Oktoberheft

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OKTOBERHEFT 2016


10/2016

INHALT

Kleine Menschen groß machen – Laudatio auf Alexander Swoboda .............................................................................. 4  Du bist der Himmel – Laudatio auf Nadine Geyersbach... 7 Rossini: Il barbiere di Siviglia....................................... 12 Brecht: Der gute Mensch von Sezuan ........................... 14 Knausgård: Sterben ............................................................................. 16 Akika X....................................................................................................... 18 Crossan: Die Sprache des Wassers ............................................... 20 Wiederaufnahme Johanna ............................................................... 24 Theater Bremen goes east! ............................................................... 27 Familienkonzert Wo die wilden Töne wohnen.. ..................... 30 Robert Misik: Kaputtalismus ........................................................ 31 theatre du pain: Tamtam der Leidenschaften................. 32 globale° 2016: Gila Lustiger ........................................................... 33 Und außerdem ........................................................................................ 36 JUNGES.THEATERBREMEN ................................................... 39 Pfeil des Monats .................................................................................... 40 Ermäßigte Kartenpreise .................................................................... 43 Kontakt ...................................................................................................... 46


10/2016

LIEBES PUBLIKUM, LIEBE LESERINNEN UND LESER! „Wir wollen unerhörte Begebenheiten, Spannung, Handlung: zum Teufel mit eurer Philosophie! Wenn es uns wieder gut geht und unser Herz unbeschwert, setzen wir uns gerne an eure bedeutenden Werke.“ – Ein Zitat des großen Robert Louis Stevenson, 1850 in Edinburgh geboren, 1894 an Tuberkulose gestorben, Schöpfer von Die Schatzinsel und Dr. Jekyll und Mr. Hyde. Sein literarisches Konzept hieß „pleasure & enjoyment“. Sein Biograph Chesterton wusste warum: Stevenson „sah, dass es in diesem taumelnden Universum absolut notwendig ist, auf etwas zu stehen, das einen trägt – er lehnte es entschieden ab, wahnsinnig zu werden; oder, was noch schlimmer ist, keinen Sinn zu finden.“ Theater machen, Geschichten erzählen ist immer eine Entscheidung, eine Behauptung gegen den Wahnsinn der Welt, das „taumelnde Universum“. Die Attentate und Amokläufe von Nizza und München, der Putsch in der Türkei, der Krieg in Syrien, die Millionen Menschen auf der Flucht, Politiker wie Erdogan oder Putin, Populisten wie Trump, Orbán oder Kaczyński – gegen die Angst und die Verzweiflung, die uns umtreibt, braucht es Vernunft, Argumente, Gespräche, Geduld und Zuversicht. Und Geschichten wie Der gute Mensch von Sezuan oder Der Barbier von Sevilla – pleasure & enjoyment! Und Liebe. What the World Needs Now Is Love, Sweet Love! Michael Börgerding 3


LAUDATIO

KLEINE MENSCHEN GROSS MACHEN Laudatio auf Alexander Swoboda anlässlich des Kurt-Hübner-Preises von Simone Sterr

Es gibt einen Moment in der schönen Inszenierung Das Schloss nach Franz Kafka von Alexander Riemenschneider, da läuft Alexander Swoboda auf einem der unerbittlichen Laufbänder und er ist schon sehr erschöpft, denn er ist als Landvermesser K. bereits viel gelaufen an diesem Abend. Noch einmal rennt er also los. Und obwohl wir längst wissen, dass dieses vermaledeite Schloss nur eine Chimäre der Verheißung ist, obwohl wir ahnen, dass dort niemand irgendwen je erwarten wird, erliegen wir dem Zauber dieses Schauspielers, der uns glauben macht, er renne in sein Glück. Allen zermürbenden Erfahrungen zum Trotz, die Kafkas Welt für seine Figuren bereithält, läuft er hoffnungsvoll, mit nahezu kindlicher Freude, mit weit aufgerissenem Herzen und ringt der offensichtlichen Ausweglosigkeit des Daseins ein großes Stück Schönheit ab, auch wenn wie es eine seiner anderen brillanten Figuren – Vandam in Nationalstraße, formuliert: „jetzt nicht alles hundertpro geklappt hat“. Es sind solche Momente, an denen sich die Kunst dieses Spielers gut beschreiben, gut festmachen lässt: Momente, in denen er es schafft, der Verzweiflung Würde und dem Scheitern Größe zu geben. Er kann kleine Menschen groß machen. Er kann dies, ohne dass man die Mittel, die er dazu braucht, erkennt, ohne kitschig, pathetisch und im falschen Sinne theatral zu sein. Dabei ist er weniger ein Darsteller, als ein Spieler. Ein minimalistischer, ja, aber

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einer, der die Herausforderung, die Gefahr und die Gefährdung im Spiel sucht. Ich habe Alexander Swoboda zum ersten Mal auf der Bühne gesehen als Lew Myschkin, besser bekannt als „Idiot“, und mich sofort herzlich erwärmt für den, der da mit der Vase tanzt. Da ist einer, der den Zusammenbruch riskiert, der nicht nur das Requisit, sondern sich selbst der Schwerkraft ohne doppelten Boden aussetzt, der sich lustvoll zum Affen macht, ohne affig zu sein, der bereit ist, sich bloßzustellen. Einer der alles aufs Spiel setzt. Außer den Verrat an seiner Figur. Und dabei beherrscht er die vordringliche Tugend des Komödianten virtuos: die Kunst des Stolperns. Er lässt uns teilhaben an Menschen, die durchs Leben purzeln und durchs Raster fallen. Dabei entsteht auch Komik. Keine, die uns Schenkel klopfend vom Stuhl plumpsen lässt; aber eine, die uns erwärmt fürs Unzulängliche. Und das macht uns auf eine feine, liebevolle Weise lachen. Wenn er mit einem Krokodil unter dem Arm als hypochondrischer, an den Aufgaben des realen Lebens dauernd scheiternder verlorener Sohn der Familie Buddenbrook dasteht und es einmal mehr mal wieder nicht geschafft hat, dann ist das rührend und tragisch, absurd und auf eine leise Weise verdammt komisch. Bei einer der Hauptproben von Eine Familie in der Inszenierung von Alize Zandwijk spielte Alexander seinen Steve Heydebrecht noch in kurzen Hosen und Seidenhemdchen; eine in ihrer Aufdringlichkeit und offensiven Nicht-Sensibilität fast unerträgliche Figur in einem ebensolchen Kostüm. Aber Alexander Swoboda vermochte es auch hier die Würde zu wahren, schaffte es, dass wir auch diesen schrecklichen Typen irgendwie mögen, machte den Menschen sichtbar, der

