Brückenbau 1/2012

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12. SYMPOSIUM BRÜCKENBAU

Ausgabe 1/2 . 2012

12. Symposium Brückenbau in Leipzig

www.verlagsgruppewiederspahn.de

ISSN 1867-643X 1/2 . 2012  |  BRÜCKENBAU

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EDITORIAL Zum (zwölften) Symposium in Leipzig

Kriterien zur Berücksichtigung von Michael Wiederspahn

Dipl.-Ing. Michael Wiederspahn

Wann und wo sich jemand fortzubilden versucht und welche Form der Wissensaneignung oder eben -reicherung er letztlich bevorzugt, hängt natürlich von seinen Präferenzen ab, beruht unter anderem auf manchen durchaus persönlich eingefärbten Vorlieben für ganz bestimmte Örtlichkeiten oder Medien und unterliegt dementsprechend auch nur höchst selten einem größeren Wandel. Da die Interessensgebiete eines Menschen überdies nicht stündlich wechseln, sie sich in aller Regel ja eher sukzessive verschieben oder verbreitern, anstatt urplötzlich umzuschlagen, lässt sich sein Informationsbedarf trotz einiger individueller Abweichungen im Grunde nicht als sprunghaft oder besonders stark schwankend charakterisieren, vermag er ihn infolgedessen oft recht genau abzuschätzen oder bisweilen wenigstens ein bisschen einzugrenzen. Überraschungen bleiben ihm dennoch kaum erspart: Ohne irgendwann oder irgendwo eine Visitenkarte gezückt oder gar die Bitte um Benachrichtigung geäußert zu haben, beginnen Briefkästen und Mailbox mitunter überzuquellen, wächst das Spektrum der Einladungen off enkundig von Woche zu Woche, hat er nun fast täglich die Möglichkeit, einen Event mitzuerleben, einem Verband beizutreten oder aber eine der vielen neuen bzw. runderneuerten Publikationen zu erwerben, die ihm als Probeexemplare immer häufi ger ins Haus fl attern. Die Spreu vom Weizen zu trennen, fällt hier nicht gerade einfach.

Empfi ehlt es sich zum Beispiel, an einer der zahllosen Veranstaltungen teilzunehmen, die seit zwei, drei Jahren wie Pilze aus dem Boden schießen und deren Programme einem stets die Vermittlung vermeintlich endgültiger Wahr- oder Weisheiten verheißen? Oder sollte er nicht besser an die Mitgliedschaft in einem Verein denken, sie früher oder später doch ansteuern, um auf quasi kostenneutralem Weg zusätzlich mit einem mehr oder minder schmalen, gleichwohl überwiegend periodisch erscheinenden Heft und diversen Vergünstigungen versorgt zu werden? Und was ist mit der dritten Alternative? Drängt sich das Abonnement einer Fachzeitschrift nicht unweigerlich auf, wenn einen das Internet primär mit Kurz- und Testversionen, Randnotizen und Gemeinplätzen beliefert, einem der Sinn hingegen nach aktuellen, fundierten und zudem umfassenden Abhandlungen und Angaben steht? Wie kann er sich also entscheiden? Muss er dazu sämtliche Zusendungen sichten und studieren, sich etwa der sogenannten Vernetzung unterwerfen und sich in die Reihe jener eingliedern, die beinahe minütlich ihren weltweiten Social-Network-Account auf- oder abrufen? Nein, in den meisten Fällen genügt neben den eigenen Erfahrungen und Überzeugungen als unabdingbarer Orientierungshilfe bereits ein schneller Blick auf oder in den Ablaufplan, die Statuten oder das Inhaltsverzeichnis, damit erkennbar wird, wer einem Qualität anbietet: Solche »Produkte« benötigen keine Generalüberholung, legitimieren sich durch Tradition wie Dauerhaftigkeit und werden schließlich nicht als alleinseligmachende Perspektive angepriesen – wie das inzwischen zwölfte »Symposium Brückenbau« in Leipzig und alle Ausgaben des BRÜCKENBAU mit Nachdruck beweisen.

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Wohnungsbau

heute – morgen – übermorgen ist der Leitfaden und Gedanke. Erstes großes Symposium zum Thema »Wohnungsbau« der VERLAGSGRUPPE WIEDERSPAHN mit MixedMedia Konzepts in Frankfurt am Main

VERLAGSGRUPPE W I E D E R Smit MixedMedia P A Konzepts HN

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I N H A LT

Editorial

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Kriterien zur Berücksichtigung

Michael Wiederspahn

12. Symposium Brückenbau in Leipzig

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Lali-Brücke und Ausbau des Sadr Expressway

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20

Holger Haug, Kornelius Krieger, Peter Walser

Verbreiterung der Autobahn A 7 in Hamburg Karl-Heinz Reintjes

Abbruch und Neubau der Langenfelder Brücke Karl-Heinz Reintjes, Gregor Gebert

24

Neue Kattwykbrücke in Hamburg

Rico Stockmann, Helmut Schmitt

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40

Neubau der Rethebrücke in Hamburg Martin Tenkleve, Henning Schrewe

Straßenbrücken aus Holz in Bayern Karl Goj

Planung und Errichtung der Sinntalbrücke Günther Kleiner, Edwin Seemann

44

Herstellung der neuen Sinntalbrücke

Erhard Garske

50

54

59

Das Leitkonzept »Brücke« Michael Kleiser

Neuer Hauptbahnhof in Wien Judith Engel

Neue Beska-Brücke in Serbien Franz Bergmair

66

Brücke zwischen Luxemburg und Deutschland

Gilles Didier, Andrea De Cillia

70

73

80

Solarer Lärmschutz am Berliner Ring Karl Kleinhanß

Ausbau der A 6 zwischen Roth und Nürnberg-Süd Michael Fuchs

Überflieger am Autobahnkreuz Neufahrn Peter Radl

86

Querverschub der Mainbrücke Randersacker

Sven Kimmeskamp

90

98

Rückbau der Döllbachtalbrücke im Zuge der Autobahn A 7 Jan Lingemann, Stephan Sonnabend

Forschungsverbund »Digitale Baustelle« Dieter Stumpf

102

Ultrahochfester Beton bei Spannverfahren und Brückenlagern

Hermann Weiher, Simon Hoffmann

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Produkte und Projekte

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Software und IT

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Nachrichten und Termine

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Branchenkompass

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Impressum

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1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU Planung und Ausführung von zwei Bauwerken im Iran

Lali-Brücke und Ausbau des Sadr Expressway von Holger Haug, Kornelius Krieger, Peter Walser

Vorgestellt werden in diesem Beitrag zwei aktuelle Brückenbauprojekte im Iran, an denen Leonhardt, Andrä und Partner beteiligt war bzw. ist. Bei der LaliBrücke handelt es sich um eine 456 m lange Schrägkabelbrücke, die über einem Wasserreservoir in einem tief eingeschnittenen Tal errichtet und bereits 2011 dem Verkehr übergeben wurde. Erst seit einigen Monaten wird am Ausbau des Sadr Expressway in Teheran gearbeitet. Geplant ist, eine der meistbefahrenen Straßen der Stadt auf einer Länge von ca. 5,50 km auf zehn Spuren auszubauen. Die vorgesehene Bauzeit hierfür soll nur 18 Monate betragen. 1 Lali-Brücke 1.1 Projekt und Lage Im Südwesten der Islamischen Republik Iran nahe der Stadt Ahwaz wird der größte Fluss des Landes, der Karoon, mittels eines 180 m hohen Damms aufgestaut, um elektrische Energie zu gewinnen. Das Tal des Karoon ist hier tief eingeschnitten mit steilen Flanken. Durch die Aufstauung wird die Umlegung von kleineren Rohrleitungen aus der Öl- und Gasgewinnung sowie einer regionalen zweispurigen Straße, welche die Städte Massad und Lali verbindet, notwendig. Die gesamte Baumaßnahme liegt in einem Gebiet hoher seismischer Aktivität. Für die Realisierung der Brücke wurden landesweit Baufirmen zur Abgabe detaillierter Entwürfe mitsamt einer Vorberechnung eingeladen, die dann unter Mithilfe international ausge- richteter Ingenieurbüros bewertet werden sollten. Die Bemessung der Brücke hatte nach international anerkannten Normen zu erfolgen, wobei zwischen der US-amerikanischen AASTHO LFRD bzw. den Euronormen EN 199x frei gewählt werden konnte.

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Leonhardt, Andrä und Partner (LAP) wurde durch Hexa Consulting Engineers (Hexa) eingeladen, bei der Beurteilung der eingereichten Entwürfe, bei der statisch-konstruktiven Prüfung des Siegerentwurfs sowie bei der Bauüberwachung samt baubegleitenden Berechnungen als Nachunternehmer mitzuwirken. 1.2 Wettbewerbsphase Die Bewertung der eingereichten Ent- würfe geschah in zwei Phasen: In der ersten im Frühjahr 2007 war es den Baufirmen freigestellt, mit welchem Brückentyp sie die Aufgabe lösen wollten. Insgesamt wurden hierzu sieben Ent- würfe eingereicht, wobei alle mit zwei Pfeilern im Bereich des Tales aufwarteten. Es wurden vier Balkenbrücken und drei Schrägseilbrücken konzipiert, mit Über- bauten als Betonhohlkästen oder als offene Verbundträger. Die Beurteilung in der ersten Phase geschah zweigeteilt: Hexa prüfte, ob die Entwürfe den iranischen Fachnormen entsprachen und die Kostenschätzungen für die gegebene Situation realistisch waren. LAP beurteilte die technische Qualität im Einklang mit international anerkannten Regeln und die Auskömmlichkeit der angegebenen Massen. Zudem war LAP dafür verantwortlich, die vorgeschlagenen Gründungs- varianten zu untersuchen, wozu das Büro Smoltczyk & Partner eingeschaltet wurde. Mit einer Bewertungsmatrix wurde die Vergleichbarkeit der Entwürfe

1 Längsansicht der Lali-Brücke © Boland Payhe Engineering

sichergestellt und ein Vergabevorschlag für eine der Balkenlösungen erarbeitet. Der Bauherr entschied sich später, die Maßnahme nochmals auszuschreiben und dabei nur noch Entwürfe mit seil- verspannten Überbauten zuzulassen. Die Bewertung der Entwürfe aus der zweiten Phase erfolgte ausschließlich durch Hexa, der Vergabevorschlag wurde für den preisgünstigsten Entwurf an die Firma Boland Payeh Co. erteilt. 1.3 Entwurf Der zur Ausführung gewählte Entwurf sieht eine dreifeldrige Schrägseilbrücke mit einer Hauptspannweite von 256 m und Seitenfeldern von jeweils 100 m vor. Die Pylone stehen in den sehr steilen Talflanken bei vollem Reservoir bis maxi- mal ca. 68 m im Wasser. Der Überbau ist monolithisch mit den Pylonen verbunden und an den Widerlagern längsverschieblich gelagert. Elastische Endanschläge begrenzen die Längsbewegungen im Erdbebenfall. Die Anordnung der Schräg- seile geschieht als halber Fächer, wobei der horizontale Abstand der Seilverankerungen am Überbau 12 m beträgt. Es kommen Litzenseile mit bis zu 29 Litzen mit einer Fläche von je 150 mm2 und einer Bruchfestigkeit von 1.860 MPa zum Einsatz. Zur Minimierung der Biege- spannungen in den Litzen sind an den Seilendpunkten Gummilagerungen vorgesehen. Die Seile wurden vom chine- sischen Anbieter OVM geliefert und vom französischen Anbieter Freyssinet eingebaut.


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2 Überbauquerschnitt © Boland Payhe Engineering

Der insgesamt 19,50 m breite offene Verbundüberbau nimmt drei Fahr- spuren mit je 3,50 m Breite und beidseitige Gehwege von 1,40 m Breite auf. Die Rohrleitungen für Gas und Rohöl sind jeweils außen auf den 2,60 m langen Kragarmen angeordnet. Für die Zukunft ist ebenfalls geplant, die Rohrleitungen entfallen zu lassen und den Fußgängerverkehr auf die Kragarme zu verlegen. Dies bietet die Möglichkeit, insgesamt vier Fahrspuren auf der Brücke anzuordnen; sie werden aus Sicherheitsgründen beleuchtet sein. Der Überbau ist mit einem Stahl analog einem S355J2+N ausgeführt worden, wobei sämtliche Baustellenstöße mit vorgespannten Schrauben der Güte 10.9 verschraubt sind. Die Fahrbahn besteht aus vorgefertigten Stahlbetonplatten mit Ortbetonfugenverguss. Zur Schubsicherung sind nicht die bei uns üblichen Kopfbolzendübel vorgesehen, sondern aufgeschweißte, ca. 30 cm lange C-Profile, bei denen sich die Betondruckstreben gegen die vergleichsweise langen Kehlnähte und die Kante des angeschweißten Flansches des C-Profils abstützen. Entsprechende Bemessungsregeln für diese Art der Schubsicherung sind in der US-amerikanischen Bemessungsnorm für den Brückenbau AASHTO enthalten. Der Überbau ist recht schmal im Vergleich zu seiner Spannweite und der Querschnitt zudem aerodynamisch nicht besonders günstig. Zur Abklärung einer ausreichenden aerodynamischen Stabilität bzw. der Vermeidung übermäßig großer wirbelerregter Schwingungen beauftragte die Baufirma das Büro Wacker Ingenieure mit Windkanaluntersuchungen: In einem Bericht wurden die der Bemessung zugrunde zu legenden Windlasten zusammengestellt, eine ausreichende aerodynamische Stabilität konnte experimentell nachgewiesen werden.

Die 147 m hohen Pylone sind jeweils auf zwei Caissons mit einem Durchmesser von 10 m und einer Höhe von 20 m ge- gründet, deren Wandstärke 1 m beträgt. Die Bodenplatte ist 3 m dick, und die Caissons sind über eine 5 m dicke Funda- mentplatte miteinander verbunden. Zur Verringerung des späteren Auftriebes im gefluteten Zustand wurden die Wände mit Öffnungen versehen und die Hohlräume mit wasserdurchlässigem Aushubmaterial verfüllt. Die unteren Pylonbeine werden im gefluteten Zustand ca. 68 m im Wasser stehen. Zur Vermeidung eines zu hohen Auftriebes infolge der hohlen Beine und auch zu großer Außendrücke auf die Pylonwände wurden ebenfalls Öffnungen in den Wänden angeordnet. Die Wasserfüllung ist für den Erdbebenfall als Zusatzmasse berücksichtigt. Auf Höhe des Überbaus gehen die vertikalen Beine in einen massiven Riegel über, der wegen der großen Querbiegemomente im Fall von Querwind bzw. quer gerichtetem Erdbeben stark vorgespannt ist. Oberhalb des Überbaus bilden die Pylonbeine ein A. Die Schrägseile sind in Stahltraversen verankert, welche wiederum an einen rechteckigen Stahlkasten verankert sind.

Dieser Stahlkasten liegt mit dem um- gebenden Beton des Pylonkopfes im Verbund und leitet so die aus den Seilen aufzunehmenden Vertikalkräfte in die Pylonbeine. Seitens des Ausführungsplaners wurden sämtliche Berichte und Berechnungen in Farsi, der iranischen Amtssprache, erstellt. Die Unterlagen wurden von Hexa in Auszügen ins Englische übersetzt und standen dann LAP für die Prüfung zur Verfügung, während alle Ausführungspläne in Englisch vorlagen. Für die Bemessung wurde die US-amerikanische Brückennorm AASHTO gewählt: Basierend auf ihr, hat LAP anhand der Pläne die Schnittgrößen unabhängig ermittelt und die Bemessung überprüft. Die seismischen Ersatzlasten auf die wassergefüllten und auch von Wasser umgebenen Pylone wurden nach EC 1998-2 Anhang F errechnet. Die Bemessung erfolgte auf der Annahme einer beschränkten Duktilität, da eine Reparatur geschädigter Bereiche lediglich nach der aufwendigen Entleerung des Wasserreservoirs durch- geführt werden könnte. Die Schichtung aus den mächtigen Sandsteinschichten Typ A7 und dem massiven Fels Typ A7 streicht stark in die Flanken ein, ein Resultat der großen seismischen Aktivität in der Gegend. Seitens des Bodengutachters wurden zunächst Felsproben entnommen und untersucht. Anschließend wurde die Gleitsicherheit für die steilen Talflanken im gefluteten Zustand unter Berücksichtigung einer schnellen Entleerung des Reservoirs (Porenüberdruck) mittels detaillierter FEM-Modelle nachgewiesen.

3 FEM-Modell des Bodens © Prof. Arsalan Ghahramani

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Dasselbe gilt für den Fall eines Erdbebens, hier allerdings ohne Berücksichtigung einer Schnellentleerung, wie sie zum Beispiel im Falle eines Bruches des Staudammes auftreten würde. Mittels des FEM-Modells wurden sowohl die bodenmechanischen Nachweise erbracht als auch die auf die Caissons wirkenden Schnittgrößen ermittelt und der Bemessung der Caissons zugrunde gelegt. Diese Berechnungen wurden vom Büro Smoltczyk & Partner unabhängig mit geeigneten Berechnungsmethoden bestätigt.

4 Verlegen der Fertigteilplatten im Seitenfeld © Leonhardt, Andrä und Partner GmbH

5 Beginn der Überbauerrichtung im Hauptfeld © Leonhardt, Andrä und Partner GmbH

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6 Geschlossene Brücke kurz vor der Vollendung © Ministry of Energy, Iran Water & Powers

1.4 Bauausführung Die Baustelle liegt in einem sehr steilen Tal, wodurch aufwendige Behelfsstraßen erforderlich wurden, über die der gesamte Materialtransport einschließ- lich der Stahlteile für den Überbau im Bereich des Hauptfeldes erfolgte. Die Stahlteile der Seitenfelder wurden auf Hilfsstützen jeweils von den Widerlagern aus eingeschoben und monolithisch mit den Pylonen verbunden, anschließend wurden die vor Ort gefertigten Stahlbetonplatten mittels Tieflader und Mobilkran in Vor-Kopf-Montage aufgebracht. Zur Erreichung eines schnelleren Bauablaufs legte die Baufirma die Platten zunächst lediglich nur auf, um sie dann direkt mit dem Kran zu befahren; der Verguss der Ortbetonfugen wurde erst im Nachgang vorgenommen. Die Stahlteile für das Hauptfeld wurden am Boden in der Nähe der Pylongründung zusammengeschraubt und mittels Schrägzugverfahren unterhalb des fertiggestellten Überbaukragarms nach vorne durchgeschwungen und mit Hilfe eines Derricks in die Endlage gehoben. Dieses Verfahren ist vom Bau großer Hängebrücken bekannt, für Schrägseilbrücken bisher aber nicht angewandt worden, da dort der Materialtransport üblicherweise über den bereits realisierten Überbau erfolgen kann. Im vorliegenden Fall war das wegen des fehlenden Verbundes der Fertigteil- platten mit den Stahlhauptträgern hingegen nicht möglich.

Der erste Pylon wurde mit einer Gleitschalung errichtet. In der exponierten Lage war eine kontinuierliche Anlieferung des Betons jedoch nicht immer gewährleistet, und so traten Mängel in der Betonoberfläche auf, die aufwendig saniert werden mussten. Der zweite Pylon wurde deshalb mittels einer Kletterschalung hergestellt. Der Aushub der Gründung in dem sehr steilen Gelände erfolgte über einen am Bagger montierten Presslufthammer: Mit Baufortschritt wurden die losen Gesteinsteile jeweils entfernt und die Grube mittels Spritzbeton gesichert. Die Brücke wurde nach rund 20 Monaten Bauzeit im Sommer 2011 fertiggestellt und offiziell mit vorübergehenden Ausfädelungen vor den Tunneln eröffnet. Wegen Verzögerungen bei den anschließenden Tunnelbauwerken kann die endgültige Strecke erst später dem Verkehr übergeben werden.


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7 Fertige Brücke mit Ausfädelung der Straße © Ministry of Energy, Iran Water & Powers

1.5 Bauüberwachung Bei der Bauüberwachung wurde Hexa durch einen Mitarbeiter von LAP mit vielfältiger, mehr als 25-jähriger Erfahrung unterstützt, der rund ein Jahr vor Ort war. Die Aufgabe im Rahmen der Bauüberwachung bestand hier hauptsächlich in der baubegleitenden Prüfung der Montageberechnung, des Montagehandbuches sowie der wöchentlichen unabhängigen Dokumentation des Baufortschrittes und auftretender Probleme. Auf Anfrage wurden zudem die wesentlichen Baubehelfe statischkonstruktiv überprüft und Verbes- serungen vorgeschlagen. Bauherr Ministry of Energy, Iran Water & Powers, Resources Development Co., Teheran, Iran Planung Boland Payeh Engineering, Teheran, Iran (verantwortlich) Prof. Arsalan Ghahramani, Teheran, Iran (Geotechnik) Prüfung Hexa Consulting Engineers, Teheran, Iran (verantwortlich) Leonhardt, Andrä und Partner, Beratende Ingenieure VBI, GmbH, Stuttgart (Hauptbrücke) Smoltczyk & Partner GmbH, Stuttgart (Geotechnik)

2 Ausbau des Sadr Expressway 2.1 Projekt und Lage Die Infrastruktur der 14-Millionen- Metropole Teheran wird täglich durch ein sehr hohes Verkehrsaufkommen beansprucht. Zusätzlich muss die Stadt täglich den Verkehr von ca. 3.000.000 Pendlern aufnehmen. Trotz erzielter Fortschritte beim Ausbau öffentlicher Verkehrsmittel, wie etwa des U-Bahn-Netzes, können diese bisher nur zu einem sehr geringen Anteil das Verkehrsaufkommen bewältigen. Die Bewohner sind deshalb auf das Auto oder Busse angewiesen, so dass der Verkehr praktisch alleine über das städtische Straßennetz abgewickelt wird, das dafür jedoch nicht ausgelegt ist und deshalb entsprechend ausgebaut und erweitert werden soll. Den Schwerpunkt bildet zurzeit der kreuzungsfreie Ausbau der Hauptverbindungsstraßen in und um Teheran. Als Beispiele hierfür sind im Nordwesten der Stadt die Autobahn nach Karaj mit der Errichtung der Karvansara-Sangi-Brücke

und innerstädtisch die Kreuzung von Jenah Highway und Seikh Fazlolah Nouri Highway mit zahlreichen Anschlussbauwerken genannt. Bei beiden Projekten werden alle Überbauten in FertigteilSegmentbauweise hergestellt. Die aus- führende Baufirma verfügt über entsprechend leistungsfähige Werke, die Transportwege sind nicht zu lang, und so ist diese Bauweise äußerst wirtschaftlich. Für die Montage der Fertigteile wird fast ausschließlich das Freivorbauverfahren verwendet.

Ausführung Boland Payeh Co., Teheran, Iran (Auftragnehmer) Liuzhou OVM Machinery Co. Ltd., Gungxi, China (Litzenseile) Freyssinet, Velizy, Frankreich (Seileinbau) Mageba SA, Bülach, Schweiz (Lager und Übergangskonstruktionen) Wacker Ingenieure, Birkenfeld (Windkanalversuche) dsp Ingenieure & Planer AG, Greifensee, Schweiz (Konstruktionsberatung) Nicolet Chartrant Knoll Inc., Montreal, Kanada (Konstruktionsberatung)

8 9 Karvansara-Sangi-Brücke und Mohamed-Ali-Jennah-Brücke im Bau © Leonhardt, Andrä und Partner GmbH

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10 Lage des Sadr Expressway © Karane be Karane Pars

Zu den meistbefahrenen innerstädtischen Straßen in Teheran zählt der Sadr Expressway, der den Imam Ali Highway im Osten mit dem Modarres Highway im Westen verbindet. Im Rahmen des Aus- baus des Straßennetzes soll er nun auf insgesamt zehn Spuren verbreitert werden, gegliedert in die Maßnahmen für den Anschluss an den Imam Ali Highway im Osten, in den kreuzungsfreien Anschluss mit der GheytariehStraße und der Kaveh-Straße und in die Maßnahmen für den Anschluss im Westen an den Modarres Highway; nach Letzte- rem wird er in einem Tunnel weitergeführt und mündet dann in das vor- handene Straßennetz ein. Die Bebauung reicht sehr dicht an die Straße heran, und nur in einzelnen Abschnitten wäre seine Verbreiterung überhaupt möglich gewesen. Für vier der insgesamt zehn Fahrspuren – in den Planungen geht man von einem Verkehrsaufkommen bis zu 19.000 Kfz/h aus – ist deshalb zwischen dem Modarres Highway und dem Imam Ali Highway eine 5,50 km lange Hochstraße geplant, die den Hauptbestandteil des Sadr-Expressway-Ausbaus bildet. Mit dem Ausbau des Sadr Expressway beauftragte die Stadt Teheran die Baufirma Shahid Rajaeii Special Group. Der Beauftragung liegt ein sogenannter EPCF-Vertrag zugrunde, das heißt, die Baufirma als Auftragnehmer muss neben der Ausführung auch die Finanzierung des Projektes sicherstellen. Die Stadt Teheran selber hat zudem keine Planung erstellt, sondern nur eine genaue Beschreibung der Aufgabe, welche die Bieter bei ihrer Angebotsbearbeitung zu berücksichtigen hatten. Die vertraglichen Vereinbarungen sehen deshalb vor, dass sämtliche erforderlichen Planungsleistungen durch den Auftragnehmer zu erbringen sind, was deren unabhängige

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Prüfung ebenfalls umfasst. Die Detailplanung hat die Baufirma an das Büro Karane be Karane Consulting Engineers Co. untervergeben sowie mit der unab- hängigen Prüfung der Planung und der örtlichen Bauüberwachung (Eigenüberwachung des Unternehmers) das Büro Hexa Engineering beauftragt. LAP berät Hexa bei der unabhängigen Prüfung der Hauptbrücke und unterstützt dieses Büro bei der Bauüberwachung. 2.2 Planungsbedingungen Die Planung der Hochstraße sieht je Fahrtrichtung zwei 3,50 m breite Fahrspuren vor; einschließlich Standstreifen, Notgehwege und erforderlicher Schutzeinrichtungen ergibt sich somit eine erforderliche Breite von 22,70 m. Der Ausbau hat unter Verkehr zu erfolgen. Nur in Zeiten mit geringeren Verkehrsaufkommen besteht die Möglichkeit, vorhandene Fahrspuren temporär einzu- schränken, unumgängliche Vollsperrungen sind lediglich für den Zeitraum von 24–6 Uhr erlaubt.

11 Entwurf der Hauptbrücke © Karane be Karane Pars

Für die Errichtung der Hochstraße steht deshalb uneingeschränkt nur ein ca. 7 m breiter Streifen zwischen den vorhandenen beiden Fahrtrichtungen zur Verfügung. Eine Verbreiterung des Baufeldes, zum Beispiel für die Herstellung von Fundamenten, wäre grundsätzlich tech- nisch möglich, ist aber entsprechend aufwendig. Aus wirtschaftlichen Gründen war daher bei allen Entwurfsüberlegungen die geringe Breite des Baufeldes zu beachten. Diese führt außerdem dazu, dass der ca. 22 m breite Überbau nach jeder Seite ca. 7,50 m hinausragt. Das bedeutet, dass er zu einem Großteil über fließendem Verkehr realisiert werden muss. Umfangreiche Sicherheitsüberlegungen sind also notwendig, um bei einem geplanten 24-h-Baubetrieb das Risiko für den untenlaufenden Verkehr so gering wie möglich zu halten. Die Hauptbrücke und die Rampen- bauwerke umfassen zusammen eine Brückenfläche von ca. 145.000 m², für den gesamten Ausbau des Sadr Expressway ist aber eine Bauzeit von lediglich 18 Monaten vorgesehen. Eine solch kurze Bauzeit kann nur eingehalten werden mit einer Fertigteillösung für die Herstellung des Überbaus, Fertigungs- und Transportkapazitäten müssen dementsprechend ausgelegt werden. Mit der Realisierung dieses Projekts wird es zu einer noch stärkeren Verlärmung der angrenzenden Gebiete kommen. Erste von uns durchgeführte Berechnungen lassen erkennen, dass ohne zusätzliche Lärmschutzmaßnahmen die Belastung um ca. 50 % ansteigen wird. Dabei ist vor allem in den unteren Stock- werken der umliegenden Bebauung von einem starken Lärmzuwachs auszugehen,


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12 Längsansicht © Leonhardt, Andrä und Partner GmbH

hervorgerufen durch die Überdeckung der ebenerdigen Fahrspuren mit der Hochstraße. Lärmschutzmaßnahmen sind daher geplant, wobei es eine Auf- gabe sein wird, städtebaulich akzeptable Lösungen zu finden, die noch in die laufende Planung und die gleichzeitig beginnende Fertigung integriert werden können. 2.3 Entwurf der Hauptbrücke 2.3.1 Allgemeines Die Tragsicherheits- und Gebrauchstauglichkeitsnachweise sind hier grundsätzlich auf Basis der Iranischen Vorschriften zu führen. Für die bemessungsrelevanten Erdbebennachweise hat der verantwortliche Planer Karane be Karane Consulting Engineers Co. jedoch EN 1998-2:2005 (EC 8) gewählt, da sich die darin enthaltenen Definitionen für Antwortspektren sowie die Bemessungsregeln für Brücken mit seismischer Isolation nach seiner Auffassung besser für dieses Projekt eignen als entsprechende Regelungen in der Iranischen Erdbebennorm Code 463 oder in den US-amerikanischen Vorschriften AASHTO. Für unsere eigenen Berechnungen, die wir im Rahmen unserer Tätigkeit anzustellen hatten, konnten wir in Abstimmung mit den Verantwortlichen in Teheran die DIN-Fachberichte verwenden.

2.3.2 Statisches System Das statische Gesamtsystem der Haupt- brücke lässt sich als Einfeldträgerkette beschreiben. Die Einfeldträger werden auf bewehrten Elastomerlagern gelagert, so dass die Überbauten von seismischen Einwirkungen teilweise isoliert sind, was die Beanspruchungen für die Unter- bauten reduziert. Um die Anzahl der Fugen zu verringern, werden fünf Felder mit sogenannten Federplatten miteinander verbunden. In den Fugen zwischen diesen Abschnitten sind handelsübliche Fahrbahnübergangskonstruktionen vorgesehen.

Für die Hochstraße ist eine Regelstützweite von 44 m geplant. Umgesetzt wird sie mit zwei Fertigteilen an den Enden der Träger mit Längen von jeweils 2,50 m (einschließlich des Abstandes zu den Pfeilerachsen) und 13 Fertigteilen mit einer Länge von jeweils 3,00 m. Spannweiten von 41 m bzw. 47 m und 50 m sind möglich durch Weglassen eines Segmentes oder durch Hinzufügen von bis zu zwei Segmenten. Das Stützenraster kann somit an vorhandene Hindernisse angepasst werden, wie beispielsweise Unterführungen unter dem Sadr Expressway. 2.3.3 Überbau Der Überbauquerschnitt wird aus zwei Hohlkästen gebildet, die in der Mitte durch einen ca. 0,60 m breiten Ortbetonstreifen miteinander verbunden werden. Dadurch ergibt sich für die Fahrbahnplatte eine Gesamtbreite von ca. 22,00 m. Die Bauhöhe der Hohlkästen ist 2,50 m, die Breite der Bodenplatte 4,00 m. Der Überbau wird mit externen, 19-litzigen Spanngliedern vorgespannt, für die Verankerungen in den Endquerträgern vorgesehen sind: Mit drei Umlenkstellen im Feld wird eine dem Verlauf der äuße- ren Momente angenäherte Spannglied-

13 Regelquerschnitt © Leonhardt, Andrä und Partner GmbH

geometrie erzeugt. Für Spannweiten ≤ 44 m kommen die Fertigteile in einer Betonfestigkeit anlog einem B 40 zur Ausführung, bei größeren Spannweiten wird durch die Wahl einer höheren Betonfestigkeitsklasse (bis B 50) den starken Beanspruchungen Rechnung getragen. Für alle Spannweiten können die Abmessungen der Fertigteile somit konstant bleiben, ein Umrüsten der Schalung ist nicht erforderlich. Die Überbauten der Rampenbauwerke werden für jede Richtungsfahrbahn als unabhängiger Spannbetonhohlkasten mit den gleichen Abmessungen wie bei der Hauptbrücke realisiert; geringe Anpassungen der Schalung sind nur bei abweichenden Fahrbahnplattenbreiten notwendig.

14 Externe Vorspannung © Karane be Karane Pars

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2.3.4 Pfeiler Es sind T-förmige Pfeiler geplant, die in der Regel eine Höhe von ca. 8 m haben. Da die Hochstraße an mehreren Stellen vorhandene Überführungsbauwerke überquert, sind auch Pfeiler mit einer Höhe von maximal ca. 14 m erforderlich. Die maximalen äußeren Abmessungen des massiven Querschnittes betragen 3,00 m x 3,20 m. Bei den Pfeilern der Hauptbrücke wie bei jenen der Rampen werden zudem tiefe, vertikale Nuten in der Mitte der Seitenflächen als gestalterisches Element gewählt. Der Quertriegel kragt zu beiden Seiten ca. 6,50 m aus, damit die beiden Haupt- träger des Überbaus darauf aufgelagert werden können. Das Lichtraumprofil reicht praktisch bis an die Pfeilerschäfte heran und ist mit einer Höhe von 5,60 m vorgegeben. Für den Querriegel des Pfeilers ergibt sich daher am Anschnitt nur eine Bauhöhe von 2,50 m, wobei sich aber das kuppenförmige Element zwischen den beiden Hohlkästen auf die statische Nutzhöhe mit anrechnen lässt. Die Tiefe des Queriegels beträgt 4,90 m und wird zum einen durch die einzuhaltenden Überstände für die Überbauten, die Abmessungen der Elastomerlager und den erforderlichen Spalt zwischen den ankommenden Überbauten bestimmt, zum anderen durch die Anzahl der Spannglieder in den Querriegeln.

15 Errichtung im Freivorbau © Karane be Karane Pars

Bei der Planung der Pfeiler sind vor allem nichtsymmetrische Einwirkungen zu beachten, die sich bei der Montage des Überbaus und später aus ungleichen Verkehrslasten ergeben. 2.3.5 Gründungen Alle Pfeiler der Hauptbrücke werden auf acht Großbohrpfählen gegründet. Auf- grund der Breite des Baufeldes können die Pfahlkopfplatten maximal nur 6,40 m breit sein, in Querrichtung werden deshalb zwei und in Längsrichtung vier Pfähle im Abstand von 3,00 m angeordnet. Sind höhere Lasten in den Baugrund einzuleiten, wird ihr Längsabstand auf 3,75 m vergrößert und die Dicke der Pfahlkopfplatten in solchen Fällen von 2,00 m auf 2,30 m erhöht. Je nach Baugrundverhältnissen werden Pfähle mit d = 1,20 m oder d = 1,50 m und Längen bis ca. 35 m hergestellt: Der größere Durchmesser wird dann ausgeführt, wenn im oberen Bereich der Pfähle nur sehr geringe Bettungswerte angesetzt werden können und hohe Biegemomente aus Erdbebeneinwirkungen von den Pfählen aufgenommen werden müssen.

2.4 Bauablauf und -ausführung Die Überbauten der Rampenbauwerke und der Hauptbrücke werden mit Fertigteilen hergestellt. Das Versetzen der Fertigteile für die Rampenbauwerke erfolgt durch eine Kranmontage, die Fertigteile werden dabei von jedem Pfeiler aus an das Pfeilerkopfelement symmetrisch angeschlossen. Spannglieder im Verbund werden zwischen jeweils gegenüberliegenden Segmenten eingebaut und vorgespannt; die Fugen zwischen den Fertigteilen werden mit einem Kunstharzmörtel verklebt. Bei diesem Verfahren lässt sich von jedem Pfeiler aus pro Woche zweimal eine halbe Spannweite realisieren. Die Schlusslücke in Feldmitte ist in Ortbeton auszuführen, und erst danach können die durchlaufenden Spannglieder in die Bodenplatte eingezogen und gespannt werden, so dass für die Errichtung eines Feldes auf jeden Fall mehr als eine Woche zu veranschlagen ist.

17 Herstellung der Pfähle © Leonhardt, Andrä und Partner GmbH

16 Baustelle zwischen zwei Fahrspuren © Leonhardt, Andrä und Partner GmbH

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Bei der Hauptbrücke sorgt die vorgesehene feldweise Errichtung für eine sehr viel kürzere Bauzeit. Eine obenlaufende Vorschubrüstung überbrückt dabei das herzustellende Feld, wobei sich die Rüstung auf der einen Seite auf dem zuletzt realisierten Endquerträger und auf der anderen Seite auf dem oberen Riegel des Pfeilers abstützt. Die Segmente eines Feldes werden an der Vorschubrüstung aufgehängt und temporär zusammengespannt, danach werden die externen Spannglieder eingezogen, der Träger vorgespannt und anschließend auf die vorbereiteten Elastomerlager abgesetzt. Bei diesem Verfahren muss also die obenlaufende Vorschubrüstung so ausgelegt sein, dass sie das Gesamtgewicht eines Feldes aufnehmen kann. Bei den Planungen für die Hauptbrücke rechnet man für das Einhängen der Segmente eines Feldes samt nachfolgendem Vorspannen mit rund zwei Tagen. Bei der konzipierten feldweisen Herstellung sind keine auf dem kritischen Weg liegenden Ortbetonarbeiten erforderlich, außerdem lassen sich mit einer externen Vorspannung die Fugen zwischen den Fertigteilen »trocken« und damit zeit- sparend ausführen. Im Vergleich zum Freivorbau ist die feldweise Herstellung mit einer obenlaufenden Rüstung um das ca. 2,50fache schneller, was letztendlich den Ausschlag für das Bauverfahren gab. Um den Überbau der Hauptbrücke in dem vorgesehenen Zeitraum von etwa sieben Monaten realisieren zu können, ist von jeder Seite aus mit jeweils zwei Vorschubrüstungen zu arbeiten. Zur Begrenzung der exzentrischen Belastung der Pfeiler während der Überbauerrichtung muss das Versetzen der Fertigteile für die beiden Längsträger eines Feldes weitestgehend parallel erfolgen. Die Überbausegmente der Rampen werden in einem schon existierenden Fertigteilwerk hergestellt, für die der Hauptbrücke wird hingegen ein neues Werk eingerichtet, das mit 44 Schalungseinheiten für eine Tageskapazität von ca. 22 Fertigteilen ausgelegt ist; die Vorbereitungen hierfür laufen. Der Transport der Fertigteile zur Baustelle wird in der Zeit von 1.00 Uhr nachts bis 6.00 Uhr morgens erfolgen, da in dieser Zeit der Sadr Expressway benutzt und so der Einbauort ohne Umwege angefahren werden kann. Nach Fertigstellung der östlichen und westlichen Rampenbauwerke ist der Antransport der Fertigteile auch über die bereits realisierten Überbauabschnitte möglich.

Die Querriegel der Pfeiler werden ebenfalls mit Fertigteilen hergestellt: Nach dem Ausbetonieren des Kopf- elements werden nach jeder Seite drei ca. 2 m lange massive Fertigteile im Freivorbau montiert und mit Einzelspanngliedern temporär befestigt. Anschließend erfolgen das Einziehen der Litzen und das Vorspannen des Querriegels. Im Moment ist die Herstellung der Pfähle noch in vollem Gange. Im Bereich der Rampen und in einzelnen Abschnitten der Hauptbrücke sind schon Pfahlkopfplatten angeordnet worden, teilweise wurde bereits mit dem Betonieren der Pfeiler begonnen. Das schmale Baufeld für die Hauptbrücke führt dazu, dass man zwischen zwei Zufahrten die Pfähle zunächst nur auf einer Seite herstellt, so dass der daneben verbleibende Platz als Lagerfläche oder Baustraße genutzt werden kann. Lediglich ca. 30 % der Pfähle werden unter Einsatz moderner Bohrgeräte eingebracht, der größte Teil wird hingegen von Hand ausgehoben. Es gibt hierbei keine Sicherung der Bohr- löcher, zum Beispiel mit Spritzbeton. Grund für den manuellen Aushub sind die noch nicht verlegten, frei verlaufenden Hochspannungsleitungen im Mittelstreifen des Sadr Expressway. Autoren: Dipl.-Ing. Holger Haug Dipl.-Ing. Peter Walser Dipl.-Ing. Kornelius Krieger Leonhardt, Andrä und Partner, Beratende Ingenieure VBI, GmbH, Stuttgart

Bauherr Technical and Civil Department, Stadt Teheran, Iran Auftragsverwaltung Engineering and Civil Organization, Stadt Teheran, Iran Technical and Consulting Organization, Stadt Teheran, Iran Planung Karane be Karane Pars, Consulting Engineers, Teheran, Iran Prüfung Hexa Consulting Engineers, Teheran, Iran Leonhardt, Andrä und Partner, Beratende Ingenieure VBI, GmbH, Stuttgart Ausführung (EPCF-Contractor) Gh-E-Khatan Shahid Rajaeii Special Group, Teheran, Iran

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1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU Autobahnbau in der Stadt: die Bauwerke

Verbreiterung der Autobahn A 7 in Hamburg von Karl-Heinz Reintjes

Der hier betrachtete Abschnitt der Bundesautobahn A 7 zwischen der Landesgrenze von SchleswigHolstein und Hamburg und dem Elbtunnel zählt bundesweit zu den Autobahnstrecken mit den höchsten Verkehrsbelastungen (bis 152.000 Kfz/d in 2009). Die Kapazität der vorhandenen Querschnitte ist weit überschritten, was sich in täglichen Staus und hohen Unfallzahlen ausdrückt. Die weitere Erhöhung des Verkehrs ist prognostiziert, die Verbreiterung der Autobahn wird daher zwingend notwendig. Die Planung sieht zusätzliche zwei Fahrstreifen vor, im zentralen Bereich mit der größten Verkehrsstärke sogar zusätzliche vier. Damit ergibt sich hier ein Querschnitt von zehn Fahrstreifen. Die Verbreiterung der A 7 in Hamburg ist eine Infrastrukturmaßnahme in der Stadt von neuer Größenordnung. Die Aufgabenstellung ist, für größte Verkehrsbelastungen auf der Autobahn in engstem urbanem Umfeld Lösungen zu finden, die den Verkehrsteilnehmer der Autobahn, jenen auf den anbindenden Stadtstraßen, die Bürgerschaft der benachbarten Stadtkerne und der gesamten Stadt überzeugen.

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1 Übersicht der Planungsabschnitte © DEGES GmbH

1 Autobahn im urbanen Umfeld Zwischen 1967 und 1974 wurde in Ham- burg die Bundesautobahn (BAB) A 7 gebaut, seinerzeit mit zwei Fahrstreifen je Richtung in den Regelbereichen. In kurzer Zeit steigerte sich der Verkehr, und die A 7 entwickelte sich für den NordSüd-Verkehr im Norden Deutschlands zur wichtigsten Verkehrsachse, und sie wurde unverzichtbar für die Abwicklung der internationalen, der regionalen, aber auch der städtischen Verkehrsströme in Hamburg. Die in der großen Ära des Autobahnbaus realisierten Trassen hatten als erstes Ziel die Funktionalität des Straßenverkehrs im Blickpunkt. Konkurrierende Gesichtspunkte, wie die Lebensqualität von Anliegern, die Beibehaltung von städti- schen und wirtschaftlichen Beziehungsgeflechten oder die Wachstumsförderung eines kohärenten Stadtgefüges wurden seinerzeit nicht mit der erforderlichen Schärfe wahrgenommen. Der Ausbau der BAB A 7 bietet Gelegenheit, die in den 1970er Jahren entstandene Zäsur, wenn nicht vollständig aufzuheben, dann doch wesentlich zu mildern und die Belastung der benachbarten Bürger- schaft nachhaltig zu verringern. Die hier dargestellte, schon weitgehend

von allen Seiten für gut geheißene und verfestigte Planung wird treffend durch die Stichworte »Die Autobahn macht Platz« oder auch »Gut bedacht« charakterisiert. Gegenstand des Ausbaus ist der Abschnitt der A 7 von der Landesgrenze Schleswig-Holstein bis zur Anschlussstelle Othmarschen vor dem Elbtunnel. Dieser Streckenabschnitt hat eine Länge von 11,60 km und beinhaltet das Auto- bahndreieck Hamburg-Nordwest sowie sechs Anschlussstellen. Es werden die städtischen Kernbereiche Schnelsen, Stellingen und Bahrenfeld/Othmarschen durchquert. Der Trassenverlauf der A 7 durch die engbebauten Stadtteile hat mit der steigenden Verkehrsbelastung zu einer starken Verlärmung der gequerten und zerschnittenen Quartiere geführt. Die Gesetzgebung und die begleitenden Verordnungen zum Immissionsschutz geben bei einem Autobahnausbau vor, dass enge Grenzwerte einzuhalten sind. Dies bedingt bei der vorliegenden Situation, dass umfangreiche Lärmschutzmaßnahmen erforderlich werden, die als Bauwerke dann für Autobahn und Stadt größte Bedeutung haben.


12. SYMPOSIUM BRÜCKENBAU 2 Interdisziplinäre Aufgabenstellungen und gesamtheitliche Lösungen Kapazität und Autobahnquerschnitt, Schallschutz und Umweltschutz, die erforderlich werdenden umfangreichen Bauwerke, die verkehrlichen und betrieblichen Maßnahmen sowie die städtebaulichen Konsequenzen müssen im Zusammenhang gesehen werden, Lösungen müssen in dem Spannungsfeld der Anforderungen Bestand haben. Interdisziplinäre, frühe und enge Zusammenarbeit der Fachkräfte ist unabdingbar, und von vornherein ist davon auszugehen, dass erst iterative Arbeitsschleifen zum besten Resultat führen. Die Untersuchungen zum Autobahnquerschnitt waren in der ersten Planungsphase zu realisieren. Für die vorhandene Situation der Verkehrszahlen und der engen Folge der Anschlussstellen beinhaltet das vorhandene Regelwerk allerdings keine Grundlage. Es wurden Mikrosimulationen, das heißt die rechnerische Verfolgung der einzelnen Fahrzeuge bei der Fahrt zwischen den Anschlussstellen mit den auftretenden Verflechtungen, durchgeführt. Ergebnis war schließlich die erforderliche Fahr- streifenanzahl für das Erreichen der nötigen Verkehrsqualität. Die Untersuchung der erforderlichen und zweckmäßigen Lärmschutzmaßnahmen war ein weiterer Schwerpunkt in den frühen Planungsphasen. Hierzu waren umfassende und differenzierte Schallberechnungen zu der Ausgangsbelastung und der Wirkung verschiedener Alternativen zu erstellen. Als wesentlicher Bestandteil der Untersuchung waren die Bau- und Folgekosten für die Schall- schutzbauwerke in verschiedenster Ausführungsart zu ermitteln. Das Bundes- immissionsschutzgesetz mit den beglei- tenden Verordnungen weist explizite Vorgaben zur Einhaltung von Grenzwerten auf und gibt ebenfalls vor, dass der Aufwand für die Schutzmaßnahmen in angemessenem Verhältnis zum Erfolg stehen muss. Dies ist eine Aufgabenstellung, die für jede Situation unterschiedlich bearbeitet und beantwortet werden muss. Es wurde daher eine Methode entwickelt, die für den jewei- ligen einzelnen Abschnitt unter den vielen möglichen Lösungen das Finden der zweckmäßigen erleichtert und nachvollziehbar abbildet. Dies geschah, indem die Effektivität (Nutzen = unterschiedlich große Summe der Grenzwertüberschreitungen) und die Effizienz (Kosten/Nutzen) einzelner Lösungen in Relation zueinander gesetzt wurden.

