!ticket # 269 - Mai 2024

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Österreichs Eventmagazin Nr.1 Damit sind Sie live dabei! musik show sport theater kabarett

Paula Lambert kommt, um über Scham, Tabus, Waschlappen und Donald Trump zu sprechen

GERMANY’S NEXT TOPMODEL

GNTM-Fotograf Kristian Schuller stellt seine Bilder im Großformat in Graz aus. Ein Gespräch über Körperbilder.

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SOMMER
Eine unheimliche Geschichte von Austrofred auf Seite 25! GRUSELN MIT AUSTROFRED !ticket
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NACHTS TRAUM Unsere Empfehlungen für einen abwechslungsreichen Theatersommer
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Wenn

Als „more important than Christmas” bezeichnete die L.A. Times den 2007 in den USA ins Leben gerufenen Record Store Day bereits 2011: Dieser Tag, der weltweit am dritten Samstag im April über die Bühne geht, ist ein Tag, an dem kleine, unabhängige Plattenläden in den Fokus gerückt werden, wenn ausschließlich dort und zeitlich begrenzt besondere, limitierte Musikveröffentlichungen angeboten werden. Da bilden sich dann wieder Schlangen vor den Läden, ein Bild wie früher fast jeden Freitag, wenn die Neuveröffentlichungen in den Verkauf gingen. Dort treffen dann die Musikliebhaber, die mit physischen Tonträgern aufgewachsen sind (die Rolling-Stones- oder Queen-Fans) auf die Gen Z (die Billie-Eilish- oder Taylor-Swift-Fans), letztgenannte ist die Altersgruppe, die einer aktuellen Studie zur Folge und Spotify zum Trotz mehr Tonträger kauft als alle anderen. „Spotify ist schon cool und bequem”, erklärte mir als Millennial ein junges Mädchen in der Schlange. „Der Algorithmus hüpft dann immer zu Songs, die genau in meine Stimmung passen und ich muss gar nichts mehr tun. Aber von meinen LieblingsmusikerInnen kaufe ich mir auch immer die Platten, allein schon deswegen, weil es toll ist, im Freundeskreis auch eine Plattensammlung herzeigen zu können. Außerdem ist das dann schon etwas Anderes: Wenn ich heute die neue Taylor Swift auflege, höre ich das ganze Album auf einmal, und das mehrfach. Und vermutlich

alle ihre anderen Alben auch. Das ist dann irgendwie so wie ein Urlaub für mich.” „Taylor ... wer?” schnaubte daraufhin ein Boomer in der Schlange verächtlich. Tatsächlich gab es dieses Jahr keine eigene RSD-Edition von Taylor Swifts neuem Album „The Tortured Poets Department”, das am Vortag in zahlreichen verschiedenen CD- und Vinyl-Varianten veröffentlicht wurde – obwohl sie 2023 als Botschafterin für den RSD eintrat und „Folklore: The Long Pond Studio Sessions” die wohl begehrteste RSD-Edition vergangenes Jahr war. Wobei: Zumindest in Amerika und England gab es am Record Store Day einige wenige Platten von „The Tortured Poets Department”, denen eine Karte beigelegt war. Darauf war, in Handschrift von Swift, zu lesen: „Happy Record Store Day!! Thank you, from the bottom of my heart, for welcoming ‘The Tortured Poets Department‘ into your vinyl collection and your life. It’s my goal to create a memento you’ll want to keep forever, and I hope you’ll feel that with every turn of the page of the lyric book, every secret thought poured into this work. It’s an honor to be able to trust you with my feelings. Love, Taylor” „Taylor ... wer?” also. Zugegeben, mit fortschreitendem Alter ist es auch meiner Profession zum Trotz schwer, einen Überblick über alle neuen KünstlerInnen zu behalten, geschweige denn für Otto Normal, der zwar von den Stones „Their Satanic Majesties Request” sogar mit 3D-Lentikular-Cover

besitzt, sonst aber die Scheuklappen eher eng angelegt trägt. Da überhöht man sich dann gern mit gespielter Unkenntnis – eine Sonderform der in der Psychologie als „Silent Treatment” bekannten toxischen Handlungsweise – und wälzt sich genüsslich in Elitismus, Non-Konformität und Distanzierung von (kontemporärer) MainstreamKultur. Natürlich: Niemand soll gezwungen werden, Taylor Swift und ihre Musik gut zu finden. Niemand muss den Hype verstehen, der vielerorts dermaßen obsessive Ausmaße annimmt, dass in Heidelberg sogar zwei Gottesdienste (!) zu ihren Ehren abgehalten werden. Doch eine Künstlerin, die sich eine derartige Prominenz erarbeitet hat, dass nicht nur die Republikaner daheim fürchten, dass sie mit einer etwaigen Wahlempfehlung ausschlaggebend für das Wahlergebnis sein könnte und gar der Superbowl dank ihr massiven Aufschwung erfährt (spielt immerhin ihr Freund Travis Kelce bei den Kansas City Chiefs), sondern ihre Konzerte auch regelmäßig ob der tanzenden Massen für Ausschläge auf der Richterskala (!) sorgen und in Australien sogleich die Klimabilanz verändert haben, während es in Südostasien gar ein länderübergreifendes, politisches Gerangel um die Vorrechte gab – die könnte man zumindest vom Namen her kennen. Eine Ignoranz von einem derart übergroßen Phänomen ist nicht cool und individuell, sondern einfach ein bisschen peinlich.

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SOMMERTHEATER
die urbanen Theaterbühnen in die wohlverdiente Sommerpause gehen, erwachen die zahlreichen Freilichtbühnen des Landes und kredenzen ein breites Angebot zwischen Theater, Klassik, Oper, Operette und Musical.
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Taylor ... wer?

IN DIESER AUSGABE

[05] Österreichische Künstlerinnen Sinikka Monte & Luca Malina [14] Anja Plaschg alias SOAP&SKIN in „Des Teufels Bad” [17] SLASH 1/2 12 Filme, in denen gestorben wird [18] Kraftwerk ein Gesamtkunstwerk vor Schloss Schönbrunn [22] Paula Lambert lädt zur scham-losen Gruppentherapie [25] Austrofred Vorabdruck Teil 1 seines neuen, gruseligen Buches [26] Fever Ray rebelliert gegen tradierte Geschlechterrollen [30] Einstürzende Neubauten lassen die Mauern einstürzen und errichten Rampen [34] Thermen eine Balance zur Unrast des Alltags [38] Sommertheater zwischen Theater, Klassik, Oper, Operette & Musical [48] Engelbert Humperdinck Liebe auf Distanz [50] Kristian Schuller der GNTM-Fotograf im Gespräch [54] Buchtipps die besten neuen Bücher für den Sommerurlaub

>> oeticket.com/magazine mit den aktuellsten VeranstaltungsNeuigkeiten, den wichtigsten Alben-Veröffentlichungen, Single- und Videopremieren, Fotos von den geilsten Konzerten in ganz Österreich, Interviews mit Stars und zahlreichen Gewinnspielen!

Metallica. Bei seinem kommenden Österreich-Konzert wird James Hetfield, Frontmann, Sänger und Gitarrist der Heavy-Metal-Legenden Metallica, bereits den 2015 verstorbenen Lemmy Kilmister (Motörhead) für immer auf seiner Haut tragen, hat er sich doch kürzlich ein Tattoo stechen lassen, bei der die Tinte mit der Asche von Kilmister vermengt wurde. Das Motiv zeigt ein eisernes Kreuz, ein Symbol, welches Hetfield auch schon auf seiner Gitarre anbringen ließ, als Kette um den Hals trägt und sich bereits auf seinen Ellbogen tätowieren hat lassen. „Es ist ein Tribut an meinen Freund und meine Inspiration, Mr. Lemmy Kilmister”, betitelt der 60-Jährige seinen Instagram-Post und erklärt: „Ohne ihn gäbe es Metallica nicht.” n Metallica gastieren im Rahmen des Racino Rocks am 1. Juni in Ebreichsdorf bei Wien. Im Vorprogramm: Five Finger Death Punch, Ice Nine Kills und jetzt neu statt ursprünglich MammothWVH: Unpeople.

Billie Eilish. Nach einigen Teasern auf Social Media hat Billie Eilish kürzlich die ersten Details zu ihrem neuen, dritten Album „Hit Me Hard and Soft”, das am 17. Mai erscheinen wird, angekündigt. Bereits im Dezember 2023 hatte sie in Jimmy Fallons The Tonight Show angekündigt, dass das Album „beinahe abgeschlossen sei”, es folgten großflächige Billboards im April in Australien, England und den USA, mit kryptischen Text-Ausschnitten wie „She’s the headlights I’m the deer” oder „Did I cross the line?”. Die Grundfarbe des Albums dürfte diesmal die Farbe Blau sein. Vor der Veröffentlichung wird es keine Singleauskopplung zu hören geben, da laut Billie das Album in seiner „Ganzheit” genossen werden soll – über 10 Songs hinweg, die Setlist liest sich wie folgt: „Skinny”, „Lunch”, „Chihiro”, „Birds of a Feather”, „Wildflowers”, „The Greatest”, „L’Amour de ma vie”, „The Diner”, „Bittersuite” und „Blue”.

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Fotos: Lisa Edi / Grafenegg, Universal Music, Metallica Instagram
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Heimat großer Töchter

Nachdem männlichen Musikern aber ohnehin stets und überall Gehör geschenkt wird, möchten wir diesmal zwei großartige Musikerinnen aus Österreich hervorheben: Sinikka Monte und Luca Malina.

Sinikka Monte ist eine 21-jährige Singer-Songwriterin finnisch-südafrikanischer Abstammung. Sie wurde in Schottland geboren und ist aktuell in Wien beheimatet. Sinikka wurde bereits mit dem renommierten Joe Zawinul Z AWARD (2019) ausgezeichnet, ihre Single „Slayer“ war in der Netflix-Show „Love Is Blind“ (S4E2) zu hören. Um die Liebe und das einhergehende Wechselbad der Gefühle geht es nach der letztjährigen Kollaboration mit MÖWE auf deren Single „4AM” auch in ihrer neuesten Single „Knock & Run“, die uns den April versüßt hat: Ein Monat, der mit Madison Beer im Gasometer begonnen hat, muss mit Sinikka Monte aufhören – denn eigentlich müssten beide Frauen Schwestern sein. Zumindest musikalisch.

Luca Malina ist eine 24-jährige Wienerin, die aus einer Künstlerinnen-Familie kommt: ihre Mutter leitet etwa das Künstlerhaus Urhof20. Dort hat Luca auch ihre eigene Stimme entdeckt und in Corona-Zeiten angefangen, Musik zu veröffentlichen – besonders hervorzuheben ist „FCKRZ“, einer der geilsten heimischen Banger überhaupt. Ihre erste EP „Trust Me When I Lie“ folgte vergangenes Jahr, und am Taylor-Swift-Tag traute sie sich, was sich nur wenige MusikerInnen trauten – nämlich mit „If You Still Want (I Still Want Too)“ ebenfalls neue Musik zu veröffentlichen. Es ist dies ein emotionaler Wandteppich, der mit starken Taytay- aber auch Billie-Eilish-Vibes massiv aus dem Einheitsbrei der Popmusik heraussticht.

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TEXT: STEFAN BAUMGARTNER Fotos: Daphne von Schrader (Luca Malina), Mario Wallner (Sinikka Monte)

SCHEINWERFERLICHT

Auch wenn das mittlerweile eingekehrte April-Wetter eher Gruseln macht – da empfiehlt sich gleich die Lektüre des exklusiven Vorabdrucks des neuen Austrofred-Buches auf Seite 25 – freuen wir uns schon sehr auf den langsam in den Startlöchern scharrenden Open-Air-Sommer, der dieses Jahr wieder ein sehr breites Programm zu bieten hat:

Allen voran natürlich die zahlreichen Sommertheater, die in lauschiger Atmosphäre über die Pause der urbanen Theaterbühnen hinwegtrösten, und das noch dazu mit einem überaus feinen Programm zwischen Theater, Musical, Oper, Operette und Klassik (ab Seite 38)! Ein Highlight wird aber auch die bombastische Kraftwerk-Show werden, die am 6. Juli das Schloss Schönbrunn in ein Gesamtkunstwerk verwandeln wird (siehe dazu ab Seite 18). LeserInnen, die auf der Suche nach Entspannung sind, entführen wir außerdem ab Seite 34 in zahlreiche Thermen des Landes – unsere Empfehlung: Nehmen Sie ein gutes Buch mit! Welches, das verraten wir Ihnen ab Seite 54!

Einen schönen Sommer wünscht Ihre Roberta Scheifinger

Gin, Cocktails & Burger

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GEWINN SPIELE

Die Gewinnspiele der aktuellen Ausgabe finden Sie auf den Seiten 34–37 und 50–51.

Zu gewinnen gibt es:

• fünf 50 € Wellcards

• 5x2 Tickets und Poster für die Ausstellung von Kristian Schuller

Eine Teilnahme an den Gewinnspielen ist möglich auf oeticket.com/magazine im Beitrag „!ticket Gewinnspiele Mai 2024“. Hier finden Sie auch Informationen und Teilnahmebedinungen zu unseren Gewinnspielen und Datenschutz. Einsendeschluss ist der 15. Juni 2024.

Mag. Roberta Scheifinger Chefredakteurin und Herausgeberin

Wardruna haben am 5. April ihre neue Single „Hertan” veröffentlicht und werden (nicht nur) diese auch im Rahmen einer ausgedehnten Welt-Tournee vorstellen, die sie am 17. November auch in das ehrwürdige Wiener Konzerthaus führt. Der Track erforscht die Dualität des Herzens, den Rhythmus, Fluss und Puls, den man sowohl in der Natur als auch in allen Lebensformen sehen, hören und fühlen kann. Er taucht aber auch in die abstraktere Vorstellung des Herzens als Steuerruder auf dem Schiff der Emotionen, in unseren Entscheidungsfindungsprozess und unserer wahren Wünsche ein. ©

Samu Haber hat als Frontmann von Sunrise Avenue seit Anfang des Millenniums Millionen von Fans rund um den Globus begeistert, sein 2022 erschienenes, in seiner finnischen Muttersprache performtes Soloalbum setzte sich direkt an die Spitze der finnischen Charts. Und nun veröffentlicht Samu Haber dieses Jahr endlich seine erstes englischsprachiges Album, das er am 20. Oktober auch live im Gasometer vorstellen wird.

Cypress Hill starteten vor drei Jahrzehnten einen Trip, der die Popkultur nachhaltig geprägt hat und bis heute nachhallt. Ihr einzigartiger Sound verbindet relaxte Hip-HopBeats mit Latin-Elementen und den charakteristischen Raps. Waren „The Phuncky Feel One” und „How I Could Just Kill A Man” noch Underground-Hits, war der SuperstarStatus spätestens mit „Insane In The Brain” 1993 erreicht. 2022 erschien ihr 10. Album „Back in Black”, und nun kommen sie damit auch am 13. Juli in die METAStadt!

3. Juli 2024 Kitzbühel

6. Juli 2024

Fotos: Kristian Schuller (Kristian Schuller), Thermenresort Loipersdorf (Wellcard), Barracuda Music (Cypress Hill), Janita Auti o (Samu Haber), Tuukka Koski (Wardruna)
SARAHKATHARINA PHOTOGRAPHY präsentieren
GARANČA Göttweig
www.klassikopenair.at
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War es Show oder blanke Not, als Beth Ditto mit ei nem Blatt wedelnd das Pu

blikum im Berliner Lido fragte, ob es eventuell den Text von „Real Power“ parat hätte? Wahrscheinlich war es Teil ihrer Show. Interaktivität ist ja eine ihrer Stärken.

Körperlich war sie jedenfalls auch fit, denn am Ende ihres ersten Gossip-Gigs seit vielen Jahren tanzte die auch schon 43-Jährige immer noch federnd über die Bretter dieser Tschumsn im fins tersten Eck von Kreuzberg. Es war ein Pflichttermin für ihre Berliner Lang zeitfans, die im Sommer nicht auf die großen Festivals fahren wollen, wo Gossip ihr eigentliches Comeback feiern werden. In Österreich wird es das viertägige LIDO SOUNDS in Linz sein, wo sie am 28. Juni mit ganzer Kraft aufschlagen wird. Kurz vor ihrem herrlich schwitzigen Gig parlierte sie noch mit uns: Selbstverständlich zog sie sich eigens fürs Interview um.

