ort und zur umweltfachlichen Beratung der am Bau Beteiligten beauftragt. 6 Zusammenfassung und Fazit Durch das umfangreiche und sehr differenzierte Konzept der landschaftspflegerischen Maßnahmen ist es in Verbindung mit den vorgesehenen technisch-konstruktiven Maßnahmen an Ingenieurbauwerken ebenso wie am Straßenkörper gelungen, das Vorhaben »A 94 – Trasse Dorfen« nicht nur in den Genehmigungsverfahren, sondern auch vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof überzeugend und erfolgreich zu vertreten und so nach langem Rechtsstreit letztlich Baurecht zu erlangen. Hervorzuheben ist an dieser Stelle das sehr konstruktive interdisziplinäre Zusammenwirken zwischen technischen Planern und Landschaftsplanern. Nicht unerwähnt dürfen der hohe Sachverstand und das große Engagement der beauftragten externen Gutachter in den Genehmigungs- und Gerichtsverfahren sowie die gewissenhafte und umsichtige Bauausführung der am Bau beteiligten Vertragspartner und Fachfirmen bleiben. Nur durch diese konstruktive Zusammenarbeit konnte den Belangen des Naturschutzes und der Landschaftspflege in dem empfindlichen Landschaftsraum des Isentals im gebotenen Umfang Rechnung getragen werden. Autor: Dipl.-Ing. Roland Schaub Landschaftsarchitekt Sachgebiet Landschaftsplanung Oberste Baubehörde im Bayerischen Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr, München

Anmerkungen [1] Lambrecht, Trautner e.a.: Endbericht zum F&E-Vorhaben FKZ 801 82 130 im Auftrag des Bundesamts für Naturschutz, Stand 2004. [2] Zu den für besonders und streng geschützte Tier- und Pflanzenarten geltenden Verboten vgl. § 44 BNatSchG. [3] Unter anderem: »Erhaltung unzerschnittener Flugkorridore zwischen Kolonien und Nahrungshabitaten«. [4] Trassenferne A/E-Maßnahmen werden vom Vorhabenträger umgesetzt (Autobahndirektion Südbayern).


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SYMPOSIUM Vorstellung der Isentalautobahn-Gesellschaft

Projektgesellschaft als ÖPP-Auftragnehmer von Alfred Stangassinger

Das Projekt A 94 Forstinning–Marktl wird im Rahmen einer öffentlichprivaten Partnerschaft (ÖPP) abgewickelt. ÖPP-Auftragnehmer ist die Isentalautobahn GmbH & Co. KG, welche als Projektgesellschaft zur Realisierung des Projekts gegründet wurde.

1 Der Projektvertrag Die Isentalautobahn GmbH & Co. KG erhielt im November 2015 von der Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch den Freistaat Bayern, dieser vertreten durch die Autobahndirektion Südbayern, den Zuschlag für das ÖPP-Projekt A 94 Forstinning–Marktl. Im Januar 2016 wurde der Projektvertrag unterzeichnet. Der vertragliche Projektbeginn war am 1. Februar 2016, die Vertragslaufzeit beträgt 30 Jahre. Im Projektvertrag sind sämtliche vom Auftragnehmer zu erbringenden Leistungen definiert. Demnach schuldet der Auftragnehmer die Planung und den Neubau eines ca. 33 km langen, vierstreifigen Abschnitts der A 94 zwischen Pastetten und Heldenstein, der bis Ende Oktober 2019 fertiggestellt werden soll. Zudem hat er bis zur Fertigstellung dieses Abschnitts die Erhaltung der im Projektumfang enthaltenen bestehenden Abschnitte der A 94 Forstinning–Pastetten und Heldenstein–Marktl sicherzustellen. Ab dem Zeitpunkt der Fertigstellung des Neubauabschnitts ist der Auftragnehmer sowohl für die Erhaltung als auch für den Betrieb des ca. 77 km langen Gesamtabschnitts zwischen Forstinning und Marktl zuständig. Darüber hinaus obliegt dem Auftragnehmer die anteilige Finanzierung für dieses Projekt.

2 Die Projektgesellschaft Die Projektgesellschaft, die Isentalautobahn GmbH & Co. KG mit Sitz in Ampfing, ist eine Einzweckgesellschaft, deren einziges Unternehmensziel die erfolgreiche Umsetzung des Verfügbarkeitsmodells A 94 Forstinning–Marktl im Rahmen des Projektvertrags ist. Für diese Unternehmensart ist unter anderem auch die Bezeichnung »Special Purpose Vehicle« (SPV) gebräuchlich. Die Isentalautobahn GmbH & Co. KG trägt die Gesamtverantwortung für die Umsetzung des Projekts. Hinter dem Projekt stehen folgende drei Unternehmen, die gleichzeitig Gesellschafter der Projektgesellschaft sind: Die BAM PPP Deutschland GmbH ist eine Tochtergesellschaft der niederländischen Royal BAM Group. Die Unternehmensgruppe verfügt europaweit über weitreichende Erfahrung in der Planung und Umsetzung von ÖPP-Projekten. In Deutschland wurden beispielsweise das A-Modell A 8 Augsburg–München und das V-Modell A 9 Anschlussstelle Lederhose bis zur Landesgrenze von Thüringen und Bayern erfolgreich umgesetzt. Die Firma Berger Bau AG gehört zur deutschen inhabergeführten Unternehmensgruppe Berger, welche europaweit im Bau- und Baustoffgeschäft tätig ist. Ein Unternehmensbereich der Berger Bau AG ist Public Private Partnership (PPP, ÖPP) mit Schwerpunkt Autobahnbau. In diesem Bereich wurde unter anderem das A-Modell A 8 Augsburg–München erfolgreich abgewickelt. Die Firma Eiffage PPP GmbH ist Teil des französischen Bauunternehmens Eiffage, welches europaweit zu einem der größten zählt. Neben zahlreichen ÖPP-Projekten in Europa wurde von einem deutschen Tochterunternehmen das erste ÖPP-Projekt, bei dem ein privates Unternehmen kommunale Verkehrswege baut und für 25 Jahre erhält, umgesetzt.

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3 Finanzierung und Vergütung Die Isentalautobahn GmbH & Co. KG stellt die langfristige Finanzierung des Projekts durch Eigen- und Fremdkapital sicher. Das Fremdkapital wird über mehrere Fazilitäten durch die Europäische Investitionsbank, die KfW IPEX Bank, die DZBank, die Deka und die Bayerische Landesbank gestellt. Letztere fungiert gleichzeitig als Agent. Das Eigenkapital stellen BAM, Berger Bau und Eiffage zu gleichen Anteilen. Die bankenseitige Überwachung der Baustelle wird durch den technischen Berater der Banken, die Firma Atkins, durchgeführt. Die Vergütung erfolgt über ein sogenanntes Verfügbarkeitsentgelt, das heißt, der Auftragnehmer erhält ein von der Verkehrsmenge unabhängiges Entgelt. Die Höhe des Entgelts ist abhängig von der Qualität der erbrachten Leistung und von der Verfügbarkeit des Streckenabschnitts. Erfüllt der Auftragnehmer seine vertraglichen Verpflichtungen, erhält er das volle Entgelt. Werden die vertraglichen Qualitätsanforderungen nicht erfüllt, wenn beispielsweise die Strecke nur in schlechterer als der vertraglich vereinbarten Qualität zur Verfügung steht oder es zu Geschwindigkeitsreduzierungen kommt, führt dies zu Vergütungsabzügen. Ebenso führen Sperrungen von einzelnen Fahrstreifen im Zuge von Erhaltungsmaßnahmen zu einer Kürzung des Entgelts. Das monetäre Anreizsystem stellt somit eine hohe Verfügbarkeit der Autobahn sicher. Zusätzlich zum Verfügbarkeitsentgelt erhält der Auftragnehmer eine Anschubfinanzierung in der Bauphase in Höhe von 215 Mio. €, deren Auszahlung an das Erreichen des Bausolls gebunden ist.

1 Logo der Projektgesellschaft © Isentalautobahn GmbH & Co. KG


SYMPOSIUM

www.isentalautobahn.de info@arge-a94.de

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SYMPOSIUM

2 Vertragliche Zusammenhänge und eingebundene Partner © Isentalautobahn GmbH & Co. KG

4 Die Nachunternehmer 4.1 Weitere Partner Zur Erfüllung der mit dem Projektvertrag übernommenen Verpflichtungen wurden von der Projektgesellschaft weitere Unternehmen eingebunden. Hierzu zählen insbesondere die Bau-Arbeitsgemeinschaft (Bau-ARGE) mit ihren Partnern Berger Bau, Wayss & Freytag und Eiffage, welche die Leistungsbereiche Planung und Bau übernehmen, und die Betriebsund Erhaltungsgesellschaft Isentalautobahn Services GmbH & Co. KG. 4.2 Bau-ARGE Sämtliche Planungs- und Bauleistungen für das Projekt A 94 wurden von der Isentalautobahn GmbH & Co. KG vertraglich an die ARGE A 94 Isentalautobahn übertragen. Diese ist für die Ausführungsplanung und den Neubau des 33 km langen Abschnitts zwischen Pastetten und Heldenstein verantwortlich. Das Planen und Bauen nachhaltiger Bauwerke erfordert eine ganzheitliche Sichtweise über den gesamten Lebenszyklus eines Objekts. Ebenso kommt der Einhaltung der Regeln der Technik eine besondere Bedeutung zu. Daher hat sich die Projektgesellschaft entschieden, in

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der Bauphase anstatt einer klassischen Bauüberwachung ein erweitertes Qualitätsmanagement (EQM) einzurichten. Der Grundgedanke hierbei ist, die Qualität dort sicherzustellen und zu dokumentieren, wo das Produkt entsteht, nämlich auf der Baustelle. Hierzu wird unter anderem ein Qualitätsteam aus Vertretern aller maßgeblich an der Projektdurchführung Beteiligten gebildet, welches durch einen Independent Engineer (unabhängigen Ingenieur) gelenkt und moderiert wird. Dieses sogenannte Q-Team überprüft baubegleitend die Vertragskonformität der Bauleistung und die Einhaltung der vereinbarten Qualitätsstandards. Somit verfügt das Projekt zusätzlich zu dem technischen Berater der Banken (Firma Atkins) über eine weitere Kontrollinstanz. Darüber hinaus ist die ARGE A 94 Isentalautobahn auch für die Umsetzung aller naturschutzrechtlichen Auflagen verantwortlich und hat hierzu das Landschaftsarchitekturbüro Narr Rist Türk mit der Umweltbaubegleitung beauftragt, welches während der gesamten Bauphase die Einhaltung der Auflagen zum Umweltschutz kontrolliert.

4.3 Die Betriebs- und Erhaltungsgesellschaft Die Isentalautobahn GmbH & Co. KG hat sämtliche Betriebs- und Erhaltungsleistungen vertraglich an die Isentalautobahn Services GmbH & Co. KG übertragen. Der Betrieb umfasst im Wesentlichen den Umfang des Leistungshefts für den Straßenbetriebsdienst auf Bundesfernstraßen. Dieser beginnt ab der Fertigstellung des Neubauabschnitts der A 94 Pastetten–Heldenstein. Die Erhaltungsleistungen beinhalten sämtliche Maßnahmen der Instandhaltung, Instandsetzung und Erneuerung mit dem Ziel, die Substanz und den Gebrauchswert des Vertragsgegenstands langfristig zu sichern. Die Isentalautobahn Services GmbH & Co. KG wird in den kommenden zwei Jahren auf einer Gewerbefläche nahe der A 94 in Ampfing einen Betriebshof errichten. Von dort aus werden die Betriebs- und Erhaltungsleistungen koordiniert, die operative Zusammenarbeit mit den relevanten Dienststellen, insbesondere mit den benachbarten Meistereien, der Verkehrsund Betriebszentrale (VBZ) Südbayern, weiteren Fachverwaltungen sowie den Verkehrsbehörden und Rettungsdiensten abgestimmt. Bis zum Zeitpunkt der Fertigstellung des Neubauabschnitts Pastetten– Heldenstein werden die Leistungen des Betriebsdienstes auf den bestehenden Streckenabschnitten Forstinning–Pastetten und Heldenstein–Marktl noch durch die staatlichen Meistereien der Autobahndirektion Südbayern ausgeführt. Hingegen werden die Leistungen der Erhaltung dieser Autobahnabschnitte bereits seit Vertragsbeginn von der Isentalautobahn Services GmbH & Co. KG realisiert. Während der Bauphase ist diese zudem in den Planungs- und Bauprozess des Neubauabschnitts eingebunden und stellt gemeinsam mit der Bau-ARGE eine vertragskonforme und qualitativ hochwertige Realisierung sicher. Autor: Dipl.-Ing. (FH) Alfred Stangassinger Isentalautobahn GmbH & Co. KG, Ampfing


SYMPOSIUM Vorstellung der Bau-Arbeitgemeinschaft

Planung und Ausführung der Isentalautobahn von Nikolaus Arndt

Die Arbeitsgemeinschaft »ARGE A 94 Isentalautobahn« plant und baut den 33 km langen Lückenschluss der A 94 in Oberbayern zwischen Pastetten und Heldenstein. Seit Februar 2016 bis Ende 2019 arbeitet sie im Rahmen eines EPC-Vertrags. Ihr Auftraggeber ist die »Isentalautobahn GmbH & Co. KG« (SPV), der ARGE vorgeschaltet war die BIEGE A 94, die als Vorgesellschaft diente. Das Auftragsvolumen umfasst ca. 440 Mio. €. Zum Stand Ende Oktober 2017 sind ca. 50 % Bauleistung verwirklicht. Mit Fertigstellung, Abnahme und Ablauf der Gewährleistung löst sich die ARGE wieder auf.

1 Begriffe: BIEGE, ARGE und EPC-Vertrag 1.1 Bietergemeinschaft (BIEGE) Bei einer Bietergemeinschaft (BG) schließen sich mehrere Bauunternehmen, hier als BGB-Gesellschaft zusammen, die als Vorgesellschaft einer späteren Arbeitsgemeinschaft (Bau-ARGE, hier ARGE A 94) vorausgeht. Ihr liegt die Übereinkunft der beteiligten Bauunternehmen zugrunde, auf eine Ausschreibung ein gemeinsames Angebot abzugeben. Verfolgt wird das Ziel, einen bestimmten Bauauftrag zu erhalten, um ihn dann gemeinsam als ARGE auszuführen. Mit Abgabe des Angebots und einer möglichen Auftragserteilung erlischt die Bietergemeinschaft, weil ihr Zweck erfüllt ist.

1.2 Arbeitsgemeinschaft (Bau-ARGE) Die Bau-ARGE ist eine spezifische Kooperationsform in der Bauwirtschaft. Um einen Bauauftrag gemeinsam durchführen zu können, schließen sich zwei oder mehrere rechtlich und wirtschaftlich selbständige Bauunternehmen in einer Arbeitsgemeinschaft (ARGE) zusammen. Sie ist, wie hier, in der Regel eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Es handelt sich stets um einen befristeten Zusammenschluss nur für einen Bauauftrag. In diesem Sinne trägt die ARGE den Charakter einer Gelegenheitsgesellschaft und keine normierte Unternehmensform. Als Gesellschaftervertrag wird ein sogenannter ARGE-Vertrag genutzt. Er regelt die Verhältnisse der ARGE-Partner untereinander. 1.3 EPC-Vertrag In einem EPC-Vertrag (Engineering-Procurement-Construction) werden die Bedingungen vereinbart, zu denen der Auftragnehmer (AN) die Leistungen für ein Projekt übernimmt. Bei komplexen Vertragsbedingungen wie einem ÖPPProjekt sind durchgängige Verknüpfungen zwischen dem Hauptauftraggeber (HAG), dem Auftraggeber (AG) und den Auftragnehmern (AN) herzustellen. Es ist sicherzustellen, dass die Forderungen aus dem Projektvertrag »back to back« durchgestellt werden. 2 Bieter- und Arbeitsgemeinschaft 2.1 Bietergemeinschaft 2.2.1 Baubietergemeinschaft In Vorbereitung des BAFO-Angebots wurde eine Baubietergemeinschaft »BIEGE A94 Isentalautobahn GbR« gegründet, bestehend aus den Firmen: – Berger Bau GmbH, – BIEGE Eiffage VI 1 GbR, ihrerseits bestehend aus – Wittfeld GmbH, – Faber Bau GmbH, – Heinrich Walter Bau GmbH, – Wayss & Freytag Ingenieurbau AG.

Sämtliche Firmen sind entweder direkt oder mit den Muttergesellschaften in der Projektgesellschaft eingebunden. Die Bietergemeinschaft A 94 Isentalautobahn hat unmittelbar mit dem Startschuss für das Vergabeverfahren am 2. August 2013 (Bekanntmachung im EU-Amtsblatt) seine Arbeit aufgenommen. Grundlagen des Angebots waren der Entwurf des Projektvertrags zwischen dem HAG und dem AG. Die endgültige Version bot der Projektvertrag zur Abgabe des BAFO (Best And Final Offer) am 24. September 2015. 2.2.2 Angebotsbearbeitung Die BIEGE A 94 hat eigenständig und unabhängig die Preisbildung und Kalkulation des Bauauftrags durchgeführt. Umfang und Komplexität der anzubietenden Baumaßnahme erforderten ein kurzfristig installiertes und effizientes Projektteam. Dies setzte sich aus bevollmächtigten Vertretern der Gesellschafter, Projektingenieuren und Kalkulatoren für die unterschiedlichen Teilleistungen, insbesondere für Straßen- und Ingenieurbau, und einer Vielzahl von externen Planungsingenieuren zusammen. Bereits in der Angebotsphase wurden gesplittete Planungsaufträge mit Absichtserklärungen (LOI) abgeschlossen. Einerseits mussten Planungsleitungen verbindlich vor einer möglichen Beauftragung abgefordert und vergütet werden, andererseits war es für den ausstehenden Auftragsfall notwendig, kurzfristig auf Vorarbeit und Kapazitäten der involvierten Planer zurückgreifen zu können.

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SYMPOSIUM Bereits in der Angebotsphase und dann in der Realisierung eingesetzte Planer: – Planungsgemeinschaft (PLAGE) Straßen- und Ingenieurbau Igl, Putz und Partner, SRP & Partner Ingenieur-Consult GmbH WTM Engineers GmbH Höhnen & Partner Ingenieuraktiengesellschaft – Umweltbaubegleitung, Landschaftsgärtnerische Arbeiten Narr Riss Türk Landschaftsarchitekten – Erd- und Grundbau Crystal Geotechnik, Beratende Ingenieure & Geologen GmbH – Lärmschutzwände (LSW) VIC Planen und Beraten GmbH – Fahrzeugrückhaltesystem (FZRH) Ingenieurbüro Einfeldt und Partner GbR Grundlage jeder Preisbildung ist eine Kalkulation. Das scheint selbstverständlich.

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Beim Projekt A 94 sind die Baukosten die Grundlage für die Gesamtkostenberechnung des Angebots an den Hauptauftraggeber für das zu fordernde monatliche Entgelt mit 30-jähriger Laufzeit. Stimmt die Preisbasis aus der Kalkulation der Bauleistung nicht, stimmt die Gesamtberechnung des Angebots für die Neubaustrecke nicht. Kostenermittlungen können über vereinfachte Richtwertverfahren laufen. Da werden zum Beispiel über den »laufenden Kilometer« Autobahn und die m²Brückenflächen Schätzungen durchgeführt sowie vielleicht auch noch Faktoren für schwieriges Gelände und Geologie, Bauen unter Verkehr und Termindruck subjektiv eingebracht. Die Baukosten für das Projekt A 94 Isentalautobahn wurden auf Basis belastbarer Grundlagen ermittelt, nämlich detailliert auf Basis der Ausschreibung des HAG unter Berücksichtigung der Planfeststellung, des Projektvertrags und des EPCVertrags.

1 Rahmenterminpläne gemäß »Best And Final Offer« © ARGE A 94 Isentalautobahn

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Schrittweise Angebotsausarbeitung durch die BIEGE: – Bauwerks- und Trassenplanung – Erd- und Grundbau – Dimensionierung von Bauwerken und Straßenkörpern – Schnittstellenbetrachtung – Massenermittlung – Terminplanung – Leistungsbeschreibungen – Kalkulation und Kostenermittlung 2.2.3 Bauwerks- und Trassenplanung Wie bereits andernorts erwähnt, hat der HAG eine detaillierte Referenzplanung auf Basis der Planfeststellung übergeben. Vereinfacht: Die gesamte Strecke war fertig trassiert, sämtliche Bauwerke waren in Lage, Spannweite und den wesentlichen Elementen vorgegeben. Sondervorschläge, wie sonst bei öffentlichen Ausschreibungen insbesondere im Straßen- und Brückenbau üblich, zum Beispiel aus einer Ortbetonbrücke ein Fertigteil- oder Verbundbauwerk zu machen, Spannweiten und Höhenlagen anzupassen, dies alles war durch das enge Korsett der Planfeststellung und den fixierten Grundstückskorridor nicht möglich.


SYMPOSIUM 2.2.4 Erd- und Grundbau Erfahrene Grundbautechniker, von Beginn an als »nominated subcontractors« im Projekt involviert, haben aus den vom HAG im Ausschreibungsverfahren überlassenen Bodengutachten und Bohrprofilen ein Maßnahmenband entwickelt. Dies wird auch jetzt noch während der Ausführung an aktuelle Erkenntnisse aus der Bauphase angepasst. Fehleinschätzungen der Bodenbeschaffenheit und der Grundwasserhorizonte können sich kostenmäßig fatal auswirken. Der Projektvertrag sieht die Übernahme des Baugrundrisikos vor. Deshalb ist genauestes Abwägen der Angaben in den Bodengutachten und Bohrprofilen verbunden mit höchstem Sachverständnis erforderlich, um die Bodenverhältnisse richtig einzuschätzen. 2.2.5 Dimensionierung und Massenermittlung Im Laufe der Angebotsbearbeitung wurde durch die Planungsgemeinschaft für jedes der Bauwerke eine statische Vorbemessung durchgeführt und individuell der Kalkulation eine Ermittlung sämtlicher Massen übergeben. Im Streckenbereich wurden sämtliche Abtrags- und Auftragsmassen aus Hunderten von Querprofilen aus der Ausschreibung berechnet und dabei über hochkomplexe Rechenmodelle Transportstrecken optimiert. 2.2.6 Terminplanung Für jedes Einzelbauwerk und für wesentliche Streckenabschnitte wurden unter Betrachtung der Schnittstellen Termine geplant und mit einzelnen Terminplänen belegt. Das Gesamt-Weg-Zeit-Diagramm aus dem BAFO wird nach wie vor im Großen und Ganzen eingehalten. 2.2.7 Leistungsbeschreibungen Um den Kalkulatoren eindeutige Festlegungen zu ermöglichen, wurden umfängliche Leistungsbeschreibungen und -verzeichnisse erstellt. Zusammen sind das mehrere Tausend Seiten.

2.2.8 Kalkulation und Kostenermittlung Kalkulation in der Bauwirtschaft, auch bei Großprojekten, besteht aus – Einzelkosten der Teilleistungen (EKT), – Gemeinkosten (GK), – Allgemeine Geschäftskosten (AGK), – Wagnis & Gewinn (W&G). Die Kostenermittlung umfasst mehr als 10.000 Einzelkalkulationen. Jedes der 58 Brückenbauwerke von der Wasserhaltung über Gründung und Geländer, jede querende Straße, jede Entwässerungsanlage, Lärmschutzwand und Baustraße, jede Pflanze der landschaftsgärtnerischen Anlagen musste kalkulatorisch betrachtet werden. Chancen-/Risikobetrachtungen insbesondere zum Baugrund sollten möglichst genau das gemäß Vertrag dem AN überlassene Baugrundrisiko abbilden. Material- und Lohngleitung für den Zeitraum von Kalkulation bis Bauende 2019 musste vertretbar eingeschätzt werden, die Terminrisiken aus unvorhersehbaren Einflüssen, insbesondere Ausfallzeiten durch Winter- und Schlechtwetterperioden realistisch angesetzt werden. Der Vertrag lässt, wie in einem VOB-Vertrag üblich, keine Terminverlängerungen wegen Winter und Schlechtwetter zu. Zusammengefügt ergibt das einen Pauschalpreis für »ein Stück Autobahn 33 km«. Intensive kalkulatorische Arbeit musste die BIEGE ab April 2014 leisten, weil sie unter den vier Bietern war, die zum März 2015 zur Abgabe eines Angebots aufgefordert wurde. Ende April dann stand fest, dass unsere BIEGE zu den beiden sogenannten bevorzugten Bietern gehörte und bis zum 24. September 2015 das BAFO-Angebot abzugeben hatte. Am 24. November 2015 wurde dann der Zuschlag erteilt.

2 Logo der Arbeitsgemeinschaft © ARGE A 94 Isentalautobahn

Der große Gegensatz, und da tut sich der Kalkulator schwer, liegt darin, dass durch die vorgegebene Vertragsform es praktisch keine Mehrkosten, keine Claims und keine Terminanpassungen gibt. Pauschalaufträge wie hier, allerdings nicht mit der im Projektvertrag inkludierten Risikoverlagerung auf den AN gibt es eher im Hoch- und Schlüsselfertigbau, ganz selten im öffentlichen Straßenund Brückenbau. 2.3 Die ARGE A 94 Isentalautobahn 2.3.1 Allgemeines Mit der Auftragserteilung am 24. November 2015 ist gemäß dem EPC- und ARGEVertrag die ARGE A 94 entstanden. Allen Beteiligten am Projekt ist spätestens seit dem BAFO bewusst, dass die Bauzeit mit Fertigstellung 31. Oktober 2019 eng gesteckt ist. Die Arbeitsgemeinschaft hat mit Zuschlagserteilung am 24. November 2015 ihre Arbeit aufgenommen.

2.3.2 Planungs- und Bauleistungen Planungsleistungen: Die Planung umfasst die Statik und Tragwerksplanung einschließlich des Genehmigungslaufs und der Freigaben für Ingenieurbauwerke und Straßen. Neben der Ausführungsplanung der Autobahntrasse gilt das für sämtliche querenden Straßen, aufwendige Entwässerungsanlagen, Lärmschutzwände, Fahrzeugrückhaltesysteme, Markierungen. Die Plan- und Genehmigungsläufe inklusive der Prüfung durch externe vom HAG beauftragte Prüfstatiker läuft über Eplass. Eplass ist eine Projektplattform, die den komplexen Workflow automatisiert und flexibel abbildet. Mit den integrierten digitalen Prüfprozessen ist sie die optimale Lösung, um Bauprojekte speziell im Infrastrukturbereich unternehmensübergreifend zu steuern.

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Bauleistungen: Sie umfassen im Einzelnen die Realisierung von – Baustelleneinrichtung, – Vermessung und Absteckung, – Kampfmittelsondierung, – naturschutzfachlichen Maßnahmen, – Abräumen und Roden, – Verkehrssicherung, – Baustraßen, – Bodenbewegungen, – bauzeitlicher Entwässerung, – Baugrubenverbau und Tiefer gründungen, – Straßen- und Brückenentwässerung, – Regenrückhaltebecken, Sedimen tationsanlagen, – Asphaltschichten, – Betondecke, – Fahrzeugrückhaltesystemen, – Beschilderung und Markierung, – Kabelbau, – Landschaftsbauarbeiten, – Wildsperrzäunen und Amphibien leiteinrichtung, – Parkplatz- und Toilettenanlagen, – Brückenbauwerken, – Bohrpfahlwänden, – tierökologischen Gestaltungs maßnahmen. 2.3.3 Baufortschritt Die Absteckung der Bauflächen verlief bereits ab Dezember 2015 reibungslos. Es gab keine Streitigkeiten bei der Besitzeinweisung. Die Baumaßnahme erstreckt sich durchgängig auf ursprünglichen Wald-, Wiesen- und Ackerflächen. Baustellen brauchen keine langen Vorlaufzeiten. Wollte man im Frühjahr 2016 starten, musste in großen Bereichen vergrämt werden. Es musste verhindert werden, dass geschützte Wiesenbrüter, wie Feldlerche, Rebhuhn und Kiebitz, auf brachem Grund Nistplätze einrichten und dann ein Arbeiten unmöglich ist. Damit das nicht passiert, wurden ab Januar 2016 Schub- und sogar Pistenraupen zum Einsatz gebracht, um Vegetationsflächen für eine Brutpflege unbrauchbar zu machen. Das vorbereitete Baustraßenkonzept wurde im Frühjahr in Angriff genommen, um möglichst schnell erste Baufelder für Brückenbauten zu erschließen.

