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Street Art in Wien — Wir sind jetzt Post-Graffiti Charli XCX / Schlagerstar / Wiener Würstler 135 Magazin für Glamour und Diskurs.

»Die Leute halten uns ja für cool, weil sie uns nicht kennen.« – Jonas Vogt

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MONATLICH. VERLAGSPOSTAMT 1040 WIEN, P.B.B. GZ 05Z036212 M, Nº 135, MAI 2012

Francis International Airport. Modeselektor. Bildungsschwerpunkt. VIS – Strange Days. Blood Dragon. Deerhunter. Arrested Development. Vampire Weekend. Mount Kimbie. Im Wortwechsel: Meins, Deins, Unseres – Was sollte allen gehören?

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Leitartikel von Thomas Weber.

„Das TAG ist die Off-Bühne interessanteste Wiens.“ Kurier der „Suchy ist einer eaterspannendsten Th Falter t.” macher der Stad

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Die Sonntagsfrage   Was spricht eigentlich dagegen, das Volk zu befragen, ob es eine »Sonntagsöffnung« will?

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ind Sie eigentlich dafür, dass Ihre wohlverdiente Sonntagsruhe dem Raubtierkapitalismus geopfert wird? Oder: Sollen in Zukunft auch Notaufnahmen, Gastwirtschaften und Polizeistationen an Sonntagen geschlossen bleiben, auf dass Chaos hereinbricht und zahlungswillige Touristen ihre Mitbringsel »duty free« kaufen müssen? Argumente für eine Sonntagsöffnung gibt es zur Genüge. Mich hat zwar noch keines überzeugt, und das ist durchaus widersprüchlich angesichts der Tatsache, dass ich diese Zeilen spätabends an einem Sonntag tippe (weil ich am Freitag regelmäßig früher Schluss mache). Auch die Argumente gegen eine weitergehende Sonntagsladenöffnung haben wir nicht erst einmal gehört. Es ist eine ritualisierte »Debatte«, die alle Jahre wieder mit den ewiggleichen Pros und Contras über uns hereinbricht, wenn sich ein Nachwuchsfunktionär der Wirtschaftskammer profilieren, Richard Lugner in Erinnerung bringen oder eine Ramschladenkette hervortun möchte. Oder jetzt, wenn eine neue Partei wie die Neos im Vorwahlkampf einen thematischen USP braucht und – verständlicherweise – beweisen muss, dass sie eh richtig liberal ist. Es assistieren »Supermarkt«-Journalisten, Handelslobbyisten und die üblichen Esoteriker der Fraktion »Der Markt wird’s scho richten«. Dagegen argumentieren Kirchenvertreter, Familienpoliti-

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ker und Linke (sofern sie glauben, damit irgendwie punkten und »Haltung« zeigen zu können). Auch die Gewerkschaften freuen sich, wenn sie wieder einmal vorkommen. Die Fronten sind geklärt, der Ausgang ist gewiss: Nix ändert sich, alles bleibt wie es ist. Doch das müsste nicht so sein. Zumindest das Thema an sich ließe sich ein für allemal abhaken. Denn es spricht genau nichts dagegen, das Volk zu befragen, ob es eine »Sonntagsöffnung« befürwortet. In einer ausführlichen Debatte könnten unterschiedliche Standpunkte erörtert, diskutiert und Argumente zu Ende gedacht werden. Parteien und Volksvertreter müssten Stellung beziehen, das Ergebnis für die Politik verbindlich, die Fragestellungen freilich möglichst neutral und an der Sache formuliert sein – was ein überparteiliches Gremium aus Sprachwissenschaftern garantieren könnte. Denn weder Raubtierkapitalismus noch drohendes Chaos haben auf amtlichen Abstimmungspapieren etwas verloren. Darüber hinaus sollen ruhig Wirtschaftsliberale predigen und Pfarrer wettern: Mit dem Ergebnis – letztlich zwar ein Grundsatz-, aber doch ein »Feel good«-Entscheid – werden wir alle gut leben können. So oder so.

Thomas Weber Herausgeber weber@thegap.at @th_weber

6., 7., 13. und 14. Mai 6., 10. und 11. Juni 2013 jeweils 20 Uhr Tickethotline: 01/586 52 22 oder mail@dasTAG.at Onlineticket: www.dasTAG.at 07.05.13 18:06


STREET ART Cash, Cans & Candy hat den Ausschlag gegeben. Vor der Festivalankündigung war uns immer wieder und immer öfter Street Art aufgefallen, nicht nur auf der Straße, auf Blogs, in Galerien, auf Facebook. Ende vergangenen Jahres hatte die REM als zweite Galerie für Street Art in Wien nach der Inoperable eröffnet. Beide bringen gemeinsam mit Events wie das Blk River und Escape The Golden Cage Street Art ins öffentliche Bewusstsein, weil wir, Medien, dann darüber schreiben, ausführlich darüber schreiben.

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Magazin Street Art in Wien 020 —— Wir sind jetzt Post-Graffiti. Street-Art hängt nun auch in Wien zwischen Häuserkampf und Kunstdiskurs fest. Eine Bestandsaufnahme. Golden Frame: Roa 026 —— Roa hatte dem Naschmarkt einen Bock geschenkt, der erst am Abend erwachte, wenn die Rollläden, auf die er gemalt war, heruntergingen. Dann wurde er getötet. Charli XCX 030 —— Mit ihr kommen die 90er zurück in den Pop, DIY-Pop, um genauer zu sein. Außer Style kann sie noch dazu Songs schreiben. Vampire Weekend 032 —— Die New York-Trilogie ist fertig. Und jeder Song des neuen Albums war an einem Punkt einmal ein Lieblingssong der Band, erzählt Sänger Ezra König im Interview. Kleindienst / Peer 034 —— Zwei neue, großartige Bücher erzählen voll Ironie von Einzelgängern, die weder Winner noch Loser sind. Far Cry 3 / Blood Dragon 038 —— Die Basis von »Blood Dragon« ist ein paar Monate alt, aber die Charaktere, Waffen und Storyline sind retro-brandneu, feuerspuckend neu.

Arrested Development 040 —— Die Serie hat nicht nur die abgedrehtesten Witze auf diesem Planeten, sondern könnte gemeinsam mit Netflix unser Serienverhalten für immer verändern. VIS – Strange Days 042 —— Wie rebellisch kann Kino überhaupt sein? Kann es mobilisieren und soll es das? Das Spezialprogramm der Vienna International Shorts geht der Frage nach. Schlagerstar 044 —— Knochenarbeit aus Überzeugung und Gaudi für die Fans – Eine Film-Doku folgt dem Schlagerstar Marc Picher durch Berg und Tal. Design: Wiener Würstler 046 —— Grind und Design – Zwischen diesen Polen wird in Wien Wurst gegessen. Ein Buch zeigt 95 Exemplare dieser städtischen Standljuwelen. Bildungsschwerpunkt 054 —— Alles drin: Überblick über die wichtigsten Creatives-Bildungseinrichtungen, Roundtable zum Thema Animation und ein Interview mit BM Töchterle über den Standort Österreich.

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SCHLAGERSTAR Immer grinsen, immer freundlich sein, immer eine Gaudi – Schlagerstars haben es nicht leicht. Dass man dabei als Beobachter leicht ein paar Klischees aufsitzt, haben nun zwei Filmemacher in einer Dokumentation über Marc Pircher festgehalten. Und – feuchter Musikantenstadltraum – wir haben das Subjekt der Begierde sogar interviewt.

044 Rubriken Leitartikel Inhalt Editorial / Porträts / Impressum Fondue Fabula Rasa Unbezahlter Anzeiger Splitter Wortwechsel: Meins, Deins, Unseres – Was sollte allen gehören? Workstation: Kurt Prinz Prosa: Nadine Kegele Blow-up: Serien vs Kino? Reviews Introducing: Hüseyin Tabag Termine

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Bild der Ausgabe Wir mögen Doppelinterviews. Und Essen. Deshalb treffen wir uns seit letztem Jahr immer wieder auf Doppelinterviews zum Essen. Zum Beispiel mit Michael Ostrowski und Manuel Rubey, zwei der witzigsten, klügsten und interessantesten Schauspieler Österreichs. Bitte nachlesen, im Internet.

Kolumnen Fabula Rasa Zahlen, bitte Know-Nothing-Gesellschaft

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Ihr habt Banksy vergessen! — Street-Art! Aber hey, sagen da manche, in Berlin und Paris und Miami gibt es das alles schon längst, Sprayer im Museum, Künstler am Bau, besprühte Saftdosen, saftige Sprühdosen, Kommerzkrieg und Straßenkampf. Aber hey, sagen wir zurück, genau darum geht es, in Wien kommt alles später an. Mit neuen Galerien, Festivals und Regeln. Warum wir trotzdem nicht mehr vom alltäglichen Häuserkampf erzählen? Weil genau an dieser Nahtstelle zwischen Straßenkultur und Hochkultur die größten Reibereien entstehen, manchmal auch der größte Reibach. Und weil dort in Bildungsschichten der kulturelle Kanon anfängt – Cultural Studies und Pop Studies hin oder her. Ja, das ist nur super und hat natürlich wie alles im Leben gar keine Nachteile. Für das Special hat Yannick Gotthardt nicht nur einen Interview-Marathon hinter sich gebracht (Coverstory ab Seite 018), die Wandblatt Gäng hat sogar extra für unseren Fotografen eine Wand gebombt (Seite 050). Eine Premiere ist das Bildungsspecial (ab Seite 053) mit Fokus auf all jene Orte, wo man das lernt zu machen, wovon wir uns einbilden, dass wir uns damit genug auskennen, um später darüber zu schreiben. Design, Multimedia, Netzkunst und Kohle. Und noch eine Premiere: Wir fahren nach Graz zum Spring auf Spritztour (Seite 012). Für läppische 119 Eurotaler gibt es Reise, Hotel und Fun, Fun, Fun.  Stefan Niederwieser niederwieser@thegap.at @the_gap

Erratum: Im letzten Golden Frame wurde Katharina Gruzeis Arbeit falsch betitelt. Korrekt: »Die ArbeiterInnen verlassen die Fabrik«

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Luise Wolf

Kurt Prinz

Das Rockbaby — Seit sie fünf ist, treibt sie sich auf Konzerten und Festivals in ganz Europa herum. Ihre eingefleischten Rockfan-Eltern zerrten die kleine Luise schon im zarten Kindesalter zu Rammstein, Metallica oder AC / DC. Neben Hardrock-Konzerten prägten aber auch Musik- und Gesangsunterricht und das Ausnehmen von Wildtieren ihre Jugend. Deshalb findet sie heute Hirschdesigns ziemlich geschmacklos und kann diesen einfach nichts Romantisches abgewinnen. Zum Studium ging Luise kompromisslos nach Paderborn, wo sie sich Populärer Musik und Medien widmete und zog dann weiter nach Berlin. Jetzt hat sie für The Gap ein Urlaubssemester (ja das heißt wirklich so, ist aber eher das Gegenteil davon) genommen, um ihren Senf vornehmlich zu musikalischen Themen abzugeben – und das kann sie zu einer ganz schönen Bandbreite. In der Jugend noch headbangende Progressive Death-MetalGöre und zwischenzeitlich Weird-Folkster, antwortet sie heute auf die Frage nach ihrem besten Konzert: Pantha du Prince and The Bell Laboratory. Die »Winterreise« von Schubert als Ballett findet sie aber auch fantastisch. Dass Klassik und Electronica in den Ohren von Luise aber keinesfalls zu grob vermischt werden dürfen, wissen wir spätestens seit ihrem Interview mit Lindsey Stirling. Wo sie recht hat, hat sie recht. 