2 Ergebnisse der Mikrosimulation © DEGES GmbH

Ergebnis war die Festlegung, auf bestimmten Strecken Deckelbauwerke vorzusehen, auf anderen Strecken mit Lärmschutzwänden zu planen. In den Fällen, in denen sich aufgrund der Immissionsschutzuntersuchung sehr hohe Lärmschutzwände oder Deckelbauwerke als erforderlich ergeben, ist in aller Regel auch eine städtebauliche Problematik vorhanden. Oft werden Stadtteile zerschnitten, der soziale und wirtschaftliche Austausch unterbunden oder erschwert und das Beziehungsgeflecht eines natürlich wachsenden

Stadtgebildes eingeschränkt. Solchen negativen Einwirkungen auf das Stadt- gefüge kann durch Schallschutzwände allein weniger entgegengewirkt werden, aber durch die Anordnung geschlossener Deckelflächen und die Nutzung jener Flächen für die Zwecke der Stadtentwicklung lassen sich Beeinträchtigungen aus dem Autobahnverkehr weitgehend vermeiden. Geeignete Nutzungen der Deckelflächen sind unter anderem Park- oder Gartenanlagen, Fuß- und Radwegverbindungen.

3 Effektivität und Effizienz von Lärmschutzwänden © DEGES GmbH

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Die BAB A 7 quert auf der Länge der 11,60 km unterschiedliche topographische Situationen und verschieden strukturierte Stadtlandschaften. Die Randbedingungen und Ansprüche variieren dementsprechend ebenfalls, und die Ausführungslösungen spiegeln dies wider. Bestandteile der Planung sind Lärmschutzwände unterschiedlicher Höhe und Bauweise, Einhausungen einer Fahrtrichtung und Deckelbauwerke zur Überbrückung des gesamten Autobahnquerschnitts. In Schnelsen ist ein Tunnel von 560 m Länge geplant, in Stellingen einer von 980 m und in Bahrenfeld-Othmarschen einer von 1.980 m. Für die Lärmschutzwände wurde eine Alternative gewählt, die lärmschutztechnisch effizient ist und die städtebauliche Akzeptanz nicht vernachlässigt: In Bereichen höchster Schallschutzanforderungen werden auskragende Seitenwände und eine Mittelwand mit einer Höhe von 9,00 m errichtet. Außerdem werden größere Streckenlängen mit einer Straßendecke aus offenporigem und damit besonders schallschluckendem Asphalt vorgesehen. 3 Innovativer Ingenieurbau 3.1 Neue Aufgabenstellungen Infolge der großen Autobahnquerschnitte und anderer Besonderheiten stellen sich auch beim Entwurf der Bauwerke Auf- gabenstellungen, die der Entwicklung innovativer Lösungen bedürfen.

Länge: 960 m; Breite: 49 m; Spannbetondecke; Tiefgründung; Tunnelüberdeckung: 1,20 m; Abstand der Notausgänge: 60 m

4 Tunnelquerschnitt Stellingen © DEGES GmbH

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3.2 Tunnelbauwerke Die Tunnel werden aufgrund ihrer oberflächennahen Lage als Rahmen mit flachen Decken ausgeführt, auf den Decken wird eine ca. 1,20 m hohe Erdüberschüttung angeordnet. Aus dem breiten Autobahnquerschnitt in dem Abschnitt Stellingen resultieren Spannweiten von 25 m und mehr, weshalb für die Rahmendecke eine vorgespannte Konstruktion vorgesehen ist. Der Brandschutz ist für Tunnel im Bau- wie im Endzustand ein wesent- liches Thema. Als Folge des großen Querschnitts, der großen Belastung und, damit ver- bunden, der vorgespannten Konstruktion ergeben sich besondere Randbedingungen, die von den bisher realisierten Tunneln und dem dafür geltenden Regelwerk abweichen. Es sind zusätzliche statische Nachweise durchzu- führen und neuartige Bauweisen für den konstruktiven Brandschutz in Betracht zu ziehen. Die Ausstattung der Tunnel mit Beleuchtung, Belüftung und Sicherheitstechnik ist ein umfangreiches Aufgabengebiet. Hier werden neue Lösungswege in Richtung Energieeffizienz und Wartungsfreundlichkeit verfolgt. Außerdem wird für die in Zukunft bestehende Anzahl von vier benachbarten Tunneln eine neue Tunnelleitzentrale vorgesehen, die betriebliche Vorteile besitzt.

3.3 Lärmschutzwände Die örtliche Situation des Geländes, die Höhe und Nähe der benachbarten Bebauung und auch die Geometrie der Autobahn sind maßgebend für die Obergrenze einer städtebaulich noch verträglichen Wandhöhe. Zu beachten ist zudem, dass bei deren Vergrößerung über ein lärmschutztechnisch optimales Maß hinaus die Wirksamkeit der Wand nachlässt. Als Basislösung wurden über der Auto- bahn einkragende Wände verfolgt. Als Höhe des vertikalen Wandabschnitts wurden 7,50 m vorgesehen, und bei einer Kragweite von 4,00 m wurden als maximale Höhe des Dachrands 9,00 m festgelegt. Damit wird ein städtebaulich akzeptables Maß eingehalten und gleichzeitig die Anordnung der Autobahnbeschilderung nicht behindert. Die Variante der einkragenden Wände wurde bereits in anderen Fällen gewählt, allerdings ist der umfangreiche Einsatz als Rand- und Mittelwand neuartig für den Autobahnbau, verbunden mit verschiedenen neu zu lösenden funktionalen und konstruktiven Aufgaben- stellungen; unter anderem wird ein umfangreiches Konzept zur Anprallsicherheit realisiert.


12. SYMPOSIUM BRÜCKENBAU

www.jakob.ch 3.4 Kuppelbauwerke Aus Schallschutzgründen werden über bestimmten Rampen der Anschlussstellen Kuppeln ausgebildet, die in einer transparenten Bauweise vorgesehen sind. Hier wird ein neuartiges Konzept verfolgt, das eine effektive Berücksichtigung der Brandschutzanforderungen ermöglicht. 3.5 Brückenbauwerke Eine größere Anzahl der bestehenden Brücken muss durch einen Neubau ersetzt werden. Dabei ist in bestimmten Fällen der Rückbau der vorhandenen Brücke mit größeren technischen Problemen als der Neubau verbunden. Die vorhandene Unterführung Oldesloer Straße muss aufgrund geometrischer Randbedingungen neu errichtet werden. Die Brücke ist ein Zweifeldbauwerk und wurde seinerzeit mit einem einteiligen, längs und quer vorgespannten Überbau realisiert. Da der Ausbau der Autobahn in zwei Schritten, jeweils halbseitig, unter laufendem Verkehr erfolgt, stellt der Abbruch des einteiligen Überbaus eine besondere Aufgabe dar. Als geeignete Lösung wird verfolgt, dass vor dem Rückbau der ersten Überbauhälfte die Querspannglieder eine Zwischenverankerung über eine Plombe aus hochfestem Stahlfaserbeton erhalten. Die vorhandene Langenfelder Brücke überquert in Stellingen einen Bahnhof sowie ICE- und S-BahnGleise. Sie muss neu errichtet werden, da der verbreiterte Autobahnquerschnitt von dem bestehenden Tragwerk nicht aufgenommen werden kann. Ihr Neubau – vorgesehen ist eine im Einschubverfahren hergestellte Verbundbrücke – begegnet keinen größeren Schwierigkeiten. Der Rückbau der bestehenden Brücke ist allerdings mit größeren Problemen behaftet. Seinerzeit als Spannbetonkasten auf Traggerüst hergestellt, würde ein Rückbau mit konventionellen Abbruchmethoden zu nicht vertretbaren Sperrzeiten des Bahnverkehrs führen. Als geeignete Lösung wird daher verfolgt, den über den Durchfahrtsgleisen gelegenen Brückenteil auf Hilfsstützen aus dem Bahnfeld zu schieben, wofür aber der Überbau zu verstärken ist.

Brückensicherheit: Edelstahl-Auffangnetze DIBt-Zulassung Nr. Z-14.7-557

4 Das Stadtbild 4.1 Treffen von Ingenieurbau und Architektur Die Ausbaustrecke von 11,60 km Länge durchquert das westliche Stadtgebiet von Hamburg, und auf fast ganzer Länge findet sich nahe liegende Bebauung; in den drei zuvor beschriebenen Abschnitten werden auch städtische Kerngebiete gequert. Die Maßnahme der teilweisen Abdeckung der Autobahn mit der Nutzung der Oberflächen ist für die Stadtentwicklung von größter Bedeutung. Darüber hinaus muss allerdings den nicht in Tunneln liegenden Bereichen der Autobahn genauso Augen- merk geschenkt werden. Diese Bereiche, die durch die hohen und langen Schallschutzwände geprägt werden, sind von den anliegenden Bebauungen und den querenden Stadtstraßen einsehbar. Die Gestaltung solcher einsehbaren Bereiche ist für das Stadtbild, die Akzeptanz durch die Bürger und für das Wohlfühlen in der Stadt wesentlich.

Jakob GmbH, 73760 Ostfildern Tel. 0711 45 99 98 60 www.jakob-inoxline.de 1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU

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1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU

Der Blickwinkel der Fahrer auf der Autobahn ist ebenfalls nicht zu vernachlässigen. Für sie gehört die Innenansicht der Autobahn zum Stadtbild, und auch dem sporadischen Besucher von Ham- burg wie dem Transitverkehr sollten städtebauliche Erkennungsmerkmale und ansprechend gestaltete Ansichten geboten werden. Die Ausbildung von Streckenabschnitten nach gestalterischen Aspekten ist im deutschen Autobahnbau fast gebräuchliche Verfahrensweise. Üblicherweise wird eine für den jeweiligen Streckenabschnitt einheitliche Gestaltungsidee entwickelt, die zum einen zwischen den Polen einer leicht begreifbaren Charakterisierung und der Notwendigkeit der Abwechslung ein Gleichgewicht finden muss, zum anderen aber mit dem benachbarten Stadt- oder Landschaftsbild korrespondiert: Der gestalterischen Bearbeitung werden die wesentlichen visuell wahr- nehmbaren Objekte unterworfen. In diesem Fall sind das vorrangig die Schallschutzwände und die Portale der Tunnel. Andere Bauwerke, wie die Über- und Unterführungen, die Verkehrs- zeichenbrücken, die Streckenbeleuchtung, sind ebenfalls in den Gestaltungs- kanon aufzunehmen.

5 Konzept für Lärmschutzwände © DEGES GmbH

4.2 Schallschutzwände Die außergewöhnlichen Abmessungen der Wände in Länge und Höhe bedürfen einer differenzierten Strukturierung. Verfolgt wurde das Konzept einer ausgeprägten räumlichen Gliederung sowohl in der Vertikalen als auch in der Horizontalen.

Im Grundriss wird eine fließende Linien- führung angestrebt. Hierzu werden Lageänderungen der Wände, falls sie nicht vermieden werden können, auf größerer Länge verzogen, Höhenänderungen ausgeglichen und Einbauten ohne Vor- und Rücksprünge ausgebildet. 4.3 Tunnelportale Die Tunnelportale eignen sich dafür, im Verlauf des Streckenabschnittes eine gezielte Akzentuierung dort vorzu- nehmen, wo die Autobahn ein Stadtkerngebiet durchquert. Hierfür wird im Portalbereich eine Querscheibe mit Bogenform ausgebildet, die in eine geschlossene und eine transparente Fläche gegliedert ist. Autor: Dipl.-Ing. Karl-Heinz Reintjes DEGES Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH, Berlin

Bauherr Bundesrepublik Deutschland

6 Konzept für Tunnelportale © DEGES GmbH

Auftragsverwaltung Freie Hansestadt Hamburg, Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation Projektdurchführung DEGES Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH, Berlin

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12. SYMPOSIUM BRÜCKENBAU

Zum zweiten Mal lobt die VERLAGSGRUPPE WIEDERSPAHN mit MixedMedia Konzepts einen Ideenwettbewerb aus.

Lärmschutzwände sind diesmal das große Thema. Ingenieure, Architekten, Planer, Studierende und ausführende Unternehmen sind aufgerufen, zukunftsweisende Ideen und Konzepte für Lärmschutzwände zu entwickeln und einzureichen, die höchste Ansprüche erfüllen – in puncto Ästhetik, Technik, Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit. Im Rahmen unserer Zeitschriften und Symposien engagieren wir uns seit Jahren für mehr Baukultur bei Ingenieurbauwerken – und dazu gehören selbstverständlich auch Lärmschutzwände an Bahnanlagen, Autobahnen, Schnell- und Stadtstraßen. Mit unserem Ideenwettbewerb wollen wir daher zur (weiteren) Qualitätsverbesserung im Infrastrukturbereich beitragen. Eine unabhängige und hochkarätig besetzte Fachjury wird alle eingesandten Entwürfe beurteilen. Die Ausschreibungsunterlagen stehen ab dem 15. April 2012 im Internet unter www.mixedmedia-konzepts.de zum Download zur Verfügung.

Biebricher Allee 11 b | 65187 Wiesbaden | Tel.: 0611/98 12 920 | Fax: 0611/80 12 52 | kontakt@verlagsgruppewiederspahn.de | www.verlagsgruppewiederspahn.de | www.mixedmedia-konzepts.de

VERLAGSGRUPPE W I E D E R Smit MixedMedia P A Konzepts HN 1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU

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1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU Maßnahme im Rahmen der Autobahnerweiterung in Hamburg

Abbruch und Neubau der Langenfelder Brücke von Karl-Heinz Reintjes, Gregor Gebert

Die Bundesautobahn A 7 quert zwischen den Anschlussstellen Hamburg-Stellingen und -Volkspark mit der Langenfelder Brücke das Gelände des Betriebsbahnhofs Langenfelde und zahlreiche Gleise der Fern- und S-Bahn sowie Stadtstraßen und Wege. Das vorhandene Bauwerk kann die im Zuge der Erweiterung der A 7 geplanten Verkehrsbreiten nicht aufnehmen. Voruntersuchungen ergaben zudem, dass sowohl die Überbauten als auch die Pfeiler nicht in der Lage sind, die zusätzlichen Belastungen aus der erforderlichen Verbreiterung und den vorzusehenden 7,50 m hohen Lärmschutzwänden abzutragen. Das vorhandene Bauwerk wird daher rückgebaut und durch einen Neubau ersetzt. 1 Umfeld der Baumaßnahme Die Autobahntrasse liegt am Bauwerksbeginn in einer Klothoide und geht dann in einen konstanten Radius von 600 m über, das Quergefälle steigt entsprechend auf bis zu 5 % an. Für die achtstreifige Erweiterung der Bundesautobahn (BAB) A 7 wird gemäß den »Richtlinien für die Anlage von Autobahnen« (RAA) ein RQ 43,5 B mit einem zusätzlichen Fahr- streifen je Richtungsfahrbahn vorgesehen. Unter dem Bauwerk bzw. im Umfeld befinden sich umfangreiche Anlagen der Deutschen Bahn, der S-Bahn mit der Station Hamburg-Stellingen und des Betriebsbahnhofs Langenfelde. Die S-Bahn-Station ist mit einem Fußgängertunnel an den südwestlich der Brücke gelegenen Busbahnhof angebunden, der sowohl die Bahnanlagen als auch das Brückenbauwerk kreuzt. Die S-Bahn- Station wie der Busbahnhof sind zudem Hauptumsteigepunkte des öffentlichen Nahverkehrs für die Erschließung der in der Nähe situierten Veranstaltungsorte HSH Nordbank (Hamburger SV) und Colour-Line-Arena.

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1 Luftbild des Autobahnabschnitts © www.maps.google.de

Die Baumaßnahme Langenfelder Brücke berührt damit eine Vielzahl von überregionalen und innerstädtischen Ver- kehrsbeziehungen, die auch während der Baudurchführung in vollem Umfang zu gewährleisten sind. Dies betrifft insbesondere die sechsstreifig befahrene A 7, welche über das Bauwerk geführt wird, sowie die unterführten S- und Fernbahnstrecken. 2 Das Bestandsbauwerk Die vorhandene Brücke wurde 1972 als siebenfeldriges Spannbetonbauwerk errichtet. Die getrennten Überbauten haben Längen von 398,50 m (West) bzw. 385,30 m (Ost), wobei die Stützweiten zwischen 42,40 m bis maximal 80 m variieren. Die Überbauten bestehen aus längs und quer vorgespannten, einzelligen Hohlkästen mit Bauhöhen von 2,62 m bzw. 3,15 m. Die Gesamtbreite beträgt 45,50 m.

3 Betoniertakte des Bestandsüberbaus © DEGES GmbH

Für die Vorspannung wurden, wie da- mals üblich, ausschließlich in Verbund liegende Spannglieder verwendet.

2 Bestehende Brücke © DEGES GmbH


12. SYMPOSIUM BRÜCKENBAU

Die Herstellung erfolgte auf einem bodengestützten Lehrgerüst. Als erster Abschnitt wurde ein sogenannter Tisch etwa in Bauwerksmitte errichtet, an- schließend wurden beide Überbauten feldweise zunächst in Richtung des südlichen und danach in Richtung des nördlichen Widerlagers vervollständigt. Die flach gegründeten Pfeiler bestehen aus rautenförmigen Stahlbetonscheiben und haben zur Auflagerung der Überbauten Hammerköpfe, die in Querrichtung vorgespannt sind. Die Widerlager sind als hochliegende Konstruktionen in aufgelöster Struktur ausgeführt und ebenfalls flach gegründet. 3 Das neue Bauwerk Das Konzept für den Neubau leitet sich maßgeblich aus der Minimierung der Verkehrsbeeinträchtigungen und insofern aus der Realisierung einer möglichst kurzen Bauzeit ab. Im Rahmen einer Vorplanung wurde, davon ausgehend, eine Stahlverbundkonstruktion als Vorzugslösung ermittelt. Das neue Bauwerk ersetzt die vorhandene Brücke bei weitgehender Beibehaltung der vorhandenen Trassierung. Die Pfeilerstandorte im Bahnbereich wurden dabei so optimiert, dass die bisherige Anordnung zwischen den Fernbahngleisen entfällt. Die Anzahl der Auflagerachsen wird damit gegenüber der alten Brücke von acht auf sieben reduziert, was im Resultat ein sechsfeldriges Bauwerk bedeutet. Die Gesamtlänge des Neubaus beträgt 400,90 m (West) bzw. 385,40 m (Ost) bei Stützweiten zwischen 48,60 m bis maximal 80,60 m. Zwischen den Lärmschutzwänden weist er eine Gesamtbreite von 51,10 m auf. Die Überbauten bestehen jeweils aus zwei oben offenen, begehbaren Trapezkästen aus Stahl und einer Fahrbahnplatte aus Stahlbeton, die aus Halbfertigteilen mit einer Ortbetonergänzung konzipiert ist. Bei nahezu horizontaler Lage der Kastenunterkante ergeben sich von Ost nach West ansteigende Konstruktionshöhen zwischen ca. 2,70 m und 4,30 m. Die Hauptträger werden im Rasterabstand von ca. n x 4,10 m durch radial positionierte Querträger miteinander verbunden, welche die Hauptträger durchdringen und sich in den Kragarmbereichen als Konsolen fortsetzen. Das dadurch gebildete Quersystem dient zum

4 5 Ansicht und Schnitt in Achse West © DEGES GmbH/Schüßler-Plan Ingenieurgesellschaft mbH

einen der Auflagerung der Halbfertigteile und zum anderen der Querverteilung der Lasten. Die kontinuierliche Anordnung von Querträgern ermöglicht den vollständigen Verzicht auf separate Stützenquerträger. Die Pfeiler werden aus gestalterischen und statischen Gründen als schlanke Verbundstützen realisiert, wobei ihre Gründung im Unterschied zum Bestandsbauwerk auf Bohrpfählen erfolgt. Als Widerlager sind zurückgesetzte Kastenwiderlager vorgesehen, die flach gegründet werden.

Auf dem Überbau wird zur Lärmminderung eine einlagige, offenporige Asphalt- deckschicht (OPA) aufgebracht, über der neuen Brücke werden die seitlichen Lärmschutzwände der Strecke mit 7,50 m Höhe weitergeführt.

6 7 Querschnitte: Bestand und Neubau © DEGES GmbH/Schüßler-Plan Ingenieurgesellschaft mbH

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1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU

Bauphase

Bezeichnung

1.1

Erweiterung östliche RF (Flensburg) - Abbruch BW Ost

1.2

Erweiterung östliche RF (Flensburg) - Neubau BW Ost

2.1

Erweiterung westliche RF (Hannover) - Abbruch BW West

2.2

Erweiterung westliche RF (Hannover) - Neubau BW West

8 Hauptbauphasen der A-7-Erweiterung in Stellingen © DEGES GmbH/Schüßler-Plan Ingenieurgesellschaft mbH

4 Abbruch- und Herstellungskonzept 4.1 Wesentliche Randbedingungen Die Baudurchführung ordnet sich grund- sätzlich in die Gesamtbaumaßnahme »Erweiterung der A 7 im Abschnitt Stellingen» ein und gliedert sich in die nachfolgend aufgelisteten Bauphasen Der Verkehr auf der A 7 wird in allen Phasen mit einer 6+0-Verkehrsführung über den in Funktion verbleibenden Bestands- bzw. den dann neu errich- teten Überbau geleitet. Betriebsunterbrechungen auf den Strecken der S- und Fernbahn (nördlicher Bereich) sind nur

in Ausnahmefällen an bestimmten Wochenenden möglich. Dementsprechend sind über diesen Gleisen für Abbruch und Montage der Überbauten lediglich Verschubvorgänge vorgesehen, die innerhalb der zeitlich begrenzten Sperrpausen realisierbar sind. Die Gleise des Betriebsbahnhofs (südlicher Bereich) können in Teilbereichen auch längerfristig gesperrt werden, da sich jeweils andere Gleise für eine Umfahrung nutzen lassen: Hier kann der Abbruch daher mit konventionellen Geräten von unten erfolgen.

4.2 Abbruch des Bestandsbauwerks 4.2.1 Unterschiedliche Verfahren Der Abbruch erfolgt entsprechend den möglichen Einschränkungen des Bahnbetriebs mit unterschiedlichen Verfahren für den südlichen und nördlichen Teil des Überbaus.

4.2.2 Teilabbruch Süd (Bereich Betriebsbahnhof ) Der Überbau wird zunächst von oben geleichtert. Dies umfasst die Demontage der Geländer und Schutzeinrichtungen, den Abbruch der Kappen und das Ab- fräsen der Beläge. Darüber hinaus erfolgt mittels Trennschnitten ein Teilrückbau der Fahrbahnplatte in den Kragbereichen sowie zwischen den Stegen. Das Abbruchgut wird über den noch funktionstüchtigen Überbau in Richtung Widerlager Süd ausgefahren und dort zerkleinert, was den erforderlichen Zeitraum für die Sperrung der Bahnanlagen auf ein Minimum reduziert. Der verbleibende Trogquerschnitt, bestehend aus Stegen und Boden- platte, wird anschließend mit schwerem Abbruchgerät von unten, das heißt von der Bahnanlage aus, abgebrochen, die hierfür durch eine Schutzlage (Kies- und Sandschüttung) gesichert ist. Aufgrund der Abhängigkeiten bei den Gleis- sperrungen erfolgt der Abbruch in zwei Teilabschnitten. 4.2.3 Teilabbruch Nord (Bereich S- und Fernbahn) Im Bereich der Fern- und S-Bahn-Gleise sind nur kurzzeitige Sperrungen der Bahnanlage möglich. Es ist daher vor- gesehen, den kompletten Überbau zunächst in Richtung Norden auszuschieben, bevor er dann mit schwerem Abbruchgerät weiter zerkleinert wird. Für den Verschub ist das Aufstellen von Hilfsstützen im Abstand von ca. 25 m erforderlich, da der ursprünglich auf Lehrgerüst hergestellte Überbau für die veränderlichen Lagerungsbedingungen nicht ausgelegt ist. In Abhängigkeit von den Beanspruchungen ist er zusätzlich durch externe Vorspannung zu verstärken. Beim Verschub ist zu beachten, dass der vordere Bereich des Überbaus noch in einer Klothoide trassiert ist. Die Hilfsstützen und Verschublager sind dementsprechend so zu konzipieren, dass die auftretenden Querverschiebungen aufgenommen werden können.

9 10 Vorgesehener Abbruch der Bestandsüberbauten © DEGES GmbH/Schüßler-Plan Ingenieurgesellschaft mbH

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12. SYMPOSIUM BRÜCKENBAU

11 12 Geplante Montage des Neubaus © DEGES GmbH/Schüßler-Plan Ingenieurgesellschaft mbH

4.3 Herstellung der neuen Überbauten Aus Gründen der Eingriffsminimierung erfolgen die Montage der Stahlkonstruktion im gesamten Bahnbereich mittels Taktschiebeverfahren ohne Hilfsstützen, die Herstellung der Fahrbahnplatte zudem unter Verwendung von Halbfertigteilen mit nachträglicher Ortbetonergänzung ausschließlich von oben. Durch den hohen Vorfertigungsgrad wird eine deutliche Reduzierung der Bauzeit erreicht. Der Verschub ist von Süden nach Norden vorgesehen, der Vormontageplatz befindet sich also hinter dem südlichen Widerlager. Die Verschubebene liegt ca. 3–4 m über dem Endniveau, so dass der Überbau nach dem Verschub ent- sprechend abzustapeln ist. Damit sind zwar relativ aufwendige Hilfskonstruktionen an den Stützen erforderlich, es ergibt sich jedoch der Vorteil, dass ein unnötiger Abtrag des bestehenden Autobahndamms vermieden wird und dass Durchbiegungen der Kragarmspitze

zu keinerlei Konflikten mit der Oberleitungsanlage führen. Das nördliche Überbauteil wird mittels Kranmontage von unten hergestellt, da er in der Klothoide liegt und sein Einschieben größere Probleme verursachen würde. Nach beendeter Montage der Stahlkonstruktion schließt sich das Auslegen der Betonfertigteile für die Fahrbahnplatte an. Hierfür ist ein schienengebundener Portalkran oder Ähnliches vorgesehen, welcher auf den ausgesteiften Hauptträger-Obergurten fährt. Danach erfolgt die Betonage der Ortbetonergänzung in ca. 2 x 3 Abschnitten fortlaufend, parallel von beiden Widerlagern aus zur Brückenmitte.

Bauherr Bundesrepublik Deutschland Auftragsverwaltung Hansestadt Hamburg, Behörde Wirtschaft, Verkehr, Innovation Projektdurchführung DEGES Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH, Berlin Entwurfsplanung und Ausschreibung Schüßler-Plan Ingenieurgesellschaft mbH, Berlin

Autoren: Dipl.-Ing. Karl-Heinz Reintjes DEGES Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH, Berlin Dipl.-Ing. Gregor Gebert Schüßler-Plan Ingenieurgesellschaft mbH, Berlin

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1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU Variantenuntersuchung und Entwurf

Neue Kattwykbrücke in Hamburg von Rico Stockmann, Helmut Schmitt

Durch die Lage im engbebauten urbanen Raum über einem mit großen Seeschiffen befahrenen Gewässer und die Nutzung der Brücke durch sehr schwere Güterzüge ergaben sich viele Punkte, die eine Mitwirkung von Fachleuten für Stadtplanung, Straßen- und Eisenbahnen, Nautik, Maschinenbau, Elektrotechnik, konstruktiven Ingenieurbau, Geologie, Tiefbau, Architektur, Umwelt und Naturschutz sowie Hochwasserschutz erforderlich machten. Am Ende der Planung steht ein ca. 2 km langer Verkehrszug mit mehreren Brücken, Stützwänden, Betriebsgebäuden, Hochwasserschutzwänden, einem neuen Leuchtturm und dem Hauptbauwerk, einer 300 m langen, zweigleisigen Hubbrücke aus Stahl: der neuen Bahnbrücke Kattwyk. Über die umfangreiche Variantenuntersuchung, die Abwägung aller Alternativen und die Entwurfsplanung im Detail soll hier berichtet werden. 1 Allgemeines Der Hamburger Hafen ist der größte deutsche Seehafen und gehört darüber hinaus zu den größten der Welt. Er liegt als Tidehafen am Unterlauf der Elbe ca. 100 km von der Mündung der Elbe in die Nordsee entfernt. In Hamburg bildet die Elbe ein Binnendelta aus und teilt sich für ca. 15 km in die Hauptarme der Norder- und Süderelbe, welche die Elbinsel Wilhelmsburg einschließen. Innerhalb des Hamburger Hafens kommt der Anfang der 1970er Jahre errichteten Kattwykbrücke als Querung über die Süderelbe eine zentrale Bedeutung zu. Die bestehende Kattwykbrücke ist eine Hubbrücke mit einem 96 m breiten und 53 m hohen Lichtraum für die Schifffahrt,

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1 Lage der Brücke im Hamburger Hafen © Hamburg Port Authority

die als kombiniertes Bauwerk für den Straßen- und Eisenbahnverkehr ausgelegt ist. Die Brücke stößt aber absehbar an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit: Untersuchungen zur Restlebensdauer zeigen auf, dass aufgrund von Materialermüdung kurz- bis mittelfristig mit Schäden gerechnet werden muss, die ihre Tragfähigkeit einschränken. Mit dem in Parallellage geplanten Neubau soll nun der gesamte Schienenverkehr auf eine bewegliche Eisenbahnbrücke verlagert werden. Dadurch wird die vorhandene

2 Bestehende Straßen- und Eisenbahnbrücke © Hamburg Port Authority

Kattwykbrücke entlastet und steht dem Straßenverkehr noch langfristig zur Verfügung. Die Hamburg Port Authority hat im Dezember 2008 die Planung für die Errichtung eines zweigleisigen Ersatzbauwerkes aufgenommen. Seit August 2009 wird die Objekt- und Tragwerksplanung für das Projekt Neue Bahnbrücke Kattwyk durch die Ingenieurgemeinschaft der Büros Leonhardt, Andrä und Partner, Sellhorn Ingenieurgesellschaft und Ingenieurbüro H. Vössing betrieben.


12. SYMPOSIUM BRÜCKENBAU

3 Entscheidungsprozess © Leonhardt, Andrä und Partner GmbH

2 Vorplanung 2.1 Planungsstufen Die Vorplanung erfolgt in drei wesentlichen Stufen: – Planung der Verkehrsanlage (Variantenuntersuchung der Lage), – Planung der Ingenieurbauwerke (Variantenuntersuchung der Ingenieurbauwerke), – Ausarbeitung der vollständigen Vorplanungsunterlagen der Vorzugs- variante. 2.2 Lage des Bauwerks Durch die urbane Lage des Baufeldes waren umfangreiche bauliche und nautische Randbedingungen zu beachten, wobei sich zwei generelle Möglichkeiten für die neue Brücke ergaben: je eine Variante südlich und nördlich des Bestandsbauwerkes.

Die südliche Variante ist wegen der geplanten Bundesautobahn A 252 »Hafenquerspange«, der Nähe zum geplanten Liegeplatz des Kraftwerkes Moorburg und der Lage zum HoheSchaar-Hafen ungünstiger. Für den Straßenverkehr ist sie ebenfalls nachteilig, da sich Straße und Eisenbahn an jedem Ufer überwerfen müssen. Die nördliche Variante ist nautisch für die Passage großer Schiffe ungünstig, da die Brücke kurz hinter einer Kursänderung liegt und somit den Raum zur genauen Ausrichtung der Schiffe verkürzt. Zusätzlich muss sie sehr weit im Norden angeordnet werden, und der Fernwärmedüker befindet sich dann zwischen beiden Brückenbauwerken. Für die Eisenbahn ist zudem ein enger Radius von 300 m erforderlich, um vor dem Tanklager die Richtung zu ändern. Die Abwägung der beiden Alternativen führte zum Ergebnis, dass die nördliche Variante besser geeignet ist, wenn die sichere Schiffspassage auch mit der kürzeren Strecke zur Ausrichtung sicher- gestellt werden kann. Da diese Frage von nautischen Fachleuten ebenfalls nicht klar zu beantworten war, wurde eine Simulation am Marine Training Center Hamburg durchgeführt. Dabei wurde nachgewiesen, dass eine sichere Passage bei einer leichten Vergrößerung der Hauptspannweite gewährleistet ist. Damit ergab sich die nördliche Brückenlage als klar vorteilhaft. Die als Resultat der Vorplanung der Verkehrsanlage gewählte Lage der Brücke mit der aus nautischen Gründen definierten Durchfahrtsbreite von 108 m erfordert eine Hauptstützweite von ca. 130 m. Der Achsabstand zur bestehenden Kattwykbrücke beträgt 58 m.

6 7 Südliche und nördliche Variante © Leonhardt, Andrä und Partner GmbH

8 Nautische Simulation © Leonhardt, Andrä und Partner GmbH

4 5 Bauliche und nautische Randbedingungen © Leonhardt, Andrä und Partner GmbH

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1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU

9 10 11 Alternativen: Doppel-Drehbrücke, Drehbrücke, Klappbrücke mit Doppelklappe © Leonhardt, Andrä und Partner GmbH

2.3 Wahl des Brückentyps Ziel war es, im Hinblick auf den exponierten Standort ein Bauwerk zu entwerfen, das der Lage auf stadträumlicher Ebene und der Ensemblewirkung gemeinsam mit der vorhandenen Brücke gerecht wird und das sich wirtschaftlich herstellen, betreiben und unterhalten lässt. Bei der Ausarbeitung von Lösungsmöglichkeiten für das Tragwerk wurde daher eine optische Verträglichkeit der Brücke im städtebaulichen Gesamtbild unter Beachtung ihrer Fern- wie der Ensemblewirkung angestrebt. Dabei wurde

dem Gedanken einer »Brückenfamilie« gestalterisch große Bedeutung zugesprochen: Untersucht wurden Varianten, die sich gestalterisch sehr eng am Bestand orientieren oder auch eine eigenständige Form entwickeln. In einem ersten Schritt wurden die Alternativen Hub-, Klapp- und Drehbrücke ausgewählt, die grundsätzlich für ein Bauwerk dieser Größenordnung in Frage kommen. Als Ergebnis stellte sich eine Hubbrücke als geeignetste Lösung heraus.

In einem weiteren Schritt wurde dann der Überbau untersucht, für den sich Fachwerk-, Stabbogen- und Vollwandkonstruktionen verschiedener Art anbieten. Fachwerke erwiesen sich hier als optimal. Die Form des Fachwerks und der Pylone wurde wegen der großen ästhetischen Bedeutung und ihrer Wirkung im Stadt- bild schließlich in einem weiteren Schritt anhand von Visualisierungen vertiefend betrachtet.

13 14 Untersuchung von Pylontypen © Leonhardt, Andrä und Partner GmbH

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12 Überbauvarianten für die Hubbrücke © Leonhardt, Andrä und Partner GmbH


12. SYMPOSIUM BRÜCKENBAU

15 16 Gewählte Vorzugsvariante © Leonhardt, Andrä und Partner GmbH

Es zeigte sich, dass als Vorzugsvariante eine parallelgurtige Fachwerkbrücke mit konstanter Bauhöhe über drei Felder ausgeführt werden sollte. Die Pylone wurden dazu passend entwickelt, wobei durch die Verbreiterung ihrer Stiele eine sehr klare, einfache Form erreicht wird, die gut mit der des Überbaus harmoniert und zudem eine bequeme Erschließung der Triebwerksräume ermöglicht. Die diesem Bauwerksentwurf zugrundeliegende Konzeption ist im Hinblick auf Bau-, Betriebs- und Unterhaltungskosten sowie technische Funktionsfähigkeit und Ästhetik die optimale Lösung. 3 Bauwerksentwurf 3.1 Überbaukonzeption Der Überbau wird als Einfeldträgerreihe aus drei parallelgurtigen Fachwerk- trägern hergestellt, die mit Einzelstützweiten von 75,805 m im Seitenfeld (fest), 130,810 m im Hubfeld und 75,805 m im Seitenfeld (fest) aufwarten. Die Bauhöhe des Überbaus beträgt 1,80–1,90 m und die Konstruktionshöhe 15,00 m. Letztere wurde gewählt, um ein Optimum für das Eigengewicht des Hubfeldes zu erreichen (λ = 131/15 = 8,70); aus gestalterischen Gründen kommt sie auch für die Seitenöffnungen zur Ausführung (λ = 76/15 = 5,10). Eine Systembreite von 11,30 m aufweisend, ist das Fachwerk mit geschweißten Hohlprofilen ausgebildet, wobei die Dienstgehwege im Inneren der Fachwerkstruktur liegen. Die Querträgerstützweite beträgt 11,30 m, die gewählte Konstruktionshöhe im Hauptfeld 1,33 m (Feld- mitte) bzw. 1,43 m (Widerlager bzw. Pylon). Damit ergibt sich eine Schlankheit von λ = 8,30. Die Querträger in den

Seitenfeldern haben Konstruktionshöhen von 1,08 m (Feldmitte) bzw. 1,16 m (Widerlager bzw. Pylon), was eine Schlankheit von λ = 10,50 bedeutet. Die Querträger sind als geschweißte offene Vollwandträger konzipiert, als Fahrbahn ist eine orthotrope Platte mit Hohlsteifen vorgesehen. Im Hauptfeld werden unter den Gleisen zudem Neben- längsträger als offene geweißte Profile mit 750 mm Bauhöhe angebracht. Der Geh- und Radweg wird über nord- seitig angeordnete Krag- an den Haupt- träger angeschlossen, die Gehbahn wiederum als orthotrope Platte mit Hohlsteifen realisiert. Alle stählernen Bauteile der Überbauten werden aus Baustahl S355 J2+N hergestellt.

3.2 Pylonkonzeption Die Höhe der Pylone beträgt 81 m über NN, sie setzt sich aus der Hubhöhe des Überbaus von 45,70 m, der Konstruktionshöhe des Überbaus, der Länge der Seilanschlüsse und der Höhe des Maschinenhauses zusammen. Die Pylone bestehen aus je zwei voll- wandigen Kastenstielen mit Abmessungen von 7,50 m x 2,75 m. Ihre Außenwände werden über offene Querrahmen und Längssteifen (Hohlsteifen) gegen Beulen ausgesteift. Die Pylone sind biegesteif mit den darunterliegenden Massivpfeilern verbunden, wobei die Auflagerung in den vier Eckpunkten jedes Stiels über eine Mörtelfuge auf Druck und eine Zugverankerung mittels vor- gespannter Einzelspannglieder ohne Verbund erfolgt.

17 18 Regelquerschnitte: Seitenfeld und Hubteil © Leonhardt, Andrä und Partner GmbH

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1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU Der Pylon erhält drei Riegel als geschweißte Hohlprofile von 3,00 m Höhe und 1,10 m Breite, in seinem Kopfbereich werden zwischen den Stielen zudem Fachwerke aus Walzprofilen mit 8 m Konstruktionshöhe angeordnet. Aus diesen Fachwerken, den Riegeln und den Stielen entsteht in Querrichtung ein Vierendeel-Rahmen über drei Stockwerke. Die beiden Fachwerkebenen tragen die Lasten aus dem versteiften stählernen Pylondach und aus dem ebenfalls versteiften Bodenblech des Maschinenhauses. Die Hauptlast aus den Seil- trommeln wird hingegen über den obersten Riegel in die Stiele abgeleitet. Die asymmetrischen Lasten aus dem Maschinenrahmen, den Getrieben und E-Motoren werden über den statisch bestimmt gelagerten Maschinenrahmen in das versteifte Bodenblech geführt und über die seitlichen Fachwerke, welche sich über das Dach und die Bodenplatte zu einer Torsionsröhre verbinden, in die Pylonstiele abgeleitet. Die Herstellung aller stählernen Bauteile erfolgt wiederum aus Baustahl S355 J2+N. 3.3 Gründung der Strompfeiler Für die Strompfeiler wurden in Abstimmung mit dem Bodengutachter Lösungen für die Gründung untersucht, wie verschiedene Senkkästen und Pfahlgründungen. Als wirtschaftlichste Alter- native stellte sich eine Gründung als einteiliger, geschlossener Senkkasten in Druckluftbauweise heraus. Der Senkkasten ist im Grundriss mit Abmessungen von 29,00 m x 14,00 m geplant und wird mit einer Absetztiefe von NN –30,00 m ausgeführt. Zu seiner Aussteifung werden Segmentwände angeordnet, so dass sich seitlich jeweils vier Segmente ergeben, die mit Wasser und Sand ballastiert werden können. Das mittlere Segment weist größere Abmessungen auf, um von hier aus im Microtunneling-Verfahren einen Düker zur Verbindung der beiden Pylone zu realisieren. Für den Absenkvorgang wird die Unterseite des Senkkastens mit einer umlaufenden Schneide und einer

19 Antriebsstrang mit Seiltrommel © Rapsch und Schubert GmbH

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20 Prinzip der Senkkastenherstellung © Sellhorn Ingenieurgesellschaft mbH

ca. 3,00 m hohen Arbeitskammer ver- sehen, die nach Erreichen der Endtiefe mit Magerbeton verfüllt wird, was konstruktiv einer Flachgründung ent- spricht. Prinzipiell ist geplant, den Bodenaushub in der Arbeitskammer beim Absenkvorgang mit einem fern-

21 Lage des Antriebs im Pylonkopf © Rapsch und Schubert GmbH

gesteuerten Gerät durchzuführen. Für die Demontage der Geräte sowie beim Auftreten von Hindernissen kann die Arbeitskammer zu jedem Zeitpunkt begangen werden: Bei Erreichen der Absetztiefe und Normaltide sind maximal ca. 3,20 bar Überdruck zu erwarten.


12. SYMPOSIUM BRÜCKENBAU 3.4 Maschinenbau Zum Heben des Hubfeldes einer Brücke dieser Größe stehen zunächst folgende grundsätzliche Antriebs-Varianten zur Verfügung: – Ritzelantrieb, – Hydraulikzylinderantrieb, – Friktionsantrieb (Treibscheibenantrieb), – Seilwinden- oder Kettenantrieb, – hydraulischer Flaschenzug. Ausarbeitung und Bewertung dieser Varianten ergaben schließlich, dass ein Friktionsantrieb die günstigste Lösung ist. Angeordnet wird er jeweils im Maschinenhaus und auf den Pylonspitzen. Der Antrieb des Hubteiles erfolgt damit als Friktionsantrieb über je zwei Treibtrommeltriebwerke, wobei das Überbaueigengewicht über Gegengewichte ausgeglichen wird, die als Stahlkästen mit Schwerbetonfüllung (35 kN/m³ Wichte und 12 Vol.-% Bewehrungsanteil) ausgeführt werden. Der Überbau ist an insgesamt 48 Seilen mit d = 70 mm angeschlagen. Die gleitgelagerten Treibtrommeln für je 12 Seile werden über jeweils eine Trommelkupplung und ein fünfstufiges Stirnradgetriebe von den Hauptmotoren angetrieben, die Betriebs- und Haltebremsen sind als Außenbackenbremsen konzipiert. Die Synchronisation der Antriebe erfolgt zwischen den beiden Antriebssträngen eines Pylons mechanisch, zwischen beiden Pylonen elektronisch. 4 Weiterer Projektablauf Die Genehmigung des Brückenneubaus erfolgt über eine Planfeststellung der Gesamtbaumaßnahme, die im Herbst 2011 eingeleitet wurde. Es ist mit einer Bearbeitungsdauer von 12–15 Monaten bis zum Erreichen des Baurechtes zu rechnen. Die Ausschreibung wird direkt im Anschluss durchgeführt. Autoren: Dipl.-Ing. Rico Stockmann Leonhardt, Andrä und Partner, Beratende Ingenieure VBI, GmbH, Hamburg Dr.-Ing. Helmut Schmitt Hamburg Port Authority AöR

Brückenbau

Projekt Massetabrücke, EisenbahnNeubaustrecke Nürnberg – Erfurt Engineering Obermeyer, SSF Ingenieure, Büchting+Streit

Projekt Fußgängerbrücke im Stadthafen Sassnitz (DEUTSCHER BRÜCKENBAUPREIS 2010) Engineering schlaich bergermann & partner

Bauherr Hamburg Port Authority AöR Vorentwurf, Entwurf, Ausführungsplanung Leonhardt, Andrä und Partner, Beratende Ingenieure VBI, GmbH, Hamburg Sellhorn Ingenieurgesellschaft mbH, Hamburg Ingenieurbüro Dipl.-Ing. H. Vössing GmbH, Hamburg Entwurfsberatung PPL Architektur und Stadtplanung GmbH, Hamburg

Projekt Paserelle des deux Rives, Strasbourg – Kehl, Frankreich – Deutschland Engineering LAP Leonhardt Andrä & Partner

Projektsteuerung IMS Ingenieurgesellschaft mbH, Hamburg Ingenieurbüro Dr. Schippke und Partner, Hannover Maschinenbau Ingenieurbüro Rapsch und Schubert GmbH, Würzburg Elektrotechnik DriveCon GmbH, Dettelbach Umweltverträglichkeit Dipl.-Ing. Peter Mix, Barnstedt leguan gmbh, Hamburg Baugrundgutachten Grundbauingenieure Steinfeld und Partner GbR, Hamburg Prüfingenieur Dr.-Ing. Christian Böttcher, Hamburg

Projekt Integrale Verbundbrücke, Nordumgehung Bad Oeynhausen über die A30 Engineering Bockermann Fritze IngenieurConsult

www.sofistik.de Bruecke_58x268_D_110121.indd 1

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1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU Konzeption und Herstellung

Neubau der Rethebrücke in Hamburg von Martin Tenkleve, Henning Schrewe

Die 1934 errichtete RetheHubbrücke verbindet die Hafengebiete Neuhof und Hohe Schaar und liegt im südlichen Gebiet des Hafens. Für den Hamburger Hafen, den Straßenverkehr von und nach Süden sowie den Eisenbahnbetrieb der hier angesiedelten Ölindustrie ist sie unverzichtbar, denn bei ihrem Ausfall sind die Verkehrsträger Straße, Schiene und Seeschifffahrt behindert. Die Hamburg Port Authority investiert in die Infrastruktur des Hafens und lässt derzeit die neue Rethe-Klappbrücke errichten, die nach ihrer Fertigstellung die größte Klappbrücke Europas sein wird. 1 Vorgeschichte 1.1 Vorhandenes Bauwerk 1934 wurde die heutige Hubbrücke über die Rethe inmitten des Hamburger Hafens in Betrieb genommen: eine kombinierte Eisenbahn- und Straßenbrücke aus Stahl in Fachwerkbauweise. Ihre Stützweite beträgt ca. 77 m, die lichte Durchfahrtshöhe für Seeschiffe bei maximaler Hochlage des Hubteils befindet sich bei NN + 53 m. Die Fahr- wasserbreite zwischen den Schutzdalben misst 44 m und limitiert die Schiffsgrößen für die hinter der Rethe-Hubbrücke liegenden Hafenumschlagsbetriebe. Im Norden und Süden queren die Gleise der Hafenbahn oberflächengleich die Straßen. Beim Öffnen der Hubbrücke für eine Schiffspassage auf der Rethe sind der Straßen- und Bahnverkehr unterbrochen.

1.2 Anlass zum Neubau Die regelmäßig durchgeführten Bauwerksprüfungen nach DIN 1076 zeigen das Ende der technisch-wirtschaftlichen Lebensdauer an, die rasante ökonomische Entwicklung des Hamburger Hafens mit zunehmendem Verkehr und daraus resultierenden Belastungen auf die Bauwerke haben ihre Wirkung hinterlassen. Die notwendigen Instandhaltungen und -setzungen übersteigen ein wirtschaftlich vertretbares Maß, und die dafür notwendigen planmäßigen und unplanmäßigen Sperrungen verursachen wachsende Verkehrsprobleme im Hafen- netz und auf allen Verkehrsträgern. Die hafenwirtschaftliche positive Ent- wicklung erfordert zudem größere Abmessungen und eine höhere Kapazität des Verkehrsknotens, um das unzweifelhaft vorhandene Potential für das weitere Wachstum des Hamburger Hafens und der Hafenwirtschaft fördern zu können. Wegen des schlechten Bauwerkszu- standes wurde die zulässige Geschwindig- keit für den Straßenverkehr auf 30 km/h herabgesetzt. Die Prüfintervalle für die Brückeninspektion wurden darüber hinaus auf einen Rhythmus von drei Jahren verkürzt, für Sondertransporte und Lademaßüberschreitungen ist die Brücke inzwischen gesperrt.