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Die Baustraßen, teils in schwierigem Gelände, sind durch die Planfeststellung und den Projektvertrag gefordert. Sie sollen das öffentliche Straßennetz entlasten. Praktisch läuft kein Massentransport der Baustelle auf öffentlichen Wegen. Verkehrsbelastung lässt sich nicht gänzlich ausschließen. Frostschutzkies, Zuschlagstoffe für Beton und Asphalt kommen teilweise von weit entfernten Lagerstätten. Das tertiäre Hügelland des Baufeldes mit den bindigen und sandigen Böden bietet keine brauchbaren Ressourcen. Damit ist in geringerem Umfang auch bei dem ca. 33 km langen Baustraßennetz ein Andienungsverkehr unvermeidbar. Ab April 2016 starteten die ersten Gründungsmaßnahmen für Ingenieurbauwerke. Derzeit sind 56 Brücken im Bau bzw. bereits zum Abschluss gebracht. Bohrpfahlwände aus 2.300 Stück Pfählen mit einer Wandlänge von 1.400 m sind bis auf Teilflächen der Vorsatzschalen fertig. Die Gründungsarbeiten für sämtliche Ingenieurbauwerke (Großbohrpfähle bis d = 150 cm und t = 45 m) sind im Oktober 2017 abgeschlossen. Ausnahmen bilden hier nur zwei Bauwerke, die plangemäß 2018 beginnen. Derzeit sind etwa 700 Ingenieure, Kaufleute, Poliere und Bauarbeiter vor Ort tätig. Die Planungs- und Bauleistungen sind an eine Vielzahl von Nachunternehmern vergeben. Große Teile davon werden über Nachunternehmerverträge durch Firmen der Arbeitsgemeinschaft ausgeführt: drei Großbrücken, 14 kleinere Brücken, Baustraßen sowie ein großes Erdbaulos (ARGE Erdbau West). Auf der Strecke sind ca. 4,20 Mio. m³ Erdabtrag zu bewältigen. Davon sind bis Ende Oktober 2017 termingemäß ca. 80 % abgearbeitet, wobei ca. 600.000 m³ auf einem Aussichtsberg aufgehäuft, die restlichen ca. 3,60 Mio. m³ in Einschnitten stabilisiert aufgetragen werden. Der BAFO-Terminplanung folgend, sind bereits auf Frostschutzschichten von den 66 km ungefähr 12 km Asphalttragschichten eingebaut. Aktuell werden ab Mitte Oktober 2017 die ersten 5 km Betonfahrbahndecke (d = 26 cm) mit Fertigern aufgebracht.

In großen Bereichen sind die Fahrbahnentwässerungen bereits installiert sowie Absetzbecken und Entwässerungsanlagen in wesentlichem Umfang fertig. Die Lärmschutzwälle sind größtenteils geschüttet und die Arbeiten zur Gründung der Lärmschutzwände hauptsächlich der Brücken gestartet. Die aktuelle Massenbilanz, Stand Ende Oktober 2017, sieht folgendermaßen aus: – Oberbodenabtrag: 300.000 m³ – Bodenabtrag: 3.300.000 m³ – Bodenauftrag: 2.800.000 m³ – Beton für Ingenieurbauwerke: 190.000 m³ 3 Ausblick Die Arbeiten laufen seit Baubeginn entsprechend dem Vertragsterminplan. Nur in geringem Umfang gibt es dabei moderate zeitliche Verschiebungen. Schwierigkeiten mit den geologischen Verhältnissen, wie etwa das Antreffen von Schichtenwasser mit Gleitfugen, haben lediglich in punktuellem Umfang nicht vorgesehene Zusatzmaßnahmen erfordert. Das Einbringen der Asphalttragschicht als Auflager der Betonfahrbahn ist im Zeitplan sogar etwas weiter fortgeschritten, als im Rahmenterminplan vorgegeben. Als technische Herausforderung wird der Bau der Rimbachtalbrücke gesehen, denn hier sind die unterschiedlichen Bauarten Vorschubgerüst, Freivorbau mit gestütztem Hammerkopf, Lehrgerüst und Einhängeelemente mit schwierigen statischen und ablauftechnischen Aufgaben bis 2018 zu lösen. Letztendlich handelt es wohl um die größte derzeit laufende Einzelbaustelle in Bayern. Autor: Dipl.-Ing. Nikolaus Arndt ARGE A 94 Isentalautobahn, Dorfen


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SYMPOSIUM Entwurf, Planung und Bauausführung

Konzept und Herstellung der Goldachtalbrücke von Wolfgang Weiß, Sven Hofmann

Im Zuge des Neubaus der A 94 im Planungsabschnitt zwischen Pastetten und Dorfen wird das Goldachtal mit einer 420 m langen Talbrücke überspannt. Im Bereich des geplanten Standortes dieser Goldachtalbrücke erfolgte bis zum Beginn der Bauarbeiten überwiegend eine landwirtschaftliche Nutzung als Grünland. Im unmittelbaren Bereich der Goldach ist ein FFH-Gebiet ausgewiesen, das zu schützen ist und als Baufeld nicht zur Verfügung steht. Im Bereich des westlichen Widerlagers quert die Gemeindeverbindungsstraße von Unterstollnkirchen nach Schwindkirchen den Trassenverlauf der A 94.

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1 Überblick: Bauwerk 1.1 Referenzplanung Die Goldachtalbrücke ist als längsvorgespannter Ortbetondurchlaufträger über neun Felder mit Hohlkastenquerschnitt geplant. Die Spannweiten betragen zwischen 35,00 m und 45,00 m in den Randfeldern sowie in den gevouteten Mittelfeldern 50,00 m bzw. 60,00 m. Daraus ergibt sich eine Gesamtstützweite von 420,00 m. Der Überbauquerschnitt resultiert aus der vorgegebenen Fahrbahnbreite von 11,50 m. Ergänzt wird der Querschnitt durch die Außenkappe mit einer Breite von ca. 2,40 m und der Anordnung der Mittelkappe. Die Breite der Außenkappe ergibt sich durch die gewählte Lärmschutzwand aus Stahlbetonfertigteilen mit einer beidseits angeordneten hochabsorbierenden Vorsatzschale. Dies führt zu einer Überbaubreite je Richtungsfahrbahn von ca. 15,40 m und einer Gesamtbreite des Überbaus von ca. 30,80 m. 1.2 Entwurfsplanung im ÖPP-Bieterverfahren Diese Randbedingungen sind in den übergebenen Referenzentwurf der Autobahndirektion Südbayern eingeflossen, die im Rahmen der Ausschreibung des ÖPP-Projektes als Bestandteil der Vergabeunterlagen übergeben wurden. Im Grunde hat die Referenzplanung die äußeren Parameter einschließlich der Tragkonstruktion für das Bauwerk bestimmt. Sowohl die Stützweiten und Pfeilerstandorte als auch die tragenden Bauwerkselemente der Unterbauten und des Überbaus wurden übernommen. Aufgabenstellung war unter anderem die Auswahl des Herstellverfahrens und der Traggerüste des Überbaus unter Berücksichtigung der variablen Stützweiten sowie der gevouteten Mittelfelder in Verbindung mit dem möglichen Lastabtrag in den Baugrund und der Tabuzone FFHGebiet im Querungsbereich der Goldach. Dort befindet sich gleichzeitig das Mittelfeld mit der größten Stützweite.

Weitere Randbedingung zur konzeptionellen Umsetzung des Herstellverfahrens der Goldachtalbrücke war die Einbindung in den Gesamtbauablauf der A 94, das heißt die terminlichen Schnittstellen zur Hinterfüllung der Widerlager, bauzeitliche Überfahrbarkeit und die nachlaufenden Leistungen der Strecke, um die Gesamtfertigstellung zu gewährleisten. Hierzu wurde insbesondere die Herstellung der Überbauten mit verschiedenen Varianten hinterlegt und sowohl terminlich als auch wirtschaftlich bewertet. Favorisiert wurde die Herstellung des gevouteten Überbaufelds 6 sowie der angrenzenden Teilbereiche der Felder 5 und 7 im Freivorbauverfahren, ergänzt durch die Anordnung von herkömmlichen Traggerüsten einschließlich bauzeitlicher Zwischenunterstützungen der Randfelder mit konstantem Überbauquerschnitt. Hintergrund war unter anderem die Vorgabe aus der Referenzplanung mit einer konstanten Bodenplattenbreite über die gesamte Brückenlänge und variabler Stegneigungen im Bereich der gevouteten Überbauabschnitte der Achsen 60 und 70. Unabhängig hiervon wurde allerdings auch der Einsatz eines Vorschubgerüstes, beginnend an einem Widerlager mit kontinuierlicher Herstellung des Überbaus über die gesamte Bauwerkslänge, untersucht. Begleitend zu den beschriebenen Variantenbetrachtungen des Überbaus wurden die statischen und konstruktiven Auswirkungen sowohl auf die Überbaukonstruktion als auch auf die Unterbauten untersucht. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse sind letztendlich in die abschließende Entwurfsplanung im ÖPPBieterverfahren eingeflossen und haben sowohl das gewählte Bauverfahren als auch die weitere Dimensionierung aller Bauteile und konstruktiver Details bestimmt.


SYMPOSIUM

1 Ansicht von Süden © SRP Schneider & Partner Ingenieur-Consult GmbH

2 Brücke im Längsschnitt © SRP Schneider & Partner Ingenieur-Consult GmbH

3 Lageplan und Draufsicht © SRP Schneider & Partner Ingenieur-Consult GmbH

1.3 Baugrund Im Bereich der Goldachtalbrücke stehen unter dem Oberboden aus Torf weiche tonige, sandige Schluffe oder Tone bis 1,60–5,00 m unter Geländeoberkante (GOK) sowie Kiese bis ca. 6 m unter Gelände an. Es folgen Schluffe oder Tone sowie Feinsande mit einer halbfesten bis festen Konsistenz oder einer mitteldichten bis dichten Lagerungsdichte in Wechsellagerung. Allgemein stehen die letztgenannten Böden ab 10 m unter GOK als feste Tone oder Schluffe mit mittlerer Plastizität, auch als Ton- oder Schluffstein mit harten Mergellagen, oder als dichtgelagerte Feinsande an, die sehr wasserempfindlich sind.

Es wurden in allen Bohrungen ein oder mehrere Grundwasserstände angetroffen. Das obere Grundwasser ist allgemein je nach Wechsellagerung der Tone bzw. Schluffe einerseits und wasserführender Sande bzw. Kiese andererseits zwischen 1 m und 2 m gespannt anstehend. Die weiteren Grundwasserstände sind an durchlässige Feinsandschichten gebunden und bis zu 5 m gespannt, wenn sie unterhalb von Ton- oder Schlufflagen angebohrt werden: Bodengutachten von TÜV Rheinland LGA Bautechnik GmbH.

2 Tragwerk 2.1 Gründung Die Goldachtalbrücke wird mittels Großbohrpfählen tiefgegründet. Der Bohrpfahldurchmesser wird einheitlich mit 150 cm gewählt, die Herstellung erfolgt teilweise mit einer Neigung von 10:1. Die Pfahllängen variieren zwischen 12,50 m und 17,50 m. Der Lastabtrag der gewählten Bohrpfahlgründung erfolgt durch den Ansatz der zulässigen Mantelreibung in der Kiesschicht und den tertiären Boden und durch den Pfahlspitzendruck in den tragfähigen Bodenschichten ab mindestens 10 m unter Geländeoberkante. Durch die gewählten Bohrpfähle entsteht eine einheitliche Gründung für die Abtragung der Bauwerkslasten unter Minimierung der Setzungsdifferenzen zwischen den Pfeilern und den Pfeilern und Widerlagern.

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4 5 Vorder- und Seitenansicht der Pfeiler © SRP Schneider & Partner Ingenieur-Consult GmbH

2.2 Unterbauten Die Widerlager werden zur Wartung und Besichtigung begehbar ausgebildet. Die Pfahlkopfplatte wird als durchgehende Stahlbetonplatte hergestellt. Die aufgehenden Widerlagerwände der Richtungsfahrbahnen des hohlen Widerlagers werden durch eine Raumfuge getrennt. Zur Reduzierung der Zwangsbeanspruchung infolge abfließender Hydratationswärme erfolgt bewusst die konstruktive Ausbildung mit den schlankeren Wänden gegenüber einer massiven Variante. Die Pfeiler werden massiv ausgeführt. Der Pfeilerschaft verjüngt sich bis zum Ansatz des Pfeilerkopfes mit einer Neigung von 50:1 in Brückenquerrichtung und einer Neigung von 36:1 in -längsrichtung. Der Pfeilerkopf, mit einer einheitlichen Höhe von 3,50 m, weitet im Gegenzug wieder auf. Die Neigung in Brückenquerrichtung leitet sich aus der äußeren Stegneigung des Überbaus ab und führt diese fort.

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Die Abmessungen am Pfeilerkopf korrespondieren mit der Bodenplattenbreite des Überbaus. Durch die reduzierte Bodenplattenbreite im Bereich des gevouteten Überbaus in den Achsen 60 und 70 ergibt sich eine Pfeilerbreite am Kopf von 5,80 m, in den Achsen mit konstanter Bauhöhe dagegen von 6,51 m. Die gewählten Abmessungen gewährleisten ebenfalls, dass die vorgesehenen Lager einschließlich der erforderlichen Pressenstandorte ohne ergänzende Maßnahmen auf dem Pfeilerkopf angeordnet werden können. In Verbindung mit dem Pfeilerkopfzugang und der Aufstandsfläche für das Wartungspersonal im Pfeilerkopf sind insgesamt optimale Bedingungen zur Besichtigung und gegebenenfalls einem Lagertausch vorhanden. 2.3 Überbau Entgegen der favorisierten Herstellung der Überbauten im Freivorbauverfahren, ergänzt durch den Einsatz herkömmlicher Traggerüste, fiel zu Beginn der technischen Bearbeitung im Rahmen der Ausführungsplanung sehr schnell die Entscheidung, das Tragwerk als Spannbetonhohlkasten mittels einer Vorschubrüstung zu errichten.

Voraussetzung für eine konstruktiv optimale Umsetzung dieses Bauverfahrens ist die Ausbildung der Stege mit einer einheitlichen Neigung über die gesamte Brückenlänge, wodurch sich allerdings eine variable Bodenplattenbreite durch die Vergrößerung der Bauhöhe an den Achsen 60 und 70 ergibt. Dadurch kann auf einen aufwendigen Umbau der Stegschalung verzichtet werden. Die geometrischen Änderungen am Überbau in Verbindung mit der Anpassung der Pfeilergeometrie wurden mit der Autobahndirektion Südbayern besprochen und fanden dort die erforderliche Zustimmung. Die Lagerspreizung wird mit 4,20 m übernommen. Auch die Breite der Bodenplatte mit 6,51 m im Regelbereich entspricht der Referenzplanung. An den Pfeilerachsen ergibt sich eine minimale Breite der Bodenplatte mit 5,78 m. Die Fahrbahnplatte zwischen den Stegen wird am Anschnitt mit 60 cm und in Feldmitte mit 35 cm gewählt. Die Höhe der Kragarmplatte am Anschnitt der Stege ist mit 65 cm konzipiert. In Verbindung mit den gewählten Stützweiten in Brückenquerrichtung kann auf eine Quervorspannung des Überbaus verzichtet werden.


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Die Dicke der Bodenplatte wird am Steganschnitt mit 45 cm vorgesehen und verjüngt sich zur Querschnittsmitte auf 25 cm. Hierdurch wird unter anderem eine lichte Durchgangshöhe von 2,20 m innerhalb des Hohlkastenquerschnittes erreicht. Zur Aufnahme der auftretenden Druckspannungen im Pfeilerbereich wird die Bodenplatte teilweise auf 60 cm verstärkt. Die Wanddicke der Stege wird einheitlich über die gesamte Überbaulänge mit 50 cm ausgebildet. Die Bauhöhe im Regelbereich beträgt 2,80 m, was einer maximalen Schlankheit von 16 entspricht. Im Bereich der Achsen 60 und 70 wird die Bauhöhe auf 4,50 m erhöht. Die Querschnittshöhe im Feld der maximalen Stützweite von 60,00 m wird ebenfalls mit 2,80 m geplant. Dadurch erhöht sich die Schlankheit auf 21. In allen Auflagerachsen werden End- bzw. Stützquerträger über die gesamte Überbauhöhe angeordnet. Neben der Ableitung der Auflagerlasten erfolgt in den Querträgern die Verankerung bzw. Umlenkung der Spannglieder der externen Vorspannung. Durch die gewählte feldweise Herstellung des Überbaus mittels Vorschubrüstung und die ungleichen Stützweiten ist der Abstand der Koppelfuge zur Pfeilerachse unterschiedlich: Er variiert von 10,00 m in den äußeren Feldern bis zu 13,00 m im Mittelfeld mit der maximalen Stützweite. Neben den statischen Anforderungen an den Überbau im Bauzustand der Betonage des folgenden Taktes und der resultierenden Anhängelast bestimmt ebenso die Tragfähigkeit der Vorschubrüstung die Lage der Koppelfuge. Die Betonage der einzelnen Bauabschnitte erfolgt in zwei Arbeitsschritten. Zunächst wird der Trogquerschnitt einschließlich Querträger hergestellt und danach die Fahrbahnplatte betoniert. Die Umlenksattel für die externe Vorspannung und die Bodenlisenen zur internen Vorspannung werden gesondert realisiert.

Zur internen Vorspannung des Überbaus kommt das Litzenspannverfahren VBT-KI mit nachträglichem Verbund von VBTSystems der Gleitbau Ges.m.b.H. aus Salzburg zur Anwendung. Die Spannstahlgüte wird mit St 1660/1860 gewählt. In der Fahrbahnplatte sowie der Bodenplatte werden Spannglieder mit 12, 15 und 19 Litzen eingesetzt. Die Anzahl der Fahrbahnspannglieder bzw. die Litzenanzahl wird im Wesentlichen durch die Lage der Koppelfuge sowie die Abtragung der Anhängelasten aus der Vorschubrüstung bestimmt. Die Vorspannung erfolgt an der Koppelfuge. Die in der Bodenplatte eingebauten Spannglieder werden im Querschnitt verankert und über Bodenlisenen vorgespannt. Eine Teilvorspannung der Bodenspannglieder erfolgt unmittelbar nach Erreichen der Mindestfestigkeit des Betons. Dadurch wird ein mitwirkender Lastabtrag des Trogquerschnittes bei der Herstellung der Fahrbahnplatte erzielt. Durchlaufende bzw. gekoppelte Spannglieder der internen Vorspannung sind bei diesem Bauwerk nicht erforderlich. Die externe Vorspannung wird mit dem verbundlosen Litzenspannverfahren VBT-BE von VBT-Systems der Gleitbau Ges.m.b.H. aus Salzburg ausgeführt. Die Nennzugfestigkeit der Litzen wird mit 1.770 N/mm² gewählt. Neben den nach Fertigstellung des Überbaus sofort einzubauenden durchlaufenden externen Spanngliedern über zwei bzw. drei Felder werden für die spätere Nachrüstung Spannstränge vorgesehen, die feldweise angeordnet sind. Durch die variablen Stützweiten ergeben sich unterschiedliche Verformungsanteile je Feld aus Eigen- und Ausbaugewicht, Vorspannung, Langzeitverformung des Überbaus sowie der Vorschubrüstung. Diese werden feldweise ermittelt und überlagert, der erforderliche Ausgleich erfolgt über die spindelbaren Schalelemente.

2.4 Lagerungssystem Der Festpunkt des Bauwerkes in Brückenlängsrichtung wird durch die Anordnung eines allseits festen und eines längsfesten Lagers in der Achse 60 je Überbau definiert. In allen weiteren Achsen einschließlich jener am Widerlager wird je Überbau ein querfestes und ein allseits bewegliches Lager angeordnet. Zum Einsatz kommen hochwertige Maurer-MSM®-Kalottenlager. Durch die kompakte Bauweise ist im Auflagerbereich, insbesondere auf den Pfeilerköpfen, neben den Lagersockeln ausreichend Platz für das Aufstellen der Hubpressen für einen späteren Lagerwechsel. Aufgrund der setzungsunempfindlichen Gründung lässt sich auf besondere Maßnahmen zur Höhenkorrektur verzichten. Durch die feldweise Herstellung, beginnend am Widerlager Achse 10, wird es erforderlich, in der Achse 20 eine temporäre Längsfesthaltekonstruktion an den Kalottenlagern vorzusehen. Nach Betonage des Bauabschnittes 5 und der Anordnung der längsfesten Lager in Achse 60 für den Endzustand wird die temporäre Festhaltung in Achse 20 deaktiviert. 3 Bauverfahren Die Herstellung des Brückentragwerkes erfolgt feldweise mittels einer Vorschubrüstung in neun Bauabschnitten, wobei ihr Ablauf für beide Überbauten identisch ist. Beginnend an der Achse 10 wird zuerst der nördliche Überbau der Richtungsfahrbahn München und im Anschluss jener der Richtungsfahrbahn Mühldorf hergestellt. Es wird eine untenliegende Vorschubrüstung der Firma LGB-Lehrgerüstbau verwendet. Sie hat eine Länge von 134,50 m und besteht aus 3,80 m hohen Hauptbindern sowie Vor- und Nachläufern. Zusammen mit dem Schalungsaufbau ergibt sich für die Vorschubrüstung ein Gesamtgewicht von maximal 670 t. Die Vorschubrüstung gliedert sich in zwei räumliche Fachwerkbinder, die jeweils unter den Kragarmen der Fahrbahnplatte angeordnet werden. Darüber werden in Brückenquerrichtung Schalungsquerträger mit einem Mittelstoß sowie zusätzliche Schrägabstützungen vorgesehen. Abgesehen von den Bauabschnitten 1 und 9, dort erfolgt die Auflagerung auf den Widerlagerfundamenten, wird die Vorschubrüstung an den Koppelstellen der Überbaukragarme des vorab hergestellten Bauabschnittes angehängt bzw. an den folgenden Pfeilern des zu betonierenden Überbautaktes über Traggerüstjoche aufgelagert.

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6 Goldachtalbrücke im Bauzustand © ARGE A 94 Isentalautobahn

4 Bauablauf 4.1 Baustraßen und Baufeld Im Sommer 2016 wurde mit der Baufeldfreimachung und Baustraßenherstellung begonnen. Auf die Errichtung einer Behelfsbrücke über die Goldach konnte verzichtet werden, da beide Widerlagerachsen über bestehende Ortsverbindungsstraßen angefahren werden können. Es wurde allerdings ein Holzsteg über die Goldach und durch das FFHGebiet als Fußweg und für Kleintransporte errichtet. Im Laufe der Bauabwicklung wird die Gemeindeverbindungsstraße Unterstollnkirchen–Schwindkirchen hinter der Widerlagerachse 10 auf die spätere Lage bei Autobahnbetrieb zwischen den Achsen 10 und Achse 20 umgelegt. Da diese Straße gleichzeitig als Zufahrt des Baustellenbereichs westlich der Goldach dient, muss der Zeitpunkt der Umlegung und des Rückbaus der vorhandenen Straße genau mit dem Bauablauf der Brückenerrichtung abgestimmt werden.

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4.2 Gründung und Baugruben Die Bohrpfähle für die Tiefgründung konnten innerhalb von sieben Monaten ohne größere Probleme kontinuierlich mit einer LB 36 durch Wayss & Freytag Spezialtiefbau hergestellt werden. Ausgeführt wurden Bohrpfähle mit einem Durchmesser von 1,50 m und Einzellängen bis zu 17,50 m bei einer Gesamtpfahlmeterlänge von ca. 2.500 lfm, einschließlich erforderlicher Leerbohrungen. Erwähnenswert ist, dass die Bohrpfähle der Pfeilerachsen 60 und 70, welche das zu schützende FFH-Gebiet tangieren, senkrecht geplant und hergestellt wurden. Bei Schrägpfählen hätte hier das Bohrgerät, technologisch bedingt, zusätzliche FFH- bzw. Uferbereiche der Goldach in Anspruch nehmen müssen.

7 Einsatz des Bohrpfahlgeräts © ARGE A 94 Isentalautobahn


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Aufgrund der vorhandenen Grundwasserverhältnisse sind bis auf Achse 20 alle Pfeilerbaugruben als ausgesteifte Spundwandkästen geplant und ausgeführt worden. Dabei wurde die Sauberkeitsschicht als aussteifende Scheibe mit einer Dicke von 20 cm mattenbewehrt realisiert, so dass die Gurtung bereits vor Herstellung der Pfahlkopfplatten wieder ausgebaut werden konnte. Dadurch ließen sich die Baugrubenabmessungen minimieren, was wirtschaftliche Vorteile bringt, aber auch im Bereich des angrenzenden FFHGebietes geringere erforderliche Eingriffe nach sich zieht. Für die Achse 20 war zunächst eine konventionelle Baugrube mit einer Böschungsneigung von 45° vorgesehen. Infolge des Antreffens von gespanntem Grundwasser in Verbindung mit anstehenden Feinsandlagen stellten sich die Baugrubenwände jedoch als nicht standsicher heraus. Es kam zu Böschungsrutschen. Nach Prüfung verschiedener

Varianten wurde entschieden, als Sanierungsmaßnahme eine umlaufende Tiefendränage herzustellen. Die Umsetzung erfolgte mit einer zu diesem Zeitpunkt bereits in einem anderen Bereich der Baustelle eingesetzten Tiefendränagemaschine. Die Dränage einschließlich Kiespackung wurde umlaufend in einer Tiefe von 4,00 m mittels Schaufelradschwert eingebracht und an einen Pumpenschacht angeschlossen. Aufgrund des bei einem Autobahnneubau nur begrenzt möglichen Grunderwerbs entlang der neuen Trasse stehen für die Bauausführung generell lediglich begrenzte Baustellen- und Lagerflächen zur Verfügung. Die Bohrpfahl- und Baugrubenaushubmengen an der Goldachtalbrücke konnten nach Abstimmung mit dem Erdbaulos temporär bis zur Wiederverwertung als Bauwerkshinterfüllung bzw. bis zur endgültigen Deponierung auf der benachbarten Fläche, der späteren PWC-Anlage (Parkplatz und Toilette), zwischengelagert werden.

4.3 Widerlager und Pfeiler Die Widerlager sind als schlanke Hohlwiderlager ausgeführt, welche im Vergleich zu Vollwiderlagern zwar einen erhöhten Schalungsaufwand bedingen, aber dennoch aus betontechnologischen Gründen zur besseren Rissvermeidung priorisiert wurden. Zur optimalen Verdichtung wurden zusätzlich Schalungsaußenrüttler eingesetzt, um bei Widerlagerwandbetonagen bis zu 10,80 m Höhe die erforderliche Betonqualität zu gewährleisten. Die Rechteckpfeiler, welche sich nach oben hin konisch verjüngen, werden infolge einer vergleichsweise geringen Bauteilhöhe von maximal 11,80 m bis zum Pfeilerkopfkragen in einem Arbeitsgang betoniert. Die aufgehenden Pfeilerköpfe werden in einem zusätzlichen Arbeitsschritt hergestellt.

8 Herstellung der Pfeiler © ARGE A 94 Isentalautobahn

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4.4 Überbau Für die Herstellung des einzelligen, längsvorgespannten Überbauhohlkastens kommt, wie bereits beschrieben, ein untenliegendes Vorschubgerüst zum Einsatz. Dabei erfolgt die Realisierung der Überbautakte kontinuierlich von Achse 10 durchlaufend bis Achse 100. Die Vorschubrüstung (VSR) besteht aus zwei auf Jochen aufgelagerten Hauptbindern mit aufgelagerten Querträgern, auf denen mit Schalungstürmen die Trogaußenschalung sowie die Kragarmschalung aufgebaut sind. Wegen der im Hauptfeld herzustellenden Vouten wird die VSR in entsprechender Tieflage geführt. Aufgrund der bis auf Feld 2–4 stets unterschiedlichen Einzelfeldlängen ist die Vorschubrüstung nach jedem Takt immer wieder anzupassen. Ebenso ist bei jedem Takt der Bodenschalungsaufbau wegen der ungleichen Position des stützenden Pfeilers in Längsrichtung anzupassen. In den gevouteten Bereichen werden zur Überwindung des Höhenunterschiedes zusätzlich Holzaufständerungen angeordnet, da dies mit den Standardhöhen der Schalungstürme nicht mehr möglich ist. Die Herstellung der jeweiligen Überbautakte erfolgt in zwei Abschnitten: Zunächst wird der Trog, bestehend aus Bodenplatte und Stegen inklusive Endquer- bzw. Stützquerträgern entsprechend den abgestimmten Betonierablaufkonzepten betoniert. Teilweise werden die Bodenlisenen im Nachgang aufbetoniert, um die Trogherstellung zu beschleunigen. Nach Erreichen der erforderlichen Nennfestigkeit von hier 34 MN/m2 werden gemäß den jeweiligen rechnerischen Vorgaben zwei bis sechs Trogspannglieder voll vorgespannt und anschließend verpresst. Hierdurch erfolgt eine teilweise Aktivierung des Troges und somit eine Entlastung der VSR für den Zeitpunkt der Fahrbahnplattenherstellung.