In Dankbarkeit — Jedes Porträt ist immer viel zu kurz. Im Fall von Kurt Prinz aber ganz besonders. Der ... fotografiert. Und das trifft es oft schon nicht. Er collagiert, arbeitet mit Christopher Sturmer gemeinsam als – Obacht Anagramm – Stirn Prumzer, für das Magazin Rokko’s Adventures, für das Vice (Bussi!), hält Bands wie Melvins, Bul Bul oder Death Grips fest, kann auch den Fotostil von Profil, OMV und A1 treffen, wenn es denn sein muss ... oder aber – das Beste – macht Fotos, auf denen Wien aussieht wie Detroit. Er sagt, er kann seine Arbeiten nicht präsentieren, weil er ständig Neues macht. Wenn man auf seine Website schaut, stimmt das gar nicht. Aber für Ausstellungsangebote ist der geborene Favoritner dennoch immer dankbar. Und Ausstellungen sollten ihm dankbar sein. Und wir sind ihm dankbar. Seit Jahren inszeniert er die Fotostrecke im Festivalsommer, dem Festival Guide von The Gap. Oder die aktuelle Fotostrecke. Wien sollte ihm dankbar sein, unter anderem für diese irre Gratisparty mit Apparat in der Ankerbrotfabrik, von der die Leute noch immer reden. Oder die große Ausstellung der Atzgerei im Herbst 2012. Oder ... 

TEXT Stefan Niederwieser BILD kurt prinz

TEXT teresa sutter BILD christian wind

Impressum

HERAUSgeber Thomas Weber chefredaktION Martin Mühl, Stefan Niederwieser Redaktion Ranya Abd El Shafy, Niko Acherer, Sarah Al-Hashimi, Gregor Almassy, Michael Aniser, Matthias Balgavy, Claire Benedikt, Josef Berner, Sandra Bernhofer, Liliane Blaha, David Bogner, Manuel Bovio, Ivo Brodnik, Stephan Bruckner, Klaus Buchholz, Johannes Busching, Ann Cotten, Lisa Dittlbacher, Andreea Dosa, Margit Emesz, Juliane Fischer, Holger Fleischmann, Philipp Forthuber, Manuel Fronhofer, Daniel Garcia, Yannick Gotthardt, Manfred Gram, Dominique Gromes, Julia Gschmeidler, Benedikt Guschlbauer, Andreas Hagenauer, Jan Hestmann, Christoph Hofer, Sebastian Hofer, Lukas Hoffmann, Peter Hoffmann, Michael Huber, Konstantin Jakabb, Reiner Kapeller, Iris Kern, Markus Keuschnigg, Hubert Kickinger, Michael Kirchdorfer, Stefan Kluger, Michaela Knapp, Katrin Kneissl, Markus Köhle, Christian Köllerer, Christoph Kranebitter, Rainer Krispel, Michael Bela Kurz, Philipp L’Heritier, Gunnar Landsgesell, Ali Mahlodji, David Mochida Krispel, Christiane Murer, Nuri Nurbachsch, Ritchie Pettauer, Stefan Pichler, Johannes Piller, Stefanie Platzgummer, Christoph Prenner, Mahdi Rahimi, Teresa Reiter, Werner Reiter, Kevin Reiterer, Martin Riedl, Tobias Riedl, Georg Russegger, Joachim Schätz, Barbara Schellner, Bernhard Schmidt, Nicole Schöndorfer, Werner Schröttner, Richard Schwarz, Katharina Seidler, Wolfgang Smejkal, Lisa Stadler, Cornelia Stastny, Roland Steiner, Gerald C. Stocker, Johanna Stögmüller, Peter Stuiber, Denise Helene Sumi, Asha Taruvinga, Hanna Thiele, Horst Thiele, Jonas Vogt, Imre Withalm, Maximilian Zeller, Martin Zellhofer, Barbara Zeman PRAKTIKUM Teresa Sutter, Luise Wolf termine Manuel Fronhofer, Stefan Niederwieser AUTOREN Georg Cracked, Michaela Knapp, Michael Lanner, Moriz Piffl-Percevic, Stefan Tasch, Jürgen Wallner, Martin G. Wanko fotografie Florian Auer, Lukas Beck, Stephan Doleschal, Andreas Jakwerth, Georg Molterer, Ingo Pertramer, Kurt Prinz, Karin Wasner, Michael Winkelmann Illbilly-illustration Jakob Kirchmayr COVER Hannes Friesenegger WORKSTATION-FOTOstrecke Kurt Prinz ART DIRECTION Sig Ganhoer DESIGN Elisabeth Els Lektorat Wolfgang Smejkal, Adalbert Gratzer web Super-Fi, m-otion anzeigen Herwig Bauer, Thomas Heher, Wolfgang Hoffer, Micky Klemsch, David Kreytenberg, Martin Mühl, Thomas Weber (Leitung) Distribution Martin Mühl druck Ferdinand Berger & Söhne GmbH, Pulverturmgasse 3, 1090 Wien geschäftsFÜHRung Martin Mühl PRODuktion & MedieninhabERin Monopol GmbH, Favoritenstraße 4–6 / III, 1040 Wien kontakt The Gap c/o Monopol GmbH, Favoritenstraße 4–6/III, 1040 Wien; Tel. +43 1 9076766-41; wien@thegap.at, www.thegap.at, www.monopol.at, office@thegap.at bankverbindung Monopol GmbH, easybank, Kontonummer 20010710457, BLZ 14200 abonnement 10 Ausgaben; Inland EUR 15, Europa EUR 35, Rest der Welt EUR 42; HEFTPREIS EUR 2,— erscheinungsweise 8 Ausgaben pro Jahr; Erscheinungsort Wien; Verlagspostamt 1040 Wien Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung des Herausgebers wieder. Für den Inhalt von Inseraten haftet ausschließlich der Inserent. Für unaufgefordert zugesandtes Bild- und Textmaterial wird keine Haftung übernommen. Jegliche Reproduktion nur mit schriftlicher Genehmigung der Geschäftsführung.

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Aufmachen.

Aufwachen.

Hier gibt’s afri: Graz Molly Malone, Färbergasse 15, 8010 Graz, Restaurant Eckstein, Mehlplatz 3, 8010 Graz / Innsbruck Bar Project Innsbruck, IngEtzel-Straße 23, 6020 Innsbruck, Cammerlander, Innrain 2, 6020 Innsbruck / Linz Cafe Meier, Pfarrplatz 7, 4020 Linz, Spirali Cafe, Graben 32b, 4020 Linz Salzburg Cafe Wohnzimmer, Müllner Haupstraße 26, 5020 Salzburg, Die Weiße, Rupertgasse 10, 5020 Salzburg / Wien Cafe Kafka, Capistrangasse 8, 1060 Wien, Restaurant Martin Stein, Döblinger Hauptstraße 50, 1190 Wien, Volksgarten, Burgring 1, 1010 Wien

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Spähaugen und Schnappschützen aufgepasst: The Gap freut sich immer über bemerkenswerte Momentaufnahmen, optische Querschläger und belichtete Kuriositäten. Einsendungen an fondue@thegap.at

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Das A. steht nicht für Adam, sondern für Augustin. Bei 2,50 Euro Selbstbehalt gibts selbigen als Wartezimmerlektüre.

Pisse, Scheiße, Eier, Titten. Beste Urlaubsgrüße von Gilles de la Tourette.

Müsste eigentlich heißen: »Der kommt nie wieder«, schließlich ist Karl Bartos schon 1990 bei Kraftwerk ausgeschieden. Sein »Wir sind die Roboter«-Mechanoid tourt seitdem nur mehr durch die Herrenmodengeschäfte.

Nebenwohnsitz: Am Fleischmarkt 26, direkt über der Abtreibungsklinik.

Dazu will mir gerade kein passender Richard Lugner Witz einfallen.

Würden wir ja, aber ein Dreier geht sich da drinnen platzmäßig nicht aus. Außerdem ist’s im Kinderbecken immer so angenehm warm wie im Jacuzzi.

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LUMNE

Fabula Rasa All Hail The Captain!

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»man will nicht nur glücklich sein, sondern glücklicher als die anderen. und das ist deshalb so schwer, weil wir die anderen für glücklicher halten, als sie sind.« (charleslouis de montesquieu) — 19 Grad bereits am Morgen, strahlender Morgen, keine Wolke am Himmel, das kann ja gar nicht schiefgehen. Die Metal-Kids sitzen im Quarium vor ihrem Energy-Drink und unterhalten sich friedlich über die neuen Platten von Naglfar und Before The Dawn. Zwei Bauarbeiter sitzen vor einem Frittierladen in einem improvisierten Schanigarten (eigentlich nur zwei Gartensessel und Tisch auf dem Gehsteig) und beschweren sich über ihren Meister im Trockenbau, trinken Bier und essen Pommes. Die Fahrradfahrer sprießen aus dem Boden. Dann passt das Auto in die viel zu kleine Parklücke direkt vor dem Hauseingang und die Benachrichtigung für die bestellten Platten liegt im Postkasten. Könnte irgendwas noch besser sein? Leise pfeifend gehst Du vor der Arbeit noch am Postamt vorbei und tatsächlich, die Platten sind da. Vinyl, klar – CDs kann man auch gleich downloaden. Jetzt noch schnell bei dem neuen, hippen Snackladen vorbei, einen Spezial-Bagel und einen Blueberry-Muffin für die erste Pause mitnehmen. Dann, Punkt elf Uhr, sitzt Du an Deinem Platz im Callcenter, hast das Headset umgeschnallt und die ersten Blinkzeichen am Computerschirm melden Dir, was der Anrufer wahrscheinlich will und Du meldest Dich exakt mit der Meldung, die der Schirm Dir vorgibt, folgst den Wendungen des Gesprächsleitfadens wie ein Gebirgsfluss seinen Weg talwärts findet, klar, leicht und sprudelnd. Deine rechte Hand klickt sich schon fast automatisch durch die unterschiedlichen Gespräche, die Firmen, die Anliegen, Beschwerden, Rückmeldungen, Auskunftseinholungen und, ganz selten, ein kleines Dankeschön. Für Letzteres findest Du aber kein Feld im Computerprogramm. Positives Feedback ist nicht vorgesehen in der Big Data – Analytics 2.0 datashaped embodified – Welt der Call-Center-Auftraggeber. Egal, solange Du negatives Feedback aus Social Media-Plattformen in die Datenbanken der Industrie umleiten kannst, ist alles in Ordnung, ist Dein Quartals-Scoring gut und sind Deine Vorgesetzten zufrieden. der bauer geht solange zum mostkrug bis er bricht. übertut macht selten mut. und wer im steinhaus sitzt, soll nicht mit gläsern werfen. Ironischerweise ist Deine Vorgesetzte eine 25-jährige FH-Absolventin, mit der Du heute Abend zum Essen verabredest bist und die Dich mit ein wenig Glück auch ranlässt. Es ist ihr erster Job nach dem Studium. Es ist Dein fünfter Job seit dem Abbruch Deines Studiums. Du warst bisher Street-Promoter, Projekt-Supporter im Market Research, Data Input Operative für ein Online-Service und hast bei einem Umzugsservice mitgeholfen. Aber im Moment ist Frühling und das ist auch Deine Antwort, wenn Dich Deine Mutter am nächsten Sonntag fragen wird: »Mein Kind, was machst Du mit Deinem Leben?« Und Du wirst sagen: »Im Moment ist Frühling, Mama, meine Internetverbindung ist super und da ist ein Mädel, für das ich mich interessiere, es könnte gar nicht besser sein.«  Powered by Creedence Clearwater Revival

PRÄSENTIERT VON

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Es gibt Dinge da draußen, die sind so gut, die sind Segnungen für die Menschheit, echte Hits der Warenwelt, für die machen wir freiwillig Werbung.

