Brückenbau 3/2012

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Ausgabe 3 . 2012

Geh- und Radwegbrücken Molebrücke in Dresden-Pieschen Steg Nord am Bahnhof Remscheid Fehrlesteg in Schwäbisch Gmünd Tiflisbrücke in Innsbruck Seebrücke in Winschoten Margarete-Müller-Bull-Steg in Esslingen Brücke in Neunkirchen-Sinnerthal Shuter Street Bridge in Toronto Ritz-Carlton-Hotel-Steg in Toronto Eaton Center Bridge in Calgary

Special: Mainbrücke Ost in Frankfurt am Main

www.verlagsgruppewiederspahn.de

ISSN 1867-643X 3 . 2012 | BRÜCKENBAU

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BRÜCKENBAU

CONSTRUCTION & ENGINEERING

Zum

13. Symposium Brückenbau lädt die VERLAGSGRUPPE WIEDERSPAHN mit MixedMedia Konzepts ins pentahotel nach Leipzig ein. Kühne Bauwerke ebenso wie umstrittene Bauwerke, technische Innovationen, Verfahren und Berechnungen werden erläutert und vorgestellt und sorgen dafür, dass die Arbeit im eigenen Unternehmen danach ausgerichtet werden kann. Unsere Referenten kommen wie immer aus großen Planungsbüros, Bauunternehmen und Hochschulen sowie von Auftraggebern aus dem In- und Ausland. Wir treffen uns am 19. und 20. Februar 2013 im pentahotel Leipzig zu den Fachvorträgen, hoffen jedoch, Sie, wie gewohnt, bereits am 18.2.2013 beim Abendessen begrüßen zu können. Wir freuen uns auf Sie. Weitere Informationen und Anmeldung

VERLAGSGRUPPE W I E D E R Smit MixedMedia P A Konzepts HN Biebricher Allee 11 b 65187 Wiesbaden Tel.: 0611/98 12 92-0 Fax: 0611/80 12 52 kontakt@verlagsgruppewiederspahn.de www.verlagsgruppewiederspahn.de www.mixedmedia-konzepts.de


EDITORIAL Zum Symbolgehalt von Begriffen

Aspekte der (Selbst-)Einschätzung von Michael Wiederspahn

Dipl.-Ing. Michael Wiederspahn

Obwohl manche Begriffe ein klein bisschen dröge oder trocken klingen, braucht man sie nicht zwangsläufig gegen vermeintlich prickelndere Neuschöpfungen einzutauschen oder auf Anglizismen, auf jene wunderbaren Varianten auszuweichen, die sich eine Handy(!)-Generation als modische Verbalattribute inzwischen gerne anzueignen pflegt. Schließlich bietet die deutsche Sprache eine mehr als große Fülle an passenden Vokabeln, die sich zu ebenso schönen wie zutreffenden Formulierungen fügen und verdichten lassen. Einem Purismus zu huldigen, der (einige) Redewendungen allein aus geographischen Gründen ausgrenzt, ist freilich nicht minder abwegig, wenn die Frage einer exakten, der idealen oder (wenigstens) einer angemessenen Benennung geklärt werden soll. Um letztendlich zu einer möglichst schlüssigen Lösung zu gelangen, bedarf es also des reiflichen und zudem unbefangenen Abwägens von Bedeutung wie Gesamtzusammenhang, von Konnotation wie Kontext, und zwar in jedem Einzelfall.

Ein Beispiel: »Das 1983 veröffentlichte Buch ›The Tower and the Bridge‹ vertritt die These, dass seit der industriellen Revolution manche herausragenden Ingenieurbauwerke als Kunstwerke angesehen werden können, die parallel zu, aber unabhängig von der Architektur entstanden sind. Tatsächlich sind in den letzten zwei Jahrhunderten zwei neue Kunstformen erschienen, ›Structural Art‹ und Photographie, beide jeweils parallel zu ihren älteren Schwesterkünsten Architektur und Malerei. Die Werke der ›Structural Art‹ entspringen der Vorstellungskraft des Ingenieurs auf der Suche nach eleganten Formen, der sie innerhalb der Grenzen Effizienz in der Konstruktion und Wirtschaftlichkeit im Bau erarbeiten muss. (…) Der Begriff ›Structural Art‹ lässt sich nicht zufriedenstellend ins Deutsche übersetzen, da die Bezeichnungen ›Ingenieurbaukunst‹ oder ›Bauingenieurkunst‹ den Sinn nicht adäquat wiedergeben. Der englische Ausdruck wird daher verwendet.« Wer wollte anzweifeln, was David P. Billington und Nicolas Janberg vor knapp 14 Jahren in und für Nummer 3 ∙ 1998 unserer Zeitschrift für Baukultur thematisiert haben, zumal sie in ihrem Aufsatz »Die Ästhetik moderner Schrägseilbrücken« die Kriterien der »Structural Art« genau definieren? Im Unterschied zu einer solchen Wortbildung, die durchaus berechtigt ist, weil sie auf einer wissenschaftlich fundierten Zu- und Einordnung beruht, haben es bereits etablierte Charakterisierungen natürlich schwerer – wie etwa »Tragwerksplanung«. Mit Ansehen und Aussagekraft dieses Terminus technicus müss(t)en sich Bauingenieure daher eingehender beschäftigen, dient er doch zur formaljuristisch korrekten Konkretisierung eines ihrer originären Tätigkeitsfelder. Aber spiegelt er auch dessen Bandbreite wider, zeigt er sozusagen die Vielfalt aller Aufgaben, ja das enorme Spektrum an spannenden Herausforderungen, die Tragwerksplaner meist zu bewältigen haben? Und wie verhält es sich mit seiner »Außenwirkung« auf Bauherren, Architekten oder Laien?

Wer von ihnen vermutet hinter einer derart nüchtern, fast schon reduziert erscheinenden Bezeichnung überhaupt (noch) markante und de facto reizvolle »Aspekte« wie unter anderem Phantasie und Forschergeist? Werden Ingenieure deshalb oft nur als hochspezialisierte Erfüllungsgehilfen, lediglich als reine Zulieferer, nicht selten sogar als »Rechenknechte« betrachtet? Oder, um aus der Erörterung »Erfinden und Konstruieren« zu zitieren, die Jörg Schlaich für Heft 3 ∙ 2002 der [Umrisse] verfasst hat: »Merken sie nicht mehr, dass sie (…) den schönsten Teil ihres Berufes, das Entwerfen, verspielen und damit das Image ihres Berufes und seine Attraktivität für einen kreativen Nachwuchs ruinieren?« Hier wird indessen nicht der ohnehin zwecklose Versuch unternommen, irgendwelche Begriffe einfach gegeneinander auszuwechseln, sondern weit eher daran erinnert, dass Qualitäten anschaulich zu machen, Anliegen wie Inhalte gleichsam offensiv zu vertreten sind – gerade im Brückenbau als einer Disziplin, in der Ingenieure per se die Federführung innehaben (sollten). Welche Perspektiven und Konzepte auf die Weise realisierbar werden, präzisieren wiederum die nachfolgend dokumentierten, in puncto Gestalt und (Trag-)Struktur wahrlich überzeugenden Geh- und Radwegbrücken.

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Zum zweiten Mal lobt die VERLAGSGRUPPE WIEDERSPAHN mit MixedMedia Konzepts einen Ideenwettbewerb aus.

Lärmschutzwände

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sind diesmal das große Thema. Ingenieure, Architekten, Planer, Studierende und ausführende Unternehmen sind aufgerufen, zukunftsweisende Ideen und Konzepte für Lärmschutzwände zu entwickeln und einzureichen, die höchste Ansprüche erfüllen – in puncto Ästhetik, Technik, Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit. Im Rahmen unserer Zeitschriften und Symposien engagieren wir uns seit Jahren für mehr Baukultur bei Ingenieurbauwerken – und dazu gehören selbstverständlich auch Lärmschutzwände an Bahnanlagen, Autobahnen, Schnell- und Stadtstraßen. Mit unserem Ideenwettbewerb wollen wir daher zur (weiteren) Qualitätsverbesserung im Infrastrukturbereich beitragen. Eine unabhängige und hochkarätig besetzte Fachjury wird alle eingesandten Entwürfe beurteilen. Die Ausschreibungsunterlagen stehen ab dem 2. Mai 2012 im Internet unter www.mixedmedia-konzepts.de zum Download zur Verfügung.

Biebricher Allee 11 b | 65187 Wiesbaden | Tel.: 0611/98 12 920 | Fax: 0611/80 12 52 | kontakt@verlagsgruppewiederspahn.de | www.verlagsgruppewiederspahn.de | www.mixedmedia-konzepts.de

VERLAGSGRUPPE W I E D E R Smit MixedMedia P A Konzepts HN


I N H A LT

Editorial

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Aspekte der (Selbst-)Einschätzung

Michael Wiederspahn

Geh- und Radwegbrücken

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Der schreitende Pylon

Frank Schwenke, Michael Erler

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Komplettierung eines Brückenensembles

Manfred Feyerabend

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Schwungvoll über die Rems

Andreas Keil, Michael Werwigk

22

Querung einer Flussmündung

Thomas Sigl, Hans Peter Gruber

27

Holzbrückenbau 3.0 als Weiterentwicklung

Frank Miebach

32

Blattfeder zwischen Park und Stadt

Sven Plieninger, Christiane Sander, Andreas Hahn

37

Erneuerung einer Fußgängerüberführung

Wolfgang Müll

40

Brücken aus Glas und Stahl

Armin Franke

Special

46

Mainbrücke Ost in Frankfurt am Main

Sebastian Schultheis

Aktuell

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Zwölftes Symposium Brückenbau in Leipzig

Siegfried Löffler

57

Produkte und Projekte

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Software und IT

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Nachrichten und Termine

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Branchenkompass

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Impressum

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GEH- UND RADWEGBRÜCKEN Die Molebrücke Dresden-Pieschen

Der schreitende Pylon von Frank Schwenke, Michael Erler

1 Blick von Pieschen auf die Altstadtsilhouette © Ernst-Ulrich Unger

Der Elbradweg zählt zu den beliebtesten touristischen Fernradwanderwegen Deutschlands. In der Ortsdurchfahrt Dresden kommt ihm zusätzlich erhebliche Bedeutung für den öffentlichen Fußgängerund Radverkehr sowie die Naherholung zu. Dem Ziel einer möglichst elbnahen Führung des Radweges folgend, galt es, in Dresden-Pieschen eine Lücke im Bereich des Elbehafens zu schließen, um die verkehrlich ungünstige Lage neben einer stark befahrenen Stadtstraße aufzulösen. Mit dem Bau der Molebrücke Pieschen wurde nun der Sprung vom Pieschener Winkel über die Hafenzufahrt zur Hafenmole realisiert. Der zweiachsig symmetrische gespreizte A-Pylon symbolisiert diesen Schritt über das Wasser und ist inzwischen ein markantes Wahrzeichen des Stadtteils.

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1 Eine Idee muss reifen Das Suchwort »Elberadweg« erbringt ungefähr 458.000 Einträge bei Google, vermutlich kann dieses Ergebnis kein anderer Radweg Deutschlands übertreffen. Die Fahrt entlang dem Fluss erfreut sich großer Beliebtheit bei einer stetig wachsenden Zahl von Aktivurlaubern. Auch wenn der Trend zum Radtourismus Anfang der 1990er Jahre noch nicht so ausgeprägt war, hat die Stadt Dresden frühzeitig auf die nach der Wende stark ansteigende Nutzung des Elbraumes reagiert. Spaziergänger, Radfahrer, Jogger sowie Inlineskater nutzen die Wege auf beiden Seiten des Flusses und freuen sich über jeden Schluss vorhandener Lücken und die Beseitigung mancher Holperstrecke. Bereits 1995 setzte sich der Ortsbeirat des Dresdner Stadtteils Pieschen dafür ein, das Elbufer stärker erlebbar zu machen. Man träumte von einem »Balkon für Pieschen« mit Blick auf den Fluss und die malerische Altstadtsilhouette. Realisiert werden sollte dies durch die Führung des Elbradweges über die Mole des Pieschener Hafens und eine Brücke über die Hafeneinfahrt. Denn bisher waren Spaziergänger und Radfahrer gezwungen, auf einer Länge von etwa

1 km einen straßenbegleitenden Gehund Radweg entlang der Leipziger Straße zu nutzen, um das Hafengelände zu passieren: bei einer Verkehrsbelastung von etwa 20.000 Kfz/24 h auf der städtischen Hauptverkehrsstraße, zahlreichen Engstellen und Nutzungskonflikten mit Geschäften und Haltepunkten des öffentlichen Personennahverkehrs nicht wirklich eine attraktive Route. So wurde mit Beschluss des Stadtrates zum Rahmenplan Nr. 763 (Ostragehege V 1859-49-1996) vom 5. Dezember 1996, welcher die Sicherung der öffentlichen Nutzung des rechtselbischen Ufers festschrieb, die Grundlage für eine planerische Umsetzung geschaffen. Doch die Aufstellung eines Bebauungsplanes gestaltete sich schwieriger als gedacht, da infolge der Eigentumsverhältnisse der betroffenen Flächen (Wasserstraßenund Schifffahrtsamt als Bundesbehörde) und der zu berücksichtigenden Belange von Anliegern und Nutzern keine einvernehmliche Lösung gefunden werden konnte.


GEH- UND RADWEGBRÜCKEN

Es dauerte fünf Jahre, bis nach umfangreichen Variantenuntersuchungen, unterstützt durch Umwelterheblichkeitsbetrachtungen, die Linienführung des Radweges über die Mole durch einen Beschluss des Stadtrates bestätigt werden konnte. Danach sollten aber weitere neun Jahre vergehen, bis der Traum von der Elbpromenade am Pieschener Hafen Wirklichkeit wurde. 2 Der Standort 2.1 Variantenuntersuchung Auf der Grundlage der bestätigten Trassenführung des Elbradweges im betrachteten Abschnitt wurden im Rahmen einer Vorplanung verschiedene Standortvarianten für die Brücke über den Pieschener Hafen unter Berücksichtigung der maßgeblichen Schifffahrtsbedingungen untersucht. 2.2 Standort 1 Dieser Standort folgte der Anregung des Ortsamtes Pieschen zur Fortführung einer Sichtachse in Verlängerung der Rehefelder Straße in Richtung Elbe mit dem erhofften städtebaulichen Effekt für eine Öffnung der Siedlungsstrukturen in jenem Bereich. Allerdings ließ die Freihaltung des geforderten Schifffahrtsprofils eine niveaugleiche Anbindung der Brücke an die Leipziger Straße nicht zu. Bei Gewährleistung einer maximalen Rampenneigung von 6 % hätte sich die Notwendigkeit der Anordnung einer parallelen Rampe zur Leipziger Straße mit einer Länge über 20 m ergeben. Statt der erhofften Öffnung des Straßenzuges zum Fluss hin wäre der Blick auf den Fluss durch einen massiven Querriegel verstellt worden. Die alternativ erwogene Idee einer Hubbrücke wurde nicht ernsthaft weiterverfolgt.

2 Luftbild mit Standortvarianten © Google Earth

2.3 Standort 2 Die Variante einer rechtwinkligen Anordnung stellte die kürzeste Verbindung zwischen der Molenspitze und der Leipziger Straße dar. Für diese Variante wäre die geringste Brückenlänge erforderlich gewesen, so dass sie allein aus wirtschaftlichen Gründen zu untersuchen war. Allerdings waren die städtebaulichen Nachteile aufgrund der ebenfalls erforderlichen Parallelrampe zur Leipziger Straße mit denen des Standortes 1 vergleichbar, hinzu kam ein Standortkonflikt mit einer vorhandenen Haltestelle der Straßenbahn. Beide Varianten hatten darüber hinaus den wesentlichen Nachteil, dass vor und nach der Brücke jeweils ein fast rechtwinkliges Abbiegemanöver für Radfahrer erforderlich gewesen wäre. Vermutlich hätte schon darin erhebliches Konfliktpotential gelegen. 2.4 Standort 3 Diese Variante geht von der nahezu geradlinigen Verlängerung des Elbradund Wanderweges von der Spitze der Hafenmole in Richtung Kötzschenbrodaer Straße aus. Zwangsläufig erfordert sie die längste Brücke aller Standortvarianten, gewährleistet jedoch durch die gestreckte Führung am besten die Funktionalität als Radweg sowie als Element des touristischen Wegenetzes.

Im Gegensatz zu den Standorten 1 und 2 kann die Brücke aufgrund der größeren Entwicklungslänge der Rampen niveaugleich an die Leipziger Straße angebunden werden. Der Übergang zur Mole wird mittels einer Rampe realisiert, die, ursprünglich massiv geplant, in Auswertung des Hochwassers 2002 als aufgeständerte Konstruktion den Brückenquerschnitt fortführt. Der Standortvariante 3 wurde aus folgenden Gründen der Vorzug gegeben: – Beste Gewährleistung der Funktionalität durch die direkte Führung entlang der Elbe und unter Berücksichtigung der geplanten rechtselbischen Verlängerung hinter dem Ballhaus Watzke in Richtung Kötzschenbrodaer Straße. – Möglichkeit zur Schaffung neuer Sichtbeziehungen auf die Stadtsilhouette direkt von der Brücke. – Optimale Gradientenführung macht die Ausbildung von Parallelrampen an der Leipziger Straße überflüssig. – Minimierung der baulichen Eingriffe in die historische Ufermauer an der Leipziger Straße. – Trotz größerer Brückenlänge ergeben sich somit nur moderat erhöhte Baukosten im Vergleich zu den kürzeren Varianten. Die Untersuchungsergebnisse wurden mit allen Trägern öffentlicher Belange intensiv abgestimmt und 2002 vom Ausschuss für Stadtentwicklung und Bau bestätigt, so dass das Fundament für die eigentliche Brückenplanung gelegt war.

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GEH- UND RADWEGBRÜCKEN

3 Die Formfindung Im Rahmen der Standortdiskussion zur Trassenfindung wurden unter Mitwirkung eines Architekten bereits mögliche Konstruktionsvarianten skizzenhaft untersucht. Rasch war klar, dass wegen der zu berücksichtigenden Zwangspunkte (Schifffahrtsprofil, Anbindepunkte in Lage und Höhe) obenliegende Tragwerke mit schlanken Brückenträgern zu favorisieren waren. In einem ersten Planungsschritt wurden folgende Varianten in gestalterischer und städtebaulicher Hinsicht untersucht und bewertet: – Variante A: Tragseilkonstruktion mit vier Monopylonen; – Variante B: Tragseilkonstruktion mit zwei Monopylonen (je ein Pylon einseitig); – Variante C: Tragseilkonstruktion mit einem Pylon; – Variante D: Bogenbrücke mit zwei seitlichen Bögen. Naturgemäß ist es im innerstädtischen Bereich bei einer Vielzahl von Beteiligten nicht immer ganz einfach, eine gemeinsame Vorzugsvariante herauszuarbeiten.

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Obwohl das Konfliktpotential der Waldschlößchenbrücke bei weitem nicht erreicht wurde, so gab es auch in Pieschen angeregte Diskussionen um das Für und Wider der einzelnen Varianten: auf der einen Seite den Wunsch nach einem Wahrzeichen, auf der anderen Seite den nach einer Brücke, die man nach Möglichkeit nicht sieht. Bekanntlich ist der zweite Wunsch bis auf weiteres noch nicht erfüllbar, aber dem Anspruch, den Blick auf Fluss und Altstadt nicht zu verbauen, wollte man gerecht werden. So wurde einer asymmetrischen Schrägseilkonstruktion mit einem Pylon am Ufer der Leipziger Straße der Vorzug gegeben. Für diese Vorzugsvariante wurden in einem zweiten Planungsschritt folgende drei Untervarianten konstruktiv durchgearbeitet und statisch untersucht: – Variante C 1: A-Pylon, einachsig symmetrisch gespreizt; – Variante C 2: A-Pylon, zweiachsig symmetrisch gespreizt; – Variante C 3: Monopylon, zweiachsig exzentrisch geneigt.

Die Variante C 2, eine Schrägseilbrücke mit einem zweiachsig symmetrisch gespreizten A-Pylon, kristallisierte sich dabei als eindeutiger Favorit heraus. Zum einen, weil es eine wenig schwingungsanfällige, allen konstruktiven Anforderungen gerecht werdende Lösung war, und zum anderen, weil die Spreizung des Pylons auch längs der Brücke die Anordnung seines Fundaments in Fahrtrichtung der ein- und ausfahrenden Schiffe ermöglichte. Damit war die Idee des »schreitenden Pylons« geboren, also eines Pylons, der nicht nur die Brücke trägt, sondern zugleich den Schritt über das Wasser symbolisiert. Die Erlangung der Zustimmung des Wasser- und Schifffahrtsamtes zu dieser Lösung bedurfte nun keiner großen Sprünge mehr. Die positive Entscheidung der Landeshauptstadt Dresden zur Vorzugslösung wurde dann im Ausschuss für Stadtentwicklung am 12. März 2003 getroffen.

3 A-Pylon, zweiachsig symmetrisch gespreizt © EIBS GmbH

4 Monopylon, zweiachsig exzentrisch gespreizt © EIBS GmbH


GEH- UND RADWEGBRÜCKEN

5 6 7 Ansicht, Längsschnitt, Draufsicht © EIBS GmbH

4 Die Konstruktion 4.1 Gründung und Unterbauten 4.1.1 Widerlager Leipziger Straße Die Gründung erfolgt im unteren Drittel der aus Sandsteinquadern bestehenden Ufermauer mittels Mikroverpresspfählen, die die Zugkräfte der zum Widerlager geführten Ankerseile aufnehmen. Die sich anschließende Stahlbetonkonstruktion und die ergänzenden Flügelwände werden flach gegründet. Für die Herstellung der Seilabspannung des Pylons wird ein luftdicht verschweißtes Rohr mit einer außenliegenden Anschlusskonstruktion in das Widerlager einbetoniert, der Aussteifungsträger ist in das Widerlager eingespannt. Die bastionsartige Aufweitung im Anschlussbereich an die vorhandene Ufermauer schafft einen großzügigen Übergang, der die Möglichkeit zum Verweilen bietet.

4.1.2 Pylon Die Gründung des Pylons erfolgte als Flachgründung auf Unterwasserbeton in einem Spundwandkasten in den anstehenden Flusssanden und -kiesen. Die den Pylon tragende Pfeilerscheibe hat einen elliptischen, sich nach oben verjüngenden Grundriss, durch ihre uferparallele Ausrichtung wird das Anprallrisiko für ein- bzw. ausfahrende Schiffe erheblich reduziert. Es entsteht ein Winkel von ca. 50 gon zwischen der Achse des Versteifungsträgers und der des Pfeilers, damit ergibt sich ein Schrittmaß der Pylonfüße von 6,40 m in Längsrichtung der Brücke. Aus gestalterischen Gründen war ursprünglich die Verblendung der Pfeilerscheibe mit Sandstein vorgesehen, um einen optischen Alterungsprozess zur Anpassung an das vorhandene Ufermauerwerk und einen gewissen Schutz vor Graffiti zu erreichen. Die Umstellung

auf Sichtbeton mit einer Gliederung durch eingelegte Trapezleisten im Zuge der Bauausführung hat leider den Beleg dafür erbracht, dass dem Gestaltungswillen der Sprayer nur wenig entgegengesetzt werden kann. 4.1.3 Podest und Stützen Die Gründungen auf der Mole werden als Tiefgründung mit Verpresspfählen realisiert. Vertikal bzw. im Neigungsverhältnis von 10:1 und im Grundriss versetzt angeordnete Bohrpfähle mit d ≥ 150 mm durchfahren die Mole und leiten die Gründungslasten in die tragfähigen Flusskiese ein. Stahlbetonfundamente stellen die Verbindung zu den Stahlrohrstützen her, die das Rampenbauwerk tragen. Die Rohrstützen erhalten ein mit 6 % geneigtes Abschlussblech, das mit dem Bodenblech des Überbaues verschweißt wird.

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GEH- UND RADWEGBRÜCKEN

4.1.4 Widerlager Mole Das Widerlager am Ende der Rampenbrücke bildet den Übergang zum Radwegausbau auf der Mole. Es besteht aus Stahlbeton und ist ebenfalls auf vertikalen Verpresspfählen tief gegründet. Der Versteifungsträger ist in das Widerlager eingespannt. In Auswertung des Hochwassers 2002, bei dem die Mole ca. 4 m hoch überflutet war, wurde der an das Widerlager anschließende Radweg konstruktiv durch einen Stahlbetontrog eingefasst. Dieser wird formschlüssig in das Deckmauerwerk der Mole eingefügt und soll Kolkschäden im Falle weiterer Hochwasserereignisse verhindern.

9 10 Perspektive (unterstrom) bei Tag und Nacht © Ernst-Ulrich Unger

11 12 Aussichtsplattform bei Tag und Nacht © Ernst-Ulrich Unger

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8 Regelquerschnitt © EIBS GmbH

4.2 Überbau Die Tragkonstruktion besteht aus einem verwindungssteifen, luftdicht verschweißten, vollwandig ausgebildeten Stahlhohlkasten. Die Vorzüge dieses Querschnittes liegen in seiner geringen Schwingungsanfälligkeit gegenüber Erregerfrequenzen.

Im Bereich der Hafeneinfahrt befindet sich der Überbau in einer Kuppenausrundung HK = 1.050 m mit anschließenden Längsneigungen von 4 % in Richtung Gehbahn Leipziger Straße und 3,30 % zum Zwischenpodest auf der Molespitze. Der zweite Teil der Tragkonstruktion hat ab dem Podest ein konstantes Längsgefälle von 6 % in Richtung Radweg auf der Mole.