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Als zweiter Abschnitt schließt sich danach die Herstellung der Fahrbahnplatte an. Hier ist als Erstes zu erwähnen, dass wegen der relativ geringen Bauhöhe des Überbaus die Stützquerträger infolge statischer Randbedingungen (Ableitung der Vertikalkräfte in den Auflagerbereichen) bereits vor Herstellung der Fahrbahnplatte in voller Höhe errichtet werden müssen. Dies hat zur Folge, dass die Fahrbahnplattenschalung, nicht wie sonst üblich, als fahrbare Schublade ausgeführt werden kann, sondern stattdessen auf Schalungstürme zurückgegriffen werden muss, welche nach jeder Fahrbahnplattenbetonage innerhalb des entstandenen Hohlkastens komplett auszubauen, längs zu transportieren und wiederaufzubauen sind. Nach durchgeführter Teilvorspannung der Bodenplatte, Umbau der Schalung sowie erfolgtem Verlegen der Einbauteile und der Bewehrung wird die Fahrbahnplatte betoniert. Sobald sie die benötigte Nennfestigkeit erreicht hat, können alle restlichen Spannglieder gespannt sowie im Nachgang verpresst werden. Wenn dann der Verpresszement ausgehärtet ist, wird mit dem Absenken der Schalung und dem Verfahren der Rüstung begonnen. Die Herstellung der Feldumlenklisenen für die externe Vorspannung erfolgt zu einem späteren Zeitpunkt. Die Bewehrung wird mittels Schraubanschlüssen nachträglich eingebaut. Betoniert wird durch dafür vorgesehene Öffnungen in der Fahrbahnplatte. Um deren Anzahl so weit wie möglich zu minimieren, ist vorgesehen, die Bauteile mit einem Beton hoher Konsistenz (F 6) und unter Zuhilfenahme von Schalungsaußenrüttlern einzubauen. Hierfür wurde im Vorfeld erfolgreich ein Probekörper hergestellt. Der Einbau der externen Vorspannung erfolgt erst nach Fertigstellung des gesamten Überbaus.

Die für den Brückenbau erforderlichen Vertikal- und Horizontaltransporte werden, den jeweiligen Anforderungen entsprechend, unterschiedlich umgesetzt. So erfolgt die Herstellung der Widerlager mit stationären Schnellmontagekränen, im Bereich der Pfeiler- und Überbauherstellung kommen Turmdrehkräne mit Raupenfahrwerk und bei Bedarf Autokräne zum Einsatz. Die Montage des VSG sowie das Umsetzen von VSR-Teilen geschehen ebenfalls mit Autokränen. Auf die Positionierung eines Krans auf dem Überbau wurde in Hinblick auf die relativ geringe Brückenhöhe verzichtet. Aus demselben Grund erfolgen auch sämtliche Überbaubetonagen mittels Betonpumpe von unten. Bis zur Fertigstellung der Brücke müssen nachfolgend unter anderem noch Abdichtungsarbeiten, Kappenherstellung, Gussasphalt- und Deckschichteinbau sowie die Montage von Fahrzeugrückhaltesystemen und Lärmschutzwänden durchgeführt werden.


SYMPOSIUM

5 Zusammenfassung Unter Berücksichtigung aller Randbedingungen wird die Goldachtalbrücke nach Fertigstellung ein Bauwerk sein, das in puncto Dauerhaftigkeit und Robustheit eine Lösung darstellt, die wirtschaftlich zu realisieren war und kostengünstig zu unterhalten sein wird. Die Überfahrbarkeit des ersten Überbaus ist für den 15. Juli 2018 vorgesehen. Die Fertigstellung der Goldachtalbrücke ist mit allen Restleistungen zum Gesamtübergabetermin des Autobahnteilstücks zum 31. Oktober 2019 geplant. Autoren: Dipl.-Ing. (FH) Wolfgang Weiß SRP Schneider & Partner Ingenieur-Consult GmbH, Kronach Dipl.-Ing. Sven Hofmann ARGE A94 Isentalautobahn, Dorfen

Bauherr Bundesrepublik Deutschland Bauherrenvertreter Autobahndirektion Südbayern, München

Bauausführung ARGE A 94 Isentalautobahn, Dorfen

Technische Bearbeitung SRP Schneider & Partner Ingenieur-Consult GmbH, Kronach

Nachunternehmer Wayss & Freytag Ingenieurbau AG, Bereich Süd, Niederlassung Passau Habau Hoch- und Tiefbaugesellschaft m.b.H., Perg

Prüfstatik Prof. Dr.-Ing. Jürgen Feix, München

Baugrundgutachten TÜV Rheinland LGA Bautechnik GmbH, Nürnberg

Gesamtauftragnehmer Isentalautobahn GmbH & Co. KG, Ampfing

Traggerüst LGB operations GmbH, Meiningen

Nord-Lock – die zuverlässige Schraubensicherung Die Nord-Lock Keilsicherungstechnologie ist seit Jahrzehnten das bewährte Prinzip zur Sicherung von Schraubenverbindungen. Die original Nord-Lock Keilsicherungsscheiben, exklusiv mit allgemeiner bauaufsichtlicher Zulassung durch das DIBt, sind nach DIN 25 201 ein rein mechanisches Befestigungselement. Sie sichern zuverlässig Schraubenverbindungen verschiedener Ankersysteme von Lärmschutzwänden. Spontanes Lösen von Schraubenverbindungen bei der Befestigung von Lärmschutzwänden, aufgrund von Vibrationen durch Druck- und Sogwirkungen, kann somit verhindert werden. Die Vorteile • Maximale Sicherheit für Ankersysteme von Lärmschutzwänden • Sicherung durch Klemmkraft anstatt durch Reibung • Schnelle und einfache Montage

www.nord-lock.de 5 . 2017 | BRÜCKENBAU

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SYMPOSIUM Entwurf, Planung und Bauausführung

Konzept und Herstellung der Isentalbrücke von Wolfgang Weiß, Alexander Marx

Im Zuge des Neubaus der A 94 im Planungsabschnitt zwischen Pastetten und Dorfen wird das Isental mit einer ca. 600 m langen Talbrücke überspannt. Der Querungsbereich kann als breiter flacher Talraum beschrieben werden, der überwiegend als Grünland genutzt wird. Entlang der Isen finden sich Feuchtwiesen und zahlreiche Feuchtbiotope. Im unmittelbaren Bereich der Isen ist ein FFH-Gebiet ausgewiesen, das zu schützen ist und als Baufeld nicht zur Verfügung steht. Im Bereich der Talflanken queren die Kreisstraße ED 12 und eine Gemeindeverbindungsstraße den Trassenverlauf der A 94.

1 Ansicht von Süden © SRP Schneider & Partner Ingenieur-Consult GmbH

2 Längsschnitt: Überbau Nord © SRP Schneider & Partner Ingenieur-Consult GmbH

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1 Überblick: Bauwerk 1.1 Referenzplanung Die Isentalbrücke wird als zweistegiger Plattenbalken in Spannbetonbauweise als Durchlaufträger über 14 Felder hergestellt. Die Spannweiten betragen zwischen 33,00 m in den Endfeldern, 35,00– 42,00 m in den Randfeldern und in den gevouteten Mittelfeldern 50,00 m bzw. 60,00 m. Daraus ergibt sich eine Gesamtstützweite von 594,00 m. Der Überbauquerschnitt entwickelt sich über die vorgegebene Fahrbahnbreite von 11,50 m. Ergänzt wird der Querschnitt durch die Außenkappe mit einer Breite von ca. 2,40 m und der Anordnung der Mittelkappe. Die Breite der Außenkappe ergibt sich durch die gewählte Lärmschutzwand aus Stahlbetonfertigteilen mit einer beidseits angeordneten hochabsorbierenden Vorsatzschale. Daraus resultiert eine Überbaubreite je Richtungsfahrbahn von ca. 15,40 m und eine Gesamtbreite des Überbaus von ca. 30,80 m.

1.2 Entwurfsplanung im ÖPP-Bieterverfahren Diese Randbedingungen sind in den übergebenen Referenzentwurf der Autobahndirektion Südbayern eingeflossen, die im Rahmen der Ausschreibung des ÖPP-Projektes als Bestandteil der Vergabeunterlagen übergeben wurden. Im Grunde hat die Referenzplanung die äußeren Parameter einschließlich der Tragkonstruktion für das Bauwerk bestimmt. Sowohl die Stützweiten und Pfeilerstandorte als auch die tragenden Bauwerkselemente der Unterbauten und des Überbaus wurden übernommen. Aufgabenstellung war unter anderem die Auswahl des Herstellverfahrens und der Traggerüste des Überbaus unter Berücksichtigung der variablen Stützweiten sowie der gevouteten Mittelfelder in Verbindung mit dem möglichen Lastabtrag in den Baugrund und der Tabuzone FFHGebiet im Querungsbereich der Isen, die gleichzeitig im Mittelfeld mit der größten Stützweite liegt.


SYMPOSIUM

3 Grundriss mit Draufsicht © SRP Schneider & Partner Ingenieur-Consult GmbH

Weitere Randbedingung zur konzeptionellen Umsetzung des Herstellverfahrens der Isentalbrücke war die Einbindung in den Gesamtbauablauf der A 94, das heißt die terminlichen Schnittstellen zur Hinterfüllung der Widerlager, bauzeitliche Überfahrbarkeit und die nachlaufenden Leistungen der Strecke, um die Gesamtfertigstellung zu gewährleisten. Hierzu wurde insbesondere die Errichtung der Überbauten mit verschiedenen Varianten hinterlegt und sowohl terminlich als auch wirtschaftlich bewertet. Dies waren unter anderem der Einsatz von Vorschubgerüsten, beginnend an einem Widerlager mit kontinuierlicher Herstellung des Überbaus über die gesamte Bauwerkslänge, oder die kombinierte Herstellung abschnittsweise auf Traggerüst mit Zwischenunterstützungen in Verbindung mit Vorschubgerüsten, beginnend von beiden Widerlagern einschließlich der Kopplung im Mittelfeld. Begleitend zu den beiden Variantenbetrachtungen des Überbaus wurden die statischen und konstruktiven Auswirkungen sowohl auf die Überbaukonstruktion als auch auf die Unterbauten untersucht. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse sind letztendlich in die abschließende Entwurfsplanung im ÖPP-Bieterverfahren eingeflossen und haben sowohl das gewählte Bauverfahren als auch die weitere Dimensionierung aller Bauteile und konstruktiven Details bestimmt.

1.3 Baugrund Wesentliche Bereiche des Talgrundes werden von gering bis baupraktisch nicht tragfähigen bindigen Decklagenböden und Torfen bestimmt. Danach folgen mittel bis gut tragfähige, locker bis mitteldicht gelagerte, quartäre Kiese und Sande. Darunter stehen dann gut tragfähige, tertiäre Sedimente in Form einer Wechsellagerung aus dicht bis sehr dicht gelagerten Kiesen und Sanden an, die ab ca. 8–16 m unter Geländeoberkante von mittel bis gut tragfähigen, bindigen Tertiärböden mit einer selten steifen, meist halbfesten bis festen Konsistenz unterlagert werden. Unter einer bindigen Zwischenschicht, die durchgehend in allen Bohrungen erkundet wurde, stehen dann wieder sandige Tertiärböden mit einer dichten Lagerung an. Bereits ab Tiefen von 0,30 m unter Geländeoberkante wurde das erste zusammenhängende, teils etwas gespannte Grundwasser erkundet: Bodengutachten von Crystal Geotechnik GmbH.

2 Tragwerk 2.1 Gründung Die Isentalbrücke wird mittels Großbohrpfählen tiefgegründet. Der Bohrpfahldurchmesser wird einheitlich mit 120 cm gewählt, die Herstellung erfolgt teilweise mit einer Neigung von 10:1. Die Pfahllängen variieren zwischen 16,00 m und 34,00 m. Im Bereich der Achsen 60 und 70 ist aufgrund des begrenzten Baufeldes durch das FFH-Gebiet und der daraus resultierenden Standplätze des Bohrgerätes die Gründung nur mit senkrechten Bohrpfählen möglich. Im Bereich der Achse 30 tangiert die geplante Bohrpfahlgründung die vorhandene Transalpine Ölleitung, wodurch hier ebenfalls die Bohrpfähle senkrecht ausgeführt werden müssen. Durch die gewählten Bohrpfähle besteht die Möglichkeit, die vorliegenden gering tragfähigen Decklagen zu überbrücken und eine einheitliche Gründung für die Abtragung der Bauwerkslasten unter Minimierung der Setzungsdifferenzen zwischen den Pfeilern sowie zwischen den Pfeilern und Widerlagern zu realisieren.

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SYMPOSIUM 2.3 Überbau Der Überbauquerschnitt des zweistegigen Plattenbalkens in Spannbetonbauweise orientiert sich im Wesentlichen an den Entwurfsmerkmalen des Referenzentwurfes. Die Stegspreizung wird mit 7,30 m übernommen, der Eingangswert für die Stegbreite beträgt 2,00 m. Die Fahrbahnplatte zwischen den Stegen wird am Anschnitt mit 60 cm und in Feldmitte mit 37,50 cm gewählt. Die Höhe der Kragarmplatte am Anschnitt der Stege wird mit 50 cm vorgesehen. In Verbindung mit den gewählten Stützweiten in Brückenquerrichtung kann auf eine Quervorspannung des Überbaus verzichtet werden. Die Bauhöhe im Regelbereich beträgt 2,50 m, was einer maximalen Schlankheit von 18 entspricht. Im Bereich der Achsen 60 und 70 wird die Bauhöhe auf 4,00 m erhöht. Der Querschnittshöhe im Feld der maximalen Stützweite von 60,00 m wird mit 2,75 m definiert. Hierbei erhöht sich die Schlankheit auf 22. Als Parameter zur Ausrundung der Überbauuntersicht dient eine Parabel 2,50-Grades.

4 5 Regelquerschnitte samt Pfeileransicht © SRP Schneider & Partner Ingenieur-Consult GmbH

2.2 Unterbauten Die Widerlager werden zur Wartung und Besichtigung begehbar ausgebildet. Die Pfahlkopfplatte wird als durchgehende Stahlbetonplatte realisiert. Die aufgehenden Widerlagerwände der Richtungsfahrbahnen des hohlen Widerlagers werden durch eine Raumfuge getrennt. Zur Reduzierung der Zwangsbeanspruchung infolge abfließender Hydratationswärme erfolgt bewusst die konstruktive Ausbildung mit den schlankeren Wänden gegenüber einer massiven Variante. Die Stützenpaare der Pfeilerachsen werden auf einer gemeinsamen Pfahlkopfplatte je Richtungsfahrbahn angeordnet. Aus gestalterischen Gründen werden Rundstützen mit einem Durchmesser von 2,30 m bzw. 2,65 m gewählt. Diese Durchmesser gewährleisten auch, dass die vorgesehenen Lager einschließlich der erforderlichen Pressenstandorte ohne ergänzende Maßnahmen auf dem Pfeilerkopf angeordnet werden können.

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SYMPOSIUM

Bedingt durch das gewählte Herstellverfahren wird auf die Anordnung von Stützquerträgern verzichtet. Im Bereich der Widerlager werden Endquerträger vorgesehen. Die Stege werden mit einer einheitlichen Neigung über die gesamte Brückenlänge ausgebildet, woraus sich eine variable Stegbreite ergibt. Durch die konstante Stegneigung lässt sich auf einen aufwendigen Umbau der Stegschalung wegen der variablen Bauhöhe verzichten. Lediglich ein Umbau der Bodenschalung ist durch die variable Bauhöhe erforderlich. Durch die gewählte feldweise Herstellung des Überbaus mittels Vorschubrüstung und die ungleichen Stützweiten ist der Abstand der Koppelfuge zur Pfeilerachse unterschiedlich: Er variiert von 6,50 m in den äußeren Feldern bis 12,50 m im Mittelfeld mit der maximalen Stützweite. Neben den statischen Anforderungen an den Überbau im Bauzustand der Betonage des folgenden Taktes und der resultierenden Anhängelast bestimmt ebenso die Tragfähigkeit der Vorschubrüstung die Lage der Koppelfuge. Zur Vorspannung des Überbaus kommt das Litzenspannverfahren VBT-KI mit nachträglichem Verbund von VBT-Systems der Gleitbau Ges.m.b.H. aus Salzburg zur Anwendung. Die Spannstahlgüte wird mit St 1660/1860 gewählt. In der Regel werden Spannglieder mit 19 Litzen bzw. 15 Litzen eingesetzt, die zum Teil gekoppelt werden. Im Bereich der gevouteten Felder werden in der Fahrbahnplatte zusätzliche Spannglieder mit geringerer Litzenanzahl aufgrund der gewählten Lage der Koppelfuge und zur Abtragung der höheren Anhängelasten aus der Vorschubrüstung erforderlich. Die besondere Herausforderung liegt in der konstruktiven Umsetzung der Spanngliedführung im Bereich des Lückenschlusses in Feld 6. Um die geplante Vorspannung der sich überlappenden Spannglieder aufzubringen, werden in den benachbarten Feldern auf der Innenseite der Stege Lisenen angeordnet. Durch die variablen Stützweiten ergeben sich unterschiedliche Verformungsanteile aus Eigen- und Ausbaugewicht, Vorspannung, Langzeitverformung des Überbaus sowie der Vorschubrüstung. Diese werden feldweise ermittelt und überlagert. Der erforderliche Ausgleich erfolgt über die spindelbaren Schalelemente.

2.4 Lagerungssystem Der Festpunkt des Bauwerkes in Brückenlängsrichtung wird durch die Anordnung eines allseits festen und eines längsfesten Lagers in den Achsen 70 und 80 je Überbau definiert. In allen weiteren Achsen einschließlich jener am Widerlager wird je Überbau ein querfestes und ein allseits bewegliches Lager angeordnet. Zum Einsatz kommen hochwertige Maurer-MSM®-Kalottenlager. Durch kompakte Bauweise ist im Auflagerbereich, insbesondere auf den Pfeilerköpfen, neben den Lagersockeln ausreichend Platz für das Aufstellen der Hubpressen für einen späteren Lagerwechsel. Aufgrund der setzungsunempfindlichen Gründung kann auf besondere Maßnahmen zur Höhenkorrektur verzichtet werden. Durch die feldweise Herstellung, beginnend an den Widerlagern, wird es erforderlich, in den Achsen 140, 110 und 20 temporäre Längsfesthaltekonstruktionen an den Kalottenlagern vorzusehen. Mit Aktivierung der temporären Festhaltung in Achse 110 wird die Festhaltung in Achse 140 deaktiviert, Achse 110 nach Betonage des Bauabschnittes 7 und der Anordnung der längsfesten Lager in Achse 80 für den Endzustand. Die temporäre Festhaltung in Achse 20 wird im Zuge des Lückenschlusses in Feld 6 deaktiviert. 3 Bauverfahren 3.1 Allgemeines Die Herstellung des Brückentragwerkes erfolgt feldweise mittels einer Vorschubrüstung in 14 Bauabschnitten. Der Herstellungsablauf ist für beide Überbauten identisch. Zuerst werden die östlichen Bauabschnitte 1–8, beginnend in der Achse 150, hergestellt, anschließend wird die Vorschubrüstung demontiert und in der Achse 10 zur Herstellung der Bauabschnitte 9–13 erneut montiert. Zur Ausführung des letzten Abschnittes wird die Rüstung an den Koppelfugen in den Achsen 60 und 70 angehängt. 3.2 Vorschubgerüst Es wird eine untenliegende Vorschubrüstung von LGB-Lehrgerüstbau verwendet. Die Gesamtlänge der Vorschubrüstung, bestehend aus den 2,55 m hohen Hauptbindern sowie den Vor- und Nachläufern, beträgt 126,50 m. Zusammen mit dem Schalungsaufbau ergibt sich für die Vorschubrüstung ein Gesamtgewicht von maximal 710 t.

Die Vorschubrüstung besteht aus drei räumlichen Fachwerkbindern. Jeweils ein Fachwerkbinder wird unter den Kragarmen der Fahrbahnplatte angeordnet, der Binder zwischen den Stegen wird durch zwei Zusatzscheiben verstärkt. Abgesehen von den Bauabschnitten 1 und 9, dort erfolgt die Auflagerung auf den Widerlagerfundamenten, wird die Vorschubrüstung an den Koppelstellen der Überbaukragarme des vorab hergestellten Bauabschnittes angehängt bzw. an den folgenden Pfeilern des zu betonierenden Überbautaktes über Traggerüstjoche aufgelagert. 3.3 Lückenschluss Die Verbindung der Bauabschnitte 1–8 (Feld 70–140) mit den Bauabschnitten 9–13 (Feld 1–5) erfolgt zwischen den Achsen 60 und 70 in Feld 6. Die zu betonierende Feldlänge beträgt aufgrund der Stützweite von 60,00 m unter Berücksichtigung der Lage der Koppelfugen 35,00 m. Die Betonage am Lückenschluss wird in zwei Arbeitsschritten durchgeführt: Im ersten Arbeitsgang werden die Stege bewehrt, die Spannglieder verlegt und in Feldmitte Gewi-Stäbe mit einer Länge von ca. 6,00 m einschließlich der erforderlichen Verankerungselemente und Zusatzbewehrung eingebaut. Bis auf einen Bereich mit einer Länge von 2,50 m in Feldmitte, den eigentlichen Lückenschluss, werden die Stege ohne Fahrbahnplatte betoniert. Nach Erhärtung des Betons werden die Gewi-Stäbe mit Hilfe eines temporären Druckriegels und einer Presse vorgespannt. Im Anschluss erfolgt der kraftschlüssige Einbau der Druckglieder. Dies sind Walzprofile mit beidseits angeschweißten Kopfplatten. Der kraftschlüssige Einbau wird durch den Einsatz von Ausgleichsmörtel und Keilplatten gewährleistet. Anschließend wird der temporäre Druckriegel einschließlich Presse ausgebaut und die bauzeitliche Festhaltung in Achse 20 gelöst. Im zweiten Arbeitsgang wird die Bewehrung der Fahrbahnplatte ergänzt, die offene Fuge im Steg samt Fahrbahnplatte betoniert und die durchlaufenden Spannglieder über die in den Nachbarfeldern angeordneten Steglisenen vorgespannt.

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SYMPOSIUM

4 Bauablauf 4.1 Baustraßen und Baufeld Als vorbereitende Maßnahme wurde Anfang Sommer 2016 eine Baustraße mit Behelfsbrücke (Tragkraft 87 t) über die Isen errichtet. Zwar ist die Baustelle von beiden Seiten über öffentliche Straßen gut erreichbar, jedoch werden über diese Baustraße auch die Massenausgleichstransporte des Erdbaus durchgeführt und ermöglichen hiermit natürlich einen effizienten Baubetrieb. Im Zuge der Gesamtbaumaßnahme werden die bestehenden Gemeindeverbindungsstraßen zwischen Isen und Lengdorf (ED 12) bzw. Lengdorf und Innerbittlbach unter die neuzuerrichtende Brücke verlegt, da aufgrund der Höhenlage der A 94 die vorhandenen Gemeindestraßen überschüttet werden. Die Zeitpunkte der Umlegungen dieser Straßen sind exakt auf den Bauablauf der Brückenbaustelle abgestimmt. 4.2 Gründung und Baugruben Als Gerät zur Herstellung der Großbohrpfähle mit einem Durchmesser von 120 cm war ursprünglich eine Drehbohranlage vom Typ LB 36 geplant. Aufgrund von diversen Problemen bei der Bohrpfahlherstellung entstanden Verzögerungen von rund zwei Monaten. Um diesen Rückstand aufzuholen, wurden letztendlich drei Bohrgeräte parallel auf der Baustelle eingesetzt und eine vierte Maschine als Redundanzgerät vorgehalten, um einen Stillstand bei der Überbauherstellung zu vermeiden.

7 Einsatz von drei Bohrpfahlgeräten © Habau Hoch- und Tiefbaugesellschaft m.b.H.

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6 Isentalbrücke im Bauzustand © ARGE A 94 Isentalbrücke

Aufgrund der unterschiedlichen Höhenlagen der grundwasserführenden Schichten wurden neun der 15 Bauwerksachsen mit Hilfe von Spundwandkästen ohne Aussteifung als Baugrubenverbau ausgeführt. Die restlichen sechs Baugruben wurden mittels einer Böschung von 1:1 hergestellt.

Das dabei anfallende Grundwasser wurde mittels Pumpensumpf gesammelt und mit Wasserpumpen in den vorhandenen Entwässerungsgraben befördert. Das Grundwasser wurde in weiterer Folge in einem Absetzbecken gereinigt und in den Vorfluter eingeleitet. Da der Entwässerungsgraben im nordöstlichen Bereich der Baustraße liegt, wurden hier pro Achse Leerrohre unter der Baustraße eingebaut, um das Wasser auf kürzestem Weg aus der Baugrube zu bringen und den Baustellenlängsverkehr auf der Baustraße nicht zu behindern. Der anfallende Erdaushub wurde im Nahbereich hinter den Widerlagern zwischengelagert. Dieses Material wird später wieder zum Hinterfüllen der Baugruben und in weiterer Folge mit Hilfe von Kalk- und Zementstabilisierung als Dammschüttung und Widerlagerhinterfüllung verwendet.


SYMPOSIUM

8 9 Pfeilerschutz, Pfeilerschalung und Pfeilerbewehrung © Habau Hoch- und Tiefbaugesellschaft m.b.H.

4.3 Widerlager und Pfeiler Die Schwierigkeit bei der Herstellung der Widerlager lag darin, dass je Richtungsfahrbahn der Flügel sowie die vordere und hintere Widerlagerwand bei einer Bauhöhe bis zu 8,60 m in einem Betonierabschnitt hergestellt wurden. Daher musste bei der Betonage mit größter Sorgfalt auf die Verdichtung Wert gelegt werden, um die erforderliche Betonqualität gemäß Pflichtenheft herzustellen.

Um Fehlstellen in der Betonoberfläche zu vermeiden, wurden zusätzlich zu den Innenflaschenrüttlern luftbetriebene Schalungsaußenrüttler eingesetzt. Als Schalungssystem kam eine Rahmenschalung mit Raubrettbelegung zum Einsatz. Die massiven Rundstützen mit jeweils konstantem Durchmesser haben eine maximale Höhe von 11,30 m. Dadurch ist eine Herstellung in einem Betonierabschnitt möglich. Als Schalungssystem sind hier zwei werksgefertigte Trägerschalungssätze mit Romenaden und Raubrettbelegung im Einsatz. Die Bewehrung für die Pfeiler wird nicht in der eigentlich stehenden Schalung verlegt, sondern, in einem eigenen Element liegend, auf der Baustelle vorgefertigt. Somit kann einerseits die Bewehrungsverlegung kontinuierlich erfolgen und andererseits die Herstellung der Pfeiler beschleunigt werden, da die fertige Bewehrung nur mehr eingehoben wird.

Damit die Schalung eine optimale Verwendung findet und sich die Betonnachbehandlung laut ZTV-Ing einhalten lässt, wird der Pfeiler am nächsten Tag ausgeschalt und sofort mit einer angefertigten Schutzhülle mit innenliegendem Vlies verhüllt. Diese Schutzhülle verbleibt dort bis zum Erreichen von 70 % der Endfestigkeit der Pfeiler. 4.4 Überbau Insgesamt besteht der Überbau aus 14 Bauabschnitten je Richtungsfahrbahn, welche, je nach Bauabschnittslänge, in zwei bis vier Wochen auf der untenliegenden Vorschubrüstung hergestellt werden. Die Bauabschnittslängen variieren von 35,00 m bis 52,00 m. Aufgrund der unterschiedlichen Spannweiten ist es notwendig, bei jedem Feld, ausgenommen neun und zehn, die Schalungsquerträger und die Schalungselemente im Pfeilerbereich anzupassen.

10 Überbauherstellung mittels Vorschubrüstung © Habau Hoch- und Tiefbaugesellschaft m.b.H.

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11 12 Überbauschalung und Lisenenschalung © Habau Hoch- und Tiefbaugesellschaft m.b.H.

Die Herstellung der Überbautakte erfolgt von Achse 150 bis Achse 70. Daraufhin wird die Vorschubrüstung ab- und bei Achse 10 wieder aufgebaut. Von Achse 10 aus werden die restlichen Felder bis zum Lückenschluss hergestellt. Anschließend wird die Vorschubrüstung wieder abgebaut und die Realisierung der zweiten Richtungsfahrbahn beginnt, analog, wie vorher beschrieben, bei Achse 150. Diese Ab- und Aufbauarbeiten sind einerseits sehr aufwendig, aber aufgrund der statischen Tragfähigkeit der Vorschubrüstung erforderlich. Da das Ausführungsteam gut aufeinander eingespielt ist, wird so ein Komplettab- und -wiederaufbau innerhalb von zwei Wochen realisiert. Eine technische Herausforderung bei der Herstellung des Überbaus sind das Hauptfeld über der Isen und die beiden angrenzenden Felder links und rechts: Die beiden Felder vor und nach der Isen besitzen steginnenseitig liegende Spannlisenen, und die Steghöhe variiert hier zwischen 2,50 m und 4,00 m. Dieser Bereich besitzt

somit eine Voutung der Stege. Um sie herzustellen, werden die Schraubverbindungen der Schalungsquerträger gelöst und eine Ausklinkung aus Stahlträgern eingebaut. In weiterer Folge wird in jenem Bereich die Stegschalung verlängert und die Bodenschalung neu montiert. Infolge der Spannlisenen wird dabei die Mittelschalung komplett ausgebaut und durch ein schmaleres Rüstsystem der Schalung mit aufgedoppelten Schalungskästen ersetzt. Um den Einbau der Hüllrohre für die späteren Spannglieder zu erleichtern, werden die Auflagerstellen der Unterstellungsbügel, farblich gleich wie die einzelnen Spannglieder am Spanngliedplan, bei der Herstellung vor Ort markiert. Dadurch erfolgt der Einbau effizienter, verbunden mit der Minimierung einer Fehlerquelle durch das Verwechseln einzelner Spannglieder. Das Spannsystem liefert VBT Gleitbau, es ist nicht vorproduziert, wobei Spannglieder mit 9–19 Litzen eingesetzt werden. Die höchste Spann-

13 14 Vorgefertigte Unterstellungsbügel mit farblicher »Hüllrohrmarkierung« © Habau Hoch- und Tiefbaugesellschaft m.b.H.