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Holzbrillen fühlen sich nicht nur unterm Sitzfleisch so richtig gut an, sondern auch auf der Nase. In einem Tiroler Familienbetrieb werden in elendiglich mühevoller Handarbeit superleichte wie superschicke Rahmen für Sonnen– und optische Brillen geschliffen. Auch Bambus und Stein fallen dem Präzisionswahnsinn zum Opfer. Die Gläser selbst sind allerdings trotzdem aus Glas, was einem das Sehen natürlich einigermaßen, wenn nicht sogar maßgeblich, erleichtert.

Nicht zu verwechseln mit: Nasenstüber. Das traute Heim begrünen, und gleichzeitig das heimische Seidlflaschen-Endlager entlasten. Das verspricht die snug.-Stülpvase, und ist somit auch als Ernstfallsinstrument einsetzbar, um den eigenen latenten Kleinalkoholismus bei unangekündigtem Verwandschaftsbesuch kurzfristig zu vertuschen. Gesehen bei unseren gutaussehenden Freunden von der Sellerie, ansonsten auch bei

Die Stoff gewordene Unschuldsbeteuerung. Sollte man als junge Dame angesichts drohender elterlicher Maßregelung sicherheitshalber (notfalls als Unterleiberl) anhaben, wenn man zB. mit der ersten Menthol-Tschik erwischt wird, der erste Alkopop-Rausch auffliegt, oder man sonst irgendeinen adoleszenten Scheiß ausgefressen hat. Wie man hört versuchen sich Meischberger, Grasser und Co. bereits auf Mädchengröße herunterzuhungern. Erhältlich beim legendären OTTO-Versand. www.mono.at/15bMrCU

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Brötchen-Listen. Von Tex Rubinowitz. Heute: 11 Gründe ein Kleidungsstück wieder zurück in den Laden zu bringen 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11

Zu groß Zu klein Zu hässlich Es ist zu schwer Ich krieg Kopfschmerzen vom Stoff Niemand erkennt mich mehr Mein Hund knurrt mich an Ich wurde in der U-Bahn kontrolliert Es bewegt sich noch Es wird anzüglich Es schmeckt nicht Unaussprechlich gute Brötchen gibt es in Wien auf www.speckmitei.at

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TOP 10

STREET-ARTISTS

01 Roa 02 Space Invader 03 Retna 04 Conor Harrington 05 Os Gemeos 06 Ben Eine 07 JR 08 Dale 09 Above 10 Banksy

TOP 5

NASCHMARKT HOT SPOTS

01 Natürlich das Neni am Naschmarkt 02 Nautilus (bester Fisch am Markt) 03 Shutter Land (tolle Werke internationaler Künstler) 04 Exotischer Salat im Do An 05 Flohmarkt am Samstag (make sure to get there early)

auch nicht schlecht: Cash, Cans & Candy of course

Milli Kanyko (Waves Vienna)

TOP 10

DINGE, DIE MAN WIEN AUF DEN ERSTEN BLICK NICHT ZUTRAUEN WÜRDE

01 Christoph Waltz 02 In einer Stadt der Ordnung gibt es keine U5 03 Veränderung 04 HVOB 05 Das Adahmah-Bio Kistl 06 INDIE Magazine 07 U-Bahn-Nachtbetrieb 08 Pratersauna Open-Air 09 David Alaba 10 Hafenjunge – Ein kleines Stückchen Hamburg in Wien

TOP 5

INDIKATOREN FÜR DEN SOMMERBEGINN

01 Die Schanigärten machen wieder auf 02 Die Öffis sind Eishöhlen oder riechen unangenehm 03 Weirdos sind nicht mehr die Einzigen barfuß 04 Die Anwesenheit in Vorlesungen nimmt signifikant ab 05 In Clubs werden nachts wieder Sonnenbrillen getragen

auch nicht schlecht: Fühbar Beate, in Graz

www.thegap.at/gewinnen Olympus OM-D Mit der OM-D hat Olympus seine Vorreiter-Rolle in Sachen Systemkameras ausgebaut. Die Four-Thirds-Chip-Technik aus der PEN-Serie ist bekannt und beliebt, die OM-D hat außerdem ein paar feine technische Features wie ein Spritzwasser abweisendes Gehäuse und einen elektronischen Sucher. Uns spricht aber nicht zuletzt das feine Design mit Retro-Touch an. Aktuell gibt es mit »Create Your Own World« einen Fotocontest zur Kamera und in Berlin die Ausstellung »OM-D: Photography Playground«. Dort werden die Rauminstallationen von zwölf Künstlern gezeigt und den Besuchern Kameras in die Hand gegeben, durch die sie die Ausstellung aus besonderem Blickwinkel genießen und festhalten können. Wir verlosen anlässlich von »OM-D: Photograph Playground« eine Olympus OM-D.

»Österreich I« Auf 6 DVDs präsentiert diese komplett neu gemasterte ORF-III-Edition Hugo Portischs Dokumentarfilm-Reihe über die Geschichte der Ersten Republik. Hugo Portisch hat dabei nicht nur alle Texte neu eingesprochen, sondern diese auch neuen historischen Kenntnissen angepasst. Wir verlosen 5 DVD-Boxen.

3 Microsoft Explorer »Touch« Microsofts Touch Mouse verzichtet auf das altbewährte Scroll-Rad und ersetzt es durch eine kleine Touch-Fläche, mit der nicht nur nach oben und unten gescrollt werden kann, sondern auch nach rechts und links. Durch das fehlende Rad ist die Mouse dabei noch flacher und wirkt noch ein bisschen edler. Wir verlosen 3 Exemplare.

»Homeland« Season 1 Eine der erfolgreichsten und meist besprochenen Serien der letzten Jahre: CIA-Agentin Carrie Mathieson (Clare Daines) – selbst psychisch nicht unbedingt belastbar – hat den Verdacht, dass ein US-Soldat, der acht Jahre in Gefangenschaft im Irak war, umgedreht wurde und einen Anschlag gegen die USA plant. Wir verlosen 2 Exemplare der ersten Staffel auf DVD.

»Wien schön trinken« Menschen kann man sich schön trinken. Städte natürlich auch. Das feuchtfröhliche Saufkompendium »Wien schön trinken« ist vor Kurzem im Milena Verlag erschienen. 35 Autoren, Musiker und Journalisten haben darin ihre liebsten Wiener Kaffeehäuser und Ausgehstätten beschrieben. Texte von Austrofred, Ernst Molden, Mieze Medusa, Manfred Rebhandl oder Clarissa Stadler. Wir verlosen 3 Exemplare.

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The Gap Spritztour: Fahr mit uns zum Spring!

twenty.twenty #14: »Heimat Internet«

Wiener, auf zum Springfestival! In Zusammenarbeit mit Heineken organisieren wir eine Busreise, die es in sich hat: die erste The Gap Spritztour.

In der 14. Ausgabe von twenty.twenty beschäftigten wir uns mit der Frage, wie und ob die Möglichkeiten globaler Vernetzung unseren Heimatbegriff verändern.

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Als Wiener ist man eigentlich viel zu selten in Graz. Die Stadt an der Mur ist nicht nur schön und reich an Parks, sondern bietet mit Postgarage, Parkhouse, The Gap Spritztour Festivalsommer.indd 2 08.05.13 Niese u.a. auch eine mehr als respektable Clubkultur, die ihrem Wiener Gegenstück längere Zeit unzweifelhaft überlegen war. Bei The Gap geloben wir jetzt Besserung: Wir stärken die Achse Wien-Graz! Los geht das Ganze beim heurigen Springfestival. Für den absolut vernünftigen Preis von 119,– Euro pro Person könnt ihr mit uns von Freitag, 31. Mai bis Sonntag, 2. Juni von Wien aus nach Graz reisen. Transport im Bus, Eintrittskarten und zwei Übernachtungen im Hotel Daniel (Doppelzimmer) inklusive. Wir kümmern uns um alles. Wer das nicht für ein faires Angebot hält, dem können wir auch nicht mehr helfen. Zu sehen sind an diesen beiden Tagen übrigens Kollektiv Turmstraße, Light Asylum, Planningtorock, DJ Hell, HVOB, Extrawelt, Marek Hemmann, Re.You, Drums Of Death und viele, viele mehr. Man stelle sich auf eine leiwande Zeit in Begleitung von Gleichgesinnten und eine kompetente Reiseleitung von Gap-Redakteuren ein, die euch mit ihrem vermeintlichen Fachwissen begleiten und/oder nerven werden. Wem das zuviel Maturareise ist, bitte. Wer möchte, kann selbstverständlich auch nur zum An- und Abreisetermin anwesend sein. Und an die Berufstätigen unter euch: Wir fahren freitags erst um 17 Uhr ab. Ihr könnt es jetzt natürlich gar nicht mehr erwarten, euch die Plätze zu sichern. Das ist auch gar nicht schwierig: Zu buchen über unseren hauseigenen Onlineshop Monomarkt. 

The Gap Spritztour zum Springfestival: 31. Mai – 2. Juni, Graz Tickets, Bus An-/Abreise und 2 Nächtigungen inklusive: 119,— Euro www.thegap.at/spritztour

Internetservices schaffen es, Nähe zwischen Menschen herzustellen, geografische Grenzen zu überwinden und eröffnen niederschwellige Partizipationsmöglich11:32 keiten. Das hat auch weitreichende Auswirkungen für Migranten, wie die Sozialwissenschaftlerin Kathrin Kissau in ihrer Keynote darstellte. Solche Services bieten aber auch die Möglichkeit, sich in Communities zusammenzufinden und die Kultur dieser Gruppe zu pflegen und weiterzuentwickeln. Migranten mit entsprechender Medienkompetenz können intensiveren Kontakt mit Menschen im Herkunftsland pflegen und sich auch in der neuen Heimat innerhalb der Community besser vernetzen. Ein Aspekt von Heimat ist das Zugehörigkeitsgefühl zu einer Gruppe. Diese Zugehörigkeit lässt sich im Netz besser pflegen und mit dem Netz wird es auch einfacher, sich gleichzeitig mehreren Gruppen zugehörig zu fühlen. So sehr Technologie auch dazu beitragen kann, Grenzen und Hürden zu beseitigen, eine Hürde bleibt: Sprache zieht auch im Internet Grenzen. Olivera Stajic, Chefin vom Dienst bei derStandard.at, stellte fest, dass es noch keine wissenschaftliche Analyse zur Vernetzung der ex-jugoslawischen Diaspora gibt. Sie beobachtet aber, dass sich viele Facebook-Gruppen gebildet haben, die die »Jugo-Nostalgie« pflegen. Diese Beobachtung lässt sich auch auf andere Bereiche umlegen. Dieter Ziernig, Gründer von Digital Mindshift, fand den Begriff Heimat zwar problematisch, legte aber dar, dass in der Bildung von Communities und der Online-Interaktion viele Parallelen zu dem bestehen, was Heimat ausmacht. Der Vielreisende pflegt Freundschaften in aller Welt.  Twenty.twenty wird von A1 und The Gap veranstaltet. Die Beiträge zur twenty.twenty Blogparade und die Videoaufzeichnung sowie Fotos der Veranstaltung sind auf www.twentytwenty.at zu finden.

