upgrade Ausgabe 4.2011

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ISSN: 1862-4154 Preis: 5,– € Ausgabe 4.11

Gesundheit und Wohlbefinden

In Bewegung bleiben Balance finden – wie wir wieder ins Lot kommen Arbeitswelt – warum Gesundheitsförderung zählt Entschleunigung – was uns im Tanz bewegt


. b o j n e t n e d u t S r e Typisch In Krems.

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Donau-Universität Krems. Die Universität für Weiterbildung.

DON

Evamaria Brodner, 33, ist Ärztin und studiert berufsbegleitend an der Fakultät für Gesundheit und Medizin der Donau-Universität Krems. Schließlich lernt man nie aus. Fünf Fakultäten und mehr als 150 exklusive Masterstudiengänge, Kurzlehrgänge und Seminare warten auch auf Sie! Und worauf warten Sie noch?


Editorial

Liebe Leserin, lieber Leser, sind Sie heute schon geradelt? Oder Treppen gestiegen? Dann haben Sie an diesem Tag bereits viel für Ihre Gesundheit getan. Und falls nicht, sind Sie wenigstens in guter Gesellschaft. Denn der Mensch ist nicht nur ein Homo sapiens, sondern auch ein Homo habilis, ein bequemes Gewohnheitswesen. Hat er erst einmal Platz genommen, ist er nur schwer wieder in Bewegung zu bringen. Dabei ist die wissenschaftliche Evidenz über die positiven Auswirkungen der Bewegung erschlagend. Und zwar keineswegs nur in Bezug auf das Herz-Kreislauf-System oder die typischen Zivilisationskrankheiten. Neurowissenschaftler sind dabei zu entschlüsseln, wie körperliche Bewegung im Gehirn das Wachstum von Nervenzellen und deren Verlinkung anregt und was das für Wohlbefinden, Gesundheit, Lernfähigkeit und Alterungsprozesse bedeutet. Bewegung ist Lebenselixier, Heilkraft und ein wissenschaftliches Faszinosum, allerdings auch ein Thema mit Schattenseite: Denn so segensreich die Bewegung, so schädlich ist ihr Mangel. Die Folgen des Bewegungsmangels belasten Gesundheit, Krankenkassen und Volkswirtschaft bereits in einem Maß, das sich mit den Kosten des Rauchens vergleichen lässt. Was kommt da noch auf die Gesellschaft zu, wenn schon Kinder ihre Zeit reglos vor dem Computer verbringen? Wenn selbst Grundschüler kaum noch auf Bäume klettern und draußen herumtollen? Wenn eine sitzende junge Generation auf eine alternde Gesellschaft trifft?

Univ.-Prof. Dr. Jürgen Willer Rektor der Donau-Universität Krems

Die Antworten sind so vielfältig wie die Fragen, wie die aktuelle Ausgabe über das Thema „Bewegung“ zeigt. Wir stellen Ihnen neue Ansätze in Orthopädie und regenerativer Medizin vor: Die Donau-Universität Krems forscht seit Jahren im Bereich Tissue Engineering, das verschlissene Knorpel oder Bänder durch nachwachsende Zellen schonend erneuern will. upgrade hat Altersforscher gefragt, wie es gelingen kann, ein Leben lang beweglich und aktiv zu bleiben – und wurde mit einem radikalen Denken konfrontiert, das in unserem Verständnis vom Alter einen Paradigmenwechsel herbeiführen möchte. Eine wichtige Rolle für unser Bewegungsverhalten spielt die Arbeitswelt. Welche Auswirkungen haben Verdichtung und Beschleunigung auf die Gesundheit? Wie kann der Einzelne sich besser gegen Stress wappnen? Und was tun Unternehmen und Betriebe, damit ihre Mitarbeiter fit bleiben? Wir haben nachgefragt und zeigen, was sinnvoll und was einfach nur trendy ist. Überraschende Impulse kommen aus der Traditionellen Chinesischen Medizin, die an der Donau-Universität Krems erforscht und gelehrt wird. Nicht Wettkampf oder Sport stehen im östlichen Denken im Zentrum, sondern fließende, harmonische Bewegungen und die Konzentration auf die eigene Mitte. Wie wir Körper und Geist wieder als Einheit und damit auch als Energiequelle betrachten und erleben können, zeigt ein Blick gen Osten. Eine anregende Lektüre und Zeit für einen Spaziergang wünscht Ihnen

Besuchen Sie unsere Website! Alle Ausgaben des upgrade Magazins gibt es auch im Internet: www.donau-uni.ac.at/upgrade

Ihr Jürgen Willer

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Inhalt

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Gesundheit und Wohlbefinden – In Bewegung bleiben

Wissen

8 14 18

Bewegung und Gesundheit

Auf der Suche nach Balance Sitzen und Laufen, Arbeit und Muße, Anspannung und Entspannung – das Verhältnis stimmt nicht mehr. Aber wie kommen wir wieder ins Gleichgewicht? Und welche Rolle spielt dabei die Bewegung? Interview

Gehen geht immer

28

30 34

Bewegung tut gut. Trotzdem fällt es schwer, regelmäßig Sport zu treiben. Der Berliner Sportarzt Volkmar Feldt sagt, wie wir unsere Bequemlichkeit überwinden. Betriebliche Gesundheitsförderung

Arbeitswelt in Schwung

Bewegungsmangel und psychosoziale Belastungen bilden einen fruchtbaren Boden für Fehlzeiten. Mit Betriebssport allein ist es nicht mehr getan. Gesundheitsförderung muss Teil der Unternehmenskultur werden.

Praxis

24

Weiterbildung

38 42

Regenerative Medizin und Orthopädie

Damit wir ein Leben lang laufen können Jugendliche, die den Tag am Computer verbringen, Senioren, die im Alter fit sein wollen – das fordert die Orthopäden heraus. Ihr Ziel: Erneuerung statt Reparatur.

Altern und Bewegung

Gang runter und weiterradeln Die Menschen werden älter und wollen im Alter fit bleiben. Kann die Medizin ihnen das ermöglichen? Und was können sie selbst tun, um möglichst lange beweglich zu bleiben? Lehrgang Sport- und Eventmanagement

Was wenige planen, damit viele laufen Sport-Ereignisse werden größer, Publikum und Sponsoren anspruchsvoller. Der Studiengang Sport- und Eventmanagement der Donau-Universität Krems vermittelt das Fachwissen zur Gestaltung von Großereignissen. Bewegung und Empfindung

Im Rhythmus der Seele

Der moderne Tanz ist spielerisch und poetisch. Doch was bewegt den tanzenden Menschen? Ein Besuch bei dem Tänzer und Choreografen Sebastian Prantl, der an der Donau-Uni Krems ein einmaliges Projekt leitet. Alumni-Porträt

Einsatz zum Wohle aller

Susanne Schunder-Tatzber ist Arbeitsmedizinerin. Als Health Managerin ist sie für die Gesundheit von 33.000 Mitarbeitern zuständig. Und dafür, sie in Bewegung zu bringen.

Interview

Wilde Träume und himmlische Ruhe Zerwühlte Bettdecken, rollende Augen, rastlose Beine: Die Schlafforscherin Birgit Frauscher erklärt, warum der Mensch auch nachts in Bewegung ist.

Cover: Getty Images / Philip and Karen Smith

3 6 16 41 44

Editorial Meinung Zahlen und Fakten Alumni-Club Campus Krems

47 48 49 50 51

Termine Buchtipps Kunst und Kultur Impressum Archiv

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Illustration: Elke Ehninger

Meinung

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Meinung

Meinung

Natürlich jeden Tag Dieter Baumann holte 1992 Olympisches Gold und war 41-mal Deutscher Meister. Jetzt ist er 46 und schon lange kein Leistungssportler mehr. Aber ein Tag ohne Laufen? Unvorstellbar!

Die meist gestellte Frage an mich lautet: „Laufen Sie noch?“ „Hallo? Natürlich laufe ich noch“, antworte ich dann. „Und wie oft?“ „Natürlich jeden Tag.“ Dann entsteht eine kleine Pause, bis mein Gegenüber leise sagt: „Noch so viel.“ Na ja, „viel“ ist immer relativ. Ich bin ein Lebensläufer. In meinem früheren Leben lief ich doppelt so oft und mehr als doppelt so viele Kilometer. Meinem Ansehen haben all diese Dauerläufe damals ziemlich geschadet. Wenn ich als junger Kerl über die Schwäbische Alb gelaufen bin, kam es vor, dass ein Bauer, der gerade im Wald arbeitete, mir vorwurfsvoll zurief: „Hosch nix zom Schaffa!“ Im Schwabenland war es einfach unvorstellbar, dass jemand am Vormittag durch den Wald läuft. Wenn ich etwas „zom Schaffa“ bräuchte, solle ich ihm im Wald helfen, meinte der Bauer. So sahen das die Leute in BadenWürttemberg: „Schaffa, schaffa, Häusle baua, ond ned nach de Mädle schaua.“ Die Meinung im Schwabenland war also: „Der Baumann schafft nix!“ Natürlich hätte ich den ewigen Vorwürfen aus dem Weg gehen können. Die einfachste Möglichkeit wäre gewesen, mich in einem anderen Bundesland niederzulassen. Nichtläufer unter

Ihnen sagen jetzt, noch einfacher wäre es gewesen, ich hätte mit dem Laufen aufgehört und einen ordentlichen Beruf erlernt. Doch ich entschied mich für die schwierigste aller Lösungen. Ich wollte im Land, in dem das „Schaffa“ erfunden wurde, zeigen, dass Laufen auch „Schaffa“ ist. Und das ist mir gelungen. Wenn ich heute über die Alb laufe, dann rufen die Bauern im Wald: „Mensch, Baumann, heit scho wieder fleißig?“ Und wenn ich zur Weihnachtszeit durch die Tübinger Altstadt laufe, höre ich die Menschen hinter meinem Rücken sagen: „Schau, der Baumann schafft scho wieder.“ Nach über 30 Jahren als Läufer habe ich die Schwaben dazu gebracht, zu glauben, wenn ich laufe, ist das wie „schaffa“. Verstehen Sie jetzt, dass ich jeden Tag laufe? Genau so fühlt es sich nämlich an: Wenn ich laufe, schaffe ich etwas und darauf möchte ich keinesfalls verzichten. Ich schaffe für mich Wohlgefühl. Und das funktioniert immer, auch wenn ich müde bin. Wenn ich mich überwunden habe und loslaufe, weiß ich schon nach zwei Minuten: Ich habe die richtige Entscheidung getroffen. Die Müdigkeit verfliegt, ich tanke neue Kraft, beim Laufen! Das sehen viele Schwaben inzwischen genauso – und laufen auch.

Foto: privat

Von Dieter Baumann

Dieter Baumann Dieter Baumann war der Laufstar der 90er Jahre. Er wurde 41-mal Deutscher Meister, 1992 holte er in Barcelona Olympisches Gold. 1999 stoppte ein positiver Dopingbefund seine Läuferkarriere abrupt, ein Jahr später wurde er von den Vorwürfen freigesprochen. Dieter Baumann ist heute Kabarettist und Autor. Im Januar kommt sein neues Stück „Brot und Spiele“ nach dem Roman von Siegfried Lenz auf die Bühne.

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Wissen

Auf den Punkt gebracht

Foto: mauritius images / Cultura

Das Leben wird schneller, die Arbeit dichter. Viele Menschen fühlen sich unter Druck und schaffen es nicht, die Balance zwischen Ruhe und Aktivität, Arbeit und Freizeit zu halten. Um trotz der hohen Anforderungen gesund zu bleiben, ist ausreichend körperliche Bewegung wichtig. Doch schon Grundschüler leiden unter Bewegungsarmut und Übergewicht. Wie kommen wir wieder in Bewegung und ins Gleichgewicht? Kann ein Blick gen Osten helfen?

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Wissen

Bewegung und Gesundheit

Auf der Suche nach Balance Foto: Landesklinikum Krems

Für viele Menschen ist das Leben aus dem Gleichgewicht geraten: Sitzen und Laufen, Arbeit und Muße, Anspannung und Entspannung – das Verhältnis stimmt nicht mehr. Wie aber kommen wir wieder ins Lot? Und welche Rolle spielt dabei die Bewegung? Von Angelika Ohland

Eigentlich könnte man mal wieder. Laufen. Radeln. Schwimmen. Nur wann? Der Tag ist doch schon voll genug. Je durchstrukturierter unser Leben, desto mehr sehnen wir uns nach kleinen Inseln der Unvernunft. Und dann nach Feierabend auch noch Sport treiben? Wir haben viele Gründe, es nicht zu tun. Gesundheitsförderung sei wie das „Schuften in einer dunklen Goldmine“, befand Lawrence Green, der amerikanische Pionier der Gesundheitserziehung, deshalb schon vor dreißig Jahren. Lernen wir denn gar nichts dazu? Doch. Das Wissen über den Zusammenhang von Gesundheit und Bewegung hat enorm zugenommen. Dass Bewegung Herz und Kreislauf stärkt, dass ein muskulöser Rücken keinen Schmerz kennt, dass Ausdauersport die Organe regenerieren lässt – alles nicht neu. Doch inzwischen erforschen Wissenschaftler auch den Effekt, den Bewegung auf unser Gehirn hat, und sie kommen zu erstaunlichen Ergebnissen. Wenn wir uns körperlich bewegen, bauen wir nicht nur Muskeln auf, wir stimulieren auch unser Ge-

hirn. Und damit ist weit mehr gemeint, als das Ausschütten stimmungsaufhellender Endorphine, die bei Langläufern zum berühmten „Runner´s High“ führen. Bewegung beeinflusst das Wachstum von Nervenzellen und deren Verlinkung. Sie stärkt nicht nur den Körper, sondern auch den Geist.

Segensreich für Körper und Geist Bewegung macht schlau und glücklich, könnte man vereinfachend sagen. Schlank und schön macht sie auch, wie wir längst wissen. Und sie ist vermutlich die einzige effektive Möglichkeit, die Alterungsprozesse zu verlangsamen, weil sie sich günstig auf die Zellerneuerung auswirkt. Die segensreichen Wirkungen der Bewegung sind also mannigfaltig: Sport fördert das Lernen und die Gedächtnisleistung, verbessert die Konzentration, hebt die Stimmung, reduziert Ängste und Stress. Während Sport bei koronarer Herzerkrankung inzwischen zur Standardbehandlung gehört, werden passive Maßnahmen − wie Massage bei Rückenschmerzen − hinterfragt.

Andrea Podolsky OÄ Dr. Andrea Podolsky ist Fachärztin für Innere Medizin und Internistische Sportmedizin am Landesklinikum Krems. Sie leitet dort das Institut für Präventiv- und Angewandte Sportmedizin. Im Rahmen des Instituts beschäftigt sie sich mit der Anwendung von körperlichem Training in Prävention und Rehabilitation internistischer Erkrankungen. Zwischen 2008 und 2010 hat sie die repräsentative Querschnittsstudie „GetFitKid“ zum Bewegungsverhalten und seinen Auswirkungen auf die körperliche Leistungsfähigkeit von Schülerinnen und Schülern unter Mitwirkung der Donau-Universität Krems in Niederösterreich durchgeführt.

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Foto: privat

Wissen

Christian Korunka Univ.-Prof. Dr. Christian Korunka ist Psychologe mit dem Schwerpunkt Arbeits- und Organisationspsychologie. Er lehrt und forscht an der Fakultät für Psychologie der Universität Wien. Seine Forschungsschwerpunkte sind Veränderungen in der Arbeitswelt und ihre Auswirkungen auf die Qualität des Arbeitslebens sowie psychologische Aspekte der Unternehmensgründung. Er ist personenzentrierter Psychotherapeut und unterrichtet an der Donau-Universität Krems im Lehrgang für psychosoziale Beratung.

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„Übe unablässig den Leib, mache ihn kräftig und gesund, um ihn weise und vernünftig zu machen.“ So formulierte der Aufklärer und Pädagoge Jean-Jacques Rousseau im 18. Jahrhundert das diffizile Zusammenspiel von Körper und Geist, das die Neurowissenschaftler nun entschlüsseln. Wir sind dazu geboren, uns zu bewegen. Eine sitzende Existenz vor dem Bildschirm hat die Natur für den Menschen nicht vorgesehen. „Dreißig Minuten Bewegung jeden Tag, lautet die Antwort auf die großen Krankheiten unserer Zeit“, schreibt der Wissenschaftsjournalist Jörg Blech in seinem Buch „Heilen mit Bewegung“. Wer wollte ihm widersprechen?

So schädlich wie das Rauchen Die Ärztin Andrea Podolsky vom Landesklinikum Krems glaubt, dass ein Mangel an Bewegung ähnlich schädlich sei wie das Rauchen. „Man müsste wie mit den AntiRaucher-Kampagnen Bewusstsein schaffen. Aber wie wichtig Bewegung für die Gesundheit der Bevölkerung ist, hat die Politik noch nicht ausreichend erkannt“, sagt Podolsky. Dabei sei der Zusammenhang von Bewegung und Gesundheit inzwischen durch Studien belegt. Durch Bewegung komme es zu einer besseren Organdurchblutung, zu einer besseren Verlinkung der Nervenzellen im Gehirn − und „auch für die antidepressive Wirkung von Bewegung gibt es gute Evidenz“. Auf der anderen Seite zeigten neue Forschungsarbeiten, dass ein „sitzender Lebensstil“ per se ein Risikofaktor sei, stellt Podolsky fest. Deshalb sei es wichtig, Bewegung in den Alltag zu integrieren. Erwachsene müssen sich mindestens 2,5 Stunden pro Woche bewegen, um die Mortalität zu senken und eine Gesundheitswirksamkeit zu erreichen. „Aber ideal wären sechs Stunden wöchentlich,“ sagt Podolsky. Sie erklärt, wie Bewegung und Ruhe, Stress und Entspannung einander bedingen: „Der Trainingseffekt, der Wachstum für HerzKreislauf, Muskulatur und Knochen bedeutet, entsteht in der Ruhepause. In der Erholungsphase finden die Wachstumsprozesse statt, wenn sie durch ausreichende Belastung initiiert worden sind. Die Erholung ist deshalb ein wichtiger Faktor für die Wirksamkeit der Bewegung.“ Andrea Podolsky leitet am Landesklinikum

Krems das Institut für Präventiv- und Angewandte Sportmedizin. Kürzlich hat sie eine repräsentative Querschnittsstudie über das Bewegungsverhalten und seine Auswirkungen auf die körperliche Leistungsfähigkeit von Schülerinnen und Schülern in Niederösterreich durchgeführt. Die Ergebnisse der Studie sind Anlass zur Sorge: Fast jeder fünfte Schüler zwischen neun und achtzehn Jahren ist übergewichtig oder adipös – wobei Jungen häufiger betroffen sind als Mädchen. Die Studie „GetFitKid“ bescheinigt, dass nur knapp ein Drittel der Mädchen bis 14 Jahre sich ausreichend bewegt – bei den Jungen sind es immerhin 60 Prozent. „Bei den Mädchen ist Bewegungsmangel das Hauptproblem, bei den Jungen die schlechte Ernährung“, sagt Podolsky. Viele Krankheiten des Stoffwechsels und des Herz-Kreislauf-Systems werden schon in der Kindheit angelegt. „Bei einer Fettstoffwechselstörung lagert sich Cholesterin bereits in frühester Jugend in den Blutgefäßen ab. Ein Kind, das adipös ist und sich wenig bewegt, verändert früh seinen gesamten Metabolismus. Für die Knochengesundheit ist Bewegung im Kindesalter auch wichtig.“ Mediziner empfehlen für Kinder und Jugendliche sieben Stunden Bewegung in der Woche. „Aber spazieren gehen zählt nicht, man muss sich etwas anstrengen“, so Podolsky. Sie fordert mindestens drei Stunden Schulsport als Pflichtfach, denn: „Zwischen Bewegungsumfang und Leistungsfähigkeit gibt es einen linearen Zusammenhang.“

Wenig Bewegung auf dem Land Wichtig ist auch, dass die Bewegung nicht zu einseitig ist – deshalb hat die Studie Ausdauer, Kraftausdauer, Beweglichkeit, Koordination und Haltung gemessen. „Der Bewegungsumfang hat abgenommen, die Dichte der Nahrung zugenommen“ − auf diesen Nenner bringt die Ärztin die Ursachen für das grassierende Übergewicht. Aber das Problem sei komplex. Auch die soziale Herkunft sei signifikant: „Am meisten bewegen sich die Kinder der Oberschicht, am wenigsten die der Unterschicht.“ Deshalb fordert sie eine sportliche Frühförderung: „So wie man einem Kind das Lesen beibringt, müsste man ihm auch Bewegungswissen vermitteln.“ Und noch einen


Wissen

Illustration: wikipedia, 123freevectors.com

Die Studie „GetFitKid“ untersuchte die Fitness von Jugendlichen in Niederösterreich. Die wichtigsten Ergebnisse der medizinischen Untersuchung:

16 % der Mädchen 22 % der Burschen

sind übergewichtig oder adipös (Adipositas: Burschen: 9 %, Mädchen: 7 %).