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kabelanzahl je Steg beträgt 19, welche am Pfeilerquerschnitt bei den Achsen 60 und 70 in drei Ebenen verlaufen. Dort ist der Betoneinbau nur mit vorher geplanten Einfüllöffnungen und Rüttelgassen möglich. Der Plattenbalkenquerschnitt wird auf Basis des abgestimmten Betonierkonzepts in einem Abschnitt hergestellt. Der Einbau des Betons erfolgt immer mit zwei Pumpen mit je 42–60 m Mastlänge in Abhängigkeit von der Bauabschnittslänge. Nach Erreichen der erforderlichen Nennfestigkeit von 30 N/mm² werden die Spannglieder auf 100 % der berechneten Kraft vorgespannt und die Vorschubrüstung abgesenkt, auseinandergefahren und zum nächsten Abschnitt vorgefahren. Da die Stege einen relativ großen Querschnitt besitzen, ist die Wärmeentwicklung für das nachfolgende Verpressen der Spannglieder stets zu berücksichtigen.


SYMPOSIUM Die Kappen werden mit einem untenliegenden Schalwagen mit einer Baulänge von 25,80 m ab 2018 hergestellt. Die Bauabschnittslänge der einzelnen Kappenschüsse beträgt 20,00 m. Die Herstellung und logistische Versorgung dieses 594 m langen Bauwerks werden über unterschiedliche Transport- und Hebekonzepte umgesetzt. Die Widerlager wurden aufgrund eines geringeren Hebegewichtes und einer längeren stationären Einsatzzeit mit Hilfe von Schnellmontagekränen errichtet. Die Pfahlkopfplatten wurden mit einem Rotationsteleskopstapler hergestellt, welcher auch die meisten horizontalen Zwischentransporte auf dem Bauvorhaben durchführt. Das Verheben der Pfeilerschalung ist aufgrund des großen Gewichtes von 7,50 t nur mit Autokränen möglich. Nach Fertigstellung einer Achse (vier Pfeiler) wird die Pfeilerschalung ebenfalls mit dem Autokran direkt zur nächsten Achse weitergehoben und nicht mit Satteltransport weitergeführt. Das Haupthebegerät ist ein Raupenkran von Typ 120 K.1. Dieser universell einsetz- und fahrbare Untendreher hat eine Ausladung von 50 m und eine maximale Tragkraft von 8 t, welche beim Verheben der Spannstahlcoils benötigt wird.

Für die Auf- und Umbauarbeiten der Vorschubrüstung kommen wegen der hohen Stückgewichte von bis zu 63 t ebenfalls nur Autokräne zum Einsatz. Aufgrund diverser Verzögerungen aus Witterung und Baufortschritt ist es dem ausführenden Team bisher gelungen, durch Forcierung mit Wochenend- und Feiertagsarbeit die bisher entstandenen Rückstände größtenteils wieder aufzuholen. 5 Zusammenfassung Unter Berücksichtigung aller Randbedingungen wird die Isentalbrücke nach Fertigstellung ein Bauwerk sein, das in puncto Dauerhaftigkeit und Robustheit eine Lösung darstellt, die wirtschaftlich zu errichten war und kostengünstig zu unterhalten ist. Die Fertigstellung des Gesamtbauwerks ist für Anfang 2019 vorgesehen. Autoren: Dipl.-Ing. (FH) Wolfgang Weiß SRP Schneider & Partner Ingenieur-Consult GmbH, Kronach Bmstr. Dipl.-Ing. Alexander Marx Habau Hoch- und Tiefbaugesellschaft m.b.H., Perg

Bauherr Bundesrepublik Deutschland Bauherrenvertreter Autobahndirektion Südbayern, München Technische Bearbeitung SRP Schneider & Partner Ingenieur-Consult GmbH, Kronach Prüfstatik Dr.-Ing. Markus Hennecke, München Gesamtauftragnehmer Isentalautobahn GmbH & Co. KG, Ampfing Bauausführung ARGE A94 Isentalautobahn, Dorfen Nachunternehmer Wayss & Freytag Ingenieurbau AG, Bereich Süd, Niederlassung Passau Habau Hoch- und Tiefbaugesellschaft m.b.H., Perg Baugrundgutachten Crystal Geotechnik GmbH, Utting Traggerüst LGB operations GmbH, Meiningen

 Brückenentwässerung  Tunnelentwässerung  Kabelschutzrohr  Vogeleinflugschutz

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SYMPOSIUM Planung und Ausführung

Die Rimbachtalbrücke von Otto Wurzer, Sven Hofmann

Eine 350 m lange achtfeldrige Spannbetonkonstruktion überführt die neue Autobahn A 94 über das Rimbachtal. Das dort vorhandene ökologische Umfeld sowie ein enger Bauterminplan erfordern den Einsatz verschiedener Bauverfahren zur Herstellung der Brückenüberbauten, insbesondere auch der Freivorbauweise. Dammschüttungen an den Widerlagern und erst tief im Baugrund anstehende tragfähige Bodenschichten führen bei der Tiefgründung des Bauwerks zu Bohrpfahllängen bis zu 44 m. 1 Allgemeines Ab Bau-Kilometer 41+633 verläuft die neue A 94 über das Rimbachtal, zunächst in einem schwachen Übergangsbogen (A = 700) und ab Bau-Kilometer 41+816 in einer Geraden trassiert. Eine 350 m lange Deckbrücke überführt die A 94 in Ost-West-Richtung über die Gemeindeverbindungsstraße Mitterrimbach– Schwindegg, über eine 20-kV-Kabeltrasse, über den Rimbach sowie über ein dort vorhandenes FFH-Gebiet. Die Gradiente der A 94 liegt in diesem Abschnitt zwischen einer schwachen Kuppe im Westen und einer Wanne im Osten, so dass die A 94 im Brückenbereich ein variables Längsgefälle von im Mittel 1,00 % aufweist. Der Kreuzungswinkel des Bauwerks beträgt 100 gon.

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1 Lageplan © Autobahndirektion Südbayern

2 Überblick: Bauwerk Gemäß Planfeststellungsbeschluss zur A 94 soll die Rimbachtalbrücke als achtfeldrige Spannbetonkonstruktion ausgeführt werden (Bild 2 und Bild 3). Die Einzelstützweiten betragen 30,00 m, 35,00 m, 40,00 m, 40,00 m, 45,00 m, 45,00 m, 65,00 m, 50,00 m. Ein entlang dem Rimbach verlaufendes FFH-Gebiet macht die zwischen den Pfeilerachsen 70 und 80 vorhandene große Spannweite von 65 m erforderlich. Die beiden Richtungsfahrbahnen werden auf getrennten Überbauten geführt, die einzellige Hohlkastenquerschnitte aufweisen (Bild 4). Aus einer Gesamtbreite zwischen den Geländern von 29,60 m resultieren Überbaubreiten von 14,785 m bzw. 14,445 m ohne Kappen. Zwischen den Achsen 10 und 60 beträgt die Überbauhöhe konstant 2,60 m. Wegen der großen Stützweite im siebten Feld werden die Überbauten über den Pfeilern in den Achsen 70 und 80 unterseitig angevoutet auf eine Querschnittshöhe von 4,50 m. Die Anvoutung verläuft bogenförmig. Um die Stegneigung über die gesamte Brückenlänge konstant zu halten, geht mit der Anvoutung eine Verringerung der Breite der Überbauunterseiten von 6,40 m auf 5,30 m einher.

Kalottenlager dienen zur Auflagerung der Überbauten in den Achsen 10 bis 90. In Längsrichtung wurden die Festpunkte der beiden Überbauten auf den Pfeilern in Achse 80 angeordnet. In den Achsen 10 bis 70 und 90 befindet sich je Überbau und Achse ein querfestes Lager. Massive Pfeiler und Kastenwiderlager bilden die Unterbauten der Brücke. Alle Unterbauten werden mittels Ortbetongroßbohrpfählen mit einem Durchmesser von 1,50 m tiefgegründet, wobei die Überbaulasten und das Baugrundprofil zu Pfahllängen bis zu 44,00 m führen.


SYMPOSIUM

2 Ansicht © WTM Engineers München GmbH

3 Längsschnitt © WTM Engineers München GmbH

3 Tragwerk 3.1 Gründung Westlich und östlich der Rimbachtalbrücke verläuft die A 94 im Dammbereich. Deshalb werden die Pfahlkopfplatten der Widerlager in Achse 10 und 90 auf Vorschüttungen dieser Dämme hergestellt. Auch die 18 (Achse 10) bzw. 16 (Achse 90) Ortbetonbohrpfähle der beiden Widerlager werden von diesem Niveau aus gebohrt und betoniert. Da die Erddämme auf setzungsempfindliche Decklagen des gewachsenen Bodens aufgebracht werden, muss der anstehende Baugrund durch ein Netz von Rüttelstopfsäulen verbessert werden. Trotz dieser Maßnahmen sind Dammsetzungen nach Herstellung der Ortbetonbohrpfähle nicht auszuschließen, weshalb die Pfähle auf negative Mantelreibung und Fließdruck zu bemessen sind. Auf dieser Grundlage ergeben sich aus der statischen Bemessung erforderliche Pfahllängen bis zu 28 m beim Widerlager Achse 10 und bis zu 34 m beim Widerlager Achse 90. Die vorderen Pfahlreihen sind jeweils mit 10:1 geneigt.

4 Regelquerschnitte © WTM Engineers München GmbH

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SYMPOSIUM

In den Achsen 20–80 binden die 2,50 m bzw. 3,00 m dicken Pfahlkopfplatten der Pfeiler in den gewachsenen Baugrund ein. Nach den Vorgaben des Bodengutachtens sind die Ortbetonbohrpfähle in die gut tragfähigen und gering kompressiblen, sandig-kiesigen und bindigen Tertiärböden zu führen, die in ca. 4–12 m Tiefe unter Geländeoberkante (GOK) anstehen. Für diese Böden können charakteristische Tragfähigkeitswerte der Mantelreibung von qs,k = 80 kN/m2 und des Spitzenwiderstands qb,k = 2000 kN/m2 angesetzt werden. Bemisst man die Ortbetonbohrpfähle auf dieser Grundlage, so werden in den Achsen 20–60 je Pfeiler vier Ortbetonpfähle mit Längen bis zu 44,00 m erforderlich. Die Pfeiler in den Achsen 70 und 80 sind wegen der dort größeren Stützweiten des Überbaus auf je neun Pfählen gegründet. Für die Bemessung der Pfähle werden zum Teil die Bauzustandslasten aus der Herstellung der Überbauten im Freivorbau maßgebend. Daraus resultieren in Achse 70 Pfahllängen von 25,00 m. Wegen der Horizontalkräfte aus der Längsfesthaltung der Überbauten erfordert die Tiefgründung der Pfeiler in Achse 80 Pfahllängen bis zu 35,50 m.

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3.2 Unterbauten Um die Zugänglichkeit zu den Überbauten zu gewährleisten und um Wartungsgänge für die Fahrbahnübergangskonstruktionen anzuordnen, werden sowohl in Achse 10 als auch in Achse 90 Hohlwiderlager ausgeführt. Da sich der Brückenfestpunkt, wie im Abschnitt 2 erläutert, in Achse 80 befindet, wird am Widerlager in Achse 10 eine wasserdichte Übergangskonstruktion mit fünf Dehnprofilen erforderlich, während am Widerlager in Achse 90 eine einprofilige Fahrbahnübergangskonstruktion ausreicht. Beide werden lärmgemindert ausgeführt. Die massiven Pfeiler in den Achsen 20–80 sind Y-förmig gestaltet, wobei sich die Pfeilerschäfte nach unten hin linear aufweiten, in Längsrichtung im Verhältnis von 25:1 und in Querrichtung mit 24:1. Dadurch weisen die rechteckförmigen, in ihren Ecken gefasten Pfeilerquerschnitte variable Abmessungen auf. Die 3,50 m hohen Pfeilerköpfe weiten sich nach oben hin auf. Ihre Breite in Brückenquerrichtung orientiert sich an den Unterkanten der Überbauten, das heißt: 6,40 m an den Pfeilern in den Achsen 20–60 und 5,30 m an den Pfeilern in den Achsen 70–80. Bei variablen Pfeilerhöhen von

5 Einteilung der Bauabschnitte und der Spanngliedführung © WTM Engineers München GmbH

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11,60–17,87 m betragen die Querschnittsabmessungen der Pfeiler an Oberkante Pfahlkopfplatte maximal 2,86 m x 5,10 m. 3.3 Überbau Die Bilder 3 und 4 zeigen Längs- und Querschnitte der Rimbachtalbrücke. Die Überbauabmessungen entsprechen im Wesentlichen den Vorgaben des Referenzentwurfes. Auf der Grundlage von DIN EN 1992-2, Anhang NA.TT ist die Vorspannung der Überbauten in der sogenannten Mischbauweise auszuführen. Wie im Bild 5 dargestellt, setzt sich die Spannbewehrung deshalb sowohl aus internen Spanngliedern, die gerade und zentrisch in der Fahrbahn- und Bodenplatte im nachträglichen Verbund eingebaut sind, als auch aus externen Spanngliedern zusammen, die im Inneren des Hohlkastens verlaufen und an Lisenen und Stützquerträgern umgelenkt werden. Da die externen Spannglieder erst nach Fertigstellung der Überbauten eingebaut werden, sind die internen Spannglieder mindestens für die Bauzustandslasten auszulegen. Die externen Spannglieder dienen vor allem zur Aufnahme der Biegemomente aus Ausbau- und Verkehrslasten. Wie Bild 5 ebenfalls entnommen


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6 Freivorbaueinrichtungen © Strukturas AS

7 Bauablauf: Bereich Vorschubrüstung © Lehrgerüstbau LGB GmbH

werden kann, ist die Spanngliedführung erheblich durch die zum Einsatz kommenden Bauverfahren und die daraus resultierende Einteilung der Bauabschnitte geprägt. Besonders fallen dabei die gestaffelt angeordneten oberen Spannglieder an den Achsen 70 und 80 auf, die aus der Überbauherstellung im Freivorbau resultieren. Für die interne Vorspannung kommen Suspa-Litzenspannglieder DW 150 mm2, Typ 6-12 bis Typ 6-22, St 1660/1860 und für die externe Vorspannung Suspa-Draht EX-66, St 1470/1670 zum Einsatz.

4 Bauverfahren Wegen der ökologischen Randbedingungen, die mit dem FFH-Gebiet im Bereich des Rimbaches einhergehen, war bereits im Referenzentwurf vorgesehen, die Überbauten im Bereich der Pfeiler 70 und 80 in der Freivorbauweise herzustellen. Bild 6 zeigt skizzenhaft den vorgesehenen Freivorbauwagen. Für den Überbaubereich von Achse 10–60/70 (Feld 6) und den Restbereich im achten Überbaufeld konnte das Bauverfahren frei gewählt werden. Technische und wirtschaftliche Kriterien führten letztendlich zu den im Bild 3 benannten Bauverfahren.

So erfolgt die Herstellung der Überbauten im Bereich von Achse 10–60/70 (Feld 6) mit einer untenliegenden Vorschubrüstung der Firma LGB (Bild 7 und Bild 9). Um nach Fertigstellung des fünften Bauabschnitts die Vorschubrüstung abbauen zu können, ohne die Freivorbauarbeiten zu behindern, beginnen die Freivorbauarbeiten zunächst in Achse 80 und werden anschließend nach Umsetzen der Freivorbaueinrichtung an Pfeiler Achse 70 fortgesetzt. Der nicht im Freivorbau hergestellte Überbaubereich im achten Brückenfeld wird in Lehrgerüstbauweise ausgeführt.

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8 Bohrpfahlarbeiten im Widerlagerbereich © ARGE A 94 Isentalautobahn

5 Bauablauf 5.1 Baustraßen und Baufeld Im Sommer 2016 wurde mit der Baufeldfreimachung und Baustraßenherstellung begonnen. Ähnlich wie bei der Goldachtalbrücke konnte das Baustraßenkonzept so gestaltet werden, dass sich auf eine Behelfsbrücke über den Rimbach verzichten lässt, da bereits über vorhandene Ortsverbindungsstraßen eine unkomplizierte Umfahrung des Rimbachs möglich ist. Um Platz für die Herstellung der Unterbauten in Pfeilerachse 30 zu schaffen, musste allerdings die Gemeindeverbindungsstraße Mitterrimbach–Schwindegg, die in ihrer Lage grundsätzlich erhalten bleiben sollte, für die Brückenbauarbeiten über die Bauzeit leicht Richtung Osten verschwenkt werden.

9 Überbauherstellung mittels Vorschubrüstung © ARGE A 94 Isentalautobahn

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5.2 Gründung und Baugruben Vor Beginn der Bohrpfahlarbeiten erfolgte im Bereich des westlichen Widerlagers in Achse 10 eine Dammvorschüttung mit einer Höhe von ca. 6 m und einem Einbauvolumen von ca. 12.000 m3. Am östlichen Widerlager in Achse 90 umfasste diese Vorschüttung ca. 8.000 m3. Für die Tiefgründung der Unterbauten wurden unter Einsatz eines leistungsstarken Bohrgeräts LB 44 von Wayss & Freytag Spezialtiefbau (Bild 8) in Summe ca. 4.000 lfm Ortbetonbohrpfähle mit einem Durchmesser von 1,50 m und Einzellängen bis zu 44 m hergestellt, größtenteils unter Verwendung einer Verrohrungsmaschine. Die Bohrpfahlarbeiten liefen der Herstellung der Unterbauten kontinuierlich voraus und konnten in einem Zeitraum von neun Monaten abgeschlossen werden.

Alle Pfeilerbaugruben wurden im Schutze von ausgesteiften Spundwandverbauten hergestellt, bedingt durch die anstehenden Grundwasserverhältnisse. Bei den Baugruben in Achse 30 und 40 wurden zum Schutz gegen hydraulischen Grundbruch in der Baugrubensohle zusätzlich zur konventionellen Wasserhaltung Entspannungsbohrungen DN 300 mit Kiessäulen ausgeführt. Diese besonderen Wasserhaltungsmaßnahmen erfolgten in enger Abstimmung mit dem Bodengutachter.


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10 Einbau von Spanngliedern © ARGE A 94 Isentalautobahn

Die Baugruben in den Achsen 70 und 80, die in unmittelbarer Nähe zum FFHGebiet und zur Uferböschung des Rimbachs liegen, wurden mit einer aussteifenden und bewehrten Sauberkeitsschicht versehen, um die Gurtung vor Herstellung der Pfahlkopfplatten ausbauen zu können und damit die Baugrubengeometrie zu minimieren. Außerdem wurden hier die Bohrpfähle senkrecht ausgeführt, um die Aufstellfläche des Bohrgerätes so weit wie möglich vom FFH-Gebiet und vom Uferbereich des Rimbachs fernzuhalten. 5.3 Pfeiler Die Herstellung der massiven Pfeiler erfolgte in der Regel bis zum Pfeilerkopfkragen in zwei Schüssen mittels Kletterschalung. Lediglich die Pfeiler der Achse 60 mit einer Höhe von 14,10 m wurden in drei Abschnitten ausgeführt. Die Herstellung der 3,50 m hohen Pfeilerköpfe erforderte einen zusätzlichen Arbeitsschritt. 5.4 Überbau 5.4.1 Allgemeines Welche Bauverfahren für die Herstellung der verschiedenen Überbaubereiche zum Einsatz kommen, wurde im Abschnitt 4 bereits beschrieben. Nachfolgend werden daher noch einige baubetriebliche und konstruktive Details ergänzt.

5.4.2 Bereich Vorschubrüstung Die zur Herstellung der Überbauten in den Achsen 10–60 verwendete Vorschubrüstung von LGB Lehrgerüstbau besteht aus zwei auf Jochen aufgelagerten Hauptbindern und darauf aufgelagerten Querträgern, auf denen mit Schalungstürmen die Trogaußenschalung sowie die Kragarmschalung aufgebaut sind. Die Herstellung der Überbautakte erfolgt kontinuierlich von Achse 10 beginnend (Bild 9). Im Vorschubrüstungsbereich kommen vorkonvektionierte Spannglieder von DSI zum Einsatz (Bild 10). Die bauseitige Durchführung dieser Spannglieder durch die stark bewehrten Stützquerträger und Umlenklisenen erforderte eine enge Abstimmung mit der Ausführungsplanung. Der Überbauabschnitt wird in zwei Arbeitsgängen hergestellt, getrennt für Trog und Fahrbahnplatte. Dabei werden planmäßig sämtliche End- und Stützquerträger, Umlenksättel sowie Boden- und Deckenlisenen innerhalb des jeweiligen Betonierabschnittes mit ausgeführt. Dies hat zwar einen erhöhten Schalungsaufwand zur Folge, erspart jedoch im Gegenzug zusätzliche Betoniervorgänge und das Verlegen von Muffenanschlüssen. Zur Begrenzung der Betonspannungen beim Betonieren der Fahrbahnplatte wird nach Erreichen der Nennfestigkeit des Trogs von fcmj,cube = 19,50 MN/m² eine Teilvorspannung auf die Trogspannglieder aufgebracht.

Wie bei der Goldachtalbrücke kann auch bei der Rimbachtalbrücke die für die Herstellung der Fahrbahnplatte benötigte Deckenschalung nicht als fahrbarer Schalungstisch ausgeführt werden. Wegen der relativ geringen Bauhöhe des Überbaus und daraus resultierender statischer Erfordernisse müssen die Stützquerträger bereits vor Realisierung der Fahrbahnplatte in voller Höhe betoniert werden. Als Alternative zum fahrbaren Schalungstisch wurden übliche Schalungsträger gewählt, die jedoch nach jedem Einsatz abgebaut, längstransportiert und erneut aufgebaut werden müssen. Hieraus resultiert ein hoher Arbeitsaufwand, verbunden mit verlängerten Taktzeiten, welche sich allerdings, nach heutigem Stand, im Gesamtbauablauf abpuffern lassen. Nach Erreichen der Nennfestigkeit des Überbaus von fcm0,cube = 34 MN/m² werden die Spannglieder voll vorgespannt, die Schalung abgesenkt und das Vorschubgerüst vorgefahren. Das Verpressen der Spannglieder kann im Anschluss an das Vorfahren des Vorschubgerüstes erfolgen, was sich positiv auf die Taktdauer auswirkt.

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SYMPOSIUM

11 Aufbau von Schalung und Rüstung © ARGE A 94 Isentalautobahn

5.4.3 Bereich Freivorbau Aus den im Abschnitt 4 bereits erläuterten Gründen beginnt der Freivorbau an Pfeiler Achse 80. Dort muss zunächst ein 12 m langer Überbauabschnitt, der sogenannte Hammerkopf, in konventioneller Bauweise hergestellt und stabilisiert werden. Dazu werden neben dem bereits errichteten Pfeiler zusätzlich vier Hilfsstützen mit jeweils einer Querschnittsfläche von 1,20 m x 1,20 m in Stahlbeton realisiert, welche dann mit dem im Anschluss herzustellenden Hammerkopf über Gewi-Spannanker verbunden werden (Bild 11). Alle am Hammerkopf anschließenden Bauabschnitte inklusive der Schlussstücke werden mittels Freivorbauwagen gerüstet und geschalt. Aus statischer und konstruktiver Sicht sind keine weiteren Unterstellungen oder Stabilisierungen für diese Bauabschnittsherstellung erforderlich. Auf beiden Seiten des Hammerkopfes werden je fünf Bauabschnitte mit Abschnittslängen von 5,00 m jeweils symmetrisch und zeitgleich hergestellt.

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Der Freivorbauwagen ist auf die maximale Last im Anschluss an den Hammerkopf ausgelegt. 3 m bzw. 4 m lange Schlussstücke verbinden die nach Abschluss des Freivorbaus entstandenen Waagebalken links und rechts von Achse 70 und 80 mit den konventionell ausgeführten Überbaubereichen bzw. zwischen Achse 70 und 80 die Waagebalken untereinander und verbinden die Überbaubereiche so kraftschlüssig zu einem Durchlaufträger. Das Einrichten der Schalung, also des Freivorbauwagens und dessen Rüstung, muss auf der Grundlage von Überhöhungsplänen und einem vorgegebenen Vermessungsprogramm erfolgen. Dabei werden einerseits die Verformungen des Tragwerks während der Herstellung (Eigengewicht, Vorspannung, Kriechen, Schwinden, Setzung) und andererseits die Verformung des Freivorbauwagens infolge der Frischbetonlasten berücksichtigt. In der Überhöhung sind außerdem die nach der Bauherstellung noch eintretenden Verformungen infolge Ausbaulasten, Vorspannung, Umlagerung, Kriechen und Schwinden enthalten. Die Absoluthöhen der Bauabschnittsfugen müssen auf der Grundlage des Vermessungsprogramms laufend überwacht und

dokumentiert werden. Zur Fortschreibung der benötigten Gesamtüberhöhung ist eine stetige Überwachung des Überbaus notwendig. Hierzu wurde ein Messprogramm entwickelt, das unter anderem Verformungen aus Kriechen, Schwinden, Vorspannung, Setzung und Verformung des Freivorbauwagens infolge Frischbetonlast dokumentiert. Diese Daten werden an den Planer übermittelt, der daraus die einzustellende Überhöhung der folgenden Takte festlegt. Gemäß Bauterminplan sollen die 5 m langen Freivorbauabschnitte im Wochentakt hergestellt werden. Die jeweils gegenüberliegenden Abschnitte werden als Ganzes, exklusive Bodenplattenlisenen und Umlenksättel, welche im Nachgang folgen, simultan betoniert. Bei Erreichen einer Betondruckfestigkeit von mindestens 34 MN/m² werden die Fahrbahnplattenspannglieder vorgespannt. Verpresst werden sie aber erst nach dem Vorfahren des Freivorbauwagens, um die Abbindezeit des Verpressmörtels baubetrieblich nutzen zu können. Für den unverpressten Bauzustand der Spannglieder wurden entsprechende statische Nachweise unter Berücksichtigung des nicht vorliegenden Verbundes geführt.


SYMPOSIUM

Bauherr Bundesrepublik Deutschland Bauherrenvertreter Autobahndirektion Südbayern, München

Sobald der Lückenschluss mit dem Vorschubrüstungs- bzw. Lehrgerüstbereich abgeschlossen ist, werden die Bodenplattenspannglieder im Freivorbaubereich verlegt, gespannt und verpresst. Die Herstellung des 17,50 m langen Lehrgerüstabschnitts zwischen den Achsen 80 und 90 findet direkt im Anschluss zum Freivorbau statt. Nach Lückenschluss und nach Abschluss der Vorspannarbeiten an den internen Spanngliedern folgen das Verlegen und Spannen der externen Spannglieder.

6 Ausblick Die Überfahrbarkeit des ersten Überbaus ist für den 15. Juli 2018 vorgesehen. Bis zur Fertigstellung der Brücke müssen unter anderem noch Abdichtungsarbeiten, Kappenherstellung, Gussasphaltund Deckschichteinbau sowie die Montage von Fahrzeugrückhaltesystemen und Lärmschutzwänden erfolgen. Die Fertigstellung der Rimbachtalbrücke ist zum Gesamtübergabetermin des Autobahnteilstücks am 31. Oktober 2019 geplant. Autoren: Dr.-Ing Otto Wurzer WTM Engineers München GmbH, München Dipl.-Ing. Sven Hofmann ARGE A 94 Isentalautobahn, Dorfen

Technische Bearbeitung WTM Engineers München GmbH, München Prüfstatik Prof. Dr.-Ing. Thomas Fritsche, Deggendorf Gesamtauftragnehmer Isentalautobahn GmbH & Co. KG, Ampfing Bauausführung ARGE A94 Isentalautobahn, Dorfen Nachunternehmer Wayss & Freytag Ingenieurbau AG, Bereich Süd, Niederlassung Passau Habau Hoch- und Tiefbaugesellschaft m.b.H., Perg Baugrundgutachten Crystal Geotechnik GmbH, Utting Traggerüst LGB operations GmbH, Meiningen Freivorbaueinrichtung Strukturas AS, Langesund, Norwegen

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SYMPOSIUM Planung und Ausführung

Die Ornautalbrücke von Otto Wurzer, Nikolaus Arndt

Eine achtfeldrige Spannbetonkonstruktion überführt die neue Autobahn A 94 über das Ornautal. Das dort vorhandene ökologische Umfeld erfordert die Herstellung der Brücke in der Taktschiebebauweise. Hohe Dammschüttungen an den Widerlagern und erst tief im Baugrund anstehende tragfähige Bodenschichten führen bei der Tiefgründung des Bauwerks zu Bohrpfahllängen bis zu 42 m. 1 Allgemeines Zwischen Bau-Kilometer 42+556 und 42+912 überführt eine 356 m lange Talbrücke die neue Autobahn A 94 über die Ornau, den Mühlbach, die Gemeindeverbindungsstraße Steinkirchen–Obertaufkirchen sowie mehrere öffentliche Feldund Waldwege. Die neue A 94 verläuft in diesem Bereich in Ost-West-Richtung und ist in einer Geraden trassiert. Auch die Gradiente der A 94 folgt hier einer Geraden, nach Osten hin ansteigend mit einer konstanten Längsneigung von 1,209 %. Der Kreuzungswinkel der Brücke beträgt 100 gon. Durch die gewählte Gradiente verläuft die A 94 in maximal 27 m Höhe über dem Grund des Ornautals, das landschaftlich durch Wiesen und FFH-Gebiete geprägt ist.