Sie haben auf der kleinen Insel Kauwai aufgenommen, wo Rick Rubin, den sie wieder als Produzent engagierten, ein Studio besitzt. Welche Rolle spielen Orte für die Qualität der aufzunehmenden Musik?

Auf der Mikroebene macht es sicher etwas aus. Aber nicht so viel, dass es einem bewusst werden würde. Zu Hawaii hatte immer schon eine besondere Beziehung. Ich war zuvor schon öfters da. Nur deshalb war es nicht der totale Horror aus den Studiofenstern aufs Meer rauszuschauen und zu wissen, ich komme da nicht raus. Die Klimaanlange im Haus war etwas schwach. Und so habe ich wahnsinnig viel geschwitzt. Und noch mehr gelacht, einfach weil Nathan so lustig ist. Es war heiß und eine Freude. Eine heiße Freude. Wenn ich gewusst hätte, wäre ich im Badeanzug angetanzt.

niemand ka meine klei

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Fotos: Cody Critcheloe, Cherie Hansson

kann mich zwingen ider anzubehalten

tierte mit „Real Power“ ein neues, wunderherrliches Gossip-Album in Berlin. Mit uns sprach sie über Macht, Schönheit und Punkrockfeminismus.

Was sind eigentlich die Qualitäten von Rick Rubin als Produzent?

Seine wichtigste Qualität ist, dass ich mit ihm eine ehrliche Unterhaltung führen kann. Aufgrund seiner Erfahrung weiß er ganz genau, wann er interveniert und wann er sich lieber zurückhält. Er ist nie belehrend, sondern fragt dich, was du an bestimmten Sounds nicht magst oder gerade doch magst. Er kann fantastisch über Musik als kreative Kunst sprechen und dir neue Perspektiven eröffnen. Platten zu machen und dabei zu lachen, ist für mich eine der schönsten Sachen der Welt.

Das Werk nennt sich „Real Power“. Was ist Ihre aktuelle Definition von Macht?

Die ändert sich permanent. „Real Power“ ist für mich, wenn der Mensch als Individuum wirklich handlungsfähig ist. Grundlagen dafür sind für mich Mitgefühl, Verständnis und der Wille, permanent voneinander zu lernen.

Das klingt nicht gerade nach Punk.

Dennoch haben Sie sich immer auf den Punk-Rock-Feminism berufen.

Kann diese Bewegung Fortschritte für sich verbuchen?

Natürlich gab es Fortschritte. Zunächst nur im Underground. Was dort mal etabliert ist, klettert langsam in den Mainstream. Und einiges davon ist mittlerweile angekommen. Die BodyPositivity-Bewegung kam schon weit. Fat-Shaming ist rar geworden. Vieles von den aktuellen Verbesserungen fußt auf den Aktivitäten des Punk-RockFeminismus.

Im Video von „Real Power“ zeigen Sie viel Haut. Fühlten sie sich jemals gezwungen, ihre Kunst mit den Mitteln der Erotik zu promoten? Niemals. Niemand kann mich zu etwas zwingen. Auch nicht dazu, meine Kleider anzubehalten. Die Punkklamotten waren immer sehr heiß und irgendwann musste ich sie mir vom Leib reißen. Ich habe nie lange darüber nachgedacht, warum ich Haut zeigte. Es war immer eine Entscheidung, die plötzlich über mich kam.

Hatten Sie, was das Singen anlangt, Vorbilder?

Eine Menge. An erster Stelle meine Mutter. Sie hat eine wunderschöne Stimme und mir das Singen nach Noten beigebracht. Einerseits konnte sie ganz wild singen, andererseits das, was am Notenblatt stand. Sie hat mir beigebracht, genau zuzuhören. Das war das Fundament für alles, was ich später gemacht habe. Und die kürzlich verstorbene Melanie war eine große Inspiration für mich.

Das alte Hippiemädchen? Das überrascht mich. Ich habe mal einen Tag mit Melanie in Wien verbracht. Sie wollte unbedingt die Venus von Willendorf im Museum sehen, eine frühe Statue einer üppigen Frau.

Die Venus von Willendorf kenne ich natürlich. Ich wollte immer schon ein Kleid mit Bildern von ihr draufhaben. Das ist ja eine tolle Geschichte. Die hätte ich gern selbst erlebt. Melanies „Lay Down (Candles In The Rain)” will ich schon seit Ewigkeiten covern. Sie war definitiv ein Vorbild für mich,

Lido Sounds 2024

Zwischen 27. und 30. Juni finden sich wieder zahlreiche fantastische KünstlerInnen in Linz ein, darunter Kings Of Leon, Deichkind, Gossip, Kraftklub, K.I.Z, Nina Chuba, Sam Smith, The Libertines und viele mehr!

denn auch sie hat sehr laut gesungen. Sie war zuletzt recht drall – das mochten einige alte Fans gar nicht. Furchtbar. Dabei hat sie einmal einen lustigen Song übers Essen und misslungene Diäten geschrieben. „Animal Crackers“ hieß der. Die Zeile „If you eat your animal crackers, the children in Europe won’t starve anymore.” hat mich immer zum Lachen gebracht.

Sie sind als „lustige Dicke“ bekannt. Leiden Sie nicht zuweilen unter diesem Image?

Nicht wirklich. Ich fühle mich nicht darauf reduziert, denn es stimmt ja, dass ich ein lustiges und dickes Mädchen bin. Was mich auf die Palme bringt, ist bloß, wenn man mir eine Traurigkeit andichtet, die gar nicht da ist. Ich bin keine depressive Fette, sondern eine ganz natürlich Dicke.

Was ist für Sie schön? Schönheit ist etwas sehr Relatives. Unser Empfinden verändert sich diesbezüglich beständig. Das, was wir darüber denken, gleichfalls.

Ihr erstes Solalbum „Fake Sugar“ klingt erstaunlich erdig. Es ist eine musikalische Rückkehr zu Ihren Wur-

zeln im amerikanischen Süden. Wie hat dieser Ihre Persönlichkeit geprägt?

Die Kultur des Südens ist sehr merkwürdig. Die guten Dinge sind sehr gut und die schlechten wahnsinnig schlecht. Der Alltag ist von Widersprüchlichkeiten dominiert. Das hat mich früh Empathie gelehrt. Früh sah ich echte Armut, wurde Zeuge, wie hart arbeitende Menschen wie Dreck behandelt wurden. Der weit verbreitete Rassismus lehrte mich, wie ich nicht sein will. Auf der anderen Seite verdanke ich dem Süden auch meinen speziellen Humor, meine Lärmigkeit und vielleicht auch ein wenig Weisheit. Hier lernte ich singen, nähen und fischen. Im Süden teilt man auch, wenn man wenig hat.

Mit Gossip sind Sie jetzt wieder beim schmutzigen Disco angelangt. Wie wichtig ist Tanzbarkeit für Sie? Enorm wichtig. Diese Idee stand von Anfang an im Zentrum unserer Überlegungen. Immer schon hat es mir wahnsinnig viel Freude bereitet, wenn sich Menschen gezwungen sahen, zu meiner Musik herumzuhüpfen. Spaß und Tanz, das gehört einfach zusammen.

Welche Rolle spielt das Liedermachen für Ihre seelische Balance?

Eine sehr, sehr große. Meine Lieder sind tiefe, tiefe Therapie für mich. Man lernt so viel über sich selbst, wenn man sich beim Songschreiben dem Bewusstseinsstrom hingibt. Sämtliche Gedanken, die da auftauchen, sind ungefiltert und du fühlst den Augenblick, als wäre er ewig. Ich liebe diese magischen Momente, in denen Lieder entstehen. Die haben etwas von Selbsthypnose.

Sind also sämtliche Ihrer Lieder autobiographisch?

Auf jeden Fall. Auch wenn es mir manchmal selbst nicht gleich bewusst ist. Es kann vorkommen, dass ich die eigentliche Aussage eines Songs erst nach Jahren richtig kapiere.

Warum macht es Sinn, immer noch Alben zu machen, obwohl es so viele Hörer gibt, die nur mehr auf Playlists zugreifen?

Vielleicht sind Alben mittlerweile etwas Altmodisches. Aber mir ist das egal. Ich liebe diesen Prozess, an dessen Ende du eine ganze Torte samt brennenden Kerzen hast.

n Gossip gastieren im Rahmen des gut bestückten, viertägigen LIDO SOUNDS am zweiten Tag, den 28. Juni, in Linz, am zentral gelegenen Urfahrmarkt.

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Twenty One Pilots kommen mit ihrem neuen Album „Clancy” im Gepäck am 13. April endlich wieder nach Österreich, und zwar in die Wiener Stadthalle D. Ja, da heißt es zwar noch lang warten bis dahin, aber zumindest ist ihr neues Album bereits vorbestellbar und erscheint bereits am 17. Mai, und somit taggleich neun Jahre nach ihrem Durchbruchs-Album „Blurryface”. Wir gratulieren!

Auf Alligatoah dürfen wir uns gleich doppelt freuen: Bekanntlich wurde das Not Afraid-Festival aus der METAStadt gewissermaßen auf die Burg Clam verlegt, und so spielt Alligatoah dort mit Tream, Mehnersmoos und Loistboi Lino im Gepäck am 19. Juli. Doch damit nicht genug: Am 10. Jänner kommt Alligatoah mit seiner neuen Platte „off” im Gepäck auch in die Wiener Stadthalle D und kredenzt ein lautes, explosives Gemisch aus Heavy Metal, Hip-Hop, 90er Nostalgie und Pop!

ROCK ANTENNE Österreich

ALBUM-TIPP: JUDAS PRIEST – Invincible Shield

Judas Priest im Jahr 2024 in aller Kürze: 50 Jahre Bandgeschichte und die Briten

Copyright: SONY MUSIC

sind nach wie vor kein bisschen leise.

Vor sechs Jahren haben Judas Priest ihr letztes Werk „Firepower“ veröffentlicht und auch wenn das schon richtig gut war, ihr neuestes Album ist nochmal eine Spur besser und kommt schon sehr nah an ihr Erfolgsalbum „Painkiller“ heran. Rob Halford und Co. ziehen auf „Invincible Shield“ alle

Das Metal Fields brettert nach einem Erstversuch 2019 zwischen 9. und 10. August erneut durch das malerische Wiesen, und zwar auf der In-Door-Bühne. Neben den internationalen Gästen Misery Index aus Amerika, Rotting Christ aus Griechenland und Groza aus Bayern setzt man hauptsächlich auf österreichische MetalBands, im Detail: Belphegor (Foto), Varulv, Theotoxin, Harakiri For The Sky, Vinsta, Heidnir, Dusk, Cannonball Ride und Pain Is.

Register ihres Schaffens und zeigen allen anderen einmal mehr, wie Heavy Metal gemacht wird und klingen soll. Dabei ist es egal ob hart, episch oder fast schon ein bisschen pop-rockig: Für „Invincible Shield“ ist es ein Leichtes, Fans auf ganzer Linie zu überzeugen! So darf es gerne auch in den nächsten 50 Jahren bei Judas Priest weitergehen.

Jetzt neu in Wien auf UKW 104,6 und landesweit über Web, App und DAB+

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Fotos: Cartismandua (Belphegor), Barracuda Music (Aurora), Janis Wetzel (Alligatoah), Ashley Osborn (Twenty One Pilots), Jens Auer (Berlin Berlin), Peppe Mura (ÖFB), Live Nation (Nicki Minaj)

Unser ÖFB Nationalteam tritt am 4. Juni zum letzten Mal auf heimischen Boden (selbstverständlich im Ernst-Happel-Stadion) vor dem EM-Start zu einem freundschaftlichen Länderspiel an, diesmal gegen Serbien. Bereits viermal kickten unsere Herren gegen Serbien, ein Sieg steht bisher gegen drei Niederlagen. Wir sind gespannt, wie das diesjährige Match ausgehen wird – sind aber eingedenk der Hochform, in der sich unsere Kicker befinden, mehr als zuversichtlich!

Das Rolling Loud ist das weltweit größte Hip-Hop-Festival, das dieses Jahr zwischen 5. und 7. Juli erstmals in Österreich, und zwar am Open-Air-Gelände in Ebreichsdorf, über die Bühne geht und gleich mit einem bemerkenswerten Line-Up aufwarten kann, darunter mit den Headlinern Travis Scott, Nicki Minaj (Foto) und Playboi Carti. Doch auch das übrige Line-Up mit Namen wie Lil Tjay und Sexyy Red aus Amerika, britische Schwergewichte wie K-Trap und Unknown T, deutsche Superstars wie Shirin David und Ufo 361 oder unsere heimische Koryphäe Money Boy kann sich mehr als nur sehen lassen ...

Aurora ist nach ihrem viralen TikTokHit „Runaway” in aller Munde – und schickt sich an, nicht nur diesen, sondern etwa auch ihre neue Single „Some Type of Skin” am 20. September im Gasometer live zum Besten zu geben!

Berlin Berlin entführt Sie zwischen 14. und 26. Jänner im MuseumsQuartier Halle E ins Berlin der 20er Jahre: Große Stars wie die Stilikone Marlene Dietrich, die legendären Entertainer der Comedian Harmonists und die Skandaltänzerin Josephine Baker laden Sie ein zum heißen Tanz auf dem Vulkan der „Roaring Twenties” inmitten einer Vielzahl an Lastern und einem ekstatischem Lebensgefühl.

Grimme Gre

Des Teufels Bad

Im Volksmund des 18. Jahrhundert sagte man über melancholische Menschen, dass sie im Bad des Teufels gefangen seien. „Des Teufels Bad“ bezeichnete ein Phänomen, das auch heute noch ein großes gesellschaftliches Tabu und Problem darstellt: die Depression. Der Film fußt auf dem Buch „Defiled Trades and Social Outcasts: Ritual Pollution in early modern Germany” von Kathy Stuart und hat das historische Phänomen des „mittelbaren Selbstmords” zum Thema: Selbstmord galt zu dieser Zeit strenger katholischer und protestantischer Gläubigkeit als schlimmste aller Sünden, auch, weil man es nicht mehr bereuen konnte. Und so begangen zumeist Frauen, die an Depression litten, rituelle Mordtaten insbesondere an Kindern, damit sie verurteilt und hingerichtet werden konnten

Für „Des Teufels Bad“ hat Anja Plaschg nicht nur eine der Hauptrollen übernommen, sondern auch den Soundtrack verfasst. Im Zentrum steht nicht nur ihr „Marienlied”, außerdem hat Plaschg auf eine historische Flöte aus Armenien namens Duduk und eine Drehleier zurückgegriffen. Der Soundtrack ist bereits erschienen und im gut sortierten Fachhandel erhältlich.

enzgängerin

Dass Anja Plaschg eine talentierte und vielseitige Künstlerin ist, hat sie in den letzten 15 Jahren eindrucksvoll bewiesen. Mit ihrem aktuellen Auftritt im ebenso faszinierenden wie verstörenden Film „Des Teufels Bad” meistert sie nicht eine, sondern gleich zwei Aufgaben höchst eindrucksvoll.

Sie könnte es sich wahrlich einfacher machen, die Ausnahmekünstlerin aus der tiefsten Steiermark. Ihrem musikalischen Alter Ego Soap&Skin fliegen die Herzen von Publikum und Kritikern – zu Recht – gleichermaßen zu, ebenso hat sie vor der Kamera („Stillleben”, „Die Geträumten”, „Axolotl Overkill”) und am Theater („Nico – Sphinx aus Eis”) schon Mut und Gespür für Schauspiel bewiesen. Selbst am Schnittpunkt der beiden Kunstformen, der Film- und Theatermusik (darunter für „Antigone” 2015 an der Burg und für alle drei Staffeln von „Dark” auf Netflix), konnte sie schon international reüssieren. Könnte also ganz einfach sein: regelmäßig ein Album, dazu Livekonzerte und hier und da ein wenig Soundtrack: ein einträgliches und erfüllendes Leben für eine österreichische Künstlerin und Mutter in den besten Jahren. Nicht.

