Die Wiederaufbauleistungen der Altösterreicher in der Zweiten Republik

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215 immer wieder „Granizze Duna“, was so viel heißt, als dass die Donau die tsche­ chische Grenze werden sollte. So vergingen drei Wochen, dann kam die Frau des Maurers und ab diesem Tag wurde es für uns ungemütlich. Wir übersiedelten auf die Perndorfer Straße zu einer uns bekannten Frau. In der Zwischenzeit war unser Vater aus dem Krieg nach Zwingendorf gekommen. In den Kriegsgefangenenlagern sagte er immer, dass er Österreicher sei, denn die englischen Soldaten wussten ja nicht, wo ge­ nau Österreich aufhörte und Tschechien anfing. Nun kam wieder der unserer Familie wohlgesinnte Zöllner und sagte meiner Mutter, dass wir jetzt noch nach Österreich gehen könnten, zu einem späteren Zeitpunkt müssten alle Vertriebenen nach Deutschland. Er wusste ja nicht, dass unser Vater schon in Österreich war. Meine Großeltern wurden gemeinsam mit 1200 anderen Joslowitzern im März 1946 mit Lastwagen in ein Lager nach Znaim verfrachtet und von dort durch eine dreiwöchige Fahrt in Viehwaggons aus ihrer Heimat entfernt und nach Hessen in Deutschland gebracht. Eines hatten die Tschechen uns immer wieder gesagt: Sollte ein Tscheche ermordet werden, so würden sie als Vergeltung dafür 60 Deutsche umbringen. Wer hätte sich da ge­ traut, einem Tschechen etwas anzutun? Unser Vater hatte sich nach der Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft im Hollabrunner Bezirk beim Grafen Hardegg um eine Stelle als Traktorführer be­ worben. Als wir, die Mutter und wir drei Buben, in Zwingendorf ankamen, ar­ beitete er bereits, und hatte auch ein Quartier für die Familie organisiert. Wir fanden Unterschlupf bei der Familie Richter in Zwingendorf Nr. 11. Herr Richter selbst war Ortsgruppenleiter gewesen. Unsere Freude währte aber nicht lange, denn die Russen gaben den Befehl, alle Flüchtlinge aus dem Bezirk Mistelbach müssten sich zum Abtransport nach Deutschland melden. Da Zwingendorf zum Gerichtsbezirk Mistelbach gehörte, mussten wir bei Nacht und Nebel zum Maxhof, wo mein Vater als Traktorführer beim Grafen Hardegg gemeldet war, weiterziehen. Dieser Gutshof gehörte zur Gemeinde Seefeld­Großkadolz im Bezirk Hollabrunn. Das war aber noch nicht das Ende, denn bald darauf kam von den Russen die Aufforderung, dass sich alle Deutschen aus der CSSR, die sich zur Zeit im Holla­ brunner Bezirk aufhielten, erneut sammeln müssten, und so übersiedelten wir wieder nach Zwingendorf. Meine Eltern wollten auf keinen Fall nach Deutsch­ land, denn mein Vater besaß fünf Joch landwirtschaftliche Flächen in der Freiheit von Zwingendorf und das war immerhin eine kleine Basis für einen Neuanfang.


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