2 Überblick: Bauwerk Der auf dem Planfeststellungsbeschluss zur A 94 basierende Bauwerksentwurf sieht für die Ornautalbrücke vor, jede Richtungsfahrbahn auf einem eigenen Überbau zu führen, wobei die Überbauten aus über acht Felder durchlaufenden Spannbetonkonstruktionen mit einzelligen Hohlkastenquerschnitten bestehen (Bild 2 und Bild 3). Bei Einzelstützweiten von 37,00 m, 6 x 47,00 m, 37,00 m ergibt sich eine Gesamtlänge des Überbaus von 356,00 m. Die Überbauhöhe beträgt jeweils in der Überbauachse 3,40 m, die Breite der Überbauten 14,785 m bzw. 14,445 m ohne Kappen. Kalottenlager dienen zur Auflagerung der Überbauten in den Achsen 10–90. In Längsrichtung wurden die Festpunkte der beiden Überbauten auf dem Widerlager in Achse 10 angeordnet. In den Achsen 20–90 befindet sich je Überbau ein querfestes Lager. Massive Pfeiler und Kastenwiderlager bilden die Unterbauten der Brücke. Sämtliche Unterbauten sind mittels Ortbetonbohrpfählen mit einem Durchmesser von 1,50 m tiefgegründet, wobei das Baugrundprofil Pfahllängen bis zu 42,00 m erforderlich macht.

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1 Lageplan © Autobahndirektion Südbayern

3 Tragwerk 3.1 Gründung Zwar sind alle Unterbauten über Ortbetonbohrpfähle mit einem Durchmesser von 1,50 m tiefgegründet. Hinsichtlich der Gründung sind aber zwei grundlegende Situationen zu unterscheiden: Während die Pfahlkopfplatten der Pfeiler in den Achsen 20–80 und die Pfahlkopfplatte des Widerlagers in Achse 90 in den gewachsenen Baugrund einbinden, wird die Pfahlkopfplatte des Widerlagers in Achse 10 auf einer Vorschüttung des Straßendamms hergestellt. Gemäß Bodengutachten sind die Ortbetonpfähle in die gut tragfähigen und gering kompressiblen, sandig-kiesigen und bindigen Tertiärböden zu führen, die in ca. 6 m Tiefe unter Geländeoberkante (GOK) anstehen. Für die Böden können charakteristische Tragfähigkeitswerte der Mantelreibung von qs,k = 80 kN/m2 und des Spitzenwiderstands qb,k = 2000 kN/m2 angesetzt werden. Führt man die Bemessung der Ortbetonbohrpfähle auf dieser Grundlage durch, so werden in den Pfeilerachsen 10–80 je Pfeiler sechs Ortbetonpfähle mit Längen bis zu 37,00 m erforderlich und am Widerlager Achse 90 je Widerlagerseite acht Pfähle mit je 16,00 m Länge.


SYMPOSIUM

2 Ansicht von Süden © WTM Engineers München GmbH

3 Längsschnitt © WTM Engineers München GmbH

Am Widerlager in Achse 10 überlagern die aufzubringenden Dammschüttungen setzungsempfindliche Deckschichten. Um die daraus resultierenden Dammsetzungen zu reduzieren, werden die Deckschichten mit einem Netz von Rüttelstopfsäulen verstärkt. Trotz jener Maßnahme kann aber nicht ausgeschlossen werden, dass auch nach Herstellung der Ortbetonbohrpfähle für die Gründung

des Widerlagers Setzungen im Damm und in der Deckschicht eintreten. Aus diesem Grund sind bei der Bemessung der Bohrpfähle in Achse 10 sowohl negative Mantelreibung als auch Fließdruck zu berücksichtigen. Da am Widerlager in Achse 10 außerdem der Festpunkt der Brücke liegt und dort große Horizontalkräfte eingetragen werden, wurden in Achse 10 je Widerlagerseite 14 Pfähle mit 42,00 m Länge erforderlich.

An allen Gründungsachsen erfolgt die Lasteinleitung in die Pfähle über massive Pfahlkopfplatten, deren Dicke unter den Widerlagern 2,50 m und unter den Pfeilern 3,00 m beträgt.

4 Regelquerschnitte © WTM Engineers München GmbH

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SYMPOSIUM 3.2 Unterbauten Sowohl in Achse 10 als auch in Achse 90 werden die Widerlager als Hohlwiderlager ausgeführt. Wegen der hohen Dammschüttung weist das Widerlager in Achse 10 zwei Stockwerke auf. Da sich am Widerlager Achse 10 der Brückenfestpunkt befindet, ist dort eine einprofilige Übergangskonstruktion ausreichend. Am Widerlager in Achse 90 werden die horizontalen Brückenverformungen bis zu 450 mm mit einer fünfprofiligen Übergangskonstruktion ausgeglichen. Die massiven Pfeiler in den Achsen 20–80 weisen eine analoge Form auf. Der Querschnitt ist rechteckig und in der Überbauachse beidseitig mit einer 30 cm tiefen Nut versehen. Die Abmessungen der sich nach oben hin aufweitenden Pfeilerköpfe sind bei allen Pfeilern identisch. Vom unteren Rand des Pfeilerkopfes aus weiten sich die Pfeilerschäfte nach unten hin auf, in Brückenlängsrichtung mit einer Neigung von 36:1 und in Brückenquerrichtung von 50:1. Bei variablen Pfeilerhöhen von 19,08–23,95 m betragen die Querschnittsabmessungen der Pfeiler an Oberkante Pfahlkopfplatte maximal 3,336 m x 5,928 m.

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5 Spanngliedführung und Takteinteilung © WTM Engineers München GmbH

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3.3 Überbau Längs- und Querschnitt der Ornautalbrücke sind in den Bildern 3 und 4 dargestellt. Wie im nachfolgenden Abschnitt näher beschrieben, werden die beiden Überbauten der Ornautalbrücke im Taktschiebeverfahren hergestellt. Deshalb wird entsprechend DIN EN 1992-2, Anhang NA.TT die Vorspannung der Überbauten in der sogenannten Mischbauweise ausgeführt. Für die zur Herstellung der Überbauten in Taktschiebebauweise erforderliche Primärvorspannung werden interne Spannglieder im nachträglichen Verbund eingesetzt, die gerade und zentrisch in der Fahrbahn- und Bodenplatte verlaufen (Bild 5). Externe Spannglieder, die im Inneren des Hohlkastens an Lisenen und Stützquerträgern umgelenkt werden, bilden die sogenannte Sekundärvorspannung, welche vor allem zur Aufnahme der Biegemomente aus Ausbau- und Verkehrslasten dient. Für die interne Vorspannung kommen Suspa-Litzenspannglieder DW 150 mm2, Typ 6-15, St 1660/1860 und für die externe Vorspannung Suspa-Draht EX-66, St 1470/ 1670 zum Einsatz.

Die Überbauabmessungen entsprechen im Wesentlichen den Vorgaben des Referenzentwurfes. Lediglich die Breite der Unterseite der Hohlkästen wurde mit 6,16 m an die Spurbreite des verwendeten Vorbauschnabels angepasst und, daraus resultierend, die Stegneigungen geringfügig verändert.


SYMPOSIUM

6 Taktfertigungsanlage im »Draufblick« © ARGE A 94 Isentalautobahn

4 Bauverfahren Aufgrund der im Ornautal vorhandenen ökologischen Randbedingungen (FFHGebiet etc.) und der schwierigen Gründungssituation war bereits in der Referenzplanung vorgesehen, die beiden Überbauten der Brücke im Taktschiebeverfahren herzustellen. Wie in den Bildern 6 und 7 dargestellt, wird zu diesem Zweck ca. 28 m westlich des Widerlagers in Achse 10 eine 26 m lange Fertigungsanlage angeordnet, in der die Überbauabschnitte gefertigt werden. Sie besteht aus einem Stahlbetonträgerrost, auf dem die hydraulisch heb- und senkbare Überbauschalung montiert ist. Auch die Taktfertigungsanlage wird über Stahlbetonkopfbalken und Ortbetonbohrpfähle tiefgegründet. Zur Realisierung des zweiten Überbaus kann die Taktfabrik querverschoben werden. Die Einteilung der insgesamt 15, bis zu 25 m langen Bauabschnitte bzw. Takte ist dem Bild 5 zu entnehmen, Bild 7 zeigt die verschiedenen Verschubphasen. Die hydraulische Hub-Schub-Anlage, mit der der Einschub des Überbaus erfolgt, ist auf der Auflagerbank des Widerlagers in Achse 10 angeordnet. Sie verfügt über sechs hydraulische Zylinder mit je 1 MN Schubkapazität und über zwei hydraulische Zylinder mit je 8 MN Hubkapazität. Zwei Fertigteile aus Stahlbeton, die an die Rückseite der Widerlagerwand gespannt sind, dienen als Abstützblöcke für die Hub-Schub-Anlage und als Auflager für die Bremssättel. Ein 32 m langer und 122 t schwerer Vorbauschnabel ist am ersten Takt montiert, um den Vorschub zu unterstützen. Als zusätzliche Auflagerung für den Aufbau des Vorbauschnabels und für den Einschub des letzten Bauabschnittes wird mittig zwischen Taktfabrik und Widerlager eine ebenfalls tiefgegründete Hilfsstütze angeordnet.

7 Übersicht: Verschubzustände © WTM Engineers München GmbH

8 Hub-Schub-Anlage nach Montage © ARGE A 94 Isentalautobahn

Um während des Verschubs die Lage des Überbaus zu sichern, sind auf den Pfeilerköpfen in den Achsen 20–80 sowie auf der Widerlagerbank in Achse 90 Taktschiebelager aufgestellt, an deren Stahlrahmen Seitenführungen montiert sind. Nach Erreichen der endgültigen Lage des

Überbaus werden unter Einsatz von hydraulischen Pressen die Taktschiebelager aus- und die endgültigen Lager eingebaut. In diesem Zustand ist der Überbau durch ein fixiertes Taktschiebelager auf dem Pfeiler in Achse 20 in Längsrichtung gehalten.

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SYMPOSIUM

9 Baufeld zum Zeitpunkt der Spezialtiefbauarbeiten © ARGE A 94 Isentalautobahn

5 Bauablauf Der Baubeginn erfolgte im Sommer 2016 mit der Freimachung des Baufeldes und der Herstellung der Baustraßen, an das öffentliche Straßennetz ist die Baustelle über die Gemeindeverbindungsstraße Steinkirchen–Obertaufkirchen angebunden. Bevor mit den Bohrpfahlarbeiten am Widerlager in Achse 10 und an der Taktfertigungsanlage begonnen werden konnte, waren dort umfangreiche Bodenverbesserungsmaßnahmen mit Rüttelstopfsäulen vorzunehmen und eine Vorschüttung für den Straßendamm von ca. 16.200 m3 Erdmaterial bis zur Unterkante der Pfahlkopfbalken herzustellen. Unter Einsatz von zwei leistungsfähigen Bohrgeräten, einer LB 44 und einer LB 38, wurden innerhalb von zehn Monaten zum Teil in Tag- und Nachtschichten insgesamt 4.832 m Bohrpfähle mit Einzellängen bis zu 42 m eingebracht. In der Regel waren die Ortbetonbohrpfähle im Verhältnis 1:10 geneigt. In den Achsen 60 und 80 wurden sie allerdings senkrecht abgeteuft, weil im Bereich der Ornau und der Gemeindeverbindungsstraße die Aufstellflächen für das Bohrgerät begrenzt sind.

Für die Herstellung der Pfahlkopfplatten wurden in den Pfeilerachsen 10–70 einfach ausgesteifte Spundwandkästen mit Baugrubentiefen bis zu 4,10 m ausgeführt. Wegen der Hanglage wurde für die Baugrube in Achse 80 ein rückverankerter Rohrträgerverbau mit Spritzbetonausfachung notwendig. Dieser wurde für die Erddrucklasten aus der profilierten Hangböschung und aus der dort verlaufenden Baustraße bemessen.

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10 Bohrpfahlarbeiten am Widerlager © ARGE A 94 Isentalautobahn

Um die Pfeiler in den Achsen 20–80 herzustellen, kommen Kletterschalungen zum Einsatz. Für die Pfeilerschäfte sind je nach Höhe des Pfeilers drei bzw. vier Schüsse mit einer Höhe von maximal 5,00 m zu betonieren. Für den Pfeilerkopf wird eine spezielle Schalung verwendet.


SYMPOSIUM

11 12 Bauphase nach Verschub des ersten Takts © ARGE A 94 Isentalautobahn

Wegen der großen Bauteildicken sind sowohl bei den Pfeilern als auch bei den Widerlagern umfangreiche Nachbehandlungsmaßnahmen erforderlich. Für die Widerlager und die Pfeilerschäfte kommt Beton C30/37 zum Einsatz. Die Einleitung der hohen Überbaulasten erfordert am Pfeilerkopf Beton C45/55.

Das für die Herstellung der beiden Überbauten zur Anwendung kommende Taktschiebeverfahren wurde im vorangegangenen Abschnitt bereits eingehend beschrieben. Bild 7 gibt einen Überblick über die Taktfertigungsanlage und den Vorbauschnabel vor Herstellung des ersten Bauabschnittes. Nach reibungslosem Aufbau der Taktschiebeanlage und dem Anspannen des Vorbauschnabels an den ersten Bauabschnitt wurde der erste Takt des südlichen Überbaus am 6. Juni 2017 verschoben. In den Bildern 11 und 12 ist dieser Zustand festgehalten, die Bilder 13 und 14 zeigen den aktuellen Fertigungsstand.

Das Bauverfahren »Taktschieben« ist in der ZTV-Ing, Stand 12/2013, Teil 6, Abs. 2 geregelt. Eine auf die Verhältnisse der Ornautalbrücke speziell angepasste Arbeitsanweisung nach dem erweiterten Qualitätsmanagementsystem (EQM) beschreibt die Vorgänge detailliert. Zustandsfeststellungen für jeden Betonier- und Schiebevorgang sichern die hohen Qualitätsanforderungen.

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SYMPOSIUM

13 Bauphase nach Verschub des vierten Takts © ARGE A 94 Isentalautobahn

Das Betonieren des Hohlkastens erfolgt in den zwei Betonierabschnitten, Trog und Fahrbahnplatte. Nach dem Vorspannen der Primärspannglieder (zentrische Vorspannung) wird der Überbau nach Osten über die endgültigen Stützen eingeschoben. Es sind zwischen den Widerlagern keine Hilfsstützen erforderlich. Verschoben wird auf PTFE-beschichteten Verschiebeplatten, die über mit Edelstahlblech bespannte Verschiebelager gleiten.

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Diese befinden sich auf allen Pfeilern und auf dem östlichen Widerlager jeweils direkt unter dem Steg des Hohlkastens. Außerdem sind in den Achsen der Pfeiler, an den Widerlagern und am Taktkelleranfang Seitenführungen beidseits des Hohlkastens angeordnet. Nach dem Betonieren der einzelnen Takte wird der Überbau in die Stellung für das Anbetonieren eines neuen Taktes gebracht. Ist der Überbau

14 Bauphase nach Verschub des achten Takts © ARGE A 94 Isentalautobahn

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in seiner Endlage angekommen, so wird zunächst der Vorbauschnabel ausgebaut, danach werden die externen Spannglieder eingebaut und gespannt. Nach dem Aufbringen der externen Vorspannung werden die Taktschiebelager durch die endgültigen Lager ausgetauscht. Sind alle Lager gewechselt, werden die Überbauabschlüsse und Kammerwände zum Endsystem ergänzt.


SYMPOSIUM

Nach Fertigstellung des südlichen Überbaus wird die Fertigungsanlage von Süden nach Norden querverschoben, und die Herstellung des nördlichen Überbaus folgt. Ist die Überbauherstellung abgeschlossen, so sind noch die Fahrbahnübergangskonstruktionen einzubauen, die Abdichtung und die Kappen herzustellen, die Fahrbahnbeläge aufzubringen und die Fahrzeugrückhaltesysteme sowie die Lärmschutzwände zu montieren.

6 Zusammenfassung Die Fertigstellung der Ornautalbrücke ist mit allen Restleistungen zum 31. Oktober 2019, dem Gesamtübergabetermin des Autobahnteilstücks, geplant. Bis Ende Oktober 2017 werden alle Unterbauten fertiggestellt sein, derzeit ist bereits der zwölfte Bauabschnitt des südlichen Überbaus realisiert worden. Vor diesem Hintergrund ist eine termintreue Fertigstellung der Ornautalbrücke zu erwarten. Autoren: Dr.-Ing. Otto Wurzer WTM Engineers München GmbH, München Dipl.-Ing. Nikolaus Arndt ARGE A 94 Isentalautobahn, Dorfen

Bauherr Bundesrepublik Deutschland Bauherrenvertreter Autobahndirektion Südbayern, München Technische Bearbeitung WTM Engineers München GmbH, München Prüfstatik Dr.-Ing. Andreas Jähring, München Gesamtauftragnehmer Isentalautobahn GmbH & Co. KG, Ampfing Bauausführung ARGE A 94 Isentalautobahn, Dorfen Nachunternehmer Swietelsky Baugesellschaft m.b.H., Asten Baugrundgutachten Crystal Geotechnik GmbH, Utting Taktschiebeausrüstung BB-Bauconsult, Teutschenthal

Brückenbau Scherkondetalbrücke

Gänsebachtalbrücke

Instandsetzung Kochertalbrücke

Bauherr: DB Netz AG Bauart: Mehrfeldrige semi-integrale Spannbetonbrücke Entwurfsplanung: DB ProjektBau GmbH Ausführungsplanung: Büchting + Streit AG, München

Bauherr: DB Netz AG Bauart: Semi-integrale Brücke mit Spannbetonplattenbalken Entwurfs- & Ausführungsplanung: schlaich bergermann und partner Zusammenarbeit: SSF Ingenieure, Berlin

Bauherr: BRD vertreten durch Regierungspräsidium Stuttgart Vor-, Entwurfs- & Ausführungsplanung, Vergabevorbereitung, Nachrechnung, Bauüberwachung: Leonhardt, Andrä und Partner, Beratende Ingenieure VBI AG

(Deutscher Brückenbaupreis 2012)

(Deutscher Brückenbaupreis 2014)

(Deutscher Brückenbaupreis 2016)

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29.09.2016 14:38:46


SYMPOSIUM Weg von der Schuldfrage hin zur Lösungsorientierung

Erweitertes Qualitätsmanagement beim ÖPP-Projekt von Karen Ludewig, André Bock

Den partnerschaftlichen Gedanken in der Qualitätssicherung umzusetzen ist ein innovativer Ansatz. Es wird die Möglichkeit genutzt, auch in diesem Bereich neueste Erkenntnisse aus anderen Sparten, wie der Personalentwicklung oder dem Changemanagement, einfließen zu lassen. Die erforderliche Anstrengung zur Realisierung des Ansatzes bietet im Ergebnis allen Beteiligten Effizienzvorteile. Man muss jedoch zugestehen, dass sie nicht immer auf Anhieb erkennbar sind: Ein entsprechend »langer Atem« ist für den Gesamterfolg vonnöten. 1 Rahmenbedingungen In den letzten 20 Jahren hat sich die Projektabwicklung von Bauprojekten enorm verändert. Neben der ingenieurtechnischen und wirtschaftlichen Lösungsfindung steht auch die Optimierung des Unternehmenserfolgs in allen Bereichen des Bauens mehr und mehr im Vordergrund. Die Auswirkungen zeigen sich in der immer geringer werdenden Zusammenarbeit zwischen den Projektbeteiligten. Dabei ist doch gerade die erfolgreiche Umsetzung von Bauprojekten auf die konstruktive, zielgerichtete Zusammenarbeit aller Projektbeteiligten angewiesen.

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Demgegenüber herrschen gegenseitiges Misstrauen, Vorwürfe, das Arbeiten gegeneinander und sogar teils das bewusste Schüren von Ängsten immer häufiger vor. Der zunehmende Kosten- und Termindruck, einhergehend mit den nicht nur positiven Auswirkungen der neuen elektronischen Technologien, führen zunehmend zu angespannten projektbezogenen Abläufen. Dies einschließlich des bei vielen eintretenden Gefühls, nur noch funktionieren zu müssen, führt fast zu einer »Entmenschlichung« der Arbeit. Die Projektkommunikation erfolgt immer weniger von Angesicht zu Angesicht. Eine E-Mail ist schnell geschrieben, die Schuldfrage und vor allem die scheinbare Schuldabwehr ist ebenso schnell organisiert. Durch die notwendige Beantwortung schaukelt sich die Kommunikation auf, und die gegenseitigen schriftlichen Vorwürfe entgleisen. Zur Qualitätssicherung in Bauprojekten wird oftmals eine Bauüberwachung eingesetzt. Eine der Aufgaben der Bauüberwachung ist es, zu überwachen, dass die Bauleistungen entsprechend den zur Ausführung freigegebenen Unterlagen, Vorschriften und allgemein anerkannten Regeln der Technik ausgeführt werden. Festzustellen ist, dass der personelle Aufwand der Bauüberwachung zur Sicherstellung der Qualität immer größer wird. Teilweise wird von den Bauausführenden vor Ort erwartet, dass von der Bauüberwachung vorgegeben wird, wie Bauleistungen qualitätsgesichert ausgeführt werden sollen. Abweichungen, die seitens der Bauüberwachung nicht festgestellt werden, werden auch nicht beseitigt. Besteht Uneinigkeit zu Mängeln und Abweichungen, erfolgt häufig ein zeitraubender Schriftverkehr.

1 Organisationsformen: schematische Darstellung des Aufwands © Sweco GmbH

Durch die übermäßige Beschäftigung mit unnötigem Schriftverkehr, durch den das Bauwerk weder schneller noch besser erstellt wird, sinkt die Motivation der Beteiligten, für die gemeinsame Sache zu arbeiten. Dies wirkt sich negativ auf die Produktivität aus. Der Ingenieur kann nicht mehr Ingenieur, auf der Suche nach der besten technischen Lösung im Sinne des Projektes, sein. Die vertraglichen Absicherungen und vertraglichen Diskussionen stehen vermehrt im Vordergrund. Bei Großprojekten ist erkennbar, dass die zeitliche Verlagerung der strittigen Fragen zu erheblichen Kosten bis zu zehn Jahren nach Fertigstellung und darüber hinaus führen kann. Wissensträger und Verantwortliche sind dann oftmals schon nicht mehr in den jeweiligen Unternehmen. Der Blick für die Qualität geht dabei leider oftmals verloren. Außerdem hängt dem Begriff Qualität der Makel an, immer Geld zu kosten. Dies kann man auch glauben, legt man zum Beispiel den erforderlichen Aufwand einer Bauüberwachung zur Sicherstellung der Herstellung von Qualität zugrunde. Aber, ist dieser Aufwand denn notwendig (Bild 1)? Hier setzen zum Beispiel partnerschaftliche Modelle an, bei denen Unternehmen und Bauherren partnerschaftlich Projekte umsetzen, und hier setzt auch das erweiterte Qualitätsmanagement (EQM) an.


SYMPOSIUM

2 Ziele und Philosophie des EQM ÖPP- bzw. Großprojekte erfordern es im besonderen Maße, neue Herangehensweisen zu entwickeln, um einerseits den Projektinteressen und andererseits natürlich auch den wirtschaftlichen Interessen der Projektpartner gerecht zu werden. Der partnerschaftliche Gedanke soll hier zwischen öffentlicher Hand und der Privatwirtschaft verstärkt und ausgebaut werden. Dieser Gedanke stand zu jedem Zeitpunkt bei der Entwicklung des »Erweiterten Qualitätsmanagements« (EQM) im Fokus. Die Philosophie, partnerschaftlich und konstruktiv gemeinsam an der Realisierung der Projektziele zu arbeiten, ist das oberste Ziel der EQM-Systematik. Von Projektbeginn an, beginnend mit der Planung bis hin zur Durchführung, werden gemeinsam die Bauqualitäten, auf den Lebenszyklus gerichtet, aktiv beleuchtet und gestaltet. Auf eine klassische Bauüberwachung zur Sicherstellung der Qualität wird verzichtet. Die Qualität entsteht in der Hand des Handwerkers. Der Fokus liegt folglich auf dem Mitarbeiter, der die jeweilige Leistung erbringt. Denn jeder (Nach-)Unternehmer muss, wie es in den ZTVen geregelt ist, nachweislich Fachpersonal für die Ausführung seiner Leistungen einsetzen. Ein weiterer wesentlicher Bestandteil der EQM-Systematik ist eine belastbare und nachvollziehbare Dokumentation der Ausführungsergebnisse. Um dies durchgängig zu gewährleisten, werden von den Bauausführenden für das jeweilige Projekt bauteil- bzw. gewerkebezogene Arbeitsanweisungen und Checklisten entwickelt, anhand deren die Ausführungsqualitäten eigenständig überprüft und dokumentiert werden. Abnahmen von Leistungen erfolgen danach zwischen Bau-ARGE und (Nach-) Unternehmer gemäß den allgemein anerkannten Regeln der Technik. Werden die Qualitätsziele nicht erreicht, müssen von der Bau-ARGE kurzfristig zielgerichtet und in aller Konsequenz Maßnahmen zur Herstellung der Qualität eingeleitet werden. Dies kann beispielsweise auch dazu führen, dass nachfolgende Arbeitsschritte, wie die Betonage eines Bauteils, verschoben werden müssen.

2 Haltungen im »Erweiterten Qualitätsmanagement« © Sweco GmbH

Der klassische Bauüberwacher sagt sich jetzt: Das ist doch nichts Neues, das haben wir doch schon immer so gemacht. Das ist fast richtig, aber in der EQM-Systematik liegt die Hauptverantwortung für die Sicherstellung der Qualität bei den Ausführenden selbst, und folglich finden auch die Abnahmen bzw. Zustandsfeststellungen mit den sich daraus ergebenden Entscheidungen durch die Ausführenden selbst statt. Der Projekterfolg hängt jedoch nicht allein von guten technischen Lösungen ab, sondern in gleichem Maße von dem Zusammenspiel der Menschen, die das Projekt umsetzen. Aus diesem Grund werden im EQM neben den technischen Anforderungen auch Regeln für den zwischenmenschlichen Umgang festgelegt. Wesentlicher Bestandteil der Systematik ist die Festlegung einer gemeinsamen Haltung in der Zusammenarbeit innerhalb sowie zwischen allen beteiligten Organisationen. Der Weg geht zurück zu Vertrauen, Achtung, Verlässlichkeit (Bild 2) und dem Mut zur unmittelbaren, direkten Auseinandersetzung bei anstehenden Sachverhalten. Hierfür ist eigenverantwortliches Handeln auf allen Ebenen unabdingbar. Wird erkennbar, dass diese Haltung nicht ausreichend vorherrscht, muss von den jeweiligen Organisationen entsprechende Aufklärungsarbeit geleistet werden.

Ein weiterer wesentlicher Bestandteil der EQM-Systematik ist eine offene und belastbare Fehlerkultur. Gerade im Hinblick auf die sich wiederholenden Bauabläufe und -details bei Großprojekten kommt durch den transparenten Umgang mit Fehlläufen und den konsequenten Umgang mit diesen der kontinuierliche Verbesserungsprozess zur Blüte. Dies erfordert zu Beginn einen Vertrauensvorschuss, der mit der Planung und Bauabwicklung stets belastbar bestätigt werden muss. Die Einhaltung der beschriebenen Verhaltensvorgaben und die Projektkultur sind kontinuierlich zu überprüfen und konsequent einzufordern. Man geht fehl, zu glauben, dass eigenverantwortliches Denken und Handeln ein Leichtes seien. Die bereits beschriebene vorherrschende übliche »klassische« Projektkultur, nämlich schwierige Themen zeitlich zu verschieben bzw. an andere, zum Beispiel an Vorgesetzte, Claimmanager oder Juristen, zu übertragen, hat zur Folge, dass das Antworten den Verantwortlichen immer schwerer fällt. Um Ver-Antworten zu können, ist die vertiefte Einarbeitung in technische Sachverhalte sowie organisatorische Abläufe und Prozesse einer der ersten Schritte. Weitere wesentliche Schritte sind, sich auf die neue EQM-Systematik einzustellen bzw. einstellen zu wollen und von den Beteiligten auch die Ermächtigung zu erhalten, in diesem Sinne handeln zu dürfen, gegebenenfalls auch zu müssen. In Anbetracht der Schnelligkeit in den Bauprojekten ist dies aber keine Selbstverständlichkeit mehr.