Denn eine kreative Urgewalt wie Plaschg sucht die Herausforderung, scheut nicht vor Grenzgängen zurück und sucht po-

larisierende Aufgaben. So wie in der aktuellen Seidl Film Produktion „Des Teufels Bad” unter der Regie von Veronika Franz und Severin Fiala, die sich ein besonders bedrückendes Kapitel der Auswirkungen von Katholizismus vornimmt. Für den Film, der in Oberösterreich des 18. Jahrhunderts spielt, hat Anja Plaschg nicht nur die stimmungsvolle Filmmusik beigetragen, sondern auch gleich die Hauptrolle übernommen. Sie spielt die junge Agnes, die heiratsbedingt aus dem heimatlichen Umfeld gerissen wird und trotz liebendem, wenn auch simplen Ehemann Wolf (ebenfalls brillant: Kabarettist David „Dave” Scheid) im neuen Umfeld keinen Halt findet. Die harschen Lebensbedingungen, gepaart mit der wenig empathischen Aufdringlichkeit der Schwiegermutter (grandios: Maria Hofstätter), setzen der entwurzelten Agnes zu. Nicht genug damit, bleibt der innige Kinderwunsch unerfüllt, und so schlittert die junge Frau, zwischen Heimweh, Aberglauben, heidnischen Ritualen und christlichen Zwängen irrlichternd, in ei-

nen depressiven Irrsinn, aus dem es für sie nur noch einen tragischen Ausweg gibt (den wir an dieser Stelle jedoch nicht spoilern wollen).

In der die Umstände perfekt reflektierenden, spartanischen Inszenierung, die noch dazu mit sehr wenig Dialog der authentisch wortkargen weil geplagten Bewohner der unwirtlichen Umgebung auskommt, schultert Plaschg in der tragischen Titelrolle die bei weitem größte Aufgabe. Und die meistert sie bravourös. Sei es als zunächst pflichtbewusste Jungvermählte und später völlig entrückte, von traumatischen Eindrücken und grausamen Halluzinationen geplagte Seele: Plaschg liefert mutig ab.

Dabei unterstreicht ihr musikalischer Beitrag stets perfekt die Stimmung: allein leise vor sich hinsingend oder begleitet von wuchtigen, düsteren Klängen, findet sie immer die richtigen Töne, nicht nur akustisch, sondern auch im mal nuancierten, mal kraftvollen Schauspiel. Nichts davon wirkt dabei gekünstelt oder gar mittels Method Acting erzwungen.

Foto: UlrichSeidlFilmproduktion Heimatfilm |15
TEXT: MARKUS HÖLLER & STEFAN BAUMGARTNER
„Für mich füllt
‚Des Teufels Bad’ ein Loch, weil er vom inneren Krieg, den Frauen erleben, erzählt.”

WER IST ANJA PLASCHG?

Der Zuseher gewinnt einen glaubhaften Eindruck davon, wie die junge Frau, völlig auf sich allein gestellt, mit ihren düsteren Visionen und seelischen Qualen allein gelassen wird, bis es zu spät ist und die ungeschickten Rettungsversuche von Wolf auch nicht mehr greifen. In dieser Rolle übrigens, ungewohnt ernst und schweigsam, gibt David Scheid im Gegensatz zur ORF-Mockumentary „Dave” eine überraschend ruhige Facette seines Talents vor der Kamera ab und manifestiert perfekt die vom Zuseher empfundene Hilflosigkeit gegenüber Agnes’ geistigem Verfall.

Plaschg zeigt in der Rolle der Agnes keine Zurückhaltung: Nacktheit, vollen Körpereinsatz und Mut zur Hässlichkeit bringt sie ebenso in den auf einer wahren

Person basierenden Leinwandcharakter ein, wie mädchenhafte, verspielte Feminität. Parallel dazu ist auch das Arrangement und die Auswahl der Instrumente zu den unterschiedlichen Musikstücken immer mit Bedacht gewählt. Dissonante Klavierklänge, sphärische Synthie-Teppiche, aber auch Streicher, historische Instrumente wie die Drehleier und letztlich auch die eigene Stimme passen immer exakt zur Szenerie, die auch vom übrigen Sounddesign kompetent begleitet wird. Detto Kamera und Licht; nicht umsonst konnte der Film schon bei der Viennale Preise für Sounddesign, Drehbuch und Kamera einheimsen, sondern wurde auch beim Österreichischen Filmpreis in satten elf Kategorien nominiert.

„Des Teufels Bad” ist ein wichtiges, be-

Geboren am 5. April 1990 in Gnas in der Südoststeiermark und aufgewachsen auf einer Schweinefarm, begann Anja Plaschg bereits als Teenagerin mit dem Schreiben und Aufführen von Musik am Klavier und galt schnell als „Wunderkind“. Kein Wunder, dass sie dieser Leidenschaft auch später folgte und schließlich an der Akademie der bildenden Künste in Wien studierte. Im zarten Alter von 18 Jahren veröffentlichte sie erstmals unter dem Pseudonym SOAP&SKIN, schlug dabei nicht nur national, sondern auch international insbesondere in Frankreich und Belgien Wellen, es wurden Parallelen zu Cat Power, Kate Bush oder Björk gezogen. In ihrer nach „Stillleben” (2012) ersten großen Rolle in „Des Teufels Bad” impersoniert sie die Bauerstochter Agnes, die im Film eine besondere Beziehung zu Schmetterlingen hat. Plaschg selbst sammelt tote Insekten.

drückendes und auf internationalem Niveau überzeugendes Filmwerk, das vor allem durch die intensive, überzeugende Arbeit von Anja Plaschg vor der Kamera und im Studio einem dunklen Kapitel der Geschichte erhebliches Gewicht verleiht. Ein modernes Meisterwerk, nicht nur für Filmgeeks.

n Anja Plaschg alias SOAP&SKIN gastiert am letzten Tag des viertägigen LIDO SOUNDS, somit am 30. Juni, am Urfahrmarkt in Linz.

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Wir werden alle sterben

Zwischen 9. und 11. Mai findet im Wiener Filmcasino zum bereits 10. Mal das SLASH 1/2 statt. Diesmal hält man es mit der deutschen Band Knorkator:

„Wir werden alle sterben.”

Seit 2010 organisiert das Team rund um Markus Keuschnigg mit viel Gespür und noch viel mehr Herzblut (pun intended) das SLASH Filmfestival im Herbst, das sich im intelligent-witzigen Spannungsfeld zwischen Horror, Fantasy & Science Fiction bewegt. In unregelmäßigen Abständen lädt das SLASH auch zu Film-Premieren ins Wiener Filmcasino, wie zuletzt nicht nur zu „Des Teufels Bad” mit David Scheid und Anja Plaschg, sondern auch zum Kloster-DeibelSchocker „Immaculate” mit Sydney Sweeney. Seit 11 Jahren kredenzt Kurator Keuschnigg im Filmcasino zudem im Rahmen von SLASH X-MAS auch eine Flucht aus der süßlich-besinnlichen Vorweihnachtszeit, während er im Rahmen von SLASH 1/2 nun in seiner mittlerweile 10. Auflage und ebenfalls im Filmcasino als Gegenpol zu aufkeimenden Frühlingsgefühlen (igitt!) den Gruselpegel auf Anschlag pfeffert – so auch heuer vom 9. bis 11. Mai. An drei Tagen stehen insgesamt 12 Filme auf dem Programm, die alle im schaurigen Zwischenton flüstern: „Wir werden alle sterben.” Die Frage ist immer nur wie, wo, warum

Late Night With The Devil ist das Langspiel-Debüt des australischen Regie-Brüderpaars Cameron und Colin Cairnes, mit David Dastmalchian („The Dark Night”, „Dune”, „Oppenheimer”) in der Hauptrolle. HorrorMaestro Stephen King urteilt knackig: „absolutely brilliant”. Selten hat er so recht gehabt!

und wie lange. Und darauf gibt es natürlich mannigfaltige Antworten.

So gibt „Acid” bereits einen Vorgeschmack auf das, was uns in nur wenigen Wochen auch in Österreich blühen wird: Während einer Hitzewelle in Frankreich türmen sich gewaltige Wolken auf, die sich in sauren Schauern entladen. Und die fressen sich durch alles. In „Bitten” wird der behüteten Klosterschülerin Françoise prophezeit, dass sie noch vor dem nächsten Sonnenaufgang sterben wird. Klar, dass sie vor ihrem Abgang jugendlichem Furor freien Lauf lassen will. In „Boy Kills World” begibt sich eine taubstumme Waise (Bill Skarsgård, „Es”) auf einen Rachefeldzug gegen das diktatorische Establishment, das seine Mutter und seine Schwester getötet hat. Bei „Cuckoo” reisen wir gemeinsam mit Gretchen (Hunter Schafer, „Euphoria”) in ein Ferienresort inmitten der bayerischen Alpen. Doch dort lauern die Abgründe nicht nur zwischen den Berggipfeln. In „In A Violent Nature” bleiben wir in der Natur, in der so gar keine Ruh’ ist: Eine stoische Killermaschine im Stile eines Michael Myers bahnt sich hier

ihren Weg durch einen abgelegenen kanadischen Wald. Genial: Statt mit schnellen Schnitten (hihi) wird hier mit langen Einstellungen erzählt. Bei „Krazy House” steht eine konservative amerikanische Familie (Nick Frost, Alicia Silverstone) im Fokus, die (wie auch ihr Haus) von moralisch flexiblen russischen Handwerkern demoliert wird. Den Halloween-Abend von 1977 erleben wir in „Late Night With The Devil”: Hier sind wir Gäste einer Talkshow, die sich um übernatürliche Phänomene dreht – und dabei die Büchse der Pandora öffnet. In „Nightwatch” und der Fortsetzung „Nightwatch: Demons are Forever” streifen wir durch die Gänge der Kopenhagener Pathologie und müssen leider feststellen, dass nicht alle, die gestorben sind, auch tatsächlich gestorben sind. Den Bogen zum letzten SLASH Filmfestival, bei dem die Arachnophobie im Fokus stand, spannen und spinnen wir mit „Sting” – einem Film, in dem ein zwölfjähriges Mädchen eine Spinne adoptiert. Klar, dass dieses possierliche Tierchen in seinem Wachstum auch Nahrung benötigt, oder? „Suitable Flesh” basiert auf der Kurzgeschichte „The Thing on the Doorstep” von H.P. Lovecraft, das Drehbuch stammt von Dennis Paoli, der unter anderem auch für die Kultklassiker „Re-Animator” und „From Beyond” (!) verantwortlich zeichnete: Hier tauchen wir mit der Scream-Queen Heather Graham in Bodyswitch-Exploitation ein. Und schließlich: In „When Evil Lurks” reisen wir in ein abgelegenes argentinisches Dorf, wo ein von Dämonen infizierter Mann im Begriff ist, das Böse selbst zu gebären. Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber ich fühle mich schlagartig geheilt von gefühlsduseligen Frühlingspollen.

Foto: Polyfilm
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TEXT: STEFAN BAUMGARTNER

ewig währt

SDie Mensch-Maschine Kraftwerk führt vor dem pittoreske

Elektronische Musik paart sich mit Computeranimationen

ein erstes Mal vergisst man nie. Es war 1993 und der Verfasser dieser Zeilen süße 16. Keine Angst: Es geht hier nicht um persönliche Sexbekenntnisse. Die Rede ist natürlich von meinem ursprünglichen KraftwerkErlebnis. Von den Eltern vorm Linzer Brucknerhaus abgesetzt, wo die Düsseldorfer Band damals im Rahmen der Ars Electronica auftrat, passierte mir

FILMTIPP

„Fraktus” aus dem Jahre 2012 ist eine Mockumentary mit Jacques Palminger, Heinz Strunk & Rocko Schamoni. Hierin geht es um die Band Fraktus, die (und da sind sich alle von Scooter über Blixa Bargeld bis Dieter Meier einig) den Techno erfunden haben ... Klingt doch ein bisschen nach Kraftwerk, oder?

noch vor der Tür ein Fauxpas. Mit routiniertem Blick erspähte ein fliegender Händler aus Großbritannien mein naives Antlitz und schwatzte mir ein schwer inoffizielles und noch dazu schlecht gemachtes Roboter-Shirt auf.

Ich habe es jahrzehntelang behalten, als Zeichen meiner Schmach. Meine Konzertpremiere fernab von EAV und irgendwelchen Stadtfesten begann also

mit einer Niederlage. Müßig zu ergänzen: Drinnen am Verkaufsstand gab es viel schöneres Merchandise. Tja, ich musste passen, das mitgebrachte Geld hatte ich bereits einem skrupellosen Inselbewohner übergeben.

Was mit stotterndem Motor begann, wurde dann doch noch ein furioser Abend. Nach einigen Jahren Schaffens-

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Fotos: Peter Boetticher, Axis Records, Wilhelm Murnau Stiftung, Philipp Rathmer

am längsten

esken Ambiente des Schloss Schönbrunn durch ihr Œuvre: nen zu einem Gesamtkunstwerk.

Kraftwerk

wurde 1970 in Düsseldorf von Ralf Hütter und Florian Schneider gegründet und gilt als wesentlicher Wegbereiter für alles, was danach (nicht nur) in der elektronischen Musik passiert ist. Das „Multimedia Projekt” Kraftwerk beeinflusste zahlreiche Größen von David Bowie über Björk, Joy Division und Depeche Mode bis hin zu Rammstein. Ralf Hütter als „Audio Operator” ist heute einzig verbliebenes Ur-Mitglied.

pause waren Kraftwerk Anfang der 1990er im Zuge der Techno-Welle gerade wieder aktiv geworden und ließen sich und ihr in der Geschichte der elektronischen Musik einzigartig einflussreiches Werk feiern. Wobei die Party wohlgemerkt nur im Publikum stieg. Mastermind Ralf Hütter und seine Mitarbeiter – der nüchterne Terminus trifft es besser als Bandkollegen – verharrten

auf der Bühne stoisch vor ihren Bildschirmen. Im Zugabenteil wippte Hütter ein bisschen mit dem Beat mit – für seine Verhältnisse der Gipfel der Ekstase.

Ich liebte (und liebe bis heute) Kraftwerks Musik, die bis zur Monotonie repetitiv ist, aber gleichzeitig auch unglaublich zart und melodiös. Auf ihren

besten Platten gelang Kraftwerk der Spagat aus kühler Distanziertheit und romantischen Harmonien, aus Maschinen und Pop. Mit dem schier endlosen, unwiderstehlichen Titelsong ihres Albums „Autobahn“ begründeten sie 1974 ihre Karriere. 50 Jahre später ist das Stück ein zeitloser Klassiker wie Songs der Beatles oder Beach Boys (nur dauert er rund 20 Minuten länger als diese).

Ihre beste Phase hatten Kraftwerk in den späten Siebzigern und frühen Achtzigern. Da nahmen sie drei makellose Alben auf, die man immer und immer wieder hören kann. Auf „Trans Europa Express“ (1977) kombinierten sie futuristische Technologie mit charmanter Nostalgie. Der Nachfolger „Die Mensch-Maschine“ (1978) war die Geburtsstunde der Roboter, die seither auf jeder Tour mitreisen – und fast schon beängstigend perfekt. Vom Artwork über die Texte bis zu jedes einzelnen Bumm- und Tschack-Sound stimmte einfach alles. Mit „Das Model“ enthält die Platte auch den größten Hit der Formation.

Es ist oft davon die Rede, dass Kraftwerk ihrer Zeit voraus waren oder die Zukunft vorhergesehen haben. Tatsächlich trifft das vor allem auf „Computerwelt“ (1981) zu. Musikalisch lieferte dieses

Opus den Blueprint für alles, was sich in den Jahren danach an Elektro und Techno entwickeln sollte. Und inhaltlich? Sahen Kraftwerk den Siegeszug des „Heimcomputer“ voraus, hatten in „Computerliebe“ eine Vorahnung von Online-Dating und prognostizierten im Titelstück gespenstisch akkurat, wie wir heute unter Maschinen leben: „Interpol und Deutsche Bank / FBI und Scotland Yard / Flensburg und das BKA / Haben unsere Daten da / Nummern, Zahlen, Handel, Leute / Computerwelt.“

Gleichzeitig war „Computerwelt“ das letzte wirklich bedeutende Werk. Ein paar Jahre war die Gruppe ihrer Zeit voraus gewesen, danach holte der Rest der Musikwelt auf. Heute sind die Herren aus Düsseldorf auch ohne ihr Zutun überall, denn ihr Einfluss lässt sich auf so gut wie jeden zweiten Popsong nachweisen. Sie hatten ihre Zeit und könnten

Der Bayer Karl Bartos war von 1975 bis 1990 LiveSchlagzeuger und Co-Komponist bei Kraftwerk, unter anderem entstammen die Titel „Tour de France” und „Das Model” auch seiner Feder.