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Streitgespräch — Boulevard und Medienethik

Sex, Anzeigen, Hitler

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Text Jonas Vogt, Thomas Weber Bild Matthias Hombauer

Boulevardmedien stehen unter dem ständigen Verdacht, medienethische Grenzen zu strapazieren oder sogar überschreiten. Der Blog »Kobuk« sammelt seit einiger Zeit genau solche Verfehlungen. Höchste Zeit, zwei Protagonisten zu einem Streitgespräch zu laden. Das Gespräch zwischen Wolfgang Ainetter (früher Bild und Heute, mittlerweile Chefredakteur News) und Helge Fahrnberger (»Kobuk«-Gründer) dauerte 2,5 Stunden und sprang munter zwischen Medienrecht, Ethik und Persönlichem hin und her. Wir können hier nur kleine Auszüge wiedergeben. Die spannende Langfassung ist auf thegap.at nachzulesen. the gap: Was ist Boulevard? ainetter: Ich definiere das weniger über die Geschichten, sondern über die massentaugliche Aufbereitung. Gute Geschichten können sowohl im Spiegel als auch in der Bild stehen. Aber im Boulevard gibt’s die kurzen, verständlichen Sätze und knallige Headlines, die in den Artikel reinziehen. fahrnberger: Boulevard- und Qualitätsjournalismus sind sicher keine Antipoden. Es gibt qualitativen Boulevardjournalismus. Allerdings in Österreich kaum. Gibt es einen Unterschied zwischen deutschem und österreichischem Boulevard? ainetter: Gefühlsmäßig ist Boulevardjournalismus in Österreich viel schlampiger. Es gibt hierzulande immer noch Praktiken, die in Deutschland undenkbar wären. Zum Beispiel das Symbolfoto: Ein »Mordopfer« abbilden und ganz klein an der Seite vermerken, dass es sich gar nicht um das Opfer handelt. fahrnberger: Leider ist der Österreicher an diese schlampige Art von Journalismus gewöhnt. Wenn wir auf Kobuk Symbolfotos kritisieren, ist das Feedback oft: »Es steht doch eh irgendwo.« Der Österreicher kennt es nicht anders. Es ist so eingerissen. Boulevardisiert die österreichische Medienlandschaft? fahrnberger: Medien sind überall – neben dem finanziellen – auch dem Druck der Aufmerksamkeitsökonomie ausgesetzt. Das Ergebnis sieht man dann am Cover. Wenn zum Beispiel das Thema Diabetes mit einer nackten Frau visualisiert wird oder der Spiegel zum x-ten Mal mit Hitler covert. Kobuk entsteht im Zuge von Seminaren auf der Publizistik. Seit 2010 beobachten jeweils 20 Studierende die österreichische Medienlandschaft. Was sagen die zu News? fahrnberger: Selbst Publizistikstudierende lesen weitgehend kei-

ne Kaufzeitungen mehr. Ein News-Thema kommt dann vor, wenn wir einen externen Hinweis darauf bekommen. Mal ehrlich: Wie viele Leute Anfang 20 lesen News? Was ist mit dem Verschwimmen von Anzeige und Redaktion? ainetter: Die Anzeigenkunden wissen natürlich, dass Medien Geld brauchen. Manche Gratiszeitung hat da schlecht vorgelegt und eine Spirale nach unten in Gang gesetzt. Es kommt von den Kunden oft: »Warum macht ihr das denn nicht? Die anderen machen das doch auch.« fahrnberger: Wie geht News damit um? Und zwar nicht im Politik / Wirtschaftsteil, sondern im Reise- oder Lifestyle-Teil? Da wird’s ja spannend. ainetter: Politik und Wirtschaft sind natürlich No-Go’s, damit macht man sich alle Glaubwürdigkeit kaputt. Wir versuchen es anderswo zumindest immer sauber zu deklarieren. Ist das österreichische Persönlichkeitsrecht stark genug? fahrnberger: Das ist ein Recht, das in unserem Land täglich mit Füßen getreten wird. Das schlimmste Beispiel ist für mich der sogenannte »Inzest-Opa aus dem Innviertel«. Da ist ein 80-Jähriger über Wochen mit Foto im Boulevard abgebildet gewesen, der sich später sogar als unschuldig herausgestellt hat. Der Leser konnte nicht einschreiten, der Staatsanwalt konnte nicht einschreiten. Meines Wissens ist keine Zeitung verurteilt worden. Wie ließe sich so etwas verhindern? fahrnberger: Hier sehe ich schon rechtlichen Nachholbedarf. Zum einen die Erweiterung der Parteienstellung, so dass nicht nur Betroffene bzw. Angehörige Parteienrecht haben. Und ich bin ein großer Befürworter des Widerrufs: Wenn sich so eine Geschichte als falsch herausstellt, muss sie in derselben Größe widerrufen werden. Das bringt viel mehr als die paar Tausend Euro Geldstrafe. ainetter: Der 80-Jährige vermeintliche »Inzest-Opa« wehrt sich aber auch dann nicht. Es wehren sich die Profis. Die Berufskläger mit den teuren Medienanwälten. Im schlimmsten Fall wird der Widerruf dann zum Instrument der Zensur. Bringen öffentliche Widerrufe etwas? fahrnberger: Überlegen wir doch mal, was einem Verlag am meisten weh tut. Wenn der erste Werbekunde in einem Verkaufsgespräch sagt: Das hat uns gerade überhaupt nicht getaugt, machen wir mal Pause. Egal, ob er es auf Kobuk oder sonstwo gelesen hat. Es ist ja nicht so, dass die Bild-Leser Bildblog lesen würden. Es sind die Anzeigenkunden. Das Gespräch ist Teil einer Kooperation von The Gap und Joya.

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Insgesamt 2,5 Stunden diskutierten Wolfgang Ainetter und Helge Fahrnberger im Büro von The Gap.

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Kolumne: Zahlen, bitte! von Thomas Edlinger

1647   Was ein Lebensratgeber aus dem 17. Jahrhundert mit Mao und den 70er Jahren zu tun hat.

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eulich im Wiener Rabenhoftheater: Heinz Strunk lässt das Leben zwischen 1966 und 1974 in der westdeutschen Provinz aus der Sicht eines Sechs- bis 14-Jährigen Revue passieren. Seine romanhafte Rekonstruktion von Spießigkeit ohne Wenn und Aber besteht, soviel Spaß muss sein, aus Kotelettsucht, Opagebelle und den Freuden der Landjugend an Gewehrgeballer, Insektenverbrennen und Zigaretten, die heimlich auf Hals statt auf Lunge geraucht werden, damit es nicht so weh tut. Die Zigaretten kommen ins Spiel, als der junge Ich-Erzähler zehn Jahre ist und schon mindestens elf sein will – 1970. 1971, als der Junge elf werden wird, spielt auch das Ende Mai anlaufende neue Werk des französischen Regisseurs Olivier Assayas. Im Französischen heißt es »Après Mai«, also »Nach dem Mai (1968)«. Auf Deutsch sollen wir – etwas plakativ – in »Die wilde Zeit« eintauchen. Der Film erzählt ebenfalls von einer autobiografisch inspirierten Zeit als 16-Jähriger, wie Assayas anlässlich der Viennale-Präsentation seines Films 2012 betonte. Anders als bei Strunk geht es nicht um die unfreiwillige Komik der Provinz, sondern um Bewegung, Rausch, Farben, Liebe, Versprechungen und die Offenheit junger Lebensentwürfe. Und was für ein mitreißendes, empathisches und dennoch nicht verklärendes Zeitpanorama ist es, das hier das Gegenbild zum modrigen Mief einer westdeutschen Normalo-Befindlichkeit abgibt!

Erziehung des Herzens Assayas sympathisiert auf unverhohlene Weise mit seiner an ihn selbst angelehnten Hauptfigur Gilles. Der lebt so, wie es der junge Godard einmal gemeint hatte: außer Atem. Gilles ist – natürlich – ein radikaler Linker, der sich mit Marx, Mao und dem Anarchismus herumschlägt und noch gar nicht wissen will, was dieser angebliche Marsch durch die Institutionen bedeuten soll. Die Revolution ist das tägliche Geschäft, sie macht Spaß und ist wichtig

zugleich. Begleitet von einer dynamischen Handkamera schlüpft man durch die Gassen und Engen der Stadt, hetzt konspirativ von der Demo zur Druckerpresse, beschmiert die Wände der reaktionären Schule, agitiert und diskutiert, raucht, kifft und trinkt, hört ganz viel psychedelische Rockmusik zwischen Syd Barrett und der Incredible String Band, schmust sich nach Italien, solidarisiert sich dort mit pastakochenden Dorfbewohnern und verliebt sich so nebenbei, denn all das gehört wie selbstverständlich zusammen in dieser Nachdichtung schwärmerischer Politromantik. Die Erziehung des Herzens, die Desillusionierung der revoluzzerischen Gymnasiasten findet hier zwar auch einen Platz, aber sie offenbart sich nicht als aufkeimender Zynismus, der die eigenen Ideale und Vorstellungen von früher als naiv verachtet. Er zeigt sich eher toll dialektisch, in der Gleichzeitigkeit von moderner Kritik und Modernisierung des Kritisierten, als Einsicht in den (letztlich ja auch Assayas selbst anziehenden) Magnetismus kommerzialisierter Kreativität. Die konterkariert die Malerflausen des jungen Gilles mit der – durchaus grotesken – Fiktionsmaschinerie der Filmindustrie in London. Am Ende steht aber weder ein brav geläuterter, weiser Blick noch eine Einladung, die nächsten Retrokultparty mit Espandrillos, Mao-Bibel und Progrock zu feiern. Es geht hier eher darum, das, was an einer Epoche interessant und anders war, wach zu halten. Denn wie kaum ein anderer zeitgenössischer Regisseur schafft es Assayas, mit leichter Hand zu zeigen, wie Lebensstile und Haltungen miteinander verbunden sind. Es ist auch kein Zufall, dass seine Helden immer anders aussehen und andere Musik hören als die, von denen er nicht erzählen will.