GEH- UND RADWEGBRÜCKEN

Der Aussteifungsträger der Schrägseilkonstruktion wurde am Widerlager Leipziger Straße biegesteif eingespannt, am Pylon auf zwei Elastomerlagern gelagert sowie mit der Rohrstütze der Aussichtsplattform verschweißt. Gehalten wird der Träger im Bereich der Hafeneinfahrt durch sechs am Pylon befestigte Seilpaare, vier im Bereich der Hauptöffnung sowie je ein Paar in der Randöffnung und als Rückhängung zum Widerlager. Als Anschlagmittel dienen Gabelseilhülsen, konische Vergusshülsen mit Innengewinde und Gewindestangen in Verbindung mit voll verschlossenen Spiralseilen, die Verbindung zum Aussteifungsträger ist mit diesen durchdringenden Stahlrohren hergestellt worden. Die Rampenbrücke ist ebenfalls am Widerlager eingespannt, mit den Rohrstützen verschweißt und liegt am Podest auf zwei Elastomerlagern auf. Der Versteifungsvollwandträger besteht aus Boden- und Fahrbahnblechen sowie aus trapezförmigen Randabschlussblechen, Quer- und Längsschotten der Stahlgüte S 355 J2 G3. Das Deckblech des Kastenträgers wurde gemäß ZTV-KOR beschichtet und mit Quarzsand abgestreut. Diese Beschichtung bildet den endgültigen Fahrbahnbelag. Die Oberflächenentwässerung der Brücke ist über die Längsneigungen gewährleistet. Der Hochpunkt der Gradiente liegt in der Mitte der Hafeneinfahrt. Der erste Abschnitt entwässert in eine Rinne an der Gehbahn Leipziger Straße, der andere Teil in Richtung Podest. Das Oberflächenwasser auf dem anschließenden Überbau der Rampenbrücke wird über eine Rinne am Molewiderlager abgeleitet. Als Absturzsicherung wurde ein durchgehend 1,30 m hohes Geländer auf der Brücke sowie dem angrenzenden Moleradweg angeordnet. Zur Erhöhung der Transparenz erhielt das Brückengeländer eine leichte Drahtnetzfüllung. In Umsetzung des abgestimmten Gestaltungs-, Sicherheits- und Ausstattungskonzeptes wurde von der Gehbahn der Leipziger Straße bis zum Podest auf der Mole eine Beleuchtung mit LEDLeuchtmitteln in Modulbauweise in den flussseitigen Handlauf des Geländers integriert. Das LED-System ist wartungsfreundlich, besitzt eine hohe Lebensdauer sowie eine nachgewiesene Insektenverträglichkeit, welche einer besonderen Forderung nach der Berücksichtigung von Umweltschutzbelangen im FFH-Gebiet Rechnung trug.

13 Pylonkopfdetail © EIBS GmbH

4.3 Pylon Das obere Drittel des Pylons besteht aus zwei parallelen, durch Aussteifungen miteinander verbundenen Stahlrohren, die eine symmetrische Konstruktion der beiden Seilebenen ermöglichen. Auf die Höhe der unteren zwei Drittel werden die Rohre in Längs- und Querrichtung zum zweiachsig symmetrischen A-Pylon aufgespreizt, so dass sich je nach Standpunkt des Betrachters der Eindruck des »Ausschreitens« ergibt. Der Auflagerquerträger zwischen den Pylonfüßen, auf dem der Versteifungsträger aufliegt, hat ebenfalls einen Rohrquerschnitt. Die Verbindung zur Pfeilerscheibe wird durch Schraubverbindungen hergestellt. Das Bauwerk ist wegen seiner exponierten Lage mit einem Blitzschutz versehen.

14 Gestalt des Pylons © Ernst-Ulrich Unger

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15 Vom Ostragehege zum anderen Elbufer … © Ernst-Ulrich Unger

5 Das Ergebnis Von der Idee zum fertigen Bauwerk hat es ca. 15 Jahre gedauert. Grob betrachtet, lässt sich dieser Zeitraum etwa hälftig auf das Ringen um das Baurecht und um die Finanzierung aufteilen. Wie so oft war die eigentliche Bauausführung dann relativ zügig vollbracht. Vor allem dem uner-

müdlichen Einsatz des Pieschener Ortsamtsleiters ist es zu danken, dass trotz aller aufgetretenen Probleme (differente Eigentümer- und Anliegerinteressen, FFH-Gebietseinstufung, Hochwasserereignis 2002) immer am Ziel festgehalten wurde.

Obwohl die Fertigstellung der Brücke am 9. November 2010 in eine radlerunfreundliche Jahreszeit gefallen ist, hat das der Akzeptanz des Bauwerkes keinen Abbruch getan. Insbesondere die Anwohner der Umgebung haben rasch von ihr Besitz ergriffen. Mit Fug und

16 Erscheinungsbild von der Leipziger Straße © Ernst-Ulrich Unger

17 Blick zur Mole © Ernst-Ulrich Unger

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Recht kann man davon sprechen, dass der Traum vom »Balkon von Pieschen« in Erfüllung gegangen ist. Und wenn sich Spaziergänger und Radfahrer bei schönem Wetter die Brücke teilen müssen, dann merkt man schnell, dass 3 m recht schmal sein können. Zum Glück gibt es aber auf der Aussichtsplattform die Möglichkeit, zur Seite zu treten, um ein Foto zu machen oder einfach auf den Fluss oder die Altstadt zu schauen. Die vormals einsam auf der Mole verweilende Flachstahlskulptur »Undine« hat zwar ihren Platz für die Brücke räumen müssen, aber dafür am Widerlager Leipziger Straße ein neues, etwas lebhafteres Domizil gefunden. Unterstellen wir einfach, dass sie sich auch dort wohl fühlt. Autoren: Dipl.-Ing. Frank Schwenke Dipl.-Ing. Michael Erler EIBS GmbH, Dresden Bauherr Landeshauptstadt Dresden, vertreten durch Straßen- und Tiefbauamt

18 19 »Undine« am alten und neuen Standort © Ernst-Ulrich Unger

Entwurfs- und Ausschreibungsplanung EIBS GmbH, Dresden Dipl.-Ing. Michael Erler Dipl.-Ing. René Hagen Baugestalterische Beratung Kaulfersch Architekten, Dresden Dipl.-Ing. Norbert Kaulfersch Ausführungsplanung Leonhardt, Andrä und Partner, Beratende Ingenieure VBI, GmbH, Dresden Dipl.-Ing. Christian Anistoroaiei Prüfingenieur Prof. Dr.-Ing. Karsten Geißler, Berlin Ausführung Hentschke Bau GmbH, Bauten ZSB Zwickauer Sonderstahlbau GmbH, Zwickau

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Anspruch Funktionalität und handwerkliche Höchstleistung: die Geländerleuchte von Hess hält den härtesten Bedingungen stand und zeichnet sich durch einen minimalen Wartungs- bzw. Pflegeaufwand aus. GestAltunG Eine Formsprache für Orte mit Charakter: Hess gestaltet Städte – mit seinem umfassenden Leuchtenprogramm und dem perfekt darauf abgestimmten Stadtmobiliar-Sortiment.

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GEH- UND RADWEGBRÜCKEN Der »Steg Nord« am Bahnhofsareal Remscheid

Komplettierung eines Brückenensembles von Manfred Feyerabend

Der »Steg Nord« bildet zusammen mit dem bereits zwei Jahre zuvor erstellten »Steg Süd« nun das Brückenensemble, welches zum Signet des neugeschaffenen Einzelhandelszentrums am revitalisierten Bahnhofsareal in Remscheid und zu dessen Namenspaten wurde (»Brückencenter«). Der Steg Nord lehnt sich in Form und Konstruktion an den Steg Süd an, ohne ihn direkt zu kopieren, denn das zusammengehörige Gestaltungsprinzip wird hier hinsichtlich der individuellen Randbedingungen variiert. Die Stadt Remscheid hat damit in mehrerer Hinsicht attraktive Wegeverbindungen zwischen verschiedenen Stadtteilen und Verkehrsinfrastrukturen.

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2 Steg Nord © Manfred Feyerabend

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1 Steg Süd © Manfred Feyerabend

1 Allgemeines Der Bahnhofsbereich der Stadt Remscheid entsprach schon länger nicht mehr den aktuellen Anforderungen, weshalb im Jahre 2002 von der Stadt ein entsprechender städtebaulicher Wettbewerb ausgeschrieben wurde. Diesen Wettbewerb konnte das Team aus dem Architekturbüro PASD Feldmeier . Wrede, Hagen, und den Landschaftsarchitekten DTP Davids Terfrüchte + Partner, Essen, für sich entscheiden. Ein Hauptmerkmal des Siegerentwurfs war das Schaffen neuer Wegeverbindungen, die über zwei neue Fußgängerbrücken gewährleistet werden sollten: den Steg Nord und den Steg Süd. Über

den Steg Süd, der bereits im Jahre 2009 der Öffentlichkeit übergeben wurde, ist bereits in [1] berichtet worden; im Folgenden wird der zwei Jahre später realisierte Steg Nord vorgestellt. 2 Tragwerksentwurf und Konstruktion Der Steg Nord setzt vom Bahnhofsvorplatz zum Sprung über die Bundesstraße B 229 an und muss diese unter Gewährleistung der erforderlichen Lichtraumprofile überspannen. Aus Gründen der Behindertengerechtheit waren die am Bahnhofsvorplatz beginnende Steigung und damit auch die Konstruktionshöhe des Überbaus stark begrenzt: Das führte


GEH- UND RADWEGBRÜCKEN zur Wahl einer Stahlkonstruktion, die aus einem niedrigen, 80 cm hohen Stahlhohlkasten besteht, welcher im Bereich der größten Spannweite über der Bundesstraße durch Abspannungen zusätzlich gehalten wird. Diese Konstruktion hatte nicht nur den Vorteil einer sehr geringen Überbauhöhe, sondern erlaubte zugleich die Montage bei quasi laufendem Betrieb auf der zu überquerenden Bundesstraße durch das Einheben großer, vorgefertigter Überbauteile. Die unregelmäßig und geneigt angeordneten Stahlrohrstützen verleihen der Brücke einen spielerischen und heiteren Charakter und bilden dadurch ein willkommenes optisches Gegengewicht zu den ansonsten sehr gemäß funktionalen Gesichtspunkten ausgeformten Elementen in der näheren und ferneren Umgebung. Sie korrespondieren in der Art ihrer Positionierung wie der Farbe mit dem direkt in der Nachbarschaft befindlichen Steg Süd. Der Überbauquerschnitt wurde ebenfalls in gestalterischer Anlehnung an den Steg Süd konzipiert.

3 Stützenbüschel aus Stahlrohren © Manfred Feyerabend

Bereits in der Vorentwurfs- und Entwurfsphase der Tragwerksplanung wurde am räumlichen Stabwerksmodell gearbeitet. Durch die realistische Darstellung der Querschnitte im 3-D-Modell erhält man sehr schnell eine effektive Kontrolle der äußeren Erscheinung des Bauwerks. Außerdem ließ sich aus der im Zuge des Planungsfortschritts immer weiter fortgeschriebenen Datei das Montagekonzept anschaulich visualisieren.

4 Regelquerschnitt © IFS

In der Genehmigungsphase wurden alle Exzentrizitäten millimetergenau im EDV-Modell erfasst. Der Grund war nicht vordringlich die exakte Abbildung der Realität im Rechenmodell zur Erzielung einer möglichst hohen Rechengenauigkeit, sondern vielmehr, dadurch über eine eigene, millimetergenaue Beschreibung der räumlichen Geometrie als Grundlage für die Ausführungs- und die Werkstattplanung zu verfügen. Auf Basis der »exakten« 3-D-Geometrie aus dem Stabwerksprogramm wurde die Ausführungsplanung sodann mit einem 2-D-CAD-Programm erstellt. Alle erforderlichen schiefen Maße, räumlichen Winkel etc. wurden während der Planung dem Stabwerksprogramm entnommen. Der Regelquerschnitt ist ein Kasten, wobei die Dicken des Deck- und Bodenblechs zwischen überwiegend 10 mm und 30 mm im Bereich der großen Stützmomente variieren. Seine räumliche Stabilität wird über einen mittleren Längssteg mit t = 20 mm und die Querschotte mit t = 10 mm, die im Abstand von ca. 3,00 m angeordnet sind, gewährleistet. Die Zugstangen (d = 57 mm) haben ein aufgestauchtes Gewinde mit d = 75 mm (ASDO-Zugankersystem). Dadurch ist die Tragkraft im Gewinde genauso groß wie im Zugstabquerschnitt und wird nicht maßgebend für die Dimensionierung. Die untere Verankerung der Zugstangen an den Querträgern ist hier in einem Bild dargestellt, die Verankerung oben an den Stützen wurde analog wie unten bei Weglassen der Abdeckkappe ausgeführt. In die Querträger (d = 355,60 mm) wurden Rohre (152,40 mm x 10 mm) eingeschweißt, durch welche die Zugstangen hindurchgeführt und rückseitig mit balligen Muttern verankert wurden. Um Korrosion und Wasseransammlungen zu vermeiden, wurde der Zwischenraum zwischen Zugstange und Rohr belüftet und mit einer Abflussöffnung versehen.

5 Anschluss der Abspannung an den Querträger © IFS

Über die Abdeckkappe wird verhindert, dass Laub und sonstige gröberen Teile in den Spalt eingetragen werden und die Abflussöffnung verstopfen könnten.

6 Stützen und obere Zugstabverankerung © Manfred Feyerabend

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GEH- UND RADWEGBRÜCKEN Brückenunterfläche und das Lager jederzeit zu Wartungszwecken zugänglich waren. Aus diesem Grund wurde vor der versenkten Auflagerbank eine begehbare Grube ausgebildet, die mit einem herausnehmbaren Gitterrost abgedeckt ist. Über einen seitlichen Schacht, ebenfalls abgedeckt durch einen Gitterrost, kann man neben dem Steg in die Grube hinabsteigen und von innen die übrigen Gitterroste bei Bedarf entfernen.

7 8 9 Anschluss der Stützen an die Querträger © IFS

Alle zehn Stützen bestehen aus Stahlrohren mit d = 355,60 mm und Wanddicken von 10–50 mm (S 355). Sie sind über Rohrstummel (d = 323,90 mm) mit dem Querträger (d = 457 mm) verschweißt. Die Rohrstummel bilden sowohl zu den Stützen als auch zu den Querträgern immer rechte Winkel und haben alle eine einheitliche Netzlänge von 50 cm. Die nichttragenden oberen Abschnitte der Stützen wurden mit einer Wanddicke von 10 mm konzipiert. Der Überbau wird über die zehn am Fuß eingespannten Stahlrohrstützen horizontal elastisch gehalten. Weitere Festhaltungen in Längsrichtung gibt es nicht, die Endauflager und die Lager auf dem zwischenunterstützenden Stahlrahmen nahe dem Endauflager Süd sind längsverschieblich (Verschiebeweg an den Brückenenden: ± 47 mm) mit Festhaltekonstruktionen in Brückenquerrichtung ausgebildet. Da der Überbau durch die Stützenbüschel ausreichend gegen Verdrehung um die eigene Achse gesichert war, wurde an den Enden nur jeweils ein mittiges Lager angeordnet. Die durch restliche Lagerverdrehungen um die Brückenachse hervorgerufenen Vertikalverformungen in den vier Ecken des Überbaus wurden für die häufige Lastfallkombination ermittelt und gemäß ZTV-ING Teil 4, Abschnitt 1, § 3 (6) auf 5 mm begrenzt. Der Überbauquerschnitt wurde im großen Feld um 90 mm überhöht hergestellt. Der verbleibende maximale Durchhang beträgt ca. 120 mm.

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3 Endauflager Süd Am Endauflager Süd gab es die Besonderheit, dass der Überbau vollständig in die Platzfläche abtauchen sollte, um so einen möglichst homogenen Übergang vom Platz zum Steg zu schaffen. Ein klassisches Kastenwiderlager konnte somit nicht angeordnet werden. Andererseits musste gewährleistet werden, dass die

10 Endauflager Süd © Manfred Feyerabend

11 Grube am südlichen Endauflager © PASD

4 Dynamisches Verhalten Das Schwingungsverhalten der Konstruktion wurde über die Ermittlung der Eigenfrequenzen mit Hilfe des Stabwerksprogramms untersucht. Neben den Bauwerksmassen wurde eine Verkehrsbelastung von 20 % angesetzt, was etwa einer Person pro m² entspricht. Die unterste horizontale Eigenfrequenz lag mit 3,10 Hz über dem von Bachmann [2] angegebenen unteren Grenzwert von 1,20 Hz, allerdings genau im zweiten zu vermeidenden Bereich (2,60–3,40 Hz). Die unterste vertikale Eigenfrequenz erreichte mit 1,56 Hz genau die von Bachmann [2] angegebene Grenze des zu vermeidenden Frequenzbereichs zwischen 1,60 Hz und 2,40 Hz. Beim Begehen spürt der Passant die Schwingungen der Brücke: Sie werden aber nie so stark, dass sie störend wirken oder gebrauchseinschränkend werden.


GEH- UND Anschließend wurden weitere Gerüste an den Fahrbahnrändern der Bundesstraße errichtet, der Überbau in vorgefertigten Schüssen eingehoben und untereinander und mit den beiden Querträgern verschweißt. Nach Montieren der Zugstangen konnten die Gerüste dann wieder entfernt werden. 6 Epilog Im April 2011 gab es kurz vor den letzten Verschweißungen der Überbauschüsse noch eine unvorhergesehene Verzögerung: Bei einem illegalen Pkw-Wettrennen zwischen zwei Jugendlichen auf der B 229 an einem Samstagnachmittag raste einer von ihnen mit einem geliehenen Fahrzeug in einen der Gerüsttürme. Personenschäden waren glücklicherweise keine zu verzeichnen. Durch den Aufprall hatte sich jedoch der getroffene Gerüstturm um einige Zentimeter verschoben und den auf ihm lastenden Überbau mitgenommen. Die zu verschweißenden Überbauenden passten nun nicht mehr zusammen. Rechnerische Untersuchungen auf Grundlage der vorgenommenen Vermessungen ergaben jedoch, dass es sich hierbei um elastische Verformungen handelte: Der Überbau wurde mit einem kurzfristig georderten Mobilkran angehoben und federte in seine ursprüngliche Lage zurück. Nach Ersatz der beschädigten Gerüstteile konnten die Arbeiten schließlich im August 2011 fertiggestellt werden.

12 Montagekonzept © Manfred Feyerabend

Auf Schwingungsmessungen vor Ort und das Nachrüsten eines Schwingungstilgers konnte deshalb verzichtet werden, der Bauherr war jedoch vorsorglich in der Planungsphase auf diesen eventuell erforderlichen Mehraufwand hingewiesen worden. 5 Montage Das vom Tragwerksplaner vorgegebene Montagekonzept wurde von den ausführenden Firmen ohne Änderungen umgesetzt. Zuerst wurden die Fundamente mit den schrägen, zylinderförmigen Auflagersockeln betoniert. Auf die Fundamente wurden Gerüste aufgestellt, auf denen die Querträger zu liegen kamen; an die Querträger waren bereits die kurzen Rohr-Verbindungsstummel angeschweißt. Die Stützen wurden nacheinander eingeschwenkt, provisorisch in ihrer Lage fixiert und am Fuß und an den Verbindungsstummeln verschweißt.

Autor: Prof. Dr.-Ing. Manfred Feyerabend IFS Beratende Ingenieure für Bauwesen Prof. Feyerabend . Schüller Partnerschaftsgesellschaft, Hürth

Anmerkungen [1] Feyerabend, M.: Der »Steg Süd« am Bahnhofsareal Remscheid; in: Bautechnik 87, 2010, Heft 5, S. 259–271. [2] Bachmann, H.: Schwingungsprobleme bei Fußgängerbrücken; in: Bauingenieur 63, 1988, S. 67–75. Bauherr Stadt Remscheid Objektplanung PASD Feldmeier . Wrede Architekten BDA . Stadtplaner SRL, Hagen Landschaftsplanung DTP Davids Terfrüchte + Partner, Essen Tragwerksplanung IFS Beratende Ingenieure im Bauwesen Prof. Feyerabend . Schüller Partnerschaftsgesellschaft, Hürth Prüfingenieur Dr.-Ing. Dietmar Streck, Duisburg

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Bauleitung Stadt Remscheid, Fachbereich Straßen- und Brückenbau Dipl.-Ing. G. Breidbach Bauausführung Metallbau Teufert GmbH, Quakenbrück Joachim Tiesler Hoch- und Tiefbau GmbH, Elsfleth

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GEH- UND RADWEGBRÜCKEN Neuer Fehrlesteg in Schwäbisch Gmünd

Schwungvoll über die Rems von Andreas Keil, Michael Werwigk

Als ein zukünftiger Bestandteil der Landesgartenschau 2014 wurde der Fehrlesteg in Schwäbisch Gmünd errichtet, resultierend aus einem im Jahr 2009 ausgelobten Wettbewerb, aus dem der Entwurf von schlaich bergermann und partner als Sieger hervorging. Das Bauwerk, das eine direkte Verbindung zwischen dem Bahnhof und der Innenstadt darstellt, ist als Spannbandbrücke ausgeführt worden, die mit Spannweiten von 22 m bzw. 30 m und einem mittigen Knick im Grundriss die hier zweiteilige Rems überquert. Der Gehwegbelag aus Natursteinplatten und eine dezente Beleuchtung im Handlauf des Edelstahlgeländers prägen das Erscheinungsbild des neuen Steges, der sich mit seiner zurückhaltenden Konstruktion elegant in die Umgebung einfügt.

2 Blick in Richtung der Innenstadt © Michael Zimmermann

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1 Brücke über die zweiteilige Rems © Michael Zimmermann

1 Entwurf Bei den landschaftsplanerischen Umgestaltungsmaßnahmen war vorgesehen, ein vorhandenes Remswehr unterhalb der neu zu erstellenden Brücke abzubrechen und dafür eine »raue Rampe«,

also ein mit großen Steinblöcken versetztes, verbreitertes Flussbett, zu errichten, dessen Rampenkopf in Höhe des neuen Fehrlestegs situiert wird. Für den Hochwasserabfluss und die Überwindung des Höhenunterschieds im Gewässerverlauf war zudem erforderlich, die Rems am Rampenkopf im Norden deutlich aufzuweiten. Um die im alten Flussbett uferbegleitenden Bäume partiell erhalten zu können, wurde in diesem Bereich eine Insel ausgebildet. Wegeführung und Höhenentwicklung des neuen Fußwegs waren als Entwurfsparameter grob vorgegeben. Der Steg beginnt, im Grundriss von der Stadtseite kommend, im Anschluss einer Fußgängerquerung über die Remsstraße, quert orthogonal den ersten Flussarm, schwenkt auf der Insel um 20° zur Überwindung des zweiten Flussabschnitts, um auf der Nordseite am Fehrle-Parkhaus dann an den Fußweg in Richtung Bahnhof anzubinden. Für die Kreuzung des landschaftlich renaturierten Gewässerlaufs wurde eine zweifeldrige Spannbandbrücke entworfen. Aufs Äußerste reduziert, schwingt sich der neue Steg von Ufer zu Ufer, wobei er, Wegeverlauf und Anbindungssituation folgend, einen mittigen Knick im Grundriss aufweist, in dem sich die Zweiteilung der Rems widerspiegelt.


GEH- UND RADWEGBRÜCKEN

3 4 Längsschnitt und Grundriss © schlaich bergermann und partner

Die Form des mittigen Auflagers zeichnet deutlich die Horizontalbeanspruchung aus der Winkeländerung des Spannbands nach. So stellt sich das Widerlager »gegen« die angreifende Kraft, bildet damit das Kräftespiel ab und lädt mit seiner balkonhaften Auskragung auf der Insel zum Verweilen und Schauen ein. An den Enden liegen die Spannbänder sanft auf schlanken Betonsätteln auf, die aus den durch die Uferböschungen verdeckten Verankerungskörpern auskragen. Durch ihre Schlankheit und Transparenz fügt sich die Brücke sensibel in das städtebauliche Gesamtensemble ein. Sie wirkt zurückhaltend, ist aber dennoch mit ihrer besonderen Konstruktion präsent und unverwechselbar. Granitplatten als Gehbelag und ein Edelstahlgeländer verleihen ihr eine besondere Eleganz. 2 Konstruktion und Details Die Konstruktion des Fehrlestegs besteht aus einem Spannband mit zwei Stahlzugbändern, die mit Granitplatten belegt und fest verbunden sind.

Die Gradiente der Brücke beginnt an den vorhandenen Uferböschungen bei 318,50 m ü. NN an beiden Widerlagern in derselben Höhe und verläuft parabolisch zum Tiefpunkt der Spannbänder etwa in Feldmitte über den beiden Remsarmen, um dann zum Mittelauflager wieder anzusteigen. Die maximale Steigung beträgt lokal 5 %, die maximale Stichhöhe der Felder 0,40 m bzw. 0,25 m. Die Zugbänder mit Querschnittabmessungen von 400 mm x 40 mm spannen

sich zwischen die Endwiderlager im Abstand von ca. 55 m und haben ungefähr in der Mitte eine Zwischenverankerung auf dem Umlenkbauwerk der Rems-Mittelinsel, so dass die freien Spannweiten der beiden Brückenfelder 30 m bzw. 22 m betragen. Die Spannbänder bestehen aus jeweils zwei parallel laufenden, vorgekrümmten und vollverschweißten Flachstählen der Güte S355, die jeweils an den Widerlagern und dem Umlenklager fest endverankert sind.

5 6 Querschnitt und Detailansicht © schlaich bergermann und partner

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GEH- UND RADWEGBRÜCKEN

7 8 Montage der Spannbänder © schlaich bergermann und partner

Die Widerlager dienen zur Auflagerung, Vorspannung und Verankerung der Stahlzugbänder. Diese Zugbänder werden in einem Krümmungsradius über die Widerlageroberfläche gezogen und in eigens dafür vorgesehene Vertiefungen und Aussparungen am Widerlagerblock abgesetzt, wo sie über Einbauteile und eine hammerkopfähnliche Aufweitung millimetergenau fixiert und rückverankert sind. Für den Spannvorgang waren dafür zusätzliche Aussparungen an der Rückseite der Widerlager vorgesehen.