Als eine „Tour de Force” hingegen wird der Stummfilmklassiker „Das Cabinet des Dr. Caligari” bezeichnet: 1920 schuf der in Breslau geborene Robert Wiene dieses Meisterwerk des Schreckens, ein Film, bei dem Schein und Sein ein sinistres Doppelspiel liefern. Verlangsamte oder übertriebene Bewegungen, exzentrische Körpersprachen, das permanente Spiel mit unterschiedlichen Perspektiven und Räumen und nicht zuletzt die Gestalten mit dunkel umrandeten Augen und starren Blicken faszinierten und schockierten gleichermaßen. Der Film entstand unter den Eindrücken des Ersten Weltkrieges und sah die Machenschaften des despotischen Nazi-Regimes voraus, wenn er von einem Schlafwandler, der tagsüber vom zwielichtigen und tyrannischen Dr. Caligari als Jahrmarktsattraktion herumgezeigt wird und nachts Morde begeht, erzählt.

Dem „Cabinet“ verfiel nicht nur etwa David Bowie oder Star-Regisseur Tim Burton, sondern eben auch Bartos, der dem Stummfilm über viele Jahre hinweg in akribischer Detailarbeit ein Klangkorsett bastelte, das nun Anfang Februar endlich öffentlich präsentiert werden konnte. Ursprünglich plante Bartos naheliegend, einen elektronischen Klangkörper für den Film zu verfassen, was aber nicht passte. Da der Film ein Produkt des 20. Jahrhunderts ist, jedoch in der Zeit der Romantik und mit Rückblenden ins 18. Jahrhundert spielt, entwickelte Bartos schließlich ein Sinfonie-Konzept, das auf Geräusche, den Wahnsinn des Films und eine plastische Aura setzt.

n Mit seinem musikalischen Partner Mathias Black trägt Bartos den Soundtrack zum abgespielten Film am 4. November live im Wiener Gartenbaukino vor.

TECHNO-LEGENDE JEFF MILLS SETZT SICH VIELSCHICHTIG MIT „METROPOLIS” AUSEINANDER

Jeff Mills zählt als einer der ganz großen Vertreter des Detroit Techno, eine Sparte der elektronischen Musik, die zwischen Electro, EBM und Industrial changiert und so besonders hypnotisierend wirkt. Mills hatte neben der Musik aber immer schon zwei weitere Obsessionen: einerseits den Weltraum und andererseits den Film. Über die Jahre hat er immer wieder Platten herausgebracht, die von seinen Lieb lingsfilmen inspiriert waren, kein anderer Film hat ihn jedoch so stark beschäftigt, beeinflusst und in spiriert wie Fritz Langs monumentaler Stummfilm „Metropolis” aus dem Jahre 1927. In „Metropolis” reisen wir in eine futuristische Großstadt mit ausgeprägter Zweiklassenge sellschaft, er lehnt sich also an das marxis tische Bild des Kapitalismus an: Es ist ein Epos aus ferner Zukunft, wo die Reichen in paradiesischen Zuständen leben, wäh rend die Armen, dem unmenschlichen Diktat der Technik unterjocht, rund um die Uhr malochen.

Im Jahr 2000 hat Mills den Streifen zum ersten Mal vertont und dabei die Art Déco-Architektur und die Szenen der proletarischen Revolte in schimmernden, abstrakten Synth-Klängen und treibendem Techno aus Publikumssicht eingefangen. 2017 schrieb er eine Fassung aus der Sicht der Cha raktere – diese wurde jedoch nie veröf fentlicht. Mit dem aktuellen Score „Metropolis Metropolis” nimmt er nun die Perspektive der Film figuren, der Maschinen und der Technologie ein. n Jeff Mills präsentiert sein „Metropolis Metropolis” am 3. Juni im Wiener Gartenbaukino, und zwar zur gesamten restaurierten Fassung des Films aus dem Jahre 2010 – also knapp zweieinhalb Stunden.

EX-KRAFTWERK-MUSIKER KARL BARTOS

es längst sein lassen. Tatsächlich sind nach und nach drei von vier Mitgliedern des klassischen Lineups ausgestiegen. Mitgründer Florian Schneider, der als die Seele von Kraftwerk galt, verstarb 2020.

Dass die Mensch-Maschine trotzdem verlässlich läuft und läuft und läuft wie der Volkswagen, dessen Hupen Kraftwerk einst für das Intro von „Autobahn“ verwendeten, ist das Verdienst von Ralf Hütter. Er war von Anfang an für den Großteil der Musik verantwortlich. Irgendwann wurden die Ideen weniger, der technologische Vorsprung der Band geringer. Anstatt in Folge mediokre Alben zu veröffentlichen, begann Hütter schon in den Neunzigern mit dem Remix-Album „The Mix“ selbst mit der

vorzeitigen Verwaltung des Nachlasses.

Seit auch schon wieder fast 15 Jahren tourt Kraftwerk nun mit einem Greatest-Hits-Programm samt eindrucksvoller 3D-Show durch die Weltgeschichte. Lediglich kleine Sounddetails und Feinheiten bei den Videoprojektionen änderten sich in diesem Zeitraum noch. Ralf Hütter ist inzwischen 77 Jahre alt und erfreut sich guter Gesundheit. Trotzdem dürfte im Hintergrund daran gearbeitet werden, in Zukunft nur mehr die Kraftwerk-Roboter, die traditionell für das Stück „Die Roboter“ auf die Bühne kommen, auf Tournee zu schicken. Dann könnte die Band ewig touren.

Das Interesse ist ungebrochen: Seit Jahren spielen Kraftwerk weltweit für ein bunt gemischtes Publikum zwischen

17 und 70. In Österreich war die Show zuerst 2014 an mehreren Abenden im Burgtheater zu erleben, 2018 im Römersteinbruch St. Margarethen und nun vor Schloss Schönbrunn. Auf mysteriöse Weise scheint sich Kraftwerks Musik ständig aus sich selbst heraus zu erneuern. Anders gesagt: Was einst visionär war, klingt heute im besten Sinne zeitlos.

Schon 2003 beantwortete Ralf Hütter in einem seiner seltenen Interviews die Frage eines englischen Journalisten, ob Kraftwerk unsterblich seien, wie folgt: „In a way, yes. In German there is a saying: ,Ewig währt am längsten.’“ Länger als das T-Shirt, das meine Frau zurecht irgendwann entsorgt hat.

n Kraftwerk gastieren am 6. Juli im Ehrenhof des Schloss Schönbrunn.

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TOS VERTONT „DAS CABINET DES DR. CALIGARI”

Let’s talk

Von Themen wie „Was guter Sex mit der Psyche zu tun hat“ hin zu den skurrilsten Sexunfällen berichtet der TV- und Social-Media-Star, Deutschlands bekannteste Sex- und Beziehungsexpertin Paula Lambert, auf gewohnt humorvolle Weise, wie man es schafft, endlich ein befriedigtes Leben zu führen.

S@x Education mit Paula Lambert

about Sex

Paula Lamberts neues Programm „S@x Education“ ist eine schamlose Gruppentherapie, die unser aller Leben verbessern soll.

Im intimen Interview verrät Deutschlands bekannteste Beziehungsexpertin, was selbst für sie tabu ist, was Männer lernen müssen und warum Donald Trump niemals vernünftigen Sex hatte.

Die Wahl-Berlinerin Paula Lambert, 49, ist Autorin, Podcasterin („Paula lieben lernen“, „4 Brüste für ein Halleluja“) und Fernseh-Talkerin („Paula kommt“ auf sixx). Im Herbst beglückt die Mutter zweier Söhne (19, 16) ihre breite Fan-Community mit einem neuen Live-Programm: Das Konzept von „S@x Education“ verspricht ein unterhaltsames „Worst of“ aus dem menschlichen Sex- und Liebesleben und bietet auch dem Publikum die Möglichkeit, offen über ihre Beziehungsprobleme zu sprechen.

In deinem neuen Programm dreht sich alles um Sex, Gefühle und Beziehungen. Wie wichtig ist Sex für eine Beziehung? Für mich persönlich ist der körperliche Austausch sehr wichtig – aber nicht wegen der Jagd nach Orgasmen. Mir geht es darum, beieinander zu sein.

Klar ist aber: Alle Menschen hätten gern Sex, und wenn sie keinen haben, sind sie unzufrieden. Frauen sind hier wieder einmal die Leidtragenden des Patriarchats. Inwiefern? Männer haben noch nicht gelernt, genau zu sagen, wie es ihnen beim Sex eigentlich geht. Damit meine ich nicht den Akt direkt, sondern den emotionalen Austausch, der damit einhergeht. Wir alle leiden darunter, dass wir uns nicht über unsere tatsächlichen Bedürfnisse austauschen können. Sex ist ein wahnsinnig distanzierter Akt, der nicht viel mit dem zu tun hat, was wir uns erhoffen, erwünschen und erträumen.

Warum fällt es dir so leicht, über Sex zu sprechen? Für viele Menschen ist das Thema schambesetzt. Dieser Filter fehlt in meinem Hirn scheinbar (lacht). Tatsächlich habe ich im Laufe der Jahre gemerkt, dass nichts Schlimmes passiert,

wenn ich darüber spreche. Und dieses Gefühl gebe ich meinem Publikum weiter: Ihr müsst euch für gar nichts schämen!

Für dich selbst ist auf der Bühne nichts tabu? Was mein Partner und ich privat miteinander teilen, geht niemanden etwas an. Aber ich spreche offen über die Lehren, die ich aus meinem früheren Scheitern ziehe.

In „S@x Education“ kann das Publikum Fragen stellen. Mir geht es darum, das Leben aller Menschen auf heitere Art zu verbessern. Der schönste Moment für mich ist, wenn die Leute den Mut finden, sich auf einer so persönlichen, so tief emotionalen Ebene zu öffnen.

Daraus ergeben sich ebenso therapeutische wie unterhaltsame Momente. Aber warum sprechen deine Fans mit

Foto: Lookfamed GmbH |23
TEXT: HANNES KROPIK

dir in der Öffentlichkeit über intime Dinge, die sie privat lieber für sich behalten? Weil man zu Menschen, die man – wie mich – aus dem Fernsehen kennt, eine gewisse Nähe verspürt. Und weil sie wissen, dass ich aufgrund meiner eigenen Kindheitsgeschichte eine vertrauenswürdige Gesprächspartnerin bin.

Deine Mutter war zum Zeitpunkt deiner Geburt drogensüchtig. Ich bin deshalb bei Pflegeeltern aufgewachsen. Als ich fünfeinhalb war, hat mich meine leibliche Mutter entführt und in eine andere Stadt verschleppt. Ich habe meine Pflegeeltern zwei Jahre lang nicht gesehen. Das war eine traumatisierende Zeit. Ich habe aber deshalb aus eigener Erfahrung einen Zugang zu der Kacke, in der andere Menschen gerade stecken.

Dein Publikum ist großteils weiblich, auch in deinem Podcast „Paula lieben lernen“ sind männliche Gesprächspartner die Ausnahme. Woran liegt das? Frauen trauen sich mehr, über ihre Gefühle zu sprechen. Männer fürchten immer noch, dass sie das zu Weicheiern oder Waschlappen machen würde. Um eine emotional gesunde Beziehung führen zu können, egal, ob zu einem Mann oder einer Frau, muss ich aber lernen, mit meinen Gefühlen umzugehen. Deshalb ist es total wichtig, dass möglichst viele Männer in meine Show kommen!

Es geht in diesem Punkt also weniger um das gesellschaftlich so wichtige „female empowerment“, sondern um ein „male empowerment“, also um eine Stärkung der Männer? Wir brauchen beides. Aber vor allem brauchen wir diese Ermächtigung auf Augenhöhe – und das passiert aktuell überhaupt nicht. Im Gegenteil. Wir sehen gesell-

„Donald Trump hatte noch nie in seinem Leben vernünftigen Sex, dafür lege ich meine Hand ins Feuer. Er hat gefickt, ja. Aber das ist etwas ganz anderes. Dafür brauchst du nichts als einen Penis.”

schaftlich gerade eine widerliche Entwicklung. Immer mehr Menschen lassen sich in diesen rechten Sumpf hineinfallen, in dem es nur darum geht: „Was ist mit mir?“

Siehst du dich als politische Künstlerin? Nein, aus der Politik halte ich mich heraus. Ich spreche lieber direkt mit einzelnen Menschen. Ich merke aber, dass in meinem Publikum praktisch keine Rechten sind. Die verkrümeln sich, weil sie Angst vor echter Reflexion und echten Gefühlen haben.

Und vor starken Frauen wie dir? Natürlich. Aber auch vor wahrhaft starken Männern. Keiner der faschistischen Führer war ein starker Mann, das waren immer krakelnde Typen, die zutiefst unglücklich waren.

Was macht einen starken Mann aus? Das gleiche, was eine starke Frau ausmacht: in einem gesunden Gleichgewicht mit der eigenen Kraft und den eigenen Gefühlen zu stehen. Du strebst nicht nach Umstürzen, wenn du emotional alle Tassen im Schrank hast.

Oscar Wilde hat gesagt: „Alles auf der Welt dreht sich im Sex. Außer Sex. Beim Sex geht es um Macht.“ Wenn du Sex abgekoppelt von Emotionen betrachtest, stimmt das. Donald Trump hatte noch nie in seinem Leben vernünftigen Sex, dafür lege ich meine Hand ins Feuer. Er hat gefickt, ja. Aber das ist etwas ganz anderes. Dafür brauchst du nichts als einen Penis.

Du redest und schreibst seit bald 20 Jahren über Liebe, Sex und Beziehungen – warum findest du dieses Thema immer noch so spannend? Weil sich die persönlichen Umstände und Geschichten der Leute verändern und die Handlungen und Probleme für mich stets in einem neuen Kontext erscheinen.

Was macht ein befriedigtes Leben aus? Zu wissen, wer man ist und knallhart danach zu leben, was man emotional braucht.

n Paula Lambert gastiert mit „S@x Education – Die lustigste Gruppentherapie der Welt” am 10. November im Globe Wien.

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GÄNSEHAUT

Eine Glosse von Austrofred

Diese Geschichte ist echt nichts für schwache Nerven: Ich habe die Stimme des Bösen vernommen! Wirklich wahr, ich schwöre!

Ihr habts ja sicher schon einmal von der gängigen Praxis gehört, dass Rockbands – oder auch finstere Mächte, die die Bands für ihre Zwecke missbrauchen – versteckte Botschaften auf Schallplatten hinterlassen, die man nur hört, wenn man sie rückwärts abspielt. Ich habe das als Jugendlicher natürlich extrem faszinierend gefunden und, auf Anregung von einem Schulfreund, die „British Steel”-LP von den Judas Priest rückwärts abgespielt. Heute gibt es dafür wahrscheinlich auf Spotify einen praktischen Reverse-Button speziell für die satanistische Kundschaft, aber damals habe ich dafür extrig bei meinem Plattenspieler den Antriebs-Gummi ausbauen müssen. Jedenfalls habe ich dann deutlich gehört, wie der Rob Halford mehrere Male hintereinander bedrohlich-lockend die Phrase „Woama Hauns“ wiederholt hat. Ich war vollkommen geschockt und minutenlang bewegungsunfähig. Totaler Angstzustand. Ich habe sofort den Gummi wieder eingebaut und nie wieder angegriffen, damit dieses Portal auf ewige Zeiten geschlossen bleibt. Was es mit dem Hinweis auf den

Warmen Hans wirklich auf sich gehabt hat, habe ich nie herausgefunden. Wobei ich den Nicht-Linzern und -Linzerinnen unter meinen Lesern vielleicht erklären muss, dass es sich beim Warmen Hans um einen legendären Würstelstand an der Nibelungenbrücke gehandelt hat – ideal gelegen zwischen der Linzer Altstadt und diversen Konzert-Locations und also für einen jeden, der zur Abendunterhaltung eine sinnvolle Unterlage schätzt, strategisch unverzichtbar. Ich als Einziger habe, nach dieser okkulten Botschaft, den Warmen Hans gemieden und lieber die paar Meter mehr zum Leberkas-Pepi oder anderen Würstlern auf mich genommen. Wobei das vielleicht eh ein Leger war von den dunklen Mächten, weil bei so einem Ausweichmanöver ist mir dann einmal etwas wirklich Teuflisches passiert. Und zwar bin ich da zum Wüstelstand beim Taubenmarkt, wo sie als Spezialität eine sogenannte Kafkawurst verkaufen – im Wesentlichen eine als Bosner verabreichte Käsekrainer – und ich erinnere mich noch genau, wie ich mir gedacht habe, ich habe jetzt in drei Clubs je drei Bier getrunken und der Kafka hat ge-

Austrofred ist der vielleicht wahrhaftigste Popstar Österreichs, singt er doch Austropop-Texte zu QueenMelodien und gemeinsam mit Kurt Razelli. Aber nicht nur! Seit diesem Jahr hat Austrofred mit „Barcelona” seine eigene Late-Night-Show auf ORF III, aufgezeichnet wird im RadioKulturhaus. Und nicht zu guter Letzt schreibt Austrofred Bücher, etwa über Mozart, den guten alten Schilling, prickelnde Erotik und Pferdeleberkäse. Im Oktober 2024 erscheint nun sein siebtes Buch, „Gänsehaut. Unerklärliche Phänomene erklärt”. Erste Einblicke gibt es an dieser Stelle in der aktuellen und den kommenden vier !ticket-Ausgaben.

nau drei Romane geschrieben, da wäre es nur angemessen, wenn ich mir jetzt auch drei solche Kafkawürste hineinhauen täte. Und dazu noch mal drei Bier. Das war aber ein schwerer Fehler, weil ich „fand mich“, um den Meister aus Prag zu zitieren, daraufhin „in ein ungeheures Ungeziefer verwandelt“. Zumindest aus Sicht der Linzer Passanten, die am Weg zum Hauptplatz über mich drübersteigen haben müssen.