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LAUDATIO

sich hinter den flotten Sprüchen verbirgt. Dazu verführt er uns immer: Wir fangen an, Sympathie für Figuren zu entwickeln, die wir eigentlich gar nicht mögen wollen, Figuren wie Vandam, den nationalen Maulhelden im Römerkostüm hinterm „Mix-it“-Tresen , den Geschäftsmann Herrn Pogge mit seinen fürchterlichen Sockenhaltern, der mehr ein Ausfall denn ein Vater ist für das Mädchen Pünktchen und viele andere, die nur aus einem Grund liebenswert werden: weil Alexander sie spielt. Eine Figur, die Alexander Swoboda spielt, die wollen wir alle lieben und wir lieben sie auch alle, weil sich in ihr ziemlich viel von dem vereint, was diesen Spieler ausmacht: Die Größe im Kleinen, die würdevolle Komik, das offene Herz, die Ehrlichkeit und die Direktheit im Spiel. Gäbe es die olympische Disziplin der Theaterkunst, Moni, die Möwe, würde darin Gold erringen, spätestens mit ihrem sensationellen Hürdenlauf durchs Weserstadion. Gibt es nicht. Aber es gibt den Hübner-Preis. Und der ist auch toll. Und besonders toll ist, dass ihn Alexander Swoboda bekommt, zusammen mit Nadine Geyersbach, zwei SpielerInnen, die ihr Ausnahmetalent immer aus der Mitte eines Ensembles entwickeln, die nie nur für sich kämpfen, sondern immer dafür, die gemeinsamen guten Sachen noch ein Stück besser zu machen. Zwei, die immer an sich zweifeln. Aber der Zweifel ist die Kehrseite des herausragenden Talents. Das Mittelmaß hadert nicht. Schon gar nicht mit sich selbst. Und deshalb freut mich dieser Preis für Dich, Nadine, und für Dich, Alexander, besonders, denn er macht offiziell, was wir alle längst wissen: dass ihr großartige SchauspielerInnen seid. Herzlichen Glückwunsch!

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Ivy in Eine Familie: Ich kann diesen Mythos von Familie oder Geschwisterliebe nicht weiter bedienen.


LAUDATIO

DU BIST DER HIMMEL

Laudatio auf Nadine Geyersbach anlässlich des Kurt-Hübner-Preises von Alize Zandwijk Meine erste Begegnung mit Nadine Geyersbach war in der ersten Spielzeit von Michael Börgerding 2012, während der Proben für die Eröffnungsproduktion Praça Roosevelt und das war der Himmel! Eine Frau, eine Schauspielerin mit unglaublich viel Fantasie! Eine Welt bautest Du, Nadine, eine fremde Welt, eine Zauberwelt mit kleinen Zeichen und Spuren gemalt auf Bingozetteln. Eine Brille hattest Du gemacht aus Keksen und Draht, um dann – zusammen mit Robin Sondermann, der den Vito spielte – Fernsehen zu glotzen! Immer hattest Du eine Tasche voll mit fremden Sachen darin, die eine ganze Geschichte erzählten, eine kleine Welt für Bingo. Wir haben alle feuchte Augen bekommen, als Du die Tasche zu einem Schredder verwandelt hast, wie sie zu einem Schneegestöber wurde, das in Robin Sondermanns Gesicht pustete. Deine Liebe für Requisiten … Nadine, Du kannst zaubern! In Der Kirschgarten fiel plötzlich ein schwarzer Schwan aus der Luft nach unten oder ein Brief erschien mit einem toten, blutigen Vogel, der zu Staub zerbröselte! Auch werde ich nie den letzten Akt vergessen: die Abschiedsszene von Warja und Lopachin – wieder Du und Robin Sondermann –, wie Du da auf einmal stumm ein pinkfarbenes, lachendes Kuschelherz aus schwarzer Erde zogst, als nächstes halb Dein Kleid öffnetest zu Deinem Herzen und Dich kerzengerade, die Hand in die Luft gestreckt, auf den Boden legtest.

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Kurz vorher noch Dein schmerzerfüllter Tanz in einer der Kinderzimmerecken, als Warja gehört hat, dass der Kirschgarten verkauft wurde. Auch Deine Wut der Tochter Ivy in Eine Familie, als sie erfährt, dass ihr Geliebter auch gleichzeitig ihr Bruder ist, macht Wände beben und schneidet direkt durch das Herz. Deine Bewegungen, Deine Körperlichkeit, Dein Tanzen auf der Bühne, das berührt uns alle tief. Dein Engagement, Dein stetiges Suchen, Dein Denken und immer wieder: Deine Überraschungen. Das zeigt, warum Theater lebt, Kraft hat und Sinn macht! Zurück zu Eine Familie. Das gemeinsame Tischdecken zur Beerdigung des Vaters, das Du mit allen SchauspielerkollegInnen choreografiert hast. Die Genauigkeit, mit der Du diese banale Alltagshandlung zum wichtigen Ritual gemacht hast! Jede Rolle, die Du erarbeitest, die Du verkörperst, ist in jedem Stück verbunden mit Deiner großen Wandlungsfähigkeit und Deiner Suche nach dem Bestmöglichen für das große Ganze. Was ich sagen will: Es ist ein großes Glück! – mit dir zu arbeiten, mit dir Requisiten zu basteln, die Bühne zu bauen, mit dir nachzudenken über das, was wir zusammen erzählen wollen. Erzählen müssen! Und wenn die Premiere dann endlich vorbei ist und wir alle froh sind, hält Michael Börgerding eine Rede. Und auch da überraschst Du uns, liebe Nadine, weil Du immer mit einem wunderschönen, selbst designten und selbst gefertigten Traumkleid erscheinst und uns bezauberst! Nadine, feiere Deinen Preis und bleibe Du! Nadine, Du bist der Himmel! 9