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1 Vorhandene Rethe-Hubbrücke © Hochtief Solutions AG

1.3 Verkehrsknotenpunkt 1.3.1 Bedeutung und Prioritäten Die Rethequerung wird von drei Verkehrsträgern frequentiert: Eisenbahn, Straßen- verkehr, See- und Hafenschifffahrt. Bei jeder Passage von Seeschiffen muss das Hubteil hochgefahren werden, und Schienen- wie Straßenverkehr müssen warten. Vor und hinter der Brücke kreuzen außerdem mehrere Gleisstränge die Straßen, so dass bei Zugverkehr zum und vom Hafenbahnhof Hohe Schaar die Straßenverkehre ebenfalls angehalten werden müssen. Somit ergibt sich eine Verkehrsträger-Priorität mit Vorrang von Schiffs- vor Bahn- vor Straßenverkehr. Bei hohem Verkehrsaufkommen oder Störungen an anderen Stellen im Hafen- verkehrsnetz kommt es daher immer wieder zu Staubildungen an der Rethe-Hubbrücke.

1.3.2 Straßenverkehr Die vorhandene Rethe-Hubbrücke liegt im südlichen Gebiet des Hafens und erfüllt eine wichtige Funktion als Hauptstraßenverbindung von und nach Süden in Richtung Harburg zur Bundesautobahn (BAB) A 1 und zur zweiten Süderelbquerung über die Kattwykbrücke Richtung BAB A 7. Die Querung hat auch eine große Bedeutung als Alternative für


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Hafenverkehre, die nicht die stark belastete Köhlbrandbrücke nutzen können. Im Falle einer Sperrung der Köhlbrandbrücke bildet derzeit die Kattwykbrücke die wichtigste Alternative für Ost-West-Verkehre im Hafen. Ohne die Rethequerung auf halbem Weg zwischen diesen wichtigen Süderelbbrücken wäre eine Ausweichmöglichkeit abgeschnitten, für die Hafenbetriebe ist sie ebenso unverzichtbar. 1.3.3 Schienenverkehr Die heute eingleisige Strecke der Hamburger Hafenbahn über die RetheHubbrücke wird derzeit mit ca. 40 Rangierfahrten pro Tag frequentiert, wobei die am Nordufer der Rethe liegen- den Mineralölbetriebe Hauptnutzer der Schienenverbindung sind. Dazu kom- men Übergabefahrten der Hafenbahn zwischen den Hafenbahnhöfen HamburgSüd und Hohe Schaar. Der Bahnverkehr benötigt dringend eine kreuzungsfreie Linienführung.

Wasserbau, Spezialtiefbau, Erdbau, Stahlbau, Maschinenbau, Elektrotechnik, Eisenbahnbau, Leit- und Sicherungstechnik, Kampfmittelsondierungen, Straßenbau, Massivbrückenbau, Stahlbrückenbau, bewegliche und feste Brücken. Die zu beachtenden Randbedingungen für Planung und Bau sind sehr anspruchsvoll und umfassen unter anderem – die ständige Aufrechterhaltung des Straßen-, Bahn- und Schiffsverkehrs, – sehr beengte Platzverhältnisse, – diverse Hindernisse im Baugrund, – das Arbeiten im Tidebereich, – sensible Versorgungsleitungen in geringer Entfernung, – eine setzungsempfindliche Hubbrücke in unmittelbarer Nähe, – die Gewährleistung des Hochwasser- schutzes während der Sturmflut- saison.

1.3.4 Schiffsverkehr Aufgrund des Schiffsverkehrs in den südlichen Reiherstieg wird die Hubbrücke gegenwärtig ca. 3.000-mal pro Jahr geöffnet. Die im südlichen Reiherstieg ansässigen Firmen sind im konventionellen Stückgutumschlag und im trockenen Massengutumschlag mit einem Gesamtumschlag von 1.500.000 t Getreide, Futter- und Düngemittel tätig (Zahlenwert von 2007). Somit verkehren zu diesen Firmen hauptsächlich Massengutschiffe (bulk carrier) und konventionelle Stückgutfrachter, die die Brücke passieren müssen. Eine Fahrrinnenerweiterung nach Fertigstellung des Neubaus wird den Verkehr zukünftig erleichtern und die Passage deutlich größerer Schiffe ermöglichen. 2 Neubauplanung 2.1 Teilnahmewettbewerb Bereits 2005 wurden die eigentlichen Planungen für einen Neubau der Rethe- brücke aufgenommen und über einen Teilnahmewettbewerb ausgeschrieben, bei dem die Beteiligung vergleichsweise groß und international war. Nach einer intensiven Auswahlphase wurde die Ingenieurgemeinschaft aus den Büros Grassl und Sellhorn als Objekt- und Tragwerksplaner sowie Prof. Bernhard Winking als Architekt mit den Planungen beauftragt. Die besondere Herausfor- derung dieses Projektes bestand und besteht darin, eine Vielzahl von technischen Spezialgebieten zu koordinieren:

2 Lage im Hamburger Hafen © Hamburg Port Authority AöR

2.2 Formfindung Die hauptsächliche Systemwahl erfolgte durch eine ausführliche Diskussion über die Hauptvarianten Hubbrücke oder Klappbrücke. Dabei fand eine Reihe von Untervarianten mit ein- und mehr- flügeligen Klappen und möglichen Kombinationen Berücksichtigung. Am Ende entschied sich der Bauherr für zwei zweiflügelige Klappbrücken, je eine für Bahn- und Straßenverkehr auf gemeinsamen Widerlagern. Bei der Ausgestaltung des Entwurfes wurden neben den technischen Bauanforderungen und den Herstellungs- sowie Instandhaltungs- und Betriebskosten auch die architektonische Einbettung in das Umfeld und die markante Position eines hafenbildprägenden Bauwerks angemessen beachtet. Der Entwurf einer eleganten Stahlfachwerkkonstruktion konnte schließlich alle beteiligten Ingenieure, Architekten und Stadtplaner überzeugen. Eine hohe Verfügbarkeit der beweglichen Brücke für alle Verkehrsträger war zudem ein ausschlaggebendes Kriterium.

3 Ansicht der Klappbrücke © Ingenieurbüro Grassl GmbH

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1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU

Spannweite

104,00 m

Fahrwasserbreite

64,00 m

Durchfahrtshöhe

unbegrenzt

Breite Straßenbrücke

14,00 m

Breite Bahnbrücke

10,20 m

Konstruktionsgewicht je Klappe

1.100 t

Zusätzlich zur Querung des Gewässers ist zur weiteren Entflechtung der Land- verkehre eine Überbrückung des Bahn- hofskopfes Hohe Schaar notwendig, damit die kreuzenden Bahnverkehre nicht länger die Straßenverbindungen blockieren und die Leistungsfähigkeit des gesamten Knotens deutlich erhöht werden kann. Eine technische Besonderheit und damit für die Ausführung eine Herausforderung ist die Fingerverriegelung in Bau- werksmitte: Bei geschlossener Brücke wird auf eine mechanische Verriegelung verzichtet. Für jede Lastfallsituation ist die Konstruktion also quasi selbstschließend zu dimensionieren. 3 Ausschreibung 3.1 Aufteilung in Lose Die Baumaßnahmen für die Lose 1 und 2 wurden im Juli 2009 ausgeschrieben, wobei zur Auswahl geeigneter Bieter zuvor ein europaweiter öffentlicher Teil- nahmewettbewerb durchgeführt wurde. Die Vergabe für die Vorlandbrücke (Los 2) erfolgte Anfang 2010, im Herbst 2010 erhielt die Arbeitsgemeinschaft Rethebrücke den Auftrag für Los 1. Erteilt wurde er aufgrund der Vergabekriterien »Technischer Wert« und »Wirtschaftlichstes Angebot« auf eine Kombination aus Hauptangebot und technischen Nebenangeboten. 3.2 Los 1 Das Los 1 beinhaltet im Wesentlichen den Bau der Rethe-Klappbrücke. Straße und Bahn erhalten getrennte Überbauten, die je Seite auf gemeinsamen Widerlagern auflagern. Die neue bewegliche Brücke wird somit als zweiteilige, zweiflügelige Klappbrücke in Stahlbauweise mit einer Spannweite von 104,20 m zwischen den Drehlagern errichtet. Die Gesamtbreite der Straßenklappbrücke beträgt zwischen den Geländern 14,00 m, die der Bahnklappbrücke 10,20 m. Der Querschnitt der Straßenklappbrücke ist geschlossen (als orthotrope Platte), jener der Bahn- klappbrücke offen ausgebildet. Die

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4 Technische Daten © Hochtief Solutions AG

Unterbauten werden als Klappenpfeiler bezeichnet und sind als tiefgegründete Stahlbetonkonstruktion geplant. Die Herstellung der zugehörigen Baugrubenwände geschieht in einem schonenden Bohrverfahren unter Aufrechterhaltung des laufenden Schiffs-, Bahn- und Straßenverkehrs von einer Hubinsel aus. Feste Vorlandbrücken von ca. 40 m Länge sorgen für die südliche Anbindung beider Verkehrswege an das Festland. 3.3 Los 2 Auf einer Gesamtlänge von ca. 196 m, die sich in Einzelstützweiten von 23 m in den Rand- und 30 m in den Mittelfeldern untergliedert, wird im Los 2 im Wesentlichen die den Bahnverkehr künftig überquerende Straßenbrücke errichtet. Sie erstreckt sich vom Widerlager Nord bis zum Widerlager Süd als tiefgegründete Verbundbrücke über ein Durchlaufträgersystem von sieben Feldern. Nach Fertigstellung der Lose 1 und 2 werden der Rückbau der Rethe-Hubbrücke sowie die endgültigen bahn- und straßenseitigen Anpassungen vorgenommen, um schließlich auch die neue, um 20 m auf 64 m verbreiterte Fahrrinne realisieren zu können. 4 Bauausführung 4.1 Technische Bearbeitung Nach Auftragserteilung im Herbst 2010 haben die technischen Büros der an der Arbeitsgemeinschaft beteiligten Unter- nehmen umgehend mit der Ausführungsplanung begonnen, die konsequent auf Basis der Maschinenrichtlinie erfolgt. Der Entwurf des Auftraggebers wird dabei überprüft und in eine baureife Konstruktion umgesetzt. Durch den technischen Federführer der Arbeitsgemeinschaft, Hochtief Solutions AG, werden die einzelnen Fachplaner für das Beton- bauwerk, die Stahlbrücke, die Elektrotechnik, Hydraulik und Steuerung inklusive Programmierung koordiniert. Die Planung wird bis zu Übergabe und Fertigstellung aller Bauteile durch eine Inbetriebnahme in situ auf Funktionalität kontrolliert.

4.2 Baufeldvorbereitung Vor Beginn der eigentlichen Baumaßnahme wurden Arbeiten für die Bau- stelleneinrichtung und zur Beurteilung der Kampfmittelfreiheit ausgeführt. Besondere Aufmerksamkeit musste zudem einem über 30 Jahre bestehenden Versorgungsdüker der Ölindustrie geschenkt werden. Eine ebenso alte Spundwand, die zur Errichtung des Dükers erforderlich war und damals im Baugrund verblieb, galt es, schonend und unter permanenter Beobachtung zu ziehen, um die erforderliche Baufreiheit für die südliche Baugrube der Klappbrücke zu gewährleisten. Mit Hilfe einer Hubinsel und eines Taucherschiffs wurde die Spundwand vorbereitet und dann Bohle für Bohle gezogen. Zur Erstellung der nördlichen Baugrube wurde darüber hinaus eine Steinschüttung aus Gleisschotter eingebracht, während kontaminierte Materialien, wie Baggergut aus der Rethe, fachgerecht entsorgt wurden. 4.3 Baugrubenherstellung Aufgrund der unmittelbaren Nähe zu einem Leitungsdüker der Vopak und zur vorhandenen, setzungsempfindlichen Rethe-Hubbrücke sind die Baugrubenwände besonders sorgfältig auszuführen. Als eine technische Entwicklung der Arbeitsgemeinschaft wird die Baugrube als eine Rohrwand mit inneren und äußeren Füllbohlen hergestellt, wobei die Hubinsel so gewählt wurde, dass sie ein 90 t schweres Greiferbohrgerät, einen 250-t-Raupenkran und die erforderlichen Aggregate und Ausrüstungen aufnehmen kann. An das Greifer- bohrgerät ist eine 40 t schwere Verrohrungsmaschine angeschlossen, mit der die Mantelrohre (d = 1.800 mm) schussweise eingebohrt werden: Das Mantelrohr wird ausgegriffen und das eigentliche, bis zu 30 m lange Tragrohr eingestellt und der Ringraum anschließend mit Kunstboden Doroflow® gefüllt. Jedes Tragrohr ist in der Werkstatt mit vier Schlössern, die mit einem Schlossschutz versehen sind, ausgerüstet. Nach Verfüllen der Rohre wird das Leerrohr mit einer Zugkraft bis zu 200 t gezogen. Der beschriebene Vorgang wird für jedes Tragrohr wiederholt, die Zwischenräume werden mit etwas kleineren Mantelrohren (d = 1.200 mm) in gleicher Weise geleert und die inneren wie äußeren Füllbohlen nach Ziehen des Schlossschutzes mit leichter Vibrationshilfe eingebracht. Die Vertikalität und das lagegenaue Absetzen der Konstruktion sind für die spätere Sicherheit der bis 16 m tiefen Baugrube äußerst wichtig,


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5 Baugrube des Widerlagers Nord © Hochtief Solutions AG

6 Baugrube des Widerlagers Süd © Hochtief Solutions AG

zumal sie bei einem Hochwasser bis zu NN + 6,50 m mit einem Wasserüberdruck bis zu 24 m belastet wird. Um den Schiffsverkehr zu jeder Zeit zu gewährleisten und zudem die gebotene Sicherheit für den Versorgungsdüker zu erreichen, werden bei der südlichen Baugrube zwei Wände von einer eigens dafür gefertigten Stahlbrücke errichtet. Das Bohrgerät arbeitet von der Stahlbrücke aus und wird dabei von einem schwimmenden Gerät, dem Ponton »Kiel« der Hochtief Solutions AG, unterstützt. Die Ausführung der Arbeiten erfolgt im 24-h-Betrieb, die Rethe-Hubbrücke und der Vopak-Düker werden baubegleitend messtechnisch überwacht. 4.4 Widerlager mit Klappenkeller Nach Fertigstellung der Baugrubenwände werden die Baugruben ausgehoben, ausgesteift und mit einer 1,80 m dicken Unterwasserbetonsohle, in die ca. 600 Auftriebspfähle eingebunden sind,

gesichert. In der gesicherten Baugrube werden die Stahlbetonklappenpfeiler errichtet, die zur Aufnahme des untenliegenden Gegengewichts dienen. Sie sind innen hohl und bestehen aus einer 3,00–3,50 m dicken Sohlkonstruktion und aufgehenden Stahlbetonwänden von 1,50–3,00 m Dicke. In dem Klappenpfeiler

7 Ausführungsprinzip der Rohrwand © Hochtief Solutions AG

sind die Betriebsräume für Hydraulik, Steuerung und Elektrotechnik untergebracht. Sämtliche betrieblichen Anlagen sind gegen Hochwasser sicher zu schützen, da der Klappenkeller in einem solchen Fall (Hochwasser größer NN + 6,18 m) überflutet wird.

8 9 Querschnitt und Längsschnitt des Klappenpfeilers © Ingenieurbüro Grassl GmbH

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10 Künftige Rethe-Klappbrücke mit Schiffsdurchfahrt © Ingenieurbüro Grassl GmbH

4.5 Stahlüberbauten Insgesamt werden vier Stahlüberbauten hergestellt. Sie bestehen aus Hauptträgern, welche zunächst kastenförmig sind und dann im landseitigen Bereich in eine aufgelöste Fachwerkkonstruktion überführt werden. Die Klappen haben ein untenliegendes Gegengewicht, das mit Stahlbrammen und Schwerbeton gefüllt wird. Die Stahlüberbauten werden in Segmenten in Stahlwerken der MCE vorgefertigt, anschließend mit Schwerlasttransportern zu einem wassernahen Vormontageplatz geliefert, dort komplettiert und danach mit einem Ponton über Wasser zur Ein- baustelle im Hamburger Hafen gebracht. Die Vormontage der Stahlbauelemente erfolgt zeitgleich mit der Herstellung der Klappenkeller, so dass direkt nach deren Ausführung mit der Montage begonnen werden kann. Nach der Vormontage von technischer Ausrüstung und Antrieben innerhalb der Klappenkeller werden die vorgefertigten Brückenteile mittels schwimmender Einheiten montiert. Die einzelnen Klappenteile werden nach Rückbau der Verbauwand über die entsprechende Auflagerstelle geschwommen, mit der Konstruktion der Klappenpfeiler verbunden sowie mit der vorinstallierten Hydraulik und Mechanik in die Hochlage befördert und endmontiert.

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5 Ausblick Seit Januar 2012 sind die Baugrubenwände ohne Beeinträchtigung der Nach- barbebauung nahezu fertiggestellt. Die technische Bearbeitung der Stahlüberbauten ist abgeschlossen, mit dem Zuschnitt und der Vormontage der Stahl- brücken wird in den Werken inzwischen ebenso wie mit den Rohbauarbeiten vor Ort begonnen. Unter der Federführung der Hochtief Solutions AG Hamburg erfordert die schlüsselfertige Erstellung der später größten Klappbrücke Europas für Bahn und Straße eine intensive Zusammenarbeit von Auftraggeber und Auftragnehmer sowie aller Fachgewerke. Nach Fertigstellung der neuen RetheKlappbrücke muss noch die vorhandene -Hubbrücke demontiert und die Fahrrinne verbreitert werden. Im Jahr 2014 wird Hamburg damit über eine verbesserte Hafeninfrastruktur verfügen und um ein Highlight der Ingenieurkunst reicher sein. Autoren: Dipl.-Ing. Martin Tenkleve Leitender Baudirektor, Hamburg Port Authority AöR Dipl.-Ing. Henning Schrewe Technischer Leiter Geschäftsstelle Marine Works, Hochtief Solutions AG, Hamburg

Bauherr Hamburg Port Authority AöR Entwurf Winking ∙ Froh Architekten BDA, Hamburg Objekt- und Tragwerksplanung Ingenieurbüro Grassl GmbH, Hamburg Sellhorn Ingenieurgesellschaft mbH, Hamburg Verkehrsplanung Ingenieur-Consult für Bahn- und Verkehrstechnik Hamburg GmbH Prüfung WTM Engineers GmbH, Hamburg Ausführung Hochtief Solutions AG, Hamburg F + Z Baugesellschaft mbH, Hamburg MCE Maschinen- und Maschinenbau GmbH & Co. KG, Linz, Österreich Waagner-Biro AG, Wien, Österreich


12. SYMPOSIUM BRÜCKENBAU ENERGY AND INFRASTRUCTURE SOLUTIONS

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1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU Bisherige Pilotprojekte und der aktuelle Neubau

Straßenbrücken aus Holz in Bayern von Karl Goj

Um die Tauglichkeit des Baustoffs Holz unter wirtschaftlichen Aspekten ohne Einschränkungen bei der Dauerhaftigkeit für Straßenbrücken nachzuweisen, hat die Bayerische Straßenbauverwaltung mit dem Staatlichen Bauamt Passau mehrere Pilotprojekte durchgeführt, die nachfolgend beschrieben werden: vom ersten Bauwerk bei Mapferding bis hin zu der vor kurzem fertiggestellten Brücke bei Hengersberg. 1 Allgemeines Von alters her ist Holz ein wichtiger und vielseitig einsetzbarer Baustoff. In unse- rer Zeit gewinnt er vor allem unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit wieder an Bedeutung: Holz ist ein nachwachsender Rohstoff mit einer Vielzahl von Vorteilen insbesondere unter ökologischen Aspekten. Im modernen Brückenbau spielt Holz allerdings nur eine untergeordnete Rolle. Vor dem Hintergrund der zunehmenden Beanspruchungen unserer Brücken durch den stark gestie- genen Verkehr steht hier primär das Thema Dauerhaftigkeit im Vordergrund.

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3 Holzbrücke über die B 533 bei Mapferding © Staatliches Bauamt Passau

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1 Brückenbestand in Bayern © Oberste Baubehörde

Um bei Holzbrücken einen dauerhaften Schutz vor Verwitterung nicht zuletzt durch das Einwirken von Feuchtigkeit zu erreichen, wurden bis heute Holzbrücken vielfach überdacht. Diese Überdachungen stellen für Holzbrücken zwar einen optimalen Schutz dar, bringen aber deutliche Nachteile bei der Wirtschaftlichkeit. So kommt der Baustoff Holz meist nur bei weniger beanspruchten Fuß- und Radwegbrücken zum Einsatz. Zur Förderung des umweltfreundlichen Baustoffs Holz forderte der bayerische Landtag die bayerische Staatsregierung bereits im Jahre 1991 auf, »dafür Sorge zu tragen, dass bei allen staatlichen Bauvorhaben geprüft wird, ob umweltbelastende Baustoffe insbesondere durch den umweltfreundlichen Baustoff Holz ersetzt werden können«.

2 Überdachte Holzbrücke © Staatliches Bauamt Passau

2 Bisherige Pilotprojekte Um die Tauglichkeit des Baustoffs Holz unter wirtschaftlichen Aspekten ohne Einschränkungen bei der Dauerhaftigkeit auch für Straßenbrücken nachzuweisen, realisierte die Bayerische Straßenbauverwaltung mit dem Staatlichen Bauamt Passau mehrere Pilotprojekte. Bereits im Jahre 1995 wurde die Überführung eines öffentlichen Feld- und Waldweges über die Bundesstraße B 533 bei Mapferding als Stahlbeton-Holz-Verbund-Brücke mit 30 t Traglast errichtet. Dabei kam als Tragkonstruktion ein Bogen aus Brettschichtholz mit einer auf Holzstützen aufgeständerten Stahlbetonfahrbahnplatte zu Anwendung.


12. SYMPOSIUM BRÜCKENBAU

4 Holzbrücke über die B 85, Ortsumgehung Ruderting © Staatliches Bauamt Passau

Beim Bau der Überführung eines öffentlichen Feld- und Waldweges über die Bundesstraße 85 im Zuge der Ortsumgehung Ruderting wurde dann 1996–1997 mit Ausnahme der Brückenkappe die gesamte Brücke aus Holz hergestellt. Als Tragkonstruktion wurde hier ein Sprengwerk mit V-förmigen Schrägstielen gewählt. Der Überbau ist als vierstegiger Plattenbalken aus Brettschichtholz ausgebildet. Die Fahrbahntafel und die Längsträger sind mit eingeleimten Stabdübeln schubfest verbunden. Als schwieriges Detail stellte sich insbesondere die Befestigung der Betonfertigteilkappe auf der Fahrbahntafel heraus, da die Kappe nach DIN 1052 für eine Anpralllast von 100 kN bemessen werden musste. Auch hier wird eine ausreichende Verbindung mit eingeleimten Stabdübeln erreicht. Bei der nächsten, in den Jahren 2006–2007 errichteten Brücke über die Bundesstraße 85 im Zuge der Ortsumgehung Neukirchen vom Wald stand vor allem die Weiterentwicklung der konstruktiven Details im Mittelpunkt. Anders als bei der Brücke bei Ruderting wird hier der fünfstegige Plattenbalkenquerschnitt aus Brettschichtholz auf zwei Stahlträgern HEB 400 gelagert, die ihrerseits von je zwei senkrechten Holzpfeilern unterstützt werden. Zwischen den Stahlträgern und den Pfeilern sind querfeste bzw. allseits bewegliche Neoprenlager angeordnet. Die Holzbrücke bei Neukirchen vom Wald wurde bereits auf eine Traglast von 60 t bemessen und dabei versucht, weitgehend die Vorgaben der DIN-Fachberichte analog anzuwenden. Die Kappe wurde zum Beispiel mit Tellerankern und Zuglaschen in der Fahrbahnplatte aus Brettschichtholz verankert und zudem die Abdichtung im Kappenbereich verbessert.

3 Holzbrücke bei Hengersberg 3.1 Konstruktion Bei der zuletzt im vorigen Jahr errichteten Holzbrücke im Zuge der Bundesstraße 553, Ortsumgehung Schwarzach bei Hengersberg, konnten aus den Erfahrungen der vorangegangenen Bauwerke die Konstruktionsdetails weiter verbessert werden. Geplant und ausgeschrieben

5 Detail: Überbau und Kappe © Staatliches Bauamt Passau

wurde zunächst ein Bogentragwerk mit einer aufgeständerten Fahrbahnplatte. Nachdem aber die Ausschreibung kein wirtschaftliches Ergebnis brachte, wurde sie aufgehoben und der weite- ren Planung, wie bei der Brücke bei Ruderting, eine Tragkonstruktion als Sprengwerk mit V-förmigen Stützen zugrunde gelegt.

6 Holzbrücke über die B 85, Ortsumgehung Neukirchen vom Wald © Staatliches Bauamt Passau

7 Konstruktion der Brücke bei Hengersberg © Staatliches Bauamt Passau

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1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU Die bereits bei den beiden vorange- gangenen Holzbrücken bei Ruderting und Neukirchen vom Wald bewährte Überbauform eines mehrstegigen Plattenbalkens wurde im Prinzip beibehalten. Auch hier besteht die rund 25 cm dicke Fahrbahnplatte aus orthogonal verleimtem Brettschichtholz. Den Abschluss nach unten bildet eine Kertoplatte (Brettsperrholzplatte), nach oben erfolgt die Abdichtung mit einer 1 cm dicken einlagigen Bitumenschweißbahn. Die darauf querverlegte 4-cm-Holzlattung zur Unterlüftung und eine 4 cm dicke BFU-Platte bilden die Tragkonstruktion für den Fahrbahn- belag. Dieser besteht aus einer 3,50 cm dicken Asphaltbetonschutzschicht und der 3,50 cm dicken Deckschicht aus gewalztem Asphaltbeton. Zwischen der BFU-Platte und den Asphaltschichten befindet sich eine zweite Abdichtung aus zweilagig verlegten Bitumenschweißbahnen. Die Längsträger sind mit Blockverleimung schubfest mit der Fahrbahnplatte ver- bunden. Da Brettschichtholzquerschnitte fertigungsbedingt nur bis zu einer Breite von 30 cm hergestellt werden können, wurden zwei 2 x 20 cm breite Träger mit Blockverleimung zu einem 40 cm breiten Längsträger verbunden.

9 Blechverkleidung und Dreischichtplatte © Staatliches Bauamt Passau/ Schaffitzel Holzindustrie GmbH & Co. KG

3.2 Witterungsschutz Der Schutz der tragenden Bauteile aus Holz vor der Witterung erfolgt von oben durch die Abdichtung und den Fahrbahnbelag. Die Stützen und die vier Längsträger bestehen wegen der höheren Resistenz gegen Verwitterung aus Lärchenholz. Die Überbauenden im Bereich der Übergangskonstruktionen und die beiden äußeren Seiten der Fahrbahnplatte sind mit Edelstahlblechen verkleidet, seitlich werden die Fahrbahntafel, die äußeren Stege der Längsträger und die Stützen durch auswechselbare Dreischichtplatten aus Lärchenholz gegen Schlagregen geschützt. Mit diesen Schutzmaßnahmen der Holzkonstruktion gegen Verwitterung und weiteren Konstruktionsdetails wird ein dauerhaftes Durchfeuchten der Brücke vermieden.

8 Querschnittsdetail © Staatliches Bauamt Passau

Eine wesentliche Änderung wurde bei der Befestigung der Stahlbetonkappen vorgenommen: In diesem Fall sind sie auf an den Außenseiten der Randträger angeschlossenen Stahlkonstruktionen montiert. So erübrigt sich die Durchdringung der Abdichtung mit Stahldübeln, die einen Schwachpunkt dar- stellt. Im Bereich der Stahlkonstruktionen befinden sich zur Stabilisierung der Konstruktion zwischen den Längsstegen Stahlquerträger. Außerdem werden die Trägerkonstruktionen der Kappen mit einem Zugband aus Stahl verbunden, das durch die Querlattung verläuft.

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11 Montage der Schrägstützen © Staatliches Bauamt Passau

10 Vorbereitung der Blockverleimung © Staatliches Bauamt Passau/ Schaffitzel Holzindustrie GmbH & Co.KG

3.3 Herstellung im Werk Der komplette Überbau konnte witterungsunabhängig im Werk hergestellt werden. Neben einer kurzen Bauzeit wurde so auch eine hohe Qualität erreicht. Damit ist eine Lebensdauer der Brücke zu erwarten, die der von Stahlbetonbrücken, Spannbetonbrücken oder Stahlverbundbrücken entspricht. 3.4 Montage der Brücke Nach der Herstellung der Widerlager und Fundamente erfolgte zunächst die Montage der schräg gestellten V-förmigen Stützen. Dazu wurden die schon im Werk aufgebrachten Stützenfüße aus Stahl in die vorbereiteten Köcherfundamente eingehoben, ausgerichtet und vergossen. Bis zum Abbinden des Betons bzw. der Verbindung mit dem Überbau wurden die Stützen mit Hilfskonstruktionen unterbaut.


12. SYMPOSIUM BRÜCKENBAU

Anschließend wurde der Überbau auf die Baustelle transportiert und mit einem Kran eingehoben. Durch die ebenfalls bereits im Werk vorgefertigten und anmontierten Stützenköpfe aus Stahl konnten die Stützen ohne große Probleme mit dem Überbau zu einem Sprengwerk verbunden werden.

12 Montage des Überbaus © Staatliches Bauamt Passau

Den Abschluss der Brückenerrichtung bildeten die Abdichtungsarbeiten mit der zweilagigen Bitumenschweißbahn, der Einbau der Asphaltbetonschutzschicht sowie die Montage der Stahlbetonfertigteilkappen und der Geländer. Nach dem Baubeginn im Mai 2011 konnte die 28 m lange und 5 m breite Holzbrücke bereits Ende des letzten Jahres komplett fertiggestellt werden. Ihre Baukosten betrugen rund 400.000 €, was 2.800 €/m² entspricht. Insgesamt wurden 58 m² Brettschichtholz und 3 m² Schnittholz verbaut.

13 Holzbrücke über die B 553, Ortsumgehung Schwarzach © Staatliches Bauamt Passau

4 Ausblick Mit den vier vorgestellten Pilotprojekten konnte die Bayerische Straßenbau- verwaltung den Nachweis erbringen, dass der Baustoff Holz grundsätzlich auch für Straßenbrücken geeignet ist. Unabhängig davon besteht aber sicher noch weiterer Forschungsbedarf, wobei auch die Erkenntnisse aus den Bayerischen Pilotprojekten einfließen. Letztlich muss sich aber der Baustoff Holz beim Brückenbau im Wettbewerb durchsetzen und dabei alle technischen Anforderungen vor allem hinsichtlich der Dauerhaftigkeit erfüllen. Autor: Ministerialrat Dipl.-Ing. Karl Goj Oberste Baubehörde im Bayerischen Staatsministerium des Innern, München

Literatur [1] Jacob-Freitag, S.: Schwerlastbrücke aus Holz bei Schwarzach. Entwurf, Konstruktion und Montage; in: Brückenbau, 3. Jg., 2011, Heft 4, S. 18–20.

Bauherr Freistaat Bayern, vertreten durch: Oberste Baubehörde im Bayerischen Staatsministerium des Innern, München Staatliches Bauamt Passau Entwurfsplanung Staatliches Bauamt Passau, Bauoberrat Konrad Breuherr, Dipl.-Ing. (FH) Karl-Heinz Sperlein Hochschule Rosenheim, Prof. Dr.-Ing. Johann Pravida Tragwerksplanung und Ausführung Schaffitzel + Miebach GmbH, Lohmar Schaffitzel Holzindustrie GmbH & Co. KG, Schwäbisch Hall Prüfingenieur Prof. Dr.-Ing. Stefan Winter, München

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1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU Ersatzneubau im Zuge der Bundesautobahn A 7

Planung und Errichtung der Sinntalbrücke von Günther Kleiner, Edwin Seemann

1 Bestehende Brücke über dem Talraum der Sinn © Autobahndirektion Nordbayern

Die Bundesautobahn A 7 führt im Streckenabschnitt zwischen Fulda und Würzburg durch den landschaftlich reizvollen Naturpark Bayerische Rhön und überquert bei Bad Brückenau den Talraum der Sinn. Die im Jahr 1967 unter Verkehr genommene Stahlbrücke mit einer Länge von 770 m bietet mit Stützweiten zwischen 60,00 m und 110,00 m und einer maximalen Höhe von ca. 50 m über Talgrund ein sehr transparentes Erscheinungsbild. Erhebliche Verkehrszunahmen haben zu Schäden an der Konstruktion geführt, so dass 2003 mit einer Neubauplanung begonnen wurde, über die nachfolgend berichtet wird.

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1 Bestehendes Bauwerk 1.1 Geometrie und Konstruktion Die bestehende Sinntalbrücke hat eine Länge von 770 m und Feldweiten von 60,00 m und 110,00 m. Ihr Stahlüberbau mit einer Breite von 30,50 m ist als einteiliger Querschnitt ausgeführt. Die orthotrope Fahrbahnplatte wird von zwei vollwandigen, bis 5,00 m hohen Längsträgern unterstützt. Jeweils zwei schlanke Rundstützen in den Auflagerachsen tragen den Überbau. Mit einem Flächengewicht von nur 264 kg/m² zählt sie zu den Leichtgewichten des Stahlbrückenbaus. 1.2 Schadenszunahme Erhebliche Verkehrszunahmen seit dem Neubau haben zu Schäden an der Kon- struktion geführt: In diesem Streckenabschnitt der Bundesautobahn (BAB) A 7 hat sich der durchschnittliche tägliche Verkehr (DTV) um den Faktor sechs und der Anteil des Schwerverkehrs sogar um den Faktor neun erhöht. Dazu kommt noch der Anstieg der zulässigen Achslasten, für die das Bauwerk nicht ausgelegt ist. Im Laufe der Zeit sind überwiegend unter den Lkw-Spuren durch Ermüdung Schweißnähte zwischen Deckblech und Längssteifen sowie an den Querträgeranschlüssen aufgerissen. Aufgrund der Schadenszunahme wurde 1998 ein Gutachten zur aktuellen Tragfähigkeit und Gebrauchstauglichkeit in Auftrag gegeben und als dessen Ergebnis ein Ende der Nutzungsdauer der Fahrbahnplatte bis 2010 prognostiziert. Um die Gebrauchstauglichkeit der Brücke möglichst lange zu erhalten, mussten

verkehrslenkende Maßnahmen ergriffen werden. Es wurde daher ein Lkw-Überholverbot mit einer Geschwindigkeitsbeschränkung beschildert und die Überfahrt genehmigungspflichtiger Schwertransporte verboten. Zudem wurden jährliche Bauwerksprüfungen mit anschließenden Schweißnaht- Reparaturen angeordnet. Da durch die veranlassten Maßnahmen die weitere Schädigung nur verlangsamt, aber nicht abgestellt wurde, mussten Überlegungen zur Ertüchtigung des Bestandsbauwerkes bzw. zum Ersatzneubau angestellt werden. Das Dauerfestigkeitsproblem der Fahrbahnplatte war letztendlich ausschlaggebend für den Beginn einer Neubauplanung ab 2003. 2 Neubauplanung 2.1 Randbedingungen Bei der Neubauplanung war eine ganze Reihe wichtiger Randbedingungen in Bezug auf Baudurchführung, Umweltverträglichkeit und Gestaltung zu berücksichtigen: – Geringe Beeinträchtigung des BAB-Verkehrs durch Neubau und Anbindung, – angrenzende FFH-Gebiete im Natur- park Bayerische Rhön, – Naturschutzgebiet (»13d-Fläche«) im Baufeld, – Wasserschutzgebiet, – Immissionsschutz der angrenzenden Bebauung, – Gestaltung aufgrund der exponierten Lage, – Wirtschaftlichkeit.


12. SYMPOSIUM BRÜCKENBAU

Durch die Hochrechnung des Verkehrs auf das Jahr 2020 wurde eine Verkehrsbelastung von 45.000 Kfz/d prognostiziert, die von einem vierstreifigen Querschnitt (wie im Bestand) noch gut abgewickelt werden kann. Unter Abwägung dieser (hier nicht vollständig aufgeführten) Bedingungen und Zwänge wurde eine Vorzugstrasse am Innenbogen neben der Fahrtrichtung Würzburg gewählt. Die neue Brücke lässt sich folglich ohne Beeinträchtigung des BAB-Verkehrs errichten. Nur während der Einbindung der Strecke in die neue Trasse sind ver- engte Verkehrsführungen erforderlich. 2.2 Amtsvorschlag Zur Gestaltung des Bauwerks wurden sehr intensiv mehrere Varianten untersucht. Die bestehende Brücke fügt sich mit ihrer schlanken Bauweise und der klaren Gliederung optimal in das Sinntal ein. Das heißt, sie prägt den Talraum, ohne ihn zu dominieren.

Bei der Ausbildung des neuen Brückenquerschnitts und der Gestaltung wurde die vorhandene Situation aufgegriffen, und es wurden verschiedene konstruktive Überlegungen vergleichend über- prüft. Wegen der großen Stützweiten ergaben sich vorzugsweise Stahl- bzw. Stahlverbundüberbauten mit einem gemeinsamen oder zwei getrennten Tragwerken, die mit Einzelstützen oder Doppelstützen kombiniert wurden. Dem Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) wurden schließlich ein zweiteiliger Stahlverbundquerschnitt mit einem begehbaren Kasten je Überbau, gelagert auf zwei Pfeilern und einer Unterstützung der weiten Kragarme durch Druckstreben, zur Zustimmung vorgelegt. Parallel dazu wurde der Streckenabschnitt mit der Brücke zur Planfeststellung eingereicht. Für die neue Brücke wurden Stützweiten von 59,00 m + 84,00 m + 103,00 m + 3 x 107,00 m + 105,00 m + 83,00 m = 755,00 m Gesamtlänge und eine Breite von 30,50 m gewählt.

2 Ergebnis der Variantenuntersuchungen © Autobahndirektion Nordbayern

Im Genehmigungsschreiben des BMVBS Anfang 2008 war vermerkt, dass in der Ausschreibung der Brücke auch Sondervorschläge in Beton zuzulassen sind. Auslöser war der zu diesem Zeitpunkt enorme Anstieg des Stahlpreises. Unter den damaligen Marktbedingungen war die Spannbetonbauweise klar im Vorteil, und die Ausschreibungsplanung wäre mit den Möglichkeiten, Spannbetonvarianten anzubieten, wertlos geworden. Unter Umständen wäre dann auch ein ergänzendes Planfeststellungsverfahren erforderlich geworden, das ungewisse Zeitverzögerungen nach sich gezogen hätte. In Nachverhandlungen mit dem Ministerium hat man sich darauf geeinigt, dass Sondervorschläge nur in Verbundbauweise zugelassen werden. Hier war das grundsätzliche Gestaltungskonzept der Ausschreibung einzuhalten, jedoch wurden neben Rundstützen auch Stützen mit Pfeilerkopfaufweitungen in Querrichtung zugelassen.

3 Querschnitt beim Amtsvorschlag © Autobahndirektion Nordbayern

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1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU

2.3 Sondervorschlag Bei der europaweiten Ausschreibung reichten insgesamt sechs Bieter bzw. Bietergemeinschaften sechs Haupt- und 18 Nebenangebote ein. Zur engeren Wahl standen das günstigste Angebot für den Amtsentwurf mit Kosten von ca. 55.000.000 € und zwei Neben- angebote. Nach einer Vergabenach- prüfung vor der Vergabekammer konnte mit drei Monaten Zeitverzug der Zuschlag im Dezember 2008 auf das Nebenangebot der Bietergemeinschaft Bögl, Bögl Stahlbau und Plauen Stahl Technologie erfolgen. Gegenüber dem Amtsvorschlag sind die wesentlichen Unterschiede: – vier torsionssteife Längsträger (luftdichte Hohlkästen), – Quersteifen für Windlasten an den Pfeilern, – Pfeilerkopfaufweitung für Lager- spreizung, – Einschub ohne Hilfsstützen. Wie in der Ausschreibung vorgesehen, konnte ein aufgelassener Parkplatz hinter dem Widerlager Würzburg als Montageplatz für das Taktschiebeverfahren genutzt werden. Der Verschub erfolgte vom Widerlager Würzburg nach Norden zum Widerlager Fulda.

5 Vorbauschnabel mit Hubvorrichtung © Autobahndirektion Nordbayern

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3 Bauausführung Bei der Ausführungsplanung wurden die exakten Bauteilabmessungen konzipiert. Die Stränge wurden in Längsrichtung in jeweils 35 Schüssen mit Längen von 17,80–26,20 m, einer maximalen Höhe von 4,30 m und einer Breite von 1,80 m in zwei Stahlwerken gefertigt. Die Vormontage der beiden Kastenstränge erfolgte in neun Takten mit 2–5 unterschiedlich langen Schüssen pro Strang. In der Taktanlage wurden die Bauteile zu einem Durchlaufträger als spannungslose Werkstattform – in der Draufsicht ein Kreisbogen und in der Ansicht die Feld- mitten (die großen Felder bis zu 40 cm) überhöht – zusammengeschweißt. Die angelieferten Bauteile erhielten im Werk bereits den Korrosionsschutz bis auf die Deckbeschichtung. Um beim Verschub der beiden Stränge ohne Hilfsstützen die Kragmomente zu reduzieren, wurde an der Spitze ein 40 m langer Vorbauschnabel montiert. Dessen Unterkante wäre in den 107-m-Feldern am nächsten Pfeiler rechnerisch ca. 3,80 m zu tief gegenüber den Verschublagern angekommen. Deshalb hat man den Anschluss des Vorbauschnabels an die Stahlkästen so konstruiert, dass er schräg nach oben ragt; zusätzlich lässt

4 Querschnitt beim Sondervorschlag © Autobahndirektion Nordbayern

sich seine Spitze durch eine hydrauli- sche Hubanlage anheben. Wenn die Knickstelle zwischen Vorbauschnabel und Kastenunterseite über ein Verschublager geschoben wurde, mussten die Träger angehoben und ein Ausgleichskeil eingebaut werden, damit die zulässigen Pressungen auf den Verschublagern eingehalten wurden.

6 Verschub- und Haltevorrichtung © Autobahndirektion Nordbayern

Üblicherweise liegt beim Taktschieben die Verschubbahn in Höhe der endgültigen Lager parallel zur Entwurfsgradiente. Um sich nun zusätzliche Aushubarbeiten im Taktkeller zu sparen, wurden die Stahlstränge hinter dem Widerlager Würzburg in überhöhter Lage montiert und verschoben. Dazu wurden die Ver- schublager auf dem Widerlager Würzburg um 3,50 m höher, auf den nächsten drei Pfeilern von 2,80–1,22 m höher hergestellt, was mit aufwendigen Stahl- konstruktionen für die Unterstapelung und die Seitenführungen realisiert wurde. Die Längsneigung der Gradiente zum Widerlager Fulda und die zusätzliche Überhöhung der Verschubbahn erforderten in der Verschubanlage Maßnahmen zum Bremsen, aber auch zum Ziehen der Stahlstränge während der Montage und


12. SYMPOSIUM BRÜCKENBAU

beim Verschub. Die Rückhaltekräfte sind von Bohrpfählen aufgenommen worden, die Zugkräfte wurden über Erddruck abgeleitet. Beim Verschubvorgang wurde am Taktende eine Traverse montiert, durch die Spannstahllitzen, jeweils zum Ziehen und zum Bremsen, geführt worden sind. Mittels hydraulisch gekop- pelter Pressen wurden die Stahlstränge zurückgehalten, wenn die Reibungskräfte auf Verschublagern gering waren, oder es musste gezogen werden, wenn der Vorbauschnabel »bergauf« über die Verschiebelager zu bewegen war. Im ersten Bauabschnitt wurden die Kastenträger für die künftige Richtungsfahrbahn Fulda hergestellt. In Endlage, nach der Demontage des Vorbauschnabels erfolgte der Festpunktwechsel vom Widerlager Würzburg auf die drei mittleren Pfeiler, auf denen jeweils feste Kalottenlager eingebaut wurden. Anschließend wurden die Verschubachsen am Widerlager Würzburg und an den drei Pfeilern schrittweise nach einer Arbeitsanweisung abgestapelt und auf die endgültigen Lager abgesetzt. Der zweite Bauabschnitt für die Richtungsfahrbahn Würzburg wurde dann in gleicher Weise durchgeführt. Nach dem Absetzen der beiden Kastenträger auf den endgültigen Lagern wurde die Betonfahrbahnplatte abschnittsweise hergestellt. Im sogenannten Pilgerschrittverfahren, bei dem zuerst die Verbundplatte in den Feldern betoniert und danach im Rückschritt die Lücke über den Pfeilern geschlossen wird, wächst der Überbauquerschnitt vom Widerlager Fulda in Richtung Süden. Nach Abschluss der Betonarbeiten wird der Korrosionsschutz mit dem Auftrag der Deckbeschichtung vervollständigt. Mit dem Bau der Brücke wurde im März 2009 begonnen. Alle Unterbauten sind auf Bohrpfählen tiefgegründet. Für das Widerlager Fulda musste erst eine Dammverbreiterung geschüttet werden, bevor es errichtet werden konnte. Die begehbaren Rundpfeiler wurden mit entsprechendem Vorlauf errichtet. Von Juni bis Dezember 2010 wurden die beiden Stahlkästen des ersten Bau- abschnitts hergestellt und verschoben, von März bis September 2011 gingen die Stahlbauarbeiten für die Richtungsfahrbahn Würzburg vonstatten. Seit Mitte 2011 wird die Fahrbahnplatte im ersten Bauabschnitt erstellt.

4 Ausblick Im Frühjahr 2012 beginnen die Erd- und Deckenbauarbeiten für die Streckenangleichung. Die beiden neuen Überbauten werden bis Ende 2012 so weit fertiggestellt, dass der Verkehr von der alten Stahlbrücke auf das neue Bauwerk umgelegt werden kann. Im Folgejahr werden die Streckenbauarbeiten abge- schlossen und mit dem Abbruch der alten Sinntalbrücke begonnen. Mit der Errichtung von Regenrückhaltebecken wird dann bis Dezember 2013 die gesamte Baumaßnahme beendet. Autoren: Ltd. Baudirektor Dipl.-Ing. Günther Kleiner Autobahndirektion Nordbayern, Nürnberg Dipl.-Ing. Edwin Seemann Autobahndirektion Nordbayern Dienststelle Würzburg

Bauherr Autobahndirektion Nordbayern, Nürnberg Kostenträger Bundesrepublik Deutschland Entwurf und Ausschreibung Autobahndirektion Nordbayern, Nürnberg SSF Ingenieure AG, München Tragwerksplanung Leonhardt, Andrä und Partner, Beratende Ingenieure VBI, GmbH, Dresden Prüfingenieur Dr.-Ing. Erhard Garske, München Bauleitung Autobahndirektion Nordbayern, Dienststelle Würzburg Sondervorschlag und Ausführung Dach-Arbeitsgemeinschaft Sinntalbrücke, Frankfurt am Main Max Bögl Bauunternehmung GmbH & Co. KG, Sengenthal Max Bögl Stahl- und Anlagenbau GmbH & Co. KG, Sengenthal Plauen Stahl Technologie GmbH, Plauen

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1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU Prüfung und Überwachung des Taktschiebens

Herstellung der neuen Sinntalbrücke von Erhard Garske

Wie bereits in dem Beitrag »Planung und Errichtung der Sinntalbrücke« von Günther Kleiner und Edwin Seemann erwähnt, wird der Überbau dieser Brücke im Taktschiebeverfahren mit nachlaufendem Schalwagen errichtet. Dabei galt es schwierige Randbedingungen und Problemstellungen zu bewältigen, die nun nachfolgend thematisiert werden. 1 Einführung Bei den gegebenen Randbedingungen lag es nahe, den Überbau der neuen Sinntalbrücke im Taktschiebeverfahren mit nachlaufendem Schalwagen herzu- stellen. Zunächst werden die beiden zusätzlich auch temporär gekoppelten Stahlkästen des Querschnitts für jede Richtungsfahrbahn in Position geschoben. Nach diesem Verschub wird die Fahrbahnplatte in einem angepassten Pilger- schrittverfahren auf einer Schalwagenunterstützung betoniert. Die statischen und konstruktiven Herausforderungen beim Verschub lässt nachstehende Abbildung in prägnanter Weise erkennen. Die freie Auskragung bis zu 107 m von Vorbauschnabel und Stahlkästen erscheint im Foto noch größer, da ein neuer Pfeiler durch die alte Brücke verdeckt wird. Das Bild

2 Verschubzustand Mitte Oktober 2010 © Ingenieurbüro Dr. Garske

verdeutlicht so besonders eindrucksvoll die zu bewältigenden Herausforderungen der Bauingenieure und Monteure. Für das Taktschieben werden die Stahl- kästen in transportablen Längen werks- mäßig vorgefertigt und auf der Baustelle den notwendigen Verschublängen ent- sprechend verschweißt. Auf der Südseite hinter dem Widerlager Achse 90 wurde dazu der Taktkeller eingerichtet. Für den Verschub waren schwierige Randbedingungen und Problemstellungen zu bewältigen. Insbesondere in den weit auskragenden Verschubzuständen (bis zu 107 m) des im Grundriss gekrümmten Überbaus mit Durch- biegungen bis zu ca. 3,80 m und großen Abstapelhöhen wurden Vorbauschnabel, Stahlkästen und Verschubeinrichtungen hoch beansprucht.