Ich will jetzt sicher nicht die gesamte Verantwortung auf die Kräfte der Finsternis abwälzen, aber normal war das nicht.

Foto: Ingo Pertramer |25
bis zur Unkenntlichkeit und macht experimentierfreudigen Elektropop, der mal dunkel klingt, dann wieder sinnlich und aufgekratzt. Eine Liebeserklärung an eine eigensinnige Künstlerpersönlichkeit.
TEXT:

Wer ist Fever Ray? Ein mysteriöses Wesen, das alle paar Jahre mit einem neuen Album und einem neuen Äußeren zurückkehrt – um kurz darauf wieder in der Anonymität abzutauchen. Ungeschminkt auf der Straße würde man Fever Ray, bürgerlicher Name Karin Dreijer, vermutlich gar nicht erkennen, so perfekt ist das Spiel mit Maskierung und Kostümierung. Es begann bereits vor der Solokarriere, im Geschwisterduo The Knife mit Bruder Olof in den frühen Nullerjahren. Auf Promo-Fotos trugen die beiden Schweden seltsame Vogelmasken, bei ihren LiveAuftritten versteckten sie sich hinter Unmengen von Trockeneis. Als dann 2009 das Solodebüt erschien, wäre Fever Ray ob all der weißen und schwarzen Farbe im Gesicht auch gut und gern als BlackMetal-Act durchgegangen. Am Cover des Albums „Plunge“ (2017) lässt sich Karin Dreijers wahres Äußeres noch am besten erkennen. Allerdings ist ihr Gesicht solcherart mit den Lettern „FEVER RAY“

bemalt, dass das Resultat erst recht wieder fremdartig-gespenstisch aussieht. Völlig bizarr ist schließlich der Look von Fever Ray zum aktuellen Album „Radical Romantics“ (2023): Dreijer spielt ein nicht mehr klar als Frau oder Mann identifizierbares Wesen in einem schlecht sitzenden Anzug, mit blutunterlaufenen Augen und Dreiviertelglatze. Die möglichen Assoziationen dazu reichen von queerem Alien (Riff Raff aus der Rocky Horror Show?) bis creepy Buchhalter.

Verrückt genug? Die Musik steht dem um kaum etwas nach. Im Grunde macht Fever Ray zwar Elektropop, wie er seit den Achtzigern gängig ist. Es handelt sich um eine nach so vielen Jahren sehr klar definierte Musik, bei der man als Hörer von den Synthiebässen über die Melodielinien bis zu den Beats eigentlich genau weiß, was zu erwarten ist. Nur bürstet Fever Ray diesen Sound gegen den Strich, bis er ungewohnt anders klingt, lässt genreuntypische Instrumente und tribales Getrommel er-

klingen.

Und dann ist da diese Stimme. Schon seit dem Debüt von The Knife im Jahr 2001, mit dem Dreijer zum ersten Mal international auf sich aufmerksam machte, ist der Gesang das Alleinstellungsmerkmal. Die Stimme wird oft stark verzerrt und verfremdet, der Ton ist mal schrill, dann wieder maskulin und heiser. Bisweilen klingt Fever Ray wie die schwedische Schwester im Geiste von Björk. Allerdings ist die Musik nicht derart entrückt von der echten Welt wie die der Isländerin. So seltsam fast alles an Fever Ray erscheint, kommt ihre Musik doch mitten aus dem Leben. Blickt man hinter die Maske, ist die Kunst oft sehr von privaten Dingen bestimmt und gibt Auskunft darüber, wo Karin Dreijer gerade steht.

Geboren 1975 in Göteborg, wuchs sie mit ihrem sechs Jahre jüngeren Bruder Olof in einem linksliberalen Haushalt auf. Musik spielte von früh an eine Rolle. Mit 19 war Dreijer Sängerin der schwedischen Rock-

Fick die

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Fotos: Nina Andersson, Alex Waespi

e Norm

wohin es Dreijer später ziehen sollte. Es war fest verwurzelt im amerikanischen Indierock der Neunziger – einige Songs würden auch heute noch gut in die Rotation von FM4 passen. An der Stimme freilich erkennt man Dreijer, die klang auch damals und ohne große Effekte darauf bereits einzigartig.

HINWEIS

Um – passend zum Spielort St. Pölten – die Landesregierungsvertreter*Innen Niederösterreichs vollends aus der Fassung zu bringen, wurde Dreijer im Text mit weiblichen Pronomen versehen, wenn es sich um Momente ihres Lebens handelt, als sie sich noch als Frau identifizierte. Für die Zeit danach wurde sich um eine genderneutrale Ansprache bemüht.

Dreijer

Schweden, gemeinsam mit Bruder Olof musizierte Dreijer in der inzwischen aufgelösten experimentellen Electro-Band The Knife. Unter dem Pseudonym Fever Ray veröffentlichte Dreijer bisher drei Studioalben, „Fever Ray” (2009), „Plunge” (2017) und zuletzt „Radical Romantics” (2023). Dieses wurde von Trent Reznor und Atticus Ross (Nine Inch Nails) produziert und erinnerte viele Kritiker an Björk.

Die ersten Erfahrungen der jungen Sängerin mit der Musikindustrie verliefen ernüchternd bis frustrierend. Honey Is Cool sollte einfach eine lässige Gitarrenrockband mit ein paar Freunden sein. Weil ihr aber eine junge Frau vorstand, wurde sie jedoch als „Mädchenband“ vermarktet. Konzerte auf Festivals waren schwer zu bekommen, da es oft nur einen Quoten-Slot für weibliche Acts gab. Von Gitarren und Rockfestivals hält sich Karin Dreijer seither fern.

1998 zog sie mit ihrem Bruder, der in der Zwischenzeit begonnen hatte elektronische Musik zu produzieren, nach

Karin stammt aus

Stockholm und gründete das Duo The Knife. In den Nullerjahren legte die Band drei Alben vor, die Dreijers Karriere begründeten: „The Knife“ (2001), „Deep Cuts“ (2004) und das Meisterstück „Silent Shout“ (2006). Die Musik war tanzbar, aber auch leicht neben der Spur. Schon „Neon“, der erste Song am Knife-Debütalbum, ist ein Wettstreit zwischen coolen Beats, Dreijers Stimme und einem in diesem Kontext sehr ungewöhnlichen Instrument – einem Saxofon. Zwischendurch kam den Geschwistern immer wieder mal ein Hit aus. Vor allem „Heartbeats“ aus dem Jahr 2004 fasziniert bis heute mit einer Mischung aus nordisch-kühlen Stimmungen und karibisch wirkenden Percussions. In gewisser Weise war das Projekt nach ein paar Jahren auserzählt. Die Dreijers machten im Anschluss noch Musik für eine Oper über Charles Darwin und legten 2013 überraschend das Doppelalbum „Shaking the Habitual“ vor. Trotz einiger starker Momente erwies es sich als ziemlich verkopftes Werk über feministische und queere Theorien. Vor lauter Konzepten vergaßen die beiden ein bisschen auf die Musik.

Zu der Zeit hatte Karin Dreijer längst ihre Solokarriere als Fever Ray lanciert. Inspiration ihres fantastischen, selbstbetitelten Debütalbums von 2009 waren die Schattenseiten des Lebens in einer Kleinfamilie. Als zweifache Mutter litt Dreijer, die damals Dreijer-Andersson hieß und mit einem Programmierer verheiratet war, zu der Zeit unter häufigem Schlafentzug. Die geisterhaft-nervösen Stimmungen der Songs rührten also nicht etwa von daher, dass die Musikerin in den schwedischen Wäldern bizarre Rituale abgehalten hätte, als ganz profan von der überreizten Wahrnehmung einer Frau, die kurz vorm Nervenzusammenbruch stand. In den wenigen Interviews zur Platte sprach sie davon, wie sehr sie mit der Mutterrolle und dem Konzept Kleinfamilie haderte. Denn obwohl Schweden in gesellschaftlichen Dingen einen sehr fortschrittlichen Ruf hat, werde von Frauen auch doch stillschweigend erwartet, dass sie bei den Kindern zu Hause bleiben, während der Mann Karriere macht.

Ganze acht Jahre ließ Dreijer – frisch geschieden – ihre Fans auf neue Musik von Fever Ray warten. Als „Plunge“ 2017 end-

Arlo Parks

ist eine britische Sängerin mit Wurzeln in Nigeria, im Tschad und in Frankreich. Bisher erschienen zwei Alben von ihr, „Collapsed in Sunbeams” (2021) und „My Soft Machine” (2023), 2022 gastierte sie umjubelt am renommierten Montreux Jazz Festival. Hierzulande konnte sie mit ihrem Bedroom-Pop, der um identitätspolitische Standpunktsuche kreist, erst vergangenes Jahr auch am LIDO SOUNDS überzeugen.

lich erschien, klang es wie eine Explosion, ein Befreiungschlag. Die Songs waren viel direkter, beatlastiger und körperlicher als die des Erstlings. In den Texten prallten das Private und das Politische aufeinander. „Every time we fuck we win“, skandierte Drejier mit schriller Stimme. Und: „This country makes it hard to fuck!” Die Gespräche zum Album verliefen ganz anders als zuvor, Dreijer hatte wieder begonnen auszugehen, sprach über Tinder-Dates und Clubnächte. Inzwischen begriff sich Dreijer als genderfluid. Die Musik auf „Plunge“ klang entsprechend aufgekratzt, hungrig nach neuen Erfahrungen. Vorbei mit tradierten Geschlechterrollen und Normen, hier verwarf Fever Ray diese als langweilig, tauchte in neue Welten ein. Umso überraschender kam es, dass Fever Ray auf dem folgenden, aktuellen Album „Radical Romantics“ das tat, was alle anderen auch machen: Lieder über die Liebe singen. Freilich mit ganz eigenem Blickwinkel: Dreijer verwirft die Liebe als Gefühl – sie sei vielmehr eine Handlung. Dazu ringt Fever Ray dem durchdeklinierten Genre Elektropop wieder erstaunliche Rhythmen, Sounds und Melodien ab, ein paar Songs entstanden mit Bruder Olof, der nach Jahren in Berlin wieder in Schweden lebt (Manche Beziehungen sind eben langlebiger als andere.). An einer Stelle der Platte schreit Fever Ray einen Jungen an, ihr Kind in der Schule nicht mehr zu mobben. Es ist ein so großartiger wie verstörender Moment. Im Alltag würde man sich fragen: Passiert das gerade wirklich? Der von Trent Reznor und Atticus Ross co-produzierte Song heißt „Even It Out“ und ist als Crashkurs der beste Einstieg in Dreijers wunderbar weirde Welt. Nichts und niemand sieht so aus wie Fever Ray. Und es klingt auch niemand so.

n Fever Ray gastiert am 7. Juli am Domplatz St. Pölten. Davor: Arlo Parks, HVOB, Salamirecorder & The Hi-Fi Phonos.

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Kein Spazierg Einstürzenden

Am Osterwochenende luden die Einstürzenden Neubauten Unterstützer der Band zu einer einmaligen Zeitreise durch Berlin: Es war (k)ein Spaziergang durch Ost und West, bei dem sie die Mauer einstürzen ließen und Rampen errichteten.

Am frühen Samstagnachmittag traf Bassist Alex Hacke die grob 200 angereisten Neubauten-Fans im Humboldt Forum und lud zu einem kulturell angehauchten „Spaziergang” durch die Museumsinsel. Doch, so betonte er, verwehre er sich heftig der Bezeichnung des „Spaziergangs”, haben die Rechten immerhin diesen Begriff für ihre Demonstrationen vereinnahmt. Vor dem aktuell geschlossenen Pergamonmuseum gab er eine Anekdote zum Besten: Er, sein Bandkollege N. U. Unruh und Khan of Finland verhalfen 2012 dem türkischen B-Movie „Kilink Istanbul’da” (1967) in den ehrwürdigen Museumsräumlichkeiten live zu einem neuen Filmscore, da es ursprünglich so billig produziert war, dass man einfach den „James Bond: Goldfinger”-Soundtrack verwendete. Über den Hackeschen Markt (der nicht ihm gewidmet ist) ging es schließlich weiter ins Haus Schwarzenberg, in dem vor allem die Ausstellung von „Many Tentacles” und das „Monsterkabinett” für Aufsehen sorgten, bevor schließlich im heimeligen Cuore di Vetro die spezielle Eiscreme „alien pop music” verkostet werden durfte: Guido Dorigo, ein Abbild des jungen Blixa, hat mit der Vanille-MohnCreme ein deliziöses Tribut an das neue Album der Neubauten geschaffen.

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gang vorbei an Altmauern

Am Sonntagvormittag lud Sänger Blixa Bargeld zu einer mehrstündigen, mit launigen Anekdoten gespickten Bus-Tour durch „sein” Berlin: Beginnend beim ehemaligen Flughafen Tempelhof, in dem sich heute das Candy Bomber Studio befindet, wo die Neubauten ihr aktuelles „Rampen”-Album aufnahmen, führte die Fahrt etwa vorbei am Insulaner-„Hügel” des Grazer Damms, der in „Alles in Allem” Erwähnung findet, an der Friedenauer Brücke, unter deren Rampen (ein Zufall?) das Video zum „Trinklied” der Neubauten gedreht wurde oder auch am Wasserturm des Deutschen Technikmuseums, in dem die Neubauten „DNS-Wasserturm” aufnahmen. Ein Stopp war zudem nicht nur das Tritonus Studio an der ehemaligen Grenze zwischen Ost- und West-Berlin, in dem Blixa mit Nick Cave und den Bad Seeds gerade den „Weeping Song” einspielte, als die Mauer fiel (!), sondern freilich auch die Hansa Studios, in dem nicht nur etwa David Bowie und U2 aufnahmen, sondern gar Jimmy Page mit Caterina Valente.

Höhepunkt des Oster-Wochenendes war am Sonntagabend freilich das spezielle Konzert der Einstürzenden Neubauten in der Betonhalle des Silent Green: Bei diesem intimen Happening taggleich zum 44. Bandjubiläum wurden fast ausschließlich in Eigenbezeichnung „Rampen”, also Live-Improvisationen, gespielt – und so war es nur treffend, dass man erst über eine Rampe in die unterirdisch gelegenen Katakomben des ehemaligen Weddinger Krematoriums gelangte. Eröffnet wurde der Abend natürlich mit „Wedding” von „Alles in Allem”. Dass es nicht bei diesem Flüsterton bleiben würde, ahnte man, das blitzende Trumm von Mosers selbstkonstruiertem Schlagwerk, darunter eine ausladende Stahlfeder und Kesselpauke, vor Augen; Sogleich folgte mit „Come Up And Break Something” ein Passionsspiel mit einer Holzkiste, die Unruh und Bargeld vor laufenden Mikrofonen zerlegten: klingt schräg, klang auch so. Von „Silence is Sexy” wurden auch „Sonnenbarke” und das furios-stiebende „Redukt” gespielt, vom neuen „Rampen”-Album etwa das pulsierende „Ist ist” – zwischendrin stets eingewoben Improvisationen wie die „Federrampe” und der „Turbinenakkord”. Man darf gespannt sein, welche Spompanadeln sich die Neubauten dann für ihr Konzert am 5. September in der Wiener Arena einfallen lassen, ist immerhin schon ihr aktuelles Stück „Ick wees nich” 2022 spontan live bei einer „Rampe” ebenfalls in der Arena entstanden ...