48 % der Mädchen 35 % der Burschen

geben häufige Beschwerden an (v.a. Kopf-, Regel-, Bauch- und Rückenschmerzen).

73 % der Mädchen 68 % der Burschen

geben an, an keinen chronischen Erkrankungen zu leiden. Von den genannten Erkrankungen sind Allergien am häufigsten (19 %).

15,5 % der Mädchen 18,5 % der Burschen

wurden wegen struktureller Auffälligkeiten des Bewegungsapparates oder starker Haltungsschwäche eine fachärztlich orthopädische Begutachtung oder Verlaufskontrolle empfohlen.

Quelle: GetFitKid, 2008–2010

Hebel sieht Podolsky: die Infrastruktur. Der Ausbau von Radwegen müsse Priorität haben. „Auf dem Land bewegen sich die Kinder weniger als in der Stadt, weil es weniger Infrastruktur gibt.“

Beschleunigung und Verdichtung Wenn schon das Leben der Kinder aus dem Gleichgewicht gerät, dann hat das auch Gründe, auf die wir unmittelbar keinen Einfluss haben. Um sie zu verstehen, kommen wir nicht umhin, über die Beschleunigung des Lebens und die Verdichtung der Arbeit nachzudenken. Diese Veränderungen kann fast jeder in seinem Alltag spüren. Wann machen wir noch echte Pausen? Reisezeiten sind Arbeitszeiten geworden. Während wir im Supermarkt an der Kasse die PIN eintippen, bugsieren wir die Waren in den Korb und nehmen am Handy die To-do-Liste fürs nächste Meeting entgegen. Ach ja, die Kinder sind auch noch da. Kinder sind Zeitfresser. Kleine Anarchos, die unsere eng getakteten Terminpläne lustvoll sabotieren. Und dann sollen wir nach Feierabend auch noch Sport treiben? Der Jenaer Soziologe Hartmut Rosa hat mit

seinem Buch „Beschleunigung“ offenbar den Nerv der Zeit getroffen − es wurde ein wissenschaftlicher Bestseller. Rosa macht die Beschleunigung und Flexibilisierung wesentlich dafür verantwortlich, dass das Leben vieler Menschen aus der Balance geraten ist. Aber nicht nur das. Die Beschleunigung untergrabe auch die „Ideale der Selbstbestimmung“. Die Freiheit gehe verloren, der Mensch komme aus seinen selbst geschaffenen Zwängen nicht mehr heraus. Die Flexibilisierung treibe die Gesellschaft auseinander. Für den Arbeits- und Organisationspsychologen Christian Korunka von der Universität Wien ist die Gesellschaftsanalyse des Soziologen Rosa stimmig. Korunka hält die Beschleunigung der Arbeitswelt und das Verschwinden der Kontinuitäten − in der Biografie, in den Arbeitsabläufen, in den Beziehungen − für entscheidende Stressfaktoren. Problematisch sei auch die Aufweichung der Grenzen, die Durchlässigkeit zwischen Arbeit, Freizeit und Familie. Mit Rückschlüssen auf die Gesundheit ist der Wissenschaftler allerdings vorsichtig. „Es gibt Hinweise, dass die Arbeitswelt ungesünder wird“,

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Foto: privat

Wissen

Andrea Zauner-Dungl Prof. Dr. Andrea Zauner-Dungl ist Fachärztin für Physikalische Medizin und Rehabilitation sowie Expertin für Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) und Komplementärmedizin. Sie ist Leiterin des Zentrums für Traditionelle Chinesische Medizin und Komplementärmedizin an der DonauUniversität Krems. Dort wurde 2011 das zehnjährige Bestehen des Zentrums gefeiert, das als eines der ersten universitären Zentren für Chinesische Medizin im deutschsprachigen Raum Aus- und Fortbildung angeboten hat.

sagt Korunka. „Aber wir beschäftigen uns auch mehr mit der Gesundheit. Und es gibt auch Verbesserungen. Körperliche Belastungen nehmen ab, psychische Belastungen zu. Letztere sind oft schwer zu fassen.“ Wissenschaftlich schwer erfassbar ist auch der Begriff „Burnout“, der im Alltag inflationär verwendet wird. „Leistungsträger“ präsentieren ihn manchmal gar wie einen Ritterschlag: Wer ein Burnout hat, zeigt, dass er alles für das Unternehmen gegeben hat. Korunka: „Burnout muss als Prozess betrachtet werden, mit einem schleichenden Beginn und am Ende mit einer Krankheit. Burnout entsteht in sozialer Interaktion. Wenn Dienstleistungen und Kundenkontakte zunehmen, werden Bedingungen geschaffen, die Burnout begünstigen. Auch Handlungszyklen, die nicht zu einem erfolgreichen Ende kommen, sind ein Risikofaktor.“ Für Korunka führen immer mehrere Faktoren dazu, dass ein Mensch seine Balance verliert. Konkurrenz als solche etwa mache nicht krank, solange es daneben ausreichend Kooperation gebe. „Konkurrenz und Kooperation sind Gegenpole, die sich wechselseitig brauchen“, erklärt Korunka. „Das Spannungsfeld zwischen beiden tut dem Menschen gut. Allerdings hat sich durch die neoliberalen Veränderungen das Gleichgewicht in Richtung Konkurrenz verschoben, die Kooperation tritt in den Hintergrund.“ Wer in der beschleunigten Gesellschaft seine Leistungsfähigkeit erhalten möchte,

kommt nicht umhin, ausreichend Sport zu treiben. „Gesundheitsprogramme mit Sport und Bewegung wirken sich immer positiv aus“, sagt Korunka. „Aber Sport kann den Druck, der durch Konkurrenz entsteht, nicht nehmen. Sport löst das Problem der Bewegungsarmut, mehr nicht.“

Den Blick gen Osten richten Doch nicht wenige fragen sich inzwischen, ob Sport, wie wir ihn verstehen, das Leistungsprinzip nicht weiter verstärkt. Deshalb haben Mediziner angefangen, die Wirkung von Yoga, Tai-Chi, Meditation und Achtsamkeitsübungen zu untersuchen. Eine von ihnen ist Andrea Zauner-Dungl. Die Ärztin leitet das Zentrum für Chinesische Medizin an der Donau-Universität Krems, wo man einen Master in „Traditionelle Chinesische Medizin (TCM)“ und in „Chinese Healthcare“ machen kann. In die Ausbildung zur chinesischen Gesundheitspflege gehören neben der chinesischen Bewegungslehre auch chinesische Massage und Qigong sowie Ernährungslehre und das Wissen um chinesische Heilkräuter im Sinne der „kitchen medicine“. Die chinesische Bewegungslehre hat mit der westlichen Vorstellung von sportlicher Fitness wenig zu tun. „Es gibt 600 Formen des Qigong, von still bis bewegt und kämpferisch. Aber immer geht es zunächst darum, die eigene Mitte zu finden“, sagt Zauner-Dungl. Die eigene Mitte finden, sich konzentrieren, sich selbst wahrnehmen − das

11% radeln regelmäßig

Von je 100 Befragten üben regelmäßig* aus:

1987

1993

2000

2003

2009

Trend

Rad fahren Laufen / Jogging Wandern Nordic Walking Skifahren Schwimmen Turnen / Gymnastik (Turnsaal) Fitnesstraining Fußball Mountainbike Tennis Aerobic / Gymnastik (Studio) Wellness (Bewegung, Yoga)

13 5 14 k. A. 13 3 9 3 3 k. A. 5 3 k. A.

22 4 16 k. A. 15 3 8 4 4 k. A. 7 3 k. A.

14 9 8 k. A. 6 3 5 4 3 3 3 3 k. A.

19 10 14 k. A. 9 6 5 3 3 3 3 2 k. A.

11 10 8 5 5 5 5 4 4 3 3 2 2

H G H

*etwa wöchentlich, bei Saison- bzw. Outdoor-Sportarten entsprechend interpretiert Quelle: Institut für Freizeit- und Tourismusforschung (IFT), 2010

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Illustration: iStockphoto.com / Jonathan Haste

Beliebteste Sportarten in Österreich


Wissen

spielt nicht nur im Osten eine Rolle. „Jede Kultur hat ihre eigene Methode, sich zu sammeln“, erklärt die TCM-Expertin. „Ob im Gebet oder in der Meditation − die Kulturen haben unterschiedliche Wege entwickelt, sich zu konzentrieren und zur Ruhe zu kommen. Aber wir haben unsere eigenen kulturellen Formen wegrationalisiert. Es gab zum Beispiel einmal Rituale, bei Tisch nicht zu sprechen. Auch wenn wir von einem Ort zum anderen gegangen sind, hatten wir Zeit, uns neu zu justieren. Heute sind wir omnipräsent und müssen uns die Freiräume, die wir brauchen, neu erkämpfen.“ Andrea Zauner-Dungl ist begeistert von der Vielfalt des Qigong. „Es gibt das Volks-Qigong, das aus einfachen Grundübungen besteht und an Gymnastik erinnert. Es gibt die wunderbaren Bewegungsstile des Tai-Chi und die Sitzmeditation. Jeder muss die Methode finden, die zu ihm passt. Nur dann macht er sie regelmäßig.“ Immer aber gehe es um fließende, harmonische Bewegung.

Etwas mehr Achtsamkeit täte uns gut Das westliche Effektivitätsdenken ist der Chinesischen Medizin fremd. Wie oft muss ich mit welcher Intensität trainieren, um mein Leben um so oder so viele Jahre zu verlängern? Darüber würde man in der asiatischen Gesundheitslehre milde lächeln. „Im Westen haben wir Bewegung immer als Fortbewegung oder als Wettkampf gesehen“, betont Zauner-Dungl. „Wir haben Bewegung mit Leistungsdenken verbunden: Je schneller oder je mehr Gewichte zum Stemmen, desto besser. Das existiert im klassischen östlichen Bewegungsdenken nicht: Hier steht das Grundgefühl fürs Gesundbleiben im Zentrum.“ Andrea Zauner-Dungl glaubt, dass etwas mehr Achtsamkeit für den eigenen Körper uns guttäte − und den teuren westlichen Gesundheitssystemen auch, wie Jon KabatZinn, der amerikanische Arzt und Pionier der Achtsamkeitspraxis für Patienten, in seinen Studien zeigte. Ihr Schlüsselwort heißt Eigenverantwortung. „Die Lösungen sind einfach“, findet Zauner-Dungl, „man muss sie nur umsetzen. Das metabolische Syndrom etwa lässt sich gut beheben, wenn die Leute sich mehr bewegen und ihre Ernährungsgewohnheiten ändern. Die Menschen

müssen weg von industriell gefertigten Produkten und hin zu einfachen, saisonalen Gerichten.“ Von der Gesundheitslehre des Ostens können wir lernen, Körper und Geist wieder als Einheit zu begreifen. Und Bewegung nicht automatisch mit Leistung zu verknüpfen. Sie kann uns darin unterstützen, die Entfremdung vom eigenen Körper zu überwinden. Übergewicht, Bewegungsmangel, Stress − diese Geißeln des westlichen Lebensstils bedingen einander.

nicht nachweisbar – aber wirksam Die Chinesische Medizin stellt Zusammenhänge her, sie denkt Ernährung, Bewegung und seelisches Wohlbefinden immer zusammen. Zentral ist das Qi, die körpereigene Energie. Dahintersteht die Vorstellung eines Informationssystems außerhalb von Nerven, Blutsystem und Lymphgefäßen. Sichtbar machen und nachweisen konnte man das Qi nach wissenschaftlichen Maßstäben bislang nicht. „Aber dass man etwas nicht nachweisen kann, heißt nicht, dass es nicht existiert“, entgegnet Zauner-Dungl. Einige Wirkungen des Qigong oder Tai-Chi hingegen sind wissenschaftlich belegt. TaiChi sei positiv bei Osteoporose, sagt Zauner-Dungl. Eine Studie zeigte, dass durch den Einfluss von Qi das Wachstum von Bakterien verändert werden kann. An der Donau-Universität Krems macht sie gerade eine Studie zur Arthrosetherapie aus chinesischer Sicht. 2009 belegte eine andere Untersuchung den positiven Einfluss von Qigong bei Burnout. Aber man müsse auch vorsichtig sein. Bei Depressionen könne Qigong durch die Konzentration auf sich selbst die Symptome zunächst verstärken. Und wie schaffen wir es nun, die Balance besser zu halten? „Vor allem, indem wir Achtsamkeit lernen und Bewegung nicht mehr an den Leistungsgedanken knüpfen“, glaubt Andrea Zauner-Dungl. Indem wir die Zyklen des Lebens wieder achten, stimmt auch die Internistin Podolsky zu: „Mensch und Natur sind zyklische Systeme. Es gibt Jahreszeiten, Hormonzyklen, Alterszyklen. Ich muss schlafen und wach sein, mich anstrengen und mich erholen. Wer sich an dieses Grundgesetz der Natur hält, wird sich wohl fühlen.“

LitERAtUR UnD LinKS Ulrike Kesper-Grossmann und Jon Kabat-Zinn: Die heilende Kraft der Achtsamkeit. Audio. www.arbor-verlag.de/jon-kabat-zinn Jörg Blech: Heilen mit Bewegung. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt/M., 4. Aufl. 2011 Jacqueline Kerr, Rolf Weitkunat, Manuel Moretti: ABC der Verhaltensänderung. Urban & Fischer, München 2007 Hartmut Rosa: Beschleunigung. Die Veränderung der Zeitstrukturen in der Moderne. Suhrkamp Verlag, 2005 Die Studie „GetFitKid“– www.gesundesnoe.at/content/ projekte/wissenschaft/uebersicht.php www.schule.at/dl/Podolsky.pdf Zentrum für Traditionelle Chinesische Medizin und Komplementärmedizin – www.donau-uni.ac.at/ztcm

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Wissen

Interview

Gehen geht immer

Foto: privat

Wir wissen, wie wichtig Bewegung für unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden ist. Warum fällt es trotzdem so schwer, die Bequemlichkeit zu überwinden und regelmäßig Sport zu treiben? Der Berliner Bewegungswissenschaftler Volkmar Feldt rät: einfach erst mal anfangen. Von Monika Goetsch

upgrade: Bewegungsmangel gilt als Hauptursache für Zivilisationskrankheiten wie Bluthochdruck, Diabetes und koronare Herzkrankheit. Steht es bei uns wirklich so schlimm um die Bewegungslust? Feldt: Eine Studie des Robert-Koch-Instituts hat ermittelt, dass sich rund 80 Prozent der über Vierzigjährigen viel zu wenig bewegen. Man sitzt bei der Arbeit, fährt Auto, benutzt Rolltreppen und Fahrstühle. Aber unsere Gene wollen, dass wir uns bewegen. Seit es den Menschen gibt, hat er sich bewegt: Bei der Jagd, bei der Verteidigung, beim Früchtesammeln und im Ackerbau wurde Muskelarbeit geleistet. Das wirkt noch heute nach.

upgrade: Wenn die Notwendigkeit, sich zu bewegen, in der menschlichen Natur liegt: Warum sind wir dann so träge geworden? Feldt: Weil der Mensch flexibel ist: Er passt sich den Umständen an. Die Lebensbedingungen haben sich dramatisch verändert: Bewegungsmangel, Reizüberflutung und

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Fehlernährung ersetzen die eher asketische Lebensweise früherer Generationen. Bewegung geschieht heute auf freiwilliger, selbstbestimmter Basis – und kann auch unterlassen werden. Die Trägheit beginnt oft schon in der frühen Kindheit. Nintendo und PC: Damit werden die Kinder groß. Die verständliche Liberalität der Eltern verhindert, dass sie ihren Kindern engere Grenzen setzen. Das Kind passt sich an, es gewöhnt sich an die Faulheit. upgrade: Andererseits bringt die Gesellschaft zahllose Leistungssportler als Vorbilder hervor. Feldt: Sport treiben: Das ist in unserer Gesellschaft gleichbedeutend mit Leistungssport. Schneller, höher, weiter soll es gehen. Spektakulär muss es sein. Das Extreme findet Beachtung. Das ist ein völlig falscher Sportbegriff, der mit Gesundheit nichts zu tun hat. Für den Einzelnen hängt die Latte damit viel zu hoch. Dabei ist das für die Gesundheit nötige Maß an Bewegung sehr viel gerin-


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ger, als wir gemeinhin denken. Inzwischen wissen wir aus mehreren Langzeitstudien: Wer durch Bewegung 1500 bis 2000 Kilokalorien pro Woche verbraucht, beugt sehr effektiv Herz-Kreislauf-Erkrankungen vor. Weniger ist von Nachteil, mehr allerdings auch. Wir sollten nicht nach einem schwer zu erlangenden Fitnessideal streben, sondern uns an ganz einfachen Bewegungsformen im Rahmen des Gesundheitssports orientieren. upgrade: „Gehen geht immer“ heißt das Buch, das Sie zum Thema verfasst haben. Darin plädieren Sie für einfaches Gehen und ein paar gymnastische Übungen daheim. Gehen kostet wenig Mühe und kein Geld. Ein sehr unkomplizierter Weg zu mehr Gesundheit. Was könnte dem entgegenstehen? Feldt: Die Macht der Lobbyisten. Am Gehen und der ergänzenden Gymnastik zuhause lässt sich nichts verdienen. Trotzdem müssten nicht nur Physiotherapeuten, sondern auch Mediziner in einfachen Möglichkeiten der Prävention und in Bewegungslehre geschult werden. Nur gemeinsam können sie ein allgemeines Bewusstsein für den Gesundheitssport schaffen.

upgrade: Was tun, um Menschen zur Bewegung zu motivieren? Feldt: Wissen heißt nicht: machen. Wissen allein führt noch lange nicht zu einer Verhaltensänderung. Es genügt keineswegs, nur an die Vernunft zu appellieren. Das limbische System, das die Gefühle reguliert, entscheidet letztlich, ob wir unsere Bequemlichkeit überwinden oder nicht. Nicht Abschreckung führt zu Veränderungen, sondern das Versprechen, dass Bewegung Freude macht. Wer sich ändern will, muss Spaß an der Bewegung finden.

upgrade: Was sagen Sie Ihren Patienten? Feldt: Dass sie einfach anfangen sollen. Losgehen. Gleichgesinnte finden. Die Bewegung ritualisiert in den Alltag einbauen. Rituale helfen dabei, nicht mehr zu fragen: Soll ich oder soll ich nicht? Und wir dürfen die Ziele nicht zu hoch stecken. Jede Mus-

kelkontraktion zählt. Schon mit wenig Bewegung tun wir etwas für unsere Gesundheit. Bewegung hilft, eine ausgeglichene, selbstbestimmte Persönlichkeit zu entwickeln. Man beugt Krankheiten vor. Das Gehirn wird besser durchblutet. Sogar auf die Sexualität wirken sich Gehen und Muskeltraining positiv aus. Und: Es ist nie zu spät, damit zu beginnen. upgrade: Sie locken nicht, wie es die Werbung tut, mit besserem Aussehen oder Schönheit?

Volkmar Feldt Dr. Volkmar Feldt ist Bewegungswissenschaftler und promovierte 1989 an der Freien Universität Berlin zum Thema „Trainingsoptimierung bei Postinfarktpatienten“. Er leitet den Sportbereich des Sport-Gesundheitspark Berlin e.V. mit 5000 Mitgliedern, ist Lehrbeauftragter an der Universität Potsdam und Autor zahlreicher Veröffentlichungen.