3 Stahlkastensegment nach der Werkstattfertigung © Ingenieurbüro Dr. Garske

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1 Überbauquerschnitt der Richtungsfahrbahn Ost © Dach-Arbeitsgemeinschaft Sinntalbrücke

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4 Erster Verschubstrang im Taktkeller © Ingenieurbüro Dr. Garske

5 Verschubzustand mit großer Auskragung © Ingenieurbüro Dr. Garske


12. SYMPOSIUM BRÜCKENBAU

6 Litzenheberanlage am Segmentende © Ingenieurbüro Dr. Garske

2 Verschubeinrichtungen Das eigentliche Verschieben des Stahl- überbaus erfolgt mit Hilfe eines Litzenhebersystems. Der Festpunkt für diese Schub- bzw. Zugvorrichtung wird mittels einer Stehträgerkonstruktion aus zwei HEB 700 an der Widerlagerkammerwand ausgeführt, wobei ihr Fußpunkt auf Zug verankert und zur Aufnahme der horizontalen Kräfte ausgekeilt und vergossen wird. Ausgehend von dem Festpunkt verlaufen die Zuglitzen zum Ende des jeweiligen Taktes, wo sie in den Litzenhebern verankert sind, die ihrerseits die Litzen spannen, indem sie sich dabei gegen zwei Querträger mit zwei Stehträgern am Ende des Verschubsegmentes abstützen und so beide Stahl- kästen aus dem Taktkeller schieben. Aufgrund der Neigung des Überbaus in Brückenlängsrichtung und der Möglichkeit eines Abfalls der Reibung (bis µ = 0) wurde ca. 120 m hinter dem Widerlager eine Bremsanlage mit jeweils zwei Bohr- pfählen (d = 1,20 m, L = 7 m) ausgeführt; die Lasteinleitung in die Bohrpfähle

7 Steckträger der Bremsanlage © Ingenieurbüro Dr. Garske

erfolgt über einbetonierte Steckträger HEB 600. Außerhalb der vergleichsweise kurzen Verschubvorgänge muss der Überbau in Längsrichtung ebenfalls gegen horizontale Verschiebungen arretiert werden. Als entsprechende Längsfesthaltung dienen ausgesteifte Blechkonsolen an den Stahlträgeruntergurten, die über eine Gurtung und Zugstangen an die Stehträger HEB 1000 der Seitenführung geklemmt werden. Diese Konsolen werden bei jedem Verschub wieder entfernt und umgesetzt. Die auf den Pfeiler zu montierenden Verschublager mit Seitenführungen bilden ein weiteres wichtiges Teilsystem für den Verschub. Seitenführungskräfte werden hier über die Stehträger, deren biegesteifen Anschluss bzw. zwei Ver- bände an die Auflagerträger abgegeben, die ihrerseits durch angeschweißte Trägerstummel und deren Eingreifen in zu vergießende Aussparungen mit dem Pfeilerkopf unverschieblich verbunden sind.

3 Vorbauschnabel Neben den beschriebenen Einrichtungen zum Verschub bzw. zur Sicherung des Stahlüberbaus beim Verschub ist der Vorbauschnabel das wesentliche Bauteil für das Taktschiebeverfahren. Der hier eingesetzte 40 m lange Vorbauschnabel besteht im Wesentlichen aus zwei aus- gesteiften Vollwandträgern im Achsabstand von 4,37 m, einem Horizontalverband in der Untergurtebene und

9 Vorbauschnabel in Verschubrichtung © Ingenieurbüro Dr. Garske

vertikalen K-Verbänden. Die beiden geschweißten Vollwandträger sind in vier Segmente unterteilt, die über Kopfplattenanschlüsse mit hochfesten vorgespannten Schrauben biegesteif verbunden werden. Mittels Gabel- anschlüssen und Bolzen werden die aus zusammengesetzten Winkelprofilen gebildeten Verbandsstäbe zug- und druckfest an die Quersteifen bzw. Anschlussbleche an den Untergurten der Vollwandträger montiert.

8 Verschublager mit Seitenführung © Ingenieurbüro Dr. Garske

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Der Brückenradius im Grundriss wird im Vorbauschnabel über eine polygonale Ausrichtung seiner einzelnen Hauptträgersegmente angenähert, die durch den Einbau entsprechender Keilplatten in den Segmentstößen erreicht wird. An den Überbau wird der Vorbauschnabel unter einem entsprechenden Anstellwinkel über eine biegesteife Kopfplattenverbindung mit hochfesten, vorge- spannten Schrauben angeschlossen. Die Schnabelspitze ist mit einem verstell- baren Anlaufträger ausgestattet, der über einen Hydraulikzylinder (Hub bis ca. 1.000 mm) gesteuert werden kann. 4 Besonderheiten des Verschubs Insgesamt rund zehn nachstehend näher erläuterte Randbedingungen bzw. Besonderheiten, vor allem im Vergleich zu den häufiger im Taktschiebeverfahren hergestellten Spannbetonkastenbrücken, kennzeichnen den Verschub bzw. den hier zu verschiebenden Stahlüberbau. Die ersten fünf sind folgende: – Es werden zwei gekoppelte Stahl- kästen verschoben. – Der Überbau ist im Grundriss mit einem Radius von ca. 1.300 m gekrümmt. – Bei einer maximalen Auskragung von 107 m treten große Beanspruchungen und Verformungen (Durchbiegung bis zu ca. 3,80 m) auf. Große Abstapelhöhen werden erforderlich. – Der Verschub erfolgt nur auf Verschublagern unter den beiden Innenstegen der Stahlkästen. – Es entstehen sehr unterschiedliche Verschublagerkräfte. Beide Stahlkästen müssen über temporäre Verbände auch für Windbeanspruchungen bereichsweise gekoppelt werden.

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Die ersten vier Randbedingungen und dabei primär die Krümmung des Über- baus im Grundriss führen zu einem beachtenswerten statischen Systemverhalten und in der Konsequenz zur fünften Besonderheit: Würden die beiden Stahlkästen und der Vorbauschnabel im Grundriss geradlinig verlaufen, wären für den Lastfall Eigengewicht lediglich Koppelstäbe am oberen und unteren Flansch in bestimmten Abständen erforderlich gewesen, um die Torsionsbeanspruchung aus der exzentrischen Stützung der Kästen unter den Innenstegen ohne größere Verdrehungen aufzunehmen. Für diesen Lastfall hätten also mit den vorhandenen Querträgern in den Auflagerachsen nur wenige zusätzliche Koppelstellen ausgereicht. Bei der für den Verschub kritischen, größten Auskragung führt die hier vor- handene Krümmung des Überbaus im Grundriss jedoch zu Torsionsbean- spruchungen beider Kästen, die einen entscheidenden Einfluss auf die Verteilung der Auflagerkräfte auf die Verschublager am Kragarm bzw. die Verdrehung der Querschnitte haben. Betrachtet man die Brücke im Grundriss mit Blickrichtung

10 Vorbauschnabel nach Pfeilerauffahrt © Ingenieurbüro Dr. Garske

11 Geradliniger Brückenverlauf im Grundriss: Horizontale Kopplung der Stahlkästen an den Verschublagern führt zu kleinen Torsionsmomenten und Verdrehungen. © Ingenieurbüro Dr. Garske

Norden, bewegen sich die Querschnitte von einer gedachten Tangente an die Schwerachse entsprechend der Krümmung nach Westen, so dass das Eigengewicht der Kragarme im Auflagerquerschnitt beider Stahlkästen ein negatives Torsionsmoment erzeugt. Die exzentrische vertikale Auflagerkraft unter dem Innensteg des westlichen Stahlkastens erzeugt in diesem ebenfalls ein negatives, hohes Torsionsmoment.

12 Vereinfachtes Grundrissmodell zum weit auskragenden Verschubzustand ohne Kopplung der Kästen © Ingenieurbüro Dr. Garske


12. SYMPOSIUM BRÜCKENBAU

Dagegen ergibt sich für den östlichen Stahlkasten ein positives Torsionsmoment aus der Auflagerkraft, da sie wie die Eigengewichtsresultierende auf der gleichen Seite, bezogen auf die Trägerschwerachse (Drehachse), angreift. Sind beide Stahlkästen über dem Kragarmauflager lediglich durch die oben beschriebenen Koppelstäbe in Höhe der Trägerflansche verbunden, kann über die Verschublager keine Torsionsbeanspruchung der Stahlkästen aufgenommen werden. Unterschiedliche Torsionsbeanspruchungen beider Kästen gleichen sich lediglich über die Koppelstäbe aus und laufen über das anschließende Feld in den Trägern weiter, bis sie über einen Querträger als Kräftepaar eine Art Biegetorsion in dem Gesamtquerschnitt aus beiden Stahlkästen erzeugen bzw. über einen Auflagerquerträger die Torsion als Querbiegemoment in die Pfeiler übertragen.

13 Gekrümmter Brückenverlauf im Grundriss: horizontale Kopplung, keine Aufnahme gleichsinnig drehender Torsionsmomente © Ingenieurbüro Dr. Garske

Bei dem vorhandenen System zeigte sich, dass an den Verschublagern des jeweiligen Kragarms in den verschiedenen Verschubzuständen unbedingt die Aufnahme eines Torsionsmomentes ermöglicht werden musste, um die Verdrehungen beider Kästen insbesondere für die Verschublager und die Seitenführungen nicht zu groß werden zu lassen. In Auflagerachse 20 des Überbaus – sie liegt bei maximaler Auskragung lediglich etwa 8 m von den Verschublagern des Kragarms entfernt – wurde daher bei dem Überbau der östlichen Richtungsfahrbahn für den Verschubzustand ein Verband mit Diagonalstab anstelle des späteren Querträgers zwischen beiden Stahl- kästen angeordnet, so dass Querkräfte übertragbar wurden und sich so

unterschiedliche Auflagerkräfte in den beiden Verschublagern zur Aufnahme der Torsionsbeanspruchung einstellen konnten. Dies reduzierte die Verdrehung der Kästen auf ein verträgliches Maß. So wurde auch sichergestellt, dass »rechnerisch gelenkige« Anschlüsse der zur temporären Kopplung zwischen den Kästen eingebauten Verbandsstäbe nicht unverträglichen Verdrehungen ausgesetzt waren. Neben den systembedingten erheblichen Verdrehungen und großen vertikalen Durchbiegungen der Stahlkästen führte auch die horizontale Windbeanspruchung in den kritischen, weit auskragenden Verschubzuständen zu solchen Verformungen im Anschlussbereich des Vor- bauschnabels, dass dort ein temporärer Verband in Höhe der unteren Kastenflansche den Endquerträger entlasten musste. Die Vierendeel- bzw. Rahmentragwirkung zwischen dem Endquerträger und den Kästen hätte ohne diesen Verband zu einer Überbeanspruchung des Querträgers geführt, die Querverformungen verringerten sich in der Folge deutlich. Die weiteren Randbedingungen bzw. Besonderheiten sind nachstehend aufgelistet: – Der Vorbauschnabel schließt mit seinen beiden Hauptträgern in den Achsen der Innenstege an. Die Verbandsstäbe liegen ebenfalls exzentrisch zu den Schwerachsen der Stahlkästen. – Die Geometrie der spannungslosen Werkstattform ist zu berücksichtigen. – Über die minimierten Blechdicken der Innenstege (Feldbereiche) müssen große Auflagerlasten in die Stahlkästen eingeleitet werden (Beulgefahr der Stegbleche). – Die dünnen Stahlstege erfordern eine sehr präzise Seitenführung der Stahlkästen (geringe Toleranzen). Bei tiefem Sonnenstand treten hohe Seitenführungskräfte auf. - Vorbauschnabel und Stahlkästen sind als zusammenwirkendes System zu betrachten, wobei eine schubfluss- gerechte Kopplung beider Systemteile zu gewährleisten ist.

14 Gekrümmter Brückenverlauf im Grundriss: horizontale und diagonale Kopplung, Übertragung der Torsionsbeanspruchung der Einzelkästen in die Verschublager bzw. den Gesamtquerschnitt © Ingenieurbüro Dr. Garske

Da der Vorbauschnabel lediglich an den zwei Innenstegen der Stahlkästen angeschlossen wurde und damit deutlich schmaler als die temporär verbundenen Kästen ist, waren horizontale Abstüt- zungen zwischen dem unteren Flansch der Vollwandträger des Vorbauschnabels und den Seitenführungen einzubauen sowie in den statischen Nachweisen die betreffenden Exzentrizitäten zu berücksichtigen. Obwohl die Balkentheorie aufgrund der großen Bauteillängen für das System auch im Verschubzustand überwiegend Gültigkeit hat, musste der Kraftfluss in den Querschnitten gerade im Bereich der exzentrischen Anschlüsse genau nachvollzogen werden. Ebenso war die Lasteinleitung aus den exzentrisch angeordneten Kopplungen und Verbänden in die Kastenquerschnitte nachzuweisen. Des Weiteren war bei der statischen Berechnung des gesamten Verschubes zu beachten, dass die Stahlträger entsprechend der spannungslosen Werkstattform deutlich überhöht (bis ca. 40 cm) sind und in bestimmten Verschubzuständen die Lager erst bei gegenläufiger Verformung der Stahlträger wirksam werden.

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15 Verschublager unter den Innenstegen © Ingenieurbüro Dr. Garske

Der Einbau der Verschublager und der Seitenführungen sowie das Verschieben selbst hatten äußerst präzise zu erfolgen. Die Dicken der Innenstege der Stahlkästen variieren und betragen bereichsweise lediglich 16 mm, die Breite der Auflagerfläche an den Verschublagern misst nur ca. 10 cm. Ein seitliches, unplanmäßiges Verschieben der Stahl- kästen gegenüber der Soll-Lage um wenige Zentimeter hätte Plattenbiegebeanspruchungen in Gurten und Stegen

17 Zu geringe Vorspannung in der Seitenführung © Ingenieurbüro Dr. Garske

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16 Verstärkung der Gabelanschlüsse am Vorbauschnabel © Ingenieurbüro Dr. Garske

und als Konsequenz ein Stegbeulen und damit vermutlich ein Abknicken des weit auskragenden Verschubstückes verursacht. Die Weichheit des Systems aus den beiden gekoppelten Stahlkästen in den kritischen, weit auskragenden Verschubzuständen hatte auch Auswirkungen auf den Vorbauschnabel. Insbesondere der erste, den Stahlkästen nächstgelegene K-Verband wurde durch vertikale und horizontale Querkräfte beansprucht,

18 Zu kurze Schrauben © Ingenieurbüro Dr. Garske

die als Resultat unterschiedlicher Ver- drehungen und Verschiebungen der Kästen am Überbauanfang bei Achse 10 entstanden. Bis zu diesem ersten K-Ver- band traten auch bemessungsrelevante Querbiegemomente in den Gurten der Vollwandträger des Vorbauschnabels auf. Um ein seitliches Ausknicken an den Gabelanschlusspunkten der Verbände sicher auszuschließen, wurden Verstärkungsbleche aufgeschweißt.

19 Zu geringer Gewindeeinstand © Ingenieurbüro Dr. Garske

20 Zu langer Ankerstab © Ingenieurbüro Dr. Garske


12. SYMPOSIUM BRÜCKENBAU

5 Bauüberwachung Im Zuge der Bauüberwachung wurden die Anlagen für den Verschub (Verschublager, Seitenführungen, Verschub- und Bremsanlage, Längsfesthaltung, Vorbau- schnabel) und die Arbeitsgerüste auf den Pfeilern kontrolliert. Neben den technischen Einrichtungen wurden ferner die Arbeitsabläufe und mögliche Katastrophenszenarien geprüft und eingehend mit den Beteiligten bzw. den vor Ort Verantwortlichen diskutiert. Ganz überwiegend wurden die Arbeiten in den Montage- und Verschubzuständen von den bauausführenden Firmen Max Bögl und Stahlbau Plauen sehr sorgfältig vorbereitet und fachgerecht ausgeführt. Einige kleinere Montageversehen oder Mängel wurden im Rahmen der Bauüberwachung erkannt und vor den betreffenden Verschubzuständen korri- giert bzw. beseitigt. Dies waren zum Beispiel zu geringe Vorspannkräfte in den Diagonalspanngliedern der Seitenführungen und vereinzelt festgestellte zu geringe Schraubenlängen bzw. Schraubeneinstände. Ein zu lang heraus- stehender Ankerstab (Verletzungsgefahr) wurde entsprechend gekürzt. Autor: Dr.-Ing. Erhard Garske Prüfingenieur für Standsicherheit Fachrichtungen Massivbau und Metallbau Arbeitsgemeinschaft Prüfung Sinntalbrücke Albrecht & Garske, München

Bauherr Autobahndirektion Nordbayern, Nürnberg Kostenträger Bundesrepublik Deutschland Entwurf und Ausschreibung Autobahndirektion Nordbayern, Nürnberg SSF Ingenieure AG, München Tragwerksplanung Leonhardt, Andrä und Partner, Beratende Ingenieure VBI, GmbH, Dresden Prüfingenieur Dr.-Ing. Erhard Garske, München Bauleitung Autobahndirektion Nordbayern, Dienststelle Würzburg Sondervorschlag und Ausführung Dach-Arbeitsgemeinschaft Sinntalbrücke, Frankfurt am Main Max Bögl Bauunternehmung GmbH & Co. KG, Sengenthal Max Bögl Stahl- und Anlagenbau GmbH & Co. KG, Sengenthal Plauen Stahl Technologie GmbH, Plauen

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1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU Gestaltungsinitiative der Asfinag

Das Leitkonzept »Brücke« von Michael Kleiser

Straßen prägen unseren Lebensraum – viel stärker, als man auf den ersten Blick vermuten möchte. Brücken als wesentliche Bestandteile des Straßennetzes sind im Besonderen landschaftsprägende Elemente, denen eine hohe Bedeutung für die Baukultur des Landes Österreich zukommt. Die Asfinag, der Betreiber der österreichischen Autobahnen und Schnellstraßen, hat sich im Rahmen einer übergeordneten gesamtheitlichen Initiative zum Ziel gesetzt, das Erscheinungsbild der Brücken sowohl in Hinblick auf ihre gestalterische Qualität als auch auf ihre adäquate Eingliederung in das Landschaftsbild zu verbessern. Das Leitkonzept »Brücke« als Bestandteil der unternehmensintern verbindlichen Richtlinie regelt die Gestaltungsprozesse und beinhaltet Hinweise und Vorgaben für zielgerechte ganzheitliche Brückenentwürfe.

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1 Lebensraumprägende Straßen © Asfinag Bau Management GmbH

2 Leitplanung für Rastplätze © Asfinag Bau Management GmbH

1 Gestaltungsinitiative Die Asfinag betreibt ein über 2.100 km langes Straßennetz mit ca. 5.000 Brücken, ca. 300 km Tunneln und vielen Begleitbauwerken wie Rastplätzen, Autobahnmeistereien und Lärmschutzbauwerken unterschiedlichen Typs und Alters. Alle baulichen Eingriffe formen unseren Land- schaftsraum und unsere Umgebung und sind daher gestaltungsrelevant. Die Asfinag nimmt diesen Aspekt aus Ver- pflichtung gegenüber der Baukultur sehr ernst und bemüht sich schon seit Jahren, durch architektonische Leitplanungen und Architekturwettbewerbe bei Neu-

bauabschnitten gestalterische Akzente zu setzen und so die Aufmerksamkeit und das Interesse der Autofahrer zu wecken. Um verbindliche unternehmensweite Vorgaben zu schaffen, erfolgte im Jahr 2009 die Erstellung einer übergeordneten Gestaltungsrichtlinie »Gestaltung von baulichen Anlagen«, die mit dem Leitkonzept »Lärmschutz« ergänzt wurde. Im Herbst 2011 wurde die Gestaltungs- initiative um die Leitkonzepte »Brücke«, »Tunnel« und »Hochbau« erweitert und damit ein umfassendes bauwerksübergreifendes Regelwerk geschaffen.


12. SYMPOSIUM BRÜCKENBAU

3 Gestaltungsgrundlagen der Asfinag © Asfinag Bau Management GmbH

Im Rahmen der Gestaltungsinitiative der Asfinag wurde 2010 auch ein Gestal- tungsbeirat eingerichtet, der sich aus Vertretern der Asfinag sowie externen Experten aus den Bereichen Architektur, Landschaftsarchitektur und Raum- planung zusammensetzt. Zu dessen Aufgaben gehören die Freigabe von Leitplanungen, das Formulieren von Gestaltungszielen, Begleitung von Projekten und Teilnahmen in Wettbewerbsjurys. 2 Leitkonzept »Brücke« 2.1 Ziel und Kriterien Das Leitkonzept »Brücke« erweitert das Spektrum der wirtschaftlichen und technisch-funktionalen Planungsgrundlagen für den Brückenbau um den Aspekt der Ästhetik mit dem Ziel, Bauwerke mit ganzheitlicher Qualität sicherzustellen, [1] und zwar unabhängig davon, ob es sich um Neubauten oder um Eingriffe in Bestandsobjekte handelt.

4 Brücke über das Gantertal von Christian Menn © Nicolas Janberg/www.structurae.de

Wirtschaftlichkeit, Technik und Funktion sowie Ästhetik stehen nicht zwangsläufig im Widerspruch zueinander, wie viele hervorragende Beispiele gebauter Brücken im Netz und außerhalb des Netzes der Asfinag zeigen. Um dieses Ziel zu erreichen, konnten für die Erstellung des Leitkonzeptes »Brücke« das Ingenieurbüro PCD-ZT GmbH (ehemals Ingenieurbüro A. Pauser) aus Wien und der Architekt Dietmar Feichtinger, Paris und Wien, als externe fachliche Begleitung gewonnen werden. Das Leitkonzept ist vorwiegend prozessorientiert aufgebaut, es handelt sich also nicht um eine Gestaltungsanleitung. Geregelt werden nicht nur der Streckenneubau, sondern insbesondere die unterschiedlichsten Maßnahmen an Bestandsbauwerken, die derzeit einen beträchtlichen Anteil im Netz der Asfinag ausmachen und künftig weiter an Bedeutung gewinnen werden. Das Leitkonzept ist somit ein praktisches

Handwerkszeug zur Unterstützung der Projektverantwortlichen in allen Phasen der Umsetzung bei Bestands- und Neu- bauten. Grundsätzlich ist jede Interaktion im öffentlichen Raum gestaltungs- relevant und berührt das öffentliche Interesse. Dennoch muss nicht jeder bauliche Eingriff gestalterisch gleichwertig beurteilt werden. Um auch Ein- griffe im Bestandsnetz, wie einfache wartungsbedingte Instandhaltungsmaßnahmen bis hin zu Generalinstandsetzungen mit dem Ziel der Erhöhung der Tragfähigkeit, richtig erfassen zu können, wurden Entscheidungsgrundlagen für die Relevanz eines Eingriffs und die daraus zu ziehenden Schlüsse entwickelt, die zu vier Gestaltungsrelevanzklassen GR 0 (untergeordnete Gestaltungsrelevanz) bis GR 3 (hohe Gestaltungsrelevanz) führen.

5 Überführung über die A 1 bei Sattledt © Asfinag Bau Management GmbH

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1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU

6 Generelles Ablaufschema © Asfinag Bau Management GmbH

Diese werden abhängig von vier Kriterien des öffentlichen Interesses ermittelt: – baukulturelle Bedeutung (Akzeptanz in der Fachwelt, innovative Konstruktionsart, Bekanntheitsgrad etc.); – visuelle Wahrnehmung (von welcher Personenzahl wird das Objekt visuell wahrgenommen?); – Dimension (Brückenlänge und maximale Höhe über dem Gelände); – Häufigkeit (Anzahl von ähnlichen/ gleichartigen Objekten). 2.2 Ablaufschema Der Prozess wird anhand eines Ablaufschemas anschaulich abgebildet, der vom jeweiligen Asfinag-internen Projekt- leiter anzuwenden ist. Zuerst wird der Gestaltungsbereich der baulichen Maß- nahme definiert, ob es sich z. B. um einen Neubaustreckenabschnitt oder aber um eine einfache Instandhaltungsmaßnahme im Bestandsnetz handelt. Danach wird über vordefinierte Mindestkriterien am direkten Weg bzw. über Kriterien des öffentlichen Interesses anhand eines Punktesystems die Gestaltungsrelevanz bestimmt. Aufgrund der Klassifizierung wird im Leitkonzept die weitere Vorgangsweise vorgegeben bzw. werden die Konsequenzen angeführt. Das Spektrum der Beurteilungsinstanzen reicht dabei vom Projektleiter selbst (GR 0 und GR 1) über die erforderliche Beauftragung eines

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externen Gestaltungsexperten (GR 2) bis hin zur Durchführung eines Gestaltungswettbewerbs (GR 3). Dabei wird bewusst freigestellt, ob als externer Gestaltungsexperte neben einem Architekten auch ein Ingenieur mit einschlägiger Erfahrung im Gestalten von Ingenieurbauwerken herangezogen werden kann. Dies soll dazu dienen, die Verantwortung des Tragwerksplaners für das Tragwerk als gestalterisches Element hervorzuheben und die Ingenieurbaukunst, die sich aus dem Gestaltungsprozess infolge technischer Ansätze entwickelt, insgesamt zu fördern. Mit der Gestaltungsrelevanz wird auch der Prüfablauf geregelt, um den Gestal- tungsprozess während der Planungsbzw. der Ausführungsphase bis zur Fertigstellung zu steuern und eine zielgerechte Umsetzung zu gewährleisten. Nach der Fertigstellung werden die Gestaltungsprojekte bzw. -konzepte in einer Baudatenbank für eine nachträgliche Evaluierung der Ergebnisse verwaltet.

2.3 Maßnahmenkatalog Das Kapitel »Entwurf und Gestaltung« enthält einen Maßnahmenkatalog, in dem Einzelmaßnahmen beschrieben werden, um das Bewusstsein für Gestal- tung bzw. das »gestalterische Auge« zu schulen. Darin werden anhand bewährter Grundsätze der Ästhetik im Brückenbau [1] [2] [3] [4] Hilfestellungen angeboten, die gerade bei Nichteinschaltung externer Gestaltungsexperten dienlich sind. Es werden die Bezugsebenen zum Ort und zur Strecke darge- stellt, aber auch der Möglichkeit zur Entwicklung von »Landmarks« Raum gegeben. Des Weiteren wird auf Kriterien der konstruktiven Ästhetik wie Proportion, Transparenz, visuelle Schlankheit sowie auf einen richtigen Umgang mit der Brückenausrüstung, Detailausbildung, Farb-, Material- und Oberflächenbezügen und objektübergreifenden Schnittstellen eingegangen. Wichtig ist vor allem das Ziel einer Authentizität der Konstruktion, die eine dem Kraftfluss entsprechende Ausformung des Tragwerkes anstrebt – im Sinne von: »Ist der Kraftfluss nicht ablesbar, ist die Tragwerksform nicht wahrhaftig, wird gar ein falscher Kraftfluss vorgegaukelt, ist sie unehrlich, verlogen.« (Jörg Schlaich in [5]). Dabei werden gelungene und weniger gelungene Beispiele bildlich dargestellt.


12. SYMPOSIUM BRÜCKENBAU

7 Überführung über die A1 bei Schörfl ing © Michael Kleiser

3 Zusammenfassung Brücken sind zum Teil weit sichtbare Elemente unserer Straßen und prägen entscheidend unser Landschaftsbild. Die Frage der Ästhetik ist daher bei der Planung von Brücken nicht minder wichtig und gehört auf gleicher Ebene wie Kosten und technisch-funktionale bzw. nachhaltige Aspekte behandelt, um ganzheitliche, im Sinne der Baukultur befriedigende Ergebnisse zu erhalten. Die Asfi nag als Betreiber der österreichischen Autobahnen und Schnellstraßen will ihrer Verantwortung gegenüber der Baukultur im Rahmen einer umfassenden Gestaltungsinitiative gerecht werden. Mit Hilfe des Leitkonzepts »Brücke« ist ein Instrument geschaff en worden, um alle Brückenneubauten sowie bauliche Maßnahmen an Bestandsbrücken einem entsprechenden Gestaltungsprozess zu unterziehen. Die Asfi nag hat sich hier bewusst eine Reihe von Spielregeln auferlegt und Kontrollinstanzen geschaff en, um eine sichere Umsetzung der gesteckten Ziele im Rahmen der wirtschaftlichen und technisch sinnvollen Möglichkeiten zu erreichen.

Literatur [1] Pauser, A.: Massivbrücken ganzheitlich betrachtet. Hrsg. v. Österreichischer Zementindustrie u. Österreichischem Verein für Beton- und Bautechnik. Wien 2002. [2] Leonhardt, F.: Brücken Bridges. Ästhetik und Gestaltung. 4. A. , Stuttgart 1994. [3] Menn, C.: Stahlbetonbrücken. 3. akt. u. erw. A., Wien 2003.

[4] Forschungsgemeinschaft Straße Schiene Verkehr (FSV): RVS 15.01.11 Qualitätskriterien für die Planung von Brücken. Wien 2003. [5] Schlaich, J.: Der Bauingenieur und die Baukultur; in Tagungsband der Stiftung Bauwesen. Stuttgart 2003.

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1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU Die Brücken und ihre Bedeutung

Neuer Hauptbahnhof in Wien von Judith Engel

Auf dem Gelände zwischen dem ehemaligen Süd- und Ostbahnhof und dem Südtiroler Platz entsteht der neue Hauptbahnhof Wien. Das Gesamtprojekt erstreckt sich mitten in der Stadt über fünf Wiener Gemeindebezirke. Der Südbahnhof als Kopfbahnhof für Süd- und Ostbahn wird durch einen leistungsfähigen Durchgangsbahnhof ersetzt, der zur Drehscheibe des internationalen Schienen- und Reiseverkehrs wird. Neben dem Bahninfrastrukturprojekt gehören auch noch das Städtebauprojekt mit der BahnhofCity und der Verwertung der freiwerdenden Flächen sowie die Entwicklung neuer Straßen der Stadt Wien zum Gesamtprojekt. Im neuen hochwertigen Stadtteil werden rund 5.000 Wohnungen, ein Bildungscampus, eine große Parkanlage sowie Bürobauten errichtet. Entlang der Bahn ist eine Gewerbezone vorgesehen, und die neuen Wohnhäuser an der Sonnwendgasse und an der Gudrunstraße schließen an einen 8 ha großen Park an. Um die Barrierewirkung der bisherigen Bahnanlagen zu reduzieren, werden die vorhandenen Querungsmöglichkeiten darüber hinaus umgebaut und erneuert sowie weitere Brücken errichtet, wie dieser Beitrag zeigt.

1 Projektinhalt Die Genehmigungs- und Detailplanung des Projekts Wien Hauptbahnhof läuft auf Basis des städtebaulichen Wettbewerbs und des daraus entwickelten Masterplans seit 2005. Die gesamten Planungsarbeiten (Vorentwurf, Genehmigungsplanung, Ausschreibungs- und Ausführungs- planung, Bestandsplanung) wurden in einem europaweiten Verfahren ausgeschrieben und Anfang 2006 nach einer zweistufigen Bewertung vergeben. Zur Umsetzung der Projektziele wurde im Jahr 2006 eine Variantenstudie durchgeführt, die der Optimierung der Anforderungen aus dem Spannungsfeld Fahrgastanforderungen, Bedürfnisse des Eisen- bahnbetriebs und Neustrukturierung der betrieblichen Organisation im Großraum Wien diente. Als Ergebnis konnte der weiteren Planung und Ausschreibung ein Konzept zugrunde gelegt werden, das den Bahnkunden eine moderne und attraktive Verkehrsstation bietet und den Bahnbetrieb bestmöglich integriert. So wird durch das Projekt Wien Hauptbahnhof die Anzahl der Service-Standorte (Reparatur, Wartung, Außen- und Innenreinigung) im Großraum Wien reduziert, so dass Verschub- bzw. Lok- fahrten und die daraus resultierende Umweltbelastung entfallen. Darüber hinaus werden die bahnbetrieblichen Funktionen nicht nur auf den letzten Stand der Technik gebracht, sondern ermöglichen aufgrund ihrer Anord- nung zugleich das neue und effiziente Betriebskonzept der »Bandproduktion«:

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1 Projektübersicht © ÖBB-Infrastruktur AG

Die einzelnen Schritte der Zugproduktion und -wartung erfolgen nicht wie bisher auf parallel angeordneten Gleisanlagen, sondern werden hintereinander durchlaufen. Damit können sowohl Zeit als auch Betriebskosten eingespart werden, und das Wagenmaterial wird dem Betrieb schneller zur Verfügung gestellt. Folgende wichtige Anlagenteile werden im Projekt neu realisiert: – Behandlungsanlagen für Reisezüge (Ver- und Entsorgung, Außenreinigung) für eine »Blockzugwartung«; – Auto-im-Reisezug-Anlage; – Abstellanlagen für Reisezüge und Triebfahrzeuge; – Betriebsgebäude für die Standorte Traktion, Produktion und Personenverkehr; – Stellwerk Süd in der Laxenburger Straße; – umfassende Erneuerung und Reorganisation der Bahninfrastruktur und Gleisanlagen; – Verkehrsstation »Wien Hauptbahnhof« mit fünf Inselbahnsteigen. Die Verkehrsstation wird als Durchgangsbahnhof geplant und ersetzt die beiden Kopfbahnhöfe Süd- und Ostbahnhof. Sie beinhaltet ca. 20.000 m2 Geschäftsflächen und wird im zweiten Untergeschoß ca. 600 Pkw-Stellplätze anbieten.


12. SYMPOSIUM BRÜCKENBAU

2 Standorte der Brückenbauwerke © ÖBB-Infrastruktur AG

2 Brückenbauwerke 2.1 Geplante Maßnahmen Die bestehende Eisenbahnanlage stellte für die städtische Entwicklung stets eine Barriere dar, die nur an wenigen Orten überwunden werden konnte. Durch das Projekt Wien Hauptbahnhof werden nun die bisherigen Querungsmöglichkeiten umgebaut und erneuert sowie weitere Brückentragwerke errichtet. Die vorhandenen Bahnbrücken stammen aus den 60er und 70er Jahren des ver- gangenen Jahrhunderts. Sie können die Lasten der neu angeordneten Gleislage nicht aufnehmen bzw. entsprechen in ihren Lage- und Höhenverhältnissen nicht den neuen Anforderungen. Deshalb werden diese Tragwerke unter Aufrechterhaltung des Verkehrs abgebrochen und in Etappen neu gebaut. Aufrechtzuerhalten sind nicht nur der Straßen- und der Bahnverkehr, sondern auch die Linien des öffentlichen Verkehrs (Straßenbahn, U-Bahn, unterirdische Straßenbahn, Buslinien) sowie Fuß- und Radwegverbindungen. Die Bauwerke liegen zudem über Haupteinfahrt- straßen von Süden nach Wien und bedürfen einer sehr sorgfältigen und langfristigen Bauablaufplanung, da Verkehrseinschränkungen überwiegend nur in den Sommermonaten möglich sind. Insgesamt werden zusätzlich zur Ver- kehrsstation zehn Brückenbauwerke neu errichtet oder saniert, die eine Gesamtfläche von ca. 20.000 m2 aufweisen; die Tragwerke in der Verkehrsstation über dem Geschoß E 0 des Aufnahmegebäudes sind hier noch nicht berücksichtigt.

2.2 Bautechnische Details 2.2.1 Längenfeldgasse Es erfolgt die Sanierung der bestehenden Bauwerke Nord und Süd mit Tragwerksisolierung und Instandsetzung der Rand- balken. Die lichte Höhe beträgt hier mindestens 4,20 m, die lichte Weite des Einfeldträgers 15,20 m.

2.2.2 Triesterstraße Folgende Maßnahmen werden durchgeführt: – Sanierung der vier Bestandsbauwerke aus Stahlbeton mit Instandsetzung der Tragwerksisolierung und des Randbalkens. Ihre lichte Höhe beträgt mindestens 4,20 m, die lichte Weite 75,60 m (vier Felder); – Errichtung eines Überwerfungsbauwerks »Pottendorfer Linie Gleis 1« aus Stahlbeton mit einer lichte Höhe von mindestens 4,20 m und einer lichten Weite von 88,20 m (fünf Felder); – Errichtung des Tragwerks »Pottendorfer Linie Gleis 2« aus Stahlbeton mit einer lichten Höhe von mindestens 4,20 m und einer lichte Weite von 75,60 m (vier Felder).

3 4 Tragwerke über die Triesterstraße: Planung und Bauzustand im Oktober 2010 © ÖBB-Infrastruktur AG

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5 6 Tragwerke über die Landgutgasse: Planung und Bauzustand im August 2011 © ÖBB-Infrastruktur AG

2.2.3 Landgutgasse Die Brücken über die Landgutgasse gliedern sich insgesamt in sieben Einzel- tragwerke auf, die neu errichtet werden: – Tragwerk aus Stahlbeton über die S-Bahn-Gleise Gleise 6 und 4 mit einer lichten Höhe von mindestens 4,50 m und einer lichten Weite von 24,00 m (drei Felder); – Tragwerk aus Stahlbeton über das Südbahngleis mit einer lichten Höhe von mindestens 4,50 m und einer lichten Weite von 24,00 m (drei Felder); – Überwerfungsbauwerk »Pottendorfer Linie Gleis 1« aus Stahlbeton mit einer lichten Höhe von 13,80 m und einer lichten Weite von 26,90 m (ein Feld);

– Stahlbetontragwerke 4–6 für die Ver- und Entsorgungsgleise mit einer lichten Höhe von mindestens 4,50 m und einer lichten Weite von 24,00 m (drei Felder); – Tragwerk 7 aus Stahlbeton über die Südbahngleise mit einer lichten Höhe von mindestens 4,50 m und einer lichten Weite von 24,00 m (drei Felder). 2.2.4 Überwerfungsbauwerk Süd Es handelt sich um eine ca. 890 m lange eingleisige Stahlbetonbrücke mit maxi- mal 7,20 m lichter Höhe über Schienenoberkante und einer Längsneigung von 25 ‰ bzw. 35 ‰. Ausgeführt wird sie als Kette von Einfeldträgern mit beidseitigen

Kragarmen und mit Stahlbetonrahmen im Bereich der schleifenden Gleisquerungen bzw. der Außenreinigungsanlage. 2.2.5 Laxenburgerstraße und Busbahnhof Über die Laxenburgerstraße ist die Errichtung von vier Tragwerksplatten aus Stahlbeton mit einer lichten Höhe von mindestens 4,70 m und einer lichten Weite von 61,00 m (fünf Felder) geplant. Das gleiche Prinzip kommt beim Bus- bahnhof zur Anwendung, allerdings mit einer lichten Höhe von mindestens 4,30 m und einer lichten Weite von 70,40 m (vier Felder). 2.2.6 Gertrude-Fröhlich-Sandner-Straße Im Bereich der Gleisanlagen wird die Konstruktion als Zweifeldsystem mit Stahlbetonrahmen konzipiert, während über den Bahnsteigen Doppelhohl- kastentragwerke mit einer verbindenden oberen Platte errichtet werden. Ihre lichte Höhe beträgt mindestens 4,50 m, die lichte Weite 27,00 m (zwei Felder).

8 Laxenburgerstraße und Busbahnhof: Längsschnitt © ÖBB-Infrastruktur AG

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7 Überwerfungsbauwerk vor Fertigstellung im Dezember 2011 © ÖBB-Infrastruktur AG


12. SYMPOSIUM BRÜCKENBAU

9 10 Tragwerk über die Gudrunstraße: Grundriss und Bauzustand im Oktober 2010 © ÖBB-Infrastruktur AG

11 Querschnitt der Verkehrsstation © ÖBB-Infrastruktur AG

2.2.7 Karl-Popper-Straße Die Ausführung erfolgt analog dem für die Gertrude-Fröhlich-Sandner-Straße gewählten Prinzip, die lichte Höhe beträgt hier allerdings mindestens 4,70 m, die lichte Weite 45,40 m (drei Felder). 2.2.8 Alfred-Adler-Straße Jeweils eine lichte Höhe von mindestens 4,20 m aufweisend, sind das östliche wie das westliche Tragwerk als zweifeldrige Stahlbetonrahmen mit eingespannten Mittelstützen geplant, die über lichte Weiten von 29,10 m (Osten) und 25,60 m (Westen) verfügen. 2.2.9 Gudrunstraße Über die Gudrunstraße werden zwei dreigleisige Stahlbetonrahmentragwerke mit eingespannter Mittelstütze und einer lichten Höhe von mindestens 4,88 m und einer lichten Weite von 29,30 m (zwei Felder) realisiert.

2.2.10 Verkehrsstation Die Maßnahme »Verkehrsstation« umfasst in Summe drei Tragwerksgruppen, die sich wiederum in Gleis- und Bahnsteigabschnitte unterteilen. – Tragwerksgruppe West: sechs Stahlbeton-Durchlaufplatten mit mittleren Stützweiten von 70–96 m (längstes Feld: 17,00 m) im Gleis- sowie sechs quer eingehängte Rippendecken im Bahnsteigbereich; – Tragwerksgruppe über der Verteilerhalle: sechs Stahlverbund-Einfeldträger mit einer Stützweite von ca. 30 m im Gleis- sowie sechs Stahlbetonhohlbalken mit Endquerträgern im Bahnsteigbereich; – Tragwerksgruppe Ost: sechs Stahlbeton-Durchlaufplatten mit mittleren Stützweiten von 54 m (längstes Feld: 20,50 m) im Gleis- sowie sechs eingehängte bzw. als Kragarme ausgeführte Rippendecken im Bahnsteigbereich.

12 Busbahnhof, Laxenburgerstraße und Verkehrsstation: Bauzustand im November 2011 © ÖBB-Infrastruktur AG

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13 Arsenalsteg vor Fertigstellung im Dezember 2011 © ÖBB-Infrastruktur AG

2.2.11 Brücken der Stadt Wien Im Rahmen des Gesamtprojekts werden auch von der Stadt Wien selbst zwei Brücken über die Bahnanlage errichtet: – Arsenalsteg: zweifeldrige Stahlkonstruktion mit schräg gestellten Bögen und untenliegender Stahlbetonplatte für den Fußgänger- und Fahrradverkehr (lichte Höhe: mindestens 7,20 m), an die sich Rampenbauwerke anschließen; – Südbahnhofbrücke: zweifeldrige Stahlstruktur mit schräg gestellten Bögen, untenliegender Stahlbetonplatte für den Straßenverkehr, seit- licher Anordnung des Fußgänger- und Fahrradverkehrs und anschließenden Rampenbauwerken sowie einer lichten Höhe von 7,20 m. Bei den Brücken der Stadt Wien werden die Pfeiler durch die ÖBB und deren Auftragnehmer errichtet, die Überbauten hingegen durch die Stadt Wien und deren Auftragnehmer. 3 Baudurchführung Die Baudurchführung des Projekts hat im November 2009 begonnen. Die Teilinbetriebnahme der Gleisanlage ist für Dezember 2012 vorgesehen, die Vollinbetriebnahme der Verkehrsstation für Dezember 2014 und die Gesamtfertigstellung des Gleisprojekts für Dezember 2015. Die gesamte Baudurchführung verläuft in einem engen und aufgrund der Erfordernisse der einzelnen Verkehrsträger ver- hältnismäßig unflexiblen Terminplan. Die Durchführung aller Bauarbeiten erfolgt bis dato plangemäß. Autorin: Dipl.-Ing. Judith Engel MBA Projektleiterin Wien Hauptbahnhof ÖBB-Infrastruktur AG, Wien

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14 Pfeiler der Südbahnhofbrücke im Dezember 2011 © ÖBB-Infrastruktur AG

Bauherr ÖBB-Infrastruktur AG, Wien, Österreich Gesamtplanung Arbeitsgemeinschaft »Wiener Team«, bestehend aus: Werner Consult ZT GmbH, Wien, Österreich (Verkehrs- und Tragwerksplanung) ISP ZT GmbH, Wien, Österreich (Verkehrs- und Tragwerksplanung) Tecton Consult Engineering ZT GmbH, Wien, Österreich (Verkehrs- und Tragwerksplanung) Stoik & Partner ZT GmbH, Wien, Österreich (Verkehrs- und Straßenplanung) Ingenieurbüro Pistecky, Wien, Österreich (Umweltverträglichkeit) Albert Wimmer ZT GmbH, Wien, Österreich (Architektur) Theo Hotz Partner AG, Zürich, Schweiz (Architektur) Architekt Ernst Hoffmann, Wien, Österreich (Architektur) Zechner & Zechner ZT GmbH, Wien, Österreich (Architektur) TB Eipeldauer + Partner GmbH, Baden, Österreich (Elektrotechnik) TB ZFG-Projekt GmbH, Baden, Österreich (Haustechnik) Gawaplan Ges.m.b.H, Wien, Österreich (Haustechnik) Örtliche Bauaufsicht Arbeitsgemeinschaft »Bauaufsicht«, bestehend aus: Baumanagement Matz & Partner ZT GmbH, Wien, Österreich Tecton Consult Baumanagement ZT GmbH, Wien, Österreich FCP Fritsch, Chiari & Partner ZT GmbH, Wien, Österreich BGG Consult Waibel ZT GmbH, Wien, Österreich ESW Consulting Wruss ZT GmbH, Wien, Österreich Ausführende von Erd- und Rohbau Strabag AG, Wien, Österreich Alpine Bau GmbH, Wien, Österreich Pittel + Brauswetter GesmbH, Wien, Österreich Porr Technobau u. Umwelt AG, Wien, Österreich i+R Schertler – Alge GmbH, Lauterach, Österreich


12. SYMPOSIUM BRÜCKENBAU Besonderheiten der Ausführung

Neue Beska-Brücke in Serbien von Franz Bergmair

Als Ergänzung für die alte BeskaBrücke geplant, die 1976 fertiggestellt worden war und mit einer Spannweite von 210 m ehedem den Weltrekord für Spannbetonbrücken hielt, ist die neue Brücke nicht nur eine genaue Kopie des Vorgängerbaus, sondern seit ihrer Errichtung auch die höchste und zugleich die längste Donaubrücke. Dieser Beitrag thematisiert die unter anderem daraus resultierenden Besonderheiten bei ihrer Ausführung. 1 Einleitung Zwischen der serbischen Hauptstadt Belgrad und Novi Sad, der Hauptstadt der Autonomen Provinz Vojvodina, führt die Autobahn E 75 über die Donau. In unmittelbarer Nähe befindet sich die Kleinstadt Beska und damit die neue, 2.205 m lange Beska-Brücke, die das Verbindungselement in Süd-Nord-Richtung auf der nun zwischen Budapest und Belgrad durchgehend befahrbaren Transitroute bildet. In ihrer Gestalt ist sie die genaue Kopie der alten Brücke, die 1976 fertiggestellt worden war: Mit einer Hauptspannweite von 210 m stellten damals die jugoslawischen Ingenieure den Weltrekord für Spannbetonbrücken auf. Der BeskaBrücke kommt auch deswegen besondere Bedeutung zu, weil sie am Kreuzungspunkt zweier europäischer Korridore liegt, dem Nord-Süd-Korridor 10 (E 75) und dem Korridor 7, der Schifffahrtsstraße Donau.