Handorakel Eine dritte Option, von den 70ern zwischen Agonie und Aufbruch zu erzählen, liefert der Kulturwissenschaftler Helmut Lethen. Der Ausgangspunkt seiner politischen Erinnerungen ist eine Frage seines Sohnes: Wieso warst du damals Maoist, Papa? Lethen, Jahrgang 1939, bekannt

geworden durch seine »Verhaltenslehren der Kälte« in der Literatur der Neuen Sachlichkeit und Spross einer Leichtathletikfamilie, geht die Sache sportlich an. Für ihn waren die 60er Jahre die kinetischen Jahre als Twen, ab 1977 hing die Zeit wie Blei an den Jeans. Als Intellektueller mit Stilbewusstsein erzählt der Germanist die Geschichte seiner politischen und ästhetischen Sensibilisierung als Defilee durch Bücher, Diskussionen und Zeitschriften. Ordnungsprinzip in diesem schmalen, aber nicht ganz unkomplizierten Büchlein sind jene Texte, die nicht mehr den revolutionären Furor befördern, sondern Weltklugheit versprechen. Ausgerechnet ein Verhaltensratgeber eines spanischen Jesuiten aus dem Jahr 1647 liefert ihm das Stichwort. Lethen jagt nach Updates des Handorakels von Gracian, erkundet damit Texte von Benjamin bis Adorno und imprägniert sich in den Lektüren mit jener Skepsis, die ihn davor bewahrt, eine schreckensbringende Abzweigung aus seiner eigenen späten Einsicht über die Verhärtungen der K-Gruppen-Mentalität zu nehmen. Diese fasst er so zusammen: »Die historische Konstellation hat mehr aus uns herausgeholt, als drin war.« Am Ende seiner »Suche nach dem Handorakel« kann der Mann seinem Sohn immerhin versichern, dass er nun so frei wie möglich von Politik leben will. Eine lapidare Absage an das, was ihn und viele Weggenossen 20 Jahre umgetrieben hatte. Denn damals sollte ja alles politisch werden. Im Rückspiegel erscheint das Lethen, der »kein politisches Subjekt« sein will, offenbar wie der Wunsch nach Vergiftung.

Thomas Edlinger Journalist und Kurator

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Shepard Fairey (Obamas Hope-Plakat-Illustrator) wird dieses Motiv am 25. Mai im Rahmen von Cash, Cans & Candy meterhoch an den Silo der Ankerbrot-Fabrik in Wien Favoriten spritzen. 020

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Street-Art in Wien findet sich eher im siebten Bezirk als in Kagran und eher auf freigegebenen Flächen als auf U-Bahnen und Werbemitteln. Die Tendenz geht klar weg von Graffiti und hin zur Kunst im öffentlichen Raum. Auf Nychos Arbeiten wurde erstmals 2010 ein Galerist in London aufmerksam. Nur eine Woche war Wiens Street-Art-Aushängeschild an der Themse aktiv gewesen, schon kam es dort zu seiner ersten Ausstellung. Zahlreiche Galeriebesucher fanden seine Arbeiten interessant, wenige haben gekauft. Darauf war Nychos vorbereitet. Die Londoner Sammler kaufen in der Regel kaum bei Künstlern, die sie noch nicht kennen. Das war damals der Unterschied zwischen Wien und London. Während Arbeiten von StreetArtists in Österreich oft noch zur Wohnzimmerdekoration gekauft wurden, unterlag Street-Art in London bereits den ganz gewöhnlichen Gesetzen des Kunstmarktes. Eine Reihe von Blogs und Magazinen haben damals auf Anhieb über die Ausstellung berichtet. Heute halten den Steirer Nychos daher viele für einen Londoner Street-Artist. Mittlerweile geht Street-Art auch in Wien in Galerien. Dabei wollte Street-Art ursprünglich genau da nicht hin. Der Begriff ist dabei ein bisschen schmierig geworden. Vielleicht, weil er in den letzten Jahren ein paar Mal zu oft von Energiedrinks oder Sportartikelherstellern eingespannt wurde. Sicher ist die Kommerzialisierung für die Szene ein Grund, sich immer öfter Urban Art oder Urban Hacktivism zu nennen. Das Feld hat sich aber konsolidiert. Street-Art bewegt sich weg vom »Graffiti with Benefits« hin zur »Kunst im öffentlichen Raum« und vom öffentlichen Raum immer öfter auch in die Galerien. Die Kunsthalle im Museumsquartier war eine der ersten großen Institutionen, die sich der Street-Art annäherten. Vor ein paar Jahren gab es dort die erste große StreetArt-Ausstellung. Und: sie verkauft sich! Projekte wie die Inoperable

Gallery in der Burggasse, das »Blk River Festival« und später »Escape The Golden Cage« haben dazu beigetragen, internationale Artists nach Wien zu holen und Street-Art als Kunstform zu festigen. Die Inoperable kooperiert dafür mit ganz klassischen Institutionen wie dem KÖR oder auch ganz klassischen Galerien wie der Hilger Contemporary. Im Quartier21 werden Räume und Möglichkeiten geschaffen. In der aktuellen Amose & Erone-Ausstellung der Inoperable gibt es einige gar nicht allzu große Arbeiten, die mit ein paar tausend Euro die gleichen Preise erzielen, wie ähnliche Werke junger bildender Künstler. Auch in der Hilger Contemporary wird man im Rahmen des Festivals »Cash, Cans & Candy« kaufen können. Vom Preis und Charakter nähert man sich also an.

Same same but different? Die Street-Art-Werke, die in Galerien hängen, unterscheiden sich zumindest zum Teil nicht mehr von Grafiken oder Malereien, wie man sie auch in jeder Galerie finden könnte. In der Inoperable kümmert sich Nathalie Halgand als eine von zwei Betreibern um die Texte, genau wie es in jeder anderen Galerie auch passieren würde. Für Nathalie ist der nächste logische Schritt für die Inoperable, auf Kunstmessen mit eigenen Ständen vertreten zu sein, wie das Kunstgalerien eben tun: »Es geht in der Galerie nur noch um die Wurzeln, darum, wo ein Künstler herkommt. Viele Arbeiten bei uns könnte man zum Beispiel genauso gut als Pop-Surrealismus bezeichnen.« Was Street-Art jedenfalls schafft, ist leicht zugänglich zu sein. Manchmal ein bisschen kitschig, oft mit Grafiken für Plattencover, Skateboards oder Shops, tragen viele Street-Artists nicht die schwere Last eines traditionellen Kunstbegriffs. Das öffnet neue Käuferschichten. »Der

Text Yannick Gotthardt Bild shepard fairey, vitus weh / schlehbrügge editor, yannick gotthardt, hannes friesenegger, lukas gansterer

S t r e e t - A r t u n d U r ba n A r t i n W i e n — V o n d e r S t r a SS e i n d i e G a l e r i e

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Das Magazin Betonblumen beschäftigt sich seit 13 Ausgaben vom MQ Wien aus mit Street Art. Ein Interview mit der Ko-Kuratorin Margit Mössmer gibt es auf www.thegap.at

klassische Street-Art-Sammler ist um die 30, selbstständig, oft Unternehmer, häufig aus einer Design-Agentur«, erklärt Nicholas Platzer, Gründer der Inoperable.

Wien, offene Stadt? In Wien hat es Street-Art also in die Galerie geschafft. Aber wie sieht es auf der Straße aus? Das Wiener Stadtbild ist musealer als die New Yorker oder Berliner Betonwüsten. In Wien ist das Blickfeld in den Gassen eng, die Sandsteinfassaden sind technisch eine schlechte Fläche und architektonisch kaum eine Provokation. Aber auch in Wien gibt es soziale Brennpunkte und böse städteplanerische Fehler, vor allem abseits des Zentrums. Dennoch, die Mauer im Westjordanland oder Favelas in Südamerika provozieren Street-Artists zu sozialkritischen Arbeiten. Die pinken Puffstraßen und grauen Autobahntrassen in Vösendorf und Kagran schaffen das offensichtlich nicht. Auch im ersten Bezirk sind kaum Arbeiten, in den inneren Bezirken 4, 6 oder 7 ist mehr los. »Wien ist grundsätzlich sehr konservativ, aber wir haben hier den Vorteil, dass es in den 90ern nicht den gleichen Overkill gab wie in Barcelona, New York oder Berlin. Darum ist die Stadt heute immer noch grundsätzlich offen für neue Projekte«, meint Nicholas Platzer. »Anders als zum Beispiel in Barcelona, wo es jetzt für die Ladenbesitzer verboten ist, ihre Rollläden bemalen zu lassen.« In Barcelona wird mittlerweile eine Null-Toleranz-Strategie gegenüber StreetArt und Graffiti gefahren. Praktisch ist das der Todesstoß, denn die bemalten Rollläden haben die Szene dort ausgemacht und finanziert. In Wien gibt es dagegen immer mehr private und öffentliche Aufträge zur Raumintervention. Wien kommt, wie in so vielem, erst nach dem Hype und kann davon profitieren.

Jetzt folgt auch für immer mehr Street-Artists der Schritt in die Galerie und ins Museum, die meisten bleiben trotzdem auf eigene Kosten auf der Straße aktiv. Internationale Szenegrößen, die auf Festivals wie dem Cash, Cans & Candy, Escape Golden Cage oder dem BLK River vertreten sind, nutzen oft auch die Nächte in Wien. Festivals scheinen der geeignete Weg, um Straße und Geld zusammenzubringen. Sie sind ein Support für die Szene, weil sie Gelegenheit bieten, zusammenzukommen, sich um Genehmigungen kümmern, im großen Rahmen Flächen zu schaffen, aber auch schlicht, weil sie eine große Zahl internationaler Größen gleichzeitig auf Wiens Straßen stellen. Für die Stadt werden einige relevante Arbeiten bleiben. Bei Cash, Cans & Candy werden gleich mehrere Street-Artists einen alten Speicher in der Ankerbrotfabrik großflächig bemalen. Nebenher werden wohl auch zunehmend relevante Umsätze für die Galerien gemacht. »Wir sind sozusagen ein bisschen Post-Graffiti«, kommentiert Margit Mössmer diesen Zustand, denn: »Graffiti spricht in Codes, die nur eine kleine Gruppe verstehen kann, während Street Art und Urban Hacktivism versuchen, möglicht voraussetzungsfrei lesbar zu sein. Das Spannungsfeld sieht heute also folgendermaßen aus: Die Leute kommen oft aus dem Graffiti, haben sich aber von den ästhetischen Formen, den Botschaften und manchmal auch den Szenen verabschiedet.« Die Straße ist in der Galerie gelandet. Sie etabliert sich, man kann damit Geld verdienen. Für die Galeristen sind erfolgreiche StreetArtists trotzdem nur aufstrebende Künstler am Anfang ihrer Karriere. Das hat Nychos schnell gemerkt. Auf dem Kunstmarkt ist er mittlerweile Künstler, für ihn heißt das, termingerecht zu liefern, fleischige Buchstaben für eine Ausstellung in Detroit oder anatomisch sezierte Mickey Mouse-Figuren für New York. Sein überlebensgroßer Fuchs ist erst für Ausstellungen im nächsten Jahr vorgesehen. Herzlich Willkommen im Kunstdiskurs! »Cash, Cans & Candy« startet am 31. Mai in der Ankerbrotfabrik. Dabei wird nicht nur ein alter Getreidesilo in Favoriten neu gestaltet, auch Workshops und Diskussionen stehen auf dem Programm. »Escape The Golden Cage« findet von 16.–31. Mai statt. »Blk River« folgt im Herbst. Weitere Orte, um Street-Art in Wien zu sehen: Inoperable Gallery, Burggasse 24, 1070 Wien www.inoperable.at Rabbit Eye Movement Art Space, Gumpendorfer Straße 91, 1060 Wien www.rabbiteyemovement.at Street Art Passage Vienna, Quartier21, Museumsquartier, 1070 Wien www.betonblumen.org