Theater goes PokĂŠmon? Nadine Geyersbach und Alexander Swoboda


PREMIERE MUSIKTHEATER

ROSSINI: IL BARBIERE DI SIVIGLIA Alles nur ein Spiel

Es sind erst die Fehler, die ein System entlarven – die Schraube, die locker sitzt, eine Feder, die unkontrolliert zurückschnellt, plötzlich auftretende Automatismen oder Momente der Trägheit. Die Komödie baut auf solche Fehler, in ihrem politischen, sozialen oder spielerischen Räderwerk folgt sie ganz eigenen Gesetzen und Regeln. Sie steht nicht für das alltägliche Leben, ist höchstens eine Illusion davon. Ihr Ursprung aber liegt in der menschlichen Sphäre des Lebens: im Spiel des Kindes, im menschlichen Versagen, in der scheinbaren Unüberwindbarkeit des trägen Körpers. Auch Il barbiere di Siviglia zeigt eine Gesellschaft, die aus dem Tritt gekommen ist, in der die Mechanik des Systems – und damit vor allem die Musik Rossinis – unerbittlich weiterrattert, während einige bei ihrer Suche nach Liebe oder Geld auf der Strecke bleiben, dem Tempo erliegen. Und das, obwohl diese Welt kein Erstarren duldet. DAS STÜCK

Komische Oper in zwei Akten von Gioacchino Rossini nach der Komödie Le Barbier de Séville ou La Précaution inutile von Pierre-Augustin Caron de Beaumarchais, Uraufführung: Rom, 1816 Rossinis Komische Oper Il barbiere di Siviglia ist dem Prinzip des Spiels verpflichtet: Der Graf Almaviva versucht, sich in unterschiedlichen Rollen – mal als betrunkener Soldat,

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mal als falscher Musiklehrer – seiner Geliebten Rosina anzunähern. Sein Gegenspieler ist Rosinas Vormund Bartolo, der an ihr Geld herankommen und sie daher selbst zur Frau nehmen will. Einer, der sich ebenfalls vom Geld leiten lässt und das Spiel zu lenken weiß, ist der gerissene Barbier Figaro. Er führt den Grafen schließlich ans Ziel. Ob Rosina sich allerdings in der Rolle des Spielballs-aller-männlichenBedürfnisse gefällt, wird nicht hinterfragt, denn am Ende steht das geforderte glückliche Ende. „Warum? Weil ich jetzt vor mir einen automatisch funktionierenden Mechanismus habe. Das ist kein Leben mehr, das ist Automatismus, der im Leben sitzt und seine Stelle einnimmt.“ (Henri Bergson) DER REGISSEUR

Michael Talke (*1965). Studium der Geschichte, Neuen Literatur und Theaterwissenschaft in München. Regieassistent bei Frank Castorf an der Berliner Volksbühne, dort auch erste Inszenierungen. Weitere Arbeiten am Deutschen Theater Berlin, am Luzerner Theater, am Schauspiel Hannover, am Thalia Theater Hamburg, am Saarländischen Staatstheater und am Schauspielhaus Düsseldorf. Zuletzt am Theater Bremen: L’elisir d’amore (Donizetti) und Rigoletto (Verdi). Premiere 22. Oktober, 19:30 Uhr im Theater am Goetheplatz Musikalische Leitung: Olof Boman Regie: Michael Talke Bühne: Barbara Steiner Kostüme: Regine Standfuss Chor: Alice Meregaglia Dramaturgie: Isabelle Becker Mit: Guido Gallmann, Christoph Heinrich, Hyojong Kim,

Zoltán Melcovics, Nathalie Mittelbach, Nerita Pokvytytė, Birger Radde, Daniel Ratchev, Patrick Zielke. Herrenchor des Theater Bremen. Statisterie. Es spielen die Bremer Philharmoniker

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PREMIERE SCHAUSPIEL

BRECHT: DER GUTE MENSCH VON SEZUAN Nur wer die Stimme verstellt, wird frei sein und gehen

Der Gouverneur, befragt, was nötig wäre Den Frierenden der Stadt zu helfen, antwortete: Eine zehntausend Fuß lange Decke Welche die ganzen Vorstädte einfach zudeckt. (Die große Decke, von Po-Chü-Yi) Die Zweideutigkeit dieses Gedichts beschreibt zielsicher die Janusköpfigkeit, die sowohl in unserer Gesellschaft herrscht, als auch in jedem einzelnen Individuum. Geht es hier um eine Decke, die die Armen wärmen oder sie unsichtbar machen soll? Hilft der Gouverneur selbstlos oder sucht er nach der bequemsten Lösung, die alle ruhig stellt? Und welche Decke haben wir zu bieten in Zeiten von Flucht und Vertreibung? DAS STÜCK

von Bertolt Brecht, Musik von Paul Dessau Uraufführung: Schauspielhaus Zürich, 1943 Drei Götter bitten um nächtliches Asyl in der verarmten Provinz Sezuan. Nur die Prostituierte Shen Te erklärt sich dazu bereit, die Fremden aufzunehmen und wird dafür reich entlohnt. Die Götter glauben, ihren guten Menschen gefunden zu haben und verlassen nichtsahnend Sezuan. Doch die Freude über das Geld schwindet schnell, denn Besitz scheint in dieser Gemeinschaft ein Magnet für die Probleme aller zu sein. Shen Te wird schmerzlich klar, dass sie nicht bes-

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ser sein kann, als es das System um sie herum zulässt. Sie möchte Obdach geben und wird ausgenutzt, sie möchte lieben und wird hintergangen, sie möchte glauben und muss doch an allem zweifeln. In ihrer Not erfindet sie den Vetter Shui Ta und fährt von nun an zweigleisig: Shui Ta ist ein wahrer Geschäftsmann und wird zum Tabakkönig. Er legt die Härte und Klarheit an den Tag, die Shen Te sich stets verbietet. Dieses schizophrene, kapitalistische Spiel steigert sich ins Unermessliche, bis es auffliegt. Wofür lohnt es sich zu kämpfen in einer Welt, in der ‚Gutmensch’ ein Schimpfwort ist? Was ist verwerflich und naiv an der Idee, „gut zu sein und doch zu leben“? Vielleicht gilt es, entgegen der Entscheidung der Götter, die Shen Te mit ihrem Dilemma alleine lassen, die Zerrissenheit des Menschen anzunehmen. DIE REGISSEURIN

Von 2006 bis 2015 war Alize Zandwijk Künstlerische Direktorin des Ro Theater in Rotterdam und inszenierte parallel u. a. am Deutschen Theater Berlin und am Thalia Theater Hamburg. Seit 2012 inszeniert sie regelmässig am Theater Bremen: Dea Lohers Das Leben auf der Praça Roosevelt, Der Kirschgarten von Anton Tschechow, Mädchen und Jungen von Arne Sierens und zuletzt Eine Familie von Tracy Letts. Ab dieser Spielzeit ist sie am Theater Bremen Leitende Regisseurin im Schauspiel. Premiere 8. Oktober, 19 Uhr im Theater am Goetheplatz Regie: Alize Zandwijk Bühne: Thomas Rupert Kostüme: Sabine Snijders Musik: Beppe Costa Dramaturgie: Marianne Seidler Mit: Martin Baum,