1 Lückenschluss bei der Hauptbrücke © Alpine Bau AG

Aufgrund ihrer Wichtigkeit erhielt die Republik Serbien für diesen Neubau einen EBRD- und für die dringend erfor- derliche Instandsetzung der Altbrücke einen EIB-Kredit. Es erfolgte eine inter- nationale Ausschreibung beider Baumaßnahmen, aus der die Arbeitsgemeinschaft DSD-Alpine als Bestbieter hervorging. Für das Sanierungslos wurde ein Vertrag auf Basis des FIDIC-Red-Book mit vorge- gebenem Leistungsverzeichnis und für den Neubau ein FIDIC-Yellow-Book- Vertrag (funktionale Ausschreibung für Planung und Bauausführung) vorgesehen. Der Bau der derzeit längsten und höchsten Donaubrücke stellte aber in mehrfacher Hinsicht eine außergewöhnliche Aufgabe dar: – Infolge der unmittelbaren Nähe der neuen zur alten Brücke war auf Letztere Rücksicht zu nehmen. Ihre Caisson-Gründung wurde als besonders setzungsempfindlich eingestuft, und wie sich erst später herausstellen sollte, entsprach ihre Ausführungsqualität nicht heutigem Standard. Die Art der Gründung der neuen Beska-Brücke musste daraufhin entsprechend adaptiert werden.

– Vor der Detailplanung sollte der Auftraggeber vertragskonform die erforderlichen hydraulischen Modelluntersuchungen und die ergänzenden Baugrunduntersuchungen durchführen, um dem Auftragnehmer die entsprechenden Detailplanungen zu ermöglichen. Daraus ergaben sich jedoch gravierende neue Erkenntnisse gegenüber den eher wenig aussagekräftigen Voruntersuchungen mit der Folge zusätzlicher Bauaktivitäten. – Der Neubau war als Zwilling der bestehenden Brücke auf Einzelpfeilern zu errichten. Die bei einer Spannweite von 210 m derzeit übliche Ausführung von Doppelpfeilern kam daher für das Hauptfeld nicht in Frage. – Während der Bauzeit kam es zu maßgeblichen Behinderungen durch unvorhersehbare Hochwasser- ereignisse (zwei 10-jährige und ein 100-jähriges). – Die Bauzeit war trotz aller Ereignisse und Zusatzmaßnahmen auf ein Minimum zu beschränken. Die Fertigstellung des Projektes erfolgte daher nach dreieinhalb Jahren.

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2 Längsschnitt der Hauptbrücke © Alpine Bau AG

2 Planung Der 2.205 m lange Neubau gliedert sich in die fünffeldrige, 540 m lange Hauptbrücke über die Donau, die Stützweiten von 60 m + 105 m + 210 m +105 m+ 60 m aufweist und über einen rechteckigen, maximal 11 m hohen und mit 100 Vor- spannkabeln ausgestatteten Querschnitt verfügt, sowie in zwei Vorlandbrücken von 1.485 m und 180 m Länge.

3 4 Querschnitte der Hauptbrücke: Feldmitte und Pfeilerachse © Alpine Bau AG

5 6 Querschnitte der Vorlandbrücken: Pfeilerachse und Feldmitte © Alpine Bau AG

Der Rechteckquerschnitt hat eine variable Höhe, die von 11 m über den Hauptpfeilern auf 6 m in der Mitte des Haupt- feldes und dann weiter auf 2,50 m in den Anschlussbereichen der Vorlandbrücken reduziert wird. Die nördliche Vorlandbrücke besteht aus 33 Feldern à 45 m Spannweite, was eine Gesamtlänge von 1.485 m bedeutet, während die südliche Vorlandbrücke vier Felder à 45 m und damit eine Gesamt-

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länge von 180 m hat. Beide sind mit einem vorgespannten Trapezquerschnitt von konstant 2,50 m Höhe geplant, wobei fallweise nach vier, fünf oder sechs Feldern die Übergangskonstruktionen angeordnet werden. Da wegen der Dringlichkeit der Baumaßnahme nur wenige geotechnische Angaben vorlagen, hatte es der Auftraggeber übernommen, detailliertere geotechnische und hydraulische Vor- untersuchungen durchzuführen, deren Ergebnisse dann in die Detailplanung des Auftragnehmers einfließen sollten. Im Speziellen wurde hier die Restscherfestigkeit der Schluff- und Mergel- schichten genauer analysiert, auch mittels der erstmaligen Verwendung von Satellitenaufnahmen: Dabei zeigte sich eine besondere Gefährdung des Baugrundes für Hangrutschungen. Weiterhin erfolgten im Hydrauliklabor 3-D-Modelluntersuchungen sowie Flussbettaufnahmen in regelmäßigen Zeitabständen bzw. nach markanten Ereignissen wie Hochwassern.

7 Ergebnis der Satellitenuntersuchung © Alpine Bau AG

8 Ultraschallaufnahmen mit Flussscanner © Alpine Bau AG


12. SYMPOSIUM BRÜCKENBAU

9 Prinzip der Rutschhangstabilisierung © Alpine Bau AG

Aus diesen zusätzlichen Untersuchungen wurden neue Erkenntnisse gewonnen: – Schlechtere Mantelreibungskennwerte im Bereich der nördlichen Vorlandbrücke. – Im Bereich der südlichen Vorlandbrücke wurden Restscherwinkel von nur 8–10° gefunden. – Im Bereich der Hauptpfeiler im Fluss bestand eine große Auskolkungsgefahr in Verbindung mit geringeren Mantelreibungskennwerten des Baugrundes. – Der Bauzustand der Altbrücke wurde für schlechter befunden als ursprünglich eingeschätzt. 3 Brückengründungen Die Pfeiler der nördlichen Vorlandbrücke wurden generell auf sechs bzw. acht Bohrpfählen mit d = 1,20 m und darüber- liegender Pfahlkopfplatte gegründet, die Pfeiler mussten zudem wegen der schlech- teren Mantelreibungswerte im Mittel von 17 m auf ca. 28 m verlängert werden. Bei der südlichen Vorlandbrücke waren aufgrund der Voruntersuchungsergebnisse umfangreiche Maßnahmen zur Stabilisierung des Rutschhanges zu tätigen: Als Erstes wurde der Hangfuß mit einer geogitterbewehrten Erd- schüttung gesichert. Darüber hinaus erfolgten einerseits die Verlängerung der Pfahlgründungen für die neuen Pfeiler sowie andererseits die Anordnung von zwei zusätzlichen Pfahlrastern, 65 Bohrpfähle und zwei getrennte Pfahlkopfplatten umfassend.

Besonderes Augenmerk war jedoch auf die Gründung der beiden Hauptpfeiler der Flussbrücke zu legen, da sie durch Auskolkung gefährdet sind, eine der häufigsten Versagensursachen von Flussbrücken. Im Fall der Beska-Brücke war zudem wegen der Nähe und des schlechten Bauzustandes der Altbrücke ein Gründungsverfahren zu wählen, das die sogenannten Mitnahmesetzungen von vorneherein auf ein absolutes Minimum beschränkt. Wegen dieser beiden Faktoren wurde die ursprünglich vorgesehene Rastergründung zugunsten einer Topfgründung aufgegeben.

Eine solche Topfgründung besteht aus geschlossenen Außenflächen durch tangierend angeordnete Pfähle, die exakt vertikal gebohrt werden müssen und hier nur eine Abweichung von 0,40 % von der theoretischen Vertikalen auf- weisen durften: Auf die Weise wird die Tragfähigkeit des eingeschlossenen Bodenkörpers mit aktiviert und im Erdbebenfall ein Verflüssigen und Austreten des Bodens zwischen den Pfählen verhindert, auftretende Kolke können die Gründung zudem nicht unterspülen. Eine besondere Herausforderung bedeutete die Herstellung der temporären Flussinseln, von welchen aus die tangierenden Gründungspfähle ausgeführt wurden. Zur Erreichung der geforderten Genauigkeit mussten in der bis zu 16 m tiefen Donau Spundwandinseln gebaut und für das Einbringen der Spundwände Vorkehrungen getroffen werden, um ein exaktes Rammen trotz möglicher Hochwasser und Eisstöße im Winter zu gewährleisten. Dazu wurde ein mehrmals verwendbarer Führungsrahmen entwickelt, der die Stabilität des Spundwandkastens in jeder Phase garantierte und das Risiko eines Schadens oder seines Verlustes, wie vor einigen Jahren auf einer anderen Donau-Brückenbaustelle passiert, minimierte.

10 Vergleich der Gründungssysteme © Alpine Bau AG

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11 12 Positionierung des Führungsrahmens © Alpine Bau AG

Mit Hilfe dieses Führungsrahmens wurden die Spundwandinseln für jeden der drei Flusspfeiler auf folgende Weise hergestellt: Eine Barge brachte den Rahmen vor Ort, wo er exakt positioniert und mit Stahlpfählen fixiert wurde. Danach konnte die Transportbarge heraus- gezogen werden und das Rammen der Spundwand-Doppelbohlen beginnen. Nach Fertigstellung einer temporären Insel wurde der Rahmen mit hydraulischen Pressen angehoben und mit dem Schiffskran auf die Barge verladen. Dieser Führungs- und Stützrahmen erwies sich bei den außergewöhnlichen Hochwasserereignissen und Eisstößen, die während der Spundwandarbeiten auftraten, als wertvoll, weil dank seines Einsatzes keine Schäden und Bauzeitverluste auftraten. Somit ließ sich ein Teil der Zeit, welche durch die aufwendigen Voruntersuchungen verbraucht wurde, kompensieren.

13 Ausheben und Verladen des Führungsrahmens © Alpine Bau AG

Nach Fertigstellung der drei temporären Inseln wurden in Hinblick auf weitere Zeiteinsparungen die Bohrpfahlarbeiten gleichzeitig auf beiden Hauptpfeilerstandorten mit dem Ziel ausgeführt, noch vor dem Winter 2009 die Unterwasserbetonsohle einzubringen und auf beiden Pfeilern trockene Baugruben zu erhalten. Im Trockenen konnten dann die Arbeiten auch während des Winters zügig voran- gebracht werden, so dass vor Eintreffen der nächsten Hochwasserperiode im Frühjahr 2010 alle Flusspfeiler bereits fertiggestellt waren. 4 Pfeiler und Überbau 4.1 Betonherstellung Der Konstruktionsbeton für Pfeiler und Überbau wurde in der eigenen Mischanlage auf der Baustelle produziert, um bei der erforderlichen Qualität, die während des ganzen Jahres zu gewährleisten war, nicht von der Lieferfähigkeit

der lokalen Subunternehmer abhängig zu sein; der Zement kam aus dem nahe gelegenen Werk von Lafarge in Beocin. Die Zuschlagstoffe wurden von einem Subunternehmer aus Save-Flusskies erzeugt, der bereit war, alle Auflagen einschließlich der vollen Implementierung des Alpine-Qualitätsmanagementsystems zu akzeptieren, und der auch einer lückenlosen Kameraüberwachung zustimmte: Dies war die Basis für die Herstellung von Qualitätsbetonen mit sehr geringer Streubreite in den Druckfestigkeiten. Außerdem wurde auf eine ausreichende Bevorratung von Zuschlagstoffen großer Wert gelegt, um Produktionsunterbrechungen infolge Hochwasser an der Kiesentnahme oder von Ausfällen bei der Kiesaufbereitung des Subunternehmers ausgleichen zu können.

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14 Gründung der Hauptpfeiler im Fluss © Alpine Bau AG


12. SYMPOSIUM BRÜCKENBAU

15 Bohrpfahlarbeiten und Positionierung der Schwimmbrücken © Alpine Bau AG

Für die Vollpfeiler war ein Beton mit 30 MPa Druckfestigkeit, für die Hohlpfeiler einer mit 40 MPa und für die beiden Hauptpfeiler im Fluss einer mit 50 MPa vorgesehen. Die Tragwerke wurden mit Betonen von 45 MPa für die Vorlandbrücken und 50 MPa für den Freivorbau der Hauptbrücke über die Donau geplant. Wegen der sehr strengen serbischen Vorschriften, insbesondere die Salzresistenz betreffend, kamen auch auf den Pfeilern ausschließlich Betone mit 45 MPa zur Ausführung. Die Zementgehalte betrugen zwischen 400 kg/m3 und 420 kg/m3, die W/Z-Werte je nach Betongüte zwischen 0,39 und 0,41.

16 Flusspfeiler im Bau © Alpine Bau AG

Grundsätzlich wurden ein Plastifizierungsmittel und im Sommer zusätzlich ein Verzögerer verwendet. Im Sommer wurde der Zement je nach Außen- temperatur auf – 5 °C bis – 10 °C gekühlt, um die Einbautemperaturen unter 30 °C zu halten, während im Winter die Zuschlagstoffe und das Anmachwasser erhitzt wurden, um mindestens 13 °C Einbautemperatur zu erzielen. Bei den Betonfestigkeiten betrug das geforderte Vorhaltemaß mindestens 5 MPa, das tatsächliche pendelte sich zwischen 10–15 MPa ein. Der für den Freivorbau berechnete E-Modul war 36 GPa, erreicht wurden im Mittel 39,20 GPa.

Aus betontechnologischer Sicht war das Gesamtresultat, im Speziellen beim schwierigen Freivorbau auf der Hauptbrücke, äußerst zufriedenstellend. Das Tragwerk verhielt sich sowohl in den Bauzuständen als auch im Endzustand bzw. bei der Belastungsprobe exakt berechnungskonform. 4.2 Bauverfahren Die Brückenpfeiler haben eine Höhe von 10–52 m und wurden bis 25 m als Voll-, darüber als Hohlpfeiler ausgeführt. Für ihren Bau wurde eine konventionelle Kletter- statt einer Gleitschalung gewählt, um unter den lokalen Bedingungen eine bessere Qualität zu erzielen. Die Brückentragwerke wurden nach drei verschiedenen Methoden hergestellt: – Für den Überbau der nur 180 m langen südlichen Vorlandbrücke kam eine konventionelle Rüstung zum Einsatz. – Das Tragwerk der 540 m langen Flussbrücke wurde im Freivorbau errichtet. – Das 1.485 m lange Tragwerk der nördlichen Vorlandbrücke wurde mit einer Vorschubrüstung gebaut.

17 Übersicht über die Bauverfahren © Alpine Bau AG

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18 100-jähriges Hochwasser im Juli 2010 © Alpine Bau AG

19 Vertiefung der Kolke © Alpine Bau AG

Die Errichtung der Brücke fiel in eine Periode mit außergewöhnlichen Hoch- wassern, die zwar den Baufortschritt behinderten, aber dank der realisierten Vorsorgemaßnahmen außer Verschmutzungen keinen Schaden verursachten. So führte vor allem das Hochwasser im Juli 2010 als ein ca. 100-jähriges zu einer Flutung von 90 % der gesamten Brückenlänge und hatte zudem eine weitere Eintiefung des linken Flussbereiches zur Folge. Die Arbeiten an der Vorlandbrücke Nord wurden unmittelbar nach Abklingen der Hochwasserwelle wieder aufgenommen: Im 14-Tage-Takt wurde Segment um Segment fertiggestellt, so dass das letzte kurz vor Weihnachten 2010 betoniert werden konnte. Die Hauptbrücke über die Donau wurde im Freivorbau errichtet. Ausgehend vom Zentralelement über dem Pfeiler, dem Hammerkopf, wurden zuerst ca. 3 m lange, dann kontinuierlich längere und schließlich 5 m lange Einzelsegmente in beide Richtungen frei, das heißt am Vorbaurüstwagen hängend, vorgebaut. Gegenüber anderen Methoden hat er den Vorteil, dass relativ große Spannweiten mit geringem Aufwand an Rüstung und Schalung, dafür aber in nur kurzen Segmenten von ca. 5 m realisiert werden können.

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Nach Erreichen einer Betonfestigkeit von ca. 35 MPa wurden die Segmente im Regelfall mit je vier Vorspannkabeln pro Doppelsegment zusammengespannt und damit gesichert. Anschließend wurde der Freivorbauwagen in Richtung des nächstfolgenden Segments hydraulisch vorwärtsbewegt. Danach wurde er exakt positioniert, wobei die erforderlichen Kontrollmessungen immer zur gleichen Tageszeit, am besten frühmorgens durchgeführt werden mussten, um Temperatureinflüsse und Sonneneinstrahlung, die während des Tageslaufes variierten, möglichst gering zu halten und so Ungenauigkeiten in der Messung zu minimieren. Außerdem hatten die durch den Betoniervorgang erwartete Absenkung des Wagens und die durch die Vorspannung verursachte Anhebung des Segmentes Berücksichtigung zu finden. All diese Bauzustände wurden in der statischen Berechnung der Zwischenzustände ermittelt und waren durch die Messungen an jedem Segment zu bestätigen. Bei etwaigen Abweichungen wurden Korrekturen vorgenommen, so dass sich im Bogenverlauf jede Unstetigkeit vermeiden ließ. Für den Baufortschritt auf der Hauptbrücke war die um ca. sechs Monate vorausgehende firmeneigene Arbeitsvorbereitung von wesentlicher Bedeutung: Es wurden sämtliche Arbeitsschritte und die dafür erforderlichen Schal- und Rüstelemente bis ins Detail geplant und alle Elemente am Zimmereiplatz vor Ort zusammengefügt. Von dort wurden die fertigen Großelemente dann über die Schwimmbrücken zu den künstlichen Flussinseln transportiert und mittels Turmdrehkranen positioniert. Der Überbau der Hauptbrücke über der Donau hat einen Rechteckquerschnitt von 11 m Höhe über dem Pfeiler und 6 m

20 Ausfahren der Vorschubrüstung © Alpine Bau AG

21 Beginn des Freivorbaus © Alpine Bau AG

in Feldmitte. Wegen der großen Höhe wurden für die ersten Doppelsegmente zwei bis drei Wochen benötigt. Infolge der immer geringeren Höhe und des Einarbeitungseffektes konnte die mittlere Leistung aber relativ bald auf ein Doppel- segment je Pfeiler und Woche gesteigert werden. Der gesamte Überbau der 540 m langen Hauptbrücke einschließlich der beiden Hammerköpfe wurde mit zwei Freivorbaugeräten und damit vier Wagen trotz der Behinderung durch das Extrem- hochwasser in rund zwölf Monaten realisiert.

22 23 24 Herrichten und Anordnung der Schalelemente © Alpine Bau AG


12. SYMPOSIUM BRÜCKENBAU Mit den restlichen Arbeiten auf den Vorlandbrücken, wie dem Herstellen des Randbalkens, dem Aufbringen des Haftgrundes, der Isolierung und der zwei Lagen Asphalt sowie der Montage der Leitschienen und des Brückengeländers, wurde im Frühjahr 2011 begonnen. Für diese Arbeiten standen auf der Hauptbrücke dann aber nurmehr knapp drei Monate bis zur Eröff nung der BeskaBrücke am 3. Oktober 2011 zur Verfügung.

Auftraggeber Putevi Srbije, Belgrad, Serbien

5 Schlussbemerkung Mit dem Bau der alten Beska-Brücke verwirklichten die Ingenieure in den 1970er Jahren ein großes Ziel, indem sie die damals weltweit größte Spannbetonbrücke gebaut haben. Sie sind an die Grenzen des für sie Machbaren gegangen. Die Zielsetzung für die neue Beska-Brücke war jedoch in erster Linie auf Nachhaltigkeit gerichtet, nämlich ein Bauwerk mit einer Lebensdauer von mindestens 100 Jahren zu schaff en.

Prüfung VCE Vienna Consulting Engineers, Wien, Österreich

Generalplanung Leonhardt, Andrä und Partner, Beratende Ingenieure VBI, GmbH, Stuttgart Gründungsplanung Öhlinger + Partner ZT-GmbH, Wien, Österreich Geotechnik BGG Consult Dr. Peter Waibel ZT-GmbH, Wien, Österreich Gründungsgutachten Prof. Dr. techn. Heinz Brandl, Wien, Österreich

25 Freivorbau kurz vor dem Lückenschluss © Alpine Bau AG

Ausführung Alpine Bau GmbH, Wien, Österreich DSD Brückenbau GmbH, Saarlouis

Autor: Dipl.-Ing. Franz Bergmair Alpine Bau AG, Wien

26 Brückeneröff nung im Oktober 2011 © Alpine Bau AG

Fahrbahnübergänge

Brückenlager

POLYFLEX Advanced PU

RWSH MPE Kalottenlager

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Belagsdehnfuge

mit nachstellbarer, spielfreier Führung

Sava Bridge Die Sava Bridge ist eine Schrägseilbrücke mit einem einzelnen, 200 m hohen Pylon. Die Überbaubreite beträgt 45 m. Fingerübergang TRANSGRIP ®

Der Mittelteil (Mainspan) hat eine Länge von 376 m.

RWSH MPE Topflager

Die neue Schrägseilbrücke verbindet die Belgrader Neustadt über den Fluß Sava hinweg mit der Altstadt.

Die RW Gruppe liefert und montiert die folgenden Produkte für dieses Projekt: •   RW ® MPE Kalottenlager mit bis zu 107.000 kN •   WSG PLUS Mehrprofilige Dehnfuge  Dehnweg bis 1040 mm

WSG Mehrprofilige Dehnfuge

•  WSF Einprofilige Dehnfuge

mit / ohne lärmmindernde Sinusplatten

•   T RANSGRIP ® Fingerfahrbahnübergang LL-Serie  Dehnweg bis 320 mm

RWSH Elastomerlager

•  Offene Fuge Typ II

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Brückengeländer

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1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU Ersatzneubau über die Mosel bei Grevenmacher und Wellen

Brücke zwischen Luxemburg und Deutschland von Gilles Didier, Andrea De Cillia

Die bestehende Spannbetonbrücke, zwischen 1953 und 1955 erbaut, verbindet das Zentrum Grevenmachers mit der Ortschaft Wellen und ist eine vielgenutzte Verkehrsader. So ist das Verkehrsaufkommen in den letzten zehn Jahren um mehr als 60 % gestiegen und beträgt heute ca. 15.000 Kfz/d. 2002 wurden wesentliche Mängel an den Spanngliedern diagnostiziert, so dass Überlegungen über zustandserhaltende Maßnahmen bzw. zu ihrer Erneuerung angestellt werden mussten. 1 Bestehendes Bauwerk Der bestehende Überbau umfasst fünf nebeneinanderliegende Spannbetoneinfeldträger, die mit Ortbeton und zusätzlicher Quervorspannung miteinander verbunden wurden. Die Einfeldträger haben eine Spannweite von 45 m bzw. 37 m in den Randfeldern. Die Brücke mit einer Gesamtlänge von ca. 215 m überquert die Mosel, die B 419 auf deutscher und die N 10 auf luxem- burgischer Seite. Es handelt sich um ein funktionales Bauwerk, das unter zeitlichem und finanziellem Druck die 1944 zerstörte Brücke ersetzen musste. Untersuchungen an den Hüllrohren ergaben, dass die Injektion der Spannglieder wie bei vielen Brücken dieser Zeit sehr mangelhaft war und dass zahlreiche Spannglieder als Folge kritischer Chloridgehalte im Injektionsmörtel Korrosionserscheinungen auf-

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1 Bau der vorherigen Moselbrücke (1882–1944) © Archiv Ponts et Chaussées Luxembourg

2 Errichtung der heutigen Spannbetonbrücke © Archiv Ponts et Chaussées Luxembourg

wiesen. Einzelne Spannglieder wurden auch im spannungslosen Zustand angetroffen. Um die Größenordnung aller vorhandenen Schäden näher zu bestimmen, wurden weitergehende Untersuchungen durchgeführt, unter anderem mit dem Impakt-Echo-Ver- fahren, welches bestätigte, dass der Injektionsgrad je nach Träger um die 50 % liegt. Erwähnenswerte Unterhaltungsmaßnahmen waren bis dahin: – Anfang der 1960er Jahre die Sicherung der Moselpfeiler gegen Schiffsstoß im Rahmen der Moselkanalisierung, – 1975 die Sanierung der Fahrbahn und der Fahrbahnübergänge,

– Sanierungen und Verstärkungen des Spannbetonträgers auf deutscher Seite infolge wiederholter Lastwagenkollisionen, – 2002 die notdürftige Sanierung des Brückenbelags in Erwartung weitergehender Maßnahmen mit dem gleich- zeitigen Ziel der Auflastverringerung: Abschälen des gesamten Brückenbelags über dem strukturellen Beton und Aufbringen eines neuen, in der Höhe stark beschränkten Fahrbahnaufbaus. Rechnerisch entspricht die Reduzierung des Gewichts der Brücke ungefähr dem eines Spannglieds pro Träger. Zusätzlich wurde auch eine Last- beschränkung auf 24 t umgesetzt.


12. SYMPOSIUM BRÜCKENBAU 2 Neubauplanung 2.1 Rechtlicher Rahmen Da nach eingehender Prüfung eine Erhaltung der vorhandenen Brücke unter technischen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht vertretbar war, begann die Planung für eine neue Moselquerung, wobei ein anderer Standort von vornherein nicht ausgeschlossen werden sollte. In Betracht der städtebaulichen und topographischen Verhältnisse auf deutscher wie luxemburgischer Seite war dies jedoch nicht zielführend. Die Ausarbeitung eines Entwurfs für eine neue Brücke, deren Planung und Realisierung historisch bedingt Luxemburg übernimmt, erfolgte dann in enger Abstimmung mit den deutschen Behörden. Das Bauwerk befindet sich sowohl in den alleinigen Hoheitsgebieten von Luxemburg und Deutschland als auch im Kondominium, dem gemeinschaftlichen Hoheitsgebiet von Luxemburg und Deutschland. Zwecks Regelung aller technischen, steuerlichen, rechtlichen und finanziellen Aspekte, welche während der Errichtung und der späte- ren Erhaltung der neuen Brücke auftreten werden, wurde ein Abkommen zwischen dem Großherzogtum Luxemburg und der Bundesrepublik Deutschland geschlossen. 2.2 Aufgabenstellung Im Vergleich zur vorhandenen Situation musste nicht nur das Lichtraumprofil über der B 419 vergrößert, sondern auch den gewachsenen Ansprüchen der modernen Schifffahrt Rechnung getragen werden: Abriss des mittleren Flusspfeilers, der die Fahrrinne zweiteilt; Vergrößerung der lichten Höhe und Aufweitung der Fahrrinnenbreite am luxemburgischen Ufer für eine eventuelle zukünftige Verdopplung der etwa 500 m stromaufwärts gelegenen Schifffahrtsschleuse. Die beidseitig der Mosel liegenden Rad- wegenetze sollten ebenfalls über die neue Brücke miteinander verbunden werden. 2.3 Formfindung In einem Europa der Regionen verschwinden allmählich die historischen Grenzen, den politischen Abkommen müssen aber Taten folgen. Das Abschaffen der Grenzposten und die Einführung einer gemeinsamen Währung haben viel dazu beigetragen, dass in den Köpfen der Menschen alte Grenzen visuell nicht mehr wahrnehmbar sind. Der Neubau der Moselbrücke versteht sich daher auch als Beitrag des Zusammenwachsens der Großregion: Sie soll ein markantes Bindeglied zwischen zwei Staaten sein.

3 Entwurf der neuen Moselquerung © Inca Ingénieurs Conseils Associés

Täglich wird die Brücke zudem von Tausenden von Pendlern genutzt, die in Luxemburg ihrer Erwerbstätigkeit nachgehen. Die luxemburgische Wirtschaft ist auf die Unterstützung dieser Pendler aus der Großregion angewiesen. Die Brücke über die Mosel mündet relativ zentral in die Stadt Grevenmacher. Das Widerlager auf deutscher Seite befindet sich außerhalb der Ortschaft Wellen. Dies ist die erste Ebene, die Verbindungsebene. Am Ufer der Mosel verlaufen auf luxemburgischer Seite die Weinstraße und auf deutscher Seite die B 419. Zwischen Mosel und Weinstraße wird zurzeit von der Stadt Grevenmacher die Promenade in einer Grünzone neu gestaltet. Der bereits erfolgte Neubau der Anlegestelle für Moselschiffe unter- streicht den hier erwünschten Charakter. Dies ist die zweite Ebene, die rekreative Ebene. Es stand sofort fest, dass sich die neue Brücke um diese zwei Ebenen herum artikulieren und in ihrer Typologie ins Gefüge der Stadt Grevenmacher einpassen soll. Die Proportionen des

Tragwerks haben sich am menschlichen Maßstab auszurichten, das heißt, die Spaziergänger an der Promenade dürfen nicht das Gefühl bekommen, von der Brücke erdrückt zu werden. Letztlich soll sie nicht in Konkurrenz treten zu dem Kern der Stadt, sich in ihrer Struktur also an den Gebäudehöhen orientieren. Um den Ansprüchen der modernen Schifffahrt Rechnung zu tragen, sollte die Mosel darüber hinaus in einem Schlag überquert werden.

4 Verbindung zur Stadt Grevenmacher © Inca Ingénieurs Conseils Associés

5 Uferpromenade auf luxemburgischer Seite © Inca Ingénieurs Conseils Associés

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6 Anordnung des Mittelbogens © Inca Ingénieurs Conseils Associés

orthotrope Platte, die im Bogenbereich als Kragplatte im Zugband eingespannt wird. Das Herzstück der Brücke ist jedoch der Knotenpunkt zwischen dem Bogen und der Aufspreizung der Standbeine, hier müssen die großen Torsions- und Zugkräfte des Bogens in die Unterstruktur aufgenommen und eingeleitet werden. Der Mittelbogen mit Zugband und die Standbeine sind dazu als Hohlkasten konzipiert, dessen Frontfläche leicht geneigt wird. Die Gliederung der orthotropen Platte und das primäre Tragwerk sind von der Promenade aus klar sichtbar und lassen somit den Kräftefluss leicht erkennen.

Die Vorlandbrücken bestehen aus zwei Hohlkästen mit integrierter orthotroper Fahrbahn. Die Stahlbrücke des Flussfeldes stützt sich auf Uferpfeiler aus Stahlbeton ab, welche die volle Aufpralllast nach DIN 1055 aufnehmen können. Die vor- handenen Widerlager wurden in das Projekt integriert und den neuen Gegebenheiten angepasst. Um aber die Materialität der Aufstützelemente zu vereinheitlichen, werden sie mit einer Vorsatzschale aus Stahlbeton versehen.

8 Draufsicht © Inca Ingénieurs Conseils Associés

7 Hindernisfreie Sicht … © Inca Ingénieurs Conseils Associés

Aus diesen Randbedingungen entwickelte sich die Idee einer Bogenbrücke mit der Fahrbahn auf halber Höhe des Bogens, wobei der Teil über der Fahrbahn als Mittelbogen realisiert wird. Unterhalb der Fahrbahnebene spaltet sich der Bogen in zwei Standbeine auf, die sich auf den Uferpfeilern abstützen. Diese Bewegung wird in Richtung Vorlandbrücke weitergeführt und somit eine fließende Bewegung des Tragwerkes erzielt: In seinem Rhythmus gleicht er der Flugbahn eines flachen Steins, den man in spitzem Winkel in der Hoffnung ins Wasser wirft, er möge so oft wie möglich von der Oberfläche abprallen und einen weiteren Bogen beschreiben. Das verleiht dem Tragwerk eine dynamische und verspielte Gestalt. Der Mittelbogen auf Höhe der »Verbindungsebene« bietet dem Benutzer der Brücke eine hindernisfreie Sicht auf die Mosel und das Umland. Eine Anordnung zweier seitlicher Bögen würde eher das Gegenteil bewirken, nämlich die Einschränkung des Blickfeldes. Das neue Bauwerk, eine Gesamtlänge von 213 m aufweisend, unterteilt sich in das 113,80 m lange Hauptfeld über der Mosel und zwei Vorlandabschnitte an beiden Brückenenden. Der stählerne Überbau mit einem Gesamtgewicht von ca. 1.900 t erhält als Fahrbahn eine

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9 Längsansicht © Inca Ingénieurs Conseils Associés

10 Querschnitt im Mittelbogenbereich © Inca Ingénieurs Conseils Associés

11 Querschnitt der Vorlandbrücke © Inca Ingénieurs Conseils Associés


12. SYMPOSIUM BRÜCKENBAU

12 Pfeiler aus Stahlbeton © Inca Ingénieurs Conseils Associés

3 Bauausführung Um den Straßenverkehr während des Baus so lange wie möglich aufrecht- zuerhalten, ist der Abriss der alten Flussquerung erst vorgesehen, wenn die neue Brücke auf provisorischen Hilfsjochen bereits weitgehend fertiggestellt ist und in ihre endgültige Position verschoben werden kann. Die Dauer der gesamten Arbeiten wird auf rund zwei Jahre geschätzt. Damit die Schifffahrt durch die Abrissmaßnahmen nicht beeinträchtigt wird, ist ihre Durch-

13 Künftige Brücke zwischen Grevenmacher und Wellen © Inca Ingénieurs Conseils Associés

führung während der jährlichen Moselschleusensperre geplant. Mit einem Beginn der Arbeiten wird kurzfristig gerechnet. Autoren: Dipl.-Ing. Gilles Didier Administration des Ponts et Chaussées Division des Ouvrages d’art, Luxemburg Dipl.-Ing. Andrea De Cillia Inca Ingénieurs Conseils Associés, Luxemburg

Bauherren Großherzogtum Luxemburg Bundesrepublik Deutschland Planung Großherzogtum Luxemburg, Ministère du Développement durable et des Infrastructures, Administration des Ponts et Chaussées, Division des Ouvrages d’art Entwurf Inca Ingénieurs Conseils Associés, Luxemburg

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1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU Ein Leuchtturmprojekt im Land Brandenburg

Solarer Lärmschutz am Berliner Ring von Karl Kleinhanß

Planung, Bau und Erhaltung von Lärmschutzwänden entlang den Bundesfernstraßen sind Aufgabe der Straßenbauverwaltung. Bei limitierten Haushaltsmitteln liegt es nahe, durch Einsatz von Photovoltaik einen Teil der Kosten auf Dritte, zum Beispiel die Betreiber von Solaranlagen, zu verlagern. Um den Investoren eine auskömmliche Rendite zu bieten, können grundsätzlich die dadurch bei den Lärmschutzbauten eingesparten Kosten in Anrechnung gebracht werden. Aktiver Lärmschutz ist also eine erwünschte und rentable Nebenwirkung von Photovoltaikmodulen. Da die Straßenbauverwaltung grundsätzlich nicht selbst als Betreiber einer Solaranlage agieren kann und will, besteht ihre Aufgabe in der Entwicklung solcher Solarprojeke von der Grundstückssicherung über die Baurechtschaffung bis zur Durchführung des Vergabeverfahrens mit Bindung des Investors. Mit dem solaren Lärmschutz wird ein neues Marktsegment zur Aktivierung der regenerativen Energie Photovoltaik eröffnet.

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BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012

1 Solare Lärmschutzwand als Visualisierung © Jens Lewerenz/DEGES GmbH

1 Politische Randbedingungen Die Bundesregierung hat bereits im Jahr 2004 mit der Anhebung der Einspeisevergütung für Solarstrom aus kombinierten Lärmschutz- und Photovoltaiklösungen auf das Niveau von solaren Dachanlagen einen Anfangsimpuls gegeben. Allerdings wurden bisher nur vereinzelt lärmschutzgenutzte Solarkraftwerke entlang Fernstraßen und Eisenbahnlinien gebaut, so dass die bisherige Gesamtleistung weit unter dem schon vor zwölf Jahren durch die Schweizer TNC Consulting AG ermittelten Potential von ca. 400 MWp an deutschen Autobahnen liegt: Der »Solarboom« beschränkt sich bis heute im Wesentlichen auf Dächer und Freianlagen. [1] Inzwischen wurden die Rahmenbedingungen verbessert, indem ein 110 m breiten Streifen entlang Fernstraßen als neue Förderkategorie im ErneuerbareEnergien-Gesetz (EEG) aufgenommen wurde. Damit können Kombinationen aus solar genutzten Lärmschutzwänden und Freiflächenanlagen gefördert werden.

Für eine bundesweite Umsetzung wird demnächst ein vom Bundesverkehrsministerium angekündigter Leitfaden der Photovoltaik an Bundesfernstraßen eine besondere, zukunftsweisende Bedeutung haben. 2 Projekt »Photovoltaik Plus Lärmschutz A 10« Im Zuge der achtspurigen Erweiterung der Bundesautobahn A 10 »Berliner Ring« zwischen den Autobahndreiecken Nuthetal und Potsdam soll das weltweit größte Modellprojekt für Photovoltaikanlagen im Fernstraßenbau mit einem Stromenergievolumen von ca. 9 MWp verwirklicht werden. Mit einstimmigem Landtagsbeschluss vom November 2010 wurde die Landesregierung des Landes Brandenburg beauftragt, »durch den Einsatz von Photovoltaik den Lärmschutz zu befördern und zu unterstützen«.


12. SYMPOSIUM BRÜCKENBAU

Ausschreibung zur Investorengewinnung wird nun im ersten Halbjahr 2012 beginnen, damit sich bereits 2013 die ersten Komponenten der Photovoltaikanlage erstellen und ans Netz bringen lassen.

2 Standort des Pilotprojekts © DEGES GmbH

Eine Projektgruppe unter Leitung des Landesbetriebs Straßenwesen Brandenburg und der Projektgesellschaft DEGES Deutsche Einheit Fernstraßenplanungsund -bau GmbH hat daraufhin ein detail- liertes Konzept erarbeitet, das mit Hilfe von Solarmodulen nicht nur dem gesetzlichen Anspruch der Bürger auf Lärmschutz gerecht wird, sondern mit den von einem Investor gebauten und betriebenen Solaranlagen diesen sogar verbessert. Das innovative, zur Erschließung eines vielversprechenden neuen Marktsegmentes für die Photovoltaikindustrie geeignete Bauteil ist die »solare Lärmschutzwand«. Sie besitzt eine Doppelfunktion als aktiver Lärmschutz und Stromerzeuger mit Hilfe von schalldichten und stromerzeugenden PV-Modulen. Durch die Installation weiterer Solarmodule auf einem beste- henden Erdwall bei Wildenbruch wird eine insgesamt auskömmliche Rentabilität für den Betreiber der Anlage angestrebt.

vertieft und die Ausschreibung des eigentlichen Vergabeverfahrens vorbereitet werden konnte. Inzwischen wurde mit einem detaillierten Referenzentwurf das Projektkonzept präzisiert und mit dem Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung abgestimmt. Die

4 Ziel: Solare Lärmschutzwand Im Fokus der Entwurfsplanung stand die solare Lärmschutzwand, die mit ca. 5 MWp mehr als 50 % des Strom- ertrages liefern soll und wegen ihrer Doppelfunktion als Lärmschutzmaß- nahme und Energielieferant den strategischen Kern des Leuchtturm- projektes bildet. An den bis zu 10 m hohen Wand- elementen können ab einer durch die Funktionalität der Schutzwand im Verkehrsraum bedingten Höhe von 2 m (Nordseite) bzw. 4 m (Südseite) über der Fahrbahn Photovoltailkmodule eingebaut werden, analog zu einer Glaswand als Lärmschutz dienen. Allerdings müssen dafür die gängigen Solarmodule bzw. ihre Verbindungen noch weiterentwickelt werden: eine echte Herausforderung, aber auch eine echte Chance für die Solarbranche.

3 Interessenbekundungsverfahren Um die Chancen und Risiken des Projekt- konzepts abzuklären, hat die DEGES im ersten Halbjahr 2011 eine europaweite Marktsondierung durchgeführt. Mehr als 30 Interessenten aus der Solar- und Baubranche haben sich daran beteiligt, darunter auch Investoren und Bauunternehmen. Mit einer Reihe von ihnen erfolgten unverbindliche Klärungs- gespräche, wobei sowohl technische als auch wirtschaftliche Fragen erörtert wurden. Im Ergebnis wurde die technische Machbarkeit in Bau und Betrieb uneingeschränkt bestätigt, so dass die Planung durch den Projektträger weiter

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Freitag, 13. Januar 2012 15:47:27

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1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU

3 Entwurfskriterien der solaren Lärmschutzwand © DEGES GmbH

4 Optimierung der Wandgeometrie © DEGES GmbH

Um die wirtschaftliche Nutzung der Sonnenenergie zu optimieren, sollten die Module zur Sonne hin geneigt werden: Bei senkrechter Stellung liegt der spezifi sche Stromertrag bei lediglich ca. 70 %. Deshalb erscheint eine Schrägstellung von 70° optimal, da so der Ertrag auf 85 % steigt und die Lärmwirkung nur wenig schlechter ist als bei einer vertikalen Position. Gelingt es der Solarbranche, Module mit verbesserter Lärmschutzwirkung zu entwickeln oder in hybride Wandelemente zu integrieren, dürfte die solare Lärmschutzwand vor allem bei den in Ost-West-Richtung verlaufenden Fernstraßen als Beispiel für intelligenten und nachhaltigen Lärmschutz Zukunft haben.

5 Energieautarke Trasse: eine Vision? Das Projektkonzept für die A10 geht von einer solaren Betriebsdauer bis zu 30 Jahren aus. Für die Zeit danach sind verschiedene Szenarien denkbar, abhängig unter anderem von der Entwicklung des Verkehrsaufkommens, der Antriebsart und nicht zuletzt der Leistung der solaren Module. Schreitet die Entwicklung von Elektroantrieben für Fahrzeuge weiter so voran, wie es die Bundesregierung mit dem Ziel von einer Million Elektrofahrzeugen bereits im Jahre 2020 vorgibt, entsteht ein originärer Strombedarf entlang der Trasse. Es liegt also nahe, den vom Verkehr selbst benötigten Strom auch dort zu produzieren, wo er verbraucht wird, und zwar möglichst regenerativ. Bereits mit den heutigen Leistungswerten von Elektrofahrzeugen und Photovoltaikmodulen könnte die geplante 9-MWp-Anlage an Sonnentagen rund ein Viertel der auf 8 km Streckenlänge verbrauchten Strommenge »vor Ort« erzeugen. In 30 Jahren dürften die Module doppelte Leistung liefern und die Elektrofahrzeuge deutlich weniger verbrauchen. Dann wäre dieser achtspurige Abschnitt an Sonnentagen bereits energieautark! Eine Vision, über die es sich lohnt, weiter nachzudenken! Autor: Dr.-lng. Karl Kleinhanß DEGES Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH, Berlin

Literatur [1] Vom solaren Lärmschutz zur energieautarken Trasse; in: UmweltMagazin, Juni 2011.

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BRÜCKENBAU |  1/2 . 2012

18.01.12 14:08


12. SYMPOSIUM BRÜCKENBAU Anwendung des Funktionsbauvertrags als Pilotprojekt

Ausbau der A 6 zwischen Roth und Nürnberg-Süd von Michael Fuchs

Die Bundesautobahn A 6 Heilbronn–Nürnberg ist als Europastraße E 50 auch Bestandteil des transeuropäischen Verkehrsnetzes und hat seit Öffnung der Grenzen zu Tschechien eine herausragende Bedeutung für den Verkehr von und nach Osteuropa erlangt. Im Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen ist der ca. 18 km lange sechsstreifige Ausbau zwischen der Anschlussstelle Schwabach-West und dem Autobahnkreuz Nürnberg-Ost im vordringlichen Bedarf enthalten. Der Abschnitt zwischen Roth und Nürnberg-Süd gehört mit einer durchschnittlichen Verkehrsbelastung von 75.000 Kfz/d, die bis 2020 sogar auf 100.000 Kfz/d anwachsen wird, zu den Autobahnen in Bayern mit den häufigsten Staus. Zur Verbesserung der auftretenden Überlastungen wurde im Autobahnkreuz Nürnberg-Süd eine direkte Verbindungsrampe zwischen der A 6 und der A 73 rechtzeitig zur Fußballweltmeisterschaft 2006 fertiggestellt, zwischen 2007 und 2011 folgte dann der sukzessive sechsstreifige Ausbau der A 6 auf ca. 7 km Länge zwischen der Anschlussstelle Roth und dem Autobahnkreuz Nürnberg-Süd. Um Erfahrungen mit Funktionsbauverträgen beim Ausbau von kürzeren Autobahnabschnitten zu sammeln, wurde vom Freistaat Bayern hier ein 5,60 km langes Teilstück als PPP-Pilotprojekt initiiert.

1 Übersichtsskizze © Staatliches Bauamt Würzburg

1 Ablaufplanung Die Bauablaufplanung von Autobahnabschnitten ist eigentlich ein iterativer Prozess sowohl in den einzelnen Planungsphasen als auch zwischen den einzelnen Fachsparten. Im Vorentwurf für den Streckenabschnitt wird die technische Planung durchgeführt und die Kostenberechnung zusammengestellt. Für die Ingenieurbauwerke bedeutet dies, dass die Konstruktionsart und mögliche Kostenansätze für die Gestaltung berücksichtigt werden müssen. Das triff t insbesondere für kurze Brücken und Lärmschutzanlagen zu, da für größere Brücken bzw. Ingenieurbauwerke zusätzlich ein eigener Bauwerksentwurf erforderlich ist. Im anschließenden Planfeststellungsverfahren sind der Flächenumgriff bzw. der Grunderwerb darzustellen. Infolge der Ablaufplanung (Streckenbau und Ingenieurbau) werden unter Umständen weitere Flächen für Baustraßen, Montagefl ächen und Behelfsbrücken etc. benötigt. Daher ist der Umgriff der Ablaufplanung bereits in den Planfeststellungsunterlagen zu berücksichtigen.

Neben der Gestaltung beeinfl ussen die Anforderungen aus der Verkehrsführung und eine zeitlich straff e Ablaufplanung mit Randbedingungen zusätzlich die Konstruktion von Ingenieurbauwerken. Bei den Planungen für den sechsstreifi gen Ausbau der Bundesautobahn (BAB) A 6 zwischen Roth und dem Autobahnkreuz Nürnberg-Süd war eine Reihe von Ingenieurbauwerken unter den Gesichtspunkten eines streckenbezogenen Gestaltungskonzeptes, Bauen unter Verkehr und einer zügigen Ablaufplanung zu berücksichtigen. Im Funktionsbauvertrag enthalten sind vier Unterführungsbauwerke und bis zu 11 m hohe Lärmschutzanlagen mit einer Gesamtlänge von ca. 2,70 km. Die Vorarbeiten zum sechsstreifi gen Ausbau, die Main-Donau-Kanal-Brücke, die Rednitzbrücke und ein Überführungsbauwerk wurden außerhalb des Funktionsbauvertrages im Rahmen eines konventionellen Bauvertrages realisiert.

2 Ablauf beim Ausbau der A 6 © Staatliches Bauamt Würzburg

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1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU

3 4 Überführung aus Stahlverbundfertigteilträgern © Staatliches Bauamt Würzburg

2 Vorarbeiten Im August 2007 begannen die Vorarbeiten zwischen der Anschlussstelle Roth und dem Autobahnkreuz Nürnberg-Süd, wobei die in 2008 fertiggestellte Über- führung als Spatenstichbauwerk diente. Während des Baus sollte der Verkehr so wenig wie möglich beeinträchtigt werden, weshalb für die Feld- und Waldwegüberführung mit Stahlverbundfertigteilträgern geplant und gebaut wurde. Bei dieser Bauweise können die Widerlager beidseits der Autobahn ohne Beeinträchtigung des Verkehrs erstellt werden. Anschließend werden die Fertigteilträger des Überbaus mit Kränen eingehoben, was eine lediglich halbstündige Sperrung der Autobahn bedingt: eine geeignete Bauweise für den Ausbau hochbelasteter Autobahnen unter Verkehr.

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BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012

Etwa zeitgleich mit dem Spatenstichbauwerk und ebenfalls außerhalb des Funktionsbauvertrages wurde als Vorweg- maßnahme für eine 4+0-Verkehrs- führung der Standstreifen der nördlichen Richtungsfahrbahn verbreitert und verstärkt. Eine ausreichende Fahrbahnbreite mit 12,50 m ist maßgebend für die Verkehrssicherheit und Leistungsfähigkeit bei einer solchen Verkehrsführung. Die Bauabwicklungen der Main-DonauKanal-Brücke und der Abschnitt des Funktionsbauvertrages wurden hinsichtlich einer 4+0-Verkehrsführung eng aneinandergekoppelt. In 2009 erfolgte der Ausbau der südlichen Richtungsfahrbahn einschließlich der vier Unterführungen und des südlichen Überbaus der Main-Donau-Kanal-Brücke. In 2010 schloss sich die nördliche Richtungsfahrbahn an, und noch in 2011 wurden die Lärmschutzanlagen in Kornburg errichtet. Die Verkehrsfreigabe war am 19. September 2011, in 2012 werden lediglich noch Restarbeiten vorgenommen.