Feldt: Wie Heidi Klum auszusehen, wird auch nach ausgiebigem Training den wenigsten gelingen. Damit findet man sich am besten einfach ab.

upgrade: Muss ein gesundes Bewegungsprogramm individuell auf den Einzelnen zugeschnitten sein? Feldt: Jeder Mensch hat andere Voraussetzungen. Innerhalb einer Lebensspanne ändern sich die Bedürfnisse. Auch zwischen den Geschlechtern gibt es Unterschiede. Frauen sollten unbedingt Kraft aufbauen. Auf das Dehnen ihrer Muskeln können die meisten Frauen weitgehend verzichten. Männer dagegen brauchen Kraft und Beweglichkeit. Ältere Menschen sollten die Muskeln stärken, die für Reflexe zuständig sind, damit sie sich beim Sturz besser abfedern können. Aber bei allen Unterschieden ist doch klar: Mit Gehen und einer leichten Gymnastik, die unterschiedliche Muskelgruppen aufbaut, macht ein gesunder Mensch alles richtig.

upgrade: Die Medien sind voll von Ratschlägen, wie ein gesundes Leben aussehen soll. Sind Sie zuversichtlich, dass sich am Bewegungs- und Ernährungsverhalten etwas zum Besseren ändert? Feldt: Leider nein. Auch wenn viele Menschen auf gesunde Ernährung und ausreichend Bewegung achten, bleibt es schwierig, bildungsferne Schichten zu erreichen. Mediziner, Psychologen und Medien müssen gemeinsam noch viel Aufklärung leisten, bis die Mehrheit der Gesellschaft sich mehr bewegt.

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Wissen

Zahlen & Fakten Sportverhalten in Österreich: viele Bewegungsmuffel

Laut einer unter dem Titel „Sportmonitor 2009“ veröffentlichten Umfrage des Instituts für Freizeit und Tourismusforschung (IFT) treibt nur ein knappes Drittel der Österreicher mindestens einmal pro Woche Sport. 2009 gaben 14 Prozent der Befragten an, sich gelegentlich körperlich zu betätigen, das heißt zwei- oder dreimal im Monat. 27 Prozent „sporteln“ dagegen höchstens einmal pro Monat und 28 Prozent überhaupt nicht. Die Entwicklung der Gruppen in den vergangenen zehn Jahren lässt den Schluss zu, dass die Gelegenheitssportler einem Trend zu mehr Regelmäßigkeit folgen. Von je 100 Befragten treiben Sport Angaben in %

35

Regelmäßig1

31 28 27

30 25

Nie Selten3

20

Gelegentlich2

15

14

31%

10 5 0 1998–2005

„Sportler“

2005/2006

2007

2008

2009

Quelle: Institut für Freizeit- und Tourismusforschung (IFT), 2010

1) mind. einmal pro Woche 2) zwei- bis dreimal pro Monat 3) einmal pro Monat und weniger

Betriebliche Gesundheit krankt am Bewegungsapparat

Nach den Angaben des Fehlzeitenreports 2011, herausgegeben vom Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung WIFO, fehlten die Beschäftigten im Jahr 2010 am zweithäufigsten aufgrund von Skelett-, Muskel- und Bindegewebserkrankungen. Die häufigste Ursache bildeten Erkrankungen der oberen Atemwege. Beide Beschwerdegruppen zusammen verursachten 45 Prozent aller Kankheitsfälle und knapp 40 Prozent der Krankenstandstage. An dritter Stelle stehen psychische Krankheiten. Diese kamen mit 2,1 Prozent zwar selten vor, dauerten aber durchschnittlich 35,8 Krankheitstage. Krankenstände in Österreich Krankenstandstage Anteile in % Krankheiten des Skeletts, der Muskeln, des Bindegewebes

14,3

30,7

22,7

Psychische Krankheiten

41,6

46 30,7

16,6

2,1 3,3 3,6

2,1

6

6,2

6,9

Quelle: Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung WIFO, 2011

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Krankheiten der oberen Luftwege Sonstige Arbeitsunfälle (ohne Vergiftungen) Nicht-Arbeitsunfälle (ohne Vergiftungen) Weitere

Illustrationen: iStockphoto.com / pixitive, bortonia

Krankenstandsfälle Anteile in %


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Essverhalten: Deutsche ernähren sich besser als vor zwei Jahren

Laut der Nestlé Studie „So i(s)st Deutschland 2011“ hat die Bedeutung von gutem Essen und Trinken als Ausdruck von Lebensqualität zugenommen. Für 69 Prozent der Bevölkerung spielt gute Ernährung eine große oder sehr große Rolle. Das sind sechs Prozent mehr als 2009. Die zunehmende Bedeutung trifft dabei selbst für Ernährungstypen zu, die sich nicht sonderlich um ihre Ernährung kümmern und dieser eher gleichgültig gegenüberstehen, wie z.B. „Gehetzte“ (plus 11%) oder „Leidenschaftslose“ (plus 10%). Niedrige Preise beim Einkaufen spielen nur noch für 39 Prozent der Befragten eine wichtige Rolle. Zwei Jahre zuvor waren es noch 48 Prozent. Gute Ernährung spielt im Leben eine

85 % 63 % 13

69 %

18

87 % 79 %

74 %

15

7

10

13

51% 41%

6

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4

3

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72

64

72

37

45

24

36

2009

2011

2009

2011

2009

2011

2009

2011

2009

2011

Gesamtbevölkerung

Problembewusste

Moderne Multioptionale

Leidenschaftslose

Gehetzte

Nestlé Ernährungstypen (Auswahl)

Quelle: Nestlé Studie, 2011

Ursachen von Stress bei Führungskräften und Mitarbeitern

Nach Meinung deutscher Personalmanager sind Führungskräfte psychisch am stärksten durch hohen Erfolgsdruck belastet. Danach folgen Zeitdruck, ständige Erreichbarkeit, fehlender Ausgleich in der Freizeit und Arbeitsverdichtung. Im Unterschied dazu leiden die Mitarbeiter eher unter privaten Belastungen sowie unter Konflikten mit Vorgesetzten und Kollegen. Weiterhin werden Zeitdruck, Arbeitsverdichtung und die wachsende Angst vor Arbeitsplatzverlust genannt, berichtet eine Studie der Deutschen Gesellschaft für Personalführung e.V. An der Umfrage beteiligten sich vorrangig Personalmanager aus der Produktions- und Dienstleistungsbranche sowie aus dem Handel.

Starker Erfolgsdruck

87 %

44 %

Private Belastungen und Probleme Konflikte mit Kollegen/Vorgesetzten

58 %

76 % 68 % 70 %

Zeitdruck Arbeitsverdichtung

59 % 63 %

Ständige Erreichbarkeit

63 %

18 %

Wachsende Angst vor Arbeitsplatzverlust

23 % 0

20

52 % 40

Quelle: Deutsche Gesellschaft für Personalführung e.V. (DGFP), 2011

60

Führungskräfte Mitarbeiter

62 %

43 %

3,6 Mrd. Euro (1,7 % des BIP) könnte das österreichische Gesundheitssystem durch forcierte präventive Maßnahmen, wie z.B. Gesundheitsprogramme mit Bewegungsschwerpunkten, einsparen. ENERGIEVERBRAUCH BEI KÖRPERLICHER AKTIVITÄT BEI FRAUEN (65 KG) UND MÄNNERN (75 KG) IN KCAL/STUNDE Lesen, Fernsehen 59 / 75 Büroarbeit 88 / 113 Staubsaugen 205 / 263 Skifahren 351 / 450 Fußball (Hobby) 410 / 525 Radfahren, flott 585 / 750 Laufen, schnell 725 / 930 ÜBERGEWICHT IN EU-STAATEN: BEVÖLKERUNGSANTEIL MIT EINEM BMI VON MIND. 25 KG/M, 2010 (15–100 JAHRE, W/M) Griechenland 63,2 / 77,5 Deutschland 57,1 / 67,2 Österreich 55,2 / 62,9 Frankreich 36,9 / 48,0

78 %

35 %

Fehlender Ausgleich in der Freizeit

STRESSKENNZAHLEN ÖSTERREICH, 2011 Burnout-Gefährdete (Mio.) 1,5 Schlafgestörte (Mio.) 3,0 Alkoholmissbrauch (Mio.) ca. 1,0 Jährl. Kosten durch psychische Erkrankungen (Mrd. Euro) 7,0 3,1 Mrd. Euro kostet der Bewegungsmangel die österreichische Volkswirtschaft jährlich. Sie entstehen vor allem durch Arbeitsausfälle.

sehr große Rolle große Rolle

Zahlen und Fakten in Kürze

80

MENSCHEN IN DEUTSCHLAND MIT EINEM KONTINUIERLICH ODER HÄUFIG UNREGELMÄSSIGEN TAGESABLAUF IN 2011 16- bis 19-Jährige 45 % 20- bis 29-Jährige 52 % 30- bis 44-Jährige 40 % 45- bis 59-Jährige 37 % 60- bis 64-Jährige 31 % Insgesamt 35 % Quellen: Österreichischer Bundesverband für Psychotherapie, Bundesministerium für Gesundheit, Institut für höhere Studien IHS, WHO, Nestlé

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Wissen

Angesichts häufiger Fehlzeiten und zunehmender Stressbelastung erfährt die betriebliche Gesundheitsförderung eine wachsende Bedeutung. Neben den psychischen Folgen von erhöhtem Leistungsdruck und sozialen Konflikten leiden die Beschäftigten vor allem an den körperlichen Folgen durch häufiges und langes Sitzen. Der Campus Sport der Donau-Universität Krems will das Gesundheitsverhalten von Studierenden und Beschäftigten mit einem breit gefächerten Angebot an Bewegungs- und Entspannungskursen verbessern. Auf dem Weg zum gesunden Betrieb sind insbesondere die Führungskräfte gefordert: Durch passende Strukturen sorgen sie dafür, dass die Gesundheitsförderung zu einem Teil der Unternehmenskultur wird, vom wöchentlichen Yogakurs über das Kantinen-Essen bis hin zur Mitbestimmung und Wertschätzung für die geleistete Arbeit.

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Da müsste man arbeiten: Rutsche in der Kantine von Google in Zürich

Foto: Google

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Betriebliche Gesundheitsförderung

Arbeitswelt in Schwung Bewegungsmangel und psychosoziale Belastungen bilden einen fruchtbaren Boden für Fehlzeiten. Doch mit Betriebssport und Entspannungskursen allein ist es nicht getan. Um nachhaltig zu wirken, muss die betriebliche Gesundheits­ förderung Teil der Unternehmenskultur werden.

Steigende Arbeitsverdichtung, hoher Zeitdruck, mehr Verantwortung – der steigende Leistungsdruck in den österreichischen Betrieben geht nicht spurlos an den Angestellten vorüber. 1,5 Millionen gelten als Burnoutgefährdet, etwa drei Millionen leiden unter Schlafstörungen. Im Bestreben, Fehlzeiten und den damit einhergehenden Produktivitätsverlust zu mindern, steht die betriebliche Gesundheitsförderung vor der schwierigen Aufgabe, zugleich die akuten Beschwerden zu lindern und das Gesundheitsverhalten sowie die Arbeitsverhältnisse nachhaltig zu verbessern.

Gesundheitsrisiko Stress Gestresste Mitarbeiter machen häufiger Fehler. Ohne einen körperlichen und mentalen Ausgleich kommt es langfristig zu psychosomatischen Störungen wie Bluthochdruck und Verdauungsproblemen, schlimmstenfalls drohen Diabetes, Herzinfarkt und Depression. Menschen in sozialen Berufen sind dabei besonders gefährdet. In Deutschland gelten rund 30 Prozent der Lehrer und 20 Prozent der Ärzte als Burnout-gefährdet. Unter den Pflegeberufen ist die Erschöpfungsdepression ebenfalls weit verbreitet. Annekatrin Hoppe, Juniorprofessorin am Institut für Ar-

beitspsychologie der Humboldt-Universität Berlin, erklärt, warum: „Die Ursachen für die besonders hohen Burnout-Prävalenzen in Pflegeberufen liegen neben den allgemeinen Faktoren in den besonderen Belastungen durch Notfälle, den Druck Menschenleben zu retten und die Konfrontation mit dem Tod. Verstärkend wirkt noch die oftmals geringe Wertschätzung durch Vorgesetzte und Patienten.“

Zwischen den Zeilen Der Begriff Burnout-Syndrom beschreibt einen Zustand schwerer psychischer Erschöpfung nach einer langen, sehr engagierten Arbeitsphase. Sie äußert sich auf vielfältige Weise: von emotionaler Erschöpfung, Kraftlosigkeit und Apathie bis hin zu Depressionen oder Aggressionen. Im Gegensatz zu einer reinen Depression sind Menschen mit Burnout emotional ansprechbar, was die Behandlung vereinfacht. Die Therapie kommt häufig ohne Medikamente aus, erfordert aber nicht selten einen mehrwöchigen stationären Aufenthalt in einer speziellen Klinik. Die Rückkehr in den Job erfolgt über Teilzeitmodelle. Die Chance, wieder ganz zu genesen, ist hoch.

Foto: privat

Von Hans­Peter Bayerl

Annekatrin Hoppe Prof. Dr. Annekatrin Hoppe leitet seit 2011 als Juniorprofessorin den Lehrstuhl für Arbeitspsychologie der Humboldt Universität zu Berlin. Zuvor war sie in gleicher Stellung an der Universität Koblenz-Landau sowie in einer Postdoc-Position an der Stanford University tätig. Annekatrin Hoppe studierte Psychologie an der Universität Hamburg, wo sie 2008 promovierte. Den Schwerpunkt ihrer Forschung bildet der Bereich Arbeit und Gesundheit. Sie forscht zu den psychosozialen Arbeitsbedingungen und Gesundheitsfaktoren bei gering qualifizierten Beschäftigten und Beschäftigten mit Migrationshintergrund. Ein weiterer Schwerpunkt sind die Entwicklung und Evaluation von gesundheitsbezogenen Maßnahmen zur Stärkung personeller Ressourcen und Modifikation des Gesundheitsverhaltens.

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Foto: privat

Sport und Entspannung

Elke Merkl Die diplomierte Sportlehrerin Elke Merkl leitet seit 2004 den „Campus Sport“ der Donau-Universität Krems, wo sie 2002 als Trainerin einstieg. Darüber hinaus arbeitet sie als Lehrerin in einem Oberstufengymnasium der „Mary Ward“ Schule in Krems. Dem Diplom zur Sportlehrerin ging eine Ausbildung zur Lehrerin für „technisches und textiles Werken“ voraus. Die passionierte Bergsteigerin hat zahlreiche Weiterbildungen auf dem Bergsportsektor und im Outdoortrainingsbereich absolviert und sieht ihren beruflichen Schwerpunkt in den Bereichen Kommunikation, soziale Kompetenzerweiterung, Persönlichkeitsentwicklung und Organisationsentwicklung. Mit einer Schamanenausbildung beschreitet Elke Merkl seit 2008 neue Wege.

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Für die betriebliche Gesundheitsförderung gibt es kein Patentrezept. Zu unterschiedlich sind die Belastungsprofile in den einzelnen Branchen. So sind beispielsweise Bewegungsprogramme in Dienstleistungsbetrieben tendenziell wichtiger als in Unternehmen, wo ohnehin viel körperlich gearbeitet wird. In Entspannungskursen lernen stark stressbelastete Mitarbeiter, abzuschalten, um sich nach der Arbeit besser zu erholen und sich im Schlaf zu regenerieren. Auch mithilfe von Sport lassen sich Stresshormone abbauen. Die physische und psychische Belastbarkeit wird gestärkt, im Idealfall verbessert das gemeinsame Üben auch das soziale Klima. Für eine nachhaltige Gesundheitsförderung reicht all das jedoch nicht aus, gibt Annekatrin Hoppe zu bedenken. „Um das Thema Gesundheit zu einem festen Bestandteil der Unternehmenskultur zu machen, müssen auch die geeigneten strukturellen und organisatorischen Rahmenbedingungen geschaffen werden. Hier sind vor allem die Führungskräfte gefragt, denn letztlich hängt die Produktivität auch von geeigneten Arbeitsmitteln und von der psychischen Verfassung der Beschäftigten sowie deren Fähigkeit zur Teamarbeit ab.“

Mehr Bewegung im Betrieb Laut dem Fehlzeitenreport 2011 des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung WIFO geht ein knappes Viertel der Krankenstandstage auf Krankheiten des Bewegungsapparates zurück. Menschen in Sitzberufen leiden häufig an haltungsbedingten Beschwerden wie Verspannungen im Schulter- und Nackenbereich oder Rückenproblemen, die schlimmstenfalls sogar in Frühpensionierung münden. Bei regelmäßiger körperlicher Bewegung sinkt das Ausfallrisiko für die Unternehmen. Doch wie lassen sich die Beschäftigten motivieren, präventiv etwas für ihren Körper zu tun? Elke Merkl, diplomierte Sportlehrerin und Leiterin des Campus Sport an der Donau-Universität

Krems, setzt auf Vielfalt: Laufen, Wandern und Skifahren, Yoga, Indian Balance und Pilates, Fußball, Volley- und Basketball oder die neue Trendsportart „Smovey“.

Zwischen den Zeilen „Smovey Vibroswing“ ist ein Schwingringsystem, das aus einem Spiralschlauch, vier Stahlkugeln und einem Griffsystem mit Dämpfungselementen besteht. Laut ihrem Erfinder, dem an Parkinson erkrankten Österreicher Johann „Salzhans“ Salzwimmer unterstützen die Ringe die natürlichen Bewegungsabläufe beim Gehen. Das System findet in verschiedenen Sportarten und Bewegungsbereichen Verwendung: zum Beispiel beim Jogging oder Skaten, der Wirbelsäulengymnastik, der Sturzprophylaxe, in Aerobicstunden und in der Wassergymnastik. Dank der hervorgerufenen sensomotorischen und neuronalen Reize soll „Smovey“-Training die Muskeln stärken, die Gelenke stabilisieren und die Gehirnaktivität fördern. Je nach selbst gewählter Schwungintensität kann der Fokus dabei entweder auf aktivierende oder entspannende Auswirkung gelegt werden.

Die regelmäßigen Kursangebote und vielfältigen Workshops, „Sportspots“ genannt, sollen Angestellten und Studierenden der Kremser Uni die Freude an der Bewegung näherbringen. Ob es dabei in erster Linie um Entspannung, Bewegung oder den Teamsport geht, ist sekundär. „Letztlich wollen wir die nötigen Impulse setzen, damit unsere Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen auch privat mehr Sport treiben“, sagt Elke Merkl. „Aus diesem Grund haben wir unser Programm generell für Familienmitglieder geöffnet und veranstalten regelmäßig öffentlichkeitswirksame Sportevents wie den Campuslauf Krems, die das gemeinsame Sporterlebnis zu einem sozialen Ereignis machen.“


Foto: Elke Merkl

Foto: Imago / Bernd Friedel

Wissen

Erst gut sichern und dann die Aussicht genießen: Trendsport Klettern

Trendige Großveranstaltungen wie der Firmenlauf können nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Tage des klassischen Betriebssports, der früher noch mit einer Handvoll Angeboten und Sportgeräten auskam, gezählt sind.