Beppe Costa, Peter Fasching, Guido Gallmann, Nadine Geyersbach, Gabriele Möller-Lukasz, Verena Reichhardt, Susanne Schrader, Fania Sorel, Alexander Swoboda, Simon Zigah

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PREMIERE SCHAUSPIEL

KNAUSGÅRD: STERBEN

Für das Herz ist das Leben einfach, es schlägt, solange es kann „Das zu verstecken, wofür man sich schämt, führt nie zu etwas von Wert. Beim Schreiben dieses Romans habe ich festgestellt: Die Geschichten, für die ich mich wahnsinnig schämte, waren diejenigen, die mein Lektor für die besten hielt. Die Überzeugung, dass Scham oder Schuldgefühl auf etwas Relevantes hinweisen, führte mich letztendlich dazu das Peinlichste überhaupt zu tun: über mich selbst zu ­schreiben.“ (Karl Ove Knausgård) DAS STÜCK

Der norwegische Autor Karl Ove Knausgård hat mit seiner autobiografischen Romanreihe Min Kamp 1 – 6 internationales Aufsehen erregt. In der deutschen Übersetzung heißen seine Romane Sterben, Lieben, Spielen, Leben, Träumen – das letzte Buch erscheint 2017. Das eigene Leben schonungslos zum Gegenstand des Erzählens zu machen und zu beschreiben, was es für ihn heißt, ein Mann der Gegenwart zu sein, dazu hat sich Knausgård entschlossen und somit seinen Lesern ein ungewöhnliches Leseerlebnis ermöglicht, das einer Suchterfahrung ähnelt. Regisseur Frank Abt, Musiker Torsten Kindermann und Schauspieler Robin Sondermann folgen dem Autor und seiner genauen Protokollierung des Alltags. In dieser Spielzeit nähern sie sich in Form szenischer Lesungen den ersten zwei Bänden der sechsteiligen Romanserie spielerisch und mit langem Atem an. In Sterben erzählt

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Knausgård detailliert und radikal ehrlich vom Kampf gegen seinen Vater, der sein Selbstwertgefühl zerstörte; von einem Kampf, der nicht mal mit dem Tod des Vaters endet. Lieben handelt vom Kampf, selbst Vater zu sein, und von der Liebe zwischen Familienalltag und Schreibsehnsucht. DER REGISSEUR

Frank Abt (*1976) hat Theaterwissenschaft in Berlin und Paris studiert. Von 2003 bis 2006 war er als Regieassistent am Thalia Theater Hamburg engagiert, wo er auch Regie führte. Er inszenierte unter anderem am Münchner Volkstheater, dem Schauspielhaus Graz, dem Schauspielhaus Bochum, dem Maxim Gorki Theater Berlin und entwickelte für das Deutsche Theater in Berlin u. a. die Reihe Geschichten von hier, ein dreiteiliges Rechercheprojekt auf der Basis von Interviews. Seit der Spielzeit 2012/13 inszenierte Frank Abt am Theater Bremen die Familienstücke Robin Hood und Die Brüder Löwenherz sowie die Uraufführung Herkunft nach dem Roman von Oskar Roehler, die deutschsprachige Erstaufführung von Oscar van Woensels Oedipus, den Liederabend Jetzt musst du springen und Dostojewskis Der Idiot. Abts Arbeiten zeichnet sein genauer Blick für den alltäglichen Kampf um Souverenität und Würde innerhalb komplizierter Familienbeziehungen aus. Premiere 14. Oktober, 20 Uhr im Kleinen Haus Regie: Frank Abt Musik: Torsten Kindermann Bühne und Kostüme: Susanne Schuboth Dramaturgie: Viktorie Knotková Mit: Torsten

Kindermann, Robin Sondermann

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PREMIERE TANZ

AKIKA X

(Arbeitstitel) Tanz in surrealen Bildwelten „Im Leben muss man immer eine Illusion zur Hand haben“, sagt Samir Akika. Weil das Leben ohne Täuschungen und Selbst-Täuschungen nicht zu meistern wäre? Oder schlicht nur halb so lebenswert, ohne das Arsenal an kleinen Fluchten und großen Eskapismen, die darin zur Verfügung stehen? Was den Surrealisten noch lustvolle Negierung einer objektiven Weltbetrachtung war, ist dem postmodernen Subjekt das Unbehagen einer nicht länger fassbaren Wirklichkeit. In dieser Ungewissheit des Blicks erlebt das Vorspielen falscher Tatsachen Konjunktur. Zwischen Fiktion und Lüge, Staunen und Paranoia, großer Show und Drogenloch verläuft der schmale Grat der Einbildung zwischen Herausforderungen an die Vorstellungskraft und dem Wahnsinn des Realitätsverlustes. Sind die Magic Tricks von Gestern die Blendwerke von Heute? DAS STÜCK

In seiner zehnten Arbeit für das Theater Bremen interessiert sich Samir Akika für die Affekte der Einbildung. Fantastische und fantasierte Innenwelten, optische Tricks und der Blick auf Paranoia und Phobien dienen ihm als Ausgangspunkt für ein surrealistisches Panoptikum der Illusion. Nach seinen Filmstoff-Adaptionen Die Zeit der Kirschen und Einer flog über das Kuckucksnest und dem puristischen Tanzabend The Maidenhair Tree & The Silver Apricot entwi-

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ckelt er den zunächst Akika X betitelten Abend gemeinsam mit einem zehnköpfigen Ensemble, dem mit der Tänzerin Szu-Wei Wu auch ein neues festes Mitglied der Kompanie angehört. DER CHOREOGRAF

Samir Akika, geboren bei Algier und aufgewachsen in Paris, kam über Pina Bausch zum Tanz und hat seit Ende der 90er Jahre als Choreograf auf der ganzen Welt gearbeitet. Seit 2012 leitet er mit seiner Kompanie Unusual Symptoms die Tanzsparte am Theater Bremen. Zuletzt entstand in Bremen The Maidenhair Tree & The Silver Apricot. Premiere 27. Oktober, 20 Uhr im Kleinen Haus Choreografie: Samir Akika Bühne und Kostüme: Nanako Oizumi Musik: jayrope Dramaturgie: Gregor Runge Mit: Pin Chieh Chen, Gabrio