Bauherr Autobahndirektion Nordbayern, Nürnberg Tragwerksplanung SSF Ingenieure AG, München Prüfstatik Dr.-Ing. Anil Anwikar, Würzburg Ausführung Max Streicher GmbH & Co. KG, Deggendorf


12. SYMPOSIUM BRÜCKENBAU

5 6 Längs- und Querschnitt der neuen Main-Donau-Kanal-Brücke © Staatliches Bauamt Würzburg

3 Main- Donau-Kanal-Brücke Bedingt durch die Verbreiterung auf sechs Streifen ist das vorhandene Bau- werk über den Main-Donau-Kanal zu schmal und muss daher ersetzt werden. Die bestehende Dreifeld-Spannbetonbrücke mit Hohlkastenquerschnitt (Überbauhöhe: 2,10 m) und einer Gesamtstützweite von 110,00 m wurde vor dem Einbau der Kanalabdichtung fertiggestellt. Die Forderung des Wasser- und Schifffahrtsamts, wonach zur Vermeidung von Beschädigungen der Abdichtung keine neuen Pfeiler im Kanalbett errichtet werden dürfen, führte

dann schließlich zu einer Lösung als Einfeldbrücke mit einer Stützweite von 85,00 m. Zudem erforderten die festgelegte Lage der Ausbaugradiente der Autobahn und die lichte Höhe über dem Kanal von 6,40 m einen schlanken Überbau. Eine weitere Randbedingung waren die kurzen Sperrpausen des Main-DonauKanals. Aufgrund dieser Kriterien wurde eine Stahlbogenbrücke als »Langerscher Balken« und damit eine Konstruktion ausgewählt, die einen schlanken Überbau von ca. 1,60 m ermöglicht. Die parabelförmig gekrümmten Bögen mit einer

Stichhöhe von 12,50 m wurden als verti- kal freistehende Kastenquerschnitte ausgeführt, wobei zur Aufnahme und Einleitung der Kräfte aus einem eventuellen Schiffsanprall an den untenliegenden Stahlträgern mit Leichtbeton gefüllte Schweißprofile angeschraubt wurden. Die Fahrbahnplatte wurde als Stahlverbundkonstruktion realisiert, auf dem nördlichen Überbau befindet sich eine 5 m hohe Lärmschutzwand. Der Stahlbau erlaubte eine Werksfertigung in den Wintermonaten, die Endmontage erfolgte dann vor Ort. Die Gesamtkosten betrugen 12.800.000 €, fertiggestellt wurde die Brücke Ende 2010. Der Abbruch der alten Main-Donau- Kanal-Brücke wurden in das Zeitfenster der Revisionsarbeiten für den Kanal gelegt (zehn Tage Sperrung). Nach der Leichterung des Spannbetonüberbaus wurde während der Sperrpause das mittlere ca. 45 m lange Feld mit einer Diamantseilsäge herausgeschnitten, mittels Litzenheber auf schwimmende Pontons herabgelassen und abtransportiert. Die Randfelder konnten ohne Sperrung des Kanals abgebrochen werden. Im Vergleich dazu hätten konventionelle Vorgehensweisen eine vierwöchige Sperrung des Kanals erfordert.

7 Abbruch des alten Spannbetonbauwerks © Staatliches Bauamt Würzburg

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1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU

8 9 Neue Brücke im Bau und nach Fertigstellung © Staatliches Bauamt Würzburg

Die Stahlteile für die neue Kanalbrücke wurden jeweils in den Wintermonaten im Werk vorgefertigt. Die Endmontage erfolgte jeweils zwischen April und Juli auf einem 100 m x 30 m großen Baufeld, für den Einschub war nur eine kurze Sperrung des Schiffsverkehrs von 24 h erforderlich.

Bauherr Autobahndirektion Nordbayern, Nürnberg Bauwerksentwurf Schömig-Plan Ingenieurgesellschaft mbH, Kleinostheim Tragwerksplanung Meyer + Schubart Konstruktionsbüro GmbH, Wunstorf KHP Zerna Planungsgesellschaft mbH, Leipzig Prüfstatik Prof. Dipl.-Ing. Rolf Sennewald, München Ausführung Echterhoff Bau GmbH, Dessau Glass Ingenieurbau Leipzig GmbH Stahlturm- und Apparatebau GmbH, Magdeburg

4 Gestaltungskonzept Besonders die Überführungen und Lärmschutzanlagen werden von den Verkehrsteilnehmern wahrgenommen. Für den Autofahrer entsteht dadurch ein Wiedererkennungseffekt, der ganze Streckenabschnitte prägt. Eine abgestimmte Gestaltung trägt hier zur größeren Akzeptanz bei, weshalb für den Ausbauabschnitt der A 6 ein streckenbezogenes Gestaltungskonzept für die Ingenieurbauwerke und die Landschaftsplanung erarbeitet wurde.

10 11 12 Lärmschutzwand und Gabionenwall mit aufgesetzter Lärmschutzwand © Staatliches Bauamt Würzburg

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BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012


12. SYMPOSIUM BRÜCKENBAU

13 14 15 Gestaltung der Unterführungen auf Anliegerseite © Staatliches Bauamt Würzburg

Die bis zu 11 m hohen Lärmschutz- anlagen waren dabei eine besondere Herausforderung. Lärmschutzwälle stellen im Hinblick auf die Gestaltung und die Einbindung in das Landschaftsbild zunächst die naheliegendste Lösung dar. Sofern sich allerdings Zwänge in Bezug auf Grunderwerb und/oder bebaute Gebiete ergeben, werden zunehmend technische Lösungen bis hin zur reinen Lärmschutzwand erforderlich. Im Ausbauabschnitt der A 6 wurden gestaltete Lärmschutzwände und bei größeren Höhen Gabionenwälle mit aufgesetzten Lärmschutzwänden im Rahmen des vereinbarten Konzepts realisiert. Ein markanter Bereich ist die Main-DonauKanal-Brücke, insbesondere wegen ihrer guten Sichtbarkeit von den Orten Greuth, Katzwang und Penzendorf aus. Der gewählte blaue Farbton in Verbindung mit der Bogenkonstruktion ergibt eine ansprechende Gestaltung, während die 5 m hohe transparente Lärmschutzwand auf dem Bauwerk eher unauffällig erscheinen sollte. Die vier Unterführungen im Abschnitt des Funktionsbauvertrages, die neu errichtet werden müssen, sind kurze Brücken mit lichten Weiten <15 m. Für derartige

Feldlängen bieten sich Rahmenbauwerke als wirtschaftliche Lösung an. Eine Besonderheit sind hier die bis zu 11 m hohen Lärmschutzanlagen als Gabionenwall mit aufgesetzter Lärmschutzwand.

Im Regelfall kann man bei Straßenbrücken immer wieder beobachten, dass im Bereich kurzer Brücken der Lärmschutzwall durch eine -wand unterbrochen wird, deren Beugungskante sich aus geometrischen Gründen gegenüber dem anschließenden Lärmschutzwall näher an der Fahrbahn befindet. Für den Autofahrer entsteht dadurch eine optische Unstetigkeit. Auf der abgewandten Seite, vor allem in Bereichen von Bebauungen, sind solche hohen Lärmschutzwände bei kurzen Brücken unter dem Aspekt der Wirtschaftlichkeit nur schwer zu gestalten. Resultierend aus diesen Überlegungen, wurde beim sechsstreifigen Ausbau der Gabionenwall mit aufgesetzter Lärmschutzwand über die Rahmenbauwerke geführt: aus der Sicht des Anliegers eine unauffällige Gestaltung.

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1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU

5 Funktionsbauvertrag 5.1 Umfang und Regelungen Unter dem Begriff »Public Private Partnership« (PPP) wird eine vertraglich geregelte Zusammenarbeit zwischen öff entlichen und privaten Auftragnehmern über einen festgelegten Zeitraum verstanden, der Funktionsbauvertrag ist hier eine Sonderform von PPP. Im vorliegenden Fall der A 6 ist der Auftragnehmer für den Bau und die Erhaltung der Gewerke über einen Zeitraum von 25 Jahren verantwortlich, während der Betrieb weiterhin bei der Straßenbauverwaltung verbleibt.

Folgende Erwartungen sind an den Funktionsbauvertrag geknüpft: – Funktionale Leistungsbeschreibung zur Förderung von Innovationen durch den Auftragnehmer, – Termin- und Kostensicherheit durch einen umfassenden gewerkeübergreifenden Funktionsbauvertrag, – Qualitätsverbesserung durch die Zusammenfassung von Bau und Erhaltung, – Optimierung der Wirtschaftlichkeit durch Abstimmung der Bauweise mit dem Erhaltungskonzept der einzelnen Bieter im Rahmen der Angebote, – Risikoverteilung durch optimale Aufgabenverteilung mit dem Ziel eines langfristig wirtschaftlichen und nachhaltigen Bauens.

Leistungsumfang

Zuständigkeit

Bau und Erhaltung: - Oberbau, Erdbau, Entwässerung - Brückenbau, Lärmschutz, Ausstattung - Landschaftsbau - bauliche Erhaltung für 25 Jahre

Auftragnehmer

Betrieb: Betriebsdienst, Winterdienst

Auftraggeber

16 Regelungen im Funktionsbauvertrag © Staatliches Bauamt Würzburg

Teil A konventionell

B1 funktional

B2 funktional

C funktional

kreuzende Straßen, sonstige Ausstattung, Rückbau bestehender BAB

Entwässerung, Erdbau, Oberbau, Markierung, Schutz- und Leiteinrichtungen, Landschaftsbau

vier Brückenbauwerke (Unterführungen), Lärmschutzanlagen

bauliche Erhaltung

17 Teile des Bauvertrages © Staatliches Bauamt Würzburg

Zustandsnote

Schadensmerkmale

Standsicherheit

Verkehrssicherheit

Dauerhaftigkeit

Abnahme

≤ 1,90

0,00

0,00

≤ 2,00

Erhaltungszeitraum

≤ 2,90

≤ 2,00

≤ 2,00

≤ 3,00

Abnahme nach Erhaltungszeitraum

≤ 2,40

≤ 1,00

≤ 1,00

≤ 2,00

18 Anforderungen nach BTV Funktion-ING-A6 © Staatliches Bauamt Würzburg

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BRÜCKENBAU |  1/2 . 2012

Der Bauvertrag für den sechsstreifi gen Ausbau der A 6 besteht aus vier Teilen: – A: Konventionell mit Einheitspreisen ausgeschriebene Bauleistungen; – B1: Funktional mit einem Leistungsprogramm ausgeschriebene Bauleistungen der 5,60 km langen Strecke; – B2: Funktional in einem Leistungsprogramm ausgeschriebene Bauleistungen des Ingenieurbaus, vier Unterführungsbauwerke und 2,70 km lange und bis zu 11 m hohe Lärmschutzanlagen umfassend; – C: Funktional in einem Leistungsprogramm ausgeschriebene Leistungen für die Erhaltung der Teile B 1 und B 2 über einen Zeitraum von 25 Jahren. Den Verdingungsunterlagen der Teile B 1 und B 2 lag eine Referenzplanung mit defi nierten Mindestbedingungen bei, der Bieter konnte also wahlweise die Referenzplanung übernehmen oder Alternativen anbieten. Während des Erhaltungszeitraums von 25 Jahren sind mehrere Erhaltungsraten vereinbart, die erste Rate wird nach neun Jahren und alle anderen im Anschluss daran nach jeweils drei Jahren fällig. Voraussetzung für die Zahlungen ist, dass die funktionalen Anforderungen erfüllt sind. Für den Betriebs- und den Winterdienst ist weiterhin die Autobahndirektion Nordbayern zuständig. Die Auftragssumme für den Funktionsbauvertrag betrug ca. 65.000.000 €, unterteilt in 51.500.000 € für den Bau und 13.500.000 € für die Erhaltung. 5.2 BTV Funktion-ING-A6 Während des Erhaltungszeitraumes werden funktionale Anforderungen an die Ingenieurbauwerke festgelegt, deren Einhaltung vom Auftragnehmer in regelmäßigen Abständen nachgewiesen werden müssen. Für das vorliegende Pilotprojekt des sechsstreifi gen Ausbaus der A 6 wurden die»Besonderen Technischen Vertragsbedingungen und Richtlinien für Funktionsbauverträge im Ingenieurbau« (BTV Funktion-ING-A6) erarbeitet. Sie behandeln die funktionalen Anforderungen an die Erhaltung und die bauwerksartspezifi schen Funktionsanforderungen an die Ingenieurbauwerke während der Vertragslaufzeit. Mittlerweile werden vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung die »Zusätzlichen Technischen Vertragsbedingungen und Richtlinien für Funktionsbauverträge von Ingenieurbauten« (ZTV Funktion-ING) erarbeitet.


12. SYMPOSIUM BRÜCKENBAU

Die Funktionseigenschaften der her- zustellenden sowie zu erhaltenden Ingenieurbauwerke werden durch die Zustandsnoten und die Schadensmerkmale Standsicherheit, Verkehrssicher- heit und Dauerhaftigkeit nach der RI-EBW-PRÜF beschrieben. Die Zustandserfassung bei der Abnahme, während des Erhaltungszeitraums und bei der Abnahme nach dem Erhaltungszeitraum erfolgt im Rahmen der nach der DIN 1076 durchzuführenden Bauwerksprüfungen (Hauptprüfungen, einfache Prüfungen etc.). Bauherr Autobahndirektion Nordbayern, Nürnberg Auftragnehmer Max Bögl Bauunternehmung GmbH & Co. KG, Neumarkt Tragwerksplanung Schuhmann + Vitak, Ingenieurbüro für Bauwesen mbH & Co. KG, Großweil Prüfstatik Dr.-Ing. Heinrich Schroeter, Weiden

6 Resümee und Ausblick Eine zeitnahe und abgestimmte Bauablaufplanung ermöglicht die Berücksichtigung des erforderlichen Flächenumgriffs in den Grunderwerbsplänen von baurechtlichen Genehmigungsverfahren. Insbesondere bei den Ingenieurbauwerken können durch ausgewählte Bauverfahren straffe Realisierungszeiten erzielt werden. Ein ausreichender Vorlauf zwischen der Auftragsvergabe und dem Baubeginn gewährleistet bei den Ingenieurbauwerken eine ausgereifte Ausführungsplanung, die wiederum als Grundlage für eine gute Bauabwicklung dient. Inwieweit die Erwartungen an den Funktionsbauvertrag im Hinblick auf die Ingenieurbauwerke erfüllt werden, wird sich letztendlich während des Erhaltungszeitraums zeigen. Insgesamt betrachtet, erfolgte eine termingerechte Bauabwicklung. Bedingt durch den Erhaltungszeitraum von 25 Jahren und die Ab-

nahmekriterien der BTV Funktion-ING-A6 wurde seitens des Auftragnehmers auf eine gute Qualität der Bauleistungen geachtet, wobei durch die Referenzplanung sowohl das Gestaltungskonzept als auch die technische Konzeption der Brückenbauwerke festgelegt wurden. Unter diesen Randbedingungen scheint eine Angebotsfrist von zehn Wochen realistisch. Allerdings wurde durch das vorgegebene Gestaltungskonzept das Innovationspotential eingeengt. Ein Verzicht auf Referenzplanungen dürfte die Bieter zu alternativen Bauweisen ermuntern, allerdings wären hierfür auch ausreichende Angebotsfristen anzusetzen. Autor: Baudirektor Dr.-Ing. Michael Fuchs Staatliches Bauamt Würzburg

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1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU Entwurf, Berechung und Ausführungsplanung

Überflieger am Autobahnkreuz Neufahrn von Peter Radl

Der »Überflieger« am Autobahnkreuz Neufahrn nördlich von München ist das Hauptbauwerk einer Direktrampe, welches in einem Schwung die beiden Bundesautobahnen A 9 und A 92 überspannt. Anstelle der bei den komplexen betrieblichen Randbedingungen üblichen Taktschiebebzw. Stahlverbundbauweisen mit Spannbeton- bzw. Stahlhohlkästen wurde der Überbau in Spannbetonbauweise auf Lehrgerüst erstellt. Die Maßnahme konnte im Rahmen des damaligen Konjunkturpakets II in sehr kurzer Planungs- und Bauzeit mit relativ geringen Herstellungskosten realisiert werden. Der Entwurf und die Vorbereitung der Vergabe sowie die Statik und die Ausführungsplanung wurden dabei in einem Paket im Auftrag des Bauherrn erbracht.

2 Luftbild zum Zeitpunkt der fertiggestellten Brücken © Autobahndirektion Südbayern

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1 Übersicht der Gesamtbaumaßnahme © Autobahndirektion Südbayern

1 Gesamtbaumaßnahme Das Autobahnkreuz Neufahrn verknüpft die Bundesautobahn (BAB) A 9 Nürnberg–München mit der A 92 München– Deggendorf nördlich von München. Aufgrund der prognostizierten steigenden Verkehrszahlen unter anderem vom Flughafen München in Richtung Landes- hauptstadt um ca. 52 % bis zum Jahr 2020 wurde für diese Verkehrsbeziehung eine Direktrampe von der A 92 auf die A 9 erforderlich. Die Leistungsfähigkeit der übrigen Fahrbeziehungen wurde durch eine Anpassung und zum Teil Verlegung von Rampenfahrbahnen ebenfalls erhöht.

2 Bauwerkskonzept Die Direktrampe quert in einer großzügigen Linkskurve die neue Verbindungsrampe der Anschlussstelle (AS) Eching Ost, die BAB A 9, die BAB A 92 und die Tangentenrampe des Anschlussknotens. Die Autobahndirektion Südbayern ent- schied sich unter anderem aus Gründen des Unterhalts für eine Abfolge von drei Einzelbauwerken (Gesamtlänge: 332 m) mit dazwischengeschalteten bis zu 7,50 m hohen Böschungsdämmen anstelle eines über insgesamt 564 m durchlaufenden Bauwerks.

3 Brückenzug der Direktrampe © Florian Schreiber/SSF Ingenieure AG


12. SYMPOSIUM BRÜCKENBAU

4 Schematischer Grundriss mit Anordnung der Unterbauten © Autobahndirektion Südbayern

Im Bereich des 214 m langen zentralen Überwerfungsbauwerkes, welches mit vier Feldern die jeweiligen Fahrbahnen und Verteilerfahrbahnen der beiden Autobahnen überspannt, beträgt der Achsradius der Direktrampe konstant 250 m, der Halbmesser der Kuppenausrundung im gesamten Bauwerksbereich 7.000 m. Der Hochpunkt der Gradiente liegt bei der letzten Pfeilerachse. Die anschließenden Längsneigungen betra- gen Richtung München 0,70 % und, von Deggendorf kommend, 4,90 %. Der 17,50 m breite Überbau hat eine konstante Querneigung von 6,50 %. Bei den vorliegenden Randbedingungen bieten sich im Hinblick auf den starken Betrieb beider Autobahnen zunächst Taktschiebeverfahren an. Die schiefwinkelige Lage der Pfeilerachsen innerhalb der Mittelstreifen spricht jedoch gegen diese Bauweise, da bei einer Anordnung von Stützen unter den Überbaustegen mit erheblichen Zwängungsspannungen in allen Trägerbereichen zu rechnen ist und bei einer punktuellen Unterstützung die Lasten des Überbaus in der Mitte des Hohlkastens abzutragen wären. Bei der Wahl von Stahlverbundkästen, welche abschnittsweise eingehoben werden, sind für das Verschweißen der Träger in den Mittelstreifen Inselbaustellen einzurichten, die allerdings den BAB-Betrieb einschränken. Es wurde daher ebenfalls die Möglichkeit der Herstellung eines möglichst schlanken und herkömmlichen Überbaus in Spann- betonbauweise auf Lehrgerüst in Betracht gezogen, der betrieblich kaum Nachteile gegenüber der aufwendigeren Verbundlösung aufweist.

Gewählt wurde ein zweistegiger Platten- balken mit nur 2,40 m Bauhöhe, was einer maximalen Überbauschlankheit von L/H = 25 entspricht. In den Feldern der im Autobahnkreuz obenliegenden A 9 wurde eine Herstellung in überhöhter Lage mit anschließendem Absenken des

Überbaus geplant. Im Bereich der unter- führten BAB A 92 war für das Lehrgerüst ausreichend Platz vorhanden, die maxi- malen Lehrgerüstspannweiten zwischen den einzelnen Fahrbahnen betrugen ca. 20 m. Bei den vorliegenden Querschnitten erlaubten diese Spannweiten noch den Einsatz von Stahlprofilträgern, die wesentlich steifer und stabiler sind als Gitterträger und daher eine rasche Montage und Demontage innerhalb relativ kurzer nächtlicher Sperrzeiten der betroffenen Fahrbahnen ermöglichen. Recherchen ergaben, dass das nächtliche Verkehrsaufkommen zwischen 22 und 6 Uhr innerhalb des Knoten- punktes auf beiden Autobahnen eher gering ist. Für die Aus- bzw. Umleitung der jeweils von den Schalungs- und Lehrgerüstarbeiten betroffenen Fahrbeziehungen konnten daher nennenswerte Störungen ausgeschlossen werden.

5 Regelquerschnitt © SSF Ingenieure AG

6 Herstellung des zweiten Bauabschnitts © Florian Schreiber/SSF Ingenieure AG

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1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU

7 Bauwerksansicht © SSF Ingenieure AG

Die betrieblichen Einschränkungen des stark befahrenen Autobahnknotens wurden als vergleichsweise gering, die Herstellung trotz der Randbedingungen aber als gut steuerbar eingestuft, was den Ausschlag für die Wahl dieser schnel- len und bewährten Bauweise gab. Im Zusammenspiel mit den beiden kürzeren Nachbarbauwerken, die ebenfalls als wirtschaftliche zweistegige Plattenbalken ausgeführt wurden, ließ sich eine gestalterische Einheit erzielen. 3 Bauwerksgestaltung Die gewählte 2,40 m hohe Spannbetonkonstruktion wird zu einem erheblichen Teil von einem Gesimsband verblendet. Die leicht geneigte, 0,90 m hohe und in der Ansicht helle Kappe steht im harmonischen Verhältnis zu den im Schatten liegenden Trägerstegen, was die Schlankheit des Bauwerks unterstreicht. Die Entwässerungsleitungen werden verborgen hinter dem Kappenband geführt.

8 Herstellung des Überbaus © SSF Ingenieure AG

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In den Pfeilerachsen wurden zur Unter- stützung der beiden Stege schlanke achteckige Einzelstützen gewählt, um die Sicht innerhalb des Autobahnknotens möglichst wenig zu verbauen. Die Wider- lagerwände wurden jeweils parallel zu den angrenzenden Fahrbahnen ausgerichtet, was die Stützweiten des Überbaus und ihre Ansichtsflächen innerhalb der begrünten Böschungen minimierte. Die dabei stark voneinander abweichenden Stützweiten der einzelnen Längsträger konnten statisch beherrscht werden. Das Widerlager in Achse 50 wurde in die Böschung hochgesetzt, damit es in Höhe und Geometrie annähernd dem anderen Widerlager entspricht.

4 Bauwerksentwurf 4.1 Gründung Die Gründung erfolgt auf bis zu 23 m langen Großbohrpfählen mit d = 120 cm in den quartären Kiesschichten. Trotz des anstehenden Grundwassers in einer Höhe bis 1 m unter der Fahrbahn der A 92 ließen sich mit der gewählten Bauweise aufwendige Wasserhaltungsmaßnahmen vermeiden. 4.2 Unterbauten Die massiven Widerlager sind für die Wartung der aufwendigen Übergangskonstruktionen begehbar ausgeführt. In den Pfeilerachsen kommen Paare schlanker achteckiger Einzelstützen, die über Pfahlkopfplatten in die Pfähle einspannen, zur Ausführung.


12. SYMPOSIUM BRÜCKENBAU

9 Lehrgerüstjoche mit schweren Leiteinrichtungen © SSF Ingenieure AG

4.3 Überbau, Lager, Übergangskonstruktion Der Überbau ist als zweistegiger Spann- betonplattenbalken längs mit Spanngliedern in Verbund vorgespannt und quer schlaff bewehrt. Die Lagerung erfolgt in allen Achsen auf Kalottenlagern, das Lagerschema sieht hier Querfesthaltungen an den Widerlagerachsen und dem Stützenpaar in Achse 30 vor. Die Längsfesthaltung befindet sich ebenfalls in Achse 30, wobei hier beide Lager längsfest ausgebildet werden. In allen Lagerachsen sind zudem Querträger vorhanden. Am Übergang zu beiden Widerlagern werden Fahrbahnübergangskonstruktionen mit vier Dichtprofilen mit einem maximalen Gesamtdehnweg von 237 mm erforderlich.

4.4 Bauablauf Für die Errichtung der Stützen in den Achsen 20 und 40 und die Anordnung einiger Lehrgerüststützen waren bauzeitliche Verkehrsführungen mit Verbauten und schweren Leiteinrichtungen zum Schutz der Arbeiten und des Traggerüstes innerhalb der Mittelund Trennstreifen der Autobahnen erforderlich. Die Machbarkeit und die Bauausführung unter den beengten Platzverhältnissen im Bereich der bestehenden Trennstreifen der Autobahn mussten bereits im Entwurf bis ins Detail belegt werden, die daraus resultierenden Anforderungen an die Baubehelfe wurden in den Ausschreibungsunterlagen genau definiert.

Stützweiten in BW-Achse im Bogen Kleinste lichte Höhe Kreuzungswinkel Breite zwischen den Geländern Brückenfläche Konstruktionshöhe

Der Überbau wurde in zwei Abschnitten auf einem Traggerüst hergestellt: Im ersten wurden die beiden Überbaufelder zwischen den Achsen 10 und 30 in überhöhter Lage betoniert und vorgespannt und nach dem Ausschalen in die endgültige Lage abgesenkt, um die lichte Durchfahrtshöhe jederzeit gewährleisten zu können. Im zweiten Bauabschnitt wurden nach dem Umsetzen des Trag- gerüsts die beiden Überbaufelder zwischen Achse 30 und Achse 50 in endgültiger Lage betoniert.

53,00 + 59,91 + 46,50 + 55,00 m = 214,41 m 4,88 m 50,8 gon (A 9) / 59,4 gon (A 92) 17,00 m 3.644 m² 2,40 m

10 Hauptabmessungen © SSF Ingenieure AG

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11 Fertiggestelltes Bauwerk, Blick Richtung München © Florian Schreiber/SSF Ingenieure AG

5 Statische Berechnung 5.1 Unterbauten Die Unterbauten wurden an separaten statischen Modellen berechnet, die kastenförmigen Widerlager mit finiten Elementen abgebildet. Die Bohrpfähle waren im System als elastisch gebettete Stäbe enthalten. Die bis zu 13,08 m hohen und 2,30 m dicken Stützen wurden zusammen mit den Pfahlkopfplatten und den im Erdreich gebetteten Pfählen als Stabsysteme berechnet. Die Verteilung der Brems- und Anfahrlasten erfolgte dabei entsprechend dem Verhältnis der Horizontalsteifigkeiten der mitwirkenden Unterbauachsen unter Berücksichtigung der maximalen Verformungswiderstände der Kalottenlager. Trotz des Festpunktes in Achse 30 ergaben sich an dieser Auflagerachse nur noch 20 % der Brems- und Anfahrlasten. Aufgrund der Schlankheit der Stützen wurde neben der Regelbemessung auch ein Nachweis nach Theorie II. Ordnung im Grenzzustand der Tragfähigkeit geführt, der jedoch keine Erhöhungen der Bewehrungsmengen ergab. 5.2 Überbau Die statische Berechnung erfolgte an einem räumlichen Trägerrostsystem. Die beiden Längsträger wurden hier als Stäbe mit ihrem Plattenbalkenquerschnitt mit variablen Plattenbreiten angenommen. Die Torsionssteifigkeit der vorgespannten Längsträger wurde nach DIN-Fachbericht 102 mit 80 % des theoretischen Werts festgelegt. Die Fahrbahnplatte wurde aufgrund der Brückenschiefe und der Krümmung

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im Grundriss mit ebenen finiten Ele- menten mit orthotroper Tragwirkung abgebildet und dabei nur der Quer- richtung der Platte eine Steifigkeit zugeordnet. Die Querträger an den Auflagern wurden als zusätzliche Biegestäbe mit einer auf 50 % des theo- retischen Werts reduzierten Torsions- steifigkeit eingeführt. Mit Hilfe dieser Modellbildung ließ sich die kontinuierliche Tragwirkung der Fahrbahnplatte im Vergleich zu herkömmlichen Trägerrosten mit ideellen Querträgern wesentlich besser ermitteln: Aus der Orthotropie resultierend, sind die Berechnungsergebnisse eindeutig in Stabschnittgrößen für die Längsrichtung und Plattenschnittgrößen für die Querrichtung getrennt. Das gemischte System aus Stäben und finiten Elementen führte zu einer realistischeren Modellabbildung, ohne auf die Vorteile einer klassischen Trägerrostberechnung verzichten zu müssen. Die Vorspannung der beiden Längs- träger weicht aufgrund der stark unter- schiedlichen Stützweiten mit Differenzen bis zu 10 m bei den einzelnen Trägerabschnitten völlig voneinander ab. Die aus der Vorspannung dieses Systems folgenden hohen Zwangsbeanspruchungen mussten zusätzlich berücksichtigt werden. Aufgrund der gewählten zwei Bauabschnitte wurde auch ein zusätzliches Zwischensystem im Bauzustand nachgewiesen: ein Zweifeldträger mit Kragarm. Maßgebend für die Vorspannung war jedoch der Dekompressionsnachweis im Endzustand.

Die konstruktive Umsetzung in den Spann- und Bewehrungsplänen für den Überbau war wegen der komplexen Bauwerksgeometrie und der hohen Bewehrungsgrade sehr anspruchsvoll. Das heißt, es mussten bis zu drei Lagen Spannbewehrung und aufgrund der hohen Torsionsbeanspruchung zusätzlich ein relativ hohes Maß an schlaffer Bewehrung im Querschnitt untergebracht werden. Der Anteil der schlaffen Bewehrung beträgt 137 kg/m³, jener der Spannbewehrung 54 kg/m³. 6 Ausführungsplanung in 3-D Die Schalpläne wurden in 3-D erstellt, wobei alle Bauteile in einem räumlichen Modell exakt abgebildet wurden. Zusätzlich wurde vom Urgelände ein 3-D-Laserscanning des gesamten Um- feldes durchgeführt. Auf dieser Basis wurde mit dem Programmsystem NX ein 3-D-Modell des Bauwerks aufgebaut und daraus alle Ausführungspläne abgeleitet. Der etwas höhere Arbeitsaufwand zur Erarbeitung eines solchen Modells wird dabei durch mehrere Effekte aufge- wogen: Als Nebenprodukt stehen sofort alle geometrischen Bauteil- und Erdbaumassen zur Verfügung, und am räumlichen System werden geometrische Probleme sofort erkannt, die konstruktive Detaillierung erleichtert.


12. SYMPOSIUM BRÜCKENBAU

Mit geringem Aufwand können beispiels- weise Durchdringungsprobleme mit vorhandenen Baukörpern und Detailausbildungen speziell im Bereich der Unterbauten geklärt werden. 7 Zusammenfassung Die gewählte, über dem Autobahnbetrieb eher ungewöhnliche Ortbetonbauweise auf Lehrgerüst hat sich für den Überflieger in Neufahrn bestens bewährt. Die Umsetzung der Planungs- und Bau- aufgabe erfolgte innerhalb kürzester Zeit, die durch das Konjunkturpaket II zur Verfügung stehenden Mittel konnten effektiv eingesetzt werden. Eine konsequente und reibungslose Realisierung der in der Ausschreibung vorgegebenen Randbedingungen ließ sich durch die kontinuierlich beauftragte Planung aus

einer Hand erzielen. Das Hauptbauwerk wurde in der Zeitspanne von Februar 2010 bis Juli 2011 errichtet. Die geringe Bauzeit und die Herstellungskosten des Bauwerks von rund 5.500.000 €, entsprechend 1.500 €/m², belegen die Wirtschaftlichkeit des gewählten Entwurfs. Autor: Dipl.-Ing. Peter Radl SSF-Ingenieure AG, München Anmerkung Bei dem vorliegenden Beitrag handelt es sich um die überarbeitete Fassung der Veröffentlichung »Überflieger am AK Neufahrn« in: Bauingenieur, Band 87, 2012, Heft 2.

Bauherr Bundesrepublik Deutschland Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Bonn Auftragsverwaltung Freistaat Bayern Oberste Baubehörde im Bayerischen Staatsministerium des Innern, München Baubehörde Autobahndirektion Südbayern, München Bauüberwachung Autobahndirektion Südbayern, Dienststelle München, Maisach Gesamtplanung SSF Ingenieure AG, München Prüfingenieur Prof. Dr.-Ing. Richard Rojek, Augsburg Bauausführung Hentschke Bau GmbH, Bautzen

SSF_BRCK_L_2012_0036XX 2012.01.20 9:39 Uhr Seite 1

Funktion und Effizienz in einer Form Verbesserung der Sicherheit und Leichtigkeit des laufenden Verkehrs

BAB A9/A92, AK Neufahrn, BW 13/02s Direktrampe

www.ssf-ing.de 1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU

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1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU Anlass und Besonderheiten bei der Ausführung

Querverschub der Mainbrücke Randersacker von Sven Kimmeskamp

Die Mainbrücke Randersacker bei Würzburg überführt die Bundesautobahn A 3 mit einem Verkehrsaufkommen von über 85.000 Kfz/d. Da im ehemaligen Bestandsbauwerk, erstellt in den Jahren 1961–1963, der heute als spannungsrissgefährdet bekannte Sigma-Spannstahl zur Ausführung kam und der Überbau zudem nur ein unzureichendes Bruchvorankündigungsverhalten aufwies, begann ab 2007 im Vorgriff auf den sechsspurigen Ausbau der A 3 der Ersatzneubau, wobei Trasse und Gradiente im Bereich der Brücke nahezu unverändert blieben. Zur Aufrechterhaltung des Verkehrs musste der erste Überbau in seitlicher Behelfslage neben der alten Brücke errichtet werden. Nach Umlegung des Verkehrs auf diesen ersten Überbau konnte das Bestandsbauwerk abgebrochen und danach die endgültigen Unterbauten sowie der zweite Überbau realisiert werden. Nach nochmaliger Verkehrsumlegung, nun auf den zweiten Überbau, und Fertigstellung der Verbindung von Behelfs- und endgültigen Unterbauten durch Verschubwände erfolgte dann Anfang 2011 der Querverschub des nördlichen Überbaus von der Behelfs- in seine endgültige Lage.

2 Überbaulage vor dem Querverschub © SRP Schneider & Partner

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1 Überbauten kurz vor dem Querverschub © Dywidag Bau GmbH

1 Neues Brückenbauwerk Die für beide Richtungsfahrbahnen getrennten Überbauten weisen eine Länge von 540 m auf und sind in sieben Felder unterteilt. Die maximale Stützweite beträgt 140 m und überspannt den Main. Ausgebildet sind die Spannbetonhohlkastenquerschnitte in Misch- bauweise und mit quer vorgespannter Fahrbahnplatte, ihre Breiten betragen je Überbau ca. 20 m und nehmen jeweils drei Fahrspuren und eine Notspur auf. Sie haben im Scheitel der Mainöffnung und im Vorlandbereich eine Höhe von 4 m, die über den Strompfeilern parabelförmig auf 7,50 m anwächst. Die Her- stellung der Überbauten erfolgte über

dem Main in Freivorbau- und im Vorlandbereich in konventioneller Traggerüstbauweise. Die im Grundriss gekrümmten Überbauten erhielten, dem Querverschub geschuldet, parallel ausgerichtete Unter- bauten, auch die Fahrbahnübergangskonstruktionen und Überbauenden wurden parallel zur Verschubrichtung angeordnet. Gelagert sind die Überbauten auf allseits beweglichen bzw. querfesten Kalottenlagern, der Längsfestpunkt befindet sich in Achse 400 und damit etwa in Brückenmitte. Alle Unterbauten sind auf Großbohrpfählen gegründet.


12. SYMPOSIUM BRÜCKENBAU

3 Regelquerschnitt © SRP Schneider & Partner

2 Situation vor dem Verschub Bedingt durch die beschriebenen Bauund Verkehrsphasen lag der nördliche Überbau bereits vor dem Querverschub für eine Dauer von etwa zwei Jahren unter Verkehr und ruhte somit auf seinen endgültigen Lagern, Abdichtung und Fahrbahnbelag waren ebenfalls schon aufgebracht worden. Aus diesem Umstand resultierte die Forderung, den Spannbetonüberbau während des Querverschubs überdrückt zu lassen und keine Zugspannungen zu erzeugen: Die unterschiedlichen Verformungen benachbarter Auflagerachsen in Brücken- querrichtung waren daher auf 10 mm zu begrenzen. Die Fahrbahnübergangskonstruktionen waren in Überbau und Behelfswiderlagern vorhanden, das Gesamtgewicht der zu verschiebenden Konstruktion betrug ca. 32.500 t bei einer Verschubstrecke von exakt 19,635 m. 3 Gleitebene und Lagerung Statt eines aufwendigen Aus- und Wiedereinbaus der Lager wurde der Verschub mit den Lagern durchgeführt und die Verschub- bzw. Gleitebenen unter den Lagern angeordnet. Für die Aufnahme und Übertragung der Reibungskräfte wurden die quer- beweglichen Lager mit Arretierungen versehen, die für den Querverschub aktiviert wurden und die es gestatteten, sie temporär in querfeste Lager umzu- funktionieren. Entsprechend erhielten die Lager mit Längsbeweglichkeit Knaggen an Ober- und Unterteil, um sie durch das Einlegen von Futterplatten zwischen den Knaggen in beliebiger Stellung längsfest arretieren zu können.

Die Gleitebenen zwischen Überbau und festen Unterbauten wurden aus poliertem Edelstahl und gefetteten PTFE-Platten gebildet, wobei ihr Einbau durch das achsweise Anheben der Spann- betonquerschnitte erfolgte: Mit dem Lösen des Festpunktes beim Anheben von Achse 400 wurde der Überbau in eine schwimmende Lagerung überführt. Als Ersatz wurden an seinen Enden Führungskonstruktionen angeordnet, die auch während des Verschubes des Überbaus eine Lagekorrektur in Längsrichtung erlaubten. 4 Technologie und Vermessung Für die Durchführung des Querverschubs mussten die erforderlichen Zugkräfte auf eine begrenzte und beherrschbare und damit möglichst geringe Anzahl von Elementen verteilt werden. Andererseits war aber auch ein synchroner Verschubvorgang über die Brückenlänge zu erzielen, was eine relativ gleichmäßige Verteilung von Zugelementen über die Brückenlänge bedeutete. So fiel die Wahl auf die Verwendung von insgesamt acht Litzenhebern mit Anordnung in den Achsen 100, 300, 400, 600 und 800. Für eine symmetrische Belastung der Pfeiler wurden an den besagten Pfeilerachsen je zwei Litzenheber untergebracht, in den Achsen 200, 500 und 700 lief der Überbau passiv mit, während an den Widerlagerachsen 100 und 800 je ein Litzenheber instal- liert wurde. Nach den aus der statischen Berechnung zu erwartenden Zugkräften kamen in den Achsen 300 und 400 je zwei Litzenheber mit einer Kapazität von 300 t zur Ausführung, alle übrigen hatten eine Kapazität von 200 t.

4 Lager mit temporärer Längsfesthaltung © Dywidag Bau GmbH

5 Vorbereitete Verschubbahn mit Längsführung © Dywidag Bau GmbH

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7 Verschubbahn © Dywidag Bau GmbH

400, bezogen auf die Brückenlängs- richtung, angegeben. Die vor dem Verschub durchgeführte Einmessung der Prismen erfolgte auf eine fiktive Verzugachse und diente als Null- messung. Gegenüber der rechnerischen Ermittlung variieren die Zugkräfte in der Realität unter anderem durch Streuung der Reibungswerte je Achse, Streuung der Auflasten je Lagerachse und Streuung in der Querbiegesteifigkeit des Überbaus bzw. in den einzelnen Feldern. Änderungen im Verlauf des Querverschubes

6 Detailausbildung am Pfeiler © SRP Schneider & Partner

Die Synchronität von Verschubgeschwindigkeit und zurückgelegter Strecke unter den einzelnen Achsen zur Vermeidung von Verformungen im Überbau und von unzulässigen Zugspannungen infolge Querbiegung wurden durch elektronische Kopplung und Steuerung der Litzenheber sichergestellt. Alle Litzenheber besaßen eine eigene elektronische Steuerung und waren mit einem zentralen Steuercomputer verbunden. Die Litzenheber konnten dadurch gemeinsam, in beliebigen Gruppen oder auch einzeln angesteuert, dabei von jedem einzelnen von ihnen Informationen wie Weg und Kraft empfangen werden. Die ausgegebenen Messwerte bezogen sich jedoch auf den Durchzug am Litzenheber und nicht auf den Weg des Überbaus. Die Differenzen, verursacht durch die Litzendehnung zwischen Heber und Überbau, ließen sich durch ihre Vollbelegung mit 19 bzw. 31 Litzen reduzieren, so dass die Ausnutzung der Litzen bei nur ca. 50 % gegenüber der zulässigen Spannstahlspannung lag. Zur Einhaltung der zulässigen Toleranzen war daher eine zusätzliche externe Wegkontrolle während des Verschubes zu installieren, die selbst die Achsen

10 Litzenheber und Verankerung © Dywidag Bau GmbH

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8 9 Litzenverankerung an Überbau und Pfeiler © SRP Schneider & Partner/© Dywidag Bau GmbH

ohne Litzenheber umfasste. Acht Rundprismen am Überbau im Bereich der Achsen 100–800 wurden durch zwei Tachymeter anvisiert, die auf festen Messpfeilern aufgestellt waren. Durch automatische Mehrfachmessung im stationären Zustand des Überbaus konnte so eine Genauigkeit von +/-1 mm erreicht werden. Die Durchführung der Messungen erfolgte dazu nach jedem Hub bis zu 42 cm während des Einfahrens der Zylinder in Vorbereitung für den nächsten Litzenhub. In der direkten Auswertung wurden dann die bisherige wie die verbleibende Verschubstrecke je Achse sowie die Abweichung in Achse

11 Steuercomputer im Leitstand © Dywidag Bau GmbH

sind als Ursache ebenfalls möglich. Bei realistischen Reibungswerten zwischen 1 % und 3 % und bei einem Gewicht von 32.500 t waren in Summe Zugkräfte zwischen 300 t und 1.000 t zu erwarten, durch die gewählte Konfiguration und Anordnung der Litzenheber stand hier eine Gesamtkapazität von 2.000 t Zug- kraft zur Verfügung. Die tatsächlichen Zugkräfte lagen hingegen bei ca. 250 t und waren relativ konstant über den gesamten Verschubweg, was auf einen Reibungsbeiwert von etwas weniger als 1 % schließen ließ. 5 Verschubbahnen und Unterbauten Die Verschubbahnen in den Auflagerachsen wurden als raue, aber ebene Betonoberflächen ausgebildet und waren monolithisch mit den Verschubwänden sowie den jeweiligen Behelfspfeilern und endgültigen Pfeilern verbunden. Die Oberflächen wurden vor dem Verschub höhenmäßig auf ihre Ebenheit vermessen und kontrolliert: Die tolerablen Abweichungen in den Verschubbahnen betrugen 1 mm je 2 m Länge und konnten durch ein sehr genaues Verlegen der Schalung und das Abziehen der frischen Betonoberfläche erreicht werden.


12. SYMPOSIUM BRÜCKENBAU Diese Ebenheit war wichtig, um gleichmäßige Pressungen in Lager und in den mit ca. 20 N/mm² Pressung hoch ausgenutzten Gleitebenen zwischen Teflonplatte und Edelstahlblech zu gewährleisten. Größere Unebenheiten hätten Spannungsspitzen und damit womöglich Überbelastungen und in Folge Beschädigungen in erster Linie an den Teflonplatten oder in den Lagern hervorgerufen. Aus gleichem Grunde war die Setzungsunempfindlichkeit der Verschubbahn von Bedeutung, weswegen die Verschubwände als Scheiben zwischen den Pfeilern und mit eigenem Fundament ausgebildet wurden. 6 Abschlussarbeiten Unmittelbar nach dem erfolgreichen Querverschub erfolgten der achsweise Ausbau der Gleitelemente und das Verschweißen der unteren Lagerplatten mit den in den -sockeln einbetonierten Ankerplatten. Die Verschubbahnen und Behelfsunterbauten wurden zurückgebaut, die vor dem Querverschub von den Behelfswiderlagern gelösten Fahrbahnübergangskonstruktionen ausgerichtet und im Widerlager höhengerecht einbetoniert, so dass seit Mitte 2011 der Verkehr sechsspurig über beide Überbauten fließen kann. Autor: Dipl.-Ing. Sven Kimmeskamp Ed. Züblin AG, Stuttgart

Bauherr Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch den Freistaat Bayern Entwurf und Ausschreibung Autobahndirektion Nordbayern, Nürnberg Rieger + Brandt, Ingenieurgesellschaft im Bauwesen mbH, Nürnberg

16 Nördlicher Überbau nach dem Querverschub © Dywidag Bau GmbH

12 Anordnung der Litzenheber und Litzen © SRP Schneider & Partner

13 14 Querverschub der Mainbrücke © Dywidag Bau GmbH

Bauüberwachung Autobahndirektion Nordbayern, Dienststelle Würzburg Technische Bearbeitung SRP Schneider & Partner, Ingenieur-Consult GmbH, Kronach Prüfingenieur Dr.-Ing. Heinrich Hochreither, Aschaffenburg Bauausführung Dywidag Bau GmbH, Niederlassung Brückenbau, Nürnberg

15 Hauptfeld und Verschubbahn in Achse 300 © Dywidag Bau GmbH

17 Rückbau der Behelfsunterbauten © Dywidag Bau GmbH

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1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU Erstmaliger Rückbau einer Talquerung mit Vorschubrüstung

Rückbau der Döllbachtalbrücke im Zuge der Autobahn A 7 von Jan Lingemann, Stephan Sonnabend

Die Döllbachtalbrücke liegt auf der Bundesautobahn A 7 ca. 15 km südlich von Fulda. Da das Bauwerk zahlreiche Schäden aufweist, wurde seitens des Auftraggebers beschlossen, es abzubrechen und durch einen Neubau an gleicher Stelle zu ersetzen. Ein bodengestütztes Traggerüst kam aus verschiedenen Gründen für den Rückbau nicht in Frage, weshalb hier erstmals bei einer Talbrücke das Verfahren »Rückbau mit Vorschubrüstung« gewählt wurde. Im folgenden Beitrag werden ausgewählte Aspekte dieses Rückbaus beschrieben. 1 Einleitung Die Döllbachtalbrücke befindet sich ca. 15 km südlich von Fulda. Auf dem 1966–1968 hergestellten Bauwerk wird die Bundesautobahn (BAB) A 7 über das ca. 50 m tiefe Döllbachtal, die Bundesstraße B 27 und mehrere Wirtschaftswege geführt. Jede Richtungsfahrbahn liegt auf einem eigenen Überbau. In der jüngeren Vergangenheit wurde festgestellt, dass in Teilbereichen keine ausreichende Bruchsicherheit und in zahlreichen Koppelfugen keine ausreichende Ermüdungssicherheit vorhan- den ist. Zudem sind diverse Quer- und Längsspannglieder durch die Einwir- kung von chloridhaltigem Wasser stark geschädigt. [1] Seitens des Auftraggebers wurde daher beschlossen, die Überbauten und Unterbauten abzubrechen und an gleicher Stelle neu zu errichten.