Was ist mit der Realness? Wer malt den Zug? Ok, Nychos nimmt sich immer noch Züge ebenso wie Leinwände vor. So enge Anknüpfungspunkte mit dem Graffiti wie er haben aber immer weniger Street-Artists. Margit Mössmer, die für das Quartier21 die Artists in Residence-Studios an Street-Artists vergibt, meint: »Die Leute haben meistens einen Graffiti-Background, haben sich aber nicht selten davon wegentwickelt.« Street-Art hat heute offenbar nicht mehr die ursprüngliche realness gegenüber der Straße, aber oft einige Realness gegenüber dem Kunstdiskurs. Die Street-Artists haben sich oft früh dafür entschieden, auf die meisten Stützen des klassischen Kunstdiskurses zu verzichten. Laut Margit Mössmer fangen die Artists mit dem Street-Art Begriff auch darum wenig an. Manche wollen gar nicht Künstler genannt werden. Florian Rivière bezeichnet sich zum Beispiel als »Urban Hacktivist«. Ihm geht es um die Schönheit der Störung. Dahinter steht auch der Anspruch, für alle da zu sein und sich eben nicht in einem voraussetzungsreichen, mehr oder weniger elitären Kunstdiskurs zu bewegen.

Kid Acne, Siebensterngasse, Wien

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links :

Nicholas Platzer und Nathalie Halgand betreiben die Inoperable, die erste Wiener Street Art Galerie, die u.a. 2011 einen European Gallery Award abgestaubt hat. rechts : Busk war einer der ersten Wiener Sprayer der seinen Namen überall hingebombt hat. Letztens hat er einen Teil des Wiener Clubs Grelle Forelle neu bemalt und ihr eine Schrift entworfen.

links :

Nychos ist wohl der international bekannteste Sprüher in Wien. In seiner Galerie Rabbit Eye Movement hängen mittlerweile tausende Euro an der Wand. rechts : Busk, Shepard Fairey, Wandblatt … Die Wand in der Inoperable spiegelt Street Art in die Galerie. Unser aktuelles Heft auch irgendwie. 023

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Street-Artist Nychos Interview mit dem Gründer des Rabbit Eye Movement INTERVIEW Yannick Gotthardt

Pikachus Innereien

Hier entsteht Großes. Auf so großem Format hat Nychos noch nie für die Galerie gearbeitet. Was er gerade in seinem Atelier pinselt, wird erst 2014 offiziell zu sehen sein.

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the gap: Du bist heute als Graffiti-, Street-Artist und Illustrator unterwegs. Wie ist das in deiner persönlichen Entwicklung zusammengekommen? nychos: Was ich gemacht habe, war immer schon ziemlich charakterlastig und ich wollte immer schon Geschichten erzählen. Das Arbeiten auf der Straße hat sich mit dem Illustrativen vermischt und heute unterscheide ich nicht mehr zwischen Graffiti oder Street-Art. Natürlich mache ich mittlerweile oft weniger mit Text, aber das war eher ein fließender Übergang. Je nach Spot machen für mich phasenweise auch Buchstaben noch Sinn. Ein wahnsinnig aufwendiges Anatomie-Piece kann man zum Beispiel auf einem Zug, der schnell an dir vorbei fährt, nicht wahrnehmen. Auf Züge zu malen ist wiederum ein Klassiker der Graffiti-Kultur. Viele Street-Artists, die zurzeit in Galerien hängen, haben sich davon eher verabschiedet. Siehst du in deinen Arbeiten besonders dominante Graffiti-Züge? Die Leute denken noch zu verkrampft in Graffiti vs. Galerie. Sicher, ein Schriftzug auf einer Leinwand funktioniert in einer Galerie nicht. Ich finde aber, dass der Style immer noch der gleiche sein kann. Bei vielen sehe ich aber auch das Problem, dass sie für die Galerie komplett anderes malen als auf der Straße. Man merkt aber, wenn jemand sehr verkrampft ist und weit weg von sich selbst. Ich bin über die Jahre vielleicht ein bisschen streng geworden. Für mich persönlich ist es aber einfach wichtig, dass ich mit meinem Zugang beides machen kann. Die Sujets, für die du berühmt geworden bist, beschäftigen sich mit der Anatomie von Tieren, Menschen und Cartoon-Figuren, wie kam es dazu? Die anatomischen Themen haben mich schon vor meiner GraffitiZeit beschäftigt. Ich komme aus einer Jäger-Familie. Eingeweide zu separieren und die Haut abzuziehen war als Kind eine prägende Erfahrung. Es war Teil meiner Erziehung. Ich habe viel Angst vor dem Tod verloren und gemerkt, dass es bei fast jedem Tier ähnlich aussieht. Dann kam meine Illustratoren- und Comiczeit und ich habe die Brücke gesucht zwischen Comic-Charakteren und einer organischen Funktionalität, die bei einem Comic-Charakter oft gar nicht wichtig ist. Ein logisches, organisches Konstrukt im Pikachu anzudenken fand ich weird und interessant zugleich. Darauf bin ich hängengeblieben, weil es so viele Möglichkeiten gibt, das Thema weiter zu entwickeln. Ist es in der historischen Wiener Bausubstanz schwerer als in anderen Städten, gute Spots zu finden? Ich hab mir auch immer gedacht, dass in Wien eigentlich nicht viel Platz ist. Aber wenn man mal aufmerksam durch die Stadt geht, dann erkennt man ein riesiges Potenzial für großflächigen Muralism. Es gibt extrem viele fensterlose Feuerwände, die einem nicht gleich auffallen. Es ist halt sehr schwer, eine Feuerwand zu organisieren. Du musst hier von der Stadt, vom Bezirk, von sämtlichen Besitzern im Haus und von zig Magistratsabteilungen eine Genehmigung holen. Dazu kommt, dass die meisten Wände einfach der Gewista gehören. Du musst megaviel Geld blechen, damit du diese Flächen bespielen darfst. Wien ist eine Stadt, die von Werbung beherrscht wird. Die Gewista brüstet sich damit, dass Wien die Stadt mit den meisten Plakaten in Europa ist – die sind noch stolz drauf.

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W i l l ko

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Demner, Merlicek & Bergmann

Exotisch unterwegs.

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Der Bock war fast ausgerottet. Auch in den Alpen. Die Tiere in den Arbeiten von Roa reagieren auf ihre Umgebung. Und manchmal verschwinden sie leider auch wieder. 026

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golden frame — Roa am Wiener Naschmarkt

Darwins Erbe Alpensteinböcke sieht man in Wien eher selten, höchstens an der Hohen Wand. Der Street-Art-Künstler Roa fand das schade und setzte ein Tier in der Innenstadt aus. Mitten auf dem Naschmarkt. Wenn der Naschmarkt schlief, war er zu sehen: Über drei Rollladen eines Standes verteilt, prangte die schwarz-weiße Abbildung eines überdimensionalen Steinbocks, der sich hier scheinbar zur Ruhe gelegt hatte. Roa fertigte das Mural vor zwei Jahren während seines Aufenthaltes im Museumsquartier. Damals bekam ich die Gelegenheit, den belgischen Künstler für The Gap im Rahmen seiner ersten SoloShow in der Galerie Inoperable zu interviewen. Er erzählte mir, dass er fasziniert sei vom Kreis des Lebens und dass die abgebildeten Tiere einen authentischen Bezug zu der Stadt haben sollen, in der er sich gerade befinde. Seine Arbeit ähnle einer Naturstudie im Sinne des Forschers Darwin und zeige zudem, wie die ausgewählten Tiere miteinander kommunizieren. Die wandfüllenden Murals, die Stillleben gleichen, entstehen in einer Kombination aus Malerei und Graffiti und sind durch ihre anatomische Exaktheit beeindruckend lebensecht. Das er für das Bild eines Steinbocks ausgerechnet den Naschmarkt ausgewählt hat, mag kein Zufall sein. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts war das Tier in Europa beinahe ausgerottet, da sein Körper vom Horn bis zum Blut bevorzugt für die Herstellung von Arzneimitteln und Talismanen verwendet wurde. Indem er den Steinbock an die Wand malt, will Roa ihm seine Anerkennung zollen. Die Eigentümer des Naschmarkt-Standes zeigten leider wenig Respekt und ließen den Fensterschutz samt der kunstvollen Bemalung entfernen, um Glastüren einzusetzen.

Die Vergänglichkeit der Werke ist ein ständiger Begleiter des Street Artist. Er selbst kalkuliert das Verschwinden seiner Arbeiten nicht nur mit ein, sondern fühlt sich sogar dadurch befreit. Im Interview sagte er: »Du findest eine Wand, bemalst sie und gehst wieder. Sobald ich es fertiggestellt habe, ist es nicht mehr meines. Es ist fast wie ein Exorzismus. Die Idee, die durch deinen Kopf wandert und dann malst du sie an die Wand und lässt sie zurück. Dann ist es vorbei und du kannst zur nächsten Idee übergehen. Wenn man seine Ideen nicht verwirklicht, bleiben sie und verfolgen dich.« Auch die riesige Studie eines Rattenskeletts an einer Häuserwand in der Siebensterngasse ist längst mehrfach übermalt worden. Die Arbeiten am Liftturm der Street Art-Passage im Museumquartier sowie am Haus der Westbahnstraße 13 sind erfreulicherweise bis zum jetzigen Zeitpunkt zu sehen. Bei seinem Besuch Ende Mai 2013 zeigt Roa seine Arbeiten sowohl beim »Cash, Cans and Candy« -Street-Art-Festival sowie in einer Einzelausstellung. Letztere ist zum 3. Juli 2013 in der Galerie Inoperable geplant, die gerade alles daran setzt, ihm wieder große Wandflächen zur Verfügung zu stellen, auf denen er neue Werke anfertigen kann. Roa freut sich besonders auf seine beiden Lieblingsplätze in Wien: Der Flohmarkt am Naschmarkt und der Laden eines Tierpräparators im 5. Bezirk. Cash, Cans & Candy: ab 31. Mai bis Ende August, Hilger Brotkunsthalle, Absberggasse 27; www.brotkunsthalle.com Einzelausstellung: ab 3. Juli 2013 bis 31. August 2013, Galerie Inoperable, Burggasse 24; ww.inoperable.at

Text anna moldenhauer Bild gilbert gibranji

Exorzismus an der Wand

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»we are modeselektor« — Bass Music und EDM auf höchstem Niveau

Folge dem Affen 029 Sie definieren konzertanten Techno und Bass Music, bevor das so hieß. Die Dokumentation »We Are Modeselektor« fasst das Phänomen zusammen, Berlin, Bodenständigkeit und Jetset – und das fast ohne Mythenbildung.