Gabrielli, Janis Heldmann, Pilgyun Jeong, Alexandra Llorens, Ulrike Reinbott, Frederik Rohn, Nora Ronge, Antonio Stella, Szu-Wei Wu

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PREMIERE MOKS

CROSSAN: DIE SPRACHE DES WASSERS Das Selbst im Fremden finden

Auswandern, im Ausland studieren, umziehen, Arbeitsstandort wechseln – die Globalisierung hat vieles mit sich gebracht. Die stetige Ab- und Zuwanderung, die Mobilisierung ist jedoch vielleicht ihr größtes Merkmal. Die schnelle Abrufbarkeit von News aus der ganzen Welt, diverse Sprach­ apps, die vereinfachte Kommunikation über Landes- und Kontinentalgrenzen hinweg oder niedrige Visabarrieren lassen aber Kulturen nur augenscheinlich näher rücken. Was sich auf Reisen an kulturellen Differenzen noch leicht überbrücken lässt, kann sich beim tatsächlichen Leben an einem neuen, unbekannten Ort als tagtägliche Strapaze entpuppen. Denn Begegnung ist nicht Aneignung, Austausch nicht Integration. Sarah Crossans außergewöhnlicher Versroman besticht durch die kluge Verzahnung einer „Coming of age“-Geschichte mit einer Art „Coming of culture“, in der die Balance zwischen kultureller Anpassung und pubertärer Selbstfindung jeden Tag aufs Neue gefunden werden muss. DAS STÜCK

nach dem Versroman von Sarah Crossan / 11+ Uraufführung: Theater an der Parkaue 2016 Im Wasser fühlt sie sich geborgen, im Ruhezustand und doch bewegt: Kasienka ist 13 Jahre alt, als polnische Einwanderin fremd in England und einzig im Schwimmbad und unter

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Wasser zuhause. Denn seitdem sie mit ihrer Mutter nach England kam, um nach dem plötzlich verschwundenen Vater zu suchen, ist ihre Welt aus den Fugen geraten. Zusammen mit ihrer Mutter in einem winzigen Zimmer hausend, ist sie deren Verzweiflung ausgesetzt und muss sich zugleich in ein Leben einfinden, in dem sie sich als permanente Außenseiterin erlebt: Kulturell bedingte Missverständnisse, mangelnde Sprachkenntnisse und Mobbing gehören zu ihrem Alltag. Das Schwimmen, ein Junge namens William, der liebenswürdige Nachbar Kanoro und ihr eigener Mut helfen ihr allerdings, den Herausforderungen eines Einwandererlebens zu trotzen und sich einen souveränen Platz in der Gesellschaft und in ihrer Familie zu erkämpfen. 
 DER REGISSEUR

Julius Jensen (*1975) studierte am Institut für Theater, Musiktheater und Film (heute Theaterakademie Hamburg) Regie bei Manfred Brauneck, Christof Nel und Niels-Peter Rudolph. Während des Studiums war er Regieassistent am Deutschen Schauspielhaus, unter anderem auch im Bereich Kinder- und Jugendtheater. Seit 2005 ist Jensen freier Regisseur und Autor mit Inszenierungen und Projekten auf Kampnagel und am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg sowie in Koblenz, Mannheim, Moers, Castrop-Rauxel und Stendal. Premiere 23. Oktober, 16 Uhr im Moks Regie: Julius Jensen Bühne und Kostüme: Christoph Rasche Musik: Thorsten zum Felde Dramaturgie: Sabrina Bohl Mit: Lina Hoppe, Meret Mundwiler, N.N.

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Gastspiel von Das Schloss beim Festival Theatre World Brno 2016. Wiederaufnahme am Mo 24. Oktober im Theater am Goetheplatz


WIEDERAUFNAHME SCHAUSPIEL

SCHILLER/SCHUBERT: JOHANNA Ikone, Heldin, Kampfmaschine

Das Mädchen Johanna hört beim Hüten der Schafe die Stimme Gottes: „Steh auf Johanna, lass die Herde, Dich ruft der Herr zu einem anderen Geschäft. Nimm diese Fahne. Dieses Schwert umgürte dir! Damit vertilge meines Volkes Feinde“. Sie macht sich auf, den Truppen im aussichtslosen Kampf gegen den übermächtigen Feind beizustehen. Tatsächlich wendet sich das Kriegsblatt, es kommt zum Bündnis. Doch Johanna zweifelt. Wird sie zwischen der göttlichen Mission und ihrer menschlichen Leidenschaft zerbrechen? Die junge Regisseurin Friederike Schubert spürt der schillerschen Figur nach und zeigt sie gespiegelt in drei Schauspielerpersönlichkeiten in allen Facetten und Zuschreibungen. „Schubert legt eine angesichts der Gegenwart fast zwingend depressive Rückschau nah. Ohne Holzhammer, dafür mit unaufgeregt schön verschränkten Spielszenen, die die diversen Johanna-Egos gegeneinander schneiden“. (Kreiszeitung) Wiederaufnahme Do 20. Oktober, 20 Uhr im Kleinen Haus

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Peter Fasching in Johanna


WIEDERAUFNAHME JUNGE AKTEURE

RENZIEHAUSEN: RICH KIDS Dekadenz ohne Grenzen

Rich Kids ist ein Label. Ein Label reicher Kinder, die sich unter dieser Bezeichnung im Internet z. B., auf Instagram oder Tumblr, tummeln und sich auf diversen sozialen Plattformen permanent ihres eigenen Status’ vergewissern. Wer sich diesem Label würdig fühlen möchte, der muss mit Uhren, Autos, Champagner, Schmuck und Events prahlen. Getreu dem Motto „Unser Alltag ist euer bester Tag“ wird mit offensiver Arroganz der vererbte Wohlstand in Szene gesetzt und zum einzig akzeptablen Lifestyle erhoben. Der Luxus des Daseins wird auch in Georg Büchners Leonce und Lena deutlich: Er tritt dort zutage, wo die Erwerbstätigkeit nicht mehr nötig ist und selbst der sogenannte Müßiggang sich als Farce der Dauerbeschäftigung entlarvt. Leonce ersehnt sich den Tod als Endpunkt eines absehbaren, langweiligen, trotz aller Freiheiten, ewig sich selbst reproduzierten Lebens, das für ihn kaum Überraschungen bereitzuhalten weiß. Selbst die Liebe entpuppt sich als schnöde Banalität. Was ist ein Leben ohne Hürden? Ohne Limit, ohne Ziele? Im Gewand des Historischen haben sich Christiane Renziehausen und fünf junge Erwachsene auf ein Experiment eingelassen, das vor allem versucht einer Haltung nachzugehen, die im Kern womöglich mehr mit uns zu tun hat, als es uns nach einer ersten distanziert verurteilenden Reaktion lieb sein mag. Wiederaufnahme Mi 19. Oktober, 19 Uhr im Brauhauskeller 26


THEATER BREMEN UNTERWEGS

THEATER BREMEN GOES EAST!