Ausgerundete Stahl-Einbauteile auf dem Betonsattel nehmen die unterschiedlichen, belastungsabhängigen vertikalen Winkeländerungen der Spannbänder auf, wodurch erhöhte Biegespannungen infolge der Zugkraft verhindert werden. Am Umlenklager wurden die Spannbänder wiederum als Festanker auf einem Stahl-Einbauteil eingehängt, das unterseitig mit Zahnleisten die hohen Horizontalkräfte in den Betonkörper einleitet. Die massiven Widerlagerblöcke sitzen auf rechteckigen Fundamentplatten, über die die Lasten mit Verpresspfählen in tragfähige, tiefere Bodenschichten abgetragen werden. Die resultierende Horizontalkraft wird durch die Schrägstellung der Verpresspfähle, die abhebenden Kräfte im Verankerungsbereich der Widerlager durch die Zugpfähle aufgenommen.

Die Gehwegplatten, die aus geschnittenem und rau gestrahltem, 12 cm dickem Granit hergestellt sind, liegen über unbewehrten Elastomerstreifen auf den zwei Stahlzugbändern auf. Sie sind auf Lücke gesetzt und dauerhaft sowie unsichtbar mit den Spannbändern fixiert, erhalten aber in Zwischenräumen eine Neopreneinlage, um das Dämpfungsverhalten der Brücke zu verbessern. Für den Nachweis von Trag- und Dauerhaftigkeit wurden in einer unabhängigen Materialprüfanstalt die Kennwerte der aus Portugal stammenden Granitplatten ermittelt: An ca. 40 Probekörpern aus dem Verschnitt der später einzubauenden Elemente konnten verbindliche Aussagen zu Biegefestigkeit, Frostwiderstand und Wasseraufnahmefähigkeit unter atmosphärischem Druck gewonnen werden. Für maßgebende Laststellungen ergab sich ein Materialsicherheitsfaktor von ή > 6, und durch konstruktive Maßnahmen ist selbst bei schlagartigem, unerwartetem Versagen durch Bruch eine Lagesicherheit der Granitbauteile gewährleistet.

9 Umlenkfundament © schlaich bergermann und partnern

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10 Form des Widerlagers © Michael Zimmermann

11 Gehwegplatten aus Granit © Michael Zimmermann


GEH- UND RADWEGBRÜCKEN

Die seitliche Absturzsicherung des Fußweges besteht aus einem segmentweise gestoßenen und 1,20 m hohen Füllstabgeländer aus Edelstahl. Die Geländerpfosten sind über Bohrungen an den Granitplatten mit Schrauben angeschlossen und die einzelnen Handlaufsegmente längsverschieblich miteinander verbunden. Das heißt, die Reibung der ineinandergesteckten Geländerkonstruktion beeinflusst positiv das Dämpfungsverhalten der leichten Spannbandstruktur. Im hohlen, zweiteilig zusammengefügten Handlaufprofil konnte die Stegbeleuchtung als durchlaufendes LED-Band integriert werden und betont dabei auch bei Nacht stark die Form und Tragwirkung des Spannbandes. Der Steg wird über die Fugen frei entwässert und erhält kein gesondertes Entwässerungssystem. Über den Verankerungskammern der Spannbänder sind abnehmbare, mit Gussasphalt gefüllte Stahlwannen für Revisionszwecke angebracht, deren Fugen abgedichtet und entwässert werden. 3 Fazit Mit der im März 2011 abgeschlossenen Errichtung des Fehrlestegs wurde ein anspruchsvolles, innovatives Tragwerk verwirklicht, das durch seine Schlankheit, Transparenz und eine dem Kraftfluss entsprechende Formgebung der maßgebenden Baukörper auch hohen ästhetischen und wirtschaftlichen Anforderungen gerecht wird. Offen für neue Ideen, konnten im uneingeschränkten Einverständnis mit einem aufgeschlossenen Bauherrn und Prüfingenieur qualitativ hochwertige Materialien für tragende Bauteile verwendet werden. Dies kommt den vielen täglichen Nutzern zugute, die den neuen Fehrlesteg als wertvollen Beitrag zur Baukultur Schwäbisch Gmünds empfinden. Autoren: Dipl.-Ing. Andreas Keil Dipl.-Ing. Michael Werwigk schlaich bergermann und partner, Stuttgart

12 13 Spannbandbrücke bei Tag und bei Nacht © Michael Zimmermann

Bauherr Stadt Schwäbisch Gmünd, Tiefbauamt Jupp Jünger, Eva Hafner, Kurt Tannenberg Entwurf und Tragwerksplanung schlaich bergermann und partner, Stuttgart Christian Müller, Sandra Hagenmayer, Frauke Fluhr Prüfingenieur Dr.-Ing. Frank Breinlinger, Tuttlingen Ausführung Andreas Stark GmbH & Co. KG, Aalen Eichele GmbH, Schwäbisch Gmünd Stahlbau Urfer GmbH, Remseck

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GEH- UND RADWEGBRÜCKEN Die Tiflisbrücke in Innsbruck

Querung einer Flussmündung von Thomas Sigl, Hans Peter Gruber

1 Rad- und Gehwegverbindung über die Sill © Walter Zimmeter

Im Zuge des Ausbaues des InnHochwasserschutzes im Bereich der Sillmündung in Innsbruck wurden neben den wasserbaulichen Zielsetzungen auch städtebauliche Intentionen verfolgt. Dies erforderte die Errichtung einer Fußgänger- und Radwegbrücke über die Sill: Sie stellt jetzt die Verbindung des Inntal- mit dem Sill-Radweg her und ist Teil eines Freizeit- und Erholungsbereichs. Für die Erlangung eines Brückenentwurfes wurde von der Stadt Innsbruck ein geladener Ingenieurwettbewerb ausgeschrieben, wobei für die gestalterische Beratung ein Architekt beizuziehen war. Über den erstplatzierten Entwurf und dessen bauliche Umsetzung soll hier berichtet werden. Die seit August 2011 fertiggestellte Brücke ist nach Innsbrucks Partnerstadt Tiflis benannt.

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1 Entwurfsidee Im Brücken- und Mündungsbereich ist ein Sohlabsturz der Sill halbseitig als aufgelöste Sohlrampe fischpassierbar realisiert, die andere Hälfte wurde, um sie für den Kajaksport zu nutzen, als Kajakrampe mit stehender Welle konzipiert. Zusammen mit der heterogenen näheren Umgebung der Brücke aus Naherholungsflächen, Radwegen, Wohnbebauung und Gewerbegebiet sowie der mächtigen Nordkette im Hintergrund führte das zum Bestreben nach einer die verschiedenen Regionen und Aspekte verbindenden, beruhigenden und nicht dominierenden Konstruktion. In Assoziation zum Paddelsport wurde das Tragwerk daher gleichsam wie ein Kanu als Einfeldträger über die Sill auf die Widerlager gelegt. Die Stützweite mit 42 m ist größer als das geforderte Mindestmaß von 36 m. Damit können die über die Flussböschungen reichenden Widerlagerflächen klein gehalten und harmonisch in die Ufermauern integriert werden.

2 Tragwerksentwurf Das Einfeldtragwerk mit der Stützweite von 42 m ist eine Stahlkonstruktion, die auf je zwei auf den Widerlagern angeordneten Elastomerlagern aufliegt. Der Tragwerksquerschnitt ist entlang der Längsachse in Höhe und Breite variabel. Er entwickelt sich von einer dreieckigen Kielform an den Brückenenden mit einer Breite von 5,84 m und einer Konstruktionshöhe von 0,76 m zu einem bootsförmigen Querschnitt mit Seitenwangen in Brückenmitte. Die kielförmige Tragwerksuntersicht verläuft horizontal, während das die Fahrbahn bildende Deckblech von 0,76 m an den Brückenenden auf 1,21 m, entsprechend der Nivelette, zur Brückenmitte hin ansteigt. Gleichzeitig steigen die nach außen geneigten seitlichen Randträger linear von 0,16 m an den Brückenenden auf 0,80 m über der Fahrbahn bzw. 1,05 m an der Tragwerksaußenseite zur Brückenmitte hin an. Damit ist eine Gesamtbreite von 7,40 m und eine Bauhöhe von 1,94 m gegeben, was einer Schlankheit von l/h = 21,60 in Brückenmitte und von 55,30 beim Widerlager entspricht.


GEH- UND RADWEGBRÜCKEN

2 Landschaft mit neuer Brücke © Thomas Sigl

Die Ansicht wird geprägt von der horizontal verlaufenden Untersicht, dem linear zur Mitte hin ansteigenden Randträger und zwei dazwischen ausgebildeten Kanten der Außenbleche. Die so erzeugten drei Flächen mit unterschiedlichen Neigungen bewirken abgestufte Lichtund Schattenwirkungen. Das beim Widerlager optisch auf einen Spitz auslaufende Tragwerk schwebt scheinbar über der Sill und lässt an das bereits erwähnte Kanu erinnern. Die Fahrbahnbreite von 5,50 m teilt sich in den 3,00 m breiten Fußweg und den 2,50 m breiten Radweg. Bei dem Deckblech der Fahrbahn handelt es sich um eine orthotrope Platte, als Fahrbelag wurde eine besandete Epoxyharzbeschichtung aufgebracht. Alle stählernen Bauteile des Überbaues sind aus Baustahl S235 J2+N gefertigt. 3 Statische Berechnung Den Berechnungen und Bemessungen liegen die europäischen Normen mit den nationalen Anhängen zugrunde. Die Verkehrslasten wurden gemäß ÖN EN 1991-2 Punkt 5 »Einwirkungen für Fußgängerwege, Radwege und Fußgängerbrücken« angesetzt, zur Berücksichtigung des maßgebenden Dienstfahrzeuges wurde ein 25-t-Lkw im Alleingang vorgegeben. Weiters kamen die Verkehrslasten gemäß ÖN B 4002 für die Straßenbrückenklasse II zur Anwendung. Für die Vorbemessung wurde die Brücke als räumliches Stabwerk modelliert. In der Detailplanung erfolgte dann eine ergänzende Finite-Elemente-Berechnung, für das Obergurtblech der Randträger war eine Blechdicke von 60 mm erforderlich.

3 4 5 6 Draufsicht, Längsschnitt, Querschnitte © Ingenieurbüro Sigl

Die rechnerische Ermittlung der ersten Eigenfrequenz ergab einen Wert von 1,80 Hz. Die Gefahr, dass Fußgängerbrücken zu erheblichen vertikalen Schwingungen angeregt werden, ist – aufgrund der Häufigkeitsverteilung der Schrittfrequenz – gegeben, wenn deren Grundfrequenz F1 zwischen 1,60 Hz und 2,40 Hz liegt. Die errechnete Eigenfrequenz befindet sich damit in einem für die Anregung durch Fußgänger kritischen

Bereich. Im Tragwerk wurden deshalb Vorkehrungen für die Anordnung von zwei Schwingungstilgern in Brückenmitte getroffen. Die Abstimmung und der Einbau dieser Tilger erfolgten dann nach Fertigstellung der Stahlbauarbeiten: So konnten die tatsächliche Tragwerksmasse und die Grundfrequenz, ermittelt durch Schwingungsmessungen, für ihre Auslegung berücksichtigt werden.

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GEH- UND RADWEGBRÜCKEN

4 Brückenmontage Die Tragwerksabmessungen erforderten für den Transport eine Teilung in Längsund Querrichtung. Die sich ergebenden Viertelabschnitte wogen je ca. 25 t. Die Teile wurden dann in erhöhter Lage auf den Widerlagern und auf einem temporären Mitteljoch abgesetzt. Diese erhöhte Lage bis über die Widerlageroberkante ermöglichte die problemlose Zugänglichkeit für die Montage- und Schweißarbeiten im Widerlagerbereich. Die Stoßverbindungen von Querträger-, Gurt-, Deck- und Stegblechen erfolgten durch Schweißung, die Außenbleche sind hier dicht verschweißt. Nach dem Abbau des Mitteljoches wurde das Tragwerk schließlich auf die Lager abgesenkt. 5 Dynamische Messungen 5.1 Vor Einbau der Schwingungstilger Für die Schwingungsmessung wurden hochempfindliche piezoelektrische Beschleunigungssensoren verwendet. Die messtechnisch ermittelte erste vertikale Eigenfrequenz ergab einen Wert von F1 = 1,89 Hz (zum Vergleich: rechnerischer Wert F = 1,80 Hz), die zweite vertikale Eigenfrequenz lag bei F2 = 6,04 Hz. Die natürliche Dämpfung (Lehr´sches Dämpfungsmaß) ist sehr gering und bewegte sich im Bereich von ζ = 0,232–0,372 %.

7 Montage der Stahlkonstruktion © Thomas Sigl

Die Begehung der Brücke »im Gleichschritt« mit 15 Personen führte zu einer maximalen Beschleunigungsamplitude von A = 1,00 m/s² und übersteigt damit das zulässige Maß. Nach EN 1990: 2002/A1: 2005 ist als Komfortkriterium ein maximaler Wert von 0,70 m/s² festgelegt. Durch den Einbau der Schwingungstilger soll der Beschleunigungswert entsprechend reduziert werden.

8 Beschleunigungsverlauf vor und nach Einbau der Tilger © Bernard Ingenieure ZT Ges. mbH

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5.2 Nach Einbau der Schwingungstilger Die Begehung der Brücke »im Gleichschritt« mit 15 Personen ergab eine maximale Beschleunigungsamplitude von A = 0,50 m/s² und eine Dämpfung von 0,924–1,372 %.

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9 Einbau der Schwingungstilger © Raffl Stahlbau GmbH


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1

3

1 2 3 4

Hauptmasse Grundplatte Dämpfertopf Führungsstange

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10 Querschnitt des Schwingungstilgers © Maurer Söhne GmbH & Co. KG

5.3 Wirkung der Schwingungstilger Die Wirkung von Schwingungstilgern liegt in der Erhöhung der Schwingungsdämpfung sowie der Reduzierung der Beschleunigungsamplitude. Lehr´sches Dämpfungsmaß: – vorher: ζ = 0,232–0,372 % – nachher: ζ = 0,924–1,372 % Die Schwingungstilger bewirken also eine vierfache Erhöhung der Brückendämpfung. Beschleunigungsamplitude: – vorher: A = 1,00 m/s² – nachher: A = 0,50 m/s² < 0,70 m/s² Zugehörige dynamische Verformungen: – vorher: Wmax = +/- 7,10 mm – nachher: Wmax = +/- 3,50 mm 6 Umlandgestaltung Im Rahmen des Hochwasserschutzprojektes erfolgte eine umfangreiche Umgestaltung des Sillmündungsbereiches, so dass insgesamt ein ökologisch attraktiver Naherholungsraum geschaffen wurde. Alle baulichen Maßnahmen wurden dabei so aufeinander abgestimmt, dass sich ein einheitliches Gesamtbild ergibt. Daher sind auch die Brückenwiderlager in die Ufermauern integriert. Die Ufermauern zur Sillmündung flussabwärts der im August 2011 fertiggestellten Brücke verlaufen im Grundriss zudem wellenförmig und sind als Sitzstufen abgetreppt. Sie bilden den Zuschauerbereich für die neu entstandenen Sportmöglichkeiten. Autoren: Dipl.-Ing. Thomas Sigl Ingenieurkonsulent für Bauwesen, Innsbruck Dipl.-Ing. Hans Peter Gruber Architekt, Innsbruck

11 Widerlager in den Ufermauern © Walter Zimmeter

12 Erscheinungsbild von Nordwesten © Markus Bstieler

Bauherr Stadt Innsbruck, Österreich Entwurf Dipl.-Ing. Hans Peter Gruber, Innsbruck, Österreich Tragwerksplanung Dipl.-Ing. Thomas Sigl, Innsbruck, Österreich Schwingungsmessungen Bernard Ingenieure ZT Ges. mbH, Hall in Tirol, Österreich

Schweißtechnologie DI Dr. Christian Schaur, Thaur, Österreich Ausführung Strabag AG, Thalgau, Österreich Alpine Bau AG, Salzburg, Österreich Raffl Stahlbau GmbH, Steinnach, Österreich Maurer Söhne GmbH & Co. KG, München (Schwingungstilger)

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Vorankündigung GEH- UND RADWEGBRÜCKEN

Deutscher Stahlbautag am 18.+19.10.2012 in Aachen Actelion Business Center (© Actelion Pharmaceutics Ltd.)

Deutscher Stahlbautag am 18.+19.10.2012 in Aachen – Programm Donnerstag, 18.10.2012 Stahlbau verbindet Europa

Freitag, 19.10.2012 Tag der Stahl.Architektur (10:00 Uhr – 16:00 Uhr)

Vortragsreihen (10:00 Uhr – 15:30 Uhr) I Neues aus Forschung, Entwicklung und Normung II Aktuelle Entwicklungen des Stahlbaues

Eröffnung Dr. Roger Schlim, Vorsitzender des Vorstands bauforumstahl Hartmut Miksch, Präsident der Architektenkammer NRW

Abendveranstaltung (ab 18:00 Uhr)

Internationale Projekte Torre Diamante, Mailand, Actelion Business Center, Allschwil, u.a.

Stahlbauforum Grußworte Auszeichnung des Deutschen Stahlbaues 2012

Der Stahl bin Ich ... Dr. Wolfgang Voigt, stellv. Direktor DAM Frankfurt Sonderpreis für nachhaltige Stahlarchitektur 2012 des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung

Stahlbautreff Fachausstellung an beiden Tagen Sponsering möglich Wir informieren Sie gerne über weitere Details

Preis des Deutschen Stahlbaues 2012 Präsentationen der Preisträger

Ort: eurogress aachen | Monheimsallee 48 | 52062 Aachen info@eurogress-aachen.de www.eurogress-aachen.de

Informationen: bauforumstahl e.V. | Sohnstraße 65 | 40237 Düsseldorf Tel +49 (0)211.6707.812 | corinna.ebenfeld@bauforumstahl.de www.bauforumstahl.de

Veranstaltung der RWTH Aachen University (Lehrstuhl für Stahlbau und Leichtmetallbau) 18. DASt-Kolloquium in Aachen Am 16./17. Oktober findet das 18. DASt-Kolloquium in Aachen statt. Vorträge werden zu folgenden Themenbereichen gehalten: – Modell und Realität – Experiment und Simulation – Forschung und Normen – neue Werkstoffe und Konstruktionen Wissenschaftliche Beiträge zu der Veranstaltung sind herzlichst willkommen. Bitte reichen Sie eine Kurzfassung Ihres Beitrags (maximal eine Seite) bis zum 30. März 2012 entweder als E-Mail an dast2012@stb.rwth-aachen.de oder auf dem Postweg ein:

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Lehrstuhl für Stahlbau und Leichtmetallbau RWTH Aachen University Mies-van-der-Rohe-Str. 1, 52074 Aachen Tel.: 0241/8025177, Fax: 0241/8022140 Der weitere terminliche Ablauf sieht wie folgt aus: Einreichung der Abstracts: bis 16. April 2012 Annahme des Abstracts: bis 15. Mai 2012 Einreichung Ihres Artikels: bis 15. Juli 2012 Anmeldung zur Konferenz: bis 30. September 2012 Einreichung der Präsentation: bis 8. Oktober 2012

Stahlbau-Nachrichten

Den Link zur Hotelreservierung (auch in Verbindung mit dem Stahlbautag, der zwei Tage nachher stattfindet, möglich), den Flyer zum Call for Papers zum Download sowie alle weiteren Informationen finden Sie unter www.stb.rwth-aachen.de/dast2012.

Weitere Informationen RWTH Aachen University Institut für Stahlbau und Lehrstuhl für Stahlbau und Leichtmetallbau | Institute of Steel Construction 52074 Aachen www.stb.rwth-aachen.de

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bauforumstahl e.V.


GEH- UND RADWEGBRÜCKEN Neue Hybridstruktur im niederländischen Winschoten

Holzbrückenbau 3.0 als Weiterentwicklung von Frank Miebach

Im niederländischen Winschoten bei Groningen wurden im Zuge der Schaffung einer neuen Seenlandschaft zahlreiche Brücken errichtet. Um eine grüne, nachhaltige Philosophie zu unterstreichen, entschied sich der Bauherr für markante Tragwerke aus Holz – und unter anderem auch für die Holz-BetonVerbundbauweise. Dabei wird Beton und Holz zu einer effektiven Hybridstruktur verbunden, die schwere Lasten beachtlich gut trägt. Scheint sich hier eine neue Entwicklung abzuzeichnen?

1 Entwicklungsschritte Der Brückenbau ist von jeher geprägt von zahlreichen Innovationen. Und: Besonders bei dieser Bauform dominieren die statischen Materialeigenschaften wie sonst kaum woanders. Dabei stehen weniger die einzelnen Baustoffe, sondern eher die Materialkombinationen im Vordergrund. Begann beispielsweise die Entwicklung im Betonbau erst »sortenrein« mit Stampfbeton, so stellte sich rasch die Kombination mit Stahl als zukunftsträchtig heraus. Weitere Entwicklungsschritte, etwa mit Spannstahl, waren somit nur eine logische Fortführung des Kombinationsgedankens. Heutzutage findet ein solcher Kombinationsgedanke bei Brücken in der derzeit recht modernen Stahl-BetonVerbundbauweise seinen Niederschlag – und verdeutlicht zudem einen zweiten wichtigen Aspekt: Position und Lage der gewählten Materialien orientieren sich an der statischen Beanspruchung. Das heißt, der unter anderem auf Zug beanspruchte Stahl zeigt an der Tragwerksunterseite seine Stärke, während die hohe Druckfestigkeit des Betons im obenliegenden Bereich optimal zur Anwendung kommt. Derartige Effizienzüberlegungen haben sich speziell im Brückenbau oft durchgesetzt und ihren Siegeszug dann in andere Gebiete des Bauwesens ausgedehnt.

Vorsichtig kann man diese Betrachtung auch auf den Holzbau übertragen, obschon hier seine deutlich geringere Verbreitung betont werden muss. Vermutlich aus einem gesteigerten Umweltbewusstsein heraus ist eine Renaissance des Holzbrückenbaus zu bemerken – und die Entwicklung einer Holz-Beton-Verbundbauweise daher eine erwartbare und folgerichtige Vorgehensweise. 2 Erste Bewährungsprobe Erste Untersuchungen und zahlreiche realisierte Brücken gibt es bereits seit Anfang der 1930er Jahre in den USA. Dabei beschränkte man sich jedoch vorwiegend auf die Verwendung von Rundholz für den »hölzernen« Bereich, da ein möglichst einfacher und kostengünstiger Ansatz verfolgt wurde. Das Ergebnis war unter statischen Aspekten zwar sehr einleuchtend, konnte aber hinsichtlich der Dauerhaftigkeit aufgrund der zu simpel gehaltenen Details besonders bei der Auflagerung nicht überzeugen. Nach dem Zweiten Weltkrieg geriet diese Bauweise somit zunächst wieder in Vergessenheit.

1 Seenlandschaft mit Holz-Beton-Struktur © InVra Plus B.V.

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Umfangreiche Weiterentwicklungen wurden dann erst Mitte der 1980er Jahre in Europa, genauer in der Schweiz, aufgenommen. Der Holzbrückenbau hat in der Schweiz eine durchgängig gute Tradition, und entsprechend ausgeprägt war das Interesse, den Werkstoff Holz in die Moderne zu führen. Größere Brücken mit Längen über 40 m und der Eignung für den Schwerlastverkehr wurden dort schon früher errichtet. Durch diese Erkenntnisse ließ sich nun ein Planungsteam für die im niederländischen Winschoten neu zu bauenden Brücken inspirieren. 3 Grüne (Stadt-)Vision Die Planung für ein hochwertiges Neubaugebiet reicht über zehn Jahre zurück: In einer für die Niederlande dünn besiedelten Region entstand die Vision von einer Stadt mitten im Wasser und damit der »blauen Stadt«. Ziel war, eine große Brachfläche auszubaggern, um einen künstlichen See mit zahlreichen Inseln zu schaffen. Gleichzeitig sollte er als einer jener Retentionsflächen dienen, die in den hochwassergeplagten Niederlanden enormen Wert haben, und zwar nicht zuletzt ökologischer Art.

Die hier zu bebauenden Inseln bieten dementsprechend allen Häusern eigene Anlegestellen und bilden ein modernes Wohnquartier am Wasser. Bei Ermittlung der Planungsgrundlagen wurde die Thematik der Nachhaltigkeit bereits sehr früh verankert, und so suchte man auch nach neuen Möglichkeiten für ökologisch orientierte Bauweisen. Da sich eine sinnvolle Erschließung der Inseln nur über Brückenbauwerke realisieren ließ, wählte man dazu ebenfalls eine »grüne« Bauweise – in Holz. Neben den planerischen Aspekten gab es jedoch kritische Erwägungen hinsichtlich der Dauerhaftigkeit: Kann man langlebige Bauwerke in Holz errichten? Um mögliche Antworten zu finden, begaben sich die Bauherren auf eine »Bildungsreise« zu älteren Holzbrücken in Deutschland, der Schweiz und Norwegen. Durch die Auseinandersetzung mit Ausführungsdetails kam so ein fruchtbarer Dialog in Gang, der gute und weniger gute Lösungen zu differenzieren half. Dabei wurde unter anderem über eine Verbundbauweise aus Beton und Holz diskutiert, die dann auch bei der zu verwirklichenden Brückenfamilie Einzug hielt.

4 Verborgene Schönheit Die Beteiligung von Architekten bei Brückenplanungen ist nicht immer gegeben, in diesem Fall jedoch sehr fruchtbar und wegbereitend verlaufen. Das Büro De zwarte Hond aus Rotterdam und Groningen zeigte sich hier nicht nur verantwortlich, sondern zeichnete sich auch durch materialspezifisches Gespür und Interesse aus. Die asymmetrische Formsprache mit den zur Mitte hin anwachsenden Holzquerschnitten erzeugt eine dezente, aber wohltuende Erscheinung. Ein schlichtes Stahlgeländer mit Holzholm und Handlauf aus dem dauerhaften Holzprodukt »Accoya« unterstreicht dabei den ebenso einfachen wie wertigen Entwurf. An einer Widerlagerseite weitet sich der Holzträger mit der Betonplatte im Grundriss gebogen auf und ermöglicht somit eine harmonische »Einbiegesituation« zur dicht in 90° angrenzenden Straßenkreuzung. Mit Accoya ist übrigens ein modifiziertes Holz gemeint: Mit einem patentierten Verfahren wird eine bestimmte Kiefernholzart in einer essigsäureartigen Flüssigkeit getränkt und so besonders dauerhaft gemacht. Laut Herstellerangaben verfügt es über eine Lebensdauer wie Tropenholz, zum Beispiel Azobe.