Individuelle Angebote für jeden „Der Zeitgeist bewegt sich eindeutig weg vom Massensport hin zu individuellen Vorlieben“, berichtet Elke Merkl. „Menschen mit gleicher Entwicklungsphase und gleichen Bedürfnissen finden sich in kleineren Gruppen zusammen, um gemeinsam zu trainieren. Weitere Gründe für die Individualisierung sind der steigende Anspruch an das Angebot und der Wunsch nach möglichst individuellen Zeiten.“ Bei Bedarf können sich die Campus SportBerechtigten sogar einen Personal Trainer buchen – für sechs Euro pro Stunde. „Geld soll kein Hindernis sein, unser Angebot in Anspruch zu nehmen“, berichtet Elke Merkl. „80 Prozent unserer Teilnehmerinnen und Teilnehmer arbeiten an der Basis und somit auf der niedrigsten Gehaltsstufe. Der Eigenanteil beträgt bei den Sportspots etwa 50 Prozent, bei Semesterkursen circa 30 Pro-

Sportlicher Erfolg durch Konzentration und Ruhe: Bogenschießen

zent. Der Fitnessraum ist sogar kostenfrei nutzbar.“ Allerdings hat die Angebotsindividualisierung auch Grenzen. „Großunternehmen können sich natürlich ein breiteres Maßnahmenspektrum leisten als kleine“, berichtet Annekatrin Hoppe. „Eine wichtige Prämisse ist, dass die Programme möglichst breit greifen, aber auch bestimmte Risikogruppen ansprechen, wie zum Beispiel Raucher oder Übergewichtige. Mittelständische und kleinere Betriebe müssen dagegen Schwerpunkte setzen und auf eine gute Passung achten, damit die Maßnahmen auch gezielt auf die Bedürfnisse der Belegschaft eingehen und viel besucht werden.“

Frauen treiben anders Sport als Männer Um herauszufinden, welche Angebote unter diesen Gesichtspunkten die richtigen sind, rät die Expertin zur Einführung von Qualitätszirkeln, an denen sich Mitarbeiter beteiligen und mitentscheiden können. Dabei spielen auch Genderaspekte eine Rolle. „Die Erfahrung hat gezeigt, dass Frauen und Männer durchaus unterschiedliche Angebote favorisieren“, berichtet Elke Merkl. „Lifestyle-Angebote wie Bodywork sind

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Wissen

typischerweise frauenlastig, die meisten Männer erreichen wir eher mit wettbewerbsorientierten Sportarten wie Fußball oder Kampfsport.“

Foto: privat

Auch auf die Chefs kommt es an

Nadine Wagner Nadine Wagner ist seit 2007 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Ernährungspsychologie an der GeorgAugust-Universität Göttingen. Die Schwerpunkte ihrer Arbeit bilden die Psychologie des Essens und Trinkens, Ernährungsbildung und Gesundheitsförderung. Neben der wissenschaftlichen Tätigkeit hat sie bereits einige Jahre Erfahrung in der Beratung von Übergewichtigen, sowohl im Einzel- als auch im Gruppensetting. Nadine Wagner ist zertifizierte Ernährungsberaterin (VFED) und studierte Oecotrophologie an der University of Applied Science Münster. Im Oktober 2011 war sie als Referentin beim Präventionskongress „EUFEP“ zu Gast in Krems.

Um eine Gesundheitskultur im Unternehmen zu etablieren, sind laut Elke Merkl drei Dinge besonders wichtig: ein passgenaues Konzept, die Begeisterung und Engagements der Durchführenden und die konsequente Unterstützung seitens der Führungskräfte. „In Anbetracht unserer speziellen Settings in der postgradualen Weiterbildung waren wir gefordert, einer Vielzahl an geschlossenen Gruppen zu bestimmten Zeiten ein möglichst breites Angebot zugänglich zu machen“, erinnert sich Elke Merkl. „Ohne die Unterstützung des Rektorats und der guten Zusammenarbeit mit den Zentrumsleiterinnen und -leitern, die der Gesundheitsförderung einen entsprechenden Raum im Curriculum eingeräumt haben, wäre eine Umsetzung kaum möglich gewesen.“ An einem Punkt tut sich die passionierte Sportlerin aber nach wie vor schwer: Die Führungskräfte nehmen selbst noch relativ selten an den Angeboten teil. Doch Elke Merkl bleibt zuversichtlich. „In Zukunft wollen wir diese Gruppe noch gezielter ansprechen.“

Zu Mittag Pommes und Pizza Gewohnheiten sind schwer zu ändern. Das gilt umso mehr für das Essverhalten. Wie eine Umfrage des deutschen FORSA-Instituts kürzlich ergab, bilden Hamburger, Würstchen und Pizza nach wie vor die beliebtesten Kantinen-Essen. Auf Platz eins: Schnitzel mit Pommes. „Die Essensauswahl erfolgt immer noch in der Reihenfolge Genuss und Geschmack, Convenience und Preis“, berichtet Nadine Wagner, wissenschaftliche Assistentin am Institut für Ernährungspsychologie an der Universität Göttingen und Ernährungsberaterin. „Erst dann kommt die Gesundheit.“ So verwundert es nicht, dass sich ein knackiger Salat bislang

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nicht unter den Top-Ten der beliebtesten Kantinen-Essen befindet. Dabei mangelt es keineswegs an Aufklärung. „Die Menschen wissen, was gesund ist, aber sie tun es nicht, weil das Essverhalten von klein auf geprägt ist und zudem häufig sozialen Zwängen unterliegt. Menschen, die regelmäßig mit Fleischessern in die Kantine gehen, tun sich mitunter schwer damit, gegen das ungeschriebene Gesetz des Fleischkonsums zu verstoßen.“

Obst und Gemüse für zwischendurch Das Thema gesundes Essen fristet also noch immer ein Schattendasein innerhalb der betrieblichen Gesundheitsförderung. Zu Unrecht, wie Nadine Wagner findet. „Unsere Essgewohnheiten üben einen großen Einfluss auf die geistige Fitness aus“, führt die Expertin aus. „Kleinere Mahlzeiten, ein zweites Frühstück und ein gesunder Nachmittagssnack helfen, die Leistungskurve über den Tag konstant zu halten.“ Für das Mittagessen empfiehlt die Spezialistin auf Genuss, aber auch auf die Portionsgrößen zu achten. Als Faustregel gilt: ein halber Teller Obst und Gemüse und jeweils einen viertel Teller an kohlenhydrathaltigen Sättigungsbeilagen und eiweißhaltigen Nahrungsmitteln wie Fleisch, Fisch oder Hülsenfrüchten. Problematisch findet die Expertin das weit verbreitete Phänomen, vor dem Bildschirm zu essen. „Die Zeit bildet heute die bestimmende Determinante in einem zunehmend entstrukturierten Arbeitstag. Das Essen geschieht nebenbei und variiert hinsichtlich Menge und Frequenz. Oft wissen die Leute abends nicht mehr, was sie über den Tag hinweg gegessen haben.“ Das unbewusste Nebenbei-Essen hat aber nicht nur negative Auswirkungen auf die Gesundheit, sondern auch auf die Bewegung und die Psyche. „Wer nicht regelmäßig in die Kantine oder auswärts zum Essen geht, dem fehlt der für ein konstruktives Arbeiten nötige geistige Abstand“, betont Nadine Wagner.


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Praxis

Gesundheit und Wertschätzung Ähnlich wie die gemeinschaftliche Teilnahme an Bewegungs- und Entspannungskursen besitzen auch gemeinsame Pausen eine nicht zu unterschätzende soziale Komponente. Laut Wagner zeichnen sich moderne Kantinen deshalb nicht nur durch ein abwechslungsreiches und frei kombinierbares Angebot an frischen, saisonalen und regionalen Nahrungsmitteln aus, sondern mindestens ebenso durch eine kommunikationsfördernde Umgebung mit ansprechendem Mobiliar und Sitzinseln für Gruppen. Ein positives, der Teamarbeit und Kreativität förderliches Betriebsklima wird künftig eine noch stärkere Rolle innerhalb der betrieblichen Gesundheitsförderung einnehmen, ist Annekatrin Hoppe überzeugt. „Die Betriebe sind aufgerufen, zu einer neuen Kommunikationsund Wertschätzungskultur zu finden, in der Lob und konstruktives Feedback einen festen Platz haben. Eine solche Gesundheitskultur nimmt die Bedürfnisse der Angestellten ernst und schafft gleichzeitig die Räume zur Mitgestaltung – sowohl im Hinblick auf präventive Gesundheitsangebote als auch auf förderliche Arbeitsstrukturen.“ LITERATUR UND LINKS Eva Bamberg, Antje Ducki, Anna-Marie Metz: Gesundheitsförderung und Gesundheitsmanagement in der Arbeitswelt – ein Handbuch, Hogrefe-Verlag, 2011 Rainer Petek: „Mit dem Nordwandprinzip das Ungewisse managen“, Linde Verlag, 2006 Nestlé Ernährungsstudie Studie 2011 – www.nestle.de Campus Sport der Donau-Universität Krems – www.donau-uni.ac.at/sport

Kaba Referenzobjekt: Flughafen Graz-Thalerhof

So nah ist die Welt... Mit 990.118 Passagieren im Jahr 2010 zählt der Flughafen Graz-Thalerhof nach Wien Schwechat und Salzburg Maxglan zum drittgrößten Flughafen Österreichs. Bereits frühzeitig entschied sich der Flughafen für eine sichere Abwicklung des Flugverkehrs mithilfe von KabaLösungen. Im Zuge dessen wurden eine Kaba Zutrittskontrolle, Zeit- und Betriebsdatenerfassung für das Bodenpersonal und die Verwaltung, sowie eine Kentaur FTS Personenverzeinzelungsanlage für Personal und Flugbegleiter implementiert.

Kaba GmbH Ulrich-Bremi-Straße 2 A-3130 Herzogenburg Tel. +43 2782 808 0 www.kaba.at


Praxis

Wie gerne würden wir ein Leben lang sorglos wie die Kinder laufen und uns bewegen. Doch schmerzende Knie, Hüften oder Bandscheiben machen dies oft unmöglich. Die regenerative Medizin versucht, den anfälligen Bewegungsapparat nicht nur durch künstliche Gelenke, son­ dern auch durch nachwachsende Zellen funktionstüchtig zu halten. Punktuell können bereits im Labor gezüchtete Knorpel und Gewebe implantiert werden. Doch in großem Maßstab kommt die Methode noch an ihre Grenzen. Die künstlichen Knorpel und Knochengewebe halten den massiven Kräften, die auf die Gelenke wirken, oft nicht stand. Trotzdem glauben Wissenschaft­ ler, dass Gelenkersatz aus Metall und Kunststoff irgendwann überflüssig sein wird.

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Foto: iStockphoto / Christopher Futcher

Auf den Punkt gebracht


Praxis

Regenerative Medizin und Orthopädie

Damit wir ein Leben lang laufen können Foto: Donau­Universität Krems

Die gesellschaftliche Entwicklung hält für die Orthopädie große Heraus­ forderungen bereit: auf der einen Seite Heranwachsende, die ihren Alltag sitzend vor den Bildschirmen verbringen, auf der anderen Seite immer mehr Senioren, die bis ins hohe Alter körperlich aktiv sein wollen. Eine Hoffnung setzen die Orthopäden angesichts dieser schwierigen Situation auf die regenerative Medizin. Von Elisa Holz

Es ist mittlerweile über 15 Jahre her, dass der ambitionierte österreichische Sportme­ diziner und Wissenschaftler Stefan Nehrer an der Harvard Medical School in Boston weilte. Die Universität war damals die Wiege der regenerativen Medizin. Diese re­ lativ neue Disziplin gehört zur Biomedizin. Sie will Krankheiten heilen, indem sie funk­ tionsgestörte Zellen, Gewebe oder auch Or­ gane wiederherstellt – zum Beispiel mithilfe von biologischem Ersatzmaterial. In Boston wurden damals zum ersten Mal in den Ver­ einigten Staaten einem Patienten im Labor künstlich gezüchtete Knorpelzellen aus kör­ pereigenen Zellen implantiert. Ansinnen dieses revolutionären Unternehmens war es, das Stützgewebe im Kniegelenk des Pa­ tienten an der schadhaften Stelle eben nicht nur zu reparieren, sondern zu erneuern. Es herrschte Aufbruchstimmung – auch in der Fachwelt der Orthopädie. Schließlich bot die regenerative Medizin vielverspre­ chende Aussichten: Man könnte beispiels­ weise Menschen mit krankhaften und un­ heilbaren Verschleißerscheinungen wie Ar­ throse irgendwann von ihren Beschwerden befreien. Regeneration statt Reparatur war die Devise. Stefan Nehrer war bei dieser

allerersten Implantation von Knorpelzellen in den USA dabei. „So bin ich in diese Knorpel­ welt hineingeraten“, erzählt Nehrer, den diese Welt nicht mehr losgelassen hat. Der erfahrene Orthopäde und Chirurg leitet seit 2006 das Zentrum für Regenerative Medizin am Bewegungsapparat an der Donau­Uni­ versität Krems und hat dort zudem eine Pro­ fessur für Tissue Engineering inne.

Hoffnung für Bänder und Bandscheiben Unter seiner Ägide ist Krems zu einem Zen­ trum für die Erforschung und Züchtung von menschlichem Gewebe geworden. Tissue Engineering ist neben der Zell­ oder der Gentherapie ein Teilbereich der regenera­ tiven Medizin. Im Labor untersuchen Stefan Nehrer und sein Team, auf welche Weise, aus welcher Art von Zellen und unter wel­ chen Bedingungen sich verschiedene Gewe­ bestrukturen entwickeln – beispielsweise bei Knorpelmatrix oder Menisken, aber auch in Bändern und Bandscheiben. Seit den Anfängen in den USA hat sich in diesem Bereich der regenerativen Medi­ zin einiges getan – im theoretischen Um­ feld des Labors, aber auch im „operativen Geschäft“ der Orthopäden. Transplanta­

Stefan Nehrer Univ.­Prof. Dr. Stefan Nehrer ist Dekan der Fakultät für Gesundheit und Medi­ zin an der Donau­Universität Krems. Außerdem leitet er dort das Zentrum für Regenerative Medizin am Bewe­ gungsapparat. Seit 2006 treibt der Pro­ fessor für Tissue Engineering sowohl Forschung als auch Lehre in dieser neuen medizinischen Disziplin erfolg­ reich voran. Neben seiner universi­ tären Laufbahn ist Nehrer am Landes­ klinikum Krems an der orthopädischen Abteilung mit Schwerpunkt Sportor­ thopädie und Knorpelchirurgie tätig. Seine wissenschaftliche Arbeit umfasst die klinische und experimentelle For­ schung sowie die Vortragstätigkeit auf zahlreichen nationalen und internatio­ nalen Kongressen.

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Foto: Donau­Universität Krems / Lackner

Praxis

Für lebenslange Beweglichkeit: Forschung im biomedizinischen Labor der Donau­Universität Krems

tionen von Eigenzellkulturen werden inzwi­ schen vielerorts bei punktuellen Defekten an Knochen oder Knorpel mit Erfolg durch­ geführt. Sie können Schäden ausgleichen und die körpereigenen Selbstheilungskräfte anregen. Doch bei großflächigen patholo­ gischen Verschleißerscheinungen wie einer Arthrose oder auch einer Osteoporose gera­ ten die bereits praktizierten Methoden der regenerativen Medizin schnell an ihre Gren­ zen. „Da ist das System überfordert“, weiß Professor Holger Schmitt, Sportorthopäde und Experte für Hüft­ und Kniechirurgie in Heidelberg. Schon seit 1997 führt er Zell­ transplantationen bei lokalen Defekten an Knochen oder Knorpel durch. Die Zucht von Gewebe und die Ausdiffe­ renzierung verschiedener Zellen im Labor gelingt zwar gut, aber in der Praxis ist das Material oft nur bedingt einsetzbar. So muss der Patient relativ jung sein, damit die Ge­ webestrukturen noch regenerationsfähig sind. Ältere Menschen, deren körpereige­

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nes Regenerationspotenzial bereits nach­ lässt, nehmen die Zellkulturen von außen hingegen oft nicht so gut an. Bewährt haben sich regenerative Methoden insbesondere dann, wenn es sich nur um einen punktu­ ellen Defekt im Bewegungsapparat han­ delt, wie beispielsweise ein fehlendes Stück Knorpel nach einem Sportunfall. Aber auch eine begrenzte Gewebetrans­ plantation ist aufwändig. Zunächst müssen dem Patienten Zellen entnommen werden, die sich im Labor vermehren. Nach unge­ fähr zwei Wochen werden diese Zellkulturen an der schadhaften Stelle implantiert. In der Regel dauert es dann noch bis zu acht Wo­ chen, in denen sich der Patient auf Krücken fortbewegen muss, bis sich das künstliche Gewebe dort eingelebt hat. „Das Problem ist die Integration des Gewebes und seine mechanische Festigkeit“, erklärt Nehrer. Die künstlichen Laborknorpel und Knochenge­ webe halten den massiven Kräften, die auf die Gelenke wirken, noch nicht stand. Das Department in Krems hat deshalb bei der Eu­ ropäischen Union Zuschüsse für die Entwick­ lung eines „Hybrid Biological Implant“ bean­ tragt. Darunter versteht man eine Mischform aus Prothese und Zuchtgewebe. „Wir versu­ chen das Problem anzugehen. Aber spruch­ reif ist das noch nicht“, sagt Nehrer.

Vision oder Hype? Das gilt auch für die von großem medialen Echo begleitete Vision, aus eigenen Zellen Gliedmaßen, Knie­ oder Hüftgelenke her­ zustellen und zu implantieren. Die Endo­ prothetik, der Gelenkersatz aus Metall und Kunststoff, könnte dadurch langfristig über­ flüssig werden. Interessant wäre dies nicht nur medizinisch, sondern auch ökonomisch. Denn momentan werden allein in Deutsch­ land über 100.000 künstliche Kniegelenke pro Jahr eingesetzt. „Biogelenke“ würden den Krankenkassen viel Geld und den Pati­ enten viel Ärger ersparen. Doch noch sind derart komplexe Bio­Erzeugnisse absolute Zukunftsmusik. „Wir werden das nicht mehr erleben, aber es wird irgendwann möglich sein“, glaubt Schmitt. Weil der medizinische Durchbruch auf sich warten lässt, legt sich der Hype um die re­ generative Medizin. „Die Biotechblase ist


in die Luft gegangen“, konstatiert Nehrer. Einst sei der Markt auf 80 Milliarden Dollar geschätzt worden, de facto habe er heute einen Anteil von nur drei Milliarden Dollar. Viele der mittelständischen Biotech­Unter­ nehmen müssten mittlerweile kämpfen. Erschwerend kommt hinzu, dass die Euro­ päische Union erst unlängst strenge Regu­ larien für die Zulassung biomedizinischer Erzeugnisse aufgestellt hat. „Das ist nicht hilfreich“, glaubt Nehrer, der Wissenschaft und Forschung in der regenerativen Medizin trotz aller Schwierigkeiten eine solide wis­ senschaftliche Basis attestiert.

Sitzende Junioren, joggende Senioren Die Fachwelt schätzt das Potenzial der re­ generativen Medizin hoch ein – auch ange­ sichts der Herausforderungen, die zwei ge­ genläufige gesellschaftliche Entwicklungen der Orthopädie in Zukunft stellen werden. Auf der einen Seite stehen die Kinder und Jugendlichen des digitalen Zeitalters, die sich viel zu wenig bewegen und tendenziell übergewichtig sind. Eine Kombination, die sich auf die Gesundheit des Bewegungs­ apparats äußerst ungünstig auswirkt. So ist ein klarer Zusammenhang zwischen Fett­ leibigkeit und Arthrose seit langem wissen­ schaftlich bewiesen. Dieser krankhafte Ge­ lenkverschleiß, der sehr schmerzhaft sein kann und nicht heilbar ist, gilt längst als Volkskrankheit. Schon jetzt zeichnet sich ein bedenklicher Trend ab. Nehrer zitiert eine Studie, nach der inzwischen 35 Prozent aller Prothesenträger unter 65 Jahre alt sind. Doch eine Prothese ist von begrenzter Haltbarkeit. Nach unge­ fähr 15 Jahren muss das Ersatzgelenk in der Regel erneuert werden. Je jünger der Pati­ ent, desto häufiger müsste das Ersatzteil er­ setzt werden. Das ist nicht nur für den Pa­ tienten unangenehm, sondern kostet auch viel Geld. „Dagegen sind die Kosten für eine Gewebetransplantation minimal“, befindet der Sportmediziner. Auf der anderen Seite werden die Men­ schen immer älter und wollen so lange wie möglich sportlich und aktiv sein. Viele der rüstigen Rentner sind nicht mehr be­ reit, Defizite und altersbedingte Verschleiß­ erscheinungen hinzunehmen, obwohl die

Wahrscheinlichkeit einer Arthrose im Alter sprunghaft ansteigt. „Die Orthopädie soll für diesen hohen Anspruch die Voraussetzungen schaffen“, weiß Holger Schmitt, für den die Entwicklungen in der regenerativen Medizin ausdrücklich nicht nur dem Forscherdrang, sondern auch einer gesellschaftlichen For­ derung folgen. „Die Patienten sehen rege­ nerative Methoden sehr positiv“, berichtet Schmitt. Wer würde schon eine Standardre­ paratur einer Erneuerung – „custom­made“ aus eigenen Zellen – vorziehen? Doch schon bevor es zu nachhaltigen Schädigungen des Bewegungsapparats kommt, kann die regenerative Medizin hel­ fen. Laut Schmitt bergen die Forschungen in diesem Bereich auch im Hinblick auf Prävention beträchtliche Erkenntnisgewinne. Wie zum Beispiel verläuft der zyklische Auf­ und Abbau von Knochenzellen? Wie funk­ tioniert der Stoffwechsel eines Gelenks? Welche Enzyme sind entscheidend?