Die Familie Schroffenstein und Die Schutzbefohlenen

Nach den Wiederaufnahmen der beiden Stücke im September ist das Theater Bremen im Oktober gleich zwei Mal unterwegs. Mit Die Familie Schroffenstein, in der Regie von Alexander Riemenschneider, reist das aus dem Moks und der Schauspielsparte gemischte Ensemble am 11. Oktober nach Frankfurt an der Oder zu den Kleist-Festtagen 2016. Die Oderstadt ehrt mit zahlreichen Aufführungen, Lesungen, Ausstellungen und Workshops im Rahmen des jährlich stattfindenden Festivals den Schriftsteller Heinrich von Kleist, der hier am 18. Oktober 1777 geboren wurde. Einige Tage später wird das Theater Bremen der zweiten Einladung zu einem Gastspiel folgen und in die Partnerstadt Danzig reisen. Im Rahmen der Reihe Theater in Europa – Deutsche Woche ist am 22. Oktober im Gdański Teatr Szekspirowski die Inszenierung von Mirko Borschts Die Schutzbefohlenen zu Gast. Die Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek verwebt in ihrem Text als Reaktion auf die aktuellen Flüchtlingskatastrophen das Tagespolitische mit Aischylos’ Flucht-Drama Die Schutzflehenden zu einem sprachund bildgewaltigen Chor. Angesichts des beängstigenden Rechtsrucks in Polen ist die Einladung dieser Inszenierung eine hoffnungsvolle Geste.

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NEXTtoME von Máté Mészáros


FAMILIENKONZERT

WO DIE WILDEN TÖNE WOHNEN – BÖSEWICHTE UND ABENTEURER IN DER MUSIK Phil für dich – mit den Bremer Philharmonikern Auf zu neuen Abenteuern! Im ersten Konzert der Spielzeit begeben sich Moni, die Möwe, und ihr Kumpel Wolle wieder auf eine spannende Expedition: dahin, wo die wilden Töne wohnen, wo die musikalischen Bösewichte lauern und die Abenteurer ihre Heldentaten vollbringen. Ob im Wilden Westen oder in den Tiefen der Wälder, die Koordinaten auf der Suche nach dem Nervenkitzel sind musikalische. Dort wo es kracht, wo es flirrt, wo es unheimlich tönt und tiriliert, befinden wir uns auf der richtigen Fährte. Die Wildton-Fänger Wolle und Moni werden von ausgewiesenen Experten für Schönklang und Radau begleitet: dem Jugendsinfonieorchester Bremen-Mitte und den Bremer Philharmonikern. Auf dem Radar erscheinen die Klänge von Beethoven, Dvořák und Ennio Morricone, die nur darauf warten, von euch entdeckt zu werden. Abenteuerlust geweckt? Moni und Wolle – die zwei glorreichen Halunken – stehen bereit. Premiere So 30. Oktober, 11 Uhr im Theater am Goetheplatz Musikalische Leitung: Martin Lentz Mit: Wolfgang von Borries, Alexander Swoboda Szenische Einrichtung: Caroline Blanck Ausstattung: Christina Hoenicke Dramaturgie: Isabelle Becker

Es spielen das Jugendsinfonieorchester Bremen-­Mitte der Musikschule Bremen und die Bremer Philharmoniker

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ROBERT MISIK: KAPUTTALISMUS Auftakt einer neuen Diskursreihe

Wird der Kapitalismus sterben, und wenn ja, würde uns das glücklich machen? – fragt Robert Misik in seinem neuen Buch, das er im Theater Bremen vorstellt. Er ist ständiger Autor der tageszeitung (Berlin), von profil und Falter (Wien) und einer der streitbarsten linken Publizisten seiner Generation. Im Aufbau Verlag erschienen u. a. seine Bücher Anleitung zur Weltverbesserung, Das Kultbuch, Genial dagegen und Marx für Eilige. 1999 erhielt Robert Misik den „BrunoKreisky-Preis für das politische Buch“. 2009 wurde er mit dem Österreichischen Staatspreis für Kulturpublizistik geehrt, er fasst die derzeitigen Debatten um die Krise des Kapitalismus zusammen und zeigt auf, welche Fragestellungen uns heute beschäftigen müssen. Seine zentrale These ist: Die Krise der Gesellschaftsform, in der wir heute leben, ist so umfassend, dass es nicht genügt, mit Umverteilung gegenzusteuern. Das gesamte System muss neu gedacht werden. Ausgehend von den Stücken, mit denen das Schauspiel die Spielzeit eröffnet – Bertolt Brechts Der gute Mensch von Sezuan und Büchners Dantons Tod – wird es über die Spielzeit hinweg mehrere Veranstaltungen geben, welche sich mit dem System Kapitalismus beschäftigen, es nach Alternativen befragen, radikale und utopische Neuordnungen erforschen. So 9. Oktober, 11 Uhr im noon / Foyer Kleines Haus. Eintritt frei! In Zusammenarbeit mit der Heinrich Böll-Stiftung Bremen

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GASTSPIEL

THEATRE DU PAIN: TAMTAM DER LEIDENSCHAFTEN Das aktuelle Programm des Bremer/Wuppertaler theatre du pain ist eine Mischung aus NeuDada, philosophischem Kabarett und Rock’n’Roll-Show. Wer sie zum ersten Mal sieht, diese preisgekrönten, seit über 30 Jahren über deutschsprachige Bühnen marodierenden Herren in Schlips und Kragen, wird einen anderen Blick auf die Wirklichkeit bekommen. Die, die sie bereits kennen, werden staunen, weil alles so ist, wie man es nicht erwartet hat und doch ganz anders. Pollkläsener, Suchner und König geben drei Erben eines Frankfurter Bankhauses. Hobbymäßig überfallen sie nach Dienstschluss maskiert die Filialen ihres eigenen Unternehmens. Die akkurat geplanten Beutezüge, die ihre fest verschweißten Lebensgleise auf genussvolle Weise erbeben lassen, gefährden alsbald das Unternehmen. So weit zum Plot, der natürlich tdp-typisch gar keiner sein wird. Mit ihrer unnachahmlichen Kunst und tiefenpsychologischen Sicht untersuchen die Akteure und Musiker den modernen Vernunftbegriff, unsere irrigen Glücksvorstellungen, Denkmuster- und Gewohnheiten. „Wenn mit den Mitteln der Sprache vor ihrem endgültigen Versagen noch ein letztes Wort über das ‚theatre du pain’ gesagt werden darf, dann kann es nur eines geben: Großartig!“. (Göttinger Tageblatt) Fr 28. Oktober, 19:30 Uhr im Theater am Goetheplatz. Eintritt 22 € / 10 € erm.

