Die Wiederaufbauleistungen der Altösterreicher in der Zweiten Republik

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61 Donauschwaben u. a.), deren Anträge positiv erledigt wurden, erhielten dann zumeist von den Bezirkshauptmannschaften unbefristete Aufenthaltsgenehmi­ gungen. Ende Juli 1947 besaßen in der amerikanischen Besatzungszone (für das Mühlviertel liegen keine Angaben vor), bereits über 21.000 Sudetendeutsche ein unbefristetes Aufenthaltsrecht, während nur 8.000 Volksdeutsche aus Rumänien, Ungarn, Jugoslawien u. a. Staaten eine unbefristete Aufenthaltsgenehmigung hatten. Schon am 17. Januar 1946 hatte Landeshauptmann Dr. Gleißner dem Au­ ßenministerium seine Vorstellung über den Verbleib von Vertriebenen mitge­ teilt, worin es hieß: „Die Landesregierung ist der Ansicht, dass für eine dauernde Aufnahme nur solche Volks- und Sudetendeutsche in Betracht kommen, von denen Österreich wirklich einen fühlbaren Gewinn hat. Hierbei würde es sich um jene Berufsgruppen handeln, an denen in Österreich immer Mangel geherrscht hat, z.B. Hüttenarbeiter, Facharbeiter der ehemaligen Bijouterie und Spielwarenindustrie oder in der Landwirtschaft als Stallpersonal, das für die Aufrechterhaltung der Ernährung deshalb notwendig ist, weil deren Ersatz aus inländischen Landarbeitern in absehbarer Zeit nicht gefunden werden kann”... Bereits 1946 zeichnete sich sehr deutlich ab, welche Gruppe der Vertriebenen für die zukünftige Wirtschaftsentwicklung dringend benötigt werden. Als Ersatz für die reichsdeutschen Fachleute der Eisen­ und Hüttenindustrie ­ sie mussten auf Veranlassung der Alliierten Österreich unmittelbar nach Kriegsende verlassen ­ kamen aus dem Stammpersonal der Witkowitzer Eisenwerke, der Poldi­Hütte in Kladno, und anderen eisenverarbeitenden Betrieben knapp eintausend Sudeten­ deutsche, angefangen von leitenden Mitarbeitern, bis zu den dringend benötig­ ten Ofenbauern. Darüber hinaus waren es noch zahlreiche Unternehmer mit ihren Facharbeitern der Gablonzer Industrie, der Textilindustrie und anderen Wirtschaftzweigen, die in den ersten Nachkriegsjahren das Exportgeschäft maß­ geblich ankurbelten. Soweit nicht Einbürgerungen wegen betriebsnotwendiger Arbeitskräfte schon Ende der 40er Jahre stattfanden, kam das Ende der Diskrimi­ nierungen, die mit der Staatenlosigkeit verbunden waren, mit dem Optionsge­ setz vom 2. Juni 1954. Auch dabei hatten die Sudetendeutschen gegenüber den Vertriebenen aus den anderen ehemaligen Heimatländern ein bedeutenden Vor­ sprung. Im Mai 1951 hatte bereits die Hälfte der Sudetendeutschen die österrei­ chische Staatsbürgerschaft und zum Zeitpunkt des Optionsgesetzes waren es drei Viertel. Doch das erste Jahrzehnt in Österreich war für alle Vertriebenen ein Jahrzehnt harter Arbeit, zumal buchstäblich alles nach­ und neu beschafft wer­ den musste, wobei die Nachwirkungen der Mangelerscheinungen aus der Kriegszeit noch wirksam waren. Wie unsicher und vorerst ohne Perspektive die Situation für die Vertriebenen


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