Als Techno zur neuen Idylle wurde Aufgewachsen sind Szary und Bronsert in der Idylle im Osten Berlins, Naherholungsgebiet für gestresste Berliner, inklusive weitläufigen Wäldern, See- und Flusslandschaft. Dort verbrachten die beiden auch ihre Freizeit, »bis dann der Techno kam.« Das stellte den ersten großen Umbruch im Leben der zwei dar. Die ersten Partys wurden in einem Schuppen in Szarys Elternhaus gefeiert, renoviert und umge-

baut wurde selbst. Beeinflusst vom Fall der Mauer, der Wende, der daraus folgenden Stimmung und durchtanzten Nächten im Berliner Tresor. Gehüllt in Stroboskop und Nebel wurde in alten Fabrikhallen geravt. Und so wurde sehr bald »aus sehr wenig sehr viel«, fasst Bronsert diese Zeit an der Titte von Techno zusammen. Danach kam die große, auf zwei Stöcke ausgedehnte Berliner WG, gemeinsam mit den Visual Artists der Pfandfinderei-Crew. Sie war die Keimzelle, die Ersatzfamilie, die endlose Partyzone und kreative Ursuppe für das, was danach kam. Wegen Geschichten wie diesen möchte man am liebsten selbst fünf gute Freunde einpacken und eine urbane Kommune gründen. Schon Ende der 90er war bei ihren Labstyle-Partys im Berliner Kurvenstar musikalisch alles erlaubt, die Pfandfinderei machte dazu schräge VHS-Visuals. Modeselektor waren nicht mehr nur befreundete DJs, sondern ließen eigene Tracks auf Vinyl pressen – damals übrigens schon mit Moritz Friedrich aka Siriusmo. Aus diesem Netzwerk ergab sich der Kontakt zu Ellen Allien, mit ihrem Label Bpitch Control starteten Modeselektor so richtig durch. Neben dem ersten Longplayer »Hello Mom« – ja, tatsächlich ein Statement an die Mütter der beiden, dass sie es jetzt endlich geschafft haben – stand die erste kleine Welttournee an und das Monster Modeselektor kam ins Rollen. Maxis, Alben, ein eigenes Label und ein eigenes Sublabel folgten. Das alles erzählt die Doku ziemlich unaufgeregt, fast ohne Stimme aus dem Off. Agel und Wick wollten dezidiert keine Rock’n’Roll-Story vom Format »A Cross The Universe« von Justice machen oder einen schlecht frisierten Abschiedsfilm wie den von LCD Soundsystem. Sie wollten vielmehr die Geschichte des Duos erzählen. Das ist ihnen zweifelsohne gelungen. Er greift fast nur auf die Beteiligten selbst zurück. Dadurch werden keinen Mythen gebaut, Leute mit Hirn und solche ohne müssen sich selbst ein Bild machen.

Auf dem richtigen Pfad mit der Pfadfinderei Enormen Anteil, dass Modeselektor zu dem wurde, was sie heute sind, hatte auch der von den Pfandfinderei-Jungs kreierte Affe, der eher zufällig zum Aushängeschild von Modeselektor wurde. Dutzende Variationen gibt es mittlerweile von ihm, passend zu jeder Maxi und zu jedem Album. Bei Fans sind die Affen beliebtes Tattoo-Motiv, sie bauen das Erkennungsmerkmal der Monkeytown-Jünger in Beton nach, backen Kuchen mit Affe drauf oder sprühen es meterhoch an Häuserwände. Es mag zuerst banal scheinen, wie wichtig dieses sofort wiedererkennbare Tier für Modeselektor war. Warum aber fehlt so ein Banner bei elektronischen Acts sonst fast immer? Manches wurde auch ausgeklammert. Es stehen die Personen Szary und Bronsert im Mittelpunkt. Kollaborationen und Ausflüge in die Rap-Welt, unter anderem mit TTC, werden nur angeschnitten, jene mit Thom Yorke und die Nähe zu Radiohead sogar ganz weggelassen. Gegen Ende der Doku fasst Bronsert das Projekt Modeselektor treffend aus seiner Sicht zusammen: »Auf der Autobahn, auf der wir fahren, mit unserem total lustigen Auto, gibt es zwar eine Menge Baustellen, trotzdem sind wir immer zu schnell unterwegs und das, ohne oft geblitzt worden zu sein.« Nuff said.

Modeselektor spielen am 9. Mai live im Rahmen des DVD-Screenings zu »We Are Modeselektor« in der Ottakringer Brauerei und von 24.–26. Mai am Lighthouse Festival in Porec, Kroatien.

Text Kevin Reiterer, Stefan Niederwieser Bild Holger Wick

Mal sieht man sie im Garten arbeiten, mal Kleinholz für den Ofen machen oder mit der Hündin Ilona spazieren gehen. Neben den eklektischen Bildern ihrer Live-Shows sind es diese Aufnahmen, die herausstechen. Sie zeigen ein geerdetes Bild von Modeselektor, zwei der ungewöhnlichsten und außergewöhnlichsten Berliner Produzenten, DJs und Labelheads. Die Filmemacher Romi Agel und Holger Wick stellen anfangs noch die für eine Band-Doku aufgelegten Fragen: Wie hat das begonnen, wer war dabei wichtig und wie konnte es soweit kommen? Mit sehr vielen Bildern aus den 90ern, aber auch argem Videomaterial von Betonbunkern und seltsamen Frisuren schürfen sie so nach und nach ein lebendiges Bild von Modeselektor, Sebastian Szary und Gernot Bronsert, hervor. Die Filmemacher versuchen diese unglaubliche Energie, die bei den Live-Shows entsteht, einzufangen und ansatzweise auch zu erklären. Dafür waren sie mit auf Tour, sind mit Modeselektor von Osteuropa bis nach Mittelamerika gejettet, waren auf dem Pukkelpop, dem Roskilde, dem Lowlands und zahlreichen anderen Festivals dabei und haben in allen denkbaren Situationen die Kamera draufgehalten: Im Tourbus, wenn Marcel Dettmann und Shed verschmitzt dabeisitzen, an einem frühen Morgen am Flughafen, eben das ganze TourtagebuchRepertoire. Modeselektor haben schon Jahre vor all den Stadion-Raves und EDM etwas Ähnliches auf einem bis heute nicht erreichtem Level gelebt. »Trotzdem machen sie es mit viel Feingefühl und sind stets offen für Experimente«, merkt Thaddeus Herrmann von De:Bug an. Er beschreibt die »Zugänglichkeit und Radikalität als größte Stärke des Duos.« Und wer schon einmal auf einem Gig der beiden war, der weiß, dass zwischen Champagnerdusche, Crowdsurfen und Kissenschlacht auch stets prickelnde und lebendige Musik geboten wird. Dazu passen jene Aufnahmen, in denen andere Leute erklären, was für ein einzigartiger Mix auf den frühen Partys von Modeselektor lief, wenig House, wenig Techno, und alles drumherum. Das Duo war Bass Music, lange bevor das Genre dann in England so genannt wurde. Die Offenheit dieses Begriffs verdichtet auch heute noch kaum jemand so sinnvoll wie Modeselektor. Wer nach der geheimen Zutat des Duos fragt, hat hier einen Baustein. Sie mischten Garage, Dancehall, Baile Funk und Breaks in ihre Musik, ohne dass sie davon aufgesogen wurden bzw. tun das immer noch. Sascha Ring alias Apparat, der mit den beiden das Trio Moderat bildet, bringt noch etwas auf den Punkt: »Oft knallen die Tracks live so, weil sie aufgeräumt sind. Und das ist die höchste Qualität, die Musik in so einem Kontext haben kann«. Viele Tracks ihrer Diskografie, etwa Dancefloor-Bretter wie »Kill Bill Vol. IV« oder etwa »Black Block«, sind mit seriösen Mitteln an Treffsicherheit kaum zu toppen. Diese Treffsicherheit, dieses Commitment zur Musik war es auch, die nach der Jahrtausendwende BPitch-Labelchefin Ellen Allien beeindruckte, als sie beschloss, den beiden eine größere Bühne zu bieten. Doch bis dorthin war es ein langer Weg.

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Charli XCX – True Romance — Tumblr, 90er Revival und DIY-Pop von Frauen

Charli Mnemonic

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Text und interview Stefan Niederwieser Bild Youtube / Warner Music

Mit Charli XCX kommt nicht nur das 90er Revival im Pop an, sondern auch noch das ganze Internet mit seinen Cut-up- und Collage-Techniken. Zumindest an der Oberfläche. Pop hat noch nie bessere Zeiten gesehen. Endlich ist die aufgeblasene Industrie weg, keine teuersten Musikvideos aller Zeiten mehr, keine Alben, in denen neben einem Hit vor allem Songschrott gebündelt ist, kein Marketing-Bullshit. Endlich. Und erst dadurch ist Charli XCX möglich geworden. Dadurch machen Außenseiter wie sie plötzlich Pop, auch, weil es ja sonst niemand mehr macht. Denn die Lebensdauer von dem, was die Casting-Shows und Talentschmieden verlässt, steht mittlerweile bei der einer süßen Katze in einem schwarzen Loch. Außer Justin Bieber natürlich. Heute schreiben die – sehr oft weiblichen – Pop-Sonderlinge ihre Songs selbst, kümmern sich auch um die Details und verneigen sich vor ihren Vorgängerinnen. Sie heißen zum Beispiel Ellie Goulding, Aluna George, Little Boots oder Marina And The Diamonds … und ihre Königin Robyn. Sie alle machen DIY-Pop. Charli XCX ist auch so eine. Videos dreht sie mit ihrem Freund, packt ihre besten Freundinnen mit rein, schreibt die Songs. Natürlich nicht ganz alleine, aber viel stärker, als man das von einer 20-Jährigen erwarten würde. »I Love It« von Icona Pop stammt übrigens auch von ihr.