Bewegung ist die beste Prävention Antworten auf diese Fragen können den Medizinern helfen, schädlichen Entwick­ lungen vorzubeugen. „Bei einem übermä­ ßig schnellen Abbau könnte man frühzei­ tig medikamentös gegensteuern“, erklärt Schmitt. Denkbar seien Suspensionen, die in Gelenke injiziert werden und dort den Knorpelabbau hemmen. Operative Eingriffe könnten so verzögert oder gar verhindert werden. Obwohl der Fortschritt im Bereich der rege­ nerativen Medizin nur langsam vorangeht, hat sich in anderen Feldern der Orthopä­ die und insbesondere in der Chirurgie viel getan, stellen Nehrer und Schmitt überein­ stimmend fest. Mit moderner Arthroskopie und minimalinvasiven Eingriffen können Ver­ letzungen am Bewegungsapparat schnell und unkompliziert behoben werden. Aber auch bei komplizierten Operationen reicht dem Chirurgen heute oft ein Schnitt groß wie ein Schlüsselloch, durch den er mit einem Endoskop operiert. Das schont den Patienten und bringt ihn frühzeitig wieder auf die Beine. Denn der menschliche Bewe­ gungsapparat braucht vor allem eines, um gesund zu werden und gesund zu bleiben: ausreichend Bewegung.

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Praxis

Holger Schmitt Prof. Dr. med. Holger Schmitt ist Lei­ ter des Zentrums für sporttraumatolo­ gische Chirurgie an der ATOS Privat­ Klinik in Heidelberg. Schmitt studierte Humanmedizin und spezialisierte sich schon bald auf die Sportmedizin und Sportorthopädie. Bis 2010 war er Oberarzt an der Universitätsklinik Heidelberg. Er ist Präsident der Ge­ sellschaft für Orthopädisch­Trauma­ tologische Sportmedizin und hat die Lehrberechtigung für das Fach Ortho­ pädie. Seit 2008 ist er außerplanmä­ ßiger Professor an der Universität Hei­ delberg. Schmitt publiziert regelmäßig in Fachjournalen und ist Mitherausge­ ber zahlreicher Fachbücher, die sich insbesondere mit der Sportmedizin befassen.

LitERAtuR uND LiNkS Anthony Atala, Robert Lanza, James A. Thomson, Robert Nerem: Principles of regenerative medicine, Academic press, 2010 Gesellschaft für Orthopädisch­ Traumatologische Sportmedizin – www.gots.org Lehrgänge am Zentrum für Regenera­ tive Medizin am Bewegungsapparat – www.donau­uni.ac.at/zrm

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Praxis

Interview

Wilde Träume und himmlische Ruhe Während wir schlafen, zerwühlen wir unsere Bettdecken, rollen mit den Augen und manchmal fängt sogar das Herz an zu rasen. Auch im Schlaf ist der Mensch in Bewegung, sagt die Schlafforscherin Birgit Frauscher. Und ausreichende Bewegung untertags trägt zu guter Nachtruhe bei.

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Von Angelika Ohland

Birgit Frauscher Priv.-Doz. Dr. Birgit Frauscher ist stellvertretende Leiterin des Schlaflabors der Universitätsklinik für Neurologie in Innsbruck. Außerdem ist sie im Vorstand der Österreichischen Gesellschaft für Schlafmedizin und Schlafforschung. Ihr Forschungsschwerpunkt sind motorische Störungen im Schlaf. Thema ihrer Habilitation war die REMSchlaf-Verhaltensstörung.

upgrade: Der Schlaf gilt als Ruhezeit. Trotzdem ist unser Bettzeug am Morgen manchmal ganz zerwühlt. Was ist da los?

damit zusammen, dass der Muskeltonus im Wachzustand und im Schlaf unterschiedlich gesteuert ist.

Frauscher: Ein gewisses Maß an Bewegung im Schlaf ist normal. Im Gegenteil, es wäre sogar anormal, wenn man sich während des Schlafes überhaupt nicht bewegt. Wir wachen im Schlaf oft kurz auf, wissen davon allerdings am nächsten Morgen nichts mehr, da wir uns in der Regel erst an Wachzeiten über fünf Minuten erinnern. Aber es gibt auch Phasen, in denen wir uns kaum bewegen. Im Traumschlaf ist der Mensch fast wie gelähmt, der Muskeltonus geht gegen null. Das ist auch gut so, um ein Ausagieren von Träumen zu vermeiden. Deshalb haben wir im Traumschlaf die geringste Körperaktivität.

upgrade: Wie kommt es, dass wir im Schlaf manchmal hochschrecken?

upgrade: Manchmal kommt es beim Einschlafen zu bizarren Zuckungen des Körpers. Wie erklären Sie sich diese unkontrollierten Bewegungen? Frauscher: Sehr viele Menschen kennen diese Einschlafzuckungen. Sie sind völlig harmlos. Die „Einschlafmyoklonien“ treten beim Übergang vom Wachzustand in den Schlaf auf. Man hat ein Fallgefühl – so als fiele man aus dem elften Stock. Das hängt

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Frauscher: Das kann bei einem Albtraum passieren. Es kommt auch beim so genannten „Nachtterror“ vor, bei dem man man typischerweise aus dem Tiefschlaf heraus aufschreit, sich aber im Gegensatz zum Albtraum später meist an keinen Traum erinnern kann. upgrade: Warum rollen wir mit den Augen, während wir schlafen? Frauscher: Wenn jemand gerade eingeschlafen ist, hat er langsame, rollende Augenbewegungen. Je tiefer der Schlaf wird, desto weniger bewegen sich die Augen. Im Traumschlaf hat man dann sehr schnelle Augenbewegungen, die Rapid-Eye-Movements. Deshalb nennt man den Traumschlaf auch REMSchlaf. Eine Hypothese dazu lautet, dass der Schlafende die Traumbilder mit den Augen verfolgt. Man könnte sagen: Wenn ich wach bin, folge ich den äußeren Bildern, im Schlaf den inneren.


Praxis

upgrade: Welche Bewegungen können Sie im Schlaflabor beobachten?

Genorte gefunden, an deren Erforschung auch unser Zentrum beteiligt war.

Frauscher: Wir beobachten diskrete Bewegungen in den Fingern und Zehen, die ganz normal sind, aber auch große, teilweise pathologische Bewegungen des gesamten Körpers. Wir sehen häufig periodische Beinbewegungen. Und während der REM-Schlafphase gibt es manchmal sehr ausfahrende, szenische Bewegungen.

upgrade: Und das Schlafwandeln?

upgrade: Dabei handelt es sich um eine REMSchlaf-Verhaltensstörung. Was passiert da im Tiefschlaf? Frauscher: Die REM-Schlaf-Verhaltensstörung ist eine vergleichsweise junge Erkrankung, die 1986 erstmals systematisch beschrieben wurde. Bei dieser Störung ist die Erschlaffung der Muskeln im REM-Schlaf aufgehoben. Patienten agieren dann ihre Träume aus. Dabei kann es vorkommen, dass ein Patient im Schlaf seine Ehefrau würgt oder an ihren Haaren zieht, weil er träumt, sich verteidigen zu müssen. Eine REM-Schlaf-Verhaltensstörung kann ein Hinweis auf eine Parkinson-Erkrankung sein. Sie kann gut medikamentös behandelt werden. Auf jeden Fall sollte sich der Patient in einem neurologischen Schlaflabor untersuchen lassen. upgrade: Eine bekannte motorische SchlafStörung ist das „Restless Leg Syndrom“. Wie kommt es zu diesen ruhelosen Beinen? Frauscher: Wer an einem „Restless Leg Syndrom“ leidet, kann in der Einschlafphase häufig die Beine nicht ruhig halten. Er verspürt einen Bewegungsdrang und kann deshalb nicht einschlafen. In der Nachtschlafaufzeichnung sieht man bei bis zu neunzig Prozent der Betroffenen periodische Beinbewegungen. Der Patient selber bemerkt diese Bewegungen oft gar nicht. Das „Restless Leg Syndrom“ ist eine komplexe neurologische Erkrankung, die auf eine Störung des Eisenstoffwechsels im Gehirn zurückgeht und etwa zehn Prozent der Bevölkerung betrifft. In den letzten Jahren wurden mehrere

Frauscher: Viele Menschen, die schlafwandeln, erinnern sich am Morgen nicht mehr daran, andere haben eine Teilerinnerung. Beim Schlafwandeln ist der Übergang vom Schlaf zum Wachen gestört. Typischerweise tritt es in der ersten Nachthälfte aus dem Tiefschlaf heraus auf. Da ist das Gehirn noch im Schlaf, aber die Motorik schon im Wachzustand. Vom Schlafwandeln sind etwa drei Prozent der Erwachsenen betroffen. Es ist eine Mär, dass man sich beim Schlafwandeln nicht verletzen kann. upgrade: Wie wirken sich Sport und körperliche Bewegung am Tag auf den Schlaf aus? Frauscher: Körperliche Bewegung untertags unterstützt einen guten Nachtschlaf. Bei zu langen Schlafzeiten und wenig Aktivität am Tag ist abends der Schlafdruck nicht hoch genug und man kann schlecht einschlafen. Andere Menschen kommen abends von ihrem beruflichen Aktivitätslevel nicht herunter, ihnen geht zu viel durch den Kopf. Bewegung und Sport können helfen, diese Anspannung abzubauen. Allerdings sollte man nicht zu spät am Abend Sport treiben. Nach dem Sport benötigt der Körper Zeit, bis er zur Ruhe kommt. Als Empfehlung sollte man drei Stunden vor dem Zubettgehen keinen anstrengenden Sport mehr betreiben. upgrade: Und die Nachtruhe ist genauso wichtig wie die Aktivität am Tag? Frauscher: Wer auf Dauer zu wenig schläft, hat ein erhöhtes Risiko für Adipositas (Übergewicht), Diabetes mellitus, Herz-Kreislaufund andere Erkrankungen. Die Funktionen des Schlafs sind mannigfaltig: Wir brauchen den Schlaf zur Restauration der Organe und des Körpers und für unser Immunsystem. Im Schlaf wird aber auch Gelerntes konsolidiert. Der Mensch braucht immer beides – Schlafen und Wachen, Ruhe und Aktivität.

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Praxis

Altern und Bewegung

Gang runter und weiterradeln Die Menschen werden immer älter, der Anteil der Älteren an der Bevölkerung steigt. Auch alte Menschen wissen das. Sie wollen möglichst lange fit und gesund bleiben. Kann die Medizin ihnen das ermöglichen? Und was können sie selbst tun, um möglichst lange beweglich zu bleiben? Foto: Niko Formanek

Von Gudrun Weitzenbuerger

Christoph Gisinger Univ.-Prof. Dr. Christoph Gisinger ist Vorstand der „Haus der Barmherzigkeit“-Gruppe mit Pflege- und Behinderteneinrichtungen in Wien und Niederösterreich. Der Altersforscher leitet den Fachbereich Geriatrie an der Donau-Universität Krems. Seine wissenschaftliche Ausbildung absolvierte er in Wien und an Universitäten in den USA und Großbritannien. Gisinger möchte einen Paradigmenwechsel in der Geriatrie herbeiführen.

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In der Küche der Wohngemeinschaft sieht es aus wie in einer Studenten-WG: ein Tisch, an dem acht Personen sitzen können, darauf Kerzen und Blumen, in den Schränken viel Geschirr, ein Einkaufs- und Essensplan heftet am Kühlschrank. Erst auf dem Flur weisen ein Rollator anstelle eines Surfbretts, im Zimmer ein elektrisch verstellbares Bett darauf hin, dass sich in diesen Räumen eine PflegeWohngemeinschaft gefunden hat, die zusammen alt werden will. Aber wann ist man eigentlich alt? Diese Frage ist nicht so leicht zu beantworten. Wer meint, mit 20 Jahren noch der Jugend anzugehören, wird enttäuscht – zumindest biologisch gesehen. „Altern beginnt mit der Geburt“, sagt Christoph Gisinger. Zellen teilen sich, sterben ab und werden wieder durch neue ersetzt. In der Jugend geschieht das rasch und reibungslos. Im Alter verlaufen die Phasen der Zellteilung langsamer. Der Mediziner und Altersforscher Gisinger leitet die „Haus der Barmherzigkeit“-Gruppe, einen Träger mehrerer Pflege- und Behinderteneinrichtungen

in Wien und Niederösterreich. Außerdem ist er Professor für Geriatrie an der Donau-Universität Krems. Die Menschen werden nicht nur älter, sie bleiben auch länger gesund. Gisinger: „Grund dafür ist neben anderen Ursachen der Bildungsstand der Menschen. Je höher die Bildung, desto mehr achtet man auf gesunde Ernährung und ausreichende Bewegung.“

Goethe galt mit 40 Jahren als Greis Für Gisinger hat der Begriff Alter relative Bedeutung. Die Gesellschaft, nicht die Medizin gebe vor, wann man alt sei. „Goethe wurde an seinem 40. Geburtstag als Greis bezeichnet“, erläutert Gisinger das Verständnis vom Altsein, „heute steht man in diesem Alter mitten im Leben.“ Deshalb sei die Einteilung in alte Menschen der dritten und, ab dem 80. Lebensjahr, vierten Lebensphase nicht mehr zeitgemäß. Nicht jeder habe gesundheitliche Probleme und sei pflegebedürftig, überhaupt hätten nur zehn Prozent der älteren Menschen einen längerfristigen Pflegebedarf.


Foto: iStockphoto / manley099

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Auf den Punkt gebracht Die demografische Entwicklung lässt keinen Zweifel daran, dass der Anteil älterer Menschen den der jungen in Zukunft übersteigen wird. Alte Menschen möchten trotz gesundheitlicher Einschränkungen unabhängig bleiben, sie wollen ein körperlich und geistig aktives Leben führen. Altersforscher versuchen herauszufinden, wie das gelingen kann und welchen Einfluss Bewegung und Ernährung auf die Alterungsprozesse haben. Wie kann man alte Menschen darin unterstützen, fit zu bleiben?, fragt die Geriatrie. Die Politik hat Forschungsgelder bereitgestellt und die Wirtschaft entwickelt Technologien für ein menschenwürdiges Leben im Alter.

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Karl-Heinz Wagner Univ.-Prof. Dr. Karl-Heinz Wagner ist Ernährungswissenschaftler an der Universität Wien. Er leitet die Forschungsplattform „Active Ageing“, die seit Januar 2011 mit dem Fachbereich Pharmakognosie und der Sportwissenschaft betreut wird. Das interdisziplinäre Forschungsprojekt wird aus universitären Mitteln bestritten und läuft über drei Jahre. Seine Forschungsfelder sind Oxidativer Stress, DNA-Stabilität und körperliche Bewegung, um chronische Erkrankungen zu vermeiden.

„Achtzigjährige waren noch nie so fit wie heute“, sagt Gisinger. Bewegung im Alter ist nicht nur sinnvoll, sondern auch schlichtweg notwendig, erklärt die „Bundesvereinigung Prävention und Gesundheitsförderung“ in Bonn. Wer seine Muskeln nicht regelmäßig aktiviert, muss damit rechnen, dass die Muskelkraft abnimmt, die Standsicherheit nachlässt und er immer schlechter vom Stuhl aufstehen kann. Man muss dazu kein Sportdress anziehen, meint die Bundesvereinigung, die ältere Menschen über das Internet und Faltblätter erreichen möchte. Im Alltag bieten sich viele Gelegenheiten. Beispielsweise sich auf die Zehenspitzen zu stellen, wenn man ein Tasse aus dem Schrank holt. Wenn schon unbedingt der Lift notwendig ist, dann kann man die Fahrt für ein „heimliches“ Anspannen und Entspannen von Händen und Beinen nutzen. Und ein Türrahmen kann für Streckoder Druckübungen dienen. Beim Kegeln oder Freiluftschach bewegt man sich nicht nur an frischer Luft, man tauscht sich auch mit Freunden aus. „Für die geistige und körperliche Gesundheit stehen fünf Ls“, erklärt Gisinger. Das Lernen, Laufen, Leben, Lachen und Laben, ein altes, behäbiges Wort für eine vernünftige und ausgewogene Ernährung.

Mit 72 Jahren in Rente? In keiner Zeit hat die Öffentlichkeit sich so genau mit dem Thema Altern befasst wie heute. In der Vergangenheit gab es bislang auch wenig Grund dafür. Um 1900 waren in Deutschland acht Prozent der Bevölkerung 60 Jahre und älter. Deutschland und Österreich sind heute ähnlich fortpflanzungsscheu, deshalb liegen die Prognosen für beide Länder derzeit bei über 20 Prozent. Wenn die Politik das Rentenalter der Lebenserwartung anpasst, so werden wir in fünfzehn Jahren mit 72 Jahren in Rente gehen. Aber ist man dann noch fit für die Anforderungen eines Berufsalltags? Die Politik wird nervös, die Medizin ändert den Blick, und die Wirtschaft wirbt mit neuen Technologien. Doch alle gehen mit dem berühmten Altersforscher Paul Baltes, der, seinerseits jung verstorben, „latente Schätze des Alters finden und heben“ wollte. Nach Baltes ist das Lern- und Wissenspotenzial deutlich größer, als man allgemein an-

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nimmt. Zwar lernen Erwachsene deutlich schwerer als jüngere, sie sind nicht mehr so schnell und genau. Doch je mehr man sich um Wissen bemüht und es übt, je länger und intensiver die Lebenserfahrung, desto ausgeprägter sind die emotionale und soziale Intelligenz. Forscher sprechen sich deshalb dafür aus, starre Lebensläufe nach Schule, Bildung, Beruf und Familie zu durchbrechen, alte Menschen nicht so früh in die Verrentung zu schicken und ein Umsteigen in andere, altersgerechte Arbeitsplätze zu ermöglichen.

Körperliches Training gegen Demenz Angesichts dieser gesellschaftlichen Veränderungen ist es entscheidend, die körperlichen Einschränkungen im Alter möglichst gering zu halten. Bei Muskelabnahme droht die Gefahr, Stürze und einen Oberschenkelhalsbruch zu erleiden. In der Gesundheitsberichterstattung des Statistischen Bundesamtes in Bonn zeigt es sich, dass Rauchen, Östrogenmangel, Altersdiabetes, Adipositas und die Bewegungsarmut Risikofaktoren für HerzKreislauf-Erkrankungen und Osteoporose darstellen. Aus den Befunden der Berliner Altersstudie geht hervor, dass bei 96 Prozent der über 70-Jährigen mindestens eine, bei 30 Prozent sogar fünf und mehr internistisch, neurologisch oder orthopädisch behandlungsbedürftige Erkrankungen diagnostiziert wurden. In anderen Studien möchten Mediziner auch dem Thema Demenz auf die Spur kommen. Wissenschaftler der Jacobs University in Bremen hatten ein Jahr lang mehr als 100 Frauen und Männer im Alter von 65 bis 75 Jahren untersucht. Sie fanden heraus, dass körperliches Training die Teilnehmer bei Denkaufgaben deutlich besser abschneiden lässt als die des Stretching- und Entspannungsprogramms. Andere Langzeitstudien von der US-amerikanischen Universität Virginia und Studien aus Israel zeigen ähnliche Ergebnisse. Demnach verringern Senioren ihr Risiko, an Demenz zu erkranken, wenn sie täglich mehr als eineinhalb Kilometer zu Fuß zurücklegen. Viele Wissenschaftler sind optimistisch. Anstatt sich auf die Schwächen zu konzentrieren, raten sie zur Vorsorge, schon allein „um die Minderheit der Erkrankten nicht mit Vorwürfen zu belasten“, so der Arzt Gisinger.