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Am Sonntag konnten in der Betonhalle auch einige der Instrumente, die Perkussionist N. U. Unruh im Laufe ihrer Geschichte speziell für die Neubauten entwickelt hatte, bestaunt werden –darunter eine Stacheldraht-Harfe, der „Air Cake”, einer Konstruktion aus einem DDR-Plattenspieler und Plastikflaschen, oder auch die „Guillotine de Magritte” –, bevor am Montag Gitarrist Jochen Arbeit live in der Kuppelhalle des Silent Green einige der Gerätschaften zeigte, die auf der letzten Tour und am aktuellen Album zum Einsatz kamen, um „schönen Lärm” zu kreieren – einige davon wurden vom niederländischen Instrumentenbauer Yuri Landman, der etwa auch für Sonic Youth, Dinosaur Jr. und Melt-Banana tätig war, erschaffen: Darunter befand sich auch eine modifizierte ComputerFestplatte!

Es gab Zeiten, in denen das Reisen vornehmlich der Bildung diente: Oscar Wildes Umtriebigkeit förderte angeblich die „Veredelung des Geistes“, Johann Wolfgang von Goethe wollte aus Italien „etwas in der Seele“ nach Hause retten, „was immer wachsend sich vermehrt“. Doch: Tempi passati. Längst kann man gar nicht genug des körperlichen Wohls haben, seit die Wellness-Welle rollt, kommen Bauch, Beine und Po groß raus: „Der Leib ist nicht länger der lästige ,Bruder Esel‘ (Luther), sondern ein verwöhntes Kätzchen, das gehätschelt werden will, und zwar so oft wie möglich“, schreibt Dieter Richter im „Jahrbuch für Reise- und Tourismusforschung“. In Deutschlands Süden versprechen Zirbenpackungen auf der Schwebeliege höchstes Wohlgefühl, Schönheitsbehandlungen inmitten der Landschaft von Rioja schwören auf spanischen Wein. In Jordanien wird zwischen Wasserfällen entspannt, auf Sri Lanka gibt’s Ayurveda-Kuren und auf den Malediven verjüngende Como Shambhala-Massagen.

Doch bekanntlich muss man nicht ausschließlich in die Ferne – in demnach schon naturgemäß esoterisch anheimelnde Gefilde – schweifen; oftmals reicht bereits ein kurzer und kurzweiliger Ausbruch aus dem Alltag, hinein in die naheliegenden Wellness-Tempel, um den anthropomorphen Akkumulator wieder in Gang zu bringen und die somatischen Ketten und Zahnräder zu ölen.

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Dresscode: Bademantel. Und scho steht die Zeit still – Thermen sin beileibe kein Seniorenhort meh sondern dienen sogar der unermüd lich emsigen Generation als Balanc zur Unrast des Alltags.

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TEXT: STEFAN BAUMGARTNER

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Hotel EdeR FriDa

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VAMED Vitality World

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In gleich 32 Destinationen in Österreich, Italien, Kroatien, Tschechien, der Slowakei, Serbien und Slowenien lassen die Hotels & Residences des Unternehmens Falkensteiner Ihre Urlaubswünsche in Erfüllung gehen! Ob Familienurlaub am Strand oder in den Bergen, eine entspannende Wellness-Auszeit in einer Oase der Glückseligkeit und Ruhe oder ein aktiver Sporturlaub – hier finden Sie Erholung mit umfangreichem Serviceangebot und kulinarischen Highlights auf höchstem Niveau.

Rogner Bad Blumau

Größtes bewohnbares Gesamtkunstwerk, gestaltet von Friedensreich Hundertwasser. Märchenhafte Wasserwelten, zahlreiche Refugien am und im Wasser, ein lebendiger Ort, in dem alles fließt. Im Mittelpunkt steht das Wasser mit 14 unterschiedlichen Innen- und Außenbecken und zwei Thermalquellen. Allen voran die heiße Vulkania®, die stärkste Heilquelle im gesamten Thermen- & Vulkanland Steiermark. Ein Urmeer aus einer Tiefe von rund 3.000 Metern, hoch mineralisiert mit natürlichem Solegehalt. Baden wie im Meer. Wassertemperaturen von der Nordsee bis zur Südsee. Abkühlung versprechen das olympische Sportbecken und das Sprudelbecken mit Naturgrotte im Saunagarten. Auch auf die geliebten Wellen muss man nicht verzichten. Den perfekten Tagesausklang erlebt man im Vulkania® Heilsee, wenn bereits das Feuer in den Feuerkörben lodert, der Vulkan Strombolino in einem kugelroten Feuerspiel erwacht und die Welt für einen Augenblick den Atem anhält.

Fotos: Spa Resort Therme Geinberg, Falkensteiner, Hundertwasser Architekturprojekt, Eder Hotels GmbH, Heiltherme Bad Waltersdorf, Peter Baier, Thermenresort Loipersdorf

Sommer

Michael Niavarani stellt dieses Jahr im Theater im Park ab Ende Mai sein neues Stück „Venus & Jupiter – Eine göttliche Komödie” vor. Neben ihm spielen u. a. Jennifer Frankl und Otto Jaus.

In diesem „himmlischen Schabernack um Liebe, Betrug, Verwandlung und Eifersucht mit aller göttlichen Schwäche und menschlicher Ohnmacht” reist Göttervater Jupiter mit seiner Göttertante Venus nach Vindobona, um sich mit seinem Göttersohn Apollo wieder zu versöhnen. Doch natürlich kommt es in der verträumten Provinzstadt an der Donau zu gehörigen Liebesverwirrungen ...

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Fotos: Agentur 3, Stefan Joham, Lehar Festival, Martin Hesz, Seefestspiele Mörbisch, Alexander Ch. Wulz, Sommernachts Komödie R osenburg, Schloss Tabor, Wachaufestspiele, Manuel Zauner, Theater im Park, Arenaria, Musicalsommer Amstetten, Operette Langenlois, Lisa Edi, Musicalsomm er Kufstein

Wenn die urbanen Theaterbühnen in die wohlverdiente Sommerpause gehen, erwachen die zahlreichen Freilichtbühnen des Landes. Denn was gibt es Schöneres für Kultur-Fans, als an der frischen Luft und unter Sternen in einer lauen Sommernacht das breite Angebot zwischen Theater, Klassik, Oper, Operette & Musical zu genießen? Es klingt vielleicht kitschig, aber solche Abende sind einfach magisch.

Bei der Operette Langenlois steht diese Saison zwischen 25. Juli und 10. August unter der Intendanz von Christoph Wagner-Trenkwitz „Gräfin Mariza” von Emmerich Kálmán im Schloss Haindorf am Programm. „Komm’ mit nach Varasdin!”, heißt es da – und wer könnte sich dieser Einladung, noch dazu mit der unwiderstehlich schwungvollem Musik, entziehen? Zumal der Klassiker der „Gräfin Mariza” dieses Jahr seinen 100. Geburtstag feiert! So verwandelt sich Haindorf in das Schloss der exzentrischen Millionärin (Cornelia Horak), die sich vor Verehrern kaum retten kann, ihr Herz verliert die in Wahrheit Einsame aber an einen scheinbar „Unwürdigen“ (Oliver Ringelhahn) ...

Die Oper im Steinbruch zeigt zwischen 10. Juli und 24. August im Steinbruch St. Margarethen die große Oper „Aida”. Mit ihr hat Giuseppe Verdi eine große Oper über die Unsterblichkeit der Liebe geschaffen: Die Liebe zwischen der Dienerin Aida und dem Hauptmann Radames muss geheim bleiben, um nicht die Eifersucht der Pharaonentochter Amneris zu wecken. Niemand ahnt, dass Aida die gefangengesetzte Prinzessin von Äthiopien ist. Als das Los der Götter Radames zum Feldherrn in der alles entscheidenden Schlacht der Ägypter gegen die Äthiopier bestimmt, stürzt Aida in einen unauflöslichen Gewissenskonflikt ...

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TEXT: STEFAN BAUMGARTNER

Beim jOPERA Festival Sommer steht heuer zwischen 1. und 11. August im Schloss Tabor und unter der Intendanz von Alfons Haider die humorvolle, charmante Operette „Im weißen Rössl” am Programm. Im Mittelpunkt des Stücks, das in einem malerischen Alpenhotel spielt, steht die Liebesgeschichte zwischen dem Oberkellner Leopold (Martin Bermoser) und der Wirtin Josepha (Dagmar Bernhard), die jedoch von zahlreichen Hindernissen und Irrungen begleitet wird.

Der Musical Sommer Amstetten bringt zwischen 17. Juli und 24. August in der Pölz-Halle Amstetten das Blockbuster-Musical von Queen und Ben Elton, „We Will Rock You”. Hier hören wir von „We are the Champions” über „Killerqueen” bis hin zu „Bohemian Rhapsody” 24 der größten unsterblichen Songs von Queen, eingebettet in eine futuristische musikalische Komödie, die inhaltlich und optisch einen Bogen spannt, der auch an die legendären Live-Auftritte von Queen erinnert.

Die Festspiele Berndorf zeigen heuer als Hauptproduktion zwischen 9. Juli und 11. August im Stadttheater das Komödienhighlight „Pension Schöller”: Es scheint, als wäre die titelgebende, altehrwürdige Pension eher ein diskretes, kleines Nervensanatorium ... Die Hauptrolle übernimmt Andreas Steppan, an seiner Seite werden Serge Falck, Bigi Fischer, Reinhard Nowak und viele mehr zu sehen sein.

Die Wachaufestspiele zeigen diese Saison zwischen 16. Juli und 25. August im Teisenhoferhof Weißenkirchen „Hexenzeit in der Wachau”, eine Komödie mit Musik und Gesang von Susanne Felicitas Wolf. Worum geht’s? Katharina Haberhuber, eine mittellose Schneiderin, erbt das Haus einer ihr unbekannten Erbtante. Und schon beim Einzug wird klar: hier spukt es! Freuen Sie sich auf jede Menge Zauber, Charme, Chaos, Witz und Herz!

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Die Seefestspiele Mörbisch präsentieren zwischen 11. Juli und 17. August auf der Seebühne Mörbisch den Klassiker „My Fair Lady” als zeitgemäßes Musical, in den Hauptrollen erleben wir Anna Rosa Döller und Mark Seibert. Außerdem mit dabei: Marika Lichter, die seit 2006 erstmals wieder auf der Seebühne stehen wird, in der Rolle der Mrs. Higgins, sowie Kabarettist und Schauspieler Herbert Steinböck als Alfred Doolittle.

Die Felsenbühne Staatz präsentiert vom 17. Juli bis 10. August auf ihrer Felsenbühne das Musical „Evita” aus der Feder von Tim Rice und Andrew Lloyd Webber in der deutschen Übersetzung von Michael Kunze. Das Musical erzählt den Aufstieg der jungen Schauspielerin Eva Duarte (Anna Burger) zur Gattin des argentinischen Präsidenten Juan Perón (Intendant Werner Auer).

Beim Musicalsommer Kufstein erleben wir dieses Jahr zwischen 26. Juli und 11. August auf der Festung Kufstein das himmlische Musical „Sister Act”, basierend auf dem gleichnamigen Film mit Hollywood-Star Whoopi Goldberg. Das Musical wird in deutscher Sprache aufgeführt, die Musik stammt vom vielfach ausgezeichneten Alan Menken und bietet mit der bekannten, überaus spannenden Geschichte eine wahrhaft himmlische Unterhaltung für die ganze Familie. Halleluja!

Beim Musik Festival Steyr steht dieses Jahr mit Richard O’Brien’s „Rocky Horror Show” ein wahrer Musical-Klassiker am Programm, und zwar zwischen 25. Juli und 10. August im Schloss Lamberg. Übrigens: Damit kehrt das Musik Festival Steyr zu seinen Wurzeln zurück, stand dieses Grusical doch vor über 20 Jahren zum ersten Mal am Spielplan in Steyr! Nach den Auditions steht nun der diesjährige Jubiläums-Cast mit unter anderem Christian Funk, Christoph Stocker, Ben Connor, Rebecca Soumagné, Jil Clesse, Sarah Kornfeld, Michael Konicek und Nik Raspotnik fest und überzeugt mit einem gewohnt gelungenen Mix aus Newcomern und Publikumslieblingen, deren Bühnenerfahrung bis an den New Yorker Broadway (!) reicht.

Beim Märchensommer auf Schloss Poysbrunn steht diese Saison zwischen 4. Juli und 25. August das beliebte Grimmsche Märchen „Der gestiefelte Kater – neu geschnurrt” am Programm. Das Märchen wird musikalisch und interaktiv neu verpackt, sodass sich jeder, der glaubt, den gestiefelten Kater bereits zu kennen, irrt. Denn hierin geht es um das kleine Mädchen Louise, das hofft, frisch von der Stadt aufs Land gezogen, einen Hund zu bekommen: Doch statt einem Hundewelpen bringt ihr eine seltsame Postbotin ein Überraschungspaket mit dem sprechenden Kater namens Toméo ...

Das Stück dauert 100 Minuten und ist für Kinder ab 4 Jahren empfohlen, Schoßkinder bis zum 3. Geburtstag haben freien Eintritt.

Beim Märchensommer im Grazer Hof Priesterseminar wird zwischen 25. Juli und 25. August das Traditions-Märchen „Schneewittchen” für Kinder zwischen 3 und 12 Jahren „neu verzwergt”: Denn Schneewittchen versteht die ganze Aufregung um ihre Person nicht und die Sache mit der Schönheit ist ihr auch fremd. Warum sie also ihr geliebtes Schloss verlassen muss, weiß sie nicht. Doch sie findet ein neues Zuhause bei den 7 Zwergen im Wald und hat mit ihnen richtig viel Spaß ...

Die Sommernachtskomödie Rosenburg zeigt zwischen 21. Juni und 4. August im Festspiel-Zelt „Das perfekte Geheimnis”: Hier spielen sieben Freunde, darunter drei Paare und ein Single, beim gemeinsamen Abendessen ein gefährliches Spiel, denn jede Nachricht, die im Laufe des Abends auf den sieben Handys ankommt, wird laut vorgelesen, Bilder und Filmchen bekommen alle zu sehen. Schnell zeigt sich: Jede/r hat nicht nur ein öffentliches, sondern auch ein geheimes Leben ...

Die Oper Burg Gars lädt in ihrem 35. Jubiläum zu einer Sommeroper par excellence, nämlich unter der Regie von Carolin Pienkos und Cornelius Obonya zwischen 13. Juli und 3. August zum „Liebestrank” in der malerischen Kulisse der Burgarena. Hier gehen Liebe, Leidenschaft, Humor und eine Extraportion Italo-Charme eine unnachahmliche (sommerliche!) Symbiose ein, Donizettis bezaubernd leichtfüßige Melodien tun ihres dazu, dass Sie sich inmitten einer jugendlichen Sommerromanze unter Sternen wiederfinden.

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Michael Niavarani wiederholt dieses Jahr zwischen 11. Juni und 21. Juli im Theater im Park seinen „Sommernachtstraum”, eine Komödie nach William Shakespeare. Bei diesem „Polterabend” wird es unheimlich und zauberhaft, denn der Poltergeist Puck ist am Werk, wenn sich Liebende ewiges Begehren versprechen und sich dann andauernd in jemand anderes verschauen – vielleicht sogar in einen Esel? Liebeshormone machen ja bekanntlich unser aller Leben schwer!

Beim Lehár Festival stehen heuer zwischen Juli und August drei Produktionen im Kongress & TheaterHaus Bad Ischl am Programm, nämlich die Operetten „Märchen im Grand Hotel” von Paul Abraham, „Der Bettelstudent” von Carl Millöcker und von Franz Lehár „Der Sterngucker”. Große Operetten-Tradition mit hinreißender Musik und spritzigem Humor ist garantiert!

Bei den Grafenegger Sommerklängen spielt heuer zwischen 20. Juni und 8. September nicht allein die Natur die erste Geige, sondern sie tritt beim Wolkenturm in eine gekonnte Symbiose mit zahlreichen Konzerten auf höchstem künstlerischen Niveau. Während lauer Sommerwind, rauschende Baumriesen und zirpende Grillen für einen einlullenden Hintergrund sorgen, kredenzen etwa das Tonkünstler-Orchester mit mannigfaltigen Programmen, „The Music of Hans Zimmer”, „The Magical Music of Harry Potter”, die Vienna Brass Connection, das Herbert Pixner Projekt und das Bayreuther Festspielorchester einen grandiosen, hochwertigen Sommer zwischen Operette, symphonischen Werken, Jazz und Kammermusik.