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GLOBALE° 2016: GILA LUSTIGER

Lesung und Gespräch im Rahmen des Festivals für grenzüberschreitende Literatur Für Paris und ganz Europa begann 2015 eine neue Zeit: Der brutale Anschlag auf die Redaktion von Charlie Hebdo sowie der Terror vom 13. November setzten den grausamen Rahmen für ein Jahr, das nicht nur in Frankreich von einer Vielzahl weiterer Übergriffe mit islamistischem Hintergrund, antisemitischen Attentaten und einem erschreckenden Zulauf für den Front National geprägt war. Die in Paris lebende Schriftstellerin Gila Lustiger hat bereits in ihrem Gesellschaftsroman Die Schuld der anderen hellsichtig Ursachen und Hintergründe beschrieben. Auch die jüngsten Terrorakte hat sie miterlebt, aus dieser Erfahrung ist ihr aktuelles Essay Erschütterung. Über den Terror entstanden. Der kluge Versuch, einer tief empfundenen Erschütterung mit Vernunft zu begegnen und vehement unsere freiheitlichen Werte zu verteidigen – als Pariserin, Mutter zweier Kinder, Jüdin, Europäerin. Sa 29. Oktober, 17 Uhr im noon / Foyer Kleines Haus. Eintritt 5 € Das Festival findet vom 28. Oktober bis 14. November in Bremen, Bremerhaven, Achim und Oldenburg statt. Weitere Infos unter www.globale-literaturfestival.de

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Don Bartolo: Figurine aus Il barbiere di Siviglia


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UND AUSSERDEM

OFFENE TÜREN (BREMER TURNVERBAND)

Wie modern Tanz und Turnen sein kann präsentiert seit 2004 die TANZwoche. Offene Türen heißt das diesjährige Motto, das Abschluss-Event findet am Theater Bremen statt. Wir begleiten TänzerInnen durch Türe, Tore und Eingänge und sind überrascht, was wir dort Neues entdecken. Es geht um das Loslassen, um Sehnsüchte, Umwege und Umdenken zwischen Illusion und Wirklichkeit! So 2. Oktober, 18 Uhr im Theater am Goetheplatz. Karten unter 0421 – 32 65 92 BLICKWECHSEL: DANTONS TOD

Das Theater und die Kirche verbindet ursprünglich das Rituelle. Bei der Veranstaltung Blickwechsel hinterfragen nun im Kontext einer Produktion Theaterschaffende und TheologInnen gemeinsam grundsätzliche Themen. Dieses Mal ergründen in Bezug auf Dantons Tod Pastor Hans-Jürgen Jung und Dramaturgin Natalie Driemeyer die gesellschaftlichen Werte, die seit der Französischen und Haitianischen Revolution die Gesellschaft vereinen sollen. So 16. Oktober, 18 Uhr in der Kulturkirche St. Stephani

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THEATERTREFFEN: NADINE GEYERSBACH UND ALEXANDER SWOBODA

Zum ersten Mal in seiner 21-jährigen Geschichte wurde der Kurt-Hübner-Preis an zwei AusnahmekünstlerInnen verliehen. Nadine Geyersbach und Alexander Swoboda erhielten ihn für ihre, so die Jury, „kontinuierlich beeindruckenden Leistungen sowohl in der aktuellen wie in den zurückliegenden Spielzeiten und stehen damit exemplarisch für die bemerkenswerte Gesamtleistung eines Ensembles starker Schauspielerpersönlichkeiten am Theater Bremen“. Nach einer ebenso herzlichen wie würdevollen Preisverleihung vor der Sommerpause sind Nadine Geyersbach und Alexander Swoboda nun zu Gast beim TheaterTreffen. Mo 17. Oktober, 20 Uhr im noon / Foyer Kleines Haus. 5 € / für Mitglieder der Theaterfreunde ist der Eintritt frei! Die BREMER THEATERFREUNDE laden ein

STEFAN MICKISCH: GLAUBE UND UNGLAUBE IN DER MUSIK

Stefan Mickisch, der mit seinen Einführungsvorträgen am Flügel beim Festspielpublikum zur Instanz geworden war, beschäftigt sich als Wagner-Experte nicht nur mit den Werken des ‚Meisters‘, sondern ebenso intensiv mit denen Richard Strauss’. Im Rahmen der Premiere von Parsifal wagt Stefan Mickisch einen Vergleich: Strauss’ Also sprach Zarathustra, eine sinfonische Dichtung frei nach Nietzsche, gegen Wagners Parsifal – und das alles wird virtuos am Flügel verhandelt. Sa 29. Oktober, 19:30 Uhr im Theater am Goetheplatz. Eintritt 18 € (8 € für Mitglieder des Richard WagnerVerband)

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UND AUSSERDEM

THEATERKLATSCH

In dieser Spielzeit wollen wir, die TheaterVerstärker, uns mit den jungen Kreativen in der Theaterszene unterhalten. Wir freuen uns außerordentlich auf die ersten Gäste dieser Spielzeit, Dany Handschuh und Levin Handschuh! Neben ihren Tätigkeiten als Dramaturgie- und RegieassistentInnen, lassen die beiden KünstlerInnen am Theater Bremen unter anderem mit der Temporären Musikalischen Zone neuen Wind aufkommen. Über ihre Visionen, Wünsche, Ideen und konkreten Pläne fürs Theater kommen wir beim ersten Klatsch der Saison ins Gespräch. Dazu gibt es selbst gebackenen Kuchen und frisch gebrühten Kaffee vom noon. Mo 31. Oktober, 17 Uhr im noon / Foyer Kleines Haus. Eintritt frei! Wollt auch ihr TheaterVerstärkerIn werden? Dann meldet euch unter theaterverstaerker@theaterbremen.de Besucht uns auf Facebook: TheaterVerstärker Bremen oder auf unserem Blog https://theaterverstaerkerbremen.wordpress.com/

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JUNGES.THEATERBREMEN MOKS BOX

All you beautiful strangers – 60 Jugendliche stürmen das Moks, treffen sich am Montag ahnungslos als wunderschöne Fremde, werden am Dienstag zu Komplizen, zu Erzfeinden und best friends for ever am Mittwoch, zu einer verschworenen Gemeinschaft am Donnerstag und am Freitag kann man sich das Leben ohne die anderen gar nicht mehr vorstellen. Am Ende stehen zwei Vorstellungen im Moks. Workshop: Mo 3. bis Fr 7. Oktober Präsentation: 8. und 9. Oktober, jeweils um 19 Uhr im Moks. Eintritt 10 € / 7 € Anmeldung und Infos zur Moks-Box: jungeakteure@theaterbremen.de, Teilnahme kostenlos!