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Im Rahmen der Forschungsplattform „Active Ageing“ an der Universität Wien beschäftigt sich ein Team aus Sport- und Ernährungswissenschaftlern und Pharmakologen damit, den über 80-Jährigen das Rüstzeug für einen möglichst schmerz- und medikamentenfreien Alltag mitzugeben. „Wir wollen herausfinden“, sagt Karl-Heinz Wagner, Leiter der Forschungsplattform und Professor am Department für Ernährungswissenschaften in Wien, „ob ältere Menschen mit der richtigen Ernährung und Bewegung länger fit bleiben“. Die Ernährung spielt eine wichtige Rolle bei Gefäßerkrankungen, Rheuma, Diabetes, Parkinson und Alzheimer. Einfach gesagt: Ernährt man sich schlecht, kann dies die Zellstruktur schädigen oder verändern. Der Professor rät, vier bis fünf Mahlzeiten zu essen und auf diese Weise ausreichend Kohlenhydrate, Proteine und Ballaststoffe, Obst, Gemüse und Salate zu sich zu nehmen. Einige Nährstoffe wie Proteine, das Vitamin D, die Folsäure oder das Vitamin B12 würden im Alter nicht mehr so gut vom Körper aufgenommen. Die Teilnehmer des Projektes aus dem Pflegeheim Wiener Pensionisten-Wohnhäuser bekommen deshalb zusätzlich ein Getränk, das die benötigten Nährstoffe enthält. Um ausgewogene Ergebnisse zu erhalten, sind drei Gruppen an der im Januar gestarteten Untersuchung beteiligt. Eine Bewegungsgruppe, eine Bewegungs- und Ernährungsgruppe und eine Kontrollgruppe. Zweimal in der Woche wird trainiert mit dem Ziel, „dass die Teilnehmer das Training möglichst bald selbst durchführen“, so Wagner.

mit Verhaltensstörungen bei Demenzerkrankungen um? Die Studierenden müssen am Ende des Studiums nach vier Semestern eine Master-These abgeben und diese in einer Pilotstudie präsentieren. „Damit werden Impulse gesetzt für die klinische Forschung“, sagt der Leiter des Zentrums Gisinger. Es geht in der Ausbildung nicht nur um die medizinische Vorsorge, sondern auch darum, was von Bedeutung sein kann im Alltag von älteren Menschen mit Behinderungen oder Einschränkungen, beispielsweise ein Wellness-Nachmittag oder ein Ausflug in die Natur. Gisinger hat denn auch hohe Ziele für sein Forschungsgebiet, die Geriatrie. Lange Zeit stiefmütterlich von der Medizin behandelt, möchte er eine Umkehr herbeiführen, „ähnlich wie vor 30 Jahren in der Psychiatrie und Psychosomatik“, schwebt Gisinger vor. Die Altersforschung sei ein großer Forschungsbereich für die kommende Zeit, prognostiziert Gisinger. Unterstützt wird er darin von der Politik, die das Jahr 2012 zum Europäischen Jahr für aktives Altern ausgerufen hat und Beschäftigungsmöglichkeiten älterer Menschen fördern will. Die Alten haben sich schon für die Zukunft gerüstet. Noch gibt es ein Negativbild und unzureichendes Wissen über das Altern. Doch wenn die Wirtschaft mehr und mehr altersfreundliche Technologien, Dienstleistungen und Infrastrukturen bereitstellt und die Gesellschaft in andere Lebens- und Arbeitsstrukturen umsteigt, schaffen die Alten sich selbst das Image, das sie brauchen.

Lehrgang „Geriatrie“ Die Vermittlung fundierter Kenntnisse auf dem Gebiet der Geriatrie hat heute eine große volkswirtschaftliche Bedeutung und wird in Zukunft einen noch größeren Stellenwert im Gesundheitswesen einnehmen. Da Ärzte in ihrer Ausbildung mit Fragen der Geriatrie kaum befasst sind, ist es für sie von zunehmender Bedeutung, eine wissenschaftlich fundierte und gleichfalls praxisnahe Ausbildung auf diesem Gebiet zu erhalten. Der viersemestrige Masterlehrgang (MSc) „Geriatrie“ wendet sich an Ärzte, die sich im Bereich Geriatrie qualifizieren möchten. Neben der Vermittlung von Grundlagenwissen für die Durchführung von klinischen Studien wird auch auf die Weitergabe von Techniken und Fähigkeiten im Rahmen von klinisch-praktischen Unterrichtseinheiten geachtet. www.donau-uni.ac.at/geriatrie

Als Chefarzt die Schulbank drücken Die Wissenschaft vom Altern ist jung und umfasst ein weites Spektrum. Das weiß auch Manfred Gogol. Der Chefarzt des geriatrischen Krankenhauses Lindenbrunn in Coppenbrügge studiert am Zentrum für Geriatrie und Pflegewissenschaften an der Donau-Universität Krems mit rund 20 anderen Studierenden im Fachbereich Geriatrie. „Es kommen verschiedene Disziplinen zusammen“, erklärt Gogol seine Motivation, „noch einmal die Schulbank zu drücken.“ In der Geriatrie gäbe es neue Ansätze. Medizinische Fragen könnten mit anderen Experten neu gestellt werden: Wie können Schluckstörungen erfolgreich behandelt werden, wie geht man

LiTeRATUR UnD LinKS Kirsten Aner, Ute Karl: Handbuch Soziale Arbeit und Alter. Verlag für Sozialwissenschaften, 2010 Martin Kohli: Die zweite Lebenshälfte. Gabler Verlag, 2005 www.imb-jena.de/index.php: Die Website des Leibniz-Instituts für Altersforschung will nach eigenen Angaben die Mechanismen untersuchen, welche die Entstehung von altersbedingten Krankheiten fördern. Forschungsplattform „Active Ageing“, Universität Wien – http://rektorat.univie.ac.at/ forschungsplattformen/forschungsplattform-activeageing/

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Auf den Punkt gebracht

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Besucher und Sponsoren von Sportveranstaltungen haben heute hohe Ansprüche. Deshalb ist es wichtig, deren Bedürfnisse auszuloten und für jedes Event ein ausgeklügeltes Marketing-Konzept zu entwickeln. Veranstalter müssen Service, Sicherheit und Umweltschutz genauso berücksichtigen wie rechtliche Aspekte und das Knüpfen von Partnerschaften – eine Herausforderung, die gut ausgebildeter Experten bedarf. Natürlich müssen sie auch einen Riecher für Trends haben. Zurzeit spielen Side-Events, ergänzende Nebenveranstaltungen, eine wichtige Rolle.

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Weiterbildung

Lehrgang Sport- und Eventmanagement

Was wenige planen, damit viele laufen

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Sportereignisse und Wettbewerbe werden immer größer und vielschichtiger, Publikum und Sponsoren immer anspruchsvoller. Die Organisatoren können diesen Anforderungen nur gerecht werden, wenn sie ihre Arbeit professionalisieren. Der Studiengang Sport- und Eventmanagement der Donau-Universität Krems vermittelt Mitarbeitern von Sportverbänden, Sportartikelherstellern, Agenturen, Touristik- und Medienunternehmen das notwendige Fachwissen. Von Stephanie Schmidt

Freizeit ist zu einem kostbaren Gut geworden. Das Angebot an Events, Festivals und Wettbewerben wächst, die Veranstalter konkurrieren um die Gunst der Besucher. „Deshalb bedarf es einer ausgeklügelten Eventstrategie“, sagt Raphael Breidenbach. Er ist Lehrgangsleiter für Sport- und Eventmanagement an der Donau-Universität Krems und hat den Studiengang maßgeblich mit aufgebaut. Der Erwerb profunder Marketingkenntnisse ist ein zentrales Anliegen im fünfsemestrigen berufsbegleitenden Lehrgang, der mit dem Master of Business Administration (MBA) abschließt. Die zukünftigen Event-Veranstalter müssen wissen, wie sie bei Zuschauern, Medien und Sponsoren

punkten. Die meisten Studierenden verfügen schon über ein gewisses Maß an Erfahrung und qualifizieren sich an der Donau-Uni für Führungsaufgaben in ihrer Branche.

Service und Umweltbewusstsein „Die intelligente Integration von Firmen“ gehört laut Breidenbach zu den wichtigen Aufgaben der Event-Experten. „Die Sponsoren tragen oft die finanzielle Hauptlast von Veranstaltungen, deshalb wollen sie genau wissen, welchen Nutzen diese ihnen bringen und wie man ihre Firmen dort als Marke erleben kann.“ Auch auf Service und Umweltbewusstsein legten Besucher und Sponsoren Wert. Das Publikum wünscht

Raphael Breidenbach Der Experte für Sport- und Eventmanagement sowie Gesundheits- und Bewegungsförderung forscht im Bereich internationaler Kooperationsbeziehungen. Prof. Dr. Raphael Breidenbach ist Wissenschaftlicher Leiter des Zentrums für Gesundheitsförderung, Sport und Sozialwirtschaft an der Donau-Universität Krems und Repräsentant am Economic and Social Council der Vereinten Nationen in New York. Als Gastprofessor an der Zollverein School of Management and Design in Essen lehrt er Human Resource Management und Business Dynamics.

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sich ein hochwertiges, hygienisch verpacktes Essen und eine gute Organisation. Lange Schlangen an der Kasse oder zum Essen akzeptiert es nicht mehr. „Auch die Entsorgung des Abfalls ist ein Thema, auf das Stakeholder achten“, sagt Breidenbach.

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Vom Radprofi zum Leiter einer Agentur

Friedrich Manseder In der Welt des Sports verfügt Prof. Friedrich Manseder über zahlreiche Erfahrungen, er ist als Referent tätig und unterrichtet an der Donau-Universität Krems. Seit 2010 ist er Präsident des Österreichischen Fachverbandes für Turnen (Austrian Gymnastics Federation). Bis Mitte 2011 war er Landesgeschäftsführer der Sportunion Niederösterreich. Manseder ist Vizepräsident des Volleyballverbandes und des Eislaufverbandes Niederösterreich. Seit 1979 vertritt als dessen Vorsitzender die Interessen des Landessportfachrates Niederösterreich. 2006 verlieh ihm der österreichische Bundespräsident Heinz Fischer für seine Verdienste um die Erwachsenenbildung den Titel „Professor“.

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Ralph Scherzer kann dies alles nur bestätigen. Das Studium des Sport- und Eventmanagements an der Donau-Uni Krems hat ihm geholfen, seinen „neuen Beruf auf ein solides Fundament zu betten“. Der ehemalige Radprofi war nach einem schweren Unfall gezwungen, sich vom Leistungssport zu verabschieden. Im Frühjahr 2011 hat der 33-Jährige sein Studium in Krems abgeschlossen. „Ich habe mich selbstständig gemacht und leite heute eine Agentur für Kooperationsmanagement und ErlebnisraumDesign mit vier Mitarbeitern in Bad Ischl. Ich beschäftige mich mit Themen, welche die Besucher am Rande der Ski-WM 2013 in Schladming erleben wollen. Wir gestalten zum Beispiel eigene Apps und andere Angebote der Neuen Medien.“ Außerdem ist Scherzer an einem E-Bike-Projekt beteiligt. Veranstalter tragen auch für die Sicherheit Verantwortung, sie müssen sich um die Kontrolle von Taschen, den Schutz vor Ausschreitungen und die Zufahrten für Rettungsfahrzeuge kümmern. Beim internationalen Triathlon „Ironman“, an dem die Donau-Universität Krems mitwirkt, „benötigt man einen großen Begleittross, zu dem auch Taucher und Ärzte gehören“, berichtet Breidenbach. Wer Sport- und andere Events professionell planen will, muss Trends rechtzeitig erkennen. Gerade gewinnen Side-Events an Bedeutung. Ein gutes Beispiel ist die BeachVolleyball World Tour, bei der die Donau-Universität Krems Begleitforschung betreibt. „Am Austragungsort Klagenfurt gab es neben der Hauptarena ein ‚Businessdorf’, wo die Sponsoren exklusiv in Erscheinung treten konnten. Zugleich bot sich die Möglichkeit für Geschäftsleute, zwischen dem

Nebenschauplatz und dem Turnier zu pendeln. Das lockert die Stimmung auf und Geschäftskontakte lassen sich gut kultivieren“, beschreibt Breidenbach das Konzept. Angesagt seien auch sportliche Ausprobierangebote im Rahmen kleinerer Veranstaltungen, zum Beispiel Roadshows von Sportartikelherstellern.

Nicht zu unterschätzen: rechtliche Fragen Ob es sich nun um einen internationalen Schwimmwettbewerb handelt oder um ein Laufsportevent auf dem Marktplatz – immer müssen rechtliche Aspekte und organisatorische Rahmenbedingungen beachtet werden. Diese sind fest im Lehrplan des Studiengangs „Sport- und Eventmanagement“ verankert. „Dabei geht es um Gesetzesvorschriften für Vereine und für Partnerschaften, aber auch um steuerrechtliche Fragen und die Einnahmensituation im Vereinssport“, erläutert Friedrich Manseder. Er war Landesgeschäftsführer der Sportunion Niederösterreich, die mit der Donau-Universität Krems kooperiert und ihren personellen Nachwuchs zur Weiterqualifikation an diese entsendet. Heute ist Manseder Präsident des Österreichischen Fachverbandes für Turnen, lehrt im Studiengang Sport- und Eventmanagement Rechtsthemen, Strukturen des österreichischen Sports sowie Veranstaltungsorganisation. „Der Gesundheitsbereich boomt und wir brauchen in Zukunft mehr Leute, die sich mit den rechtlichen Strukturen des Sports auskennen“, ist Manseder überzeugt. Das Studium vermittle den Teilnehmern auch, wie sie geschäftliche Partnerschaften knüpfen, die für den Erfolg sportlicher Events ausschlaggebend seien.

Neuer Lehrgang Gesundheitsförderung Weil das Interesse an Sport und Gesundheit stark wächst, wird die Donau-Universität Krems ab März 2012 erstmals den Lehrgang „Gesundheits- und Bewegungsförderung“ anbieten. Es sollen hier die Themen Gesundheit und soziale Arbeit zusammengeführt werden. „Die Studierenden werden befä-


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higt, den Menschen professionell zu helfen, entweder erstmals einen Zugang zu sportlichen Aktivitäten zu finden oder ihnen den Wiedereinstieg zu erleichtern“, versichert Breidenbach. Zielgruppen des berufsbegleitenden Lehrgangs sind Lehrer, leitende Mitarbeiter von Seniorenheimen oder Sozialarbeiter. Letztlich geht es auch um Lebensstile und Verhaltensänderung. „Deshalb ist Psychologie für uns ein wichtiges Fach“, ergänzt der Experte. Der Lehrgang umfasst fünf Semester mit etwa vier Präsenz-Wochenenden pro Semester und schließt mit dem Master of Science ab. Neben Krems wird ein Lehrstandort in Memmingen eröffnet. „In dieser Ausbildung betrachten wir Sport nicht unter dem Aspekt der Leistung. Schwerpunkte bilden ein gesünderes Leben und die Freude an der Bewegung“, betont Breidenbach. Beim neuen Lehrgang und beim Studiengang „Sport- und Eventmanagement“ setzt die Donau-Uni Krems auf Praxisnähe. Unlängst hat sie Studierende zum Handball-Europapokal nach Köln entsandt. „Sie sollten dabei helfen, das Rahmenprogramm zu gestalten und VIP-Gäste sowie Journalisten zu betreuen“, sagt der Experte für Freizeit- und Tourismuswirtschaft. „Es ist uns sehr wichtig, dass unsere Studenten ihr Fachwissen in die Praxis umsetzen. Auch wenn sie dabei mal auf die Nase fallen, denn das gehört einfach dazu.“

Lehrgang „Sport- und Eventmanagement“ Die Verbindung von Sport- und Eventmanagement mit aktuellem betriebwirtschaftlichen Managementwissen steht im Vordergrund, des Lehrgangs, der mit dem „Master of Business Administration“ (MBA) abschließt. Angesprochen werden Mitarbeiter von Vereinen und Organisationen des Sports, Sportartikelhersteller und Sportartikelhändler, Personen in der Sportentwicklung und Sportförderung, Event- und Sportagenturen wie auch Mitarbeiter in Medienberufen. Der berufsbegleitende Universitätslehrgang dauert fünf Semester und wird unter anderen in Kooperation mit der Sportunion Niederösterreich durchgeführt. www.donau-uni.ac.at/zgf/sem

LiTERATUR UND LiNKS Jens Adolphsen, Martin Nolte, Michael Lehner, Michael Gerlinger: Sportrecht in der Praxis. Kohlhammer, Stuttgart 2010 Gerd Nufer, André Bühler (Hrsg.): Management im Sport: Betriebswirtschaftliche Grundlagen und Anwendungen der modernen Sportökonomie. Erich Schmidt Verlag, Berlin 2010 Walter Freyer: Sport-Marketing: Modernes Marketing-Management für die Sportwirtschaft. Erich Schmidt Verlag, Berlin 2011 Wolfgang Benzeder: Sportsponsoring bei kleinen Vereinen. Trauner Verlag, Linz 2010

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Fotos: ICLA

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Bewegung und Empfindung

Im Rhythmus der Seele Der moderne Tanz ist eine ganz besondere Art der Bewegung: Spielerisch und poetisch folgt er Klang und Rhythmus und scheint zugleich direkt aus der Seele zu kommen. Was bewegt den tanzenden Menschen? Diese Frage stellt sich Sebastian Prantl in seinem Tanz-Atelier immer wieder aufs Neue. Der Tänzer und Choreograf leitet das ChoreoLab der Donau-Universität Krems − ein einmaliges Projekt an der Schnittstelle von Kunst und Wissenschaft. Von Monika Goetsch

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Auf den Punkt gebracht Interdisziplinär forschen, die traditionellen Grenzen zwischen Wissenschaft und Tanz einreißen, neue Vernetzungen installieren: Das International ChoreoLab Austria (ICLA), seit 2008 an der Donau-Uni aktiv, hat sich hohe Ziele gesteckt. Dreimal wurden bislang unter Leitung von Sebastian Prantl, Tanz Atelier Wien, und seiner Kollegin Cecilia Li Profitänzer und -tänzerinnen und Tanzinteressierte aus aller Welt in das mehrtägige Forschungslabor eingeladen. Ein Pilotprojekt mit Zukunft: Derzeit arbeiten die Fakultät für Kunst, Kultur und Bau und das Tanz Atelier Wien gemeinsam daran, aus dem innovativen ChoreoLab-Konzept ein Studienprogramm zu entwickeln, das dauerhaft an der DonauUniversität Krems etabliert werden kann.