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Engtanz

Engelbert Humperdinck gibt sich auch mit 88 Jahren sehr fidel. Welttournee statt Pension, das ist die Devise des lang dienenden Crooners, der seine ersten Welthits in den Sixties hatte.

Musik war von Anbeginn der Reisepass, der mir die Welt eröffnete“, sagt der ewig gut gelaunte König des Evergreen gleich eingangs. Seine Fans nennen ihn schlicht Engelbert. Auf seinen Alben prangt allerdings Engelbert Humperdick, ein Name, den er sich von einem deutschen Klassikkomponisten der Spätromantik entlieh, weil seinem Manager Gordon Mills der Geburtsname Arnold George Dorsey zu gewöhnlich für eine Sangeskarriere schien. Der in Indien geborene Brite stieg in einer idealen Zeit ins Business ein, Mitte der Sechzigerjahre, als die Beatle-Mania die halbe Welt für britische Popmusik entflammen ließ. 1967 hatte er mit der damals schon fast 10 Jahre alten Brachialschnulze „Release Me“ einen Welthit. Begonnen hatte alles damit, dass Sangeskollege Dickie Valentin erkrankte und so ein Slot in der live übertragenen Fernsehsendung „Sunday Night At The London Palladium“ frei wurde. Das Lied mit starkem Countryeinschlag schoss auf Platz 1 der britischen Charts und verkaufte sich in Folge international millionenfach.

In der Folge wurde er zum Idol jener, die ein Faible fürs Altvaterische haben. In den Sechzigern wurde er zum größten Konkurrenten für Tom Jones. Beide fischten im Reservoir der älteren, kon-

servativen Damen. Beider Koteletten und Krägen wuchsen dann zu Beginn der Siebziger praktisch gleichzeitig. Ein Unterschied zeigte sich in der Herangehensweise an ihre Songs. Während sich Tom Jones stets eine bestimmte Ironie vorbehielt, entbot Engelbert seine Lieder mit dem Schmelz des echten Romantikers. Die weiblichen Fans warfen ihm, anders als Tom Jones, nie Unterwäsche auf die Bühne. Das wäre zu brüsk für diesen zartfühlenden Crooner gewesen. Bei aller Liebe, war da immer ein wenig Distanz. Und gerade die verlockte zum Träumen. Von „Can’t Take My Eyes Off You“ über „Quando Quando Quando” bis hin zu “Spanish Eyes”: Engelbert versteht es bis heute, Amore in mannigfaltigsten Szenarien herbeizusingen. Mit Albentiteln wie „A Man Without Love“ lockte er jene, die eine virile, aber dennoch sanfte Projektionsfläche brauchten.

Im Mai wird er 88 Jahre alt. Immer noch gibt er überzeugend den amourösen Schwerenöter. Sein aktuelles Album trägt nicht von ungefähr den Titel „All About Love.“ Auf dieser für seine Verhältnisse dezent arrangierten Liedersammlung versammelt der Veteran Klassiker des modernen Torch Songs: Lou Rawls zart pulsierenden Groover „You’ll Never Find Another Love Like Mine”, Barry Whites „You Are The First The Last My Every-

thing” und „How Can You Mend A Broken Heart”, jene Bee-Gees-Ballade, die Soulsänger Al Green unsterblich gemacht hat. Auch „Kiss And Say Goodbye” von den Manhattans und „Will You Still Love Me Tomorrow” von Carole King wurden das Engelbert-Stimmservice zuteil. Lou Rawls’ Phillyklassiker „You´ll Never Find Another Love Like Mine” wird besonders beherzt von ihm interpretiert. Ein Album, wie eine einzige Engtanzparty. Die Damen, die im Hintergrund irgendwo zwischen den Hörnern und den Geigen singen, sind ein wunderbarer Kontrast zu Engelberts immer noch charismatischer Stimme.

Vor etwa zehn Jahren hat sein damaliges Management eine Zusammenarbeit mit Damon Albarns Comicfigurenband Gorillaz ausgeschlagen. Als es Engelbert erfuhr, war er sehr enttäuscht. Er persönlich hätte es sofort angenommen. Jetzt, kurz vor seinem 88er, erfährt man, dass er eine Überraschung plant. Einerseits wünscht er sich als ältester Künstler beim Glastonbury Festival zu singen. Der aktuelle Rekordhalter ist Burt Bacharach, der mit 87 vor diesem Meer an Jugendlichen gesungen hat. Andererseits nimmt er gerade unter höchster Geheimhaltungsstufe ein Album auf, auf „dem ich mich aus meiner Komfortzone begebe und in einem ganz anderen Stil singe.“

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Engelbert Humperdinck

wurde 1936 als Arnold George Dorsey in Indien geboren, nahm jedoch auf Vorschlag seines Managers den Künstlernamen des deutschen spätromantischen Komponisten

Engelbert Humperdinck an, der durch seine Märchenoper „Hänsel und Gretel” weltberühmt wurde. Der Beweggrund für die Wahl dieses Namens war jedoch nicht dessen Bekanntheit, sondern die Skurrilität des Namens.

Seine Weltkarriere begann 1967 mit dem Hit „Release Me”, sein Album „Ich denk an Dich” von 1989 wurde von Dieter Bohlen produziert und enthält auch ein Cover des Modern-Talking-Hits „You’re My Heart, You’re Me Soul”. 1996 verantwortete er das Titelstück des Zeichentrickfilms „Beavis und Butt-Head machen’s in Amerika”.

So etwas Düsteres wie das, was Johnny Cash mit Rick Rubin getan hat, darf man sich wahrscheinlich nicht vorstellen. Auch nicht so etwas Bluesig-Erdiges, wie es Tom Jones auf den letzten drei Alben eingesungen hat. Mit Jones, seinem alten Konkurrenten aus den Sixties, gibt es ein mysteriöses Zerwürfnis, das um die fünfzig Jahre her sein soll. Jüngst gefragt, ob denn keine Versöhnung möglich sei, antwortete Sir Tom Jones recht unhöflich. „It’s as I say – once a cunt always a cunt.”

Und so gibt Engelbert immer noch erfolgreich den „Man Without Love”, obwohl er Millionen Fans hinter sich weiß. Auch im Showbusiness hatte er gute Freunde. Einer davon war Elvis, der die Koteletten noch buschiger trug als Engelbert und Tom Jones zusammen. Auf ihn angesprochen gerät er unmittelbar in den Modus des Schwärmens. „Elvis, das war ein sehr, sehr warmherziger Mensch. Er hat mich schon beim ersten Händedruck umarmt. Und er war der beste Performer, den ich jemals sah.“ Das mag sein, aber die Durchhaltekraft eines Engelbert hatte er nicht.

Mit 88 Jahren begibt Engelbert sich heuer unerschrocken auf eine extensive Welttournee, die ihn am 3. September ins Wiener Konzerthaus führen wird. Dort wird er wohl auch „Everywhere I go“ singen, ein Lied, das er seiner 2021 verstorbenen Frau widmet. „Sie würde wollen, dass ich wieder auf Tournee gehe.“ Und so tut er es halt.

n Engelbert Humperdinck vollzieht seinen „last waltz” am 3. September im Wiener Konzerthaus.

Foto: Barracuda Music

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Fotos: Kristian Schuller

Als Fotograf und Juror bei „Germany’s Next Topmodel“ wurde Kristian Schuller über die Grenzen seines Berufs hinaus berühmt.

Vor seiner großen Ausstellung in Graz erzählt uns der deutsche Bildkünstler von seiner kindlichen Begeisterung für Kreativität und seiner puren Freude am Leben.

der fantasie

TEXT: HANNES KROPIK
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Kristian Schuller wurde 1970 in der rumänischen Kleinstadt Halchiu geboren, als Kind emigrierte er mit seinen Eltern nach Deutschland. Vater Frieder war Regisseur, Dramaturg, Schriftsteller – und ein maßgeblicher Einfluss für Kristian, der bei Vivienne Westwood Modedesign und beim legendären F.C. Gundlach Fotografie studierte. 2007 unterstützte der Wahl-Berliner als Fotograf erstmals Heidi Klums Suche nach „Germany’s Next Topmodel“, in der 5. Staffel (2010) fungierte er auch als Juror. Ab 23. Mai zeigt er im Messe Congress Graz (Halle A) auf 2.200 Quadratmetern „ein Feuerwerk aus Farben und Fantasie“.

Als Fotograf bist du gleichzeitig ein Geschichtenerzähler, der mit farbenprächtigen Bildern magische Märchen erzählt. Nach welchen Gesichtspunkten stellst du deine Ausstellung in Graz zusammen?

Gemeinsam mit meiner Frau Peggy, die meine kreative Partnerin ist, fokussiere ich mich auf den expressiven Teil meiner Arbeit. Die Bilder spiegeln wider, wie wir die Themen „Mode“ und „Porträt“ in den vergangenen 15 Jahren interpretiert haben.

Also sehr lebhaft?

Und sehr intensiv! Jedes Modebild ist ja zuerst einmal das Porträt eines Menschen, der die Mode trägt. Ich liebe das immer neue und aufregende Zusammenspiel mit deinem Gegenüber. Ich fühle mich wie das Kind in der Zirkusmanege, das die faszinierende Welt der

Träume, der Fantasie und Kreativität mit großen Augen bestaunt.

Wie schwer fällt es mit zunehmendem Alter und mit zunehmender Routine, dieses Kind in sich wachzurufen? Ich muss mir dafür nicht einmal Mühe geben. Ich langweile mich schnell. Sich auf die Suche zu machen und die Welt mit neugierigen Augen zu bestaunen ist da die beste Abhilfe. Es ist wunderbar die Verwandlung zu beobachten, wenn du etwas Neues kreierst, wenn neue Energie entsteht. Es ist nicht meine Absicht, die Welt um mich herum nüchtern und rational zu beschreiben.

Du gibst den italienischen Regisseur Federico Fellini („La Dolce Vita“, „La Strada“) als Inspirationsquelle an. Mein Vater war ebenfalls Regisseur und Filmemacher. Er liebte Fellini und hat mir all diese Filme gezeigt. Ich war begeistert von Fellinis Sicht auf die Menschen, voller Wärme und Humor. Er hat sie so klar und direkt beschrieben, dass es dadurch vollkommen absurd rüberkam. Diese Absurdität war bei ihm die Normalität. Bei ihm hast du immer das Gefühl, in einer Zirkusmanege zu sitzen und dieses Feuerwerk an Kreativität, diese Freude am Leben hautnah mitzuerleben. Seine Filme waren die pure Freude am Leben! Diese intensive Kraft hat mich von Anfang an mitgerissen.

In einer Zeit, in der wir uns dank Instagram & Co. daran gewöhnt haben, Fotos schnell auf einem Handy-Display anzuschauen, präsentierst du deine Bilder in Graz in richtig großen Formaten, von 2x3 bis 3x4,5 Meter. Mit welcher Intention?

Es ist auch für mich ein Experiment, ich habe noch nie so große Bilder ausgestellt. Wir sind alle Kinder unserer Zeit und entwickeln unsere Gewohnheiten. Ich will diese Ausstellung als Chance nutzen, unsere alltäglichen Sehgewohnheiten aufzubrechen und eine neue Form des Staunens zu finden. Vor allem aber folge ich einem Ratschlag meines Vaters, der gesagt hat: „Bei aller Wichtigkeit deiner Botschaft vergiss niemals, das Publikum nicht zu langweilen.“

Um Unterhaltung geht es letztendlich auch bei „Germany’s Next Topmodel“. Wie hat diese Show, bei der du immer wieder als Fotograf an Heidi Klums Seite zu sehen bist, dein Leben und deine Arbeit verändert?

Diese neue Bekanntheit hat einen viel größeren Fokus auch mich gerichtet. Aber die Bekanntheit hilft dir auf Dauer

nichts, wenn du sie nicht durch starke Arbeiten legitimierst.

Wie groß ist die Verantwortung als Modefotograf und gerade, wenn man bei einer so erfolgreichen Show wie GNTM dabei ist? Letztendlich beeinflusst ihr das Körperbild junger Menschen sehr stark mit euren Bildern. Ich finde, dass man diese Diskussion sehr ernst nehmen muss. Wenn man den Beruf des Models professionell betreiben will ist das wie beim Leistungsport: das Grundtalent ist reiner Zufall, der Rest harte Arbeit. Nur hier ist es wichtig, die richtige Balance zu finden und auf des eigene Wohlgefühl zu achten. Für mich ist wichtig, jedem

Menschen mit dem gleichen Respekt zu begegnen und mitzuhelfen, dass mein Gegenüber eine entspannte Zeit mit mir hat.

Ist es für dich inspirierender, mit Vollprofis wie Cate Blanchet oder mit Neulingen zu arbeiten?

GEWINN SPIEL

Wir verlosen 5x2 Tickets für die Ausstellung, inklusive Plakat. Mehr Informationen siehe Seite 6.

Ich war nie ein Modefotograf, der unbedingt „das neue Gesicht“ gesucht hat. Ich war immer in alle Richtungen neugierig! Es kann unglaublich aufregend sein, mit einem ganz jungen und unbekümmerten Model zu arbeiten. Es kann aber auch unglaublich faszinierend mit einer Person sein, die seit Jahrzehnten dabei und immer noch voller Elan, voller Rock’n’Roll ist. In der Zusammenarbeit mit Menschen

gibt es keine Regeln. Es geht nur darum, gemeinsam eine spannende Geschichte zu erzählen. Mit Heidi zum Beispiel funktioniert das sehr gut.

Warum?

Sie hat sich ihre grundsätzlich Neugier, ihre Power und ihre Offenheit gegenüber der Welt erhalten. Wenn sie einem Gegenüber vollkommen vertraut, kann sie sich heute noch immer richtiggehend in eine Idee fallen lassen. Für sie gilt, was für alle Großen dieser Branche gilt: Sie wird von einem irrwitzigen Feuer im Herzen angetrieben.

n Die überdimensionalen, hinterleuchteten Bilder von Kristian Schuller, eine faszinierende Mischung aus Mode und Kunst, werden zwischen 23. Mai und 31. August in der Messehalle Graz ausgestellt.

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näher. Das bedeutet auch, dass E-Mails nun wieder gegen Bücher getauscht werden dürfen: Gibt’s etwas Schöneres, als am Strand zu liegen, die Wellen rauschen zu lassen und voll und ganz in einem guten Buch zu versinken? We doubt it. Deswegen haben wir eine erfrischende Mischung unserer Lieblingsbücher aus dem ersten Halbjahr zusammengestellt.

Seit Corona unterhält die Juristin Irina, die ihren Nachnamen bewusst aus der Öffentlichkeit hält, als Toxische Pommes auf TikTok und Instagram. Dort persifliert sie, die familiäre Wurzeln in Serbien und Montenegro hat und als Kind im Zuge der Balkankriege als Migranten-Kind nach Österreich kam, die österreichische Seele: In kurzen Szenen gibt sie pointiert Einblick in die hiesige Gesellschaft, kritisiert dabei aber nicht nur den alteingesessenen Sexismus, Rassismus und die Bigotterie, sondern teilt auch gegen den vermeintlich linken, woken Zirkel aus. Dabei ist sie zwar provokant, aber stets respektvoll, und gerade, wenn sie Österreich- und Balkan-Stereotype gegenüberstellt, sind es genau diese überspitzten Klischees, mit denen sie gekonnt am schmalen Grat ihrer Message balanciert: Irina ist immerhin mit zwei Kulturen aufgewachsen und kennt somit Identitätskonflikte hier (in Österreich) wie dort (in Serbien und Montenegro). Dass ihre Begeisterung für die „hässlichen Seiten des Lebens” nicht nur in kurzen, lakonischen Videos, sondern auch in Langform auf der Bühne funktioniert, bewies sie schließlich mit ihrem „Eth-

MIGRATION

Sommerzeit

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TEXT: STEFAN BAUMGARTNER

ist Lesezeit

ersten autofiktionalen Roman namens „Ein schönes Ausländerkind” vor.