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Aufgrund der großen Höhe über dem Talgrund und des geringen Abstands zwischen den beiden nebeneinander- liegenden Bauwerken bedarf es eines kontrollierten Rückbaus. Weiterhin ist zu beachten, dass das Döllbachtal bereichsweise als Landschaftsschutz- bzw. FFH-Gebiet ausgewiesen ist und daher geschont werden muss. Ein boden- gestütztes Traggerüst ist gemäß Aus- schreibung ausgeschlossen. Stattdessen ist der Einsatz eines Vorschubgerüstes (VSG) vorgesehen. Hiermit sollen die beim abschnittsweisen Abbruch entstehenden Auskragungen des Überbaus unterstützt werden.

1 Ansicht und Grundriss © Aus [3]

2 Querschnitt © Aus [3]

2 Bestehendes Bauwerk 2.1 Ursprüngliche Konstruktion Die Döllbachtalbrücke hat zwei Überbauten mit jeweils zwölf Feldern, die Regelstützweite beträgt 46 m und ihre Gesamtlänge 576 m. Da sich im südlichen Bereich des Talgrundes zwischen den Achsen 30 und 40 ein geologischer Ver- bruch befindet, wurde hier kein Pfeiler angeordnet. [2] Das Feld zwischen den Achsen 30 und 40 hat daher eine Spann- weite von 70-m. Die Richtungsfahrbahnen liegen auf separaten Überbauten mit jeweils zweizelligen Hohlkastenquerschnitten.


12. SYMPOSIUM BRÜCKENBAU

3 Herstellung des westlichen Überbaus © Aus [2]

Die Herstellung des westlichen Über- baus erfolgte abschnittweise auf einem Vorschubgerüst von Norden nach Süden. Die Arbeitsfugen liegen jeweils 8,75 m von den Stützenachsen entfernt. Zur Errichtung des 70-m-Feldes wurde 46 m südlich der Achse 40 ein Hilfspfeiler angeordnet, welcher nach Fertigstellung des Feldes 20–30 wieder entfernt wurde. Der östliche Überbau wurde anschließend auf die gleiche Weise von Süden nach Norden realisiert, hierbei stand der Hilfspfeiler 46 m nördlich der Achse 30. Beide Überbauten sind in Längs- und Querrichtung beschränkt vorgespannt, die Stützquerträger sind ebenfalls vorgespannt. In den Arbeitsfugen sind jeweils alle Längsspannglieder mit Koppelankern gestoßen, nur im Bereich des 70-m-Feldes laufen einige Zulagespannglieder über die Koppelfugen hinaus. Für die Vorspannung in Längsund Querrichtung wurden Spannverfahren der Firma Polensky & Zöllner mit gerippten Sigma-oval-Drähten verwendet. Die Pfeiler mit Höhen von ca. 50 m über dem Talgrund wurden als Hohlpfeiler in Gleitbauweise errichtet, mit 2 m dicken, massiven Pfeilerköpfen. Darüber sind an den Außenseiten ca. 3 m hohe massive Pfeilerkopfverlängerungen angeordnet, auf welchen die Lagersockel Platz finden. Beide Überbauten sind an ihren Enden auf jeweils einem gemeinsamen, aufgelösten Widerlager abgesetzt. Diese bestehen aus einem Auflager- balken, welcher auf jeweils zwei vertikalen Scheiben aufgelagert ist. Die Widerlagerscheiben sind mit tiefliegenden Flachgründungen gegründet.

2.2 Besonderheiten Bereits vor Beginn der Baumaßnahme war bekannt, dass infolge der Einwirkung von chloridhaltigem Wasser an mehreren Stellen im Überbau Spannglieder aus- gefallen sind. Weiterhin ist bekannt, dass im 70-m-Feld des westlichen Überbaus ein Längsspannglied unverpresst und nicht vorgespannt ist. Die Endverankerungen der Zulagespannglieder für das 70-m-Feld liegen in den Feldern 20–30 ca. 9–12 m von der Pfeiler-

achse 30 und im Feld 40–50 ca. 9–12 m von der Pfeilerachse 40 entfernt. Im Bereich der Endverankerungen der Zulagespannglieder sind Risse an der Oberseite des Überbauquerschnittes vorhanden. Die Ursache hierfür ist, dass aufgrund der größeren Stützweite des Feldes 30–40 in den angrenzenden Abschnitten hauptsächlich negative Momente auftreten. Da die durchlaufenden Regelspannglieder im Verankerungsbereich der Zulagespannglieder im Querschnitt bereits weit nach unten geführt sind, ist an dessen Oberseite keine ausreichende Vorspannung vor- handen. In diesen Bereichen ist für die heutige Verkehrsbeanspruchung daher keine ausreichende Bruchsicherheit nachweisbar. Da die genannten Mängel in beiden Überbauten auftreten, wurde der östliche Überbau in Vorbereitung auf das Bauvor- haben zur Aufnahme des bauzeitlichen 4+0-Verkehrs mit zusätzlichen Längsspanngliedern sowie CFK-Lamellen verstärkt. 3 Rückbaukonzept Der Rückbau der Überbauten erfolgt kontinuierlich entgegen der Herstellrichtung. Innerhalb eines Rückbau- abschnittes wird der jeweilige Bauabschnitt des Überbaus in der Regel bis an die nächste Koppelfuge zurück- gebaut.

4 Einhub der Vorschubgerüst-Hauptträger © Büchting + Streit AG

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5 Unterstützung des Überbaus © Büchting + Streit AG

Im Zuge des Rückbaus kragt der Überbau nach dem Entfernen des vordersten Stützquerträgers im Regelbereich bis zu 46 m aus. Zur Unterstützung dieser Auskragung ist ein Vorschubgerüst (VSG) vorgesehen. Während des Verschubes des VSGs ist der verbleibende Überbau nicht unterstützt und muss sich somit selber tragen. Die Verankerung der Längsspannglieder ist dabei durch die in den Koppelfugen vorhandenen Koppelanker sichergestellt. Hinsichtlich der statischen Nachweise im Verschub-

zustand ist es günstig, dass beim Bau der Brücke vergleichbare Beanspruchungen aufgetreten sind und der Überbau hierfür bemessen wurde. Für die Ausführung wurde ein VSG mit zwei Hauptträgern gewählt, die beidseits der Pfeiler angeordnet sind und an jedem Pfeiler auf zwei Auflagerquerträgern der Pfeilerkopfeinrüstung aufliegen. Die Lasten aus den Auflagerquerträgern werden durch in Querrichtung geneigte Aufhängungen zu einem Jochträger weitergeleitet, der an der Oberseite der Pfeiler auf dem massiven Pfeilerkopf aufliegt. Diese Lösung wurde gewählt, da eine Auflagerung der Auflagerquerträger im Bereich der Pfeilerschäfte aufgrund der geringen Wandstärken der Pfeiler nicht möglich war. Zwischen den Hauptträgern des VSGs sind paarweise verbundene Unterstützungsquerträger gespannt, die durch Hydraulikpressen gegen den Überbau gepresst werden können. Auf den Unterstützungsquerträgern befinden sich Holzdruckstücke, durch die der Überbau punktuell im Bereich der Stege unterstützt wird. Die Hydraulikpressen auf jeweils einer Seite des Überbaus lassen sich gruppenweise in einem Ölkreislauf zusammenschalten, so dass sie hydraulisch kommu- nizieren. Das ist zwingend erforderlich, um Relativbewegungen zwischen Über- bau und VSG auszugleichen.

6 7 Hilfspfeiler und Querkraftverstärkungen © Büchting + Streit AG

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Zur Aufnahme des Abbruchgutes ist auf den Längsträgern des VSGs eine Bühne angeordnet, die in Längsrichtung bis zum nächsten Unterstützungsträger fahrbar ist und beim Abbruch unter dem Überbau zum Halten kommt. Um die Bühne weiter unter dem Überbau fahren zu können, muss der Unterstützungsquerträger zunächst abgesenkt und die Holzdruckstücke entfernt werden. Danach lässt die Bühne sich bis zum nächsten Querträger bewegen, der Überbau kragt dabei über den letzten aktiven Unterstützungsquerträger aus. Der Rückbau des Überbaus erfolgt mit einem auf dem Überbau stehenden Abbruchbagger. Das Abbruchgut wird mit der Abbruchbühne aufgefangen und anschließend mit Lkws abtransportiert. 4 Statische Aspekte 4.1 Hilfspfeiler im 70-m-Feld Beim Abbruch des westlichen Überbaus wird das 70-m-Feld nach dem Rückbau der ersten beiden Felder zwangsläufig zum Endfeld des Durchlaufträgers. In diesem Zustand tritt am Endauflager in Achse 30 nur ein sehr geringes Stützmoment, in Feldmitte jedoch ein großes Feldmoment auf, das vom vorhandenen Überbau nicht aufgenommen werden könnte. Es ist daher zwingend erforderlich, das 70-m-Feld in diesem Zustand zu unterstützen. Hierfür ist ein 50 m hoher Hilfspfeiler vorgesehen, der nicht nur


12. SYMPOSIUM BRÜCKENBAU

8 Westlicher Überbau: Rückbauzustände bis zur Achse 35 © Büchting + Streit AG

für den Rückbau des Bestandsüberbaus eingerichtet, sondern auch für die Her- stellung des neuen Überbaus im Takt- schiebeverfahren verwendet wird. Seine Anordnung erfolgt entsprechend dem Ausschreibungsentwurf in der Mitte des 70-m-Feldes. Der Hilfspfeiler wurde vor Beginn des Abbruches aktiviert. Dadurch wurden der vorhandene Durchhang des Überbaus in Feldmitte um 40 mm verringert und die Stützmomente in den Achsen 30 und 40 deutlich reduziert: In den gerissenen Verankerungsbereichen der Zulagespannglieder konnte nun eine ausreichende Tragfähigkeit nachgewiesen werden. Das ist erforderlich, da der Überbau während des Rückbaus zum Abtransport des Abbruchgutes von Lkws befahren wird. Zur Verbesserung des Bauablaufs wurde der Hilfspfeiler seitlich neben dem Über- bau hergestellt und anschließend quer unter den Überbau geschoben. Nach Abbruch und Neubau des westlichen Überbaus wird er für den Rückbau und Neubau in Querrichtung unter den östlichen Überbau verschoben.

9 Abbruchkante im Rückbauzustand 3 © Büchting + Streit AG

Seine Breite muss jener der Bestandspfeiler entsprechen, damit das VSG neben ihm Platz findet. Auf dem Hilfspfeiler lassen sich die Pressen also nicht unter den Stegen des vorhandenen Überbaus anordnen. Der neue Hilfspfeiler steht zudem nicht an der gleichen Position wie jener bei der Errichtung der Brücke, wo bereits ein massiver Querträger im Überbau existiert. Zur Einleitung der Auflagerkräfte in die Stege ist in der Achse 35 daher ein neuer Hilfsquerträger im Überbau erforderlich, der als massive, vorgespannte Konstruktion ausgeführt wird. In der Mitte des 70-m-Feldes treten infolge der Unterstützungskraft des Hilfsträgers Querkraftbeanspruchungen des Überbaus auf, für welche die vorhan- dene Bewehrung nicht ausreichend ist. Zur Aufnahme der Querkräfte musste der Überbau deshalb durch vertikale vorgespannte Bewehrung verstärkt werden. Dazu wurden an der Ober- und Unterseite der Stege Doppel-U-Profile als Jochträger angeordnet, an denen vertikale Stabspannglieder verankert sind, die durch Kernbohrungen in der Fahrbahnplatte und in der Bodenplatte geführt werden.

4.2 Rückbauzustände Im ersten Abschnitt wird der Überbau bis zur Koppelfuge bei Achse 20 zurückgebaut und das Feld 2 bis 4,00 m vor die Koppelfuge bei Achse 30 abgebrochen. Durch die verlängerte Auskragung des Überbaus wird der Erhalt eines Mindeststützmomentes bei Achse 30 sichergestellt, da das Feldmoment im Feld 3.1 bereits kurz hinter der Achse 30 stark zunimmt. Bei zu starker Reduktion des Stützmomentes würden im stützennahen Bereich nördlich der Achse 30 positive Momente auftreten. Aufgrund der im Endzustand unter Verkehr negativen Momente liegen die Spannglieder in diesem Bereich jedoch im oberen Teil des Querschnitts, so dass keine aus- reichende Tragsicherheit nachweisbar wäre.

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10 Unterstützung des Überbaus durch das VSG © Büchting + Streit AG

5 Interaktion von VSG und Überbau 5.1 Allgemeines Während des Rückbaus wird der aus- kragende Teil des Überbaus durch die Querträger des VSGs unterstützt. Infolge des Rückbaus und der hierdurch stetig abnehmenden Last ändert sich die Belastung des VSGs allerdings ständig. In der Folge treten Interaktionen zwischen Überbau und VSG auf, welche hinsichtlich der Beanspruchungen des Überbaus maßgebend sein können. In der statischen Berechnung wurde daher der Rückbau mit allen Zwischenzuständen simuliert. Nachfolgend werden verschiedene Aspekte und Randbedingungen des Rückbaus betrachtet. 5.2 Rückbau der Auskragung Zu Beginn des Abbruchs werden zu- nächst alle Unterstützungsquerträger mit geringem Druck aktiviert. Beim Rückbau bis zur Achse n geht das Stütz- moment in dieser Achse auf null zurück: Ohne die vorherige Aktivierung würde in ihrer Nähe bereits so ein großes Feld- moment auftreten, dass die Tragfähigkeit des Überbaus nicht mehr nachgewiesen werden könnte. Die Unterstützung des Überbaus wurde so gewählt, dass der Überbau nicht aus den Lagern gehoben wird.

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5.3 Umlagerung der Auflagerlast Bevor der Stützquerträger zurückgebaut wird, werden die Pressendrücke vergrößert, um die Auflagerkraft des Überbaus bei der Achse n zu reduzieren. Hierdurch wird eine schlagartige Lastumlagerung in das VSG verhindert. Hinsichtlich der erforderlichen Pressenkräfte ist zu beachten, dass sich die Auflagerkraft am Endauflager (Achse n) des nicht unterstützen Systems aus einem Anteil aus Eigengewicht und einem Anteil aus Vorspannung zusammensetzt: Beide werden mit dem Deaktivieren des Auf- lagers in das VSG umgelagert. Die Resultierende der Pressenkräfte liegt im Feldbereich des abzubrechenden Feldes und hat somit einen geringeren Abstand zur Achse n+1 als die ursprüngliche Auflagerkraft in Achse n. Bei der Berechnung zeigt sich, dass das statisch unbestimmte Moment infolge Vorspannung bei der Achse n+1 unter Berücksichtigung der vorhandenen Steifigkeiten des Überbaus und des VSGs jedoch nahezu konstant bleibt. Aufgrund des konstanten Momentes und des geringeren Abstands zwischen der Achse n+1 und der Resul- tierenden der Unterstützungen ist die erforderliche Unterstützungskraft größer als die ursprüngliche Auflagerkraft in Achse n.

11 Biegelinien bei Deaktivierung des Lagers in Achse n © Büchting + Streit AG

5.4 Berücksichtigung der Verformungen Nach dem Rückbau des Überbaus bis zur Achse n sowie dem Rückbau des Stütz- querträgers und der Lager kragt der Überbau um eine Feldlänge aus, wobei er durch das VSG unterstützt wird, das im Gegensatz zum Überbau als Einfeldträger wirkt. Infolge der unterschiedlichen statischen Systeme ergeben sich für den Überbau und das VSG unterschiedliche Biegelinien, die bei Annahme von starr an das VSG angeschlossenen Unter- stützungsquerträgern dazu führen, dass nahezu die gesamte Unterstützungskraft durch die am nächsten zur Abbruchkante liegenden Unterstützungsquerträger aufgenommen wird und sich die übrigen der Last entziehen. Dies ist hinsichtlich der lokalen Last- einleitung in den Überbau sehr problematisch. Beim Rückbau werden die für seine Unterstützung aktivierten Hydraulikpressen daher hydraulisch kommunizierend in einen Ölkreislauf geschaltet. Hierdurch wird sichergestellt, dass alle aktiven Unterstützungsquerträger des VSGs die gleiche Last erhalten.


12. SYMPOSIUM BRÜCKENBAU

5.5 Beanspruchung des Überbaus Aufgrund der geringen Bewehrung der Fahrbahnplatte kann im Bruchzustand nur ein sehr kleines negatives Moment im Feldbereich aufgenommen werden. Ein wesentlicher Gesichtspunkt ist daher die Beanspruchung des Überbaus durch negative Biegemomente im Feldbereich: Die Unterstützung durch das VSG muss so erfolgen, dass die negative Momentenbeanspruchung möglichst gering bleibt. Würden alle Unterstützungsquerträger aktiviert werden, so würde zwar eine nahezu kontinuierliche Unterstützung des Überbaus vorliegen. Da das Eigengewicht des Überbaus jedoch ungleich über die Länge verteilt ist (Anvoutungen der Stege zur Stützenachse, Gewicht des Stützquerträgers), treten in diesem Fall im Feldbereich negative Biegemomente auf. Wesentlich günstigere Beanspruchungen ergeben sich, wenn die Unter- stützung nur durch wenige Querträger in der Nähe der Abbruchkante erfolgt. Zusätzlich zur ungleichen Verteilung des Eigengewichts entstehen negative Biegemomente durch die Auskragung des Überbaus über den letzten aktiven Unterstützungsquerträger. Die Auskragung ergibt sich zwangsläufig, wenn der vorderste Unterstützungsquerträger abgesenkt wird und die Abbruchbühne weiter unter den Überbau gefahren wird. Würde die Unterstützung durch alle Quer- träger erfolgen, so würden die einzelnen Kräfte relativ klein bleiben, das Kragmoment aber bis zu dem am weitesten von der Abbruchkante entfernten Unter- stützungsquerträger ansteigen. Bei einer Unterstützung durch wenige Querträger in der Nähe der Abbruchkante werden zwar größere Pressenkräfte erreicht, die negativen Biegemomente im Überbau bleiben jedoch deutlich geringer. Durch die geeignete Wahl der Aktivierungszeitpunkte der einzelnen Unterstützungsquerträger wird das negative Biegemoment im Überbau so weit reduziert, dass die rechnerische Biegezugspannung im Querschnitt deutlich unterhalb der rechnerischen Zugfestigkeit des Betons bleibt. Im Bruchzustand kann das negative Biegemoment mit ausreichender Sicherheit durch die vorhandene Bewehrung in der Fahrbahnplatte aufgenommen werden.

12 Qualitative Verformungen während des Rückbaus © Büchting + Streit AG

5.6 Grenzwertbetrachtungen Zur Festlegung der Kraft, mit welcher der Überbau während des Rückbaus unterstützt wird, wird im Folgenden eine Grenzwertbetrachtung angestellt. Zunächst wird eine sehr große resultierende Pressenkraft zur Unterstützung des Überbaus betrachtet. Bei einer zu starken Unterstützung wird das Stützmoment an der Achse n+1 klein, das Feldmoment im angrenzenden Feld nimmt entsprechend zu. In diesem Fall treten im angrenzenden Feld bereits in geringem Abstand von der Pfeilerachse n+1 große positive Biegemomente auf, die vom Querschnitt nicht aufgenommen werden können, da die Spannglieder noch zu weit an der Querschnittsoberseite liegen. Um die Tragfähigkeit im angrenzenden Feld sicherzustellen, ist während des gesamten Rückbaus ein Mindeststützmoment an der Achse n+1 einzuhalten. Anhand des Mindeststützmomentes lässt sich ein oberer Grenzwert für die resultierende Unterstützungskraft ableiten. In einer entgegengesetzten Grenzwertbetrachtung wird eine sehr geringe resultierende Unterstützungskraft ange- nommen. Die zu geringen Unterstützungskräfte haben zur Folge, dass nicht das gesamte Eigengewicht des Überbaus im VSG liegt. Es bleibt somit eine Rest- tragwirkung des Überbaus erhalten. Aus dem Eigengewicht des Überbaus resultieren in dem Fall eine negative Momentenbeanspruchung im abzubrechenden Feld und ein größeres Stützmoment bei der Achse n+1. Im Stützbereich kann wegen der hier oben liegenden Spannglieder ein sehr großes negatives Moment aufgenommen werden.

In den Feldbereichen führt ein zu großes negatives Moment jedoch zu starker Rissbildung und ist durch die vorhandene Bewehrung nicht aufzunehmen. Aus dieser Grenzwertbetrachtung lässt sich ein unterer Grenzwert für die resultierende Unterstützungskraft ableiten. Während des gesamten Rückbaus ist sicherzustellen, dass die tatsächliche Unterstützung des Überbaus zwischen beiden Grenzwerten liegt. Die Pressenkräfte verändern sich jedoch während des Rückbaus allein infolge der sich ändernden Belastung aus Eigengewicht. Immer wenn die Abbruchkante einen Unterstützungsquerträger erreicht, muss dieser abgesenkt werden, damit die Abbruchbühne weiter unter den Überbau fahren kann. Nach dem Absenken dieses Querträgers kragt der Überbau über den letzten aktiven Unterstützungsquerträger aus. Die Pressenkräfte wurden so gewählt, dass sich der Überbau in einem solchen Zustand leicht nach unten verformt. Durch den weiteren Rückbau bis zum nächsten Unterstützungsquerträger wird das System entlastet. Infolge der Rückfederung des VSGs wird der Überbau nach oben gedrückt, so dass sich eine leichte Verformung nach oben einstellt.

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13 Rückbauphase im August 2011 © Büchting + Streit AG

Da sich die Verformung des Überbaus und des VSGs sowie die Pressenkräfte während des Rückbaus permanent ändern, müssen die Pressenkräfte immer so eingestellt werden, dass die resultierende Unterstützungskraft auch bei Änderungen infolge des fortschreitenden Abbruches innerhalb der vorher definierten Grenzwerte bleibt. Um die Einhaltung der optimalen Pressenkräfte sicherzustellen, werden die Pressendrücke während des Rückbaus eines Feldes regelmäßig mit den rechnerischen Sollwerten verglichen und angepasst. Die Verformungsdifferenzen zwischen Überbau und VSG werden dabei von den Pressen unter den Querträgerpaaren ausgeglichen. Die Hydraulikpressen unter den Querträgern des VSGs müssen dabei unter Last Verformungsdifferenzen von ca. 6 cm ausgleichen. Neben dem hier beschriebenen komplexen Steuersystem für die Vertikalkräfte ist auch der Interaktion innerhalb des bei jedem Rückbauzustand wechselnden Systems aus Überbau, VSG und Pfeilern hinsichtlich der Horizontalkräfte Rech- nung zu tragen. Hierbei sind die beim Rückbau freiwerdenden, eingefrorenen Vorverformungen und Kräfte infolge von Überbauverkürzung und Lagerreibung zu berücksichtigen.

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6 Fazit Unter Beachtung der beschriebenen statischen Aspekte wurde der Rückbau der Döllbachtalbrücke geplant. Inzwischen ist mehr als die Hälfte des west- lichen Überbaus abgebrochen worden. Der Rückbau erfordert eine detaillierte Planung und eine enge Abstimmung zwischen der Baustelle und den Planern. Die Umsetzung des erläuterten Konzeptes stellt außerdem hohe Anforderungen an die Steuerung der Hydraulik, da nach dem Abbruch von jeweils maximal 3,50 m des Überbaus die vorhandenen Pressenkräfte kontrolliert und Aktivierungen bzw. Deaktivierungen von einzelnen Querträgerpaaren durchgeführt werden müssen. Die auf der Baustelle beobachteten Pressenkräfte stimmen insgesamt gut mit den in der Arbeitsanweisung angegebenen Sollwerten überein. Zusammenfassend ist festzustellen, dass der Rückbau einer Talbrücke dieser Größenordnung eine anspruchsvolle Aufgabe sowohl hinsichtlich der Planung als auch der Umsetzung auf der Baustelle bedeutet. Autoren: Dr.-Ing. Jan Lingemann Dipl.-Ing. Stephan Sonnabend Büchting + Streit AG, München

Literatur [1] Amt für Straßen- und Verkehrswesen Fulda: Baubeschreibung. Abbruch und Neubau der Döllbachtalbrücke. Fulda 2009. [2] Wittfoht, H.: Brückenbauer aus Leidenschaft. Düsseldorf 2005. [3] Wittfoht, H.: Autobahnbrücke über das Döllbachtal im Zuge der Rhönlinie; in: Beton- und Stahlbetonbau, Band 64, 1969, Heft 2, S. 25 –31. Bauherr Hessen Mobil Straßen- und Verkehrsmanagement, Amt für Straßen- und Verkehrswesen, Fulda Tragwerksplanung Büchting + Streit AG, München (Rückbau und Neubau) Saul Ingenieure GmbH, Braunschweig (Vorschubgerüst) Prüfingenieur Dr.-Ing. Tilmann Zichner, Frankfurt am Main Bauausführung Arbeitsgemeinschaft Döllbachtalbrücke Adam Hörnig GmbH & Co. KG, Aschaffenburg (Technische Geschäftsführung) Stutz GmbH, Kirchheim-Kemmerode (Kaufmännische Geschäftsführung) Ausführung Vorschubgerüst ThyssenKrupp Bauservice GmbH, RöRo Traggerüstsysteme, Wuppertal


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1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU Neue Werkzeuge für die Bauplanung und -abwicklung

Forschungsverbund »Digitale Baustelle« von Dieter Stumpf

Das Bauwesen unterliegt heute enormen Anforderungen. Immer komplexere Bauvorhaben müssen in immer kürzerer Zeit realisiert werden, gleichzeitig erzeugt der starke Wettbewerb in der Branche einen deutlichen Kostendruck. Diesen Anforderungen wird die deutsche Bauindustrie nur durch eine Steigerung bei der Planung und Abwicklung von Projekten begegnen können. Im Augenblick lässt sich jedoch eher konstatieren, dass die im Bauwesen erreichte Prozessqualität, vor allem hinsichtlich Termintreue und Kostensicherheit, deutlich hinter der anderer Branchen zurückbleibt. Genau aus dem Grund wurde der Forschungsverbund »Digitale Baustelle« oder ForBAU initiiert. 1 Geschichte des Bauens Wir bauen, seit es uns Menschen gibt, und streben stetig nach einer Verbesserung unserer Baukünste. Fortschritte wurden vor allem bei den verwendeten Baustoffen und Bauverfahren erzielt, so dass es möglich wurde, immer kompliziertere Bauwerke zu erschaffen. Je größer diese wurden, desto größer wurden auch die zu bewegenden Massen. Dazu entwickelte der Mensch Maschinen. Die Erfindung der Dampfmaschine bedingte ein neues Antriebskonzept, so dass es Mitte des 19. Jahr- hunderts den ersten Bagger gab. Als in den 1980er Jahren Computer zunehmend erschwinglich wurden, zog die Informationstechnik in die Bauindustrie ein. CAD-Programme ersetzten nun Reißbretter und initiierten damit eine große Veränderung. Wesentlicher Antrieb und Grund für den Erfolg der Computereinführung ist die Steigerung der Effizienz in den verschiedensten Arbeitsabläufen.

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Dies beginnt bei vereinfachter Kommunikation via E-Mail, reicht weiter über das präzise Erstellen von Konstruktionszeichnungen mittels CAD-Programmen und geht bis hin zur Simulation komplexer physikalischer Vorgänge. So, wie die Einführung von CAD-Systemen ein Evolutionsschritt für die Planung war, war es die Verfügbarkeit von Mobil- telefonen für die Bauausführung in den 1990er Jahren. Die mobile Kommunikation machte viele Wege überflüssig. 2 Aktuelle Situation der Bauindustrie Doch trotz aller Innovationen kämpft die Bauindustrie immer noch mit den gleichen Problemen wie in der Vergangenheit: Verspätungen bei der Fertigstellung, Kostenüberschreitungen, mangelnde Abstimmung zwischen den Partnern und unzureichende Qualität. Hinzu kommt eine Reihe neuer Anforderungen, die auch über die reine Herstellung hinaus einen Bezug zum Bauwerk bzw. seinem Nutzen haben: Nachhaltigkeit, Energieeffizienz oder Lebenszyklusbetrachtungen. 3 Forschungsverbund ForBAU 3.1 Ausgangpunkt und Ziel Um die alten Probleme zu lösen bzw. neue Anforderungen erfüllen zu können, reicht es daher nicht mehr, nur die Bau- techniken, die Baumaschinen oder die Baustoffe zu verbessern: Der Schlüssel zum Erfolg liegt in der Optimierung der Planungs- und Bauprozesse. 3.2 Teilnehmer und Inhalt Im interdisziplinären Forschungsverbund ForBAU haben sich Experten aus dem Bau- und Maschinenbauwesen sowie der Betriebswirtschaft zusammengefunden, um gemeinsam der Frage nachzugehen, wie sich unter den schwierigen Randbedingungen der Bauindustrie digitale Methoden und Werkzeuge so einsetzen lassen, dass Effizienz- und Qualitätssteigerungen sowohl in der Planung als auch in der Ausführung erreicht werden können. Exemplarisch konzentrierte sich der Forschungsverbund auf die Planung und Ausführung von Verkehrsinfra- strukturprojekten. Die Forscher folgten dabei der Vision der »Digitalen Baustelle«, einem virtuellen Abbild der realen Bau-

stelle im Computer, das neben dem zu errichtenden Bauwerk vor allem Informationen zu den verschiedensten Prozessen der Bauausführung, der Logistik, des Betreibens, des Unterhalts, zum Einfluss auf Umwelt und Umgebung, zur weiteren Wirtschaftlichkeit durch Umbau und seiner endgültigen Entsorgung beinhaltet. Ziel und Inhalt von ForBAU war es, einen Einblick zu geben in die Problemstellungen heutiger Projekte im Bereich des Infrastrukturbaus aus Sicht der Beteiligten, das heißt der öffentlichen Auftraggeber, der Planer und der Bau- unternehmen. Gleichzeitig entwirft es eine Vision, wie Bauen im 21. Jahrhundert weiterentwickelt werden kann. Nachzulesen ist das unter anderem auf einer öffentlich zugänglichen Internetseite (www.fml.mw.tum.de/forbau), auf der auch alle Teilnehmer, wie zum Beispiel SSF Ingenieure AG, und die Initiatoren namentlich aufgezählt sind. 4 Lösung aktueller Probleme 4.1 Digitale und reale Baustelle Die digitale Baustelle ist ein virtuelles Abbild der realen Baustelle. Sie beinhaltet hochwertige 3-D-Planungsdaten und ermöglicht, den Bauablauf zunächst detailliert zu konzipieren, virtuell zu testen und später das tatsächliche Baugeschehen zu überwachen. 4.2 Dreidimensionale Modellierung Mit der Verfügbarkeit der ersten CAD-Programme zu Beginn der 1980er Jahre wurden zunehmend Computer eingesetzt, um 2-D-Pläne digital zu erstellen. Zwar konnten damit Effizienz und Präzision bei der Anfertigung von Konstruktionszeichnungen erhöht werden, große Teile des Potentials der Nutzung von Computern für die Planung blieben jedoch ungenutzt. Schnell etablierte sich daher die Vision einer digitalen, dreidimensionalen Modellierung von Produkten und Bauwerken. Im Maschinenwesen ist eine wesentliche Antriebsfeder dabei, dass diese Modelle zur Steuerung von Fertigungsmaschinen direkt übergeben werden können: die CAD-CAM-Anbindung.


12. SYMPOSIUM BRÜCKENBAU Die endgültige Etablierung der 3-D-Modellierung im Bauwesen wird aber unter anderem dadurch behindert, dass nach wie vor 2-D-Pläne zwischen den ver- schiedenen an Planung und Ausführung Beteiligten ausgetauscht werden. Dies liegt zum einen an der nötigen Rechtsverbindlichkeit, die mit papierenen Doku- menten deutlich einfacher herzustellen ist als mit digitalen Modellen, und zum anderen daran, dass die Arbeitskräfte auf der Baustelle einen robusten und faltbaren Plan für die Ausführung benötigen. Der Schlüssel zu einer praxistauglichen Lösung liegt daher in der Ableitbarkeit von normengerechten Plänen auf Basis eines vollständigen, integrierten 3-D-Modells des gesamten Bauvor- habens. 4.3 Zentrale Datenverwaltung Wesentliche Grundlage für die sinnvolle Nutzung der großen Menge an digitalen Informationen, die eine digitale Baustelle umfasst, ist daher ein geeignetes

Datenmanagement. Im Maschinen- und Anlagenbau werden für diese Aufgabe sogenannte Produktdatenmanagement-, kurz PDM-Systeme eingesetzt. Sie ermög- lichen eine strukturierte Verwaltung aller Informationen über ein Produkt von der frühen Planungsphase bis zum Ende des Lebenszyklus. Eine offene Frage ist beispielsweise, wer als Besitzer bzw. Verwalter eines solchen Datenmanagementsystems fungiert: das Planungsbüro, die ausführende Firma, der Bauherr oder ein dezidierter DatenmanagementDienstleister? Eng verbunden mit dem Problem der Datenhaltung ist der Umstand, dass momentan eine voll- ständige Transparenz von keinem der an der Planung und Ausführung Beteiligten gewünscht wird. Ein Grund hierfür liegt in der derzeit geübten Praxis des Nachtragsmanagements, das wesentlich auf dem Zurückhalten von Informationen beruht. Eine zentrale Verwaltung der Bauprojektdaten erschwert derartige Praktiken und wird deshalb nicht bei allen Beteiligten auf Zuspruch stoßen: Ganzheitlich

betrachtet, ebnet dieses Vorgehen jedoch einen Weg zu mehr Fairness und partnerschaftlicher Zusammenarbeit. 4.4 Prozesssimulation Bei der Planung von Produktionsstätten im Maschinenwesen werden heute digitale Werkzeuge zur Prozesssimulation eingesetzt. Damit können unter dem Stichwort der »Virtuellen Inbetriebnahme« Engpässe im Prozessablauf sowie gegebenenfalls vorhandene Überkapazitäten bereits vorab erkannt und behoben werden. Auch zur Betrachtung von Ab- läufen auf einer Baustelle ist der Einsatz von digitalen Prozesssimulationen wünschenswert. Ein wesentlicher Unter- schied ist jedoch, dass die stationäre Industrie mit einem festgelegten Produk- tionslayout mehrere 1.000–100.000 Exemplare eines Produkts anfertigt, während eine Baustelle in der Regel nur zur Produktion genau eines »Stücks« eingerichtet wird (Unikatfertigung).

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1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU

1 Funktionsprinzip der digitalen Baustelle © ediundsepp Gestaltungsgesellschaft

Das bedeutet, dass der Aufwand zur Erstellung einer Simulation viel stärker mit einem möglichen Produktivitätsgewinn abgewogen werden muss. Eine weitere Herausforderung besteht darin, dass Bauprozesse hinsichtlich ihrer zeitlichen Reihenfolge viel flexibler gestaltet sein müssen als jene der stationären Industrie. Während beispielsweise in der Fahrzeugindustrie viele Arbeitsschritte am Fließband ausgeführt werden und damit streng getaktet sind, entscheiden Arbeiter am Bau in einem bestimmten Rahmen weitgehend spon- tan, welche der geplanten Arbeits- schritte sie als nächste in Angriff nehmen. 4.5 Logistik Die pünktliche Lieferung von Materialien und Bauteilen sowie deren sinnvolle Lagerung sind wesentliche Voraus- setzungen für das reibungslose Funktionieren einer Baustelle. Die Einbindung logistischer Prozesse muss daher ein fester Bestandteil der digitalen Baustelle sein. In den vergangenen Jahrzehnten ist der Kostendruck in der Bauindustrie durch die schwierigen konjunkturellen Bedingungen immer weiter gestiegen. Vor diesem Hintergrund ist die Bau- logistik zunehmend in das Interessenfeld der Bauwirtschaft gerückt. Es wurde erkannt, dass in der Optimierung der Logistikprozesse gewaltige Einsparpotentiale liegen. Durch eine langfristige Lieferantenbindung ist es möglich,

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Logistikkonzepte auch über das eigene Unternehmen hinaus zu verbessern. Zur Umsetzung solcher Konzepte bedarf es aber genauer Informationen und sicherer Prozesse, auf Baustellen sind jedoch sowohl Prozesse als auch das Informa- tionsmanagement wenig standardisiert. Der Unikatscharakter von Bauprojekten und die starke Fragmentierung der Bauindustrie sind sicherlich zwei Gründe dafür, wenngleich kein Hindernis für eine Verbesserung. Ziel der Forschungsarbeiten im Bereich der Logistik war es, den Mehrwert, den die digitale Baustelle birgt, für die reale Baustelle nutzbar zu machen. Zur Steuerung und Kontrolle einer Baustelle werden Logistikdaten benötigt. Um sie nun während der Bau- ausführung schnell und sicher erfassen zu können, kommen Identifikationstechnologien zum Einsatz: eine wesentliche Komponente der digitalen Baustelle. Eine Identifikationstechnologie mit großem Potential ist hier RFID, die Radio-Frequency Identification. 5 Ausblick Die vier unter 4.2 bis 4.5 beschriebenen Teilbereiche bilden die Basis der digitalen Baustelle. Um die auf ihrer Grundlage entwickelten Methoden und Verfahren in der Praxis zu etablieren, bedarf es der Zusammenarbeit aller beteiligten Akteure. Diese Kooperation setzt die Erkenntnis voraus, dass Effizienzsteigerungen notwendig sind. Die Beteiligten müssen bereit sein, die technischen

Möglichkeiten zu nutzen und damit gewohnte Arbeitsweisen zu verändern, sowie den Willen zeigen, partnerschaftlich zu agieren. Der wirtschaftliche Mehrwert, der sich bei der konsequenten Realisierung der digitalen Baustelle ergibt, wird von Kennern der Branche auf 20–30 % der Auftragssumme beziffert: Zahlen, die veranschaulichen, welches Potential im Konzept der digitalen Baustelle verborgen liegt. 6 Fazit Fazit eines Teilnehmers am Forschungsverbund, eines begeisterten Bauingenieurs: Neben dem unter »Ausblick« beschriebenen wirtschaftlichen Vorteil, den der Verfasser dieses Beitrags zwar nicht exakt in Zahlen nachweisen, aber aus 40-jähriger Praxis am Bau ohne Probleme nachempfinden kann, wird der Einsatz längst zeitgemäßer Techniken unseren Beruf und unsere Berufung als Bauingenieur endlich wieder attraktiv für unseren intelligenten weiblichen und männlichen Ingenieur-Nachwuchs machen (und ihn damit vor dem Aus- sterben retten). Autor: Dipl.-Ing. Dieter Stumpf SSF Ingenieure AG, München


12. SYMPOSIUM BRÜCKENBAU

BRÜCKENBAU

Construction & Engineering

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1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU Einsatzmöglichkeiten und Leistungsmerkmale

Ultrahochfester Beton bei Spannverfahren und Brückenlagern von Hermann Weiher, Simon Hoffmann

Ultrahochfester Beton kann für vorwiegend druckbelastete Bauteile korrosionsempfindlichen, schweren, aufwendig zu bearbeitenden Stahl ersetzen. Im Ingenieurbau bietet sich seine Verwendung bei der konzentrierten Lastein- oder -weiterleitung enormer Kräfte an, wie etwa bei Spanngliedern oder Brückenlagern. Bei Zuggliedverankerungen werden sehr hohe Kräfte über eine kleine Fläche (Ankerkopf ) in das »schwache« Bauwerk eingeleitet, was bis dato gewöhnlich mit massiven Stahlplatten oder Gussverankerungen und Umschnürungsbewehrung erfolgt. Bei der »Hybridanker«-Technologie ersetzt ultrahochfester Beton mit Ringumschnürung aus Stahl oder Carbon diese reinen Stahlteile. Bei Brückenlagern, bei denen sich das gesamte Brückengewicht mit Verkehr über wenige kleine »Punkte« auf Pfeiler und Widerlager abstützt, bietet sich das Kalottenlager für den Einsatz von ultrahochfestem Beton an. Die Kalotte ist durch ihre konvexe Form einer mehraxialen Druckbeanspruchung ausgesetzt. Das konkave Gegenstück kann durch eine Hybridverankerung für ballige Verankerungen, wie Kugelbundmuttern, mit Umschnürung ausgebildet werden.

1 Werkstoff für hochbelastete Produkte Ultrahochfester Beton, gegebenenfalls faserbewehrt, weist mechanische Eigenschaften auf, die weit über das Spektrum der üblichen Betone, zum Beispiel C30/37 nach DIN 1045, hinausgehen. Insbesondere sind die Festigkeiten um ein Vielfaches höher und erreichen zumindest bei der Druckfestigkeit die Eigenschaften von schwerem und teurem elastischem Stahl, zum Beispiel S235JR nach EN 10025-2. Natürlich können nicht alle Kennwerte von Stahl wie etwa Zugfestigkeit, E-Modul oder zeitabhängiges Verhalten erzielt werden. Nichtsdestotrotz bieten sich Einsatzmöglichkeiten für den hochfesten Beton bei vorwiegend druckbeanspruchten Bauteilen an. Ein wesentlicher Vorteil des ultrahochfesten Betons ist die sehr freie Formgebung, die im Gegensatz zu Stahlguss schon bei geringen Stückzahlen oder großer Produktdiversifizierung äußerst wirtschaftlich sein kann. Im Bauwesen gibt es einige gute Verwendungsmöglichkeiten, die folgende Voraussetzungen erfüllen: – vorwiegend beansprucht auf Druck, – komplexe Geometrie, – große Produktdiversifizierung (viele unterschiedliche Größen), – nennenswerte Gesamtstückzahlen, – Mindestgröße. Dies trifft beispielsweise auf folgende Produkte zu: – Ankerbereiche von Spannverfahren, Verpressankern und Seilen, – Brückenlager.

2 Ankerbereiche 2.1 Hybridverankerung Hybridankerplatten sind Fertigbauteile mit einer Füllung aus ultrahochfestem Beton und einer Umschnürung aus Stahl oder Faserverbundwerkstoffen. Als vorgefertigte externe Ankerzone ersetzen sie in hochbelasteten Lasteinleitungsabschnitten bisher verwendete Stahlplatten oder ganze Ankerbereiche inklusive Stahlgussankerkörper und Umschnürungsbewehrung. Je nach Anwendung können zahlreiche Vor- teile wie Gewichtsersparnis, erhöhter Korrosionsschutz, kostenneutrale Zusatz- leistungen sowie reduzierte Auflagerfläche, Achs- und Randabstände realisiert werden. [1] Durch die Entwicklungsarbeit bei hoch- festen Betonen in den letzten Jahren ist es mit geeigneter Nachbehandlung technisch und wirtschaftlich möglich, Betondruckfestigkeiten über 200 N/mm² zuverlässig zu erlangen. Neben der hohen Druckfestigkeit zeichnet sich UHPC durch ein vergleichsweise geringes spezifisches Gewicht, flexible Formbarkeit und hervorragende Langzeiteigenschaften hinsichtlich Korrosion und Ermüdung aus.

1 2 Hybridankerplatten für Spannstahlstäbe mit Kugelbundmutter und für Lochscheiben bzw. gerade Muttern © matrics engineering GmbH

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12. SYMPOSIUM BRÜCKENBAU

In Spannverfahren und Geotechnik leiten hochfeste Stahlzugglieder in Form von Drähten, Litzen und Stäben große Lasten in das Bauwerk bzw. den Untergrund ein. Die Wirkungsweise des Hybridankers nutzt die hohe Druckfestigkeit des UHPC in Verbindung mit der Zugfestigkeit des umschnürenden Ringmaterials optimal aus. Hybridankerplatten bilden einen eigenen externen und vorgefertigten Lasteinleitungsbereich aus, der die Verankerungskomponente (Mutter, Lochscheibe, Grundkörper) direkt oder über zwischengeschaltete Unterlegscheiben zur Lastverteilung aufnimmt. Das Wirkprinzip ist dabei für alle Varianten gleich: Über das Verankerungselement wird die Kraft auf den UHPC übertragen, der über Druck die Last nach außen ausbreitet. Die entstehenden Spaltzugkräfte werden durch elastische Dehnung, gegebenenfalls Mikrorissbildung im UHPC und die damit verbundene Aus- dehnung in tangentialer Richtung auf den umschnürenden Ring (Stahl, Faser- verbundwerkstoff ) übertragen. In vertikaler Richtung erfolgt der Lastabtrag über UHPC und Zugring in den Untergrund. Durch den mehraxialen Spannungszustand aus der Lasteinleitung und dem umschnürenden Ring kann die Festigkeit des UHPC noch einmal deutlich im Ver- gleich zur einaxialen Druckfestigkeit erhöht werden. Der umschnürende Ring und der im Vergleich zu konventionellen Stahlplatten erhöhte Aufbau bedingen eine höhere Steifigkeit und ermöglichen so geringe Auflagerflächen der Hybridankerplatte. Alternativ lassen sich durch die große Steifigkeit bei flächengleicher Auflagerung kleinere Achs- und Randabstände als bei der Verwendung einer Stahlplatte erzielen, zum Beispiel für den Einsatz bei Verstärkungsmaßnahmen im Brückenbau oder für Daueranker. Bei einbetonierten Verankerungen kann der Umschnürungsring auch durch her- kömmliche Spaltzugbewehrung (Wendel, Bügel) ersetzt werden.

3 4 5

Externer bzw. nachträglich aufgesetzter Hybridanker mit Carbonumschnürung in geneigter Ausführung für Gewindestäbe und Ausführung mit geradem Ankerkopf für externes Drahtspannverfahren © matrics engineering GmbH

2.2 Vorgefertigte, aufgesetzte Platte 2.2.1 Einsatzvarianten und Leistungsmerkmale Hybridankerplatten mit integrierter Ringumschnürung bieten sich besonders als vorgefertigte, nachträglich aufgesetzte Ankerzone an bei – externen Spanngliedern bei Verstärkungen auf Altbeton, – Verpressankern mit Auflagerung auf Beton ohne Zusatzbewehrung. Hierbei wird aufgrund eines vereinfachten Bauablaufs oder einer vereinfachten Konstruktion gänzlich auf Umschnürungsbewehrung wie Wendel oder Bügel verzichtet.

2.2.2 Externes Spannverfahren mit Verankerung auf Altbeton Bei der Verankerung von externen Spanngliedern werden der Achs- und Randabstand minimiert und ist eine relativ massive und steife Ankerplatte erforderlich. Für ein in Deutschland gängiges Spann- verfahren ergeben sich auf Basis von ETAG 013 die nachfolgend angeführten Randbedingungen. Die Hybridankerlösung kann für alle in Deutschland zugelassenen externen Litzenspannverfahren verwendet werden.

Spannverfahren

Suspa-Draht EX für externe Vorspannung nach DIN-Fachbericht 102

Spannstahl

Drähte mit d = 7 mm und Festigkeit St 1470/1670

Spanngliedgröße

EX-66 (66 Drähte)

Nennbruchkraft Fpk

4.244 kN

Maximale Vorspannkraft P0,max

3.144 kN

Betonfestigkeit beim Anspannen fcm0,cube150

≥ 40 MPa

Zusatzbewehrung (Wendel, Bügel)

keine

Durchmesser der Aussparung bzw. Kernbohrung

≤ 200 mm

Durchmesser der Hybridankerplatte

495 mm

Achsabstand ax/ay

540 mm

Randabstand r x/r y

290 mm

6 Technische Daten: Ankerzone Draht EX 66 auf Altbeton 40 MPa © matrics engineering GmbH

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1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU

Spannverfahren

SAH- bzw. DSI-Stabspannverfahren

Spannstahl

2.2.3 Verpressanker ohne Zusatzbewehrung Bei Verpressankern hingegen werden aufgrund ausreichend großer Ankerabstände die Plattenabmessungen minimiert. Für in Deutschland gängige Stabspannverfahren ergeben sich auf Basis von ETAG 013 die nebenstehend angeführten Randbedingungen. Die Hybridankerlösung kann ebenfalls für die in Deutschland zugelassenen Litzen- ankersysteme verwendet werden.