Sebastian Prantl mit dem International ChoreoLab Austria

Für viele ist Tanz ein Sport. Discofox etwa, Samba, Walzer, Ballett oder ganz aktuell: Zumba, ein Workout-Programm mit lateinamerikanischen Rhythmen, das gerade die Fitnessstudios erobert. Die Bedeutung des Tanzes erschöpft sich in Spaß und körperlicher Ertüchtigung, die Schritte sind vorgegeben, erlern- und wiederholbar, eine gewisse Außenwirkung gehört dazu. Es ist ein unbefangenes, mal mehr, mal weniger normiertes Bewegungsspiel nach Musik. Für den Choreografen und Tänzer Sebastian Prantl aber, der das innovative Tanz Atelier Wien leitet, hat Tanz eine völlig andere Qualität. Aus seiner Sicht hat Tanz „mit Gefühl zu tun, mit der Innensphäre“. Auch von der rein ästhetischen Betrachtung der Tanzkunst distanziert sich der experimentierfreudige Choreograf. Liebhaber klassischer Ballettkunst mag sein Ansatz irritieren. „Ästhetik“, sagt Prantl, „ist zwar nicht unwichtig, aber doch sekundär.“ Etwas, das quasi nebenbei, im Verlauf des Tanzens entstehe. So gerät der Tänzer, nicht der Auftritt, ins Zentrum der Auf-

merksamkeit. Damit ist Prantl, einer der österreichischen Pioniere zeitgenössischer Interpretationen des Tanzes, nicht allein. Der Wiener zitiert die große Wuppertaler Choreografin Pina Bausch: „Mich interessiert nicht, wie die Menschen, das heißt Tänzer, sich bewegen, sondern was sie bewegt.“

Tanz und Wissenschaft zusammenführen Seit 2008 leitet Prantl das International ChoreoLab Austria (ICLA) an der Donau-Universität Krems. Gemeinsam mit der Pianistin Cecilia Li und dem damaligen Leiter des Department für Arts und Management, Gerhard Gensch, entstand das ungewöhnliche Konzept eines zukunftsweisenden Forschungslabors, das in einen eigenen Studiengang münden soll. Das Labor arbeitet an den Schnittstellen zwischen interdisziplinären, choreografischen Positionen und einer kunstbasierten Forschung. Schon das Zusammenspiel von Tanz Atelier und Donau-Universität Krems gleicht einem kreativen Akt: auf der einen Seite ein Tanzstudio, das seit

Sebastian Prantl Sebastian Prantl wurde in Wien geboren und absolvierte von 1978 bis 1984 seine Ausbildung in Tanz, Schauspiel und Gesang in New York. 1988 gründete er gemeinsam mit der Pianistin Cecilia Li das Tanz Atelier Wien. Arbeitsschwerpunkte bilden „Choreografische Recherche hinsichtlich Musik“ und ein „erweiterter Raumbegriff“. Prantl gilt als eine Schlüsselfigur des zeitgenössischen österreichischen Tanzes, er ist kulturpolitisch sehr engagiert und trägt maßgeblich zur Entwicklung des Tanzquartier Wien bei. Seit 2009 ist Sebastian Prantl Künstlerischer Leiter des Seminarprogramms International ChoreoLab Austria (ICLA) an der Donau-Universität Krems.

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Weiterbildung

International ChoreoLab Austria Das International ChoreoLab Austria (ICLA) an der Donau-Universität Krems nahm seine Arbeit im Jahr 2008 auf. Das ICLA widmet sich der universitären Weiterbildung im Kontext von Tanz und Choreografie und arbeitet dabei mit einem erweiterten Choreografie-Begriff, der zeitgenössischen Tanz, theoretischen Exkurs und performatives Training verbindet. Das ICLA will Tänzern, Choreografen, Musikern, Architekten, Philosophen, Ethnologen, Psychologen, aber auch Ökonomen und Managern eine Plattform im Kontext von Wissenschaft und Kunst bieten. Im Sommer 2011 fanden sich in Krems internationale Teilnehmer zum 3. ICLA ein mit dem Thema „Sehnsucht nach Entschleunigung“. Das nächste ChoreoLab ist für August 2012 geplant. www.donau-uni.ac.at/icla

seiner Gründung 1988 die Grenzen des Bekannten mühelos und mit großem künstlerischen Selbstverständnis überschreitet; auf der anderen Seite die Weiterbildungsuniversität mit ihrem Anspruch, Innovationen auf dem weiten Feld „Lebenslanges Lernen“ anzuschieben. „Was ist eigentlich Choreografie?“ So lautet eine der Leitfragen des Labs. Ziel ist es, die verschiedenen Wissenschaften wie Architektur, Musik, Medizin, Sozialwissenschaften, Psychologie, Anthropologie und Tanz zu vernetzen und so die Grenzen einzureißen zwischen Körper und Geist, Wort und Bewegung. Kein leichtes Unterfangen. Denn die dem Wort verpflichtete Wissenschaft und der Tanz sind einander gemeinhin so fremd wie etwa die Zumbatänzerin in atmungsaktiven Sportklamotten dem japanischen ButohTänzer, dessen Bewegungen frei, minimalistisch, meditativ aus der Seele zu kommen scheinen. So abstrakt das Konzept des ChoreoLabs auch klingen mag: Erfahrbar wird es für seine Teilnehmer mit allen Sinnen. „Ich lobe den Tanz, denn er befreit den Menschen von der Schwere der Dinge, bindet den Vereinzelten zu Gemeinschaft./ Ich lobe den Tanz, der alles fordert und fördert, Gesundheit und klaren Geist und eine beschwingte Seele./ O Mensch lerne tanzen, sonst wissen die Engel im Himmel mit dir nichts anzufangen.“ So pries bereits der Kirchenlehrer und Philosoph Aurelius Augustinus (354 – 430) die Vorzüge des Tanzens. Tanz: Das kann eine hochgradig in gesellschaftlichen und rituellen Konventionen gefangene Bewegungsform sein. Oder aber eine Kunstform, die der Tänzer und seine Schule je neu erfinden.

Gemeinschaft statt Wettkampf Mal wird der Körper im zeitgenössischen Tanz zur souverän kontrollierten, ästhetischen Ausdrucksfläche. Zu einem Zeichen also, das auf eine dahinterliegende, andere Bedeutung weist und vom Zuschauer entschlüsselt werden will. Mal geht es, wie bei Prantl und dem ChoreoLab, gar nicht um das bühnenreife Produkt, die Tanzproduktion, sondern um den Prozess des Tanzens selbst. „Es gibt sehr viele gute Tanzprodukte, die am Markt bestehen müssen, aber immer weniger Prozesse, in denen Künstler sich regenerieren und aus-

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tauschen können, ohne unter Druck zu stehen“, sagt er. Einen Ort für solche Prozesse bietet Prantl mit dem ChoreoLab an. „Mir geht es nicht um Wettkampf, sondern um Gruppenbildung.“ Prantl legt besonderen Wert auf das Entstehen einer engen Gemeinschaft der Tänzer und Wissenschaftler – ein Ansatz, der bestens aufzugehen scheint, findet Teilnehmer Michael Weiss, Kultur- und Sozialanthropologe mit einer Ausbildung im Körpertheater: Er habe im ChoreoLab eine „existenzielle Offenheit“ erfahren. „Die Beziehungsqualität des Labs habe ich als tragend empfunden und die Verknüpfung von physischen, psychischen und kognitiven Ebenen als sehr kreativ und bereichernd erlebt.“

Eine Bewegung hin zu Land und Natur Drei mehrtägige Module hat das International ChoreoLab bislang angeboten. Zuletzt stand die Arbeit ganz unter dem Zeichen der „Entschleunigung“. Aus den Metropolen der Welt reisten professionelle Tänzer und Tanzinteressierte in die beschauliche Wachau, die bereits, ganz dem Thema des Labs entsprechend, ein eigenes, verlangsamtes Tempo vorgibt. „Tanzkultur findet gemeinhin in den Großstädten, in den Molochs dieser Welt statt“, sagt Prantl. Er genießt es, im Lab die Stadtkultur „aufbrechen zu können, zum Land, zur Natur hin“. Der Campus der DonauUniversität Krems wird ihm zur Bühne künstlerischer Selbsterfahrung. Wie Prantl überhaupt gewachsene Architektur, Kirchenräume etwa oder Steinbrüche, für seine Arbeit bevorzugt, weil im Zusammenspiel von Tänzer und Raum Neues, Eigenes entstehen kann. Das Neue: Hier kommt es nicht schrill und selbstherrlich daher, sondern leise und behutsam. Fernab der Aufgeregtheit und Exaltiertheit unserer Zeit, wie sie für Prantl in den Talentshows des Fernsehens repräsentiert ist, geht es um Einkehr und Tiefe, um Ernst, aber auch um Humor: „Mir ist die tiefe Empfindung so wichtig wie Humor und Distanz, die Leichtigkeit des Seins.“ Prantls Appell an die westliche Gesellschaft: „Wir müssen den Tanz noch stärker in unser Leben integrieren. Die Poesie, das Spielerische, das aus einer Leichtigkeit kommt und mit Musik gekoppelt ist. Bislang sind wir Mitteleuropäer immer noch vor allem eines – Sportler.“


Fotos: Donau-Universität Krems

Alumni-Club

Netzwerken beim Alumni-Sommerfest

Alumni-Challenge Climb & Chat Klettern ist „in“ und das Interesse war dementsprechend groß bei der ersten „Climb & Chat“ Alumni-Challenge im Oktober. Im wunderschönen Klettergarten von Dürnstein wagte sich eine Gruppe Alumni bei strahlendem Sonnenschein auf den Berg. Auf der „Flammenplatte“ und der „Platte des späten Abendlichtes“ konnten die Kletterwilligen nach fachkundiger Anleitung von Campus-Sport-Leiterin Elke Merkel und Markus Kienbacher die wichtigsten Grundlagen des Kletterns erlernen und erste Erfahrungen sammeln. Termine 6. 2. Stammtisch Linz 7. 2. Stammtisch Graz 14. 2. Stammtisch Wien 14. 2. 7. 3. 8. 3. 15. 3. 15. 3. 21. 3. 21. 3.

Stammtisch Salzburg Blue Hour Wien Stammtisch Stuttgart Stammtisch Krems Stammtisch Eisenstadt Stammtisch Frankfurt Stammtisch Innsbruck

10. 4. Stammtisch Salzburg 18. 4. Blue Hour Wien

Karrierewege: Christian Studeny auf Börsenkurs

30. 4. Stammtisch Zürich Foto: Interxion

Christian Studeny (52) ist seit 2002 Geschäftsführer bei Interxion Österreich, einem führenden europäischen Anbieter von ausgelagerten Rechenzentrumsdienstleistungen. Zu Jahresbeginn schaffte die Interxion Holding den Gang an die New Yorker Börse – ein Schritt, der sich inzwischen als richtig erwiesen hat. Unter Studenys Leitung konnte die österreichische Tochter soeben ein großes Ausbauprojekt mit 600 m² zusätzlicher Fläche für die IT-Servicedienste abschließen. Um die für die Karriere nötigen Kompetenzen zu erwerben, hat der gebürtige Wiener auch auf Weiterbildung gesetzt. 2007 schloss Studeny das Executive-MBA-Programm an der Kremser Weiterbildungsuniversität ab. Von dem fundierten betriebswirtschaftlichen Know-how, das er sich in Krems geholt hat, profitiert er bis heute. „Da ich seit vielen Jahren in leitenden Positionen bei internationalen Unternehmen tätig bin, war es für mich wichtig, ein internationales Weiterbildungsangebot zu finden, wie es der Executive MBA in Krems ist. Die Weiterbildung war profund und umfangreich. Sie hat mich beim langen Weg des Börsenganges meines Unternehmens sehr unterstützt. Mein Finance Manager sagt: ‚Jetzt sprechen wir die gleiche Sprache‘“, erzählt der erfolgreiche Unternehmer und lächelt verschmitzt.

7. 5. Stammtisch Linz 10. 5. Stammtisch Wien 12. 6. Stammtisch Salzburg 13. 6. Stammtisch Frankfurt 14. 6. Stammtisch Stuttgart 15. 6. Sommerfest Mautern/Krems 21. 6. Stammtisch Krems 21. 6. Stammtisch Innsbruck

Detailinfos: www.donau-uni.ac.at/alumni/ veranstaltungen

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Foto: Wilke

Weiterbildung

Alumni-Porträt

Einsatz zum Wohle aller Das offene Berufsgeheimnis von Susanne Schunder-Tatzber ist die Bewegung. Die renommierte Arbeitsmedizinerin hat es weit gebracht und kommt als Health Managerin viel herum. Momentan organisiert sie beim österreichischen Öl- und Gaskonzern OMV das gesundheitliche Wohlergehen von 33.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern weltweit. Von Elisa Holz

Wenn Susanne Schunder-Tatzber sich auf den Weg zur Arbeit macht, steigt sie nicht in die Bahn oder ins Auto, sondern unvermeidbar oft in ein Flugzeug. Das bringt sie dann in die Türkei oder nach Rumänien – beide zentrale Standorte von OMV. Susanne Schunder-Tatzber ist seit über sechs Jahren

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bei dem international tätigen österreichischen Öl- und Gaskonzern beschäftigt, mittlerweile bekleidet sie dort die Position des „Head of Health Management“. Traditionell ist dem Konzern sehr an der guten Gesundheit seiner 33.000 Mitarbeiter gelegen und Schunder-Tatzber ist dafür verantwortlich,


Weiterbildung

den Mitarbeitern des Konzerns bewusst zu machen, wie wichtig Gesundheit und gesunde Lebensführung sind. Eine Aufgabe, für die man einen langen Atem braucht – vor allem in Staaten, deren Gesundheitssystem weit von dem Standard entfernt ist, den man hierzulande gewohnt ist. „Da darf man sich nicht abbringen lassen“, sagt die 48-jährige Medizinerin.

Der Weg einer Frühberufenen Ihre eigene Beharrlichkeit ist Schunder-Tatzber nicht nur bei dieser Aufgabe von Nutzen, ihr verdankt die engagierte Ärztin auch eine außergewöhnliche Karriere. Schon seit ihrer Kindheit wollte Susanne Schunder-Tazber Ärztin werden. „Ich war eine Frühberufene“, erzählt die Wienerin. Mit 16 Jahren stellte sie sich in die Dienste des Roten Kreuzes, dem sie auch nach ihrem Medizinstudium an der Universität Wien weiter beruflich verbunden blieb. Sie arbeitete im Notdienst und in verschiedenen Abteilungen in Wiener Krankenhäusern. Doch Susanne Schunder-Tatzber kann dem Verweilen im Status quo auf Dauer nichts abgewinnen. Gute Gelegenheiten, um ihren Horizont zu erweitern, hat sie stets am Schopf gepackt. Anfang 1990 brach sie nach China in die Provinz Fujian auf, um sich Mittel und Methoden der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) anzueignen. Die Erfahrungen im Fernen Osten und vor allem die ganzheitliche Betrachtung von Mensch und Gesundheit hätten ihr Denken nachhaltig geprägt. „Das begleitet mich weiter“, erzählt Schunder-Tatzber – auch wenn sie momentan selbst kaum behandelt.

Arbeitsmedizin rechnet sich Stattdessen hat sie sich schon seit über zehn Jahren der Arbeitsmedizin verschrieben, die enorm an Bedeutung gewonnen

hat. Denn vielen Unternehmen ist bewusst geworden, dass eine leistungsfähige Mitarbeiterschaft ökonomische Vorteile bietet. „Ein legitimer Ansatz“, findet Schunder-Tatzber. Sie hat schon viele Betriebe beraten, ein Zentrum für Arbeitsmedizin für das Rote Kreuz in Wien gegründet, Konzepte entwickelt, Fortbildungen organisiert und sich in der Österreichischen Akademie für Arbeitsmedizin engagiert, deren Präsidentin sie seit diesem Jahr ist. Mit den Jahren ist aus der Ärztin die Health Managerin geworden.

Ein „Lifelong-Learning-Junkie“ Doch zu Beginn fehlte ihr noch das wirtschaftswissenschaftliche Basiswissen. „Der Begriff ‚Abschreiben’ hatte damals für mich noch eine ganz andere Bedeutung“, lacht Schunder-Tatzber heute. Also belegte die Medizinerin, die sich selbst augenzwinkernd als „Lifelong-Learning-Junkie“ bezeichnet, den postgradualen Studiengang „Gesundheitsmanagement“ an der Donau-Universität Krems und machte ihren Master of Business Administration an der Open University – alles berufsbegleitend. „Dafür braucht man viel Energie, aber auch ein gutes Zeitmanagement“, sagt Schunder-Tatzber. Und natürlich muss auch sie angesichts so anspruchsvoller und zeitintensiver Aufgaben auf die eigene Gesundheit achten. „Es gibt immer Leute, die ihre Grenzen nicht kennen“, weiß die Ärztin aus Erfahrung. Auch bei ihr gab es schon Phasen, in denen alles zu viel zu werden drohte. Susanne Schunder-Tatzber achtet deshalb darauf, dass sie regelmäßige Pausen hat und oft genug in den Kurzurlaub fahren kann. Außerdem gibt ihr klassische Musik die nötige Ruhe und ihre Wissbegier ist ein steter Antrieb. „Ein Philosophiestudium, das würde mich schon sehr reizen“, bekennt Schunder-Tatzber, die zweifelsohne in Bewegung bleiben wird.

Studiengang „Gesundheitsmanagement und Public Health“ Ein effizientes Gesundheitswesen ist ohne eine kompetente Geschäftsführung mit guten ökonomischen Kenntnissen nicht mehr denkbar. Das wirtschaftswissenschaftliche Rüstzeug wird an der Donau-Universität Krems in verschiedenen Lehrgängen vermittelt. Im Lehrgang „Gesundheitsmanagement und Public Health“ geht es um Kompetenzen und Methoden, mit denen sich Gesundheitseinrichtungen wie Krankenhäuser oder Rettungsdienststellen professionell managen lassen. Der Studiengang kann in drei Varianten mit dem/der akademischen Experten/in, dem Master of Science (MSc) oder dem Master of Business Administration (MBA) abgeschlossen werden. www.donau-uni.ac.at/ gesundheitsmanagement

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Universitätsleben

Campus Krems Staatssekretär Kurz stellt Aktionsplan für Integration in Krems vor

www.donau-uni.ac.at/presse

Das Wohnen ist in Bezug auf Integration ein sensibler Bereich. Die Zahl der Menschen mit Migrationshintergrund steigt und fordert Politiker und Städteplaner heraus. Eine Fachtagung an der Donau-Uni Krems widmete sich im November diesen Fragen. Der Staatssekretär für Integration Sebastian Kurz eröffnete die Veranstaltung und präsentierte einen Maßnahmenkatalog für Österreich, den ein unabhängiger Expertenrat erstellt hatte. An dem Katalog hatte auch die Donau-Universität Krems mitgewirkt. Die Tagung leiste einen wichtigen Beitrag, weil die Maßnahmen auf eine wissenschaftlich fundierte und sachliche Basis gestellt würden, betonte Kurz in Krems.

Pionier der Volksgesundheit aus Finnland erhält Folksam-Preis

www.donau-uni.ac.at/aktuell

Der Folksam-Preis für Epidemiologische Forschung 2011 ging an Jaakko Tuomilehto, Professor für Public Health an der Universität Helsinki und der Donau-Universität Krems. Tuomilehto ist Pionier in der Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes – viele seiner Maßnahmen sind inzwischen Routine. Der renommierte Preis ist mit 11.000 Euro dotiert und wurde vom Karolinska Institut am 8. November in Schweden vergeben. Jaakko Tuomilehto hat seit Juni eine Stiftungsprofessur für vaskuläre Prävention am Department für Klinische Neurowissenschaften und Präventionsmedizin der Donau-Universität Krems inne. Die Stiftungsprofessur wird vom österreichischen Unternehmen EVER Neuro Pharma finanziert.

Finnische Delegation zu Gast an der Donau-Universität Krems

www.donau-uni.ac.at/presse

Anfang November besuchten 25 Führungskräfte der Universität Helsinki die Donau-Universität Krems. Die VertreterInnen, unter ihnen Vizerektor Kimmo Kontula und der Direktor des Weiterbildungszentrums der Universität, Kauko Hämäläinen, informierten sich über Strategien, Praxismodelle und die Programme der Weiterbildungsuniversität in Krems. Das Weiterbildungszentrum „Palmenia“ der Universität Helsinki gehört zu den großen Anbietern von Weiterbildungskursen an klassischen Universitäten in Europa. In Krems haben die Finnen erfolgreich Gespräche über eine Zusammenarbeit geführt.

Ehrenzeichen des Landes Niederösterreich für zwei hochrangige Wissenschaftler

www.donau-uni.ac.at/aktuell

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Landeshauptmann Erwin Pröll überreichte im September in St. Pölten das Silberne Komturkreuz des Ehrenzeichens für Verdienste um das Bundesland Niederösterreich. Es ging an Emanuele Gatti, Mitglied des Vorstandes der Fresenius Medical Care Management AG, und an Dieter Falkenhagen, Leiter des Departments für Gesundheitswissenschaften und Biomedizin an der Donau-Universität Krems. Falkenhagen hat maßgeblich dazu beigetragen, Krems als Biotechnologiestandort bekannt zu machen. Gatti war an der Donau-Universität Krems als Vortragender tätig. Von 2007 bis 2009 war er Vorsitzender des Universitätsrates, seit 2010 ist er Ehrensenator der Donau-Universität Krems.