2 3 Brückenbauwerk im Entwurf © De zwarte Hond

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4 Längsschnitt © Schaffitzel + Miebach Faszination Brücken GmbH

5 Brücken-Großfamilie Die neue, 40 m lange und 4 m breite Holz-Beton-Verbundbrücke reiht sich letztlich in ein beachtliches Großprojekt in der sogenannten »blauen Stadt« ein, denn in Winschoten sind bereits zwölf Holzbrücken unterschiedlicher Bauart errichtet worden, die der teils schwerlasttauglichen Erschließung von zahlreichen künstlichen Inseln dienen. Und allen ist eigen, dass sie mit massiv blockverleimten Trägern ausgeführt worden sind und eine ähnlich monolithische Gestaltung aufweisen. Doch in HolzBeton-Verbundbauweise war dies nun die erste. Die eigentliche Fahrbahnplatte mit ca. 20 cm Dicke besteht aus Beton C 35. Oberseitig sind an den Seitenrändern zusätzlich ca. 8 cm hohe Kappen aufbetoniert, die so eine seitliche Einfassung des später aufgebrachten zweilagigen Gussasphalts bilden. Unter dem Gussasphalt befindet sich wiederum eine zweilagige Abdichtung, wie sie auch in der ZTV-Ing. gefordert ist. Das Stahlgeländer ist in zuvor einbetonierte, durchgängige Stahlhülsen gesteckt und von unten fixiert worden, so dass an der Brückenoberseite optisch keine Befestigungsmittel erkennbar sind.

5 Querschnitt © Schaffitzel + Miebach Faszination Brücken GmbH

Die Auflagerung der Holzträger erfolgt ähnlich wie bei Stahlbrücken: Sandwichelemente, bestehend aus Stahl-, Elastomer- und Stahlgrundplatte, dienen als bewegliche Lager.

6 Vorfertigung der Einzelquerschnitte © Schaffitzel + Miebach Faszination Brücken GmbH

6 Hoher Vorfertigungsgrad Das Tragwerk selbst besteht aus zwei nebeneinanderliegenden, blockverklebten Querschnitten, die jeweils einfeldrig konzipiert sind. Somit wurden insgesamt vier Einzelträger mit Querschnitten von 1,80 m Breite und variierender Höhe von 0,70–1,10 m in den Hallen der schwäbischen Brückenbaufirma Schaffitzel vorgefertigt. Nachdem man dort auch die Schubverbinder, sogenannte HBVVerbinder von TiComTec, eingesetzt hatte, wurde oberseitig eine zusätzliche Feuchtesperre in Form einer Epoxidharzschicht aufgebracht. Im Prinzip ist eine druckbeanspruchte Betonplatte aus WU-Beton recht wasserdicht, aber zur Erhöhung der Redundanz wurde dieser Arbeitsschritt empfohlen. Sobald die Holzbauteile laut Zimmererjargon abgebunden waren, begann man mit der Vormontage der kompletten Schalung einschließlich der Geländerhüllrohre für die spätere Ortbetonarbeit

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7 Trägertransport per Lkw © Schaffitzel + Miebach Faszination Brücken GmbH

der Platte. Eine Vorfertigung der Betonplatte selbst scheidet aus Gewichtsgründen aus. Dies ist sicherlich auch ein interessanter Aspekt gegenüber der reinen Betonbauweise, die nur wenige Möglichkeiten zur Vorfertigung erlaubt. Letztlich sind demnach vier komplett vorgefertigte Brückensegmente inklusive der Schalung an die Baustelle transportiert worden.

7 Kurze Montagezeit Das Platzieren aller Holzbrückensegmente erfolgte innerhalb weniger Stunden an einem Tag. Danach wurden die Füllstücke der Schalung zwischen den Segmenten verlegt, womit die Holzbaufirma ihre Leistung erbracht hatte, und es begann der Einsatz der Betonbauer: das Verlegen der Hauptund Anschlussbewehrung sowie die

Betonnage wenige Tage später. Nach knapp drei Wochen wurde dann die seitliche Schalung von den Trägern gelöst und entfernt. Hierbei ist es nicht erforderlich, die 28-d-Abbindezeit des Betons abzuwarten, sondern man untersucht üblicherweise zusätzliche, zeitgleich betonierte Betonprüfkörper auf eine Mindestfestigkeit, so dass ein zügigerer Ablauf sicher möglich ist. Nach Entfernen der Schalung wurde das Geländer in die erwähnten Hülsen montiert, und die Gussasphaltfirma konnte abschließend den zweilagigen Belag aufbringen. Insgesamt sind etwa fünf zwischen Einheben der Holzbauteile und der Asphaltierung verstrichen. 8 Tragkonzept Eine Verbundstruktur aus Beton und Holz hat bei einer klar zugeordneten Belastungssituation ihre Stärke, es sollten im Tragsystem also einheitliche Lastzustände vorliegen. Konkret bedeutet dies, dass man Druckkräfte nur in den Beton einzuleiten beabsichtigt und die Zugkräfte in das Holz. Im Umkehrschluss heißt das

8 9 Einheben und Ausrichten der Holzsegmente © Schaffitzel + Miebach Faszination Brücken GmbH

Bauen Sie auf unsere Erfahrung und Leistungsfähigkeit!

Wir beschäftigen uns seit mehr als zehn Jahren sehr intensiv mit dem Holz-Verbundbau und insbesondere mit dem Einkleben von Stahlteilen als Verbindungsmittel. Unsere Leistungen: • Ingenieurleistungen (Engineering) für die HBV-Brückensysteme • Ausführung der Verklebung von Stahlteilen mit eigener Leimgenehmigung • Lieferung der Systemkomponenten an geschulte Fachfirmen mit Leimgenehmigung • Lieferung von Bauteilkomponenten

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Goethestraße 60 D-63808 Haibach Tel.: +49 (0)6021 / 446 426 7 E-Mail: info@ticomtec.de

www.ticomtec.de


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Bauherr Provincie Groningen, Niederlande Entwurf De zwarte Hond, Groningen, Niederlande Tragwerksplanung Schaffitzel + Miebach Faszination Brücken GmbH, Lohmar TiComTec GmbH, Haibach

10 »Seequerung« kurz vor Fertigstellung © Schaffitzel + Miebach Faszination Brücken GmbH

aber auch, dass lediglich einfache Tragsysteme, wie ein einfeldriger Biegebalken, eine derart klare Zuordnung ermöglichen. Daher ist es leicht verständlich, dass man die zweifeldrige Brücke statisch aus zwei Einfeldträgern konzipieren muss, um die Effizienz zu gewährleisten. Dies hat wiederum zur Folge, dass auf dem Mittelpfeiler ein Brückenstoß vorgenommen wurde, der oberseitig mit einer elastischen Übergangskonstruktion verdeckt ist. Da sich hier der höchste Punkt der Fahrbahn befindet, ist die Feuchtebelastung gering. Generell wird das Bauwerk rein über Längsgefälle über die Widerlager hinweg entwässert, die ebenfalls mit elastischen Übergangskonstruktionen ausgestattet sind. Alles in allem sind sämtliche Anschlüsse der Betonfahrbahn in bewährter und konventioneller Bauweise ausgeführt worden, so wie man es in Deutschland gemäß ZTV-ING realisieren würde. Somit gab es letztlich wenig »kritisches« Neuland bei der Wahl der Holz-BetonVerbundbauweise.

Ob sich mit der Errichtung eines solchen Bauwerks eine neue Entwicklung für Holzbrücken abzeichnet, bleibt abzuwarten. Attraktiv scheint jedoch die hohe Effizienz unter anderem durch die zügige Montage zu sein: Eines der üblichen Lehrgerüste kam hier nicht zum Einsatz, eine Abstützung war zudem entbehrlich. Die Baukosten des im April 2012 fertiggestellten Überbaus können mit ca. 1.750,00 €/m² netto durchaus der reinen Betonbauweise Paroli bieten. Und: Der konstruktive Holzschutz wird eine ähnlich lange Lebensdauer aufweisen wie die gesamte Konstruktion. Somit ließe sich in mancher Situation sehr wohl eine Alternativuntersuchung pro Holz in Betracht ziehen. Zuallerletzt sorgt aber allein schon die Materialität für eine ganz eigene Formensprache – und bindet zugleich noch CO2. Autor: Dipl.-Ing. (FH) Frank Miebach Ingenieurbüro Miebach, Lohmar bei Bonn

Gesamtprojektleitung InVra Plus B.V., Haren, Niederlande Prüfingenieur Freerk van der Molen, Winschoten, Niederlande Ausführung Schaffitzel + Miebach Faszination Brücken GmbH, Lohmar Oosterhuis B.V., Nijeveen, Niederlande

11 Pfeiler und Überbau © Schaffitzel + Miebach Faszination Brücken GmbH

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GEH- UND RADWEGBRÜCKEN Der Margarete-Müller-Bull-Steg in Esslingen

Blattfeder zwischen Park und Stadt von Sven Plieninger, Christiane Sander, Andreas Hahn

1 Brücke über den Rossneckar © Ingolf Pompe

Der Margarete-Müller-Bull-Steg ging im Dezember 2009 als Preisträger aus einem von der Stadtverwaltung in Esslingen am Neckar durchgeführten Wettbewerb hervor. Eine bessere Anbindung der Innenstadt an den Maille-Park und eine neue Platzgestaltung des Bereiches direkt vor dem Tiefbauamt Esslingen waren die primären Ziele des Projekts.

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1 Entwurf Der Rossneckar ist ein kleiner innerstädtischer Kanal, ein alter Neckararm, der den historischen Maille-Park begleitet und von zahlreichen erhaltenswerten Gebäuden umgeben ist. Die städtebauliche Eingliederung der neuen Brücke zwischen dem geschützten Park und der historischen Bebauung einerseits und dem im Rahmen des neuen Stadtgestaltungskonzepts umzuwandelnden Vorplatz auf der anderen Seite war somit maßgeblich bei der Entwurfsentwicklung: Ziel war es, eine schlanke, filigrane Form zu finden, die sich gut in das historische Ensemble einfügt. Insofern wurde ein Brückenentwurf gewählt, der, im Grundriss gerade, den Rossneckarkanal annähernd rechtwinklig überquert, sein »Gewicht« im Wesentlichen auf der Neubauseite hat und den Park lediglich »zart« berührt. Der enge, klar definierte Kostenrahmen, der auf Stiftungsgeldern beruhte und nicht überschritten werden sollte, stellte eine weitere Randbedingung dar.

Es wurde eine zweifeldrige Brücke geplant, mit einem kurzen Seitenfeld über einem kräftigen Widerlager an der Stadtseite und dem größeren Feld hinüber zum Park, wo sie dann nur noch auf einer schmalen Widerlagerbank aufliegt. Das Hauptfeld mit einer Länge von ca. 22,90 m überquert den Kanal, das ca. 4,50 m lange Seitenfeld tangiert das Widerlager. Hierdurch ergibt sich eine Einspannung auf der Platzseite, die das Feld entlastet. Dieser Kräfteverlauf wird vom Querschnitt nachgebildet. Die Konstruktion des Stahlüberbaus besteht aus einem Hohlkasten. Seine Optik wird durch ein seitlich verlaufendes, konstant hohes silbernes Blechband bestimmt. Am linken Brückenende beginnen der Stahlkasten und das Blechband auf gleicher Höhe, wobei sich ihre Unterkanten bis zum Mittelauflager und damit hin zur Einspannstelle immer mehr voneinander lösen. Ein schlichtes, stählernes Füllstabgeländer ist am Rand aufgesetzt.


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2 Konstruktion und Details Die Konstruktion über den Rossneckarkanal wurde in Stahl-Monocoque-Bauweise ausgeführt. Äußerst schlank mit nur knapp 23 cm Bauhöhe auf der Parkseite ausgebildet, erhöht sich der Überbauquerschnitt auf ca. 65 cm im Bereich des Mittelauflagers. Vom Mittelzum Endauflager auf der Platzseite verjüngt sich der Querschnitt dann wieder auf 50 cm. Das Monocoque besteht aus einem vierzelligen Hohlkasten, dessen Untergurt bündig mit den äußeren Blechen abschließt, der Obergurt kragt hingegen 30 cm darüber hinaus. Diese Auskragung ermöglichte eine Verbreiterung der Gehfläche auf das gewünschte Maß von 3 m. Der gesamte Stahlkasten wurde mit Blechen der Dicke t = 10–12 mm ausgeführt. Dies reduzierte effektiv das Gewicht, bedingte aber zugleich, dass beulgefährdete Abschnitte durch Querrippen ausgesteift werden mussten.

2 3 Ansicht und Aufsicht © schlaich bergermann und partner

4 5 6 Monocoque-Bauweise © schlaich bergermann und partner

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7 8 9 Lagersituation Ost © schlaich bergermann und partner/Ingolf Pompe

Besonders im Obergurtbereich wurden zur Aufnahme von Radlasten alle 200 mm Rippen mit einem Verhältnis h/t=100 mm/10 mm eingeplant. Sie unterstützen den Obergurt auch dort, wo er auskragt, und sorgen zusammen mit Querschotten, die alle 6 m angeordnet wurden, für eine ausreichende Torsionssteifigkeit. Die Gründungslasten werden über Mikropfähle in tragfähige, tiefere Bodenschichten eingeleitet. Die Aufnahme der geringen Horizontalkräfte erfolgt durch Schrägstellung der Mikro-

10 11 Lagersituation West © schlaich bergermann und partner

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pfähle, die der abhebenden Kräfte am Endauflager des Seitenfeldes durch Zugpfähle. Die Gradiente der Brücke beginnt auf der Parkseite am Widerlagerende bei +237,00 m ü. NN und auf der Platzseite am Übergang bei +236,76 m ü. NN. Die maximale Steigung beträgt auf der Parkseite 3,00 %, auf der Platzseite 3,50 %. Die erforderliche Überhöhung in Feldmitte wurde nicht ausschließlich über die geometrische Anpassung der Gradiente in der Werksstattform erzielt, sondern

durch eine nachträgliche vertikale Vorspannung am rechten, platzseitigen Brückenende unterstützt. Die dabei auftretenden Zugkräfte werden mit pendelartigen Stahleinbauteilen an das Widerlager übertragen und über die Mikropfähle in tragfähigen Grund geleitet. Bei deren Durchbildung musste unter anderem darauf geachtet werden, dass sie nicht nur Zugkräften, sondern auch kurzfristig auftretenden Druckkräften infolge des Befahrens durch städtische Reinigungsfahrzeuge standhalten.


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12 13 14 15 16 Geländerdetails © schlaich bergermann und partner/Ingolf Pompe

Das mittlere Auflagerdetail besteht aus einer Reihe am Stahlkasten angeschweißter Lagerbleche, die in einen im Widerlager einbetonierten Stahlkranz eingesetzt wurden. Dieser robust gewählte Lagerpunkt stellt den Festpunkt der Brücke dar. Beide Endauflager sind somit längsverschieblich und ermöglichen eine spannungsfreie Dehnung des Stahlkastens bei Last und Temperatur. Am parkseitigen Ende wurde die horizontale Verschieblichkeit des Stahlkastens bei gleichzeitig vorhandenen positiven wie negativen Vertikalkräften über Querkraftdorne erreicht. Im Überbau sind hierfür zwei Dorne mit d = 70 mm aus Edelstahl eingeschweißt. Sie wurden auf der knappen Widerlagerbank der Parkseite in ein dort vorab als Fertigteil platziertes Element eingeschoben.

Die horizontal verschieblichen Lager an der Platzseite sind über zwei vertikale Pendel wartungsfrei realisiert. Für den Einbauzustand wurden die notwendigen Vorspannkräfte der Pendel ermittelt und nach dem Einhub mit Spannpressen kraftgenau und geometrisch gesteuert aufgebracht. Da es sich um einen extrem schlanken Querschnitt handelt, treten während der Montage und auch während der Nutzung deutliche Verformungen auf. Diese sollten jedoch nicht auf die Konstruktion des leichten Geländers übertragen werden. Um das zu vermeiden, ist das Geländer in mehrere Einzelabschnitte aufgeteilt und kann sich so den Verformungen anpassen. Viele kleine Details, etwa Schiebehülsen im Handlauf oder Zapfenverbindungen im unteren Holm, verhin-

dern dezent die Übertragung der relativ großen Deformationen des Stahlkastens in Form von Zwangskräften. Das gesamte Geländer mit Holmen, Pfosten und Handlauf wurde zudem passend zum Stahlkasten konstruiert und der aufgesetzte Handlauf mit einer Breite von 4 cm und einer Höhe von 2 cm komplett aus Edelstahl gefertigt.

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Für die Gehfläche wurde ein heller Dünnschichtbelag gewählt. Oft störende Spiegeleffekte und eine erhöhte Rutschgefahr aufgrund Fehlausführungen konnten durch Weglassen der häufig durchgeführten Kopfversiegelung vermieden werden. So ist eine helle und griffige, natürlich wirkende Gehfläche entstanden, die sich hervorragend in das Bild der Brücke fügt. Durch den Einsatz all dieser harmonisch aufeinander abgestimmten Farben, Materialien und Konstruktionsarten gelang es, eine perfekte Mischung aus moderner Technik und Bauweise mit einer natürlichen Optik zu erzeugen. Die Montage der Brücke war aufgrund der geringen Gesamtlänge denkbar einfach: Die Herstellung des Überbaus, der Geländer und des Belages erfolgte vollständig in der Werkstatt des Stahlbauunternehmers, was eine extrem hohe Ausführungsqualität ermöglichte. Die Betonbauteile der Auflager wurden dann vorab auf der Baustelle gefertigt und der gesamte Überbau vom Tieflader innerhalb von nur 3 h eingehoben.

16 Blick entlang der Brücke © Ingolf Pompe

3 Fazit Mit dem schlanken, stählernen Steg über den Rossneckar ist eine Lösung realisiert worden, die sich wie selbstverständlich in das Umfeld aus neuer und historischer Bebauung einfügt. Material und Farbwahl tragen ihren Teil dazu bei, dass bei dieser kleinen Aufgabe ein adäquates Miteinander der Bauwerke entstehen kann. Das ist jedoch nur durch einen ganz erheb-

lichen planerischen Aufwand und eine gute Abstimmung mit den Auftraggebern möglich: ein Vorgehen, das sich so kaum von dem bei großen Brücken unterscheidet. Das im Juni 2011 fertiggestellte Ergebnis ist aber Beweis genug, dass sich die Mühen auch bei kleineren Projekten für die Auftraggeber und späteren Nutzer lohnen. Autoren: Dipl.-Ing. Sven Plieninger Dipl.-Des. (FH) Christiane Sander Dipl.-Ing. Andreas Hahn schlaich bergermann und partner, Stuttgart

Bauherr Stadt Esslingen, Tiefbauamt Regine Zunker, Reinhard Mattl, Norbert Seidel Entwurf und Tragwerksplanung schlaich bergermann und partner, Stuttgart Andreas Hahn, Christiane Sander, Kai Kürschner (Wettbewerb mit: Internationales Stadtbauatelier, Stuttgart) Prüfingenieur Prof. Dr.-Ing. Ulrike Kuhlmann, Stuttgart Ausführung Schwenk GmbH & Co KG, Unterensingen Stahlbau Urfer GmbH, Remseck

17 Montage des Stahlstegs © schlaich bergermann und partner

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GEH- UND RADWEGBRÜCKEN Holzbrücke als Ersatzneubau in Neunkirchen-Sinnerthal

Erneuerung einer Fußgängerüberführung von Wolfgang Müll

Bei einer Brückenprüfung der Dekra im Jahr 2010 wurde festgestellt, dass die Stand- und Verkehrssicherheit der vorhandenen Fußgängerüberführung in NeunkirchenSinnerthal beeinträchtigt und ihr Bauwerkszustand mit Ungenügend einzustufen war. Eine Sanierung der maroden Stahlbetonquerung über die Bahnlinie Bingen–Saarbrücken wurde vom Bauherrn als nicht sinnvoll erachtet. Verschiedene Neubauvarianten wurden deshalb untersucht, wobei sich eine vorgefertigte Holzbrücke als wirtschaftlichste Lösung erwies – und seit Dezember 2011 nun den Stadtteil Sinnerthal mit einer südlich der Gleise angrenzenden Kleingartenanlage verbindet.

1 Ausschreibung und Konstruktion Die Ausschreibung beinhaltete den Rückbau der vorhandenen Brücke, den Neubau des Mittelpfeilers aus Stahlbeton mit Pfahlgründung sowie Herstellung und Errichtung des Überbaus aus Holz. Die neue und 67 m lange Trogbrücke setzt sich aus zwei identisch konzipierten Einfeldträgern mit einer Stützweite von jeweils 32,35 m zusammen. Der Stahlbetonmittelpfeiler in Achse 20 ist quer zur Fahrbahnlängsrichtung eingespannt, um die Wind- und Stabilisierungskräfte aus dem Überbauquerschnitt abzuleiten. In Längsrichtung ist er als Pendelstütze ausgebildet, das heißt kopfseitig durch den Überbau zug-, druck- und querfest mit dem Widerlager in Achse 30 verbunden. Der Anschluss des Überbaus an das Widerlager in Achse 10 erfolgt zudem längsverschieblich und querfest: Die errechneten Längsverschiebungen der Brücke aus Feuchteänderung des Holz (+/- 33 mm) und Durchbiegung (4 mm) werden also allein am Lager 10 aufgenommen. Die Trogkonstruktion selbst umfasst zwei Hauptträger 22 cm x 172 cm aus Fichtenbrettschichtholz der Festigkeitsklasse GL 32c. Dazwischen sind im Abstand von 2,70 m Querrahmen aus Stahlprofilen angeordnet, die neben

1 Vorherige Gleisquerung © Holzbau Amann GmbH

der vertikalen Lastabtragung auch für die Ableitung der Wind- und Seitenlasten in den horizontalen Windverband sorgen. Dieser 32 m lange Windverband besteht aus feuerverzinkten Rundstahldiagonalen. Für die eigentliche Gehfläche wurde ein 7 cm dicker Gussasphaltbelag mit 2,50 % Quergefälle zur Gehwegmitte hin gewählt, darunter befindet sich eine 40 mm dicke BFU-Platte auf Längsträgern aus Brettschichtholz.

2 Längsschnitt © Holzbau Amann GmbH

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2 Rückbau, Fertigung und Montage Für den Rückbau der massiven Stahlbetonbrücke benötigte man einen 500-t-Kran, um deren schwere Segmente über der Bahnlinie auszuheben. Danach wurden die Teile seitlich auf dem Baufeld abgelegt, aufwendig zerkleinert und der Betonstahl entfernt. Die Fertigung der neuen Brücke erfolgte im 300 km entfernten Holzbaubetrieb. Dort wurden die beiden 33 m langen, 3 m breiten, 2 m hohen und ca. 20 t schweren Tröge fertig vormontiert, danach mittels Autokran auf die Nachläuferfahrzeuge verladen und im Konvoi zur Baustelle transportiert. Das erste Brückenteil wurde dann vor Ort mit einem 200-t-Kran direkt vom Lkw auf die Widerlager gehoben.

3 Querschnitt © Holzbau Amann GmbH

4 Vorfertigung im Holzbaubetrieb © Holzbau Amann GmbH

Das zweite Brückenteil wurde auf dem Baufeld zwischengelagert, um zunächst den Berührungsschutz anzubringen. In einer Nachtsperrung der Bahngleise von Samstag auf Sonntag wurde dieser Trog dann über die Bahngleise eingehoben. Danach mussten nur noch die Verschalung des Brückenstoßes vorgenommen, die Widerlager vergossen und die Übergangskonstruktionen montiert werden. Zum Schluss wurde der Gussasphalt aufgebracht.

5 Zwischenlagerung des zweiten Trogs © Holzbau Amann GmbH

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3 Geschützte Brücke Die Holzbrücke ist als »geschützte Brücke« errichtet worden. Das bedeutet, alle tragenden Bauteile wurden so ausgebildet, dass sie vor der Witterung geschützt sind. So sind die Hauptträger oberseitig durch eine Verblechung und an beiden Seiten durch eine Verschalung aus sibirischer Lärche abgedeckt. Die BFU-Platte und die Längsträger werden wiederum durch den Gussasphaltbelag geschützt. Der Fahrbahnübergang wurde gemäß der Ausschreibung nach Musterzeichnung H Übe 2 der Deutschen Gesellschaft für Holzforschung geschlossen ausgeführt. Die nach DIN 1076 vorgesehenen Bauwerksprüfungen sind erforderlich. Jedoch lässt die geschützte Ausführung der Brücke nur geringe Unterhaltungskosten erwarten. Autor: Dipl.-Ing. (FH) Wolfgang Müll Holzbau Amann GmbH, Weilheim-Bannholz

6 Hauptträger mit Abdeckung © Holzbau Amann GmbH

Bauherr Kreisstadt Neunkirchen Entwurfsplanung IBWS Wagner + Schäfer, Neunkirchen Tragwerksplanung HSW-Ingenieure, Bad Oeynhausen Ausführung Modernbau GmbH, Saarbrücken Holzbau Amann GmbH, Weilheim-Bannholz

7 Neue Brücke nach Fertigstellung © Holzbau Amann GmbH

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GEH- UND RADWEGBRÜCKEN Beispiele aus Kanada

Brücken aus Glas und Stahl von Armin Franke

1 Shuter Street Bridge nach Fertigstellung © Tom Arban

Mit drei unterschiedlichen Konstruktionen hat Gartner Steel and Glass aus Würzburg in den kanadischen Metropolen Toronto und Calgary Stege mit großen Spannweiten realisiert. In Ganzglas- oder Stahl-Glas-Bauweise ausgeführt, zeichnen sie sich durch Transparenz, Leichtigkeit und Eleganz aus. Besondere Herausforderungen stellen diese scheinbar schwerelosen Verbindungen an die Tragstruktur und die jeweilige Ausformung des Glases. Da entweder die ganze Brücke oder aber große Teilelemente schon in Deutschland vorgefertigt wurden, mussten auch für den Transport maßgeschneiderte Lösungen gefunden werden.

