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MUSIK STORIES

unclesally*s magazine

Hard-Fi

Die Jäger des verlorenen Darts Eine Dartscheibe, Jay-Z und ein Talisman. Ich möchte lösen: Wer sind Hard-Fi? Die Veröffentlichung der dritten Platte ’Killer Sounds’ hatte sich verzögert. Schuld müsse wohl die Dartscheibe sein, gibt Sänger Richard Archer im Interview zu Protokoll. Und tatsächlich grassiert bei Hard-Fi die Dartsucht. Auf Tour und im Studio herrschen hitzige Rivalitäten, das Brett darf nie fehlen. Nur zähneknirschend gibt Richard die bittere Wahrheit zu: „Ross ist der Beste.“ Aber er trainiert hart, um den Gitarristen zu bezwingen. Ein Dartwurf ins Bull’s Eye, so ließe sich auch die Bandgeschichte von Hard-Fi beschreiben. Aus dem kleinen Örtchen Staines bei London raus in die Welt. Gestern noch die Vorstadtritter, kurz darauf Chartkönige. Richard stellt aber fest: „Alle sagen immer, wir hätten Erfolg über Nacht gehabt, dabei war es jahrelange Arbeit.“ Und die hat sich ausgezahlt. Das Debüt ’Stars of CCTV’ schlug hohe Wellen und auch der Nachfolger ’Once Upon A Time In The West’ hinterließ einen kräftigen Schuhabdruck im Gesicht der britischen Musiklandschaft. Danach nahm sich die Band erst einmal eine Auszeit, um die Köpfe frei zu bekommen. Mit neuer Energie und neuen Ideen ging es dann an ’Killer Sounds’. Doch Moment, neue Ideen? Dem Betätigen der Abspieltaste folgt ein Stirnrunzeln und kurze Nachdenklichkeit.

’Good For Nothing’ heißt der erste Track des Albums und basiert auf einem Sample von, ja richtig, Jay-Zs ’99 Problems’. Aha! Richard löst unsere Verwirrung: „Das machen wir häufig so. Wenn wir etwas hören, das wir mögen, dann versuchen wir etwas zu schreiben, das so klingt. ’Give It Up’ verwendet zum Beispiel ein altes Blues/Folk-Sample. Und ursprünglich waren auf dem Album auch Beatles-Samples.“

Augen zu verlieren. Sollte es doch so weit kommen, dann hat Richard gegen das Verlieren von Dingen noch ein Ass im Ärmel beziehungsweise einen Talisman in der Tasche. Den bekam er von einem Fan geschenkt und hatte ihn als ausgewiesener Spezialist für temporäre Deplatzierungen bitter nötig: Sogar der Talisman ging kurz verloren. Doch er ist wieder da, genau wie Hard-Fi.

Bei aller Sampelei versuchen Hard-Fi aber ihren eigenen Stil aus Pop, Punk und Dance nicht aus den

Text: Johannes Musial Heimat: hard-fi.com

bereichert. Er ist der Mann für unsere Keyboard- und Synthiesounds und liefert jede Menge Input“, sagt Alex. Und auch der Produktionsprozess wurde umgekrempelt: Statt Gitarren-Sessions wurde intensive Studioarbeit mit zwei neuen Produzenten betrieben. Laut Alex lief das Ganze fast ein bisschen Workshop-mäßig ab offensichtlich die richtige Strategie: „Ich konnte mich diesmal viel mehr verwirklichen. Das liegt vielleicht daran, dass ich älter geworden bin und meine Ideen viel besser einbringen konnte. Außerdem wurden nicht stumpf die Demos abgearbeitet, sondern wir haben intensiv an unseren Visionen gefeilt und dabei teilweise auch selbst die Produzentenrolle übernommen.“ Das Ergebnis ist ein melodisches Popgerüst mit Anleihen aus Indie-Rock, Soul, und Elektronik, untermalt mit Chören und aufwendiger Instrumentalisierung. „Unser Debüt war noch sehr Gitarrenpoplastig, vielleicht auch verspielter und naiver. Auf dem neuen Album sind deutlich mehr musikalische Einflüsse hörbar und es ist wesentlich kraftvoller, auch wenn hier und da mal die Gitarre durch ein Klavier ersetzt wird.“

Auletta

(Fast) alles neu Nach ihrer ausgedehnten Tour zum 2009 erschienenen Debüt ’Pöbelei & Poesie’ mussten Auletta erst mal runterkommen und ihre musikalischen Visionen ordnen. Das Ergebnis ist ambitioniert: Auf dem Zweitling „Make Love Work“ paart sich der hymnische Pop der Band munter mit E-Gitarren und Klavierballaden. Und auch bei den Texten hat Sänger Alex Zwick Neuland betreten. „Ich fürchte, um diesen typischen Satz ’Wir sind reifer geworden und haben uns weiterentwickelt’ kommen wir wohl auch nicht herum“, lacht Alex. „Das Wichtigste ist aber sicherlich, dass wir unsere musikalischen Einflüsse erweitert haben.“ Der für Gesang und Texte verantwortliche Frontmann von Auletta ist gut drauf. Und er scheint mit sich, der Welt und seiner Band voll

im Reinen zu sein. Wenn man ihm so lauscht, hat er dazu auch allen Grund: Fast ein Jahr lang hat die mittlerweile fünfköpfige Mittzwanziger-Band aus Mainz am neuen Album gefeilt. Die erste wichtige Entscheidung, sich mit Chris Stiller ein neues Mitglied zuzulegen, ging schon mal voll auf: „Mit Chris, der musikalisch sehr versiert ist, wurde die Band auf jeden Fall

Ganz offensichtlich wurde die Zeit auch genutzt, um sich mit dem eigenen Seelenleben zu beschäftigen, denn Alex’ Texte sind doch sehr persönlich geraten: „Beim Debüt ging es noch mehr um das Wir-Gefühl der Band, diesmal sind die Texte aus meiner eigenen Perspektive. Und ich habe mich an das Thema Liebe gewagt! Das war Neuland für mich und es hat eine Weile gedauert, bis ich mich damit wohl gefühlt habe. Aber im Nachhinein finde ich, dass diese intensiven Nummern mit die schönsten sind.“ Text: Isabel Ehrlich Foto: Nina Stiller Heimat: auletta.de


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