KINDERMATINÉE: DAS DOPPELTE LOTTCHEN

Wir laden Kinder und ihre Eltern ein, in unserer einstündigen Einführung die Inszenierung spielerisch kennen zu lernen. Sehen Sie erste Ausschnitte aus der Inszenierung und kommen Sie mit den KünstlerInnen ins Gespräch. Sa 29. Oktober, 15 Uhr, Treffpunkt ist das noon / Foyer Kleines Haus. Eintritt frei!

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Ich sag dir die Wahrheit: Es gibt 546.451 Menschen in dieser Stadt und diese wimmelnden Massen existieren nur zu dem Zweck, die wenigen außergewöhnlichen Menschen über sich zu erheben. Du, ich, wir sind außergewöhnlich. Ich könnte dich auf der Stelle wie einen Käfer zerquetschen, aber ich biete dir die Wahl! Verbünde dich mit mir! Stell dir vor was wir gemeinsam erreichen könnten,


was wir schaffen könnten, oder zerstören könnten. Im selbstsüchtigen Kampf den Tod von unzähligen Unschuldigen verursachen immer und immer und immer wieder bist wir beide tot sind! Ist es das was du willst? Denk darüber nach, Held! Danke P. Z., M. Z., P. P. Ihre Lieblingspfeile bitte weiterhin an dramaturgie@theaterbremen.de.


WAS IST DAS FÜR 1 PREIS?! STUDIERENDE UND AUSZUBILDENDE ZAHLEN 9 € AUF ALLEN PLÄTZEN!

Musiktheater, Schauspiel und Tanz im Theater am Goetheplatz und im Kleinen Haus

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ERMÄSSIGTE KARTENPREISE SCHÜLER/INNEN, AUSZUBILDENDE UND STUDIERENDE BIS ZUM VOLLENDETEN 35. LEBENSJAHR Für die Vorstellungen im Theater im Goetheplatz und im Kleinen Haus sind Karten zum Preis von 9 € erhältlich (exkl. Konzerte und Sonderveranstaltungen). ARBEITSLOSE, FREIWILLIGENDIENSTLEISTENDE UND SCHWERBEHINDERTE (AB 50 % GDB) Sowohl im Vorverkauf als auch an der Abendkasse bieten wir Ihnen gegen Vorlage eines entsprechenden Ausweises einen Preisnachlass von rund 50 % auf den regulären Kartenpreis für alle unsere Vorstellungen (exkl. Konzerte und Sonderveranstaltungen) an. Diese Konditionen gelten auch für Begleitpersonen von Schwerbehinderten. KULTURTICKETS BürgerInnen mit geringem Einkommen erhalten gegen Vorlage der „Grünen Karte“ ein Kulturticket zum Preis von 3 € ab 30 Minuten vor Beginn der Vorstellung an der Abendkasse, sofern noch Karten verfügbar sind. In den Bremer Bürgerhäusern und den Zweigstellen der Stadt­bibliothek können die Kulturtickets für ausgewählte Vorstellungen auch vorab reserviert werden. Informationen unter www.kulturticket.bremen.de. GRUPPENTARIFE Besuchergruppen ab 10 Personen erhalten einen Rabatt von rund 20%. THEATERCARD 50 / THEATERCARD 25 Unsere TheaterCard 50 ermöglicht einen Preisvorteil von rund 50 % und die neue TheaterCard 25 von rund 25 %. Sie sind gültig für jeden Termin, jede Spielstätte und jede Preiskategorie (exkl. Gastspiele, Konzerte und Sonderveranstaltungen) und ab dem Kaufdatum 1 Jahr gültig. BLAUER THEATERTAG Musiktheater 20 € / Schauspiel 15 € auf allen Plätzen!

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taz.die solidarische Methode Der taz-Solidarpakt garantiert das Abo für alle. Ein Drittel unserer AbonnentInnen zahlt freiwillig einen höheren „politischen Preis“, damit andere sich die taz leisten können. Jetzt abonnieren: (030) 2590 2590 oder www.taz.de/abo


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FÖRDERER BREMER THEATERFREUNDE

FÖRDERKREIS JUNGES.THEATERBREMEN

Karin und Uwe Hollweg

Stiftung

PARTNER

MEDIENPARTNER

taz.bremen 45


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KONTAKT Theaterkasse

Mo – Fr: 11 – 18 Uhr, Sa: 11 – 14 Uhr Tel 0421 . 3653 - 333 oder kasse@theaterbremen.de Abonnementbüro Tel 0421 . 3653 - 344 (Di – Fr: 14 – 18 Uhr, Sa 11 – 14 Uhr) oder abo@theaterbremen.de Dramaturgie: dramaturgie@theaterbremen.de Presse: presse@theaterbremen.de Marketing: marketing@theaterbremen.de Geschäftsführung: gf@theaterbremen.de Theater Bremen

Postfach: 10 10 46, 28010 Bremen Goetheplatz 1 – 3, 28203 Bremen Tel 0421 . 3653 - 0 Informationen zur Barrierefreiheit und Zugänglichkeit unter www.theaterbremen.de/barrierefreiheit Impressum Herausgeber: Theater Bremen GmbH Geschäftsführung: Prof. Michael

Börgerding (Generalintendant), Michael Helmbold (Kaufmännischer ­Geschäftsführer) Redaktion: Viktorie Knotková, Marianne Seidler Szenenfotos: Jörg Landsberg Gestaltung: ErlerSkibbeTönsmann, Tim Feßner Druck: Druck & Verlag Kettler GmbH. Änderungen und Irrtümer vorbehalten. 46


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