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1 Shuter Street, Toronto 1.1 Lage und Anbindung Die 30 m lange gläserne Fußgängerbrücke mit einer Tragstruktur aus gebogenen Stahlrohren erstreckt sich über die Shuter Street im Zentrum von Toronto und verbindet seit März 2011 das St. Michael’s Hospital mit dem neuen Li Ka Shing Knowledge Institute. Entworfen von Diamond and Schmitt Architects Inc., ist sie 4,60 m hoch und 3,80 m breit sowie aus ovalen, zueinander verdrehten Stahlrundrohren und gebogenem Isolierglas konzipiert. Aufgrund des in der City von Toronto vorherrschenden unterirdischen Passagensystems, des sogenannten Path von 28 km Länge mit 1.200 angegliederten Geschäften, erforderte ihr Bau eine Sondergenehmigung, die nur aufgrund der gewählten Konstruktion erteilt wurde. Vor dem Transport nach Kanada wurde die Brücke bei Gartner Steel and Glass in Würzburg berechnet, konstruiert und anschließend in Deutschland gefertigt.

Die elliptisch geformte Brücke endet im Bereich des bestehenden Altbaus des Hospitals in einer ca. 2,20 m breiten Gasse. Ihr ovaler Querschnitt kann deswegen nicht beibehalten werden, sie wird dort rechteckig fortgeführt. Linksseitig wurden im Hinblick auf die absehbare Sanierung des Hospitals sämtliche Auflagerpunkte auf eine Brückenlängsseite konzentriert. Der Übergang wurde mit Schleppblechen und Dehnungsfugen zwängungsfrei ausgebildet, die Anbindung an den Neubau auf der gegenüberliegenden Seite erfolgte ebenfalls in rechteckigem Querschnitt, um eine einfachere Eingliederung in die Fassadenstruktur des Gebäudes zu ermöglichen.


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2 3 Ansicht und Querschnitt © Gartner Steel and Glass GmbH

1.2 Konstruktion Die Brücke musste als statisch bestimmtes Tragwerk konstruiert werden, weil keine größeren Lasten in die angrenzenden Gebäude übertragen werden durften. Für die Horizontalkräfte wurde die Lastableitung auf die Altbauseite konzentriert, wobei die erste Stütze als Festpunkt dient. Die dadurch mögliche Ausdehnung der Brücke in zwei Richtungen reduziert die Temperaturausdehnung. Die tragende Röhre der elliptischen Brücke wird aus einer Vielzahl von parallel liegenden kreisförmigen Rohren gebildet, die sich mit gegenläufig parallel verlaufenden kreisförmigen Rohren verschneiden. Die Rohre kreuzen sich im oberen und unteren Abschnitt und berühren sich nur an den zwei gegenüberliegenden Äquatorlinien. Zusammen mit den Ober- und Untergurten, der Verkehrsfläche, ergibt sich so eine röhrenförmige Netzschale als Tragstruktur, die dank ihrer Steifheit die entsprechende Gebrauchstauglichkeit bietet und auch eine hohe Torsionssteifigkeit besitzt. Die Stahlkonstruktion der Netzröhre besteht im Wesentlichen aus kreisförmig gebogenen Rohren mit einem Durchmesser von 114,30 mm. Die Ebenen der Kreise sind nicht senkrecht zur Brückenlängsachse orientiert, sondern in der z-Achse um 45° verdreht. Im Bereich des Fußweges sind Walzträger in Längs-

richtung angeordnet und mit den Rundrohren verschweißt, geschlossen wird die Netzschale durch eine Anfangsund Endellipse. Für die Netzschale wurden ausschließlich Rohre mit einer Wandstärke von 10 mm in der Stahlgüte S355J2H verwendet. Die Netzschale wurde voll verschweißt, bei den Knoten daher auch auf eine Optimierung der Schweißnahtdicken geachtet. Aufgrund der hohen Genauigkeitsanforderungen wurden die Befestigungen der Glashalter erst nach dem Zusammenbau der Netzschale positioniert, ausgerichtet und verschweißt. Für die Fachwerkstruktur im Bereich des Altbaus kamen Quadratrohre zum Einsatz: Die Querschnitte für Oberund Untergurt und die Pfosten messen 200 mm, die der Diagonalstäbe 100 mm.

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Isolierglas Stahlrahmen Brüstungsglas Gehweg Stahl

1.3 Verglasung Der ovale Brückenabschnitt ist rundum mit gebogenem Isolierglas geschlossen. Das Glas auf der oberen Hälfte hat folgenden Aufbau: 8 mm ESG, 16 mm SZR, 8 mm TVG, 1,52 mm PVB, 8 mm TVG. Für die Sicherheit des darunter ablaufenden Straßenverkehrs wurde die VSG-Einheit auf der unteren Hälfte umgedreht und auf die Außenseite gelegt. Alle Gläser verfügen über eine Sonnenschutzbeschichtung, jene unterhalb der Lauffläche wurden zudem mittels keramischen Siebdrucks mit einem Punktmuster versehen, um die innere Stahlkonstruktion zu kaschieren. Die einzelnen Glasscheiben werden durch Randklemmhalter fixiert, die über Spider mit der Hauptstruktur verbunden sind.

4 Blick in das »Röhreninnere« © Tom Arban

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GEH- UND RADWEGBRÜCKEN Das Geländer des Gehweges besteht aus linienförmig am Boden geklemmten VSG-Gläsern aus 2 x 10 mm TVG. Zwischen den Einzelgläsern wurde der Schriftzug »St. Michael’s Hospital – Li Ka Shing Knowledge Institute« keramisch aufgedruckt. Die direkte unterseitige Beleuchtung der unteren Glaskanten durch helle LED-Leuchten bringt ihn in der Dunkelheit zum Leuchten.

5 Befestigung der Glasscheiben © Tom Arban

1.4 Bemessung und Nachweisführung Für die Bemessung konnte nach Abstimmung mit dem örtlichen Prüfingenieur die DIN 18800 zugrunde gelegt werden, die Lasten wurden hingegen nach den lokalen Vorschriften ermittelt und berücksichtigt: Für die Brücke wurde eine Verkehrslast von 4,80 kN/m² im Bereich des Steges und 1,00 kN/m² außerhalb des Steges angesetzt. Wegen der Lage in einer Straßenflucht musste eine maximale Windsoglast von -1,40 kN/m² in die Berechnung einfließen, die für die Bemessung der Stahlkonstruktion mit einer maximalen Drucklast von 0,80 kN/m² zu überlagern war. Schnee-, Regen- und Vereisungslasten sowie die üblichen Temperaturbelastungen und Bemessungstoleranzen wurden ebenfalls mit einbezogen. Die Nachweisführung erfolgte über ein 3-D-Modell der gesamten Brückenkonstruktion mit der Bemessungssoftware RStab 6. In drei unterschiedlichen Schritten wurden die Nachweise für die Tragfähigkeit der Stahlstruktur, für fußgängerinduzierte Schwingungen und für die Tragfähigkeit der Glaselemente geführt. 1.5 Fertigung und Montage Die Stahlbrücke wurde komplett in Deutschland gebaut. Beim Fertigungsprozess wurden die Schweißarbeiten fremdüberwacht sowie zusätzlich zerstörende Prüfungen an geschweißten Probeknoten vorgenommen. Die

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6 Stahlkonstruktion im Modell © Gartner Steel and Glass GmbH

Befestigungsklötze der Stahlspider mussten bei dem Einschweißen in die Struktur exakt ausgerichtet werden, da bei der Montage der Glasscheiben später nur geringe Toleranzen ausgeglichen werden konnten: Wegen der zur Brückenachse verdreht umlaufenden Glasfugen ergab sich für jede Einzelscheibe eine eigene Geometrie mit einem Versatz zur Nachbarscheibe. Aufgrund der Verkehrssituation in der Stadtmitte durften die Montagearbeiten, die mit einer Sperrung der Straße verbunden waren, lediglich an den Wochenenden durchgeführt werden. Beim Einheben musste die Brücke mittels zweier Kräne zunächst wieder um 90° in die Einbaulage gedreht werden. Erst danach begann der eigentliche Einhub, der an der engsten Stelle nur knapp 20 cm Spielraum zu den bestehenden

Gebäuden zuließ. Während auf der Neubauseite die Brücke direkt auf die Gleitlager positioniert werden konnte, war sie auf der Krankenhausseite zunächst auf einer Hilfskonstruktion zu platzieren. Für die nachfolgende Verglasung, die ringförmig von oben nach unten aufgebracht wurde, kam ein Mobilkran zum Einsatz. Bauherr St. Michael’s Hospital, Toronto, Kanada Entwurf Diamond and Schmitt Architects Inc., Toronto, Kanada Prüfung Carruthers & Wallace Ltd., Toronto, Kanada Konstruktion und Ausführung Gartner Steel and Glass GmbH, Würzburg Josef Gartner USA, Chicago, USA

7 Einheben der Brücke © Gartner Steel and Glass GmbH


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8 Glassteg im Ritz Carlton Hotel © Tom Arban

2 Ritz Carlton Hotel, Toronto 2.1 Lage, Design und Struktur Die 9 m lange freitragende gläserne Brücke in der Eingangshalle des Hotels Ritz Carlton in Toronto bildet einen Blickfang für Gäste und Besucher. In der Designphase wurde schrittweise der Stahlanteil reduziert bis zu dem Resultat einer einfachen und eleganten Konstruktion, die aufgrund der großflächigen Verglasung hohe Ansprüche an die Tragstruktur stellt: Die Glasbrüstungen tragen die Hauptlasten des 9 m langen und 2,10 m breiten Bauwerks. Über Punkthalter wurden gläserne Schwertträger an den beiden Glasbrüstungen befestigt, die gläsernen Bodenplatten sind hingegen nur aufgelegt. Das Stabilitätsverhalten der Brücke wurde mit Finite-Elemente-Analysen untersucht und anhand von Bauteilversuchen nachgewiesen.

10 Querschnitt © Gartner Steel and Glass GmbH

2.2 Verglasung Drei verschiedene Glaselemente wurden eingesetzt: Die Glasbodenplatten bestehen aus 8 mm ESG und 2 x 10 mm TVG mit jeweils 1,52 mm PVB-Folie, die Glasquerträger wiederum aus 3 x 10 mm TVG mit jeweils 1,52 mm PVB-Folie. Und die Brüstungen als Glashauptträger gliedern sich in 12 mm ESG, 12 mm TVG und 12 mm ESG mit jeweils 1,52 mm PVB-Folie. Das Gewicht der Elemente beträgt bis zu 1,40 t. 2.3 Fertigung und Montage Die einzelnen Glaselemente, die 9 m lang und 1,90 m hoch sind, wurden einzeln von Deutschland aus verschifft, wobei das speziell hierfür entwickelte Transportgestell auf der beengten Baustelle in der Hotellobby auch bei der Montage zur Anwendung kam. Danach wurde es im Gebäude eingelagert und gewährleistet

9 Unterseite der Tragstruktur © Tom Arban

so einen relativ einfachen späteren Austausch von defekten Glaselementen. Die detaillierte Ablaufplanung sorgte für eine zügige und risikofreie Montage: Die Glaselemente wurden zunächst so positioniert, dass die Bolzenanschlüsse lastfrei mit Mörtel vergossen werden konnten. Das Montagegestell wurde nach dem Aushärten des Mörtels mit hydraulischen Pressen kontrolliert abgelassen, um die Verformungen der im Januar 2010 letztlich fertiggestellten Brücke zu überprüfen. Bauherr Simcoe Wellington Residences, Toronto, Kanada Entwurf Halcrow Yolles, Toronto, Kanada Konstruktion und Ausführung Gartner Steel and Glass GmbH, Würzburg Josef Gartner USA, Chicago, USA

11 Detailanschluss © Gartner Steel and Glass GmbH

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3 Eaton Center, Calgary 3.1 Lage, Design und Struktur Eine Ganzglasbrücke ist das Highlight im Eaton Center in Calgary, einem beliebten Einkaufzentrum im Herzen der Olympiastadt von 1988. Die Brücke mit einer Spannweite von 14,25 m ist 3,66 m breit und umfasst drei Abschnitte, wobei der mittlere von einer Baumstütze aus Stahl getragen wird. Verkleidung, Laufbelag und die Tragstruktur bestehen aus Glas, dessen Aufbau gemäß den Trag- und Resttrageigenschaften gewählt wurde. Die Bodenplatten wurden auf der Oberseite mit einem Antirutschsiebdruck versehen, sind aber durch den Einsatz einer matten PVB-Folie von 0,38 mm transluzent ausgebildet. Volle Transparenz würde bei den Benutzern ein mulmiges Gefühl erzeugen und zudem keinerlei Blickschutz gegenüber den Personen unter der Brücke bieten. Die Tragstruktur wurde mittels FiniteElemente-Analysen untersucht. Das Resultat war, dass für die Bolzenverbindungen die Toleranzen in den Lochbohrungen in den einzelnen Glasscheiben kompensiert werden mussten. Dazu wurden Bohrungen mit einem Übermaß durchgeführt und der Spalt zwischen Glas und Stahlbolzen mit einem unter anderem besonders druckfesten und nichtklebenden Mörtel verpresst.

12 Einkaufszentrum mit Brücke © Gartner Steel and Glass GmbH

3.2 Verglasung Drei verschiedene Glaselemente aus Dreifachverbundsicherheitsglas kamen hier zum Einsatz: zwölf Glasbodenplatten aus 8 mm ESG und 2 x 10 mm TVG mit jeweils 1,52 mm PVB, elf Glasquerträger

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aus 3 x 10 mm TVG mit jeweils 1,52 mm PVB sowie sechs Glashauptträger aus 12 mm ESG, 12 mm TVG, 12 mm ESG mit jeweils 1,52 mm PVB.

13 Detailausbildung © Gartner Steel and Glass GmbH


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14 15 Montagezustand mit und ohne Gerüst © Gartner Steel and Glass GmbH

3.3 Fertigung und Montage Die Fertigung der Stahl- und Glaselemente erfolgte im Auftrag von Gartner Steel and Glass: Für den Stahl wurde die Legierung 1.4301 mit geschliffener Oberfläche gewählt. Wie bei dem vergleichbar konstruierten Steg im Ritz Carlton von Toronto wurde auch für diese Brücke eine detaillierte Montageplanung erstellt, um so das Bruchrisiko zu minimieren und das Bauwerk im Juli 2010 möglichst schnell und reibungslos errichten zu können.

16 Baumstütze als Auflager © Noah Fallis

Bauherr 20 VIC Retail Inc., Toronto, Kanada Entwurf MMC International Architects Ltd., Toronto, Kanada Tragwerksplanung Halcrow Yolles, Toronto, Kanada Ausführung Gartner Steel and Glass GmbH, Würzburg Josef Gartner USA, Chicago, USA

4 Fazit Ganzglasbrücken sowie Brücken aus Stahl und Glas erweitern die gestalterischen Ausdrucksmöglichkeiten. Vor ihrer Errichtung gilt es jedoch, vielfältige technische Herausforderungen zu lösen. So sind zum Beispiel die Tragfähigkeit und der Bodenaufbau solcher Brücken im Labor zu testen und das Tragverhalten der Scheiben in Belastungs- und Fallversuchen zu überprüfen. Zu betrachten ist hier insbesondere die Resttragfähigkeit, also die Tragfähigkeit einer gebrochenen Scheibe. Zwar dürfen einzelne Scheiben einer gläsernen Brücke brechen, aber ein vollständiges Versagen der Struktur muss ausgeschlossen werden. Die Bodenscheiben werden üblicherweise mit einem Antirutschsiebdruck versehen und transluzent ausgeführt, um eine Durchsicht von unten zu verhindern.

Im Glasbau erfahrene Unternehmen können dabei helfen, solche Brücken realisierbar zu machen, indem sie deren Komplexität oft schon in der Entwurfsphase zu reduzieren vermögen und so der Entwicklung einfacher, sicherer und eleganter Konstruktionen den Weg ebnen. Autor: Dr. Armin Franke Geschäftsführer Gartner Steel and Glass GmbH, Würzburg

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SPECIAL Vom Wettbewerbsentwurf bis zur Bauausführung

Mainbrücke Ost in Frankfurt am Main von Sebastian Schultheis

1 Perspektive mit Frankfurter Skyline © Grontmij GmbH/Architekturbüro Heide

Mit der Mainbrücke Ost baut die Stadt Frankfurt nach fast 20 Jahren eine neue Querung über ihre Lebensader, den Main. Das Bauwerk befindet sich im Kontext eines Stadtentwicklungsprogramms, in dem die ehemaligen Industrieund Hafenanlagen im Frankfurter Ostend neu erschlossen und für zeitgemäße Nutzung vorbereitet werden. Der vorliegende Artikel stellt die Fortsetzung der Ausführungen des Architekten Ferdinand Heide über den Wettbewerbsentwurf der Mainbrücke Ost dar, die im Tagungsband zum 7. »Symposium Brückenbau« 2007 veröffentlicht wurden. Es wird über die Weiterentwicklung des Brückenentwurfs im Verlauf der Planung der einzelnen HOAI-Phasen bis zur Auftragsvergabe an die bauausführende Firma berichtet.

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1 Rückblick: Wettbewerbsentwurf Der Brückenentwurf im interdisziplinären Realisierungswettbewerb wurde durch die Einpassung des Bauwerks in die vorhandene Umgebung geprägt. Zum einen wurden die historischen Bogenkonstruktionen der Honsellbrücke über der Hafeneinfahrt und deren VorlandHochstraße mit Betongewölben, der benachbarten Deutschherren-Eisenbahnbrücke und nicht zuletzt des Schalendaches der Elsässer-Großmarkthalle modern interpretiert und technisch weiterentwickelt. Zum anderen wurde erheblicher Wert auf die Gestaltung der

2 Wettbewerbsentwurf im Modell © Frank Heinen/Architekturbüro Heide

Freiräume und Wegeverknüpfungen insbesondere im Bereich der südlichen, parkähnlichen Mainpromenade als attraktive Verbindung der Mainufer gelegt. Eine zentrale Rolle spielte auch die Erlebbarkeit der neu erschlossenen Aufenthaltszonen auf dem Molenkopf sowie in und um die Hochstraßen-Gewölbe am nördlichen Mainufer. Ein ganz wesentlicher Aspekt hierbei war beispielsweise die Inkaufnahme einer um etwa 20 m größeren Stützweite der Brücke zugunsten einer pfeilerlosen und damit blickfreien Mainpromenade.


SPECIAL

3 Modell der Mainbrücke Ost © Frank Heinen/Architekturbüro Heide

Das Haupttragwerk der Mainbrücke Ost wurde nach intensivem Variantenstudium als Langer’scher Balken konzipiert, jedoch nicht mit den bei diesen Bauwerken üblichen senkrechten, parallelen Hängern, sondern mit schrägen, einfach gekreuzten Hängern aus Seilen mit beidseitigen Gabelköpfen. Der Stabbogen mit solchen gekreuzten Diagonalen vereint die wesentlichen Vorzüge eines Stützlinientragwerks mit denjenigen eines Fachwerks, wodurch es möglich wird, den Versteifungsträger sehr viel schlanker auszubilden. Außerdem wurden durch die Vielzahl relativ dünner Seile, vor allem für Passanten, optisch prägnante Seilebenen geschaffen, die die Erlebbarkeit des obenliegenden Tragwerks weiter intensivieren. Es wurden vollverschlossene Seile mit beidseitig angeformten Gabelköpfen verwendet, die den Kraftfluss sichtbarer gestalten als gängige Schweißverbindungen. Die leicht nach innen geneigten und mit lediglich drei ansprechend gestalteten Spangen querversteiften Hohlkästen der Bögen sowie die Versteifungsträger, Querträger und die beidseits außerhalb der Seilebenen angehängten Geh- und Radwege mit orthotropen Fahrbahnplatten wurden aus Baustahl S 355 J2 +N bzw. S 355 K2 +N geplant. Für die Stahlkonstruktion wurden ausnahmslos Hohlkästen verwendet, was gestalterischen Gesichtspunkten, aber auch der innerstädtischen Taubenproblematik geschuldet war.

Die dreispurige Fahrbahn wurde als Verbundplatte konzipiert, zum einen um durch ihr Gewicht die erforderliche Zugspannung in den Seilen auch bei asymmetrischen Lasten zu gewährleisten, zum anderen um die wirtschaftlichen Vorteile gegenüber der sehr aufwendig herzustellenden orthotropen Fahrbahnplatte zu erzielen. Zu guter Letzt wird für einen eventuellen Einschwimmvorgang das zu bewegende Gesamtgewicht reduziert, da die Platte erst in Endlage betoniert wird und nicht als orthotrope Platte mit eingeschwommen werden muss. Die Stützweite des Bauwerks beträgt 175 m, das Baustahlgewicht beläuft sich auf ca. 2.300 t, und insgesamt werden 96 Seilhänger eingesetzt. Für die Errich-

tung der Brücke wurden bereits im Wettbewerb neben einer konventionellen Ausführung an Ort und Stelle mit den entsprechenden Hilfsunterstützungen im Main die Vormontage des Stahlüberbaus auf einem benachbarten Grundstück und das Einschwimmen während einer Schifffahrtssperrung in Erwägung gezogen. Für die Gestaltung der Tagansicht der Brücke wurde als Farbe Anthrazit zur kontrastreichen Betonung der Tragkonstruktion gewählt. Bei Nacht hingegen sollten als wesentliche Konzeptelemente hell beleuchtete, filigrane Seilscharen und ein dünnes Lichtband auf Höhe des Brückendecks sichtbar sein und die sonst dominierenden Stahlbögen weitgehend im Dunkel verschwinden.

4 Erscheinungsbild bei Nacht © Grontmij GmbH/Architekturbüro Heide

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SPECIAL 2 Entwurfsplanung 2.1 Mainbrücke Nachdem die Stadt Frankfurt am Main zur baurechtlichen Genehmigung der Erschließungs- und Brückenbaumaßnahme im Frankfurter Ostend ein Bebauungsplanverfahren gestartet hatte, wurden im Jahr 2008 die Planungen zur Umsetzung des Wettbewerbsentwurfs durch die Ingenieurgemeinschaft aus Grontmij GmbH und Ferdinand Heide Architekt BDA begonnen. Die Bearbeitung beinhaltete wie im Wettbewerb auch die denkmalgeschützte Honsell-

5 Regelquerschnitt © Grontmij GmbH/Architekturbüro Heide

6 Längsschnitt © Grontmij GmbH/Architekturbüro Heide

7 Draufsicht © Grontmij GmbH/Architekturbüro Heide

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rampe, auf deren Planung im Rahmen dieses Berichts jedoch nicht eingegangen wird. In der Vorplanung wurden zunächst die inzwischen fortgeschriebenen Grundlagedaten aufgearbeitet und als Basis dem weiteren Vorgehen zugrunde gelegt, hatte doch zwischenzeitlich die Umstellung der Vermessungsgrundlagen in Frankfurt auf den Lagestatus 100 stattgefunden. Das Vorhandensein verschiedener Vermessungssysteme, wie es auch bei Kreuzungsbauwerken zwischen Bahn und Straße oftmals der Fall ist, bedeutet

erfahrungsgemäß ein sehr hohes Planungsrisiko, da eine Vermischung der Daten zu Fehlplanungen führt, die meist erst bei der örtlichen Absteckung bei Bauausführung erkannt werden und dann nur noch aufwendig zu korrigieren sind. Der Wettbewerbsentwurf wurde anschließend mit Hilfe der aktualisierten Grundlagen Schritt für Schritt aufbereitet und durchgearbeitet. In diesem Prozess wurden zum Beispiel die Glasgeländer und der bereichsweise Gehwegbelag aus Holz hinterfragt und, den hohen Ansprüchen an die Dauerhaftigkeit folgend, durch bewährte Regellösungen ersetzt. Andere Ideen aus dem Wettbewerb wurden weiter vertieft. Da der Einbau stationärer Befahreinrichtungen zur Bauwerksprüfung nach DIN 1076 wirtschaftlich nicht vertretbar ist, wurden die Einwirkungen eines mobilen Brückenuntersichtgeräts, einschließlich der erforderlichen geometrischen Anforderungen zu dessen Aufbau, in der Konstruktion berücksichtigt. Hierfür musste die Geräteaufstellung auf den außenliegenden Geh- und Radwegen eingeplant werden, da ein Durchgreifen der Seilebene nicht realisierbar war.