Universitätsleben

„Wenn wir jedem Individuum das richtige Maß an Nahrung und Bewegung zukommen lassen könnten, hätten wir den sichersten Weg zur Gesundheit gefunden.“ Hippokrates von Kos (460–370 vor Chr.), griechischer Arzt

Innovationspreis für Absolvent Hermann Gangl Seine Masterthese beschäftigte sich mit dem Einsatz salutogenetischer Komponenten beim strategischen Mitarbeitergespräch. Für die Arbeit erhielt Donau-Uni-Absolvent Hermann Gangl den mit 1500 Euro dotierten Innovationspreis der Arbeiterkammer Niederösterreich (AKNÖ). Es ehre und freue ihn, dass er den Weg für innovative wissenschaftliche Erkenntnisse bereiten konnte, betonte Gangl bei der Preisverleihung im Oktober. Die Auszeichnung sei für ihn auch Ansporn, die Implementierung dieses ressourcenorientierten und salutogenetischen Modells in der Arbeitswelt voranzutreiben. Gangl hat vor kurzem den Masterlehrgang „Change Management“ an der Donau-Universität Krems absolviert.

www.donau-uni.ac.at/aktuell

Foto: DUK/Reischer

Der sächsische Ministerpräsident zu Gast in Krems

Freuen sich über mehr Zusammenarbeit: Dieter Falkenhagen, Leiter des Departments für Gesundheitswissenschaften und Biomedizin, Ministerpräsident Stanislaw Tillich aus Sachsen, Vizerektorin für Forschung und Nachwuchsförderung Viktoria Weber, Rektor Jürgen Willer und Stefan Nehrer, Dekan der Fakultät für Gesundheit und Medizin (v.l.n.r.)

Der Ministerpräsident von Sachsen, Stanislaw Tillich, besuchte im Rahmen seiner Gespräche in Niederösterreich auch die Donau-Universität Krems. Rektor Jürgen Willer verwies auf die erfolgreichen Kooperationen in Lehre und Forschung mit der Technischen Universität Dresden. Vizerektorin für Forschung, Viktoria Weber, Stefan Nehrer, Dekan der Fakultät für Gesundheit und Medizin, und Dieter Falkenhagen, Leiter des Departments für Gesundheitswissenschaften und Biomedizin, präsentierten den Gästen Schwerpunkte medizinischer Forschung. Bei einer Führung durch die Labors zeigte sich die Delegation aus Sachsen beeindruckt von den Forschungsleistungen der Weiterbildungsuniversität. Tillich möchte die Zusammenarbeit vertiefen. Dem Besuch in Krems waren ein Arbeitsgespräch mit dem Landeshauptmann von Niederösterreich, Erwin Pröll, und eine Visite im Forschungszentrum Tulln vorausgegangen.

www.donau-uni.ac.at/aktuell

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kino im kesselhaus

kino kinoimkesselhaus.at kino im kesselhaus kesselhaus,, am campus krems, Dr.-K Dr.-Kar arl-Dorrek l-Dorrek--Str StraĂ&#x;e aĂ&#x;e 30, 30, AA-3500 Krems, T. 02732/90 80 00 filmbar


Messen und Kongresse

„Der große Sport fängt da an, wo er längst aufgehört hat, gesund zu sein.“ Bertolt Brecht (1898 –1956), deutscher Dramatiker und Lyriker

Termine Methodenworkshop Sportpädagogik

Didacta

Studienreise nach China

Die Deutsche Vereinigung für Sportwissenschaft (DVS) bietet einen Workshop „Ethnographische Forschung“ an. Das Angebot richtet sich an Sportpädagogen und Interessierte aus benachbarten Disziplinen, vornehmlich an Nachwuchswissenschaftler, die in der qualitativen Forschung arbeiten. Der Workshop gibt Einblick in die ethnographische Forschung (Prof. Breidenstein, Halle-Wittenberg). Außerdem werden Teilnehmer eigene Forschungsvorhaben vorstellen.

Die Didacta ist Europas größte und wichtigste Fachmesse für alle Bildungsbereiche. Sie bietet mit 1400 Veranstaltungen den größten Aus- und Weiterbildungskongress für Lehrerinnen und Lehrer. Schwerpunkte sind Ausbildung und Qualifikation, Kindertagesstätten, Schule und Hochschule, Weiterbildung und Beratung. Eine Sonderschau wird sich mit Ernährung und Nachhaltigkeit beschäftigen. Auch BestPractice-Beispiele, wie Schulen dasThema Essen anpacken, werden vorgestellt.

Wer Bildung auch global denkt, kommt ohne solide Kenntnisse über China nicht aus. Der Fachbereich Interkulturelle Studien der Donau-Universität Krems veranstaltet eine Studienreise nach Hangzhou und Shanghai. Das Seminar wird von Experten aus China geleitet und gibt den Teilnehmern Einblick in die politischen, ökonomischen, sozialen und kulturellen Strukturen und ermöglicht den Austausch mit Unternehmern ebenso wie Studenten. Seminarsprache ist Englisch.

27. bis 28. Jänner 2012 Göttingen www.sportwissenschaft.de

14. bis 18. Februar 2012 Hannover Messe www.didacta-hannover.de

11. bis 18. März 2012 Shanghai/Hangzhou www.donau-uni.ac.at/ikchina

Sportliche Erlebnismesse in Ried

Berlin Vital 2012

YogaExpo

Bei der Erlebnismesse „Sport & Fun 2012“ werden über 40 Sportarten vorgestellt – vom Kampfsport bis zu Trendsportarten und Jedermanns-Klassikern wie Laufen oder Radeln. Das Gute: Es wird nicht nur informiert, es gibt auch die Möglichkeit, die verschiedenen Sportarten auszuprobieren. Und jede Menge Informationen: Welche Ausrüstung braucht man? Wo liegen die Vorund Nachteile? Was gilt es beim Einstieg zu beachten?

Die Berlin Vital 2012 bietet neben Ausrüstung und Bekleidung jede Menge Informationen rund um die Themen Gesundheit, Ernährung, Sportmedizin. Die Messe findet im Rahmen des 32. Vattenfall Berliner Halbmarathon auf dem Gelände des ehemaligen Berliner Flughafens Tempelhof statt – eine ganz besondere Location. Experten und Praktiker informieren über Bewegungstraining, Entspannungskurse oder Sporturlaub. Auch der Spaßfaktor kommt hier nicht zu kurz.

In der westlichen Hochleistungsgesellschaft scheint das Interesse an östlichen Entspannungstechniken und Gesundheitskonzepten weiter zuzunehmen. Die YogaExpo in München bietet Workshops, Vorträge, Behandlungen – und natürlich ist auch für gutes Essen gesorgt, das schmeckt und auch noch gesund ist. Experten und interessierte Laien können sich über Qigong, Tai-Chi, Reiki sowie über neue und alte Entspannungsmusik informieren.

16. bis 18. März 2012 Messe Ried www.messe-ried.at

29. bis 31. März 2012 Berlin www.berlin-vital.de

20. bis 22. Jänner 2012 München www.yogaexpo.de

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Service

„Sport ist von Nutzen, bis deine Wangen sich röten. Danach ist er schädlich und zerstört den Verstand.“ Diogenes (um 400–323 vor Chr.), griechischer Philosoph

Buchtipps Superfaktor Bewegung

Laufende Gedanken

Ratey beginnt mit Platon, der glaubte, man müsse Leib und Seele „durch Anspannen und Lockerlassen“ aufeinander abstimmen. Bestätigt wird Platon durch die moderne Hirnforschung, die uns lehrt, Körper und Geist wieder als Einheit zu betrachten. Warum Bewegung ähnlich wirkt wie ein Antidepressivum, wie man durch Sport Stress abbaut, warum Läufer besser lernen – Ratey, Professor für klinische Psychiatrie an der Harvard Medical School, erklärt Kompliziertes verständlich und überzeugt durch Fakten.

Laufend denken und denkend laufen: Die Kolumnen des Olympiasiegers Dieter Baumann sind so kurzweilig wie ernsthaft. Der sieht sich selbst als „Lebenläufer“, weshalb seine Betrachtungen über das Laufen auch Betrachtungen über das Leben sind. Gegen die Verbissenheit sklavischer Trainingspläne setzt er Ironie, gegen die Mühsal endloser Laufstrecken die schiere Lust am Vorwärtskommen. „Steigen Sie ein, wo immer Sie wollen“, lautet Baumanns menschenfreundliches Motto. „Laufen soll Freude machen.“

John R. Ratey, Eric Hagermann VAK-Verlag, 2009 ISBN 978-3-86731-043-7 www.vakverlag.de

Dieter Baumann Klöpfer & Meyer, 2009 ISBN 978-3-940086-35-8 www.kloepfer-meyer.de

Bildungsjournal Frühe Kindheit: Bewegung, Körpererfahrung und Gesundheit

Qigong: Der chinesische Weg für ein gesundes, langes Leben

Wie können wir unseren Kindern die notwendigen Körper- und Bewegungserfahrungen ermöglichen? Dazu gibt dieses Buch sinnvolle Anregungen: motorische Spiele, Ruherituale, rhythmische Angebote, geeignet für Kindergarten und Grundschule, aber auch für den Familienalltag. Die Autorin, Professorin an der Universität Osnabrück und Expertin für frühkindliche Bildung, verbindet wissenschaftliches Hintergrundwissen vorbildlich mit praktischen Tipps und Reflexion. Renate Zimmer Cornelsen Verlag, 2010 ISBN 978-3-589-24583-3 www.cornelsen.de

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Harmonie statt Wettkampf, Entspannung statt Leistungsdruck – die östliche Bewegungslehre wird zunehmend im Westen geschätzt und zur Gesundheitsförderung eingesetzt. Das Buch von dem Qigong-Lehrer Liu Qingshan, der in Europa und den USA unterrichtet, bietet solides Hintergrundwissen und praktische Anleitung: eine umfassende Einführung in Theorie und Praxis des Qigong von einem, der im Osten wie im Westen zuhause ist. Liu Qingshan Südwest Verlag, 2010 ISBN 978-3-517086644 www.randomhouse.de


Foto: © Gilbert&George

Service

Region Wachau

Kunst & Kultur

Gilbert & George, See, 1987 Sammlung migros museum für gegenwartskunst, Zürich

Zeit zu handeln! Werke aus dem Migros Museum Zürich 500 Arbeiten der Gegenwartskunst umfasst die Zürcher Migros-Sammlung, viele von ihnen finden jetzt Platz in der Kunsthalle Krems. „Soziales Handeln“ lautet das Stichwort für die Auswahl. Da werden die großen Zukunftsthemen angespielt: globale Gerechtigkeit, soziale Verantwortung, Nachhaltigkeit. Abstrakte Begriffe, konkrete Kunst – dafür stehen die Namen von Fischli/Weiss, Theo Altenberg, Phil Collins und anderen. Hätten Sie gern eine Freikarte? Dann nehmen Sie am Gewinnspiel auf Seite 50 teil. Viel Glück!

Bis 19. Februar 2012 Kunsthalle Krems www.kunsthalle.at

Draußen vor der Tür „Ein Mann kommt nach Deutschland. Er war lange weg, der Mann. Sehr lange. Vielleicht zu lange. Und er kommt ganz anders wieder als er wegging.“ Diesen lakonischen WolfgangBorchert-Sound aus „Draußen vor der Tür“ holt das Hamburger Thalia Theater mit der Band My Darkest Star in die Gegenwart: Felix Knoop winselt und hechelt und röhrt die Not des Kriegsheimkehrers in unsere Seelen. Ein Gastspiel unter der Regie von Luk Percefal.

12. und 13. Januar 2012 Landestheater Niederösterreich www.landestheater.net

Karikaturen von Petar Pismestrovic „Wenn ich zeichne, genieße ich jede Linie“, behauptet Petar Pismestrovic, woraus man nur schließen kann, dass das Böse viel Freude bereiten kann. Das Motto hat nun auch der Ausstellung ihren Namen gegeben. Zuspitzung, Überzeichnung, Verfremdung sind sein Metier – als Karikaturist hat er es damit bis in die New York Times geschafft. Aufgewachsen ist er in Jugoslawien, das er in den Bürgerkriegswirren von 1991 verließ. Seither lebt er in Österreich.

21. Januar 2012 bis 23. Januar 2013 Karikaturmuseum Krems www.karikaturmuseum.at

Campus Cultur zeigt Arbeiten von Anja Pletowski Mit Arbeiten der Malerin Anja Pletowski eröffnet Campus Cultur sein Programm 2012. Pletowksi studierte an der Hochschule der Bildenden Künste in Dresden und war Meisterschülerin bei Max Uhlig und Ralf Kerbach. Ihre Werke wurden in Deutschland, Frankreich, Italien und Polen gezeigt. 2010 widmete ihr das Kunstmuseum Tonder (Dänemark) eine umfangreiche Werkschau. Die Ausstellung wird am 26. Januar um 12 Uhr im Altbau der Donau-Universität Krems eröffnet. Uwe Hauptenthal, Direktor des Richard Haizmann Museums und Kustos der Galerie Schloss vor Husum, führt in das Werk der Künstlerin ein.

26. Januar bis 23. Februar 2012 Campus Cultur www.donau-uni.ac.at/cultur

Aus der Tiefe: Klanginstallation Können Stahlplatten klingen? Die von Hans Peter Kuhn schon. Allerdings muss man gute Ohren haben, denn die Töne, obwohl Lautsprecher und Elektronik sie verstärken, sind so tief, dass das Ohr sie kaum wahrnehmen kann. Von einzelnen Geräuschfragmenten abgesehen, ist das Stück der neun Stahlplatten stumm. Trotzdem tun die Bässe im Körper ihre Wirkung. Eine ziemlich unwirkliche Installation in der frühgotischen Minoritenkirche.

Ab 17. März 2012 Klangraum Krems Minoritenkirche www.klangraum.at

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Impressum

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Mitmachen und gewinnen Die Kunsthalle Krems zeigt erstmals in Österreich eine thematische Auswahl aus der Sammlung des migros museum für gegenwartskunst Zürich (siehe Kulturtipps auf S. 49). Die Ausstellung „Zeit zu handeln!“ versammelt Werke von 43 Künstlerinnen und Künstlern aus den späten 1960er Jahren bis heute, die aus der Perspektive des politischen Handelns unterschiedliche Formen der künstlerischen Praxis reflektieren. Zu sehen sind unter anderen Arbeiten von Bruce Nauman, Jan Dibbets, Daniel Knorr, Steve McQueen, Markus Schinwald und Andy Warhol. upgrade verlost fünfmal zwei Eintrittskarten inklusive Führung. Senden Sie uns eine E-Mail mit dem Betreff „Kunsthalle Krems!“ an redaktion@donau-uni.ac.at. Einsendeschluss ist der 15. Jänner 2012.

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Das Magazin für Wissen und Weiterbildung der Donau-Universität Krems (ISSN 1862-4154) Jürgen Willer, Rektor der Donau-Universität Krems, Dr.-Karl-Dorrek-Straße 30, A-3500 Krems Gerhard Gensch, Donau-Universität Krems, E-Mail: gerhard.gensch@donau-uni.ac.at Süddeutscher Verlag onpact GmbH, Geschäftsführer: Christian Meitinger, Hultschiner Straße 8, D-81677 München Hartmut Rätsch, E-Mail: hartmut.raetsch@sv-onpact.de Ingrid Ladner, E-Mail: ingrid.ladner@donau-uni.ac.at, Angelika Ohland Dieter Baumann, Hans-Peter Bayerl, Monika Goetsch, Elisa Holz, Angelika Ohland, Stephanie Schmidt, Gudrun Weitzenbuerger Brigitta Bender, Lilia Walz Mirko Partschefeld Sophie Müller-Vaclav, Telefon: +43 (0) 2732 893-2255, E-Mail: sophie.vaclav@donau-uni.ac.at sandlerprint&more, Johann Sandler GesmbH & Co KG, Marbach 20.000 vierteljährlich, upgrade 1.12 erscheint im März 2012 Für unverlangt eingesandte Manuskripte und Fotos wird keine Haftung übernommen. Trotz sorgfältiger Auswahl der Quellen kann für die Richtigkeit nicht gehaftet werden. Nachdruck und Verwendung, auch auszugsweise, nur mit ausdrücklicher Genehmigung der Redaktion. Gender-Hinweis: Im Sinne einer besseren Lesbarkeit unserer Artikel verwenden wir die maskuline oder feminine Sprachform. Dies impliziert jedoch keine Benachteiligung des jeweils anderen Geschlechts.

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„Vor allem wegen der Seele ist es nötig, den Körper zu üben, und gerade das ist es, was unsere Klugschwätzer nicht einsehen wollen.“ Jean-Jacques Rousseau (1712–1778), schweiz-französischer Pädagoge und Philosoph

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ISSN 1862-4154

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ISSN: 1862-4154

Preis: 5,– €

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Ausgabe 1.11

Ausgabe 2.11

Ausgabe 4.11

Gehirn und Geist

Was den Menschen ausmacht

Digitale Gesellschaft und Ökonomie

Gesundheit und Wohlbefinden

Alles offen?

Mentale Gesundheit – Wenn die Psyche krankt Neue Medien – Wie sie unser Denken verändern Hirnschädigungen – Hilfe bei Demenz und Schlaganfall

In Bewegung bleiben

Open Society – Wie soziale Netzwerke Politik mitbestimmen Open Government – Wie sich Regierung und Verwaltung öffnen Open Business – Wie Neue Medien Unternehmen beeinflussen

Balance finden – wie wir wieder ins Lot kommen Arbeitswelt – warum Gesundheitsförderung zählt Entschleunigung – was uns im Tanz bewegt

2.11

1.11 ISSN 1862-4154

3.11

4.11

ISSN 1862-4154

Preis: 5,– €

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Ausgabe 1.10

Preis: 5,– €

Ausgabe 2.10

Ausgabe 4.10

Energie und Mobilität

Visuelle Kommunikation

Wohin geht die Reise?

Form, Design, Ästhetik

15 Jahre Donau-Universität Krems

Wegbereiter und Wegbegleiter

Corporate Architecture – Gebaute Kommunikation Produktdesign – Die Macht der Farben Informationsdesign – Mit den Augen sprechen

Regenerativ und autark – Die Energie-Revolution Vernetzt und mobil – Verkehr sucht Zukunft Nachhaltig und effizient – Das Haus als Kraftwerk

Die Weiterbildungsuniversität – Pionierin seit 15 Jahren Forschung und Lehre – wie sie zusammenspielen Lebenslanges Lernen – für Glück und Karriere

1.10

2.10

3.10

Kreativität und Innovation

Handwerk des 21. Jahrhunderts Die Kreative Ökonomie – Wertschöpfung im Wissenszeitalter Creative Industries – Wenn sich Kunst und Kommerz vereinen Innovationsförderung – Von der Forschung zum Produkt

4.10

ISSN 1862-4154

ISSN 1862-4154 Preis: 5,– € Ausgabe 1/09

ISSN 1862-4154

Preis: 5,– €

Preis: 5,– €

Ausgabe 3.09

ISSN 1862-4154 Preis: 5,– €

Ausgabe 2.09

Wandel

Ausgabe 4.09

Medizinischer Fortschritt

Wie gesund ist die Zukunft?

Wendepunkte im System Krise als Chance – Für mehr Nachhaltigkeit Wertewandel – Vom Geld zum Geist Arbeitsmarkt – Kreativarbeiter gesucht

Lebenserwartung – Warum wir immer länger leben Früherkennung – Was Massen-Screenings bringen Gesundheitssystem – Was es kostet

Ressource Bildung

Voneinander lernen

Bildungsraum Europa – 10 Jahre Bologna-Reform Die Netz-Generation – Neue Medien in der Lehre Lehrerausbildung – Finnlandisierung erwünscht

upgrade 1

1.09

Migration

Bestehen im Wettbewerb

Zukunftsfrage Migration – Quo vadis, Austria? Identität – Leben in zwei Kulturen Mobile Wissenschaftler – Kampf um Köpfe upgrade 1

upgrade 1

2.09

3.09

4.09

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