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SYMPOSIUM

3 Herangehensweise 3.1 EQM in der Bauausführung Bei der Bauausführung stehen immer das Projekt, die Technik und der Mensch im Vordergrund, das heißt die konstruktive Auseinandersetzung mit den technischen Erfordernissen. Weg von der sich in vielen Projekten eingebürgerten »Organisation der Schuldfrage«. Im Ausland werden wir Deutschen gerne wegen unserer vielen umfangreichen Vorschriften belächelt. Der Schatz, der in unseren Vorschriften liegt, wird dabei jedoch sehr unterschätzt. Beim EQM bilden die Vorschriften und die Ausführungsunterlagen die Messlatte für die Ausführungsqualitäten. An diese Vorgaben haben sich ausnahmslos alle zu halten. Leichter gesagt als getan. Für die erfolgreiche Anwendung des »Erweiterten Qualitätsmanagements« ist insbesondere die folgende Systematik zu beachten. 3.2 Die Bau-ARGE Die Bau-ARGE führt mit Nachunternehmern die projektgegenständlichen Leistungen aus und ist in erster Linie für die Sicherstellung der Qualität verantwortlich. Die Analysen der erreichten Qualitäten erfolgen über die Auswertung der Ergebnisse der Abnahmen gemäß ZTV, die die Bau-ARGE zum Beispiel mit den Nachunternehmern durchführt. Durch Analysen der erreichten Ausführungsqualität durch die Bau-ARGE gemeinsam mit dem Q-Team und dem IE werden projektbezogene Schwachstellen und deren Ursachen identifiziert und entsprechende Maßnahmen zur Verbesserung eingeleitet. Bei im Projekt wiederholt auftretenden Schwachstellen werden beispielsweise gezielt Schulungen mit den Verantwortlichen der Bau-ARGE mit Einbindung der Nachunternehmer durchgeführt. Damit gelingt es, einen nahezu gleichen Wissensstand zu technischen Sachverhalten und ein gemeinsames Verständnis für die Projektanforderungen zu erzielen. Treten dennoch Abweichungen auf, kann auf Basis der Schulungen wieder gemeinsam mit den Betroffenen analysiert werden, welche weiteren Verbesserungsmaßnahmen eingeleitet werden müssen. Durch diese gemeinsam in die Zukunft gerichtete Herangehensweise werden weitere Fehlläufe reduziert oder gänzlich vermieden.

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3 Organigramm der Verantwortlichkeiten © Sweco GmbH

3.3 Der Independent Engineer Die Einschätzung oder Bewertung der erreichten Qualitäten erfolgt durch den Independent Engineer (IE) und das Q-Team. Der IE arbeitet und berät in parteiunabhängiger Position, die nahezu ausschließlich der Umsetzung des EQM verantwortlich ist. Er ist nicht durch andere Interessen gelenkt, wie beispielsweise von subjektiven kurzfristigen Absichten zur Aufwandsminimierung. Außerdem ist er Vermittler zwischen allen Projektbeteiligten (Bild 3). Durch den allparteilichen IE wird projektbegleitend die Konfliktmoderation im Hinblick auf die Qualitäten gesteuert. Konflikte, die entstehen oder vorhanden sind, werden frühestmöglich vom IE gezielt mit den erforderlichen Beteiligten thematisiert sowie eine belastbare dauerhafte Lösungsfindung unterstützt. Dies erfolgt zumeist im Rahmen der regelmäßigen Besprechungen im QualitätsTeam. Bei Erfordernis werden diese Gespräche auf allen Ebenen initiiert. Die Investition in die Zeit zahlt sich durch den Wegfall von unnötigem, eskalierendem und ausuferndem Schriftverkehr aus. Ein weiterer Kommunikationsweg ist der Monatsbericht. In diesem geht der IE auf die aufgetretenen wesentlichen Abweichungen ein. Die Abweichungen werden bewertet und ebenfalls Handlungsempfehlungen mitgeteilt. Das konsequent zielorientierte Handeln der Organisationen wird vom IE hierüber bei Bedarf deutlich eingefordert. Im monatlich geführten Dialog mit dem »technical Advisor« informiert der IE kontinuierlich transparent anhand des Monatsberichts über die aktuellen Entwicklungen im Projekt.

3.4 Qualitäts-Team Das zentrale Gremium zur Sicherstellung der Qualität der Projektabwicklung ist das Qualitäts-Team (Q-Team). Alle Projektgesellschaften und der Auftraggeber entsenden jeweils einen verantwortlichen, kompetenten Vertreter in das Q-Team, in dem die unterschiedlichen projektbezogenen qualitätsrelevanten Themen der Projektgesellschaften regelmäßig diskutiert werden. In einem ergebnisoffenen und vertraulichem Dialog werden die unterschiedlichen Sichtweisen und Auffälligkeiten auf der Baustelle oder in der Planung vorgetragen, diskutiert und gemeinsame Handlungsempfehlungen entwickelt und ausgesprochen. In diesem Dialog wird also gemeinsam die beste fachliche Lösung für aufgetretene Projektthemen erarbeitet. Dies kann natürlich nicht immer unmittelbar erreicht werden. Bei Uneinigkeiten wird hiermit ebenfalls offen umgegangen und dies in das Projekt kommuniziert. In solchen Fällen können auch weitere externe Expertenmeinungen eingeholt werden. Durch den regelmäßigen Austausch wachsen zudem das Wissen jedes Q-Team-Mitglieds und das Verständnis zu den unterschiedlichen Anforderungen der beteiligten Organisationen. Mit diesem Dialog wird das »gemeinsame Denken in Gruppen mit Blick auf gemeinsame Lernwege hin zur lernenden Organisation« (Wiliam Isaac) gelebt. Es unterstützt dabei wesentlich den kontinuierlichen Verbesserungsprozess. Das Lernen aus Fehlern wird als Chance und für effizientes Handeln im gesamten Projekt positiv genutzt. Eine weitere Stärke der Dialogplattform ist, dass eine Vielzahl von Missverständnissen frühzeitig erkannt und ausgeräumt werden kann.


SYMPOSIUM

Hier greift der Spruch von Konrad Lorenz: »Gedacht ist nicht gesagt, gesagt ist nicht gehört, gehört ist nicht verstanden, und verstanden ist nicht einverstanden…« In den konstruktiven Gesprächen achtet jedes Q-Team- Mitglied auf den anderen, in der Form, dass bei Verständnisschwierigkeiten gemeinsam an den Formulierungen gearbeitet wird, bis das Verständnis für einen Sachverhalt bei allen erreicht ist. Verständlicherweise entsteht bei so manchem Bauingenieur, der dies hört, ein Unverständnis und sogar Ablehnung, dass man so viel »Quasseln« muss. Der Wunsch danach, direkt an die Problemlösung zu gehen, liegt im Wesen der meisten Bauingenieure. Im Dialog zeigt sich jedoch immer wieder, dass das gemeinsame Wissen wesentlich größer ist und es oftmals eine noch bessere Lösung gibt. Der Wissensgewinn führt zu einem Verständnis der Gesamtsituation. Das erforderliche Handeln für die Projektziele erfolgt mit einer vertieften Überzeugung und hat eine Multiplikatorwirkung auf alle Beteiligten. Zudem beläuft sich die Zeit, die für den ergebnisorientierten Dialog eingeräumt wird, auf wesentlich weniger als ein aufgebauter Schriftverkehr.

3.5 Systemprüfungen des Q-Teams Für die Einschätzung der erreichten Ausführungsqualitäten werden von den Q-Team-Mitgliedern risikobezogen systematisch Prüfungen vor Ort am Bauwerk vorgenommen. Als Basis hierfür wurden vom Independent Engineer die Bauwerke und Gewerke klassifiziert und Prüfhäufigkeiten festgelegt. Die Prüfhäufigkeiten richten sich beispielsweise nach dem Grad der äußeren Einwirkung, dem Erhaltungsaufwand, der Sensibilität des Bauwerks bzw. Bauwerksteils oder den handwerklichen Anforderungen. Im Qualitätssicherungsplan werden je Bauwerk oder -teil sowie je Gewerk die vorgesehenen Prüfungen festgelegt. Die dokumentierten Systemprüfungen werden vom IE und Q-Team auf vorhandene Schwachstellen und Risiken hin ausgewertet. Dadurch erhalten die Q-Team-Mitglieder beispielsweise eine Vorstellung davon, wie gründlich die jeweils ausführenden Mannschaften arbeiten und ob die QM-Dokumentation belastbar ist. Dabei wird nicht nur die Ausführungsqualität, sondern der gesamte Prozess zur Qualitätserreichung auf Übereinstimmung mit den Festlegungen beleuchtet. Hierbei offenbaren sich vorhandene Schwachstellen in der Organisation, in den Ablaufprozessen, der Dokumentation sowie in der Ausführungsqualität. Die Ergebnisse werden im Q-Team diskutiert, anschließend Handlungsempfehlungen erteilt und deren Umsetzung auf ihre Wirksamkeit hin überprüft.

4 Herausforderungen Diese Vorgehensweise wird nun zum wiederholten Mal in dieser Konsequenz in einem ÖPP-Projekt umgesetzt. Die beschriebenen Ansätze hören sich zum Teil banal an. In der Umsetzung zeigt sich jedoch, wie schwer es ist, eine deutliche Haltung zu Sachverhalten im Projektsinne einzunehmen und zu vertreten. Dabei wird bereits mit Projektbeginn schnell erkennbar, wie stark die Umsetzung einer für die meisten neuen Philosophie von den einzelnen Personen abhängt. Die grundsätzliche Auseinandersetzung mit diesem System auf allen Ebenen ist unabdingbar. Der beschriebene Ansatz ist kein Selbstläufer. Zur Änderung von lange eingeübten Verhaltensmustern bedarf es ständiger Selbstdisziplin, diese nicht wieder aufleben zu lassen. Insbesondere das Leben einer offenen Fehlerkultur bedarf bei vielen Mitarbeitern in allen Organisationen noch eines Umdenkens. Wer das Vertrauen in eine solche Vorgehensweise aufbringt, wird mit dem Erfolg belohnt. Autoren: Karen Ludewig Dipl.-Bauingenieurin Dipl.-Bauprojektmanagerin Wirtschaftsmediatorin André Bock Dipl.-Wirtschaftsingenieur Sweco GmbH, Frankfurt am Main

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SYMPOSIUM Grundlagen, Praxiserfahrungen und aktuelle Projekte

Brückenbau mit feuerverzinktem Stahl von Dietmar Hildebrandt

Innovationen im Brückenbau sind derzeit nicht selten mit dem Korrosionsschutz durch Feuerverzinken verbunden. Umfassende wissenschaftliche Untersuchungen haben die Voraussetzung für den Einsatz der Feuerverzinkung an dynamisch belasteten Stahlbauteilen möglich gemacht. Aktuelle Stahverbundbrückenprojekte in klassischer und in Verbunddübelbauweise sowie Fahrbahnübergänge, bei denen die Feuerverzinkung Verwendung gefunden hat, zeigen das hohe Praxisinteresse von Behörden und Brückenbauingenieuren an dauerhafteren Korrosionsschutzlösungen. 1 Stahl- und -verbundbrücken Stahl- und Verbundbrücken für Verkehrszwecke wurden in Deutschland bisher zumeist durch Beschichten vor Korrosion geschützt, obwohl dieses nur eine Schutzdauer von rund 25 Jahren bietet. Die um ein Vielfaches dauerhaftere Feuerverzinkung kam bisher selten zum Einsatz, da ihr Einfluss auf die Ermüdungsfestigkeit von zyklisch belasteten Bauteilen nicht ausreichend erforscht war. Wissenschaftliche Untersuchungen mit Förderung durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie beweisen nun, dass eine Feuerverzinkung auch für dynamisch belastete Bauwerke wie Straßenbrücken geeignet ist. Hierdurch wurde der Weg für das Feuerverzinken als Korrosionsschutz an Stahl- und Stahlverbundbrücken frei gemacht.

Da Stahl- und Stahlverbundbrücken zyklischen Belastungen ausgesetzt sind, ist ein Nachweis gegen Werkstoffermüdung gemäß DIN EN 1993-2 und DIN EN 1994-2 erforderlich. Feuerverzinkte Bauteile sind bislang nicht in der Bemessungsnorm erfasst. Um die grundsätzliche Eignung der Feuerverzinkung für zyklisch belastete Brückenbauteile zu erbringen, wurden im Rahmen des sogenannten FOSTAForschungsprojektes P 835 Versuche zur Ermüdungsfestigkeit an für den Brückenbau typischen Details (Kerbfällen) im feuerverzinkten und unverzinkten Zu-

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1 Erste feuerverzinkte Stahlverbundbrücke in Deutschland © Institut Feuerverzinken GmbH

stand durchgeführt (Bild 2). Die an dem Forschungsprojekt beteiligten Wissenschaftler der Technischen Universität Dortmund, der Materialprüfanstalt Darmstadt und des Instituts für Korrosionsschutz Dresden kamen zu dem Ergebnis, dass die Feuerverzinkung für den Einsatz an zyklisch belasteten Brückenbauteilen geeignet ist, wenn bestimmte Konstruktions- und Ausführungsaspekte berücksichtigt werden. Diese sind in einer von den Wissenschaftlern erstellten Arbeitshilfe zur Anwendung der Feuerverzinkung im Stahl- und Stahlverbundbrückenbau dargestellt.

2 Untersuchungsgegenstand des Forschungsprojektes © Institut Feuerverzinken GmbH


SYMPOSIUM

2 Schutz für 100 Jahre Für Brückenbauwerke wird in der Regel eine Lebensdauer von mindestens 100 Jahren gefordert. Werden Stahl- und Verbundbrücken durch Beschichten vor Korrosion geschützt, dann ist die Beschichtung erfahrungsgemäß nach rund 25–30 Jahren zu erneuern. Bezogen auf 100 Jahre sind neben einer Erstbeschichtung in der Regel drei oder mehr Erneuerungsbeschichtungen erforderlich, die nicht nur Kosten, sondern zumeist auch erhebliche Verkehrsstörungen verursachen. Im Rahmen des FOSTA-Forschungsprojektes wurde auch der Nachweis erbracht, dass eine Feuerverzinkung bei Zinküberzugsdicken von mindestens 200 µm eine Korrosionsschutzdauer von 100 Jahren erreicht. [1] Instandhaltungsarbeiten an der Feuerverzinkung fallen somit während der gesamten Nutzungsdauer nicht an.

3 Faktor: Kosten Eine Studie der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) aus dem Jahr 2015 kommt zu dem Ergebnis, dass feuerverzinkte Brücken deutlich wirtschaftlicher sind als beschichtete. Das Forschungsprojekt der BASt hat eine feuerverzinkte mit einer beschichteten Stahlverbundbrücke unter anderem unter Kostengesichtspunkten verglichen. [2] Um möglichst allgemeingültige Aussagen zu erreichen, wurde eine typische Verbundbrücke in Integralbauweise mit einer Spannweite von 45 m, so wie sie vielfach für Autobahnüberführungen verwendet wird, betrachtet. Für die Brücken der Studie wurde eine für derartige Bauwerke übliche Nutzungsdauer von 100 Jahren zugrunde gelegt. Da der Korrosionsschutz von beschichteten Brücken nicht die vorgegebene Nutzungsdauer von 100 Jahren ohne Instandhaltungsmaßnahmen erreichen kann, wurde für diese Brücke von Kompletterneuerungen der Korrosionsschutzbeschichtung im Jahr 33 und Jahr 66 des Lebenszyklus ausgegangen, was der üblichen Instandhaltungsstrategie für beschichtete Brücken entspricht. Bei der feuerverzinkten Brücke fallen keine Unterhaltungsmaßnahmen des Korrosionsschutzes während des 100-jährigen Lebenszyklus an, da die Feuerverzinkung ohne Wartung eine Schutzdauer von 100 Jahren erreicht.

Die mit dem BASt-Projekt beauftragten Wissenschaftler der Universität Stuttgart und des Karlsruher Instituts für Technologie kamen zu dem Ergebnis, dass die feuerverzinkte Brücke in allen Kostenkategorien deutlich bessere Ergebnisse erzielt. Bei den Erstkosten, das heißt den gesamten Erstellungskosten des Bauwerkes, war die feuerverzinkte Brücke ca. 0,50 % günstiger. Im Hinblick auf die gesamten Lebenszykluskosten, die sämtliche Kosten von der Erstellung über die Wartung und Instandhaltung bis zum Rückbau betrachtet, war die feuerverzinkte Brücke ca. 10 % günstiger. Zusätzlich zu den vorgenannten Kostenkategorien wurden die sogenannten externen Kosten ermittelt, die durch Wartungs- und Instandsetzungsarbeiten entstehen. Durch Wartungs- und Instandsetzungsarbeiten an Brücken kommt es zumeist zu einer Behinderung von Verkehrsteilnehmern, die sich in verlängerten Fahrzeiten sowie erhöhten Kraftstoffverbräuchen, erhöhtem Fahrzeugverschleiß durch Stop-and-go-Fahrweise und erhöhter Luftverschmutzung ausdrückt. Dies lässt sich als sogenannte »externe Kosten« beziffern: Sie liegen bei der feuerverzinkten Brücke ca. 20 % niedriger als bei der beschichteten. Zwar entstehen an der verzinkten Brücke ebenfalls externe Kosten, diese werden jedoch nicht durch Korrosionsschutzarbeiten, sondern durch andere Instandhaltungsmaßnahmen wie Betonbauarbeiten verursacht. Die BASt-Studie belegt eindrucksvoll die wirtschaftliche Überlegenheit der feuerverzinkten Brücke. Zwar sind die Ergebnisse des Forschungsprojektes nicht pauschal auf alle Brückenbauwerke übertragbar, doch zeigen insbesondere die im zweistelligen Bereich liegenden Unterschiede bei den Lebenszykluskosten und den externen Kosten, dass eine Umkehrung der Ergebnisse zugunsten der Beschichtung weder plausibel noch wahrscheinlich ist.

3 Lebenszykluskosten im Vergleich © Institut Feuerverzinken GmbH

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SYMPOSIUM

4 Lydlinch-Brücke im britischen Dorset-District © Ian Johal

4 Praxiserfahrungen seit 1942 Auch wenn gerade erst aktuelle Forschungsergebnisse eine breite Anwendung der Feuerverzinkung im Straßenbrückenbau möglich machen, gibt es weltweit bereits sehr positive Langzeiterfahrungen mit existierenden feuerverzinkten Stahlbrücken. Hierzu zählen beispielsweise die – 1942 erbaute Lydlinch-Brücke im britischen Dorset-District, – 1964 erbaute Shin-Nukui-Brücke in Japan, – Ölbrücke im niedersächsischen Hademstorf aus dem Jahr 1977, – Höllmecke-Brücke bei Werdohl aus dem Jahr 1987, – Nete-Kanal-Stahlverbundbrücke im belgischen Lier von 1993. Die Feuerverzinkung dieser bis zu 75 Jahre alten Brückenbauwerke wurde innerhalb der letzten fünf Jahre vor Ort inspiziert [3], wobei sie sich in einem korrosionsfreien Zustand zeigten.

6 Ölbrücke im niedersächsischen Hademstorf © Institut Feuerverzinken GmbH

Schichtdickenmessungen an den tragenden Stahlbauteilen ergaben an allen von ihnen Restzinkschichten ≥ 100–500 µm, die einen weiteren Korrosionsschutz für

7 Höllmecke-Brücke bei Werdohl © Institut Feuerverzinken GmbH

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5 Shin-Nukui-Brücke in Japan © Japan Galvanizers Association

viele Jahrzehnte garantieren. Die Praxisbeispiele belegen, dass eine Feuerverzinkung im Brückenbau dauerhaft und zuverlässig schützt.

8 Brücke über den Nete-Kanal im belgischen Lier © Institut Feuerverzinken GmbH


SYMPOSIUM

9 10 Überführung in Stahlverbundbauweise © Institut Feuerverzinken GmbH

5 Pilotprojekte in Deutschland 5.1 A-94-Überführungsbauwerk 5.1.1 Stahlverbundbrücke Im Herbst 2016 wurde Deutschlands erste feuerverzinkte Stahlverbundbrücke fertiggestellt. In das Projekt sind die Ergebnisse der wissenschaftlichen Untersuchungen eingeflossen, wobei es ein Ziel war, die im Forschungsvorhaben gewonnenen Erkenntnisse möglichst schnell in die Praxis zu überführen und zu erproben. Bei der Auswahl eines geeigneten Pilotprojektes fiel die Entscheidung auf ein Überführungsbauwerk bei Bischhausen, das die neu herzustellende Autobahn A 44 Kassel–Herleshausen kreuzt. [4]

5.1.2 Bauwerksentwurf Die lichte Weite der Brücke beträgt am Fußpunkt der Widerlager 38,60 m und am Widerlagerkopf 35,64 m. Die Brücke hat eine Fahrbahnbreite von 4,00 m. Die beidseitige Kappenbreite liegt bei jeweils 0,825 m. Die kleinste lichte Höhe zwischen Unterkante Überbau und Oberkante der unterführten Autobahn beträgt 5,26 m. Das Bauwerk wurde für zivile Verkehrslasten nach DIN EN 1991-2 bemessen. Für die Ermüdungsnachweise wurde die Verkehrskategorie 4 (örtliche Straßen mit geringem Lkw-Anteil) berücksichtigt.

Die Brücke wurde als integrales Einfeldbauwerk mit einer Stützweite von 40,00 m ausgeführt. Der Überbau ist als Stahlverbundtragwerk mit einer parabolisch veränderlichen Konstruktionshöhe konzipiert, die in Feldmitte 1,40 m und am Anschnitt zu den Widerlagern 2,10 m beträgt. Die beiden Hauptträger des zweistegigen Plattenbalkenquerschnittes wurden als geschweißter Stahlträger mit aufbetoniertem Halbfertigteil ausgebildet.

Die Stahlträger wurden hierbei jeweils als I-Träger aus Stahl der Festigkeitsklasse S 355 hergestellt, während für die Stahlbetonbauteile des Überbaus Beton der Festigkeitsklasse C35/45 und Betonstahl der Sorte B 500B gewählt wurde. Die Fahrbahnplatte erhielt eine Gesamtdicke von 37 cm, wobei 12 cm auf die aufbetonierten Halbfertigteile und 25 cm auf die Ortbetonergänzung entfallen. Die Stahlbetonbauteile des Überbaus wurden in Längs- und Querrichtung schlaff bewehrt, Vorspannung war nicht notwendig.

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SYMPOSIUM 5.1.3 Korrosionsschutz und Herstellung Die ca. 36 m langen Stahlträger wurden aufgrund verfahrenstechnischer Restriktionen beim Feuerverzinken (Zinkbadgrößen) in je drei Teilstücke segmentiert. Die Längen der Stahlträgerteilstücke betrugen hierbei 8,57 m, 18,50 m und 8,57 m. Um die Begutachtung bzw. eventuell erforderliche Nachbesserungen im Bereich der Stöße leichter möglich zu machen, wurden die Längen der Teilstücke so gewählt, dass die Stoßbereiche über den Standstreifen der Autobahn liegen. Der Zusammenbau erfolgte auf der Baustelle vor dem Einheben. Durch Schweißen wurden die Stahlträgerteilstücke zu jeweils 35,64 m langen Hauptträgern gefügt. Mittels thermischen Spritzverzinkens wurde im Bereich der Schweißnahtverbindungen der Korrosionsschutz hergestellt. Die fertig zusammengeschweißten Längsträger wurden bauseitig parallel zueinander eingeschalt, bewehrt und zum Halbfertigteil teilbetoniert und danach mit Autokränen eingehoben. Erforderliche Ausbesserungen des Korrosionsschutzes der Stahlträger im Bereich von Auflagerungen, Montageverbänden und Beschädigungen erfolgten ebenfalls durch thermisches Spritzverzinken. Mit der erfolgreichen Anwendung der Feuerverzinkung im Rahmen dieses Pilotprojektes und weiterer im Bau befindlicher Projekte steht mittelfristig die Berücksichtigung in künftigen Fassungen der Regelwerke in Aussicht. Derzeit ist für feuerverzinkte Brückenbauten in der Hoheit von Bund und Ländern noch eine Zustimmung im Einzelfall (ZiE) erforderlich.

5.2 Verbunddübelbauweise 5.2.1 Konstruktionsprinzip Als noch junges Konstruktionsprinzip haben sich Verbunddübelleisten im Brückenbau innerhalb weniger Jahre etabliert. Mit der Elsterbrücke in HalleOsendorf wurde erstmals eine Brücke in feuerverzinkter Verbunddübelbauweise realisiert. Verbunddübelkonstruktionen sind eine spezielle Art der Verbundfertigteilbauweise, bei der mit Verbunddübeln versehene Walzträger als »externe« Bewehrung im Querschnitt eines Stahl-BetonVerbundträgers verwendet werden. Die Verbunddübel (Bild 11) werden hierzu in den Steg des Walzträgers geschnitten. Besonders materialeffizient ist die Verbunddübelbauweise, wenn halbierte Walzträger »verschnittfrei« verwendet werden können. Verbunddübelkonstruktionen zeichnen sich nicht nur durch eine sehr wirtschaftliche Stahlverwendung aus, sie werden auch eingesetzt, weil sie eine sehr schlanke Bauweise aufgrund relativ geringer Konstruktionshöhen ermöglichen.

5.2.2 Praxisnahe Forschung Ergänzend zum FOSTA-Forschungsprojekt P 835 wurde das Vorhaben P 1042 initiiert, um im Hinblick auf die Ermüdungsfestigkeit feuerverzinkter Verbunddübelleisten wichtige neue Erkenntnisse für die Praxis zu gewinnen. Die beiden FOSTAProjekte schaffen die Basis für den Einsatz von feuerverzinkten Verbunddübelleisten im Brückenbau.

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12 Elsterbrücke in Halle mit Verbunddübelleisten © Institut Feuerverzinken GmbH

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11 Feuerverzinkter Walzträger mit Verbunddübelleiste © Institut Feuerverzinken GmbH

5.2.3 Projekt: Elsterbrücke Da eine wirtschaftliche Sanierung der im Jahr 1950 errichteten dreifeldrigen Elsterbrücke in Halle-Osendorf aufgrund von Hochwasserschäden nicht möglich war, veranlasste die Stadt Halle einen Neubau als einfeldrige Rahmenbrücke in VFTWIB-Bauweise: Verbundfertigteilbauweise mit Walzträgern in Beton. Mit der Konzeption und Ausführungsplanung wurde die SSF Ingenieure AG beauftragt, die seit Jahren wissenschaftliche Untersuchungen zur Anwendung der Verbunddübelleiste begleitet. [5] Die Stützweite der neuen Elsterbrücke beträgt 21 m. Der Querschnitt hat mit einer Fahrbahnbreite von 3,50 m und ergänzenden Gehwegen eine Gesamtbreite von 4,50 m. Die schlanke Konstruktion hat in der Brückenmitte eine Höhe von 0,70 m und an den Widerlagern eine von 1,40 m. Zur Herstellung der externen Bewehrung wurden HD 320 x 300-Profile der Stahlsorte S355ML mit 20,38 m Länge verwendet und per Brennschnitt in einem ArcelorMittal-Anarbeitungszentrum halbiert. Aufgrund von Größen- bzw. Gewichtsbeschränkungen erfolgte eine Teilung der ca. 20 m langen Bauteile.

13 Flansch des Walzträgers © Institut Feuerverzinken GmbH


SYMPOSIUM

5.2.4 Feuerverzinken der Bewehrung Die Planung und Ausführung der Feuerverzinkung der externen Bewehrung für die Elsterbrücke in Osendorf entsprach hinsichtlich zentraler Aspekte wie beispielsweise Stahlauswahl, Ausführung und Prüfung der Feuerverzinkung oder Ausführung der Montageschweißstöße durch Spritzverzinken den Empfehlungen der vorgenannten Arbeitshilfe des Institutes Feuerverzinken. Schichtdickenmessungen ergaben, dass die externe Bewehrung ausreichend vor Korrosion geschützt ist, um eine Schutzdauer von 100 Jahren zu erreichen. So zeigten sich beispielsweise an den Flanschunterseiten der Profile Zinkschichtdicken ≥ 350 µm. An den Oberseiten der Flasche wurden sogar ≤ 600 µm gemessen. 5.3 Feuerverzinkte Fahrbahnübergänge 5.3.1 Naabbrücke als Beispiel Fahrbahnübergänge gleichen als Bauelemente einer Brücke Verformungen und Bewegungen des Brückenüberbaus gegenüber den -enden aus. In eingebautem Zustand ist nur ein kleiner Teil dieser komplexen Konstruktionen sichtbar. Neben mechanischen Belastungen sind sie vor allem hohen Korrosionsbeanspruchungen ausgesetzt, vor allem Chloridbelastungen durch Tausalze. Durch die Verwendungen der robusten, dauerhaften Feuerverzinkung bietet sich hier eine sehr gute Korrosionsschutzlösung.