Wer nun erwartet, dass auch das Buch zumindest vordergründig lustig geraten ist, irrt: Bis auf einzelne Szenen, etwa wenn der unflätige Nachbarsjunge an einem Schneemann scheitert, ist die Geschichte in erster Linie heavy geraten: Die Ich-Erzählerin schildert die Flucht der dreiköpfigen Familie aus Rijeka vom Krieg nach Österreich und die ersten, teils beschwerlichen acht Jahre danach. Es geht natürlich um Erfahrungen mit österreichischen Mentalitäten und um bürokratische Struggles, aber in erster Linie um eine gleich doppelte Entfremdung: Während Mutter und Tochter leistungsgetrieben Anpassung und Integration anstreben, ist es der Vater, der sich in die innere Migration zurückzieht – und somit von der Familie selbst entfremdet, das Kind zu seinem Sprachrohr werden muss. In welcher ungeschönten Offenheit Irina diesen Prozess beschreibt, macht die große Wertigkeit dieser 200 Seiten hier aus: Es ist freilich keine außergewöhnliche Geschichte – das, was der Ich-Erzählerin passiert, ist abertausend MigrantInnen ebenso widerfahren, mal schlechter, mal besser. Doch die Härte, in der die Entfremdung mit dem Heimatsgefühl und der Familie beschrieben werden, machen das Buch vielleicht mit zu einem der wichtigsten Grundsteine für einen jeden, der verstehen will, was Integration tatsächlich bedeutet. „Ein schönes Ausländerkind” sollte zur Pflichtlektüre eines jeden Schülers, einer jeden Schülerin werden.

n Toxische Pommes gastiert mit „Ketchup, Mayo und Ajvar” laufend in diversen Wiener Kabarettlocations, ihr neues Programm soll im Herbst folgen.

Fotos: Fotolia, Muhassad Al-Ani, Verlage
mehr BuchTipps finden Sie auf der nächsten Doppelseite!
Noch

Vladimir Sorokin steht für wüste Zukunftstrips durch eine grausame Welt, in der sich mittelalterliches Verhalten und technologische Innovationen zu einem ungesunden Cocktail vermischen, in „Doktor Garin” wird gleichermaßen mit Äxten wie Atombomben gekämpft. Dem titelgebenden Doktor sind wir bereits in „Der Schneesturm” (2012) begegnet, damals versuchte er, einer Seuche Herr zu werden, die Dorfbewohner zu Zombies machte. Manche Details von damals, von „lebendgebärenden” Stoffen bis zu Zwergen, Riesen und biomorphologischen Neuschöpfungen, begegnen einem nun wieder: Nun leitet der Doktor eine Spezialklinik im Altaigebirge für V.I.P.-Patienten, sie heißen zwar wie bekannte Weltpolitiker, sind aber nur deren Nachzüchtungen, genauer: Pobacken. Doch es kommt, wie es kommen muss: Ein heftiges Scharmützel zwingt den Doktor samt Patienten zur Flucht, es beginnt ein nicht selten obszöner Roadtrip durch Willkür und Anarchie.

HIGHTECHMITTELALTER

KAFKAESK

Gaea Schoeters reist in „Trophäe” mit uns ins ferne Afrika, wir befinden uns im exklusiven Milieu der Großwildjägerei: Dem Finanzmanager Hunter White fehlt in seiner Trophäensammlung noch ein Nashorn. Dabei ist sein Name, auch wenn sich Schoeters von Stereotypen distanziert, freilich kein Zufall, er steht für den Blick des weißen Jägers am Schwarzen Kontinent. Allerdings sieht er auch die Schönheit der Ursprünglichkeit, die er in seiner Welt vermisst. Doch dann die Wende: Plötzlich wird der Mensch zum Tier, wandelt sich die Hatz nach einer Trophäe im Sinne des Naturschutzes zur Menschenjagd als Entwicklungshilfe. Ein Roman voller Adrenalin!

Julia Jost ist eigentlich Theaterregisseurin (u.a. am Wiener Volkstheater), und erzählt nun in ihrem Debütroman aus den Augen eines Kindes vom Aufwachsen in einem kärntnerischen Bergdorf und von historischen Kontinuitäten, die nachwirken. Wir erleben aus interessanter Perspektive zahlreiche Figuren, die auf je unterschiedlichste Weise traumatisiert sind – und dies wird in einer sprachlichen Brillanz beschrieben, die wahrhaft, rau und heftig geraten ist: Ein Roman wie ein bitterböser Witz.

Laszlo Krasznahorkai reiht sich mit seinen drei Erzählungen irgendwo zwischen Franz Kafka und Samuel Beckett ein: Wir erleben in teilweise gehasteten, rastlosen Satz-Kolossen etwa einen schrulligen Bibliothekar, der einen geschlossenen Büchereibunker errichten will. Oder lauschen einem Wesen, das von Isolation durchdrungen und dabei kaum fassbar ist. Oder folgen auf Schritt und Tritt einem Namenslosen, der aus unerklärlichen Gründen verfolgt durch die Gegend hetzt. Eine Wucht!

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GROSSWILDJÄGER
ANTIHEIMATROMAN?

Timon Karl Kaleyta erzählt in „Heilung” von einem Mann, der nicht schlafen kann. Kein Arzt findet hierfür eine organische Ursache, und so ist der letzte Ausweg eine Kurklinik in den Südtiroler Alpen – Erinnerungen an Thomas Manns „Zauberberg” werden wach (Pun intended.). In Folge spielt Kaleyta in zwei Teilen zwei große Heilungsfantasien geplagter Städter durch: Vorerst durchwandert der namenslose Erzähler in eben dieser Klinik merkwürdige, esoterische Behandlungsmethoden, vermutet man doch die Ursache des Übels in einem schwelenden inneren Unbehagen. Schließlich flüchtet er im zweiten Teil aus der aseptischen Klinikatmosphäre in die Natur zu seinem Kindheitsfreund, der in der deutschen Pampa als Selbstversorger lebt. Doch plötzlich rebelliert sein Körper. Ausgerechnet ein unglücklicher Sekundenschlaf reißt den Protagonisten dann aus seinem Albtraum ...

FÜR DIE SCHLAFLOSEN

FAMILIENROMAN

Robert Palfrader ist im TV freilich nur eine karikierende Kunstfigur eines österreichischen Kaisers, tatsächlich ist seine Provenienz bürgerlicher Natur, wie er in seinem ersten Roman beschreibt: „Ein paar Leben später” ist nämlich seine ureigene Ahnengeschichte, allerdings ist in der kurzweiligen Chronik aus der alpinen Grenzregion Südtirols natürlich nicht alles für bare Münze zu nehmen. Die Episoden, die bei den Urgroßeltern beginnen, sind gleichsam lakonisch wie liebevoll, man begegnet einer begabten Hundezüchterin, fleischgesichtigen Pfarrern, sturen Küchenmädchen und seltsamen Brüdern.

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Freizeitstress. Astrid Exner

Vor zehn Jahren holte Conchita Wurst mit „Rise Like A Phoenix” den Sieg beim Eurovision Song Contest. Das hat Österreich verändert.

Wo warst du, als Conchita uns den Schas gewonnen hat? Ich war auf einem Konzert in der Pratersauna. Dass gerade Song Contest war, merkte man dort nicht. Aber auf einmal machte Grüppchen für Grüppchen („Waaas, echt?”) die Nachricht die Runde, bis sie schließlich auch uns erreichte: 290 Points für Conchita Wurst. Die bärtige Dragqueen schrieb an diesem Abend Geschichte.

Was bleibt von diesem Sieg der Toleranz zehn Jahre später? Also neben den Ampelpärchen, die Wien als SongContest-Austragungsort 2015 einführte. Sie zeigen ganz selbstverständlich auch gleichgeschlechtliche Piktogramme und wurden auf der Stelle zur Touri-Attraktion. Während Tom Neu-

wirth, der Mann hinter Conchita, seine Identität noch gebetsmühlenartig erklären musste, kennt mittlerweile eine breitere Öffentlichkeit den Unterschied zwischen einem Menschen in Drag und einer Transperson. (Seeehr vereinfacht gesagt: Eine Dragqueen stellt eine Frau dar, eine Frau, die trans ist, ist eine Frau.) Und zu wissen, worüber man spricht, ist Voraussetzung für jede sinnvolle Diskussion.

In Österreich hat Conchita maßgeblich dazu beigetragen, die Dragkunst im Mainstream zu verankern. Lokale Szenelegenden wie Tamara Mascara haben den Boden bereitet. Wer über Drag spricht, muss aber auch RuPaul’s Drag Race erwähnen. Mit der langjährigen US-Realityshow hat RuPaul Charles der Subkultur weltweite Aufmerksam-

Beim Majorlabel Sony Music betreute Astrid Exner unter anderem Releases von Conchita Wurst. Dass mit Conchita beim Amadeus Award 2015 ein Mann in Drag als „Künstlerin des Jahres” ausgezeichnet wurde, freute sie nicht uneingeschränkt. In ihrer Feminismuskolumne in The Gap kritisierte sie die Entscheidung im Kontext einer insgesamt niedrigen Frauenquote unter den Amadeus-Nominierungen. Ein paar Jahre später wurde die binäre Unterteilung in „Künstlerin” & „Künstler” abgeschafft. Die Frauenquote ist immer noch niedrig. Astrid ist mittlerweile Mitglied der Jury und versucht Jahr für Jahr, das zu ändern.

keit verschafft und sowohl Popkultur als auch Alltagssprache entscheidend beeinflusst. Trotz alledem – oder gerade deshalb – hatten Rechtsextreme auch 2023 noch panische Angst vor Dragqueens, die Kinderbuchlesungen veranstalteten. Das zeigt, dass wir gesellschaftlichen Fortschritt immer wieder verteidigen müssen – ganz besonders Drag-Lesungen. Because reading is what? Fundamental.

Die nächste Ausgabe erscheint am 5. Juni. IMPRESSUM

Herausgeberin, Chefredakteurin: Mag. Roberta

Scheifinger Chefredakteur & Chef vom Dienst: Stefan Baumgartner Anzeigen: Ines Rubitzko, BA

Anzeigenproduktion: Susanne Franzl Redaktion: Austrofred, Stefan Baumgartner, Astrid Exner, Sebastian Fasthuber, Markus Höller, Robert Fröwein, Samir H. Köck, Hannes Kropik

Fotos: siehe Copyright Cover: Cody Critcheloe Medieninhaber, Eigentümer, Redaktionsanschrift: CTS Eventim Austria GmbH, !ticket Eventmagazin, Mariahilfer Straße 41–43, 1060 Wien Designkonzept, grafische Produktion: QMM Quality Multi Media GmbH, Mariahilfer Straße 88a/II/2a, 1070 Wien Artdirektion: Mag. Gottfried Halmschlager Druck: Walstead Leykam Druck GmbH, Gutenbergstraße 12, 3100 St. Pölten

Abonnements: !ticket Österreichs Eventmagazin Nr. 1 erscheint 10 x jährlich. Jahresabo Österreich:

€ 22,00, Jahresabo Europa: € 44,00. Kündigung jeweils acht Wochen vor Ablauf der Bezugsfrist nur schriftlich eingeschrieben oder per E-Mail an abo@ticketmagazin.com. Einzelpreis: € 2,90

Für unverlangt eingesandte Texte und Fotos übernehmen wir keine Haftung, eine Rücksendung erfolgt nicht, es besteht kein Recht auf Veröffentlichung. Die Redaktion behält sich Kürzungen vor. Nachträgliche Honorarforderungen für nicht veröffentlichte Fotocredits werden nicht anerkannt. Alle Inhalte vorbehaltlich Satz- und Druckfehler. Die Offenlegung lt. Mediengesetz finden Sie auf www.ticketmagazin.com/impressum. Sie finden oeticket online auf Facebook, Instagram, Twitter und Spotify, sowie unter www.oeticket.com und www.ticketmagazin.com. Tickets für über 76.000 Events finden Sie auf oeticket.com und in der oeticket-App!

Produziert nach den Richtlinien des Österreichischen Umweltzeichens, Walstead Let’s Print Holding AG, UW 808

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Foto: Karo Pernegger

GROSSE GEFÜHLE

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Elina Garanca & Malcolm Martineau

• Alex Kristan

• Jonas Kaufmann & Helmut Deutsch

Klaus Eckel Maria Happel & Michael Niavarani Martina Schwarzmann Konstantin Wecker

Gery Seidl Conchita Wurst Michael Köhlmeier Konrad Paul Liessmann Alice Schwarzer

Ernst Molden Der Nino aus Wien Hans Theessink Molden & Seiler Michael Mittermeier

Molden Prozorov Soyka Wirth

• Cinderella

Carin Filipcic, Katharina Gorgi, Jan Ammann

• Mark Seibert

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• Mnozil Brass

• Alain Frei

Mai Cocopelli & Band

• Michael Dangl, Herbert Lippert & Clemens Unterreiner

Stermann & Grissemann

• Wiener Comedian Harmonists

• Martin Frank

• Malarina

Peter Filzmaier & Armin Wolf Paul Pizzera, Gabi Hiller & Philipp Hansa Alfred Dorfer

Lydia Prenner-Kasper Kernölamazonen Ursula Strauss & BartolomeyBittmann

Gernot Kulis

• Ringlstetter & Zinner

Wiener Tschuschenkapelle

• Stella Grigorian, Bela Koreny und Karl Markovics

• Florian Klenk & Florian Scheuba

• Musicbanda Franui

Günther Groissböck, Christoph Wagner-Trenkwitz & Philharmonia Schrammeln

5/8erl in Ehr‘n

• Simone Kopmajer & Viktor Gernot mit Special Guests

• Tricky Niki

Manuel Rubey & Simon Schwarz Christoph Fritz Dr. Eckart von Hirschhausen

Toxische Pommes Maya Hakvoort, Ramesh Nair und André Bauer Roland Düringer

Solisten der Wiener Philharmoniker

• Michael Buchinger

• Andreas Vitásek

Gansch, Paul, Fuchsberger, Hornek mit Caroline Athanasiadis

Norbert Schneider

• Wiener Sängerknaben

• Philharmonix

• Gernot & Stipsits

PROGRAMM WIRD KONTINUIERLICH ERWEITERT. ALLE WEITEREN TERMINE & INFOS UNTER
SOMMER 2024
Koreny, Karl
Katharina Straßer, Ethel Merhaut, Wolf Bachofner
Stefanie Sargnagel & Christiane Rösinger Bela
Markovics,
Paula Lambert Ina Regen Gernot & Stipsits Alex Kristan
12.09. Scott Bradlee’s Postmodern Jukebox The ‘10‘ Tour 17.09. Alex Kristan Weitere Termine online 50 Shades of Schmäh 18.09. Klaus Eckel Weitere Termine online Wer langsam spricht, dem glaubt man nicht 22.09. Pizzera & Jaus Weitere Termine online Comedian Rhapsody 25.09. Gery Seidl Weitere Termine online beziehungsWEISE 12.10. Lars Amend Imagine Tour 2024 19.10. Timon Krause Messias 26.10. Osan Yaran Aus Prinzip! 31.10. Ina Regen Tour 2024 02.11. Laura Larsson Weiterer Termin am 03.11.2024 OKF 09.11. Till Reiners Mein Italien 10.11. Paula Lambert S@x Education – Die lustigste Gruppentherapie der Welt 15.11. Johann König Wer Pläne macht – wird ausgelacht! 19.11. Manuel Rubey & Simon Schwarz Weitere Termine online Das Restaurant 30.11. Gregor Meyle & Band Unplugged Tour 2024 01.12. Gernot & Stipsits Weitere Termine online Lotterbuben 06.12. Cem Adrian Live 08.12. Mark Seibert & Streichquartett Sonare A MERRY LITTLE CHRISTMAS 09.12. Michael Nast Tour – 2024 12.12. Hazel Brugger Weiterer Termin am 13.12.2024 Immer noch wach 15.12. Simone Kopmajer & Viktor Gernot mit Special Guests We Wish You a Merry Christmas 17.12. Lydia Prenner-Kasper Leise pieselt das Reh 21.12. Viktor Gernot & His Best Friends The Christmas Show VORSCHAU 2025 18.01. Alexander Stevens & Jacqueline Belle True Crime – Tödliche Liebe 01.02. Philipp Fleiter Verbrechen von nebenan – Ohrenzeugentour 13.02. Harry G HoamStories 10.03. Bodo Wartke 7. Klavierkabarettprogramm 15.03. Maya Hakvoort Honoring Barbra Streisand 10.05. Serdar Karibik Ganz großes Kino! 17.05. Tutty Tran „HAI DAI MAU“ 12.06. Torsten Sträter Weiterer Termin am 13.06.2025 Mach mal das große Licht an 22.11. Mellow Blow Your Mind – Magie & Illusion Live ALLE WEITEREN TERMINE & TICKETS WWW.GLOBE.WIEN Eine Komödie von MICHAEL NIAVARANI nach William Shakespeare Eine göttlich römische Komödie von MICHAEL NIAVARANI
Manuel Rubey & Simon Schwarz
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