SPECIAL Ein wesentliches Element des Wettbewerbsentwurfs lag in der Beleuchtung des Bauwerks, die sich in die gesamte Mainuferbeleuchtung eingliedern sollte. Im Wettbewerb wurden dazu punktförmige Lichtquellen an den unteren Seilenden vorgesehen, um den gewünschten Effekt »helle Seile und dunkler Bogen« in der Fernansicht zu erzielen; außerdem wurden linienförmige Beleuchtungen in die äußeren Handläufe integriert. Um die Effektivität dieser Ideenansätze zu verifizieren, wurde ein Beleuchtungsversuch an einer ähnlichen Brücke vorgenommen: Dort wurden durch den Beleuchtungs-Fachplaner verschiedene Lampen temporär installiert und die bestmögliche Konzeptumsetzung mit Alternativen ausprobiert. Durch den Versuch wurde nun klar, dass sich der gewünschte Effekt heller Seile am besten durch eine seitlich installierte Lichtleiste in der Nähe des Fußpunkts der Seile, kombiniert mit einer Fahrbahnbeleuchtung in engeren Abständen in der Bogenachse, erzielen lässt, nicht jedoch mit den ursprünglich vorgesehenen punktförmigen Lichtquellen am unteren Gabelkopf. Aufgrund der Randausstrahlung der Straßenbeleuchtung in den Bereich der Gehwege hinein wurden darüber hinaus die zuvor geplanten, beleuchteten Handläufe überflüssig. In der anschließenden Detailplanung der Straßenbeleuchtung wurden diese Lichtpunkte in den Hohlkasten der Stahlbögen versenkt, um Blendeffekte auf Schiffsführer und die Brücke überquerende Fahrzeuge zu unterbinden. Die Bauart einer Stabbogenstruktur mit schrägen Seilhängern ist in Deutschland bei Straßenbrücken bisher nicht realisiert worden, im Ausland aber durchaus verbreitet. Zudem befand sich die Normung der vollverschlossenen Seile zum Zeitpunkt der Planung auf einem von der technischen Entwicklung überholten Stand. Infolgedessen wurden die Seile im Entwurf besonders intensiv bearbeitet. Neben dynamischen Untersuchungen wurde durch Seilversuche eine bessere Kerbgruppe von 150 gegenüber der konservativen Abschätzung von 112 im DIN-Fachbericht 103 nachgewiesen. Hierdurch konnten für den Nachweis der Ermüdung Seildurchmesser unter 70 mm gewählt werden, wodurch keine Nachweise aufgrund Regen-Wind-induzierter Querschwingungen erforderlich wurden. Zum Einsatz kamen vollverschlossene Seile aus S 1570/1770 mit d = 62 mm und Gabelköpfe aus kaltzähem Stahlguss gemäß SEW 685. Um

8 Probebeleuchtung … © Frank Heinen/Architekturbüro Heide

das Schwingungsverhalten zu verbessern und die Beschädigung des Korrosionsschutzes durch unplanmäßig zusammenschlagende Seile zu verhindern, wurden Schellenverbindungen an den Kreuzungspunkten eingeordnet. Einen nicht unerheblichen Einfluss haben in dem Zusammenhang die Durchhänge infolge Seileigengewicht in asymmetrischen Verkehrslastfällen. Der Korrosionsschutz der Seile wurde zunächst nach RKS-Seile, Ausgabe 1983, vorgesehen. Nach Gesprächen mit der Bundesanstalt für Straßenwesen wurden der Planung der Mainbrücke Ost dann die Entwürfe der ZTV-ING Teil 4, Abschnitt 5 »Korrosionsschutz von Brückenseilen«, und der TL/TP-KOR-VSS zugrunde gelegt und damit dem Stand der Technik angepasst. Gleiches erfolgte für die Ausführung der Seile nach den Entwürfen der ZTV-ING Teil 4, Abschnitt 4 »Brückenseile«, und TL/TP VVS anstelle der noch gültigen TL Seile in der Ausgabe von 1994. Der Wettbewerbsentwurf sah zur Oberflächenentwässerung der zugunsten eines schlanken Brückendecks nach

außen geneigten Geh- und Radwege durchgehende Rinnen an den Brückenrändern vor. Dieses gestalterische Detail bedurfte im Entwurf genauerer Betrachtung, da es für den Einbau in einer orthotropen Stahlplatte keine fertigen Entwässerungs-Rinnensysteme, wie zum Beispiel im Straßenbau, gibt. Nach unterschiedlichsten Lösungsansätzen fiel die Wahl auf einen handelsüblichen Gussrost mit Längsstegen, der durch eine individuell gefertigte Zargenkonstruktion und eine Edelstahlblechrinne ergänzt wurde. Zu beachten war dabei die konstruktive Verbindung des Gesimshohlkastens, der das Geländer trägt, mit dem restlichen Brückentragwerk unter Berücksichtigung des trennenden Elements Entwässerungsrinne. Die Verbindung wurde letztlich durch Bleche unterhalb der Rinnenroste im Bereich der ausgeklinkten Querträger und Rostschlösser realisiert, um sowohl die Übertragung des Biegemoments aus dem Geländer als auch die (horizontal) schubfeste Verbindung zwischen Randträger und Resttragwerk zu gewährleisten.

9 Entwässerungssrinne © Grontmij GmbH/ Architekturbüro Heide

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SPECIAL Im Zuge der Planung wurde die Möglichkeit einer Gradientenoptimierung wahrgenommen, so dass sich aus einer stetig fallenden Gradiente mit langer, konstanter Längsneigung eine im Wesentlichen auf einem Halbmesser von 2.700 m liegende als statisch günstigere Form ergab. Durch den neuen Hochpunkt, ca. 25 m vom nördlichen Widerlager entfernt, war es in Folge der Optimierung erforderlich, die Entwässerungsleitungen in Richtung beider Widerlager zu führen. Zur Optimierung des Leitungsgefälles wurde hier ein Verlauf gewählt, der in den flachen Gradientenbereichen nicht parallel zur Gradiente, sondern steiler ist. Dadurch ergaben sich für die Querträger jeweils unterschiedliche Rohrdurchdringungshöhen relativ zur Trägerunterkante und Längsentwässerungsrinnen mit veränderlicher Bauhöhe. Bereits im Entwurfsstadium der Brücke wurde ein Prüfingenieur für Baustatik der Fachrichtungen Stahl- und Massivbau in das Projekt eingebunden, schon die statische Berechnung zum Bauwerksentwurf war also in prüfbarer Form zu erstellen und wurde dann einer Überprüfung unterzogen. Damit konnten grundsätzliche Diskussionen zeitlich vorgezogen werden, was Reibungsverluste in der späteren, zeitkritischen Genehmigungsphase verringerte und eine Vergrößerung der Planungssicherheit einbrachte. Bei der Planung einer Brücke stellt die Betrachtung der Bauzustände eine wesentliche, oftmals sogar die maßgebliche Bemessungssituation des Tragwerks dar. Für den Bau der Mainbrücke Ost war außerdem die Frage nach dem Ort der Fertigung auf der Baustelle zu klären. Es galt abzuwägen, ob eine Montage in Endlage mit den erforderlichen Hilfsunterstützungen im Main, eventuell in erhöhter Lage mit Absenken zur Gewinnung von Platz für Gerüste unter der Brücke, oder gar das Einschwimmen des Stahlüberbaus nach Vormontage in der näheren Umgebung die optimale Lösung bedeutete. Zunächst wurden mögliche Grundstücke und Orte für gut andienbare Montageplattformen über Wasser erkundet und die jeweils erforderlichen Einschub-, Einhub- oder Einschwimmprozesse bewertet. Hierbei waren die nicht unerheblichen Abmessungen der Brücke das entscheidende, einschränkende Argument. Mehr oder weniger zufällig ergab sich erst gegen Ende der Entwurfsplanungszeit die Gelegenheit, ein zunächst nicht zur Verfügung stehendes Grundstück doch nutzen zu können, das fast ideale Voraussetzungen zur Vormontage bietet.

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Parallel wurde die Fertigung vor Ort mit den erforderlichen Hilfsunterstützungen, Dalben zum Schutz vor Schiffsanprall, Arbeitsgerüsten und Einhubmöglichkeiten der einzelnen Schüsse untersucht. Entscheidende Argumente für die Fertigung auf Land waren die höhere zu erwartende Ausführungsqualität als über Wasser, eine höhere Arbeitssicherheit und die besseren Unterstützungsmöglichkeiten. Dank der gewählten Lösung ließ sich der Stahlüberbau in nahezu spannungsloser Werkstattform zusammenbauen, was auch zu einer erhöhten Sicherheit beim Erzielen der gewünschten Gradiente und zu Einsparungen von Stahlmassen aus Bauzuständen führte. Außerdem liegen bei der Vorfertigung an Land deutliche Vorteile in der »Leichtigkeit der Schifffahrt«, da der Main nicht dauerhaft eine Eng- und damit Gefahrenstelle aufweist, sondern nur an zwei Tagen zum Einschwimmen gesperrt werden muss. 2.2 Molenkopf Auf dem Molenkopf zwischen Hafeneinfahrt und Main ist die Feuerlöschbootstation der Feuerwehr Frankfurt in mehreren Häusern, Garagen und Schuppen angesiedelt, die neben dem

10 Molenkopf mit Feuerlöschboot © Frank Heinen/Architekturbüro Heide

großen Feuerlösch- auch ein Rettungsschnellboot einsatzbereit vorhält. Auf der nordwestlichen Seite des Molenkopfs, auf dem die Mainuferstraße in einem Kreisverkehr in die Mainquerung mündet, schließt die Honsellbrücke an, die baulich über eine sandsteinverkleidete Wand mit der Mainbrücke verbunden ist. Im Wettbewerbsentwurf war der Umzug der Feuerwache in ein im Bereich des Molenkopfs ins Gesamtgestaltungskonzept integriertes, überschüttetes Teilbauwerk vorgesehen. Nachdem dies in der Vorplanung weiter verfeinert wurde, stellte sich aber ein Projektinteresse an der Erstellung eines Hochhauses auf der Molenkopfspitze heraus. Dort ist nach dem Hochhausrahmenplan der Stadt Frankfurt ein bis zu 60 m hohes Gebäude genehmigungsfähig. Der Ingenieurgemeinschaftspartner Ferdinand Heide erarbeitete nun eine entsprechende Studie im Investorenauftrag, die unter anderem darlegte, dass auf dem verhältnismäßig kleinen Molenkopfgrundstück nur ein Hochhaus mit Teilbereichen unterhalb des Kreisverkehrs mit Zufahrtsmöglichkeit jenseits der Mainbrücke wirtschaftlich realisierbar ist.


SPECIAL Nachdem seitens der Stadt Frankfurt die Möglichkeit eines solchen Gebäudes an diesem reizvollen Standort nicht durch das neue Verkehrsbauwerk ausgeschlossen werden sollte, wurde als Vorabmaßnahme für ein späteres Hochhaus eine »Unterkellerung« des Kreisverkehrs mit Andienungsgeschoß, Tiefgarage und Zufahrtsrampe in der Entwurfsplanung entwickelt. Die bauliche Herstellung des unbedingt erforderlichen Rohbauzustands erfolgt mit der Mainbrücke. Dies soll neben der Standortsicherung einer längerfristigen Vollsperrung der wichtigen neuen Mainquerung vorbeugen, die Vorinvestitionskosten begrenzen und gleichzeitig Freiräume für die detaillierte Hochhausroh- und -ausbauplanung lassen. Die Unterkellerung des Kreisverkehrs zog die Umplanung des Feuerwehrgebäudes in einen separaten Gebäudeteil neben dem nördlichen Widerlager der Brücke nach sich. Letztendlich entschlossen sich die Verantwortlichen allerdings zu einer Verlegung der Feuerlöschbootstation in die zeitgleich neu errichtete Feuerwache in Frankfurt-Niederrad, so dass die Feuerwehrstation an der Mainbrücke Ost komplett entfiel. 3 Genehmigungs- und Ausführungsplanung Zentrales Anliegen eines jeden Bauherrn ist es, den Bauvertrag so exakt wie möglich zu gestalten, um Kosten- und Terminsicherheit zu erlangen. Im Brückenbau ist es üblich, die Vergabeunterlagen auf Basis der Entwurfsplanung zu erstellen. Dies liefert bei konventionellen Bauverfahren über die statische Vorberechnung und die Erfahrungswerte hinreichend

11 Molenkopf im Wettbewerbsentwurf © Grontmij GmbH/Architekturbüro Heide

genaue Massenansätze und verringert den Gesamtaufwand der technischen Bearbeitung beim Zuschlag auf Sondervorschläge des Bieters. Aufgrund ihrer Besonderheit wurden bei der Mainbrücke die Genehmigungsstatik und die Ausführungspläne (ohne Werkstattzeichnungen) des Brückenüberbaus vor den Vergabeunterlagen angefertigt. Hierdurch konnten den Bietern sehr detaillierte Kalkulationsgrundlagen zur Verfügung gestellt und bei der Vergabe die bereits geprüfte statische Berechnung übergeben werden. Die Dauer der technischen Bearbeitung durch die ausführende Baufirma einschließlich der zugehörigen Prüfläufe der Standsicher-

heitsnachweise konnte so deutlich reduziert und die zeitkritische Stahlbestellung frühzeitig durchgeführt werden. Die intensive Durcharbeitung und Fortentwicklung der Entwurfsplanung ergaben die Möglichkeit, die stahlbaugerechte Konstruktion aller Details zu verfeinern, die Montageabschnitte unter Beachtung aller Schweißmöglichkeiten bei den Hohlkastenquerschnitten exakt zu definieren und letztlich die Massen, auch der erforderlichen Stähle mit Z-Güten, genau zu ermitteln. Außerdem wurden die Bauzustände, insbesondere die bemessungsrelevante Auswirkung des Einschwimmens auf die Überbauquerschnitte, dezidiert untersucht.

12 Gehweg und geteilter Versteifungsträger © Grontmij GmbH/Architekturbüro Heide

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SPECIAL

13 14 Einschwimmen des Überbaus: Draufsicht und Schnitt © Grontmij GmbH/Architekturbüro Heide

4 Ausschreibung und Vergabe Die Gesamtheit der Baumaßnahmen zur Umgestaltung des Frankfurter Ostens ist in eine Vielzahl von großteils straßenbaulastigen Bauabschnitten und -losen aufgeteilt. Bei dem Komplex Honsellrampe-Honsellbrücke-Molenkopf-Mainbrücke Ost wurde die Aufteilung auf zwei Bauverträge vorgesehen, um die Mainbrücke Ost gemeinsam mit dem Molenkopf und den in diesem Bereich erforderlichen Straßenbaumaßnahmen zu beauftragen. Durch die Größenordnung der Vergabeeinheit war eine europaweite Bekanntmachung der Maßnahme erforderlich, die über eine Öffentliche Ausschreibung mit gleichzeitiger Beurteilung der Qualifikation der Bieter auf Basis vorab formulierter Wertungskriterien vergeben werden sollte. Als Zuschlagskriterium diente neben dem Angebotspreis auch die Umweltverträglichkeit des Stahltransports, bei dem die verschiedenen Verkehrsmittel in der Transportkette über den Primärenergiebedarf pro Tonne und Kilometer bewertet wurden. Hierdurch sollte seitens des Verkehrsdezernats ein Zeichen für umweltbewusstes und nachhaltiges Bauen gesetzt werden. Die Auswertung der Angebote ergab schlussendlich, dass der ursprünglich politisch gewünschte Schiffstransport tatsächlich vom Auftragnehmer als geplante Transportmöglichkeit vorgesehen war. Als positiver

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Nebeneffekt des Schiffstransports stellte sich die Möglichkeit zur Vergrößerung einzelner Bauteile heraus, so dass auf der Baustelle weniger Schweiß- und Korrosionsschutzarbeiten erforderlich werden und damit die Gesamtqualität des Bauwerks verbessert wird.

Bei der Erarbeitung der Ausführungsunterlagen wurde neben den üblichen hohen Anforderungen die Schnittstelle mit der benachbarten Vergabeeinheit der Honsellbrücke und Honsellrampe in besonderem Maße betrachtet, da durch unterschiedliche Baubeginne und -fortschritte bei gleichzeitiger räumlicher Enge der beiden Baufelder eine gegenseitige Abhängigkeit mit erforderlicher Berücksichtigung der Belange des benachbarten Auftragnehmers unumgänglich war.

15 Abladen des ersten Schiffs © Frank Heinen/Architekturbüro Heide


SPECIAL

16 Aufstellen der beiden ersten Bogenschüsse © Frank Heinen/Architekturbüro Heide

17 Auslegen des Versteifungsträger mit Gehweg © Frank Heinen/Architekturbüro Heide

5 Ausblick Die Fertigung im Werk wurde zwischenzeitlich abgeschlossen und die Bauteile mit zwei Schiffsladungen auf die Baustelle geliefert. Das Brückendeck ist derzeit vollständig ausgelegt und zu etwa zwei Dritteln verschweißt, die ersten beiden Bogenschüsse sind aufgestellt. Das Einschwimmen des Überbaus ist für Ende August nach Fertigstellung der Unterbauten vorgesehen, die Eröffnung der Brücke soll im Sommer 2013 erfolgen. Die Stadt Frankfurt hat für die Baumaßnahme im Übrigen die Internetseite www.neue-mainbruecke-frankfurt.de einschließlich einer Webcam eingerichtet. Die Neue Mainbrücke Ost zeigt, dass durch interdisziplinäre Wettbewerbe für Brücken in städtebaulich bedeutsamem Umfeld sowohl gut gestaltete als auch tragwerksplanerisch prägnante Bauwerke entstehen können, die die Baukultur in Deutschland fördern und unsere Städtebilder nachhaltig positiv beeinflussen. An dieser Stelle möchten wir allen Planungsbeteiligten für die durchweg gute und intensive Zusammenarbeit danken. Autor: Dipl.-Ing. Sebastian Schultheis Grontmij GmbH, Frankfurt am Main Bauherr Stadt Frankfurt am Main, Amt für Straßenbau und Erschließung Entwurf, Genehmigungs- und Ausführungsplanung, Ausschreibung Grontmij GmbH, Frankfurt am Main Ferdinand Heide Architekt BDA, Frankfurt am Main

18 Versetzen von Bogenelementen © Frank Heinen/Architekturbüro Heide

Prüfingenieur Dr.-Ing. Wolfgang Vogel, Wiesbaden Ausführung Max Bögl Bauunternehmung GmbH & Co. KG, Neumarkt

Für die Güte des zur Verwendung kommenden Baustahls wurden über die gültigen Normen hinausgehende Forderungen in Bezug auf die maximalen Gehalte an Phosphor, Schwefel und Bor getroffen und zum Wertungskriterium erhoben, um unter anderem die optimale Schweißeignung zu gewährleisten; das Umweltkriterium wie die Begrenzung von Phosphor, Schwefel und Bor waren bereits in der Bekanntmachung der Baumaßnahme enthalten. Die Vergabe erfolgte im Frühjahr 2011.

19 Seilanschläge und Lampenaussparung im Bogen © Frank Heinen/Architekturbüro Heide

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AKTUELL Hochkarätige Veranstaltungsreihe der Verlagsgruppe Wiederspahn

Zwölftes Symposium Brückenbau in Leipzig von Siegfried Löffler

Auch in diesem Jahr hatte die Verlagsgruppe Wiederspahn mit MixedMedia Konzepts unter dem Motto »Brückenbau ist Baukultur« nach Leipzig eingeladen – zum inzwischen zwölften »Symposium Brückenbau« am 7. und 8. Februar 2012. Und genau wie in den Vorjahren konnte sich der Veranstalter über steigende Teilnehmerzahlen freuen, so dass erneut eine Bestmarke erzielt wurde: ein höchst eindrucksvoller Beleg für das Renommee eines Ingenieurtreffens, das schon von jeher durch die Qualität seines Vortrags- wie des Rahmenprogramms zu überzeugen vermochte. Eine schöne Tradition, die hier von Anfang an gepflegt worden ist und zudem stets regen Anklang fand und findet, ist das sogenannte Referentenessen am Vorabend, bietet es doch eine erste Gelegenheit zu Gesprächen und Diskussionen. Mehr als die Hälfte der angemeldeten Brückenbauexperten aus dem In- und Ausland reisten daher bereits am 6. Februar an, um sich in zwangloser Atmosphäre auszutauschen, Kontakte zu knüpfen oder aber zu vertiefen.

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Deutsche Ingenieurbaukunst Den offiziellen Auftakt zum zwölften Symposium Brückenbau in Leipzig bildete die Begrüßung durch Dipl.-Ing. Michael Wiederspahn am Dienstagmorgen, der hier wie immer als Moderator fungierte und nach ein paar einleitenden Sätzen zu Ablauf und Themenspektrum sogleich den Vortrag von Dipl.-Ing. Holger Haug, Leonhardt, Andrä und Partner, ankündigte. Einblicke in den Brückenbau im Iran vermittelnd, widmete er sich vor allem zwei aktuellen Großprojekten: der Lali Bridge, einer Schrägkabelstruktur von 456 m Länge im Südwesten des Landes, sowie dem Sadr Expressway und damit einer stark frequentierten Hochstraße in Teheran, deren notwendige Verbreiterung um insgesamt vier Fahrspuren als Einfeldträgerkette in Fertigteil-Segmentbauweise unter Verkehr herzustellen ist. In Hamburg werden ebenfalls außergewöhnliche Brücken geplant und errichtet, wie die folgenden vier Präsentationen vor Augen führten. Zunächst skizzierte Dipl.-Ing. Karl-Heinz Rentjes, Deges, die Herausforderungen und Randbedingungen, die es bei der Erweiterung der Stadtautobahn A 7 zu beachten gilt, während direkt im Anschluss Dipl.-Ing. Gregor Gebert, Schüßler-Plan, mit dem »Abbruch und Neubau der Langenfelder Brücke« ein konkretes Beispiel für Umfang und Inhalt jener Infrastrukturmaßnahme lieferte. Die neue Kattwykbrücke, eine Hubkonstruktion aus Stahl von 300 m Länge, über deren Entwurf Dr.-Ing. Helmut Schmitt, Hamburg Port Authority, und Dipl.-Ing. Rico Stockmann,

Wie immer ein herzlicher Empfang … © Roland Dörsch/Verlagsgruppe Wiederspahn

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Leonhardt, Andrä und Partner, informierten, soll hingegen eine aus den 1970er Jahren stammende Süderelbequerung vom Bahnverkehr entlasten, weshalb sie parallel zum fast gleichnamigen Bestandsbauwerk mit einer aus nautischen Gründen vorgeschriebenen Durchfahrtsbreite von 108 m konzipiert ist. Eine Lösung von ähnlichem Schwierigkeitsgrad erläuterten Dipl.-Ing. Martin Tenkleve, Hamburg Port Authority, und Dipl.-Ing. Henning Schrewe, Hochtief Solutions, indem sie die Entwicklung von der bisherigen Rethe-Hub- zur künftigen -Klappbrücke nachzeichneten, die als ein, wie sie sagten, »Highlight der Ingenieurkunst« im Hafengebiet Erstere nicht nur ersetzen, sondern nach ihrer Vollendung (2014) sogar die größte ihrer Art in ganz Europa sein wird. Warum »Straßenbrücken aus Holz in Bayern« in der Regel als Pilotprojekte zur Realisierung kommen, erörterte danach Ministerialrat Dipl.-Ing. Karl Goj von der Obersten Baubehörde im Bayerischen Staatsministerium des Innern anhand von vier Tragwerken jüngeren Datums, die trotz einiger Unterschiede in Form und Detaillierung durchaus über Gemeinsamkeiten verfügen – als Optimierungsschritte, um, so seine Worte, »die Tauglichkeit des Baustoffs Holz unter wirtschaftlichen Aspekten ohne Einschränkungen bei der Dauerhaftigkeit« nachzuweisen und zu verbessern.

»Probelauf« vor Veranstaltungsbeginn © Roland Dörsch/Verlagsgruppe Wiederspahn


AKTUELL

Karl Goj mit Pilotprojekten aus Holz © Roland Dörsch/Verlagsgruppe Wiederspahn

Mit der Sinntalbrücke, die als Teil der Bundesautobahn A 7 den Naturpark Bayerische Rhön auf 770 m Länge überspannt, beschäftigten sich wiederum drei Referenten: Ltd. Baudirektor Dipl.-Ing. Günther Kleiner, Autobahndirektion Nordbayern, veranschaulichte die prinzipiellen Parameter, die Planung und Ausführung dieses Ersatzneubaus bestimmen, wobei er unter anderem auf Fragen der Trassierung und der Materialwahl sowie auf die Charakteristika von Amts- und später beauftragtem Sondervorschlag einging. Dr.-Ing. Erhard Garske, Albrecht & Garske, blieb es nun vorbehalten, das letztlich angewandte Taktschiebeverfahren mit nachlaufendem Schalwagen näher zu beschreiben, und zwar primär unter den Gesichtspunkten der Prüfung und Überwachung, was quasi für ein Erkenntnisfundament sorgte, das der Film »Verschub der Sinntalbrücke« von Dipl.-Ing. Roland Dörsch dann nochmals abzurunden half. Internationale Großprojekte Die Asfinag, in Österreich Betreiber eines über 2.100 km umfassenden Straßennetzes mit ca. 5.000 Brücken, hat eine übergeordnete Gestaltungsinitiative zur ästhetischen Aufwertung und landschaftsgerechten Eingliederung sämtlicher Bauwerke gestartet, die sich in diverse Einzelkonzepte auffächert, wie etwa in die Leitlinie »Brücke«. Deren Intention und Kriterien inklusive Maßnahmenkatalog beleuchtete Dipl.-Ing. Michael Kleiser, sie als ein Instrument definierend, das zur Verwirklichung von baukulturellen (Mindest-)Standards verpflichte. Im Zuge der Errichtung des neuen Hauptbahnhofs in Wien, immerhin eines der derzeit größten Infrastrukturvorhaben in Europa, werden natürlich ebenfalls Brücken benötigt und gebaut,

Igor Kolyushev zum Thema »Balkenbrücken« © Roland Dörsch/Verlagsgruppe Wiederspahn

wie Dipl.-Ing. Judith Engel MBA, ÖBB, betonte, die als nächste Rednerin in Summe zehn solcher Gleisanlagenüberund -unterführungen nuanciert vorstellte. Ihr folgte Dipl.-Ing. Franz Bergmair, Alpine Bau, mit »Neue Beska-Brücke in Serbien« und insofern mit der seit ihrer Eröffnung im Oktober 2011 höchsten und längsten Donauquerung, was er in seinem Vortrag genauso wenig zu erwähnen vergaß wie die Tatsache, dass ihr Vorgängerbau ehedem den Weltrekord für Spannbetonbrücken hielt. »Yi Sun-Sin Bridge: Design and Construction« lautete hingegen das Thema von Ph. D. Jaeho Jung, Daelim, der ein aktuelles Weltrekordprojekt aus Korea präsentierte: eine Hängebrücke von 2.260 m Länge, die über eine Hauptspannweite von 1.545 m und 270 m hohe Pylone verfügt. Während sich diese »Megakonstruktion« in Realisierung befindet und erst Ende 2012 dem Verkehr übergeben wird, erfüllt eine andere bereits ihren Zweck – zu Beginn freilich mit ein paar Einschränkungen, die Igor Kolyushev, Institute Giprostroymost, unter dem Titel »Schwingungsprobleme bei Balkenbrücken großer Spannweiten am Beispiel der Wolgabrücke in Wolgagrad« kompetent zu erklären wusste. Dass die Hardanger Bridge mit vergleichbaren Superlativen aufwartet, verdeutlichte indessen Jan Ove Nygård, Norwegian Public Road Administration, handelt es sich bei ihr doch um eine Hängebrücke mit einer Hauptspannweite von 1.310 m und 203 m hohen Pylonen, die insbesondere wegen ihrer Erscheinung, der Einpassung in die Topographie und der Herausforderungen bei ihrer Montage in einer Gebirgsregion wohl nicht nur für Norwegen singulär sein dürfte. Welche Perspektiven aus dem Anspruch erwachsen, eine buchstäblich grenzüberschreitende Lösung zu erarbeiten,

Ph. D. Jaeho Jung über die Yi Sun-Sin Bridge © Roland Dörsch/Verlagsgruppe Wiederspahn

schilderten anschließend Dipl.-Ing. Gilles Didier, Administration des Ponts et Chaussées Luxembourg, und Dipl.-Ing. Andrea De Cillia, Inca Ingénieurs. Ihren ambitionierten Entwurf für die künftige Stahlbogenbrücke über die Mosel bei Grevenmacher und Wellen, die eine inzwischen schadhafte Spannbetonquerung aus den 1950er Jahren ersetzen soll, interpretierten sie daher auch als Resultat eines Planungsprozesses mit dem Ziel, ein markantes Bindeglied zwischen zwei Staaten schaffen zu wollen.