Doch während es in den USA, Kanada, Australien und in europäischen Ländern wie den Niederlanden oder der Schweiz bereits umfangreiche und gute Praxiserfahrungen mit feuerverzinkten Fahrbahnübergängen gibt, kamen in Deutschland erstmals im Jahr 2016 an der Naabbrücke langlebige feuerverzinkte Fahrbahnübergänge auf Entscheidung der Autobahndirektion Nordbayern zum Einsatz (Bilder 13 und 14). [6] Die Naabbrücke bei Pfreimd gehört zur Autobahn A 93, die von Hof nach Regensburg führt, und hat eine Länge von ca. 300 m. Weitere Fahrbahnübergänge in feuerverzinkter Ausführung sind laut Aussagen des Herstellers Mageba Deutschland in Planung. 5.3.2 Faktor: Kostenersparnis Im Gegensatz zu Brückenbauwerken, die zumeist für eine Lebensdauer von 100 Jahren ausgelegt werden, gilt gemäß aktuellem Entwurf der ZTV-ING, Abs. 8.1, dass die Nutzungsdauer eines Fahrbahnübergangs mindestens 50 Jahre gemäß Verkehrskategorie 1 nach DIN EN 1991-2, Tabelle 4.5 betragen muss (Tabelle 1). Fahrbahnübergänge müssen folglich mindestens einmal im Leben einer Brücke erneuert werden. Daten aus Deutschland, Italien und der Schweiz belegen, dass die Lebensdauerkosten (Life cycle costs) in hohem Maße von der Qualität der Fahrbahnübergänge abhängen. Ein qualitativ hochwertiger Fahrbahnübergang ist im

14 Montage an der Naabbrücke © mageba gmbh

Zeitverlauf deutlich wirtschaftlicher, da er weniger Wartungs-, Reparatur- und Ersatzkosten produziert und in 50 Jahren im Vergleich zu einem Standardprodukt Einsparungen von 40 %, bezogen auf die Lebensdauerkosten, ermöglicht.

15 Deutschlands erste Brücke mit feuerverzinkten Fahrbahnübergängen © mageba gmbH

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SYMPOSIUM 5.3.3. Mängel durch Korrosion Korrosion ist die häufigste Ursache für Mängelanzeigen an Fahrbahnübergängen. Ein wesentlicher Einflussfaktor zur Erschließung von mittel- und langfristigen Kosteneinsparungen an Fahrbahnübergängen ist deshalb eine verbesserte Korrosionsbeständigkeit. Dies gilt für die gesamte Konstruktion des Fahrbahnübergangs. Auch wenn die Korrosionsbelastung an befahrenen Oberflächen und Komponenten oberhalb von Dichtungsebenen besonders stark ist, zeigt sich mit zunehmender Nutzungsdauer eines Fahrbahnübergangs, dass auch Komponenten unterhalb der Dichtungsebene erhöhten Korrosionsbelastungen ausgesetzt sind und ebenfalls einen dauerhaften Korrosionsschutz zur Verlängerung der Nutzungsdauer benötigen. Weil Beschichtungen aufgrund der hohen mechanischen und korrosiven Einwirkungen auf die Stahlkonstruktion eines Fahrbahnübergangs keine optimale Lösung darstellen, hat sich als umfassendes Korrosionsschutzverfahren für Fahrbahnübergänge das Feuerverzinken bewährt, das bei Bedarf durch eine zusätzliche Farbbeschichtung ergänzt werden kann (Duplex-System).

5.3.4 Normung für Fahrbahnübergänge In ETAG 032, dem europäischen Regelwerk für Fahrbahnübergänge, werden Fahrbahnübergänge in die Korrosivitätskategorien C 4 und C 5 eingeordnet. In den aktuellen deutschen Regelwerken gibt es entsprechende Festlegungen zum Korrosionsschutz. Die Neufassung des Teils 8, Abs. 8.1 der ZTV-ING besagt, dass für den Korrosionsschutz ZTV-ING Teil 4 Abs. 3 gilt. Dort sind ausdrücklich das Feuerverzinken nach DIN EN ISO 1461 und die DASt-Richtlinie 022 genannt. Die Einordnung der Lebensdauer der Feuerverzinkung erfolgt gemäß DIN ISO 14713 und DIN EN ISO 9223. In den Regelungen der Neufassung der TL/TP FÜ wird in Abs. 2.7 gefordert, dass bei Verwendung der Feuerverzinkung nach DIN EN ISO 1461 an ermüdungsbeanspruchten Bauteilen der Einfluss der Verzinkung auf die Ermüdungsfestigkeit zu berücksichtigen ist. Dazu kann unter anderem auf den FOSTA-Forschungsbericht P 835 »Feuerverzinken im Stahlund Verbundbrückenbau« zurückgegriffen werden. Andere Länder gehen bezüglich der Verwendung der Feuerverzinkung weiter. Die für die Niederlande geltende Norm RTD 1007-2 schreibt sogar das Feuerbzw. Flammspritzverzinken zur Erreichung einer Lebensdauer von mehr als 25 Jahre zwingend vor, eventuell in Kombination mit einer zusätzlichen organischen Beschichtung als sogenanntes Duplex-System.

5.3.5 Erfüllung aller Anforderungen Wenn Fahrbahnübergänge die Forderung an einen dauerhaften Korrosionsschutz unter Berücksichtigung der mechanischen Belastungen ernsthaft erfüllen sollen, kommt nur eine Feuerverzinkung in Betracht oder der Einsatz von Komponenten aus nicht rostendem Stahl, die jedoch erhebliche Mehrkosten verursachen. Mit Beschichtungen nach DIN EN ISO 12944 können lange Standzeiten erfahrungsgemäß nicht realisiert werden. »Hoch« gemäß DIN EN ISO 12944-5 entspricht lediglich einer Standzeit > 15 Jahren. Bei Verwendung einer Feuerverzinkung mit einer Zinkschichtdicke von 140 μm ergibt sich gemäß DIN EN ISO 9223 in der Korrosivitätskategorie C 4 bei einer mittleren Zinkkorrosionsrate eine rechnerische Schutzdauer von mehr als 80 Jahren und in der Korrosivitätskategorie C 5 bei einer mittleren Zinkkorrosionsrate eine rechnerische Schutzdauer von mehr als 36 Jahren. Ein Duplex-System aus einer Feuerverzinkung von 140 μm mit einer ergänzenden Beschichtung kann für Fahrbahnübergänge einen Korrosionsschutz bis zu 60 Jahren bieten. 5.4 Brücken der B-55-Umgehung Die Sperrung für Lkws ist an maroden Brücken oft das letzte Mittel, um den Verkehr aufrechterhalten zu können. Da zwischen der Sperrung für den LkwVerkehr an zu erneuernden Brücken und dem Ersatzneubau nicht selten längere Planungszeiträume liegen, vermag eine temporäre Ertüchtigung eine akzeptable, kurzfristige Zwischenlösung darzustellen, um beispielsweise eine für Anwohner belastende Verlagerung des Lkw-Verkehrs auf Umleitungsstrecken zu vermeiden. [6]

16 Feuerverzinkte Stahlstruktur zur Ertüchtigung der Lippe-Umflutbrücke © Institut Feuerverzinken GmbH

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17 Feuerverzinkte Ertüchtigungskonstruktion der Brücke am Margaretensee © Institut Feuerverzinken GmbH


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18 Broschüre mit Arbeitshilfen © Institut Feuerverzinken GmbH

Die Ertüchtigung von drei Brücken auf der vierspurigen B-55-Umgehung im westfälischen Lippstadt ist ein gutes Beispiel. Aufgrund nicht mehr ausreichender Tragfähigkeit für die heutigen Belastungen des Schwerverkehrs wurden die Lippebrücke, die Lippe-Umflutbrücke sowie die Brücke über die K 34 am Margaretensee rund um Lippstadt für Lkws über 7,50 t gesperrt. Um diese Sperrung möglichst schnell aufzuheben, wurden die Bauwerke temporär ertüchtigt. Sowohl die Margaretensee- als auch die Lippe-Umflutbrücke wurden jeweils mit einer feuerverzinkten Stahlkonstruktion unterstützt, die unterhalb der Brücken aufgestellt und auf den vorhandenen Fundamenten gegründet wurde. Der Überbau der Lippebrücke wurde zudem mit einer sogenannten »externen Vorspannung« aus zusätzlichen Spanngliedern und Ankerelementen aus Stahlbeton verstärkt – und auch hier kam feuerverzinkter Stahl zum Einsatz.

6 Fazit Dynamisch belastete Brückenbauteile aus Stahl können seit kurzem auch in Deutschland durch Feuerverzinken vor Korrosion geschützt werden. Der Korrosionsschutz durch Feuerverzinken erreicht bei Zinkschichtdicken ≥ 200 µm eine Schutzdauer von 100 Jahren, was der üblichen Nutzungsdauer einer Brücke entspricht. Existierende ältere Straßenbrücken aus feuerverzinktem Stahl belegen, dass eine Feuerverzinkung im Brückenbau dauerhaft und zuverlässig schützt. Aktuelle Projekte mit feuerverzinktem Stahl zeigen das hohe Praxisinteresse von Behörden und Brückenbauingenieuren an dauerhafteren Korrosionsschutzlösungen. Weiterführende Informationen wie die Broschüre »Feuerverzinkte Stahl- und Verbundbrücken« (Bild 18) mit Arbeitshilfen zur Planung und Ausführung von feuerverzinkten Stahlkonstruktionen im Straßenbrückenbau oder das Feuerverzinken-Special »Innovativer Brückenbau« sind kostenlos erhältlich.

Literatur [1] Ungermann, Rademacher, Oechsner, Simonsen, Lebelt: Feuerverzinken im Stahl- und Verbundbrückenbau. Gemeinschaftsausschuss Verzinken (GAV), Bericht Nr. 164. Düsseldorf, 2014. [2] Kuhlmann, Ummenhofer et al.: Nachhaltigkeitsberechnung von feuerverzinkten Stahlbrücken. Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen, Heft B 112. Bergisch-Gladbach, 2015. [3] Huckshold, M.: Anwendung der Feuerverzinkung im Brückenbau; in: Stahlbaukalender 2017. Berlin, 2017. [4] Franz, S.: Von der Forschung in die Praxis. Deutschlands erste feuerverzinkte Stahl-Verbundbrücke fertiggestellt; in: Feuerverzinken-Special »Innovativer Brückenbau«. Düsseldorf, 2017. [5] Seidl, G.; Radermacher, D.; et al.: Elsterbrücke Osendorf, eine feuerverzinkte Verbundbrücke mit externer Bewehrung; in: Stahlbau 2.2017. [6] Feuerverzinken-Special »Innovativer Brückenbau«. Düsseldorf, 2017.

Autor: Dipl.-Ing. Dietmar Hildebrandt Institut Feuerverzinken GmbH, Düsseldorf

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PRODUKTE UND PROJEKTE Wirkungsvolle Tilger von KTI-Schwingungstechnik

Fußgängerbrücke im österreichischen Steyr Im österreichischen Steyr wurde eine 98 m lange Fußgängerbrücke errichtet, die den westlich der Enns gelegenen Stadtplatz mit einem Parkhaus auf der östlichen Seite des Flusses verbindet. Ein Pfeiler teilt die Brücke in einen 32 m kurzen und einen 66 m langen Abschnitt: Für Letzteren wurde rechnerisch eine Eigenfrequenz von 1,30 Hz ermittelt, so dass mit einer Anregung von Brückenschwingungen durch Personen zu rechnen war, die durch den Einbau von zwei Tilgern reduziert werden sollten. Vor Lieferung dieser Schwingungstilger wurden nun Schwingungsmessungen durchgeführt, wobei eine Eigenfrequenz von fn = 1,34 Hz gemessen und eine sehr niedrige Dämpfung von D = 0,20 % ermittelt wurde. Bei Schwingversuchen mit einer im Gleichschritt gehenden Personengruppe wurden zudem sehr große Schwinggeschwindigkeiten von über 130 mm/s gemessen, ein weiterer Schwingversuch mit einer synchron hüpfenden Personengruppe zeigte sogar ein unkontrolliertes Aufschwingen der Brücke. Der Einbau von Schwingungstilgern war somit unbedingt erforderlich. KTI-Ingenieure konstruierten deshalb zwei vertikal wirkende Schwingungstilger mit einer Schwingmasse von je 1.300 kg und einer einstellbaren viskosen Dämpfung, die auf eine Brückeneigenfrequenz von 1,34 Hz ausgelegt wurden. Die Schwingmasse ist auf hochwertigen Schraubendruckfedern gelagert. Der maximale Schwingweg der beiden Tilger beträgt +/- 45 mm, Vertikalführungen verhindern hier unzulässige Horizontalbewegungen.

Ennssteg mit zwei Tilgern nach Fertigstellung © KTI-Schwingungstechnik Dipl.-Ing. Rolf Trautmann GmbH

Die zwei Tilger mit einer Gesamtschwingmasse von ca. 2.600 kg wurden dann vor Ort in vorbereitete Schächte in der Mitte des langen Brückenabschnitts im 3,20 m breiten und 1,19 m hohen Hohlkasten eingebaut. Nach dem Einbau erfolgte die Feinjustierung der Tilger durch Variierung der Schwingmasse mittels Trimmgewichten und Einstellung der viskosen Dämpfung:

Entscheidend für ihre Wirksamkeit ist die Abstimmung der Tilger- auf die Brückeneigenfrequenz. Durch Hinzufügen oder Entfernen von Trimmgewichten kann die Tilgereigenfrequenz um +/- 10 % variiert und somit auf die Brückeneigenfrequenz fein eingestellt werden. Anschließend wurden erneut Schwingungsmessungen durchgeführt, wobei die gleichen Lastfälle Berücksichtigung fanden wie bei der ersten Messung.

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Schwingungstilger vor Auslieferung © KTI-Schwingungstechnik Dipl.-Ing. Rolf Trautmann GmbH

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Einbau in vorbereitete Schächte © KTI-Schwingungstechnik Dipl.-Ing. Rolf Trautmann GmbH

Funktionstest zur Überprüfung der Sollvorgaben © KTI-Schwingungstechnik Dipl.-Ing. Rolf Trautmann GmbH


PRODUKTE UND PROJEKTE

Aufspringen einer Personengruppe vor Tilgereinbau © KTI-Schwingungstechnik Dipl.-Ing. Rolf Trautmann GmbH

Das Resultat war, dass die Dämpfung der Brücke durch den Einbau der Tilger von 0,20 % auf ca. 6 % erhöht wurde. Das heißt, während sie zuvor nach einer Anregung minutenlang nachgeschwungen hat, kam sie innerhalb weniger Sekunden wieder zur Ruhe. Ein unkontrolliertes Aufschwingen wie vor dem Tilgereinbau trat ebenfalls nicht mehr auf. Bei einem Schwingversuch mit einer Personengruppe im Gleichschritt in Resonanz zur Eigenfrequenz wurden

Dreimaliges Aufspringen einer Personengruppe nach Tilgereinbau © KTI-Schwingungstechnik Dipl.-Ing. Rolf Trautmann GmbH

Messschriebe einer im Gleichschritt gehenden Personengruppe vor (blau) und nach Tilgereinbau (rot) © KTI-Schwingungstechnik Dipl.-Ing. Rolf Trautmann GmbH

darüber hinaus 90 % niedrigere Schwinggeschwindigkeiten gemessen als vor dem Einbau der Tilger, auch bei anderen Lastfällen wurden die Schwingungen in gleichem Maße deutlich reduziert.

Der Ennssteg in Steyr konnte somit durch den Einbau von zwei KTI-Schwingungstilgern erfolgreich beruhigt werden. www.kti-trautmann.com

Bauaufsichtliche Zulassung für Kusser

Vorgespannte Granitbrücken als Alternative Reduziertes Design ist die Stärke der vorgespannten Granitbrücken von Kusser. Das heißt, Spannweiten von 7 m können mit nur einer 15 cm dicken Granitplatte realisiert werden, wobei diese Strukturen sogar bei Spannweiten bis 20 m mehr als doppelt so schlank sind wie Querungen konventioneller Bauweise. Granit widersteht zudem sämtlichen Witterungseinflüssen ganz ohne zusätzlichen Korrosionsschutz, was ein Maximum an Dauerhaftigkeit bei minimalen Wartungskosten bedeutet. Seit ihrer Markteinführung vor zehn Jahren wurden über 50 solcher Brücken in Ländern wie Deutschland, der Schweiz, England und den USA errichtet. Inzwischen verfügen sie auch über eine bauaufsichtliche Zulassung des Deutschen Instituts für Bautechnik (DIBt), in der ihre Bemessung und Konstruktion geregelt sind.

Reduziertes Design als (ein) Charakteristikum © Kusser Granitwerke GmbH

Vorgespannte Granitbrücken bestehen aus massiven Granitsegmenten, die längsseitig mittels eines verbundlosen Systems vorgespannt werden: Die enorm hohe Druckfestigkeit des bayerischen Granits »Tittlinger Feinkorn« in Verbindung mit der hohen Zugfestigkeit des Spannstahls vereinen sich zu diesem erstaunlichen Verbundwerkstoff.

Die solcherart realisierten Brücken sind fugenlos und bieten eine rutschfeste Oberfläche für den barrierefreien Ausbau. Ihre Bemessung und Fertigung erfolgen nach Bauherrenvorgaben stets individuell, und zwar komplett im Werk von Kusser, so dass für die höchstmögliche Ausführungsqualität gesorgt ist. www.kusser.com

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PRODUKTE UND PROJEKTE Vielfältige Referenzprojekte von KS Ing.-Bausysteme

Kompetenz in Brücken- und Tunnelentwässerung

Hochmoselquerung als ein Beispiel: Lieferung von Längs- und Fallleitungen © KS Ing.-Bausysteme-Handelsgesellschaft mbH

Die KS Ing.-Bausysteme-Handelsgesellschaft mbH (KS Handel), gegründet 2008, ist spezialisiert auf Brücken- und Tunnelentwässerungen. Ein kompetentes Team, das am operativen Sitz im oberpfälzischen Burglengenfeld angesiedelt ist, unterstützt Bauunternehmen, Planer und Installationsunternehmen bei der Bearbeitung von Brücken- und Tunnelentwässerungsleitungen. Ein großes Lager am Stammsitz Piesport stellt zudem die auf diesem Nischenmarkt einmalige Lieferkompetenz sicher. Die KS Handel ist europaweit aktiv, so war man in den letzten Jahren an Projekten in Dänemark und den Niederlanden beteiligt. Demnächst erfolgt die Ergänzung durch ein Installationsunternehmen, KS Installation, um die Kundenbedürfnisse noch besser zu befriedigen.

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Seit 2012 beliefert die KS Handel den Hochmoselübergang auf der neuen B 50 mit Entwässerungsmaterial. Bei dem 2.350 m langen Überbau mit Pfeilerhöhen bis zu 170 m wurden für die Längsentwässerung glasfaserverstärkte Kunststoffrohre verwendet, während für die Ableitung des Niederschlagswassers über die Fallleitung gusseiserne BML-Rohre zur Ausführung kamen. Außergewöhnlich sind hier vor allem die Sonderlängen der GFK-Rohre der Längsleitungen und die Verbindung von GFK- und Gussleitungen sowie die Planung, die komplett von der KS Handel bewältigt wurde, und der hohe organisatorische Aufwand wegen der sehr langen Bauzeit.

Gusseiserne Rohre für »Stuttgart-Nord« als weiteres Beispiel © KS Ing.-Bausysteme-Handelsgesellschaft mbH

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Ein Großprojekt im Bereich Tunnelentwässerung ist das seit 2014 von der KS Handel belieferte Vorhaben StuttgartNord, Los 4: Bei dem 2.400 m langen Tunnel wurden für die Entwässerung gusseiserne BML-Rohre verwendet. Die Besonderheit war dabei eine nachträglich erforderliche Nennweitenerweiterung aufgrund neuer Niederschlagsberechnungen. Das heißt, bereits abgeschlossene Verträge mit Vorlieferanten mussten geändert werden, was einen großen organisatorischen Aufwand mit sich brachte. www.ks-brueckenentwaesserung.de


P R O D U K T E UANDDV EPRRTO O JRE IKATLE Umfassende Pylonsanierung mit Systemen von StoCretec

Fleher Brücke zwischen Neuss und Düsseldorf Er sieht aus wie ein auf dem Kopf stehendes Ypsilon, das über dem Rhein in die Höhe ragt: der Pylon der Fleher Brücke. Und er hat eine sehr wichtige Aufgabe, denn der nimmt die Schrägseile der Brücke auf und ist somit von tragender Bedeutung für die Gesamtkonstruktion. Nach annähernd 40 Jahren war der Stahlbeton des Pylonen nun aber sanierungsbedürftig. Um die Standsicherheit dieser Rheinquerung auch zukünftig zu gewährleisten, gab der Landesbetrieb Straßenbau NRW deshalb die Ertüchtigung des »Betonriesen« in Auftrag, wobei qualitativ hochwertige Produkte von StoCretec zum Einsatz kamen. Die 1979 in Betrieb genommene Fleher Brücke führt die Autobahn A 46 zwischen Neuss und Düsseldorf über den Rhein. Als Schrägseilstruktur errichtet, hat sie eine Länge von 1.165 m, die von einem zentral angeordneten Pylonen quasi akzentuiert wird – einem Element aus Stahlbeton von 146 m Höhe, das insofern das höchste seiner Art in Deutschland ist. Tägliche Belastungen durch den Verkehr, die Witterung und Schadstoffe setzten ihm jedoch mehr und mehr zu, so dass eine 2010 fällige Hauptuntersuchung schließlich Schäden an der Bausubstanz aufdeckte: Abplatzungen, Hohlstellen, Risse sowie teilweise frei liegende Bewehrung erforderten dringend eine Sanierung. Nach der kompletten Einrüstung des Trägers bei kurzzeitiger Vollsperrung starteten die Arbeiten. Das heißt, schadhafte Teile galt es zu entfernen, die frei liegende Bewehrung zu entrosten und mit dem Korrosionsschutz StoCrete TK zu versehen. Risse wurden hingegen kraft-

Höchster Pylon in Deutschland © StoCretec GmbH

schlüssig mit dem niedrigviskosen Injektionsharz StoJet IHS 93 verfüllt, also mit einem Epoxidharz, das dem »Betonboliden« seine ursprüngliche Steifigkeit zurückgibt, wodurch die Lastenaufnahme wieder uneingeschränkt möglich ist. Die Reprofilierung der Betonschäden erfolgte manuell mit dem polymervergüteten Reparaturmörtel StoCrete TG 204, während als Haftvermittler zwischen Bestandsbeton und Betonersatz StoCrete TH 200 zur Anwendung kam. Um eine homogene Betonoberfläche zu erhalten, wurde zudem eine Kratzspachtelung mit StoCrete TF 200/204 vorgenommen. Sowohl Betonersatz als auch Feinspachtel garantieren einen hohen Langzeitschutz bei Frost- und Tausalzbeanspruchung. Für einen zusätzlichen Schutz sowie den dauerhaften Erhalt der Bausubstanz sorgt letztendlich die Schlussbeschichtung

StoCryl V 100, aufgetragen in zwei Lagen, indem sie das Eindringen von Wasser, Chloriden und Kohlendioxid als Hauptursachen für Betonschädigungen verhindert. Alle eingesetzten StoCretec-Produkte sind im System geprüft und perfekt aufeinander abgestimmt. Sie entsprechen der Norm EN 1504 und unterliegen einer ständigen Qualitätskontrolle. www.stocretec.de

Detail: Schlussbeschichtung © StoCretec GmbH

Instandsetzung des Stahlbetons © StoCretec GmbH

Standsicherheit dank Langzeitschutz © StoCretec GmbH

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PRODUKTE UND PROJEKTE Sicherheit und Wirtschaftlichkeit dank ACO

Entwässerung von Brückenbauwerken Als das von ihnen betreute Bauwerk zu sanieren war, wendeten sich die Verantwortlichen für die Brücken der Autobahn A 1 bei Bad Schwartau an ACO, galt es doch insbesondere, eine zukunftssichere Lösung für die Brückenentwässerung zu realisieren. Und so kam hier erstmalig die neue ACO Drain®KerbDrain Bridge zum Einsatz. Sorgen und Bedenken treten bei Autobahndirektionen und Brückenbaubehörden immer dann auf, wenn die Entwässerungssysteme bei einer Baustellenverkehrsführung permanent überfahren werden. Der große Vorteil der ACO Drain® KerbDrain Bridge ist nun, und zwar gegenüber herkömmlichen Brückenabläufen und Entwässerungsrinnen mit Rosten, die Positionierung in dem nichtüberfahrenen Bereich. Die Vorgaben einer sehr flachen Einbautiefe, einer hohen Entwässerungsleistung, einer anprallstabilen Konstruktion und die Orientierung an den Richtzeichnungsanforderungen sind vollständig im Endprodukt umgesetzt: Basis des Linienentwässerungssystems ist ein Rinnenkörper aus wasserdichtem, frostsicherem Polymerbeton. Mit einer serienmäßig integrierten Dichtung aus EPDM ist die Stoßfuge zwischen den Rinnenelementen dauerhaft und sicher ausgebildet. Die Spezialrinnen der Belastungsklasse D 400 nach DIN EN 1433 verfügen zudem über in einer oder zwei Ebenen angeordnete Einlauföffnungen. Um Inspektion und Wartung zu gewährleisten, weist diese Neuentwicklung im Übrigen klappbare große Revisionsöffnung auf, deren Aufsatz längs zur Brückenkappe klappt. Unter der Revisionsöffnung befindet sich wiederum der Anschluss zur Brückenentwässerungsleitung, über den die Spülung der Leitungen ebenso erfolgen kann. Das Oberflächenwasser wird durch die Querneigung zur Rinne geführt und von dort aufgenommen. Ein extra hergestelltes Quergefälle in der Fahrbahnoberfläche oder im Randbereich, wie es bei Brückenabläufen häufig realisiert wird, ist deshalb nicht notwendig. Denn: Durch das Schwerkraft- oder Wasserspiegelgefälle wird auch ohne Längsneigung ein vergleichsweise höherer Abfluss erreicht. Die Verlegung der KerbDrain Bridge erfolgt auf einem Mörtelbett aus Polymer Cement Concrete (PCC), wobei die vorinstallierte Entwässerungsrinne eine

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Neuentwickeltes System mit vielfältigen Vorteilen © ACO Tiefbau Vertrieb GmbH

Einbau des Rinnenkörpers © ACO Tiefbau Vertrieb GmbH

definierte Schnittstelle und Bezugslinie für die nachgeordneten Gewerke ist. Das heißt, Kappenober- und -vorderkante, die Anordnung im nichtüberfahrenen Bereich der verlorenen Schalung und die Straßenoberkante sowie die Gradientenführung geben dem Einbau der KerbDrain Bridge besondere zugeteilte Merkmale. Durch das optimale Eigengewicht und die technische Verankerung zwischen den Rinnenelementen und den angrenzenden Brückenbauteilen integriert sich die KerbDrain Bridge schließlich perfekt in jede Brücke.

Anordnung im nichtüberfahrenen Bereich © ACO Tiefbau Vertrieb GmbH

Revisionsöffnungen für Inspektion und Wartung © ACO Tiefbau Vertrieb GmbH

Bereits bei der Planung bietet ACO Tiefbau umfassende Hilfe: Mit technischer Beratung und lösungsorientierten Produktdetails sowie einer hydraulischen Leistungsberechnung lassen sich hier alle erforderlichen Aussagen zu Entwässerungsrinnen ebenso schnell wie exakt formulieren. www.aco-tiefbau.de


PRODUKTE UND PROJEKTE Neue Überbrückungslösung von Maurer

Schutz gegen Erdbebenfolgen

Modellreaktor mit neuentwickeltem Sicherheitskonzept © Maurer SE

Im Rahmen des europäischen Forschungsprojektes »Siler« oder, in Langform, Seismic-Initiated events risk mitigation in Lead-cooled Reactors entwickelte Maurer eine Überbrückungslösung, die Erdbeben standhält. Dieses 4,50-Mio.-€-Projekt gehört zum Seventh Framework Programme der Europäischen Union und hat den Erdbebenschutz künftiger Atomreaktoren zum Thema. Die insgesamt 18 beteiligten Partner aus Forschung und Industrie gaben sich hier zwei Musterreaktoren verschiedenen Typs vor, die zur Erhöhung von Sicherheit und Wirtschaftlichkeit mit flüssigem Blei als Kühlmedium arbeiten. Die Aufgabe von Maurer war nun, die flut- und erdbebensichere Überbrückung des »Grabens« zwischen Reaktorgebäude und umgebender Betonwanne zu erarbeiten, und zwar unter folgender Herausforderung: Horizontale Erdbebenverschiebungen von +/- 300 mm dürfen keine Schäden verur-sachen. Bei Verschiebungen bis zu +/- 900 mm muss das Gebäude weiterhin zugänglich bleiben und gleichzeitig der Graben gegen Umwelteinflüsse geschützt sein, zum Beispiel Überflutung oder brennendes Kerosin.