Stäbe mit Festigkeit St 950/1050

Spanngliedgröße

32 mm

36 mm

40 mm

Nennbruchkraft Fpk

844 kN

1.069 kN

1.319 kN

Maximale Vorspannkraft P0,max

676 kN

856 kN

1.056 kN

Betonfestigkeit beim Anspannen fcm0,cube150

≥ 25 MPa

Zusatzbewehrung (Wendel, Bügel) Durchmesser der Aussparung bzw. Bohrung Durchmesser der Hybridankerplatte

Keine ≤ 80 mm

≤ 80 mm

≤ 100 mm

168 mm

191 mm

216 mm

Achsabstand ax/ay

340 mm

380 mm

430 mm

Randabstand r x/r y

190 mm

210 mm

235 mm

7 Technische Daten: Ankerzone Stab WR auf unbewehrtem Beton 25 MPa © matrics engineering GmbH

8 9 10 Betonankerkörper (intern mit Umschnürungsbewehrung), Draufsicht im einbetonierten Zustand und Muster für 19-Litzen-Spannglied © matrics engineering GmbH

2.3 Einbetonierter Ankerkörper 2.3.1 Einsatzvarianten und Leistungsmerkmale Bei einbetonierten Betonankerkörpern ersetzt man den umschnürenden Ring durch Wendel oder Bügelbewehrung (Zusatzbewehrung). Ihre Anwendung bietet sich vor allem bei variierenden Aussparungsöffnungen und zum Ersatz massiver Stahlplatten oder unflexibler Gusskörper an: – Spannglieder (intern, extern) im Neubau, – Verpressanker.

2.3.2 Spannverfahren Für ein in Deutschland gängiges Spannverfahren ergeben sich auf Basis von ETAG 013 die nachfolgend ange-

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BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012

führten Randbedingungen. Die Betonankerkörperlösung kann natürlich für alle weiteren in Deutschland zugelassenen Spannverfahren verwendet werden.

Spannverfahren

BBV Litzenspannverfahren

Spannstahl

Litzen 0,62’’ mit Festigkeit St 1660/1860

Spanngliedgröße

L19 (19 Litzen)

Nennbruchkraft Fpk

5.301 kN

Maximale Vorspannkraft P0,max

4.104 kN

Betonfestigkeit beim Anspannen fcm0,cube150

≥ 33 MPa

Zusatzbewehrung (Wendel, Bügel)

BSt 500 S

Durchmesser von Trompete bzw. Hüllrohr

≤ 163 mm bzw. 110 mm

Durchmesser der Betonankerkörper

310 mm

Achsabstand ax/ay

440 mm

Randabstand r x/r y

240 mm

11 Technische Daten: Ankerzone BBV L19 auf Beton 33 MPa © matrics engineering GmbH


12. SYMPOSIUM BRÜCKENBAU

2.3.3 Verpressanker mit Zusatzbewehrung Für ein in Deutschland gängiges Anker- kopfsystem ergeben sich auf Basis von ETAG 013 die nebenstehend angeführten Randbedingungen. Die Betonankerkörperlösung kann natürlich für alle weiteren in Deutschland zugelassenen Spannverfahren verwendet werden. 2.4 Qualität und Dauerhaftigkeit Für nationale und europäische Zulassungen von Spannverfahren werden experimentelle Prüfungen nach der europäischen Prüfrichtlinie für die Zulassung von Spannverfahren ETAG 013 zugrunde gelegt. Die darin enthaltenen Kriterien sollen auch für Spannverfahren mit Verankerungen aus ultrahochfestem Beton angewendet werden. Die wesentlichen Untersuchungen sind: – Nachweis der Lastübertragung auf das Tragwerk durch Druckschwellversuch, – Nachweis der statischen Tragfähigkeit durch statischen Zugversuch mit Standzeit, – Nachweis der Ermüdungstragfähigkeit durch dynamischen Zugversuch mit zwei Millionen Zyklen. Da die Verankerungen aus ultrahochfestem Beton bei den genannten Prüfungen nicht bis zum Bruch belastet werden, werden ferner statische Kapazitätsdruckprüfungen auf Stahluntergrund mit Hüllrohröffnung durchgeführt. Im Gegensatz zu Stahl ist Beton ein Material mit zeitabhängigen mechanischen Eigenschaften. Zur Berücksichtigung dieser Tatsache werden die Prü- fungen mit einer im Vergleich zum späteren Einsatz reduzierten Druckfestigkeit vorgenommen, wobei im Unterschied zu Normalbeton die Abminderung der Druckfestigkeit bei Dauerlast durch das dichte Gefüge und das reduzierte Kriechen geringer ist. Dynamische Beanspruchungen der Verankerungen von Spanngliedern beeinträchtigen nicht die Tragfähigkeit von Hybridankerplatten. Im Rahmen einer experimentellen Untersuchung am Materialprüfungsamt der Technischen Universität München wurde die Kapazität von zwei identischen Körpern geprüft, von denen nur einer vorab mit zwei Millionen Lastzyklen bei einer Schwingbreite von 100 MPa, bezogen auf das Zugglied, beaufschlagt wurde.

Spannverfahren

Bauer Ankerkopf

Spannstahl

Litzen 0,60 ’’ mit Festigkeit St 1570/1770

Spanngliedgröße

11 x 0,60 ’’ (11 Litzen)

Nennbruchkraft Fpk

2.726 kN

Betonfestigkeit beim Anspannen fcm0,cube150

≥ 25 MPa

Zusatzbewehrung (Wendel, Bügel)

BSt 500 S

Durchmesser des Bohrlochs

≤ 200 mm

Durchmesser des Betonankerkörpers

300 mm

Achsabstand ax/ay

400 mm

Randabstand r x/r y

220 mm

12 Technische Daten: Ankerzone Bauer 11 x 0,60 ’’ auf Beton 25 MPa © matrics engineering GmbH

Im Rahmen der für Spannverfahren üblichen Beanspruchungsdauer und Intensität ist bei Beachtung der Konstruktionsgrundsätze mit keiner Abnahme der Tragfähigkeit im Laufe der Nutzungs-

dauer zu rechnen. Es ist durch die Nach- erhärtung des ultrahochfesten Betons eher von einer höheren Kapazität auszugehen.

13 14 Ermüdungsversuch und Kapazitätsversuch © matrics engineering GmbH

15 Last-Verformungs-Diagramm: Kapazitätsversuch mit Hybridanker © matrics engineering GmbH

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1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU

16 17 18 Ankerkörper mit Stahlgusselement und UHPC-Verguss nach ETA 06/0006 © Aus [3]

Derzeit gibt es ein Spannverfahren mit europäischer technischer Zulassung (ETA), bei dem bereits der Werkstoff UHPC in Kombination mit einem Stahlgussteil als einbetonierter Ankerkörper mit Zusatzbewehrung (Wendel, Bügel) verwendet wird. Obwohl der Einsatz eines solchen Spannverfahrens in Deutschland aktuell nicht bauaufsichtlich zugelassen ist, so kann man doch davon ausgehen, dass sich die wesentlichen Anforderungen aus ETAG 013 bei diesem Bauprodukt erfüllen und die positiven mechanischen Eigenschaften des UHPC bei einem ähnlichen Produkt bestätigen lassen. 2.5 Ersteinsatz für Litzenanker Das Drempelbauwerk der Schleuse Iffezheim bei Baden-Baden wies im Revisionszustand eine stark wasser- führende Fuge mit teils abgerissenen Bewehrungsstäben auf, und das Wasserund Schifffahrtsamt Freiburg plante gemeinsam mit der Bundesanstalt für Wasserbau Karlsruhe (Prüfingenieur:

Dr. I. Retzepis, Karlsruhe) eine Verstärkung zur Sicherstellung der Tragsicherheit mit insgesamt 14 Dauerlitzenankern des Typs Suspa-Kompaktanker mit sechs Litzen (0,62 ’’, St1660/1860). [4] Aufgrund der beengten Verhältnisse im Kontrollgang wurde auf die im Vergleich zur herkömmlichen Stahllösung leichte und kompakte Hybridankerlösung zurückgegriffen, die zudem wesentliche Vorteile im Korrosionsschutz aufweist, wobei eine vollflächige Auflagerung auf unbewehrtem Altbeton mit einem maximalen Lochdurchmesser von 150 mm erfolgte. Für den Anschluss des Dauerankers an den Ankerkopf wurde ein PE-Rohr statt eines, wie bei Stahlplatten üblich, Stahl- rohres gewählt. Lediglich der Stahlring ist durch Feuerverzinken und Beschichtung vor Korrosion zu schützen. Für die auf- gesetzten Verankerungskomponenten bzw., sofern vorgesehen, für installierte Kraftmessdosen wurden passgenaue Zentriernuten geschalt. Der Nachweis

19 20 Schleusendrempel mit Litzenanker und Schleuse Iffezheim © matrics engineering GmbH

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der Eignung erfolgte im Einzelfall experimentell für den Hybridanker selbst und für das darunterliegende Bauwerk nach der europäischen Prüfrichtlinie für die Zulassung von Spannverfahren ETAG 013 auf einem Betonprisma mit passender Aussparung für das Bohrloch. Die Untersuchungen wurden am Materialprüfungsamt der Technischen Universität München durchgeführt. 3 Kalottenlager 3.1 Entwicklung Bereits in den 1960er Jahren haben Fritz Leonhardt, Wolfhard Andrä und Willi Bauer [5] die Grundlagen der modernen Gleitlager geschaffen, welche noch heute in vielen Details Gültigkeit besitzen. So fand schon in diesen Lagern mit Silikonfett geschmiertes reines PTFE Anwendung, wie es in aktuellen Normen, zum Beispiel EN 1337-2 [6], bis dato geregelt ist.


12. SYMPOSIUM BRÜCKENBAU

21 22 23 24 Modell Ankerkopf, Vorbereitung für den Einbau, Spannvorgang, eingebauter Ankerkopf ohne Haube © matrics engineering GmbH/mageba S.A.

Es brauchte ungefähr 50 Jahre, um neue Gleitmaterialien einzuführen und zu etablieren, wie das in einigen Euro- päischen Zulassungen [7] geregelte UHMWPE (Ultrahochmolekulargewichtiges Polyethylen). Mit dieser Neuerung wurde nicht nur ein Anschub im sehr konservativen Segment der Brückenlager initiiert, sondern auch weitere Anforderungen formuliert. Die Leistungsfähigkeit des Gleitmaterials mit sehr viel höherer Verschleißfestigkeit und kleineren Abmessungen stellt zudem die Dauerhaftigkeit und Leistungsfähigkeit der anderen Komponenten in Frage. Der Suche nach neuen leistungsfähigeren und gegebenenfalls sogar kostengünstigeren Materialien und konstruktiven Details wurde damit die Tür geöffnet. 3.2 Konzept Ausgehend vom Namen ist offensichtlich, dass eine Hauptkomponente von Kalottenlagern die Kalotte darstellt. Sie wird in der Regel aus normalem Bau- stahl gefertigt, der mit einer Hartchromschicht überzogen wird. Bei der Fertigung solcher Kalotten sind zwei Punkte auffällig. Zum einen wird für die mechanische Bearbeitung der Kalotten aus einem runden Brennzuschnitt ein erheblicher Arbeitsaufwand erforderlich mit einem hohen Anteil an zerspantem Material, so dass es naheliegend erscheint, die notwendige Form in einem Gießverfahren zu erzeugen. Zum anderen ist der Vorgang des Hart- verchromens sehr zeitintensiv und fehleranfällig. Poren in der Chrom- schicht können erst nach Abschluss des Vorganges wirksam und sicher durch einen Ferroxyltest erkannt werden. Im Vorfeld kaum auszuschließende Verunreinigungen im Stahl führen dabei häufig zu gut nachweisbaren Fehlstellen, die sich nur mit großem Aufwand und

oft durch neues Verchromen ausbessern lassen. Für die Funktionstüchtigkeit des Lagers bleiben diese Ausbesserungen ohne Folge, für die Prozessplanung bedeuten derart schwer kalkulierbare Nacharbeiten aber eine große Belastung. Es drängt sich daher auf, Alternativen zum Gleitpartner Hartchrom zu suchen. Das hier vorgestellte Konzept greift beides auf. Wie bereits beschrieben, bietet UHPC die Möglichkeit, mit gerin- gem Aufwand weitgehend frei definierte Formen und Oberflächenstrukturen oder -güten zu realisieren. Offensichtlich ist, dass sich Beton nicht zum Hart- verchromen eignet, da er nicht ferritisch oder elektrisch leitend ist, was eine Beschichtung notwendig macht. Als Grundlage der Beschichtung verbleibt eine ausreichend glatte Betonober- fläche, die besondere Ansprüche an die Schalung der Bauteile stellt. Auch gilt es, die Herausforderungen bei der Beschichtung von Beton zu beachten. Beides wurde erfolgreich gelöst, so dass eine funktionstüchtige und geometrisch sehr präzise Kalotte aus UHPC gefertigt werden konnte. Mit Blick auf Dauerhaftigkeit und weitere Vorteile wurde abweichend von den bereits vorgestellten Hybridankern mit Stahl- oder Kohlefaserring von einer außenliegenden Umschnürung abgesehen und angestrebt, lediglich UHPC an der Außenfläche zuzulassen, um jegliche Probleme hinsichtlich des Korrosionsverhaltens der Kalotte auszuklammern. Ferner erlaubt die unbeschichtete Fläche außerhalb der Gleitfläche, vor allem an den gut einzusehenden Seitenflächen der Kalotte, eine stets komplette und dauerhafte Überprüfung der Integrität dieses Bauteils. Selbst kleinste Schäden werden, wie im gut konstruierten Beton- bau üblich, frühzeitig durch unschädliche Risse angekündigt.

3.3 Gleitversuche Eine Grundforderung moderner Gleitlager ist ein möglichst geringer Reibbeiwert. Die beschriebene Beschichtung muss diese Anforderung im selben Maße erfüllen wie herkömmliche Gleitlager mit PTFE und solche mit besonderen Gleitwerkstoffen gegen austenitische Stahlbleche oder Hartverchromung als Gleitpartner. Die geringen Reib- beiwerte wurden in einem genormten Testprogramm nachgewiesen: In Anlehnung an die europäische technische Zulassung für Kalottenlager mit besonderem Gleitwerkstoff [7] wurde für die Versuche eine Pressung berücksichtigt, die der doppelten der für den Nachweis von PTFE verwendeten entspricht. Damit bieten sie die Basis, die geometrischen Vorteile und gegenüber PTFE verringerten Reibbeiwerte auch für Lager unter Verwendung von UHPC auszunutzen. Im Vorfeld der Versuche wurden zudem mehrere Schalungsvarianten untersucht sowie verschiedene Details und Vorgehensweisen in der Aufbringung der Beschichtung auf den UHPC.

25 26 Robo®Slide-Gleitwerkstoff und beschichtete UHPC-Probe nach Gleitversuch © mageba S.A.

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1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU

3.4 Belastungsversuche Sämtliche Belastungsversuche erfolgten am Materialprüfungsamt der Technischen Universität München, in der Säulendruckprüfmaschinen mit 5 MN und 10 MN Maximallast zur Verfügung standen. Die letzten Versuche einer mehrteiligen Serie wurden zusätzlich von einem Spezialisten auf dem Gebiet der Gleitlager der Materialprüfanstalt Stuttgart begleitet, um die positiven Ergebnisse zu bestätigen. Sämtliche Versuche wurden ausschließlich mit Kalotten aus UHPC durchgeführt, während alle anderen tragenden Bauteile der Lager aus üblichem Stahl der Qualität S355J2+N gefertigt waren. Die Abmessungen dieser Stahlbauteile entsprachen dabei exakt einem regulären Kalottenlager mit besonderem Gleitwerkstoff unter maximaler Auslastung und minimaler Abmessung des Lagers. Ebenso wurden keine Anpassungen am Gleitwerkstoff vorgenommen, wenn man von der Beschichtung des UHPC anstelle der sonst üblichen Hartverchromung absieht. Die Kalotte selbst benötigte nur geringe Anpassungen in der Geometrie, die im Wesentlichen eine um wenige Millimeter größere Höhe betrafen. Es wurden hier umfangreiche Mess- werte am Lager während der gesamten Belastung aufgenommen sowie weitere

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27 Robo®Slide-Lager mit UHPC-Kalotte im Versuchsstand © mageba S.A.

Kennwerte bezüglich des eingesetzten UHPC bestimmt; die Untersuchungen umfassten insbesondere: – Festigkeitsentwicklung des eingesetzten UHPC, – Druckfestigkeit des UHPC (maximal 1h vor Beginn des Belastungsversuchs des Lagers), – aufgebrachte Last, – Durchbiegungen an mehreren Stellen des Lagers, – Querdehnung der Kalotte, – Risse inklusive deren Breite, Länge und Lage. Einzelne Versuche der Serien wurden auf verschiedenen Laststufen für mindestens eine Stunde und mehr unter konstanter Last gehalten, um die Stabilität des Systems zu ermitteln. Andere Versuche wurden auf variierenden Lastniveaus abgebrochen, um die beschichtete Gleitfläche der UHPC-Kalotte inspizieren zu können und deren Integrität und Gebrauchstauglichkeit zu bestätigen. 3.5 Tragverhalten Das Tragverhalten der UHPC-Kalotten und der Einfluss einzelner Parameter wurden im Detail in mehreren Versuchen verschiedener Serien analysiert. Am Ende der Analyse konnte für unterschiedliche Größen gezielt eine Tragfähigkeit erreicht werden, welche der theoretischen Trag-

28 Gesamtverformung des Robo®Slide-Kalottenlagers über die gleitwerkstofferreichte Pressung © mageba S.A.

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last des Lagers und des Gleitwerkstoffes entspricht. Diese Variabilität erlaubt es, ein gewünschtes Sicherheitsniveau mit geringer Streuung einzustellen und gleichzeitig die Wirtschaftlichkeit der Kalotte zu optimieren. Nachfolgende Abbildung zeigt eine Last-VerformungsKurve eines der getesteten Lager. Gut zu erkennen ist, wie das Lager bzw. die am Ende versagende UHPC-Kalotte sehr gutmütig die maximale theoretische Pressung des Gleitwerkstoffes von 180 N/mm² erreicht. Auch nach dem Erreichen der Maximallast ist kein schlagartiges Versagen zu erkennen, wie es für hochfeste Baustoffe oftmals zu erwarten ist. 4 Fazit Ultrahochfester Beton eignet sich für den dauerhaften Einsatz bei vorwiegend druckbeanspruchten, hochbelasteten Bauprodukten wie Spanngliedverankerungen und Kalottenlagern. Die gewünschten Eigenschaften können durch Werksfertigung und kontrollierte Nach- behandlung sehr zuverlässig erreicht werden. Umfangreiche Prüfungen auf Basis der aktuellen europäischen Prüfrichtlinien bestätigen die Eignung für den dauerhaften Einsatz in der Praxis auch bei Ermüdungsbeanspruchung. Die werksgefertigte Hybridankerlösung wurde im Juli vergangenen Jahres erst- mals für die Verstärkung eines Schleusendrempels mit Litzendauerankern in der Verwaltung des Wasser- und Schifffahrtsamtes Freiburg erfolgreich eingesetzt. Autoren: Dr. Hermann Weiher Geschäftsführender Gesellschafter matrics engineering GmbH, München Dr. Simon Hoffmann Leiter Technik mageba S.A., Bülach, Schweiz Literatur [1] Weiher, H.; Hock, S.: Einsatz neuer Materialien für die Lastverteilung bei Spannverfahren; in: Schriftenreihe der Österreichischen Vereinigung für Beton- und Bautechnik. Innsbruck, 2011. [2] European Organization for Technical Approval (Hrsg.): Guideline for European technical approval of post-tensioning kits for prestressing of structures. Brüssel, 2010. [3] Service d’ études techniques des routes et autoroutes (Hrsg.): European Technical Approval No ETA-06/0006, VSL Post-Tensioning System. Bagneux Cedex, 2006. [4] Becker, H.; Reschke, T.: Schadensfall Oberhaupt drempel Iffezheim; in: Tagungsband BAW-Kollo quium »Instandsetzung von Verkehrswasser werken«. Karlsruhe, 2011. [5] Andrä, W.; Leonhardt, F.: Neue Entwicklungen für Lager von Bauwerken. Gummi- und Gummitopflager; in: Bautechnik 39, 1962, Heft 2, S. 37–50. [6] EN 1337-2:2004: Lager im Bauwesen, Teil 2 Gleitteile. [7] European Technical Approval ETA-08/0115: mageba Robo®Slide L2 Kalottenlager. Kalottenlager mit besonderen Gleitwerkstoffen, erteilt 2008.


12. SYMPOSIUM BRÜCKENBAU

Wohnungsbau

heute – morgen – übermorgen ist der Leitfaden und Gedanke. Erstes großes Symposium zum Thema »Wohnungsbau« der VERLAGSGRUPPE WIEDERSPAHN mit MixedMedia Konzepts in

Frankfurt am Main Metropolen wie Wien, Zürich, Berlin, Frankfurt werden hier von den verantwortlichen Amtsleitern in ihrem Bemühen, ausreichend bezahlbaren Wohnraum, der auch den Anforderungen an die neuen »Green-Standards« erfüllt, präsentiert. Dabei werden vor allem Fragen der Umnutzung, des Rückbaus und der Nachverdichtung Berücksichtigung finden. Bekannte Wohnungsbaugesellschaften und renomierte Architekten erläutern dazu ihre gerade fertiggestellten bzw. in Planung befindlichen Projekte. Welche Probleme dabei auf die jeweiligen Standorte zukommen, geht aus einer Studie hervor, die besagt, dass die Bevölkerungszahl in Wien von derzeit 1,70 Millionen Einwohnern auf rund 2,00 Millionen im Jahr 2035, also in gut 15 Jahren, anwachsen wird. Zuwanderung, Integration, Quartiersmanagement und das Eingliedern verschiedener Altersgruppen und Kulturen sind weitere Aspekte, die im Rahmen dieses Symposiums diskutiert werden. Wir freuen uns, wenn Sie dabei sein werden.

VERLAGSGRUPPE W I E D E R Smit MixedMedia P A Konzepts HN

Biebricher Allee 11 b | 65187 Wiesbaden | Tel.: 0611/98 12 920 | Fax: 0611/80 12 52 | kontakt@verlagsgruppewiederspahn.de | www.verlagsgruppewiederspahn.de | www.mixedmedia-konzepts.de

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PRODUKTE UND PROJEKTE Multifunktionale Kalottenlager von Maurer Söhne

Neubau der Talbrücke Randersacker Die große Herausforderung beim Neubau der Talbrücke Randersacker waren die wechselnden Lastzustände über mehrere Jahre, da die Brücke in Abschnitten errichtet und ihre Überbauten dann querverschoben wurden. Bereits 2006 diskutierte Maurer Söhne mit der aus- führenden Firma die Lagercharakteristika: Die Brücke ist deshalb eine besondere Ingenieurleistung und ebenso ein Musterbeispiel an langjähriger und vorausschauender Zusammenarbeit verschiedener Partner. Zum Einsatz kamen MSM-Kalottenlager, denn nur sie sind in der Lage, die wech- selnden Lastfälle gleichermaßen gut auszugleichen. Das beginnt schon mit dem Freivorbau, bei dem sich der Fest- punkt mehrmals ändert, so dass die Lager arretierbar sein mussten und erst später freigegeben wurden. Für den Querverschub waren alle Lager wiederum so konstruiert, dass sie arretiert werden konnten, um unter ihnen die (eigentlichen) Verschublager anzuordnen. Außerdem hatten hier die Belastungen während der Arretierungsphase Berücksichtigung zu finden, und zwar insbesondere die Horizontalkräfte quer zur Brückenachse zu Beginn des Verschubs.

Und: Im Endzustand übertragen die 32 Lager über 1.000.000 kN Auflast aus Verkehr und dem Eigengewicht der beiden Überbauten, wobei das größte von ihnen mit d = 1,50 m 72.000 kN aufnimmt und die höchsten Horizontalkräfte in der Festpunktachse mit 5.000 kN wirken. Dazu kommen bis zu 570 mm Verschiebung und 5 ‰ Verdrehungen. Grundsätzlich sind solche Kräfte und Bewegungen lediglich in Differentialbauweise zu beherrschen. Der Gleitwerkstoff MSM in den Kalottenlagern gewährleistet jedoch, dass sie alle mit maximal 2 % Reibung sicher und definiert in die Pfeiler und Widerlager übertragen werden. Die Lager haben eine Lebensdauer von 50 Jahren und sind generell wartungsfrei. Darüber hinaus werden die Bauwerksbewegungen durch innere Messstellen auf Jahrzehnte überprüft. Falls sich später also unterschiedliche Setzungen einstellen sollten, sind die MSM-Kalottenlager auch so konstruiert, dass sich zum Höhenausgleich nachträglich Futterplatten integrieren lassen.

Einbau eines MSM-Kalottenlagers © Maurer Söhne GmbH & Co. KG

Arretierung am Widerlager © Maurer Söhne GmbH & Co. KG

Position nach dem Querverschub © Maurer Söhne GmbH & Co. KG

www.maurer-soehne.de

Fluchttunnel-Schalung von Paschal

Neuer Hauptbahnhof in Wien Im Zuge des Großprojekts »Hauptbahnhof Wien« erhielt der Schalungsspezialist Paschal aus Steinach einen Zuschlag für den Bau der Fluchttunnel im Abschnitt »Lainzer Tunnel«: Geliefert wurden 375 m² Trapezträger-Rundschalung mit Stahlschalhaut (TTS), für den Liftschacht kamen zudem 158 m² Logo-Wand-

Arbeiten am Lichtschacht © Paschal-Werk G. Maier GmbH

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BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012

schalung zur Ausführung, da die Innen- schale der Sicherheitstunnel und der Lichtschacht zusammen hochgezogen werden mussten. »Die Firma Paschal konnte uns dafür ein System liefern, das genau diesen Anforderungen gerecht wurde«, sagt Albin Matschek, Bauführer des Projekts. Die drei Schächte mit Höhen

Planung und Lieferung nach Vorgabe © Paschal-Werk G. Maier GmbH

von 45 m, 75 m und 54 m Höhe wurden von oben nach unten auf einem Durchmesser von 9 m aufgeweitet, anschließend erfolgte das Aufsetzen der Rund- schalung in Viertel-Elemente, wobei einige anspruchsvolle Faktoren eine Rolle spielten. »Daher mussten wir behutsam vorgehen. Ausgegossen wurde dann jeweils komplett«, so Albin Matschek. Doch nicht nur ein einwandfreies Material ist verantwortlich für ein gutes Ergebnis, sondern auch eine perfekte Planung. Und dafür ist Paschal ebenfalls bekannt: Gemäß den Berechnungen und zeitlichen Vorgaben der Verantwortlichen übernahm Paschal die Kommissionierung des Materials sowie die Abwicklung des logistischen Parts, weshalb es keinerlei Verzögerung auf der Baustelle gab. »Die Schalung wurde komplett geliefert und es fehlte nicht einmal eine Schraube«, zeigt sich Albin Matschek zufrieden. www.paschal.de


PRODUKTE UND PROJEKTE Glänzende »Hülle« von GKD Gebr. Kufferath

Pasarela del Arganzuela in Madrid

Vor zwei Jahren feierte Madrid die Eröff- nung des sogenannten Centro Deportivo Multifuncional del Manzanares mit der spektakulären Caja Magica – der jetzt die 250 m lange Arganzuela-Brücke folgte: ein Überweg für Fußgänger und Rad- fahrer und ein weiteres Wahrzeichen für den Manzanares-Park. Seinen unverwechselbaren Charakter bezieht dieses Bauwerk nicht zuletzt aus der helixartigen Anmutung der »Außenhaut«, die, von Dominique Perrault entworfen, aus einem semitransparenten Gewebe der GKD Gebr. Kufferath AG und damit der weltweit führenden Metallweberei besteht. Das heißt, es kamen insgesamt ca. 4.500 m² zum Einsatz, die als dreieckige, individuell geformte Zuschnitte auf einer Unterkonstruktion montiert wurden, wobei die vielfach bewährte Befestigungstechnik mit Augenschrauben Anwendung fand. Das gewählte Material vom Typ Escale trotzt extremen Wetterbedingungen, dient hier als Hülle, die Sonnen- und teilweise auch Regenschutz bieten soll, und ist dennoch durchlässig genug, um den notwendigen Einfall von Tageslicht

Brücke als Wahrzeichen © GKD Gebr. Kufferath AG/Arteuno Welt SL

und Regen für die unter der Brücke liegende Landschaft zu gewährleisten. Darüber hinaus verfügt es über die werkstoffimmanenten Vorzüge von Edelstahl und ist daher robust, pflegeleicht und beständig gegen Witterungsoder Umwelteinflüsse, ja letztlich sogar von einer nahezu unbegrenzten Lebensdauer.

Semitransparentes Material © GKD Gebr. Kufferath AG/Arteuno Welt SL

Mastleuchte (auch) für Brücken © Leipziger Leuchten GmbH

www.gkd.de

Neuentwicklung von Leipziger Leuchten

Helligkeit im städtischen Raum Mit der aktuellen Neuentwicklung bietet Leipziger Leuchten, einer der traditionsreichsten deutschen Hersteller, eine dynamisch wirkende und designstarke Lösung für den städtischen Raum an. Bestimmendes Merkmal von Pascal ist der leicht gebogene Vierkantmast aus einem Edelstahl- oder Aluminiumprofil mit 6,55 m oder 3,90 m Länge, den es in einer ein- oder zweiarmigen Version gibt. Die Abdeckung der energiesparenden Kompaktleuchtstofflampen besteht aus schlagfestem, opalem Polycarbonat, wobei der Lichtaustritt pro Seite über eine Länge von 1.270 mm (Pascal I) oder 600 mm (Pascal III) erfolgt und für eine angenehm weiche und blendfreie »Helligkeit« auf Brücken, Geh- und

Radwegen, Plätzen, Boulevards und Parkanlagen sorgt. Jeder Leuchtenkopf verfügt über einen Elektroeinsatz mit eingebautem Vorschaltgerät und einer Tür zum einfachen Lampenwechsel, während die Bodenverankerung mittels einer Flanschplatte realisiert wird, die sich überpflastern lässt. www.leipziger-leuchten.com

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S O F T WA R E U N D I T

Aktuelle Lösungen und Erweiterungen von RIB

Neu- und Nachrechnung von Straßenbrücken Spannbetonbrücken, die vor 1980 gebaut wurden, weisen bereits heute erhebliche Mängel auf, unter anderem wegen der überproportionalen Zunahme des Schwerverkehrs, hohen Verschleißes, Korrosion und Schädigung der Materialien durch mechanische Beanspruchungen und Umwelteinflüsse. Bei älteren Bauwerken wurden zudem Temperatureinwirkungen nicht berücksichtigt und generell zu geringe Querkraftbewehrungen eingelegt sowie bei Koppelfugen keine Ermüdungsnachweise geführt: alles in allem Erkenntnisse, die jetzt in einer mehrstufigen Nachrechnungsrichtlinie Berücksichtigung finden, die im vergangenen Jahr veröffentlicht wurde.

»Aufgrund der hohen Kundennachfrage haben wir unser Softwaresystem ›Ponti‹ an die neuen Anforderungen angepasst und können bereits jetzt für die Stufen 1 und 2 die Restsicherheit und die Rest- nutzungsdauer bestimmen«, wie Wilfried Zmyslony, Geschäftsführer der RIB Engineering GmbH erklärt. »In verschiedenen Pilotprojekten hat sich gezeigt, dass ältere Brücken im Bestand damit effizient nachgerechnet werden können. Unser Ziel ist, diese Lösung noch auszu- bauen und für eine Schadensanalyse weiter zu perfektionieren.«

RIB hat inzwischen nahezu sein gesamtes Softwareportfolio für die Euronormen mit den Nationalen Anwendungsdokumenten (NAD) für Deutschland, Österreich, Tschechien und Großbritannien angepasst, denn das neue »Normenpaket« wird Anfang Juli bauaufsichtlich eingeführt. Diese Umstellung bedeutet zwar keinen Paradigmenwechsel, bedingt aber einige Änderungen gegenüber dem derzeitigen Normenstand, die sich auf die Tragwerksplanung teilweise erheblich auswirken. Beispielsweise können Ver- formungsberechnungen im Zustand II die Wirtschaftlichkeit einer Ingenieurlösung in Zukunft grundlegend beeinflussen. www.rib-software.com

Neue Version von mair pro

Controlling mit Vereinfachungen Das neue Jahr hat kaum begonnen, da präsentiert das bayerische Unternehmen mair pro GmbH die neueste Version seiner Administrationssoftware für Architekten und Ingenieure: ProjektPro, deren grundlegende Vorzüge bereits in Ausgabe 4 2011 des BRÜCKENBAU beschrieben worden sind. Als vorausschauende und dynamische Controllinglösung für Windowsnutzer wie für Mac-Enthusiasten geeignet, sorgt sie »überall« für eine gelungene Performance, wobei ProjektPro ’12 einen Brückenschlag zwischen hoher Komplexität und komfor- tabler Bedienung schafft. Kostenverfolgung und Kalkulation lassen sich jetzt also noch präziser auf das einzelne Büro zuschneiden, was auch die Berücksichtigung individueller Arbeitszeitmodelle einschließt. Mit dieser Option bietet ProjektPro ’12 letztlich ein differenziertes Werkzeug, um Aufträge und Stundensätze exakt zu berechnen.

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»Dank der vertrauensvollen und engen Zusammenarbeit mit unseren Kunden, Partnern und einer genauen Analyse der veränderten Marktbedingungen konnten wir mit ProjektPro ’12 abermals die Usability und den Funktionsumfang unserer Software verbessern. Die Nutzer

Lösung für alle … © mair pro GmbH

profitieren von mehr Effizienz und Ruhe in ihren Abläufen«, so Harald Mair, Geschäftsführer von mair pro. www.projektpro.de www.mairpro.de


S O F T WA R E U N D I T

[Umrisse] Zeitschrift für Baukultur

Architekten und Ingenieure lesen die [Umrisse]. Herausgegeben von der VERLAGSGRUPPE WIEDERSPAHN, ist die Zeitschrift für Baukultur unabhängig von Verbänden und anderen Interessenvertretungen. Jede Ausgabe verfügt über ein bis zwei thematische Schwerpunkte aus den Bereichen Architektur und Ingenieurbau, wie zum Beispiel »LeseRäume«, »Sport + Erleben«, »Bauen mit Textilien«, »Ruhender Verkehr«, »DachLandschaften«, »WeinBauWelten«, »Synagogen«, »Flughäfen: Neubau und Ausbau«, »Bauen im Gebirge«, »Fassaden«, »Sicherheitstechnik«, »Innenausbau« und »Befestigungstechnik« in den beiden vergangenen Jahren. Detaillierte Produktinformationen, wichtige Branchennachrichten, ein fundierter Bautechnik-Teil, umfassende Beiträge zum »Bau- und Immobilienrecht« sowie ein ausgesuchtes »Special«, oft in Kooperation mit entsprechenden Fachmessen, runden das redaktionelle Profil eines jeden Heftes ab. Wollen Sie ein Probeexemplar bestellen – oder gleich abonnieren? Das geht am besten und schnellsten unter www.umrisse.de, denn die [Umrisse] findet man natürlich auch im Internet.

VERLAGSGRUPPE W I E D E R Smit MixedMedia P A Konzepts HN

Biebricher Allee 11 b 65187 Wiesbaden Tel.: 0611/84 65 15 Fax: 0611/80 12 52 kontakt@verlagsgruppewiederspahn.de www.verlagsgruppewiederspahn.de www.mixedmedia-konzepts.de 1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU

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N AC H R I C H T E N U N D T E R M I N E Gründer von Obermeyer Planen + Beraten

Leonhard Obermeyer verstorben Am 28. Dezember 2011 ist Dr.-Ing. h. c. Leonhard Obermeyer im Alter von 87 Jahren verstorben. 1924 im oberbayerischen Großmehring geboren, hat er nach der Lehre zum Maurer, der Ausbildung zum Bauingenieur und dem anschließenden Studium des Bauingenieur- wesens an der Technischen Hochschule in München am 1. Juli 1958 das Ingenieurbüro Obermeyer in Krailling gegründet, aus dem später die (jetzige) Firmen- gruppe hervorging. Zu seinen wichtigsten Projekten gehören unter anderem das Verkehrsbauwerk Karlsplatz-Stachus und große Teile des U-Bahn-Baus in München, insgesamt sieben Brücken über die Donau sowie die Donnersberger Brücke und die sogenannte Candid-Hangauffahrt in München.

Bereits Anfang der 1970er Jahre hatte er die Idee, Gesamtplanungen anzubieten, also nicht mehr nur Teilleistungen erbringen, sondern Großprojekte fortan aus einer Hand und über alle Gewerke hinweg konzipieren zu wollen: Leitgedanke und Basis von Obermeyer Planen + Beraten GmbH, des heutigen Unternehmens mit 1.300 Mitarbeitern, Stammsitz in München sowie Niederlassungen und Tochtergesellschaften in 18 Ländern. Leonhard Obermeyer sind im Laufe seines Lebens zahlreiche Würdigungen zuteil- geworden, wie zum Beispiel die KonradZuse-Medaille, das Ehrenzeichen des Vereins Deutscher Ingenieure, die Ehren- doktorwürde der Universität Leipzig, eine Honorarprofessur der Technischen

Leonhard Obermeyer © Obermeyer Planen + Beraten GmbH

Universität Moskau und der Titel eines Ehrensenators der Technischen Universität München. www.opb.de

Zäsur bei der Ingenieurgruppe Bauen

Ältester Büropartner im Ruhestand Josef Steiner hat zum 31. Dezember 2011 seine aktive Laufbahn als ältester Partner der Ingenieurgruppe Bauen beendet, was eine Zäsur in deren Bürogeschichte markiert. Seit 1968 und damit noch von den Gründungspartnern Wippel, Weckesser, Stiglat und Buchholz einge- stellt, war Josef Steiner für die Ingenieurgruppe Bauen tätig – also insgesamt 43 Jahre. Seine offizielle Verabschiedung findet dementsprechend auch in einem angemessenen, feierlichen Rahmen statt: im Mannheimer Schloss, und zwar am 16. März.

Die Ingenieurgruppe Bauen wurde 1965 von den Partnern Dr.-Ing. Ernst Buchholz, Dr.-Ing. Klaus Stiglat, Dipl.-Ing. Horst Weckesser und Dipl.-Ing. Herbert Wippel in Karlsruhe gegründet. 1978 eröffnete die erste Niederlassung in Mannheim, 1991 folgte Berlin und 2008 Freiburg, so dass heute vier Standorte existieren, an denen ca. 130 Mitarbeiter Projekte im In- und Ausland planen. www.ingenieurgruppe-bauen.de

Josef Steiner © Ingenieurgruppe Bauen

Umbenennung mit Neuorganisation in Hessen

Verkehrsverwaltung mit zentraler Steuerung »Die Hessische Straßen- und Verkehrsverwaltung (HSVV) wechselt zum 1. Januar 2012 den Namen und heißt künftig ›Hessen Mobil – Straßen- und Verkehrsmanagement‹. Die HSVV steht seit vielen Jahrzehnten hessenweit für Qualität und innovative Lösungen in Planung, Bau und Betrieb von Straßen mit dem Ziel einer intelligenten Verkehrssteuerung. Die Organisationsreform stellt sicher, dass sie ihre Aufgaben auch in Zukunft in gewohnter Qualität erfüllen kann und in der Fläche präsent ist«, so

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Hessens Verkehrsminister Dieter Posch anlässlich dieser Umbenennung. Als »Nachfolgeeinrichtung« der HSVV plant, baut, unterhält und managt Hessen Mobil also das gesamte hessische außer- örtliche Straßennetz und ist somit für insgesamt ca. 17.000 km Verkehrswege zuständig. Darüber hinaus ist sie (jetzt) Obere Landesbehörde mit einer Zentralisierung in Wiesbaden und der Untergliederung in die vier Abteilungen Planung, Bau, Betrieb und Verkehr sowie zwölf weiteren Standorten in Hessen, in

denen diese Abteilungen durch Dezernate vertreten sind: Die neue Struktur soll eine gleichmäßigere Arbeitsauslastung und damit den Ausgleich schwankender Bau- und Planungsvolumina, aber auch kurzfristiger Arbeitsspitzen ermöglichen sowie die einheitliche Anwendung von Standards und Vorgaben gewährleisten. www.mobil.hessen.de


N AC H R I C H T E N U N D T E R M I N E

Zweite Veranstaltung in Bad Wörishofen

Symposien

Internationale Holzbrückentage 2012

Symposien Symposien Symposien

MixedMedia Events Events MixedMedia Konzepts Am 19. und 20. April 2012 finden die zweiten Internationalen Events Events MixedMedia MixedMedia Konzepts Holzbrückentage (IHB 2012) in Bad Wörishofen statt, und zwar Konzepts mit folgenden Schwerpunkten, die in jeweils eigenen Vortrags- Konzepts Veranstaltungen

Media-Veranstaltungen Veranstaltungen Veranstaltungen Mediaplanung MediaMediaplanung planung planung

blöcken thematisiert werden: – Verkehr von heute auf Brücken von gestern – Überwachung und Qualitätssicherung – neue konstruktive und statische Möglichkeiten – Fahrbahnbeläge und Leiteinrichtungen – Bau und Entwicklung im Bereich von Grünbrücken Voraussetzung für dauerhaft gelungene Brückenbauwerke aus Holz ist bekanntermaßen das optimale Zusammenspiel von Planung, Durchführung und laufendem Unterhalt. Materialgerechtes Konstruieren und holzbaugerechte Detail- ausbildung sind aber nur mit Fachwissen und den notwendigen (Detail-)Kenntnissen möglich – die diese zweitägige Veran- staltung vermittelt: Ausgewiesene Experten aus Wissenschaft und Praxis referieren hier über die unterschiedlichsten Aspekte wie Lösungsansätze, diskutieren mit den Teilnehmern im kleinen wie größeren Kreis und bieten derart einen ebenso kompetenten wie aktuellen Überblick. Abgerundet werden die IHB 2012 durch eine begleitende Fach- ausstellung, in deren Rahmen sich Produkte und Neuentwicklungen rund um den Holzbrückenbau begutachten lassen. www.forum-holzbau.com

MixedMedia MixedMedia MixedMedia MixedMedia

Veranstaltungen der Veranstaltungen der VERLAGSGRUPPE WIEDERSPAHN Veranstaltungen der Veranstaltungen der VERLAGSGRUPPE WIEDERSPAHN mit ihrem Event-Offi ce MixedMedia Konzepts VERLAGSGRUPPE WIEDERSPAHN VERLAGSGRUPPE mit ihrem Event-OffiWIEDERSPAHN ce MixedMedia Konzepts mit ihrem Event-Office MixedMedia mit ihrem Event-Offi Konzeptsce MixedMedia Konzepts 12. Symposium Brückenbau 12. Symposium Brückenbau 2. Symposium Flughafenbau 12. Symposium Brückenbau 1. 12. SymposiumWohnungsbau Brückenbau 2. Symposium Flughafenbau 4. Symposium Flughafenbau Sportstättenbau 2. Symposium Flughafenbau 2. (Bauen für Olympia und die WM) 4. Symposium Sportstättenbau (Bauen für Olympia und die WM) 4. Symposium Sportstättenbau 4. Symposium Sportstättenbau Parkhausbau als Fachveranstaltung: (Bauen für Olympia und die WM) (Bauen für Olympia und die WM) Hier werden Tiefgaragen, Parkhäuser sowie Parkhausbau als Fachveranstaltung: deren Erhaltung Renovierung thematisiert. Hier werden Tiefgaragen, Parkhäuser sowie Parkhausbau als Fachveranstaltung: Parkhausbau alsund Fachveranstaltung: deren Erhaltung und Renovierung thematisiert. Hier werden Tiefgaragen, Parkhäuser Hier werden sowie Tiefgaragen, Parkhäuser sowie Weiterhin werden erörtert: deren Erhaltung und Renovierung deren thematisiert. Erhaltung und Renovierung thematisiert. Bau von Tankund erörtert: Rastanlagen einschließlich Weiterhin werden

Princeton Bridge of Dreams, Kanada © Fast + Epp

neuer Lkw-Rastplätze mit den erforderlichen Bau von Tankund erörtert: Rastanlagen einschließlich Weiterhin werden erörtert: Weiterhin werden Telematik-Einrichtungen. neuer Lkw-Rastplätze mit den erforderlichen Bau von Tank- und Rastanlagen Bau einschließlich von Tank- und Rastanlagen einschließlich Telematik-Einrichtungen. neuer Lkw-Rastplätze mit denneuer erforderlichen Lkw-Rastplätze mit den erforderlichen Telematik-Einrichtungen. Telematik-Einrichtungen.

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N AC H R I C H T E N U N D T E R M I N E Veröff entlichung des Deutschen Beton- und Bautechnik-Vereins

(Aktuelles) Gutachten zur Brückenertüchtigung Das Gutachten »Brückenertüchtigung jetzt. Ein wichtiger Beitrag zur Sicherung der Mobilität auf Bundesfernstraßen« empfi ehlt sich zur Lektüre, hebt es doch hervor, welche Bedeutung eine leistungsstarke Infrastruktur für den Wirtschaftsstandort Deutschland hat. Von Ministerialdirektor a. D. Dipl.-Ing. Joachim Naumann erarbeitet, wartet es mit zahlreichen Fakten zum Zustand der deutschen Brücken auf: Naumann hat zunächst die aktuelle Situation analysiert und danach beschrieben, welche Handlungsoptionen sich eröff nen, wenn die Leistungsfähigkeit der Brücken wiederhergestellt bzw. weiterhin erhalten

bleiben soll, wobei er auch oder insbesondere den Bedarf für die dringend notwendigen Sanierungsmaßnahmen benennt und Lösungsmöglichkeiten durch ein Ertüchtigungsprogramm aufzeigt. Ihren konsequenten Abschluss fi nden diese Ausführungen infolgedessen in und mit der »Vision 2025/2050« zur Sicherung der Mobilität auf Bundesfernstraßen. Das Gutachten ist als Heft 22 des Deutschen Beton- und BautechnikVereins e.V. (DBV) erschienen und zum Preis von 10 € zu erwerben. www.betonverein.de

Bestandsaufnahme und Handlungsanleitung © Deutscher Beton- und Bautechnik-Verein e.V.

Vorstellung durch Bundesverkehrsminister

Investitionsrahmenplan für Verkehrsprojekte Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer hat Mitte Dezember den Entwurf des Investitionsrahmenplans (IRP) für die Verkehrsinfrastruktur des Bundes für den Zeitraum 2011–2015 vorgelegt, der ein Volumen von ca. 41.000.000.000 € aufweist: Er umfasst sämtliche Projekte, die zwischen 2011 und 2015 abgeschlossen, weitergeführt oder neu begonnen werden, und zwar bis zu deren Fertigstellung, die gegebenenfalls erst nach 2015 erfolgt. Erhalt rangiert im neuen IRP im Übrigen deutlich vor Neubau, was sich auch in der Verteilung der Gesamtsumme ausdrückt, die mit einer entsprechenden »Relation« von 2:1 keinerlei Missverständnisse aufkommen lässt.

Peter Ramsauer: »Mit dem neuen Investitionsrahmenplan sorgen wir für Ehrlichkeit und Transparenz beim Verkehrswegebau. Wir setzen klare Prioritäten und richten die Planung am Bedarf und den zur Verfügung stehenden Mitteln aus. Unser Verkehrsnetz ist ein zentraler Standortvorteil, den wir erhalten müssen. Wir sorgen dafür, dass die hohe Qualität der Schienen-, Straßen- und Wasserstraßennetze erhalten bleibt.« www.bmvbs.de

(Künftige) Leitlinie im Entwurf © Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung

Wo werben? Ganz einfach! Unsere Mediadaten können Sie als PDF unter www.zeitschrift-brueckenbau.de downloaden.

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IMPRESSUM

BRÜCKENBAU ISSN 1867-643X 4. Jahrgang Ausgabe 1/2 . 2012 www.zeitschrift-brueckenbau.de Herausgeber und Chefredaktion Dipl.-Ing. Michael Wiederspahn mwiederspahn@verlagsgruppewiederspahn.de Verlag

V E R L A G S G R U P P E W I E D E R Smit MixedMedia P A Konzepts HN

Biebricher Allee 11 b D-65187 Wiesbaden Tel.: +49 (0)6 11/84 65 15 Fax: +49 (0)6 11/80 12 52 www.verlagsgruppewiederspahn.de

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