Dr. Anil Anwikar, Günther Kleiner, Dr. Hermann Weiher (v.l.n.r.) © Roland Dörsch/Verlagsgruppe Wiederspahn

Diskussion: Rico Stockmann und Michael Wiederspahn © Roland Dörsch/Verlagsgruppe Wiederspahn

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AKTUELL

Zukunftsweisende Impulse Der Gedanke, die an vielen Autobahnstrecken ohnehin unverzichtbaren Lärmschutzwände mit Photovoltaikelementen zu bestücken, sie also zur Stromgewinnung zu nutzen, drängt sich zweifellos auf, wie Dr.-Ing. Karl Kleinhanß, Deges, meinte, der, »Ein Leuchtturmprojekt im Land Brandenburg: Solarer Lärmschutz am Berliner Ring« beschreibend, plausibel machte, weshalb energieautarke Trassen für Elektrofahrzeuge keine Vision zu bleiben brauchen. In Ergänzung der von ihm umrissenen Chancen und Möglichkeiten kündigte danach Dipl.-Ing. Michael Wiederspahn die Auslobung des Ideenwettbewerbs »Lärmschutzwände« an – als eine weitere Initiative der Verlagsgruppe Wiederspahn zur Qualitätsverbesserung im Ingenieurbau. Der offizielle Teil des ersten Vortragstages war damit beendet, das Programm sah nun, wie stets beim Leipziger Symposium, eine kurzweilige Abendveranstaltung in einer exquisiten »Lokalität« für alle Teilnehmer und Gäste vor. Die sicherlich nicht ganz einfache Aufgabe, am frühen Dienstagmorgen das Auftaktreferat bestreiten zu müssen, meisterte Dipl.-Ing. Uwe Heiland, Eiffel Deutschland, in vortrefflicher Manier, indem er am Beispiel der zweiten Störbrücke Itzehoe zeigte, wie sich die komplexen Berechnungs- und Fertigungsprobleme beim Rück- und Neubau eines A-23-Brückenzuges bewältigen lassen. Auf nicht minder große Aufmerksamkeit stießen dann die Ausführungen von Baudirektor Dr.-Ing. Michael Fuchs, Staatliches Bauamt Würzburg, über den »Ausbau der A 6 zwischen Roth und Nürnberg-Süd«, den er wegen der erstmaligen Anwendung eines Funktionsbauvertrags zur Realisierung von Strecke

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Intensiver Austausch in den Pausen © Roland Dörsch/Verlagsgruppe Wiederspahn

und Brücken als ein Public-PrivatePartnership-(PPP-)Pilotprojekt bezeichnete. Was sich hinter dem Begriff »Überflieger« verbirgt, nämlich eine Art Kombinationsbauwerk aus Direkt-, Tangentenund Verbindungsrampen, erläuterte wiederum Dipl.-Ing. Peter Radl, SSF Ingenieure, anhand einer Infrastrukturmaßnahme, die im Rahmen des Konjunkturpakets II am Autobahnkreuz Neufahrn nördlich von München verwirklicht wurde. Über den Rückbau der Döllbachtalbrücke, der, als Novum bei Talquerungen, unter Einsatz einer Vorschubrüstung erfolgt ist, informierte Dr.-Ing. Jan Lingemann, Büchting + Streit, wobei er die Vielfalt an konzeptionellen wie statischen Aspekten, die es hier zu beachten galt, eindrucksvoll zu veranschaulichen verstand. Dipl.-Ing. Sven Kimmeskamp, Ed. Züblin, konnte im Anschluss ebenfalls von Besonderheiten berichten, da mit dem »Querverschub der Mainbrücke Randersacker« technologisches Neuland betreten wurde und das gewählte Verfahren zudem einen Verschub mit Lagern bedingte. Der Forschungsverbund »Virtuelle Baustelle« oder (kurz)Good ForBauVibrations wurde von Dipl.-Ing. Dieter Stumpf, SSF Ingenieure, vorgestellt: Die digitale Baustelle ist ein utz SPS – Sch n! be vor Erdbe virtuelles Abbild der realen, umfasst hochwertige 3-D-Daten und erlaubt, den Bauablauf detailliert zu planen, am Computer zu testen und später das tatsächliche Baugeschehen zu überwachen. Zukunftspotential besitzt auch »Ultrahochfester Beton bei Spannverfahren und Brückenlagern«, wie Dr.-Ing. Dipl.-Kfm. Hermann Weiher, matrics engineering, und Dr. tech. sc. Simon Hoffmann, Mageba, dokumentierten, die unter Verweis auf ihre Entwick-

lungsarbeit seine Leistungsmerkmale verdeutlichten und ihn dank seiner Vorteile bei vorwiegender Belastung auf Druck als wirtschaftliche Alternative zu korrosionsempfindlichem, schwerem und teurem Stahl empfahlen. Mit einem gemeinsamen Mittagessen endete danach dieses außerordentlich interessante und gelungene zwölfte Symposium, das allen Anwesenden bestätigte: Brückenbau ist (zweifelsohne) Baukultur. Und wie in jedem Jahr liegen sämtliche Vorträge zusätzlich in gedruckter Form vor – als Ausgabe 1/2∙2012 des BRÜCKENBAU, das heißt in Form eines Doppelheftes, das 28 € kostet und in gut sortierten Fachbuchhandlungen oder aber direkt über den Veranstalter zu erwerben ist. Autor: Siegfried Löffler Fachjournalist, München

BRÜCKENBAU

Referenten (auch) als aufmerksame Zuhörer © Roland Dörsch/Verlagsgruppe Wiederspahn

MAURER Erdbebenschutzsysteme MSTU Shocktransmitter MSTL Shocktransmitter mit max. Lastbegrenzung MHD Hydraulikdämpfer zur Energiedissipation MLRB Bleikernlager MHDRB hochdämpfende Elastomerlager SIP Gleitpendellager

Erdbebenschutzsysteme von Maurer Söhne dienen dazu, bauliche Anlagen aller Art vor den zerstörerischen Einwirkungen schwerer Erdbeben zu schützen.

Maurer Söhne GmbH & Co. KG Frankfurter Ring 193, 80807 München Telefon (089)32394–0 Telefax (089)32394–306 ba@maurer-soehne.de www.maurer-soehne.de

Ausgabe 1/2 . 2012

12. Symposium Brückenbau in Leipzig Ausgabe 1/2 . 2012

www.verlagsgruppewiederspahn.de

ISSN 1867-643X

Brückenbau_1-2_2012_U1-U4.indd 1

31.01.12 15:57

Tagungsband zum Nachlesen © Verlagsgruppe Wiederspahn


PRODUKTE UND PROJEKTE Ausstattung mit Massendämpfern von Maurer Söhne

Europas längste Straßenbrücke in Wolgograd Wolgograd (früher: Stalingrad) bekam im Oktober 2009 die dringend benötigte Brücke über die Wolga – und damit die die längste Straßenbrücke Europas. Nach zwölf Jahren war sie fertiggestellt, doch bereits sechs Monate später musste das 7,10 km lange Bauwerk wegen massiver Schwingungen gesperrt werden, und zwar zunächst komplett, dann wurde es schrittweise wieder für den Verkehr freigegeben. Der Grund war gleichmäßiger Seitenwind, der bei einer bestimmten Stärke dafür sorgt, dass die Wirbel im Windschatten der Brücke abreißen und zu Vibrationen führen, die genau zu ihrer Eigenfrequenz passen: Die Brücke beginnt zu schwingen, mit ± 400 mm. Die sehr schlank dimensionierte Stahlbrücke musste also bedämpft werden, was ein weiteres Problem aufwarf: Wie viel Dämpfermasse er-»trägt« eine Brücke, deren bis zu 155 m lange Felder sich schon bei der Überfahrt eines Lkws in der Mitte absenken? Errechnet wurde schließlich eine Tilgermasse von 5.200 kg, und insgesamt zwölf abgestimmte Massendämpfer wurden eingebaut – allerdings nicht gleichmäßig über die Brücke verteilt, sondern konzentriert in jenen Bereichen, in denen sich die gravierendsten Schwingungen zeigten. Diese erhielten nun je vier Tilger, die drei Aufgaben zu erfüllen haben: – Brückendeck insgesamt bei Normal verkehr beruhigen, – Abklingzeiten reduzieren, – Maximalausschläge in Feldmitte von ± 400 mm auf ± 40–95 mm reduzieren. Eine Reduzierung auf null war technisch nicht machbar, da die Tilgerim Vergleich zur Brückenmasse zu klein ist. Obwohl die Massendämpfer nur in drei Feldern angeordnet wurden, hat das Auswirkungen auf die gesamte Brücke, da sie aus einem schwingenden »Stück« besteht. Die Tilger sind abgestimmt auf die Frequenz der Brücke. Weil deren Frequenz aber zwischen 0,41 Hz und 0,68 Hz variiert und zudem von weiteren Faktoren abhängig ist, wie Temperatur und Materialermüdung, wurden Dämpfer gewählt, die sich anpassen. Diese adaptiven Massendämpfer sind eine von Maurer Söhne patentierte Entwicklung, die bereits an mehreren Brücken zur Dämpfung von Schrägseilen zum Einsatz kam, zum Beispiel im niederländischen Kampen, in Dubrovnik und in Sutong,

Wolgaquerung vor Realisierung des zweiten Überbaus © Mostootryad № 57/Maurer Söhne GmbH & Co. KG

China. Weltweit erstmals erfolgte nun die Anwendung im Deck einer Straßenbrücke. In einem solchen Massendämpfer wird der Dämpfungsparameter in einem hydraulischen Dämpfelement selbstständig reguliert: Eine Sensorik misst die Eigenfrequenz, sendet die Daten an einen Industrierechner, der die gewünschte Dämpferantwort ermittelt und über Stromimpulse an die Dämpfer meldet. In den hydraulischen Dämpfelementen wiederum befindet sich eine magneto-rheologische Flüssigkeit, deren Scherfestigkeit ein Magnetfeld steuert: Die Stromimpulse aus dem Rechner gehen in eine Spule und regeln so den Widerstand, mit dem der Dämpfer reagiert. So lässt sich die Schwingung der Tilgermasse einbremsen, was in Echtzeit mit 50–100 ms erfolgt. Eine Herausforderung war auch der Einbau der Tilger im August und September 2011, denn es handelt sich bei dem Brückendeck um einen durchlaufenden Stahlhohlkasten, der zu Wartungszwecken nur über Luken an den Widerlagern zugänglich ist. Das Deck wurde deshalb direkt an den Einbaustellen außen aufgeschweißt, die Dämpfer wurden darüber hinaus in maximal 100 kg schwere Einzelteile zerlegt, mit Hubwagen an die Öffnungen gehievt, über Rutschen ins Innere befördert und dort zusammengefügt – aus ca. 100 Einzelelementen.

Seit der Tilgeranordnung ist der Sonderlastfall »gleichmäßiger Seitenwind« noch nicht wieder aufgetreten. Erst dann wird sich freilich zeigen, wie sich die Brücke mit maximal 80–95 mm Amplitude verhält und ob sie gegebenenfalls zeitweise für den Verkehr gesperrt werden muss. Bauwerksgefährdend sind die künftig zu erwartenden Schwingungen sicher nicht mehr. www.maurer-soehne.de

System zur Schwingungsregulierung © Maurer Söhne GmbH & Co. KG

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PRODUKTE UND PROJEKTE Feuerverzinken als Korrosionsschutz

Skywalk Allgäu bei Scheidegg Bei dem sogenannten Skywalk Allgäu handelt es sich um einen Baumwipfelpfad, im vorliegenden Fall aber nicht um eine der inzwischen üblichen Holzstrukturen, sondern um eine Stahl-Seil-Konstruktion von 540 m Länge, die 15–30 m über dem Waldboden zu schweben scheint. Diverse Hängebrücken und Stege umfassend, wird sie von einem 50 m hohen Aussichtsturm und einem Netztunnel mit anschließender Rutsche als Erlebnisbereich ergänzt (Entwurf: Bergwolf, Scheidegg; Tragwerksplanung: Meyer + Schubart, Partnerschaft Beratender Ingenieure, Wunstorf; Werkstattplanung: Innovatech Ingenieurgesellschaft für Bau- und Anlagentechnik mbH, Gotha; Ausführung: Biedenkapp Stahlbau GmbH, Wangen).

Insgesamt 14 Pylone mit einer maximalen Länge von 45 m »tragen« diese Hängebrücken, wobei die stählernen Rundrohrmasten mit einem Durchmesser von 500–600 mm aufwarten, an ihrem oberen wie unteren Ende auf jeweils 2,70 m Länge konisch geformt und zudem entsprechend dem Pfadverlauf wie der Geländegeometrie im Wechsel schräg und gerade angeordnet sind. Die Hängebrücken wiederum bestehen aus ca. 2,50 m langen und 1,80 m breiten Segmenten: geschweißten Baugruppen aus Doppelwinkeln mit Querrohren, die mittels eines Horizontalverbandes stabilisiert werden. Sämtliche Stahlbauteile des Baumwipfelpfades wurden durch Feuerverzinken gegen Korrosion geschützt, also mittels eines Verfahrens, das einen möglichst langlebigen Schutz ohne Wartungszwang sowie eine hohe Abrieb- und Schlagfestigkeit bietet – sogar bei großer mechanischer Beanspruchung, wie zum Beispiel bei der sehr schwierigen Montage eines solchen Bauwerks. www.feuerverzinken.com

Baumwipfelpfad aus (Hänge-)Brücken © Institut Feuerverzinken GmbH

Qualitätsnachweis für Maurer Söhne

Zertifizierung nach europäischer Norm Jahrzehntelang war im deutschen Stahlbau die DIN 18800 Teil 7 das Maß der Dinge. Die neue EN 1090 wird sie nun nach einer Koexistenzphase ersetzen – und Maurer Söhne gehört zu den ersten Unternehmen, die mit all ihren Werken nach der neuen EN zertifiziert wurden. »Für uns war es eine Selbstverständlichkeit, die Zertifizierung nach der neuen Norm schnellstmöglich anzustreben«, erklärt Dr. Christian Braun, Geschäftsführer im Bereich Bauwerkschutzsysteme der Maurer Söhne GmbH & Co. KG, München. »Als weltweit tätiges Stahlbauunternehmen belegen wir mit der raschen europäischen Zertifizierung zum wiederholten Mal die hohe Qualität, die wir beständig liefern.«

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Zertifiziert wurde nach den harmonisierten technischen Spezifikationen EN 1090-1 in Verbindung mit EN 1090-2 »Tragende Bauteile aus Stahl«. Basis ist hier, dass die Produktion in den Herstell-

werken München, Lünen, Bernsdorf und Torbali, Türkei, einer (werks)eigenen Kontrolle unterliegt. Und: Der TÜV Rheinland überprüft regelmäßig, ob diese die Anforderungen der EN erfüllt. www.maurer-soehne.de

Siegel mit Identifikationsnummer © TÜV Rheinland AG


PRODUKTE UND PROJEKTE Erfolgreiche Brückensprengung durch Eurovia

Autobahnverbreiterung in Thüringen Die Eurovia GmbH, die bis Ende 2014 federführend den Teilausbau der von Berlin nach München reichenden Bundesautobahn A 9 inklusive der (zugehörigen) Errichtung von 24 neuen Brücken übernimmt, hat im März nun einige »Altquerungen« an dieser Strecke abgerissen: zwei Bauwerke zwischen den Anschlussstellen Triptis und Dittersdorf sowie ein oberirdisches Widerlager südlich von Triptis. Zunächst wurde eine 56 m lange Bogenkonstruktion aus Stahlbeton bei Wüstenwetzdorf gesprengt, und zwar mit 220 kg Sprengstoff, verteilt auf insgesamt 2.400 Bohrlöcher. Danach folgte bei Reinsdorf eine zweite Stahlbetonstruktur von 58 m Länge, für deren »Entfernung« wiederum 400 Bohrlöcher mit ca. 200 kg Sprengstoff befüllt wurden.

Ihr Abbruch ließ sich nicht vermeiden, da die A 9 zwischen Dittersdorf und Schleiz auf sechs Spuren erweitert wird. Bislang verläuft sie hier auf 19 km Länge vierspurig ohne Standstreifen, weshalb in

den nächsten Monaten noch weitere Über- und Unterführungsbauwerke beseitigt werden. www.eurovia.de

Bauwerk bei Wüstenwetzdorf: vorher und nachher © Eurovia GmbH

Wo werben?

Ganz einfach! Unsere Mediadaten können Sie als PDF unter www.zeitschrift-brueckenbau.de downloaden.

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S O F T WA R E U N D I T Zusatzmodule von Ingenieur-Software Dlubal

Bemessung nach internationalen Normen

Das neue Zusatzmodul Stahl CS erweitert die Dlubal-Produktpalette für die Stahlbemessung nach internationalen Normen um die Kanadische Stahlbaunorm CS S16-09. Es ist von der Funktionsweise ähnlich wie die schon vorhandenen Module, wie etwa – Stahl EC 3 (Eurocode), – Stahl AISC (US-Norm), – Stahl SIA (Schweizer Norm), – Stahl IS (Indische Norm), – Stahl BS (Britische Norm), – Stahl GB (Chinesische Norm). In allen von ihnen ist es möglich, neben der Tragfähigkeit und Gebrauchstauglichkeit auch die Stabilität nachzuweisen. Die Bemessung erfolgt dabei für Stäbe und Stabsätze mit einfachen und kombinierten Beanspruchungen aus Druck, Biegung und Schub, wobei sich seitliche Halterungen für die Träger definieren lassen und Knicklängenbeiwerte aus dem Zusatzmodul RSKnick übernommen werden können. Die Klassifizierung der

Visualisierte (Bemessungs-)Ergebnisse © Ingenieur-Software Dlubal GmbH

einzelnen Querschnitte geschieht zudem automatisch, basierend auf einer großen an I-, U-, T-, Winkel-, Hohlprofilen usw. Die Bemessungsresultate werden in übersichtlichen Tabellen ausgegeben oder, wenn gewünscht, lastfall-, querschnitts-, stabweise angezeigt.

Sämtliche Moduldaten sind Teil des Hauptausdruckprotokolls: Hier wird gezielt selektiert, welche Inhalte in welcher Form ausgedruckt werden sollen. www.dlubal.de

Flexible und profitable Neuentwicklung von KIP

Hybrid-Drucksystem für Zeichnungen Vor vier Jahren hat KIP professionelle CAD-Anwendungen im DIN-A0-WideFormat mit dem ersten Farbdrucksystem auf Tonerbasis quasi revolutioniert. Seit Februar 2012 ist nun das neue Gerät auf dem Markt: Dank des geringen Klickpreises werden Farbausgaben von Konstruktionszeichnungen aller Art so rentabel wie herkömmliche Monochromprints. Und auch bei Schwarz-Weiß-Drucken setzt das mit nur 0,19 € inklusive Toner einen Maßstab. Attraktiv ist zudem seine Geschwindigkeit: Ob farbig oder monochrom, es benötigt für den Druck von 5 m² lediglich 1 min. Bei einer Auflösung von 600 dpi × 2.400 dpi generiert das tonerbasierte LED-System überdies eine brillante und originalgetreue Wiedergabe feinster Linien, Bögen und kleinster Bilder, wobei es mit Hilfe der drei vollautomatischen Einzugsrollen für extrem schnellen (Rollen-)Zugriff mehrere Medien in verschiedenen Breiten ohne Produktionsunterbrechung nutzen kann.

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Die maximale Drucklänge beträgt 40 m, bedrucken lassen sich Standard- und Spezialpapiere sowie Folien. Bei den Ausstattungsmerkmalen wurde auf einfache Bedienung und höchste Produktivität Wert gelegt. So gibt es eine vollautomatische Medienkalibrierung unabhängig von Papiersorte und -format, ein neues Transportband sowie vorinstallierte Programme, RIPs und Treiber für anspruchsvolle CAD-Anwendungen und A0-Drucke allgemein. Der in jedes bestehende Netzwerk integrierbare Hybriddrucker vermag webbasierte Aufträge zu verarbeiten und Druckausgaben mobiler Geräte per E-Mail zu generieren. Darüber hinaus verfügt er über zwei USB-2.0-Anschlüsse und gewährleistet ein exaktes Druckkostenmanagement, indem er die Möglichkeit bietet, Farb- und Schwarz-Weiß-Drucke getrennt zu bearbeiten und zuberechnen. www.kip-deutschland.de

Medienpaket mit Netzwerkfähigkeit © KIP Deutschland GmbH


NACHRICHTEN UND TERMINE Auszeichnung für verantwortliche Ingenieure

Deutscher Brückenbaupreis 2012 Die Scherkondetalbrücke im Weimarer Land in der Kategorie »Straßen- und Eisenbahnbrücken« und die sogenannte Blaue Welle, Flöha, in der Kategorie »Fuß- und Radwegbrücken« sind die Gewinner des am 12. März vergebenen Deutschen Brückenbaupreises 2012. Als maßgeblich verantwortliche Ingenieure wurden Dipl.-Ing. Ludolf Krontal, DB ProjektBau GmbH, und Dipl.-Ing. Stephan Sonnabend, Büchting + Streit AG, sowie Dipl.-Ing. Frank Ehrlicher, Schüßler-Plan Ingenieurgesellschaft mbH, ausgezeichnet. Ludolf Krontal und Stephan Sonnabend ist mit der 576,50 m langen Scherkondetalbrücke, so die Jury, ein Meilenstein des modernen Eisenbahnbrückenbaus gelungen: eine nahezu fugen- und lagerlose Konstruktion und damit ein besonders wartungsarmes und nachhaltiges Bauwerk. Frank Ehrlicher hat die S-förmige Krümmung der 110,60 m langen und »Blaue Welle« getauften Brücke den örtlichen Gegebenheiten angepasst: in Gestalt einer wirtschaftlich optimierten Lösung, die dank ihrer Farbgebung den neuen Bahnhofsbereich von Flöha entscheidend mitprägt.

Blaue Welle in Flöha © Schüßler-Plan Ingenieurgesellschaft mbH

Insgesamt lagen 37 Bewerbungen vor, von denen die Jury je Kategorie drei Bauwerke nominiert und je ein Siegerbauwerk gekürt hat. Neben den Preisträgern kamen folgende Einreichungen in die engere Wahl: in der Kategorie

»Straßen- und Eisenbahnbrücken« die Niederrheinbrücke Wesel und die Sandauer Brücke in Havelberg, SachsenAnhalt; in der Kategorie »Fuß- und Radwegbrücken« die Brücke über den Rhein-Herne-Kanal, Gelsenkirchen, und die Victor-Neels-Brücke über den Urftsee im Nationalpark Eifel. Die feierliche Verleihung des Deutschen Brückenbaupreises erfolgte wiederum im Audimax der Technischen Universität Dresden. Ausgelobt von der Bundesingenieurkammer und dem Verband Beratender Ingenieure, geht er seit seiner Premiere 2006 stets an jene Ingenieure, deren schöpferische Leistung maßgeblich zum Entstehen des (prämierten) Bauwerks beigetragen hat. Das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung unterstützt und fördert diesen Preis als Schirmherr im Rahmen der Initiative Baukultur, Hauptsponsor ist die Deutsche Bahn AG. www.brueckenbaupreis.de

Scherkondetalbrücke im Weimarer Land © DB ProjektBau GmbH/Büchting + Streit AG

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N AC H R I C H T E N U N D T E R M I N E Ausführliche Darstellung aller Brücken(entwürfe)

Ideenwettbewerb mit ganzheitlichen Wertungskriterien Der Ideenwettbewerb »Entwurf einer Straßenbrücke nach ganzheitlichen Wertungskriterien« war der jüngste Schritt im Bestreben der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau, die ganzheitliche Planung der Verkehrsinfrastruktur einschließlich der zugehörigen Ingenieurbauwerke aktiv zu fördern. Seine Realisierung erfolgte gemeinsam mit der Obersten Baubehörde im Bayerischen Staatsministerium des Innern, aufgrund des herausragenden, zukunftsweisenden Ansatzes der Ausschreibung wurde er zudem durch das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit und die Landesgewerbeanstalt Bayern unterstützt. Die wissenschaftliche Begleitung des gesamten Verfahrens oblag dem Lehrstuhl für Massivbau der Technischen Universität München.

Detaillierte Beschreibung von Verfahren und Ergebnis © Bayerische Ingenieurekammer-Bau/Verlagsgruppe Wiederspahn

Die besondere Herausforderung bestand darin, den Bau einer Straßenbrücke in einem Flora-Fauna-Habitat-(FFH-)Schutzgebiet zu konzipieren. Nachhaltigkeit war hier also gefragt und wurde von der Jury nach einem speziell für diesen Zweck entwickelten Bewertungsschema beurteilt – nachzulesen in Ausgabe 3∙2011 des BRÜCKENBAU, in der das Ergebnis des Wettbewerbs und die prämierten Arbeiten zusammenfassend dargestellt sind.