Prototyp auf dem Teststand in Italien © Maurer SE

Das Lösungskonzept sieht drei Lagen von Stahlplatten vor, die teleskopartig gegeneinander verschiebbar sind. Zwischen den Platten befinden sich wiederum Dichtungslippen, die gegen ein Eindringen von Wasser schützen, wobei Elastomerlager mit Gleitflächen zwischen den Platten einen gleichbleibenden Abstand garantieren, so dass die Dichtungslippen stets sicher anliegen. Die Stahlplatten rings um das Gebäude sind rechteckig und können sich gegeneinander in alle Richtungen verschieben. Das heißt, Sollbruchstellen in den Verankerungen der oberen Platten ermögli-

chen deren Abtrennung und verhindern so gegebenenfalls Schäden am Dichtsystem. Selbst im extremen Erdbebenfall schützt noch mindestens eine Dichtung den Graben. Das Konzept wurde mittels Finite-Elemente-Simulation auf seine Tauglichkeit geprüft – und danach ein Prototyp produziert und beim Projektpartner Agenzia Nazionale per le Nuove Tecnologie, l’Energia e lo Sviluppo Economico Sostenibile (ENEA) in Casaccia, Italien, sehr erfolgreich getestet. www.maurer.eu

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S O F T WA R E U N D I T Entwurfsplanung mit Software von Dlubal

Wolbecker-Straßenbrücke in Münster Ab 2018 entsteht in Münster eine äußerst ansprechend gestaltete Stabbogenbrücke, die den Dortmund-Ems-Kanal mit einer Stützweite von 67,20 m überspannen und solcherart das bisherige Bauwerk ersetzen wird. Ihre Realisierung ist Teil des Infrastrukturprojektes »Ausbau des Dortmund-Ems-Kanals«, das auch eine Vergrößerung von Durchfahrtsbreite und -höhe für den Schiffsverkehr beinhaltet. Das heißt, durch die Aufweitung des Kanalquerschnittes kann die Wasserstraße zukünftig wirtschaftlicher genutzt, ergo be- und durchfahren werden. In Zusammenarbeit mit dem Architekturbüro Dissing+Weitling aus Kopenhagen führte der Dlubal-Kunde grbv Ingenieure im Bauwesen GmbH & Co. KG aus Hannover hier die Vor- und Entwurfsplanung für den Ersatzneubau aus, wobei sich nach mehreren Variantenuntersuchungen der Entwurf »Hyperbelbogen mit orthotroper Fahrbahnplatte« als optimal erwies: Die frei stehenden hyperbelförmigen Bögen sollen aus Rundrohren d = 711 mm errichtet werden und einen Bogenstich

Seitenansicht und erste Knickfigur © grbv Ingenieure im Bauwesen GmbH & Co. KG/Dlubal Software GmbH

von 15,50 m haben. Als Stahlmaterial ist wie für alle anderen Elemente des Überbaus die Güte S 355 J2+N vorgesehen. Einzige Ausnahme sind die fächerförmig angeordneten Rundstahlhänger d = 70 mm mit einer Stahlgüte S 460 NL. Die Fahrbahntafel trägt ihre Lasten über die Hänger in die Rohrbögen ab, während die Versteifungsträger als Zuggurte im Sinne eines »Langer’schen Balkens« zur Aufnahme des Bogenschubs dienen. Im Zuge der bereits sehr detaillierten

Entwurfsbemessung wurde die Bogenbrücke als räumliches Stabwerk in RSTAB modelliert. Die Bemessung erfolgte für das Lastmodell 1 gemäß der DIN EN 1991-2 mit nationalem Anhang. Das Resultat wird ein außergewöhnliches Brückenbauwerk sein, das sich von herkömmlichen zweckgebundenen Stabbogenstrukturen erfreulich abheben dürfte. www.dlubal.de

Neue Versionen der SOFiSTiK-Programme

Tragwerksplanung, CAD und BIM SOFiSTiK 2018 ist auf dem Markt: Die neuen Versionen der Statik- und CADSoftware des Unternehmens sowie seine BIM-Apps punkten mit weiteren Funktionen, verbesserter Nutzerführung und optimierter Rechenleistung. Darüber hinaus gibt es jetzt zusätzliche Schnittstellen: Neben den bewährten Schnittstellen zu den gängigsten Modellierwerkzeugen wie Autodesk, AutoCAD und Revit, Rhinoceros sowie WinTUBE bietet sich durch die neuen eine bessere Integration der Auswertung und Dokumentation zu Standardbüroanwendungen wie Microsoft Word und Excel. Für eine einfache Dokumentation lässt sich neben dem Ausgabeformat plb optional eine Ausgabe als docx erzeugen. Ebenfalls neu ist der SOFiSTiK Application Manager (SAM), der Installation, Deinstallation und das Aufspielen von Updates in einer gemeinsamen modernen Oberfläche ermöglicht. Damit behalten Nutzer und Systemadministratoren die installierten Produkte sowie verfügbare Updates im Blick. Über den SAM können Tragwerksplaner aus dem modularen

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Stützenbemessung als (ein) Beispiel © SOFiSTiK AG

SOFiSTiK-Portfolio die Anwendungslandschaft zusammenstellen, die ihren Anforderungen entspricht, unterstützt durch ein flexibles Lizenzprogramm. Komplett überarbeitet wurde die bewährte Statik-Schnittstelle für Autodesk Revit. Neu ist in der bewährten Positionsstatik unter anderem die Funktion »Analytical Check«, die das Erstellen eines funktionsfähigen statischen Modells erleichtert. Damit begegnet SOFiSTiK den aktuellen Herausforderungen beim BIM im Bereich der Tragwerksplanung.

BIM gewinnt derzeit insbesondere im Infrastrukturbereich weiter an Bedeutung. Mit SOFiSTiK-FE-Software und Reinforcement Detailing, einem Werkzeug zur Ableitung von 2-D-Bewehrungsplänen mit Stahllisten aus 3-D-Bewehrung, hat SOFiSTiK als BIM-Pionier frühzeitig den Grundstein für die Bauplanung im komplexen Brückenbau gelegt. www.sofistik.de


S O F T WA R E U N D I T Integration von 3-D-Punktewolken vom Scanner bei Faro

»Scene« mit Vor-Ort-Registrierung in Echtzeit Faro ist der weltweit führende Anbieter von 3-D-Messtechnik und -Bildgebungslösungen für Fertigungsmetrologie, BIM und CIM im Bausektor, Produktdesign und öffentliche Sicherheit sowie von 3-D-Lösungen und Serviceanwendungen – und bringt nun die siebte Version der Softwareplattform »Faro Scene« auf den Markt. Sie verfügt über die gleiche hohe Qualität und hochwertige Funktionalität wie ihr Vorgänger, etwa die automatische Objekterkennung, Registrierung und Positionierung der Scans. Mit der integrierten Vor-Ort-Registrierung in Echtzeit für 3-D-Punktewolken des Focus-Scanners von Faro geht das Leistungsspektrum jetzt aber noch darüber hinaus. Dieser Mehrwert ist für alle Bereiche bedeutsam, in denen es auf schnelles und effizientes Erfassen, Analysieren und Optimieren von 3-D-Daten ankommt. Bisher erfolgten das Scannen vor Ort und die Übertragung der entsprechenden Daten auf eine Computer-Workstation oder einen PC zur weiteren Verarbeitung in drei Stufen: Mit Scence 7.0 wird jener Prozess deutlich effizienter, denn die VorOrt-Registrierung in Echtzeit ermöglicht eine drahtlose Übertragung der 3-DScandaten ohne SD-Karte, ganz gleich ob sie von einem einzelnen Scan oder mehreren simultanen Scans stammen, direkt auf eine Workstation oder einen Arbeitsplatzcomputer. Und: Die Scans werden automatisch in Echtzeit im Feld ausgerichtet.Das alles schafft eine neue Leistungssteigerung für den Benutzer, die bis dato nicht existierte.

Lösung für zahlreiche Anwendungen © Faro Europe GmbH & Co. KG

Klare Zuordnung aller Scans © Faro Europe GmbH & Co. KG

Ein Fenster: Darstellung und Überblick © Faro Europe GmbH & Co. KG

Erhöhte Produktivität: Die Datenverarbeitung im Büro wird drastisch reduziert und in einigen Fällen sogar vollständig eliminiert. Die Anwender kommen ins Büro zurück, und das Produkt ist bereits registriert, so dass sie sofort mit ihrer Tätigkeit beginnen können. Je größer das Projekt ist oder je mehr Scans erforderlich sind, desto bedeutender ist der Effizienzgewinn für die Projektsteuerung und das Personal vor Ort. Erhöhte Zuverlässigkeit: Anwender des Faro-Focus-Scanners können jetzt eine Vorschau von Scans oder Projekten ansehen, während sie noch vor Ort sind. So lässt sich sicherstellen, dass alle Projektanforderungen berücksichtigt wurden oder nötige Korrekturen in Echtzeit vor Ort vorgenommen werden. www.faro.com

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N AC H R I C H T E N U N D T E R M I N E Wettbewerbsgewinn durch Schüßler-Plan

Neue Fußgängerbrücke für Warschau In einem von der Stadt Warschau ausgelobten Wettbewerb zur Errichtung einer Geh- und Radwegbrücke über die Weichsel setzten sich Schüßler-Plan und DKFS Architects aus London gegen 40 eingereichte Beiträge durch. Der von ihnen gemeinsam erarbeitete Siegerentwurf der Karowa-Brücke soll dank seines hohen gestalterischen Anspruchs eine neue Generation urbaner Brückenbauwerke einläuten. Die 463 m lange Flussquerung wird nach ihrer Fertigstellung ein wichtiges Schlüsselelement für die Stadtentwicklung der rechten Weichselseite sein, indem sie eine Verbindung zwischen dem Stadtzentrum Warschaus und dem Stadtteil Praga schafft.

»Die Brücke weist eine zurückhaltende und ungewöhnlich elegante Form auf und fügt sich nahtlos in das vorhandene Stadt- und Landschaftsbild ein. Die Verfasser bemühen sich um eine originelle und einmalige Ansicht, die gleichzeitig nicht mit den nebenliegenden Bauwerken konkurriert«, so das Urteil der aus Architekten, Stadt- und Brückenplanern sowie Vertretern der polytechnischen Hochschule Warschaus bestehenden Jury. Der Entwurf zielt darauf ab, vorhandene historische Achsen aufzunehmen und weiterzuführen. Und genau deshalb weist die vorgeschlagene Brückenstruktur Knickpunkte auf, an denen zukünftig Aussichtsterrassen in Form von Freitreppen den Blick auf die Altstadt freigeben werden bzw. sollen. Aufgrund der maximal zulässigen Höhe, die aus dem UnescoWeltkulturerbe-Status resultiert, wurde eine Zügelgurtvariante gewählt, deren Pylon geneigt ist, um der Stahlkonstruktion eine offene und moderne Anmutung zu verleihen. www.schuessler-plan.de

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Künftige Weichselquerung in Visualisierungen © Schüßler-Plan GmbH

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N AC H R I C H T E N U N D T E R M I N E »Ideensammlung« aus dem Jovis Verlag

Neue Fußgängerbrücken für Berlin Während das Bild von Venedig, Paris oder London bekanntermaßen (auch) von und durch Fußgängerbrücken geprägt wird, scheint das in Berlin bisher nicht unbedingt der Fall zu sein. Und insofern bietet die deutsche Hauptstadt offenkundig ein noch nicht ausgeschöpftes Potential für eine Bauaufgabe, die höchst reizvoll anmutet, lässt sich mittels solcher Strukturen doch die Lebensqualität einer Stadt durchaus anheben – oder eben senken, wenn sie in puncto Ästhetik, Funktionalität und Dauerhaftigkeit nur geringe Ansprüche zu befriedigen vermögen. Und das ist wiederum ein Aspekt, weshalb sie oft und gerne in enger Zusammenarbeit von Bauingenieuren, Architekten, Landschafts- und Lichtplanern entworfen und errichtet, ja sie gemeinhin von manchen (Verantwortlichen) als ein besonders wichtiges Element der oder von Baukultur bezeichnet werden.

Im Rahmen oder, besser, im Vorfeld der internationalen Konferenz »Footbridge 2017« haben nun Experten aus aller Welt unter dem Titel »Tell a Story« diverse Vorschläge für sechs typische Orte in Berlin entwickelt, die trotz ihres per se eher theoretischen Charakters zum überwiegenden Teil eine Realisierung durchaus verdienen würden – gerade um zu zeigen, was heute (alles) denk- und damit realisierbar ist, und zwar nicht nur unter dem ebenso schönen wie (ansonsten) stets zutreffenden Oberbegriff der Angemessenheit. Herausgegeben von Mike Schlaich und Arndt Goldack, versammelt das Buch »The World´s Footbridges for Berlin« in Summe 76 Ideen, die hier auf insgesamt 288 Seiten detailliert in Wort und Bild, also in Form von (Tragwerks-)Beschreibungen, Visualisierungen und Zeichnungen dokumentiert sind. Angesichts eines Preises

Dokumentation von Vorschlägen für sechs Orte © Jovis Verlag GmbH

von (lediglich) 39,80 € wird diese Publikation künftig auf keinem »Entwerferschreibtisch« mehr fehlen dürfen, zumal sie mit einer Vielzahl an zweifelsohne bedenkenswerten Anregungen aufwarten kann. www.jovis.de

Fachgutachten des Bundesamtes für Naturschutz

Bundeskonzept Grüne Infrastruktur als Basis Vergangenen März hat die Präsidentin des Bundesamtes für Naturschutz Prof. Dr. Beate Jessel das Bundeskonzept Grüne Infrastruktur (BKGI) vorgestellt, das die wichtigsten Räume von Naturschutz und Landschaftspflege des Bundes und das angestrebte Biotopverbundsnetz aufzeigt, wobei hier auch die Konfliktpunkte sichtbar werden, die durch den prognostizierten Ausbau der Verkehrs- und Siedlungsinfrastruktur entstehen könnten. Das (zugehörige) wissenschaftliche Fachgutachten wurde nun kürzlich nachgereicht. Graue Infrastruktur wie etwa Straßen, Schienen, Kanäle oder Hochspannungsleitungen, aber auch menschliche Siedlungen nimmt große Flächen ein. Ende 2011 betrug der Anteil der Siedlungsund Verkehrsflächen in Deutschland (ohne Sachsen-Anhalt) mit 45.730 km² ca. 13,60 % der Gesamtfläche – und Tag für Tag kommen hier 66 ha hinzu. Dies geht stark zu Lasten der Natur, denn weitläufige Infrastruktur zerschneidet häufig Lebensräume wildlebender Tiere, was wiederum neben deren Artenvielfalt auch oft die Bereitstellung von gesell-

schaftlich genutzten Ökosystemleistungen wie die Anpassung an den Klimawandel, den Hochwasserschutz, Erholung oder Gesundheitsfürsorge gefährdet. Um die Leistungen der grünen Infrastruktur zu sichern, sieht das Bundesnaturschutzgesetz deshalb einen Biotopverbund vor, der mindestens 10 % der Fläche eines jeden Bundeslandes umfassen soll – allerdings bislang ohne Umsetzungsfrist. Das Bundesumweltministerium hatte es sich in seiner 2015 vorgestellten »Naturschutzoffensive 2020« zur Aufgabe gemacht, dies zu ändern und eine Novelle des Naturschutzgesetzes vorangetrieben, in der eine Zielerreichung des Biotopnetzes bis Dezember 2027 festgeschrieben werden sollte. Der Bundestag lehnte im Namen der gesamten Bundesregierung jenen Änderungsvorschlag jedoch ab. Das BKGI soll (hingegen) als Datengrundlage zukünftig bei Raum- und Umweltplanungen des Bundes berücksichtigt werden können und infolgedessen (zumindest) eine Vorbildwirkung haben.

Wissenschaftliche Arbeit zum freien Download © Bundesamt für Naturschutz

www.bfn.de

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N AC H R I C H T E N U N D T E R M I N E Weiteres Onlineformat der Bundesanstalt für Wasserbau

Wissenschaftskommunikation in neuer Form »Mit ›Forschung Xpress‹ wollen wir Politik, Verwaltung, Ingenieurbüros und Wissenschaft in kompakter Form und in schneller Folge über unsere breit angelegten Forschungsaktivitäten auf dem Gebiet des Verkehrswasserbaus informieren«, so Prof. Dr.-Ing. Christoph Heinzelmann, der Leiter der Bundesanstalt für Wasserbau (BAW), zum Start des neuen Onlineformates für die Wissenschaftskommunikation. Als wissenschaftlicher Berater und Gutachter für die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes und des Bundesverkehrsministeriums führt die BAW stets angewandte, praxisorientierte Forschung und Entwicklung durch. Dabei

sind die entsprechenden Themen auf die aktuellen und künftig zu erwartenden Fragestellungen, Letztere im Sinne einer vorausschauenden Forschung (»Vorlaufforschung«), ausgerichtet. Die solcherart gebildete Kompetenz steht direkt für Beratungs- und Unterstützungsleistungen zur Verfügung. Seit 2011 haben sowohl die Eigenforschung der BAW als auch die wissenschaftlichen Kooperationen mit Universitäten und anderen Forschungseinrichtungen einen deutlichen Schub erfahren: Derzeit sind etwa 100 Forschungs- und Entwicklungsvorhaben in Arbeit, ca. 20 davon münden in nächster Zeit in erfolgreich abgeschlossene Promotionen. »Dies

Erstausgabe des neuen Informationsmediums © Bundesanstalt für Wasserbau

hat auch Auswirkungen auf unsere Kommunikationsstrategie. ›Forschung Xpress‹ wird uns als Wissenschaftseinrichtung für die unterschiedlichen Nutzergruppen besser sichtbar machen«, so Heinzelmann. www.baw.de

Forschungsinitiative des Eisenbahn-Bundesamtes

Digitales Auge für bessere Instandhaltung Mehr als 33.000 km misst das Schienennetz des Bundes. Um deren Kontrolle und Instandhaltung zu erleichtern, entwickeln Partner aus Eisenbahnwesen und Forschung unter Koordination des Eisenbahn-Bundesamts (EBA) jetzt eine Technologie zur 3-D-Rekonstruktion und -analyse des Streckennetzes. Für das Forschungsprojekt »Zustandsüberwachung des Gleisumfeldes« (ZuG) stellt das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) 2,50 Mio. € im Rahmen der Forschungsinitiative mFUND (www.mfund.de) zur Verfügung. Initiiert wurde ZuG von einem Konsortium aus Eisenbahn-Bundesamt (EBA), dem Fraunhofer-Institut für Intelligente Analyseund Informationssysteme IAIS, der Profes-

sur für Schienenfahrzeugtechnik an der Universität Stuttgart, der ASCI-Systemhaus GmbH und der DB RegioNetz Verkehrs GmbH. »Ziel sind eine verbesserte Nachprüfbarkeit und Verlässlichkeit der Streckeninstandhaltung«, so EBA-Projektleiter Markus Reinhardt. In ZuG werden Technologien entwickelt, die künftig das Bahnpersonal entlasten und ein Hindernis für das automatisierte Fahren entfernen, denn zurzeit beobachtet der Lokführer noch die Infrastruktur rund um die Gleise und leitet Auffälligkeiten an eine koordinierende Stelle weiter. Ziel von ZuG ist es nun, künftig auch die Funktion der Streckenbeobachtung zu automatisieren: Im Rahmen des Projekts liefern auf ein Triebfahrzeug montierte

Stereokameras Bilder, die in 3-D-Modelle der Strecke umgewandelt werden. Der Vergleich mit den Daten des Vortages erlaubt es, kurzfristige Veränderungen zu detektieren, während jener mit Vorjahreswerten wiederum alle Veränderungen, die zu Problemen führen könnten, aufzeichnet. Parallel dazu erfasst das System die nötigen Instandhaltungsprozesse und hinterlegt sie mit den ermittelten Aufwandswerten. Die Zusammenführung der Ergebnisse ermöglicht eine teilautomatisierte, vorhersagbare Instandhaltungsplanung. www.eba.bund.de

Trilaterale Initiative des Bundesverkehrsministeriums

Teststrecke für automatisiertes Fahren Das deutsch-französische »Digitale Testfeld« für das automatisierte und vernetzte Fahren wird um einen Streckenabschnitt in Luxemburg erweitert: Bundesminister Alexander Dobrindt und die französische Verkehrsministerin Élisabeth Borne haben kürzlich eine entsprechende Vereinbarung unterzeichnet, und zwar gemeinsam mit ihren luxemburgischen Kollegen Étienne Schneider, Vizepremier und Minister für Wirtschaft, und François Bausch, Minister für nachhaltige Entwicklung und Infrastruktur. Auf dem weltweit ersten trilate-

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ralen Digitalen Testfeld wird das automatisierte und vernetzte Fahren im grenzüberschreitenden Realverkehr erprobt. Die neue Teststrecke bildet einen Ring, der über Merzig und Saarbrücken in Deutschland, Metz in Frankreich und Bettemburg in Luxemburg führt – und wieder zurück. »Wir wollen, dass Europa Leitmarkt wird für das automatisierte Fahren. Dafür müssen automatisierte Fahrsysteme überall zuverlässig funktionieren und dürfen nicht an Ländergrenzen haltmachen.

Wir bringen die Technologie deshalb raus aus den Laboren und rein in den grenzüberschreitenden Realverkehr. Auf dem ersten trilateralen Digitalen Testfeld können die Hersteller ihre Systeme erstmals über drei Ländergrenzen hinweg erproben und sich dabei Herausforderungen wie unterschiedlichen Fahrbahnen, Verkehrsleitsystemen und Mobilfunknetzen stellen«, so Minister Dobrindt. www.bmvi.de


BRANCHENREGISTER AUTOMATISCHE SYSTEME

Alpin Technik und Ingenieurservice GmbH Plautstraße 80 04179 Leipzig Tel.: +49/341/22 573 10 www.seilroboter.de www.alpintechnik.de

BAUWERKSÜBERWACHUNG UND ERDBEBENSCHUTZ

mageba gmbh Im Rinschenrott 3a 37079 Göttingen germany@mageba.ch

CPIC Bridge & Steel Constructions GmbH Fanny-Zobel-Straße 9 12435 Berlin Tel.: +49 30 552 46 035 Fax: +49 30 915 73 479 mail@cpic.de www.cpic.de

Maurer SE Frankfurter Ring 193 D-80807 München Tel.: +498932394-0 Fax: +498932394-329 www.maurer.eu

mageba gmbh Im Rinschenrott 3a 37079 Göttingen germany@mageba.ch

BOLZENSCHWEISSGERÄTE

Köster & Co. GmbH Spreeler Weg 32 58256 Ennepetal Tel.: +49/23 33/83 06-0 Fax: +49/23 33/83 06-38 Mail: info@koeco.net www.koeco.net

BRÜCKENLAGER UND FAHRBAHNÜBERGÄNGE

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mageba gmbh Im Rinschenrott 3a 37079 Göttingen germany@mageba.ch

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KOPFBOLZEN

Köster & Co. GmbH Spreeler Weg 32 58256 Ennepetal Tel.: +49/23 33/83 06-0 Fax: +49/23 33/83 06-38 Mail: info@koeco.net www.koeco.net

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BRANCHENREGISTER INJEKTIONSTECHNIK

DESOI GmbH Gewerbestraße 16 D-36148 Kalbach Tel.: +49 66 55/96 36-0  Fax: +49 66 55/96 36-6666 E-Mail: info@desoi.de www.desoi.de

LÄRMSCHUTZWÄNDE

R. Kohlhauer GmbH Draisstr. 2 76571 Gaggenau Tel.: 0 72 25/97 57-0  Fax: 0 72 25/97 57-26 E-Mail: info@kohlhauer.com www.kohlhauer.com

NICHTROSTENDE BEWEHRUNG

PROJEKTRAUM FÜR DMS, PLANUND NACHTRAGSMANAGEMENT

EPLASS project collaboration GmbH Schweinfurter Str. 11 97080 Würzburg Tel.: 09 31/3 55 03-0  Fax: 09 31/3 55 03-7 00 E-Mail: contact@eplass.de www.eplass.de

STAHLBAU

Stahlbau Magdeburg GmbH Berliner Chaussee 106–112 39114 Magdeburg Tel.: 09 31/85 09-0  Fax: 09 31/85 09-109 E-Mail: info@stahlbau-magdeburg.de www.stahlbau-magdeburg.de

SCHWINGUNGSISOLIERUNG Swiss Steel AG Emmenweidstrasse 90 CH-6020 Emmenbrücke Tel.: +41 4 12 09 51 51 E-Mail: bauprodukte@swiss-steel.com www.swiss-steel.com

Getzner Werkstoffe GmbH Herrenau 5 6706 Bürs, Österreich Tel.: +435552 201 0  Fax: +435552 201 1899 E-Mail: info.buers@getzner.com www.getzner.com

IHR EINTRAG INS BRANCHENREGISTER

BRANCHENREGISTER

... der informative Serviceteil im BRÜCKENBAU

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EXKURSIONEN UND TOUREN PLANUNG UND MODERATION VON FIRMENEVENTS


IMPRESSUM

BRÜCKENBAU ISSN 1867-643X 9. Jahrgang Ausgabe 5 . 2017 www.zeitschrift-brueckenbau.de Herausgeber und Chefredakteur Dipl.-Ing. Michael Wiederspahn mwiederspahn@verlagsgruppewiederspahn.de Verlag

VERLAGSGRUPPE W I E D E R Smit MixedMedia P A Konzepts HN

Biebricher Allee 11 b D-65187 Wiesbaden Tel.: +49 (0)6 11/84 65 15 Fax: +49 (0)6 11/80 12 52 www.verlagsgruppewiederspahn.de Anzeigen Ulla Leitner Zur Zeit gilt die Anzeigenpreisliste vom Januar 2017. Satz und Layout Christina Neuner Bilder Titel und Inhaltsverzeichnis Waal Brücke in Ewijk, Niederlande © Maurer SE Druck Schmidt printmedien GmbH Haagweg 44, 65462 Ginsheim-Gustavsburg Erscheinungsweise und Bezugspreise Einzelheft: 14 Euro Doppelheft: 28 Euro Sonderpreis Tagungsband: 48 Euro Abonnement: Inland (4 Ausgaben) 56 Euro Ausland (4 Ausgaben) 58 Euro Der Bezugszeitraum eines Abonnement beträgt mindestens ein Jahr. Das Abonnement verlängert sich um ein weiteres Jahr, wenn nicht sechs Wochen vor Ablauf des berechneten Bezugszeitraums schriftlich gekündigt wird. Copyright Die Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, insbesondere das der Übersetzung in fremde Sprachen, vorbehalten. Kein Teil dieser Zeitschrift darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlags in irgendeiner Form reproduziert oder in eine von Maschinen verwendbare Sprache übertragen werden. Mit Ausnahme der gesetzlich zugelassenen Fälle ist eine Verwertung ohne Einwilligung des Verlags strafbar. Beilage Die Gesamtauflage von Ausgabe 5 ∙ 2017 enthält eine Eigenbeilage der VERLAGSGRUPPE WIEDERSPAHN mit MixedMedia Konzepts.


Bauwerkschutzsysteme

© by DC Towers Donau City

© KSP Jürgen Engel Archtitekten, Krebs & Kiefer International

BAUWERKSLAGER | DEHNFUGEN | ERDBEBENVORRICHTUNGEN | SCHWINGUNGSDÄMPFER | MONITORING

SIGNATURE BRIDGE, INDIEN Aufgabenstellung: Bauwerkschutz am neuen Wahrzeichen in Delhi mit über 150 m hohem geneigtem Pylon mit asymmetrischen Seilen.

MOSCHEE ALGIERS, ALGERIEN Aufgabenstellung: Die drittgrößte Moschee der Welt braucht einen innovativen Erdbebenschutz, für eine Dauer von 500 Jahren.

DONAU CITY TOWER, ÖSTERREICH Aufgabenstellung: Reduzierung der Bauwerksbeschleunigungen aus Wind und Erdbeben am 220 m hohen Gebäude, um ausreichenden Komfort zu schaffen.

SOCAR TOWER, ASERBAIDSCHAN Aufgabenstellung: Vermeidung von Bauwerksbeschleunigungen des flammenförmigen, 200 m hohen Bauwerks bei Wind und Erdbeben.

Projektumfang: 38 MAURER MSM® Kalottenlager, davon 2 Pylonlager, welche je 23.000 t Auflast tragen. Dies entspricht dem Gewicht von ca. 15.000 Mittelklasse PKW‘s. Als Sonderbauteil leiten 8 Pendellager je 17.500 kN Kräfte aus den Rückspann-Seilen in die Fundamente ab.

Projektumfang: 246 Gleitpendellager mit Rotationsgelenk (Vorgabe 3 % dynamische Reibung und 2.400 mm effektiver Radius), 80 MAURER Hydraulikdämpfer MHD für 2.500 kN Dämpfkraft.

Projektumfang: 2 MAURER adaptive Hydraulikdämpfer für bis zu 80 kN Dämpfkraft und +/–700 mm Bewegung, bedämpfen das 300-t-Masse-Pendel. Monitoringsystem für Bewegung, Kraft und Beschleunigung.

Projektumfang: 1 MAURER Massenpendeldämpfer MTMD mit 450 t Pendelmasse und Hydraulikdämpfer MHD bedämpft 0,32 Hz und +/–400 mm Bewegung; Monitoringsystem für Bewegung und Beschleunigung.

MAURER SE | Frankfurter Ring 193 | 80807 München Telefon +49.89.323 94-0 | Fax +49.89.323 94-306 | www.maurer.eu

forces in motion


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