Die 48-seitige Dokumentation mit erläuternden Beiträgen zur Nachhaltigkeit im Brückenbau, zu Anlass und Durchführung des Wettbewerbs, zur angewandten Bewertungsmatrix und allen eingereichten Entwürfen ist bereits zu Anfang des Jahres erschienen, in gedruckter Form lässt sie sich direkt über die Bayerische Ingenieurekammer-Bau beziehen – und steht jetzt auch kostenfrei zum Download zur Verfügung. www.bayika.de

Preisverleihung durch den AIV zu Berlin

Schinkel-Wettbewerb 2012 Die Preisträger des 157. Schinkel-Wettbewerbs des Architekten- und IngenieurVereins (AIV) zu Berlin stehen fest: Den Schinkelpreis in Landschaftsarchitektur erhalten Sebastian Pietzsch und Martin Reil, Studenten der Technischen Universität Dresden, denn ihr Beitrag »Stadtmosaiken« integriert auf, so die Jury, »überzeugende Art den Nuthepark in die Potsdamer Kulturlandschaft«. Der Schinkelpreis ist in diesem Jahr mit 2.500 € dotiert, außerdem gewannen beide Teilnehmer für die beste aller 228 Wettbewerbsarbeiten das SchinkelItalienreise-Stipendium der HansJoachim-Pysall-Stiftung in Höhe von 2.500 €. Der zweite, ebenfalls mit 2.500 € »ausgestattete« Schinkelpreis geht in der Fachsparte Städtebau an Shaghajegh Einali und Thomas Hartmann, Absolventen der Studienrichtung Architektur der Technischen Universität Dresden, für die

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die sehr maßstäbliche Erweiterung der südlichen Innenstadt Potsdams. Rico Wittke, Ole Brügmann, Krischan Hubert und Sören Janson, Studenten der Hafencity Universität Hamburg, bekommen für ihre Kooperationsarbeit zwischen Bauingenieuren und Architekten den Sonderpreis des Fördervereins Verband Beratender Ingenieure in Höhe von 2.000 €. Von ihnen wird nicht nur das gesamte Areal südlich des Bahndamms durch neue Grünflächen gestaltet, sondern auch an der Landspitze zur Vorderkappe auf einer spektakulären Fußgänger- und Radfahrerbrücke ein neues Gästehaus für die Stadt Potsdam vorgeschlagen. In den Fachsparten Straßenbau, Eisenbahnbau und Freie Kunst finden sich nicht minder überzeugende Ergebnisse, wie zum Beispiel der Entwurf von Robert Patz, Student der Universität der Künste Berlin, der die in diesem Jahr sehr offen

Plakat zur Ausstellung © Architekten- und Ingenieur-Verein zu Berlin e.V.

formulierte Aufgabenstellung in der Fachsparte Freie Kunst mit einem schreienden Poster beantwortet und dafür mit einem Sonderpreis und 1.500 € ausgezeichnet wird. www.aiv-berlin.de


NACHRICHTEN UND TERMINE Veröffentlichung des Investitionsrahmenplans

Aus- und Neubau der Verkehrsinfrastruktur Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer hat Ende März die endgültige Fassung des Investitionsrahmenplans 2011–2015 für die Verkehrsinfrastruktur des Bundes (IRP) bekanntgegeben. Zu dem am 15. Dezember 2011 von ihm vorgelegten Entwurf konnten die Länder in den vergangenen Monaten Stellungnahmen abgeben, die unter Berücksichtigung der Erfordernisse für das Gesamtnetz und aktueller Planungsentwicklungen sorgfältig geprüft wurden. Ein Teil der eingegangenen Änderungsvorschläge floss hier nun ein. Ramsauer: »Es ist bei den Ländern auf große Zustimmung gestoßen, dass der Bund in den kommenden Jahren verstärkt in den Erhalt der bestehenden Verkehrsinfrastruktur investieren wird. Zudem begrüßen die Länder, dass wir klare Prioritäten setzen

und die Planung der Aus- und Neubaumaßnahmen am Bedarf sowie den zur Verfügung stehenden Haushaltsmitteln ausrichten.« Das Projektvolumen der Aus- und Neubaumaßnahmen, die im Zeitraum 2011–2015 begonnen, fortgeführt oder abgeschlossen werden, beträgt knapp 42 Milliarden Euro, während der Vorgängerplan noch eine Gesamtsumme von rund 57 Milliarden auswies – trotz deutlich niedrigerer zur Verfügung stehender Haushaltsmittel. Ramsauer: »Unser Investitionsrahmenplan orientiert sich am Machbaren. (…) Es wird aber auch deutlich, dass wir es mit einer strukturellen Unterfinanzierung im Bereich der Verkehrsinfrastruktur zu tun haben. Das haben auch die Länder in ihren Stellungnahmen klargemacht.

Umfangreiche Auflistung mit Projektbenennungen © Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung

Für den Bund gilt: Ich werde mich weiter dafür einsetzen, dass mehr Geld für Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur zur Verfügung steht.« www.bmvbs.de

Beschluss des Deutschen Bundestages

Infrastrukturbeschleunigungsprogramm … Der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages hat die von Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer vorgelegte Projektliste für das »Infrastrukturbeschleunigungsprogramm« beschlossen. Damit steht ab 2012 eine zusätzliche Milliarde Euro für Investitionen in Straße, Schiene und Wasserstraße bereit. Schwerpunkt ist hier die Straße als Verkehrsträger Nummer 1: Mit 400 Millionen Euro werden im Bau befindliche Bedarfsplanmaßnahmen verstärkt, 127 Millionen sind für Erhaltungsprojekte und 60 Millionen Euro für sogenannte Neubeginne vorgesehen. 13 Millionen Euro fließen zudem in den Radwegebau an Bundesstraßen.

Auf die Schiene entfällt ein Plus von 100 Millionen Euro, das vor allem für die Modernisierung von Personenbahnhöfen eingesetzt werden soll, wie etwa zur Herstellung von Barrierefreiheit, zur Sanierung von Bahnsteigen oder zur Verbesserung des Wetterschutzes. Die Investitionen in die Wasserstraßen werden um 300 Millionen Euro aufgestockt, und zwar für den Bau der fünften Schleuse in Brunsbüttel am Nord-OstseeKanal. Ramsauer: »Der Nord-OstseeKanal ist die meistbefahrene künstliche Wasserstraße der Welt und wichtig für die Anbindung der deutschen Häfen. Die notwendigen Ausbaumaßnahmen sind über Jahre immer wieder verschoben

Verteilung der Investitionen © Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung

worden. Jetzt packen wir das an und machen damit den Kanal leistungsfähiger.« www.bmvbs.de

Gemeinsame Erklärung von Bund und Bundesländern

(Autobahn-)Planung und Bau in Norddeutschland Im Februar haben Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer und der Minister für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr Jost de Jager in Vertretung des Ministerpräsidenten von Schleswig-Holstein sowie der Niedersächsische Ministerpräsidenten David McAllister eine gemeinsame Erklärung zur Realisierung der Bundesautobahn (BAB) A 20 in Norddeutschland unterzeichnet. Ziel ist es, die Planung, die Finanzierung und den Bau der A 20 auf ganzer Länge in Schleswig-Holstein (ca. 80 km) und

Niedersachsen (ca. 120 km) zuverlässig, kontinuierlich und engagiert zu vollenden. Ramsauer: »Der Bau der A 20 als leistungsfähige Ost-West-Achse hat für den Bund hohe Priorität und ist für die Menschen und die Wirtschaft in Norddeutschland von herausragender Bedeutung. Mit der Autobahn sollen die deutschen Seehäfen miteinander verbunden und an das überregionale Straßennetz angeschlossen werden. Wir werden die Finanzierung im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel

gewährleisten und weiter verlässlich und eng mit den Ländern zusammenarbeiten, um das Projekt voranzutreiben.« Mit den entsprechenden Maßnahmen kann also begonnen werden, sobald (hierfür) das Baurecht vorliegt. Mit der Strecke zwischen dem Autobahnkreuz Uckermark nahe der polnischen Grenze und Weede bei Bad Segeberg in Schleswig-Holstein sind im Übrigen bereits mehr als 340 km dieser BAB durchgängig befahrbar. www.bmvbs.de

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N AC H R I C H T E N U N D T E R M I N E

Umstrukturierung im Freistaat Sachsen

(Neues) Landesamt für Straßenbau und Verkehr Der Aufbau des Landesamtes für Straßenbau und Verkehr (LASuV) ist abgeschlossen: Mit Inkrafttreten des Standortegesetzes am 1. März ist das LASuV die zentrale Behörde für den gesamten Verkehrsbereich in Sachsen. »Mit der Übernahme der Aufgaben von der Landesdirektion können wir landesweit Planung, Bau und Unterhaltung der Verkehrsinfrastruktur aus einer Hand garantieren«, so Verkehrsminister Sven Morlok.

Das (neue) Landesamt trägt damit die Verantwortung für die Verwendung von rund 700 Millionen Euro für die Förderung des kommunalen Straßenbaus, für den Staats- und Bundesfernstraßenbau sowie die Förderung von Investitionen in den öffentlichen Personennahverkehr. Neben dem »Kerngebiet« der Verkehrsinfrastruktur übernimmt es von den Landesdirektionen zudem umfangreiche Aufgaben im Bereich des Straßenrechts, der technischen Aufsicht über Straßenbahnen und des Straßenverkehrswesens.

Das Landesamt für Straßenbau und Verkehr verfügt neben der Zentrale in Dresden unter Leitung von Rainer Förster über fünf Niederlassungen, die grundsätzlich für zwei Landkreise zuständig sind, um eine sachsenweit ausgewogene und standortnahe Betreuung zu gewährleisten. Insgesamt sind (dazu) im LASuV mehr als 1.000 Bedienstete tätig. www.smwa.sachsen.de

Initiative des Bundes Heimat und Umwelt

Historische Wege als Kulturdenkmal Der Bund Heimat und Umwelt in Deutschland (BHU) hat sich für »Historische Wege« als Kulturdenkmal des Jahres 2012 und damit für Anlagen bzw. Bauwerke entschieden, die inzwischen mehr oder minder stark vom Verschwinden bedroht sind.

Manche von ihnen können durchaus unauffällig sein, wie Weide- und Triftwege, während andere, zum Beispiel Kanäle oder Eisenbahntrassen, meist unmittelbar ins Auge stechen. Mit der Wahl zum Kulturdenkmal des Jahres 2012 will der BHU nun auf den früheren wie den aktuellen Stellenwert dieser Zeugnisse der Kulturhistorie hinweisen, da für sie alle gilt: Mit dem Fortfall von politischen, wirtschaftlichen und sozialen Organisations- und Nutzungsformen im Laufe der Zeit verlieren Wege zunächst ihre direkte funktionale Bedeutung und gehen dann später dank mangelnder Instandhaltung auch oft im Landschaftsbild verloren – zusammen mit den »Wegbegleitern«, wie etwa Stegen und (kleineren) Brücken, Herbergen und Gasthäusern, Rast- und Umspannplätzen, Kapellen und Wegkreuzen, Grenz- und Meilensteinen. Gerade solchen Elementen gebührt jedoch große Aufmerksamkeit, denn mit ihnen lassen sich die Entwicklung, Zweck und Eigenart von Wegen belegen. Umso wichtiger ist es, sie als Quellen der Kultur-, Agrar-, Sozialund Wirtschaftsgeschichte bewusst zu machen und zu schützen. www.bhu.de

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Elisabethenstraße mit Kreuz bei (Wiesbaden-)Kastel © www.commons.wikimedia.org


NACHRICHTEN UND TERMINE Bemerkenswertes Jubiläum von Büchting + Streit

50 Jahre Verantwortung und Qualität 2012 feiert die Büchting + Streit AG 50-jähriges Bestehen. Das 1962 von Dipl.-Ing. Frank Büchting gegründete Ingenieurbüro bietet Beratung, Planung, Prüfung, Begutachtung und Überwachung im Brücken- und sonstigen konstruktiven Ingenieurbau. Die Leistungen des heutigen Unternehmens sind deutschlandweit und international gefragt – dank hoher fachlicher Kompetenz und jahrzehntelanger Erfahrung. Das Büro zeichnet zum Beispiel für die Ausführungsplanung der Eisenbahnbrücke Scherkondetal, seit kurzem Trägerin des Deutschen Brückenbaupreises 2012, sowie für die Ausführungsplanung der unterirdischen Schienenanbindung und des Bahnhofs des demnächst eröffnenden Flughafens Berlin Brandenburg verantwortlich. Außerdem werden von Büchting + Streit derzeit unter anderem die Planungsunterlagen der Saale-Elster-Talbrücke, nach ihrer Fertigstellung Deutschlands längste Eisenbahnbrücke, und des neuen Tunnels im Zuge des Mittleren Rings am Luise-Kiesselbach-Platz in München geprüft. Nach dem im Jahr 2008 erfolgten Eintritt von Univ.-Prof. Dr.-Ing. Martin Mensinger und damit der fachlichen Erweiterung im Bereich Stahl- und Metallbau wurden im vergangenen Jahr durch die Beteiligung an der Prof. Fischer Ingenieure GmbH unter Führung des neuen Vorstandsmitglieds Univ.-Prof. Dr.-Ing. Oliver Fischer auch Kompetenz und Leistungsfähigkeit im Bereich Ingenieurtief- und Tunnelbau wirkungsvoll ergänzt. Sicherheit und Wirtschaftlichkeit der Konstruktion, zugleich aber Ressourcenoptimierung und Nachhaltigkeit definieren den Rahmen, in dem sich das Unternehmen bewegt und seine Stärken zeigt: Auf der Grundlage langjähriger Erfahrungen und unter Einbeziehung neuester Erkenntnisse aus Theorie und Praxis entwickeln die 40 hochqualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Büros sichere und innovative Lösungen für anspruchsvollste Aufgaben des konstruktiven Ingenieurbaus. Die Kombination von Bauverfahren und die Wiederverwendung von Bauteilen spielen dabei eine ebenso wichtige Rolle wie der Einsatz neuer Materialien, deren Effizienz in Anordnung wie Berücksichtigung und die Erneuerbarkeit von Bauelementen. Ihrer Verantwortung stellen sich alle Gesellschafter, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Büchting + Streit AG darüber hinaus durch ihr Engagement für die Umwelt. Das heißt, der schonende Umgang mit Ressourcen ist einer ihrer definierten Qualitätsstandards. So war das Unternehmen als erstes deutsches Mitglied maßgeblich an der Etablierung der Idee von »1 % for the Planet« beteiligt. Im Rahmen dieser Initiative spendet das Büro mindestens 1 % des Jahresumsatzes gemeinnützigen Organisationen, die sich für den Erhalt und die Wiederherstellung der Umwelt einsetzen. www.buechting-streit.de

Symposien MixedMedia Konzepts

Events

Veranstaltungen Mediaplanung

MixedMedia Veranstaltungen der VERLAGSGRUPPE WIEDERSPAHN mit ihrem Event-Office MixedMedia Konzepts 12. Symposium Brückenbau 13. 2. Symposium Flughafenbau 4. Symposium Sportstättenbau (Bauen für Olympia und die WM) Parkhausbau als Fachveranstaltung: Hier werden Tiefgaragen, Parkhäuser sowie deren Erhaltung und Renovierung thematisiert. Weiterhin werden erörtert: Bau von Tank- und Rastanlagen einschließlich neuer Lkw-Rastplätze mit den erforderlichen Telematik-Einrichtungen. Informieren Sie sich doch einfach auf unserer Website www.mixedmedia-konzepts.de oder, noch besser, rufen Sie uns an. Wir stehen unter 06 11/98 12 92-0 gerne Rede und Antwort.

MixedMedia Konzepts

Mitglieder von Vorstand und Aufsichtsrat © Büchting + Streit AG

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N AC H R I C H T E N U N D T E R M I N E »Standardwerk« vom Verlag Friedrich Pustet

Sammelband zur Brückenarchäologie Wer wollte bestreiten, dass Brücken höchst faszinierende Bauwerke sind, und zwar schon von jeher? Spätestens seit der Jungsteinzeit überquerte der Mensch ja auf Bohlenwegen und Holzbrücken schwieriges Gelände, seit dem zweiten Jahrtausend vor Christus auch auf Steinbrücken. Doch was ist von den alten Konstruktionen und Strukturen geblieben? Was verraten archäologische Reste über exaktes Errichtungsdatum, über Bauweise und ehemaliges Aussehen einer Brücke? Und: Mit welchen Methoden und Werkzeugen kann man sie über und unter Wasser erforschen? Um genau solche Fragen europaweit erstmalig zu diskutieren, trafen sich im November 2009 nationale und internationale Experten in Regensburg zum Fachkongress »Archäologie der Brücken«.

Bei dem jetzt erschienenen, gleichnamigen Buch handelt es sich aber nicht nur um den Tagungsband zu eben jener Veranstaltung, sondern zugleich um ein Standardwerk, dessen Lektüre hier nachgerade wärmstens empfohlen wird, da sie einen reichen, tiefgründigen und zudem mannigfaltige Aspekte berücksichtigenden Erkenntnisgewinn ermöglicht: Ingesamt 54 Beiträge umfassend, die allesamt bebildert sind, bietet diese Aufsatzsammlung einen aktuellen, sehr detaillierten und dabei ausgesprochen lesbaren Einblick in ein Thema, das sonst nur wenig bis gar keine Beachtung findet – obwohl es im Prinzip einen jeden (Brückenbau-)Planer und Historiker interessieren sollte. Eine bessere Chance zur »geschichtlichen« Wissensversorgung auf hohem Niveau dürfte es vorerst nicht geben, weder zum Preis von 49,90 € noch in anderer Form.

Lektüre (auch) für Ingenieure © Verlag Friedrich Pustet

www.verlag-pustet.de

Neues Buch von DOM publishers

Infrastruktur als Gestaltungselement Architektur und öffentlicher Raum werden als die prägenden Gestaltungselemente unserer gebauten Umwelt wahrgenommen – doch welche Bedeutung hat die technische Infrastruktur? In baukultureller Hinsicht bislang eine vergleichsweise untergeordnete Rolle spielend, wird sie eher als notwendiges »Übel« betrachtet, das offenbar kaum bis keine gehobenen ästhetischen Ansprüche erfüllen muss oder eben auch kann. Dass es sich bei dieser weitverbreiteten Meinung um eine nachgerade gewaltige Fehleinschätzung handelt, zeigt nun die englische Ausgabe eines Buches, das vor kurzem bei DOM publishers in der Reihe »Grundlagen« zum Preis von 28 € erschienen ist. Und so thematisiert es unter dem ebenso wohlklingenden wie zutreffenden Titel »Infrastructural Urbanism. Adressing the In-between« die Auswirkungen von Infrastrukturen auf Stadträume und deren Rezeption durch Anwohner und (Be-)Nutzer, durch Planer und in der Wissenschaft. Vorgestellt werden hier zudem Projekte unterschiedlicher Größenordnungen in Mexico City,

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New York, London, Paris, Zürich, Seattle, Barcelona oder Antwerpen, deren Spektrum unter anderem Stadtautobahnen und vor allem auch Hochstraßen bzw. -brücken umfasst. Der Inhalt der insgesamt 336 Seiten basiert auf den Vorträgen eines gleichnamigen Symposiums, das im Februar 2010 an der Technischen Universität München durchgeführt und überwiegend

von »architekturaffinen« Referenten bestritten wurde. Die meisten Texte stammen also von Landschafts- und Stadtplanern – und eröffnen dennoch oder genau deshalb lohnende Perspektiven für jene Ingenieure, die ihr Fachgebiet sonst nur unter rein statischen Gesichtspunkten betrachten. www.dom-publishers.com

Angebot zum Perspektivenwechsel © DOM publishers


NACHRICHTEN UND TERMINE Ausstellung im Dortmunder U

Tragwerke von Stefan Polónyi »Es ist nicht Aufgabe des Ingenieurs, dem Architekten klarzumachen, dass es nicht geht, sondern zu zeigen, wie es geht«, hat Stefan Polónyi einmal gesagt und damit einen Gutteil seines Selbstverständnisses umrissen: Form und Material in Übereinstimmung zu bringen, Gestalt und Tragwerk zu einer eigenen Ästhetik zu verbinden war und ist für ihn bei jeder Aufgabe eine Herausforderung. Er hat den Dialog mit den Architekten gesucht, oft im Diskurs bauliche Lösungen entwickelt und diesen Anspruch auch und gerade in der Lehre vertreten, wie das

»Brückenskulptur« in Castrop-Rauxel © Claudia Dreysee

von ihm (mit)initiierte, inzwischen aber leider als historisch geltende »Dortmunder Modell« mit Nachdruck zu beweisen mag. Mittlerweile befindet sich Polónyis »Vorlass« im Archiv für Architektur und Ingenieurbaukunst der Technischen Universität Dortmund – und bildet nun die Grundlage für die Ausstellung »Tragende Linien und tragende Flächen«, die noch bis 24. Juni im Dortmunder U (Leonie-Reygers-Terrasse, 44137 Dortmund) zu sehen ist. Präsentiert vom M:AI Museum für Architektur und

Ingenieurkunst NRW in Kooperation mit ebenjener Alma Mater, zeigt sie die vielfältigen Projekte, an deren Realisierung der engagierte Bauingenieur Univ.-Prof. em. Dr.-Ing. E. h. mult. Stefan Polónyi (mit)gearbeitet hat, die also von ihm nicht selten federführend verwirklicht wurden. Ein Besuch dieser, im allerbesten Sinne, Leistungsschau sollte daher nicht nur Tragwerksplanern eindringlich empfohlen werden. www.dortmunder-u.de www.mai-nrw.de

Rohrbrücke in Oberhausen © Claudia Dreysee

Vortragsveranstaltung mit Fachausstellung in Leipzig

Deutscher Straßen- und Verkehrskongress 2012 Am 16. und 17. Oktober 2012 lädt die Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen e. V. (FGSV) die Fachwelt zum Deutschen Straßen- und Verkehrskongress 2012 mit begleitender Fachausstellung »Straßen und Verkehr 2012« in das Congress Center Leipzig ein.

Zu den (diesjährigen) Themenschwerpunkten gehören – Verkehrsplanung, – Straßenentwurf, – Verkehrsmanagement, – Infrastrukturmanagement, Erhaltung, – ungebundene und Pflasterbauweisen, – Asphaltbauweisen sowie – Betonbauweisen, die jeweils in Vorträgen und Diskussionen unter Berücksichtigung aktuellster Fragestellungen behandelt werden. Das komplette Programm steht demnächst zum Download zur Verfügung. www.fgsv-kongress-2012.de www.fgsv.de

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N AC H R I C H T E N U N D T E R M I N E

Erste internationale 5-D-Konferenz in Konstanz

Anwendung prozessorientierter Simulationen Die Technologie der prozessorientierten 5-D-Simulationen schafft neue Rahmenbedingungen und Möglichkeiten für das Bauwesen, ergänzt sie doch gängige Verfahren des Building Information Modeling (BIM) um zentrale Informationen zum Bauablauf: Ziel ist die Schaffung einer durchgehenden digitalen Kette von der Planung über den Bau bis hin zum Betrieb von Bauwerken. So lassen sich bereits in frühen Projektphasen schnell unterschiedliche Handlungsalternativen hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf Kosten, Termine und Qualität bewerten. Um die Potentiale der 5-D-Technologie zu verdeutlichen, veranstaltet die Hochschule Konstanz Technik, Wirtschaft und Gestaltung (HTWG) am 21. und 22. Mai in der größten Stadt am Bodensee die erste internationale 5-D-Konferenz.

Unterstützt wird sie dabei von der 5-D-Initiative, einem Konsortium von fünf führenden europäischen Bauunternehmen, die verstärkt mit digitalen 5-D-Bauwerksmodellen arbeiten. Keynote Speaker Prof. Martin Fischer von der kalifornischen Stanford University eröffnet die Konferenz mit einem Referat

zum aktuellen Forschungsstand, für Praxisvorträge konnten zudem mit Al Jaber, Ballast Nedam, Boldt, Bouygues, CCC, Max Bögl, Royal BAM, Saudi Oger, Strabag und Sunway zehn weltweit tätige Baukonzerne gewonnen werden. www.htwg-konstanz.de

Aufschlussreiches Programmheft © HTWG Konstanz

Beginn der Auslobung

Ingenieurbau-Preis 2013 Der Einsendeschluss für den inzwischen 13. Ingenieurbau-Preis ist der 14. September 2012. Ausgeschrieben vom Verlag Ernst & Sohn, wird diese Würdigung alle zwei Jahre verliehen, und zwar für, wie es in der Auslobung steht, »herausragende Leistungen im Konstruktiven Ingenieurbau«. Das heißt, er geht an das Projektteam des (ausgezeichneten) Bauwerks und beinhaltet eine repräsentative Plakette.

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Die Teilnahmebedingungen haben sich seit seiner Premiere 1988 kaum verändert und umfassen folgende Punkte: – Die Ingenieurleistung muss innerhalb Deutschlands, Österreichs oder der Schweiz erbracht worden sein. – Der Standort des zu prämierenden Bauwerks – und das ist neu – ist regional nicht eingeschränkt, sondern kann sich weltweit befinden. – Das Bauwerk muss zwischen August 2010 und August 2012 fertiggestellt worden sein. – Teilnahmeberechtigt sind Personen, die für den Entwurf und/oder die Ausführung verantwortlich waren. Die Bewertungskriterien lauten wiederum folgendermaßen: Die gesamte Baumaßnahme wird nach funktionalen, technischen, wirtschaftlichen und gestalterischen Gesichtspunkten bewertet, wobei eine besondere Ingenieurleistung erkennbar sein muss. Zur Bewertung der eingereichten Objekte werden folgende Kriterien herangezogen: Konstruktion, Innovation, Ästhetik, Ökologie, Bautechnik.

Die Preisgerichtssitzung ist für Ende November 2012, die Preisverleihung für Ende Februar 2013 vorgesehen. Anmeldeunterlagen und eine Dokumentation zum bisherigen Ingenieurbau-Preis sind im Internet verfügbar. www.ingenieurbaupreis.de


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IMPRESSUM

BRÜCKENBAU ISSN 1867-643X 4. Jahrgang Ausgabe 3 . 2012 www.zeitschrift-brueckenbau.de Herausgeber und Chefredaktion Dipl.-Ing. Michael Wiederspahn mwiederspahn@verlagsgruppewiederspahn.de Verlag mit MixedMedia Konzepts

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