VHS und Buffalos Ihr junges Alter hilft Charli XCX bei etwas anderem: Sie hat die 90er nicht mitbekommen. Man hatte ja vergleichsweise wirklich lange auf das große Revival der 90er gewartet, eines mit Top-Ten-Hits und H&MKollektionen. Dabei kommt es jetzt anders, als man dachte – nämlich fast gar nicht über Musik. Wenn nun heute Zeichen neu kombiniert, kopiert und verändert werden und Dinge zusammenkommen, die damals nie zueinander gehört hatten, dann kann ihr das zum Glück egal sein. Latexröcke, VHS-Videoflimmern, Buffalo-Plateauschuhe, bauch-

freie T-Shirts, schwerschwarzer Lidschatten – all das wird in ihren Videos frei collagiert. Ja, es gibt auf ihrem Album auch Songs, in denen sie wie zu besten TLC-Zeiten sprechsingt, ein ungelenker Gast-Rap darf sowieso nicht fehlen. Aber sonst bleibt das Album eigenartig zeitlos, es vertraut auf elektronischen Pop und reichert ihn mit ein bisschen Zeitgeist an. Da ein paar verhuschte, zerhackte Vocals, hier ein kühler Witch-House-Synth oder ein Beat der klingt, als hätte man Springsteens »Streets Of Philadelphia« in den Club geholt. Ihre Stimme, die pendelt irgendwo zwischen Saccharinschock und Synthetik, ist fürs Radio nach vorne gemischt, aber sie ist noch nicht wieder erkennbar, viel weniger greifbar als das ganze Drumherum. Wenn man wählen müsste, ob man Charli XCX nun auf Youtube, Tumblr oder Spotify folgt, dann nur in dieser Reihenfolge. Wenn Charli XCX dort einen Song oder ein Bild postet, dann wird das zu ihrer öffentlichen Identität, dann können Fans dort andocken und auf bunte Share-Buttons klicken. Trotzdem macht Charli XCX keine Tumblr-Musik. Es wird schlicht viel weniger zwischen privat und beruflich getrennt. Heute, sagt sie, wird einfach gebloggt und remixt, alles wird zu einer Collage von Einflüssen, so sei eben die Post-Internet-Welt. Das führt dann automatisch zu einem anderen Verständnis von künstlerischer Arbeit, einem, in dem die Quellen nachvollziehbar sind, dabei aber nicht für jeden fremden Bit bezahlt werden muss. So erst wird DIY-Pop möglich, der mit dem Netz rückkoppelt, aber vor allem mit richtigen Hits in die Zukunft hinausstrahlt.

»True Romance« von Charli XCX erscheint am 31. Mai via Warner Music. Ein Interview mit Charli XCX über Musikfarben, starke Frauen, Seapunk vs Rihanna und Bricolage gibt es auf www.thegap.at

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derStandard.at/Buehnenzeitung

EinzigartigE gEschichtEn, livE von bEmErkEnswErtEn PErsönlichkEitEn Erzählt.

15. Mai 2013

am im Wiener Odeon Theater. Jede Ausgabe ist einmalig!

P R E M I U M PA RT N E R

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Vampire Weekend — Ezra Koenig im Interview zu »Modern Vampires Of The City«

New York City Vibe

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Vampire Weekend fühlen sich pudelwohl in der Zitathölle Pop. Im Gespräch mit The Gap erteilt Ezra Koenig Retro eine klare Absage und erklärt, warum das neue Album in der Popvergangenheit schwelgt und trotzdem die Qualitätskontrolle besteht.

Text Sandra Adler Bild Alex john Beck

Selten ist sich eine Band so bewusst über die Zitathaftigkeit und Verweisfülle ihrer Musik und klingt trotzdem so intuitiv und unbeschwert wie Vampire Weekend. Aus dem Faible für Afrobeat und tropische Rhythmen wollten sie auf dem neuen Album keine große Sache mehr machen, auch wenn sie an Rhythmus und Percussion immer noch großes Interesse demonstrieren. Schnell wird klar: Es geht um neue Mittel zum gleichen Zweck. Klassischere Melodien und Songformeln, Aufnahmen in einem Studio aus den 30er Jahren, Stimm-Manipulation und Chöre gehören zu den Neuerungen. Eine Ästhetik der Verweise, Zitate, Stückelung, Verfremdung und Vermischung bleibt die Konstante der Album-Trilogie, die »Modern Vampires Of The City« nun komplettiert. the gap: Das Cover von »Modern Vampires Of The City« zeigt New York an einem der nebligsten Tage in der Geschichte der Stadt. Diese Düsternis spiegelt sich auch in »Hudson« auf der Musikebene wider. Habt ihr vorher gewusst, dass dieses Album etwas weniger ausgelassen sein wird? Nicht wirklich. Wir haben einfach die Songs gemacht, die wir am besten fanden und ein paar von ihnen haben vielleicht eine etwas düstere Stimmung. Wir begeben uns gern auf neues Terrain. Ein Song wie »Hudson« ist definitiv etwas, das wir vorher noch nie gemacht haben. Aber es gibt immer noch viele fröhliche Momente auf dem Album. Eure bisherigen Alben ergeben zusammen eine Trilogie. Waren sie von Anfang an als solche geplant? Nicht von Anfang an. Wir hatten das vage Gefühl, dass unsere ersten drei Alben vielleicht eine Einheit bilden würden. Wir hatten an eine äußere Ähnlichkeit gedacht, so dass sie nebeneinander im Regal hübsch aussehen. Stärker nach einer Trilogie angefühlt hat es sich, als es fertig war. Es ist keine Rock-Oper, sondern es geht eher um die Art

von Leuten, die wir kennen. Das sehe ich als Verbindung. Natürlich gibt es auch eine, was den Schauplatz betrifft. Mit jedem Album geht es zu einem anderen Ort, aber New York bleibt immer das Zentrum, besonders auf dem dritten Album. Es sind drei verschiedene Kapitel derselben Geschichte. Im Info zum Album gibt es eine detaillierte Beschreibung zum Song »Step«, seine Hintergründe werden als eine Art »Record Collection Music« beschrieben. Dieser Song ist besonders interessant, weil er auf einem Rap-Song von Souls Of Mischief beruht. Es war sehr interessant, zurückzugehen und sich alle Schritte anzusehen: die Samples in dem HipHop-Track stammen wiederum aus einem Jazz-Cover von »Aubrey«, einem Song von Beard, die dieses mainstreamige, ruhige 70er-Folk-Ding machten. Es ist die Art Geschichte, die wir lieben: Diese Verbindungen zwischen verschiedenen Arten von Musik, die auf den ersten Blick sehr unterschiedlich erscheinen, aber wenn man sie genauer untersucht, sieht man allerhand Verknüpfungen. Ihr hattet diesmal mehr Zeit und konntet es euch leisten, Tracks noch einmal zu überdenken. Wann weißt du, ob ein Song komplett ist? Das Wichtigste ist, zu warten, bis man von jedem Song begeistert ist. Eine der wichtigsten Sachen in einer Band ist Qualitätskontrolle. Wir möchten von jedem Song überzeugt sein. Wenn ich jetzt auf drei Alben zurückblicke, hat natürlich jeder unserer Fans seine eigenen Lieblinge, aber es fühlt sich so an, als sei jeder Song der Lieblingssong von irgendjemandem. Weil es uns auch so geht. An irgendeinem Punkt war jedes Stück, das wir veröffentlicht haben, einmal unser Lieblingssong.

»Modern Vampires Of The City« von Vampire Weekend erscheint am 13. Mai bei XL Recordings.

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Kino-Dokumentarfilm von

Marco Antoniazzi & Gregor Stadlober

INO K M I 5 . 1 3 AB

“Erstaunlich, dass Marc Pircher den Mut zu der Geschichte hatte.” Andy Zahradnik, Musikexperte

MARC PIRCHER, MANI WAGNER, FRANZ WOLF REGIEMARCO ANTONIAZZI, GREGOR STADLOBER AUFNAHMELEITUNGMARIE-THERESE HILDENBRANDT, NORA SPILUTTINI MARCO ANTONIAZZI TONGREGOR STADLOBER SCHNITTNIKI MOSSBÖCK SCHNITTBERATUNGCONSTANTIN WULFF SOUND DESIGNPHILIPP KEMPTNER PRODUKTIONSLEITUNGREGINA BREITFELLNER PRODUKTIONSSEKRETARIATSUSANNA WIEDERMANN MUSIKRECHTECLAUS HOFMANN HD-POSTPRODUKTIONLISTO VIDEOFILM GMBH TONSTUDIOTREMENS FILM TONSTUDIO MISCHUNGBERNHARD MAISCH PRODUCER OF MARKETING & DISTRIBUTIONPETER DRÖSSLER PRESSEIRENE GEHRSITZ, BINA KÖPPL PRODUZENTINNENNINA KUSTURICA, EVA TESTOR • MOBILEFILM PRODUKTION • WWW.MOBILEFILM.AT

MIT

KAMERA

www.schlagerstar-derfilm.com

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Text Erwin Uhrmann Bild sig ganhoer

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Ang

peer / kleindienst — Einzelgänger, Eskapismus und Widerstand

Bessere Welten für Einzelgänger Einzelgänger, vom Leben geprügelt und in den eigenen Abgründen zu Hause. Die neuen Bücher von Alexander Peer (links im Bild) und Josef Kleindienst sind klar und voll von Ironie.

Franz ist Schriftsteller, nicht mehr ganz jung. Ohne jede Rücksicht auf sein sensibles Gemüt stürzt er sich in eine Beziehung mit der Amerikanerin Rebecca. Nach den ersten Treffen, die heftig und utopisch schillernd geschildert sind, drängt sich Rebeccas traumatische Vergangenheit in den Raum. Zudem mischt sich Fritz ein, der niemand Geringerer ist als der deutsche Philosoph und Schriftsteller Friedrich Nietzsche (1844–1900), zuerst als Einflüsterer von Franz, dann als eingebildeter Dritter in der stetig fataler werdenden Beziehung. Erwin lebt in einer Provinzstadt, weil ihn sein Schwager aus dem elterlichen Bauernhof geekelt hat. Er hat keine Arbeit, ist nicht vernetzt und hat keinerlei Erfahrung mit einfachen Alltagssituationen. Um ihn bei der Jobsuche zu unterstützen, schenkt ihm sein alter Vater eine ÖBB-Jahreskarte, die er nach anfänglichem Ärger intensiv nutzt. Auf einer Zugfahrt begegnet er der Polin Agnieszka und fantasiert in den folgenden Tagen aus dem kurzen Gespräch heraus ein gemeinsames Leben. Ausgestattet mit einem Verlobungsring, beginnt er sie im österreichischen Bahnnetz zu suchen. Damit wären die Ausgangssituationen von Alexander Peers Roman »Bis dass der Tod uns meidet« (Stichwort: Franz) und Josef Kleindiensts Erzählung »Freifahrt« (Stichwort: Erwin) geschildert.

Bahn-Roadmovie mit eigenwilliger Hauptfigur Kleindiensts Buch ist vordergründig humorvoll, hinterher tief tragisch. Sein Protagonist Erwin kennt keine sozialen Codes. Auf viele Fragen kann er nur mit Schweigen reagieren. Er laviert sich durch, lernt langsam, wie er mit den Menschen, die er im Zug trifft, reden kann. Trotzdem münden viele dieser Versuche in Frustration. Er bleibt hilflos. In langwieriger Kleinarbeit hat Josef Kleindienst nach dem Schreiben des Textes vor allem eines getan: gekürzt: Kaum ein Satz ist länger als eine Zeile, Verschachtelungen gibt es nicht. Sein genügsamer, eigenwilliger Charakter Erwin ist keiner, mit dem man sich identifizieren kann, dennoch sind so viele Schwächen und Unfähigkeiten an ihm nachvollziehbar und so sehr menschlich: »Plötzlich bemerkte er eine Sternschnuppe, ein flackerndes Licht zog über den Himmel. Erwin erinnerte sich, jetzt durfte man sich was wünschen. Aber er wünschte sich nichts.« Durch den markant kurzen Erzählstil gewinnt der Text an Fahrt, und die Geschichte des zurückgezogenen Erwin wird zu einem Bahn-Roadmovie mit »stilistischer« Action, wie ein schnell geschnittener Film. Josef Kleindienst, 1972 in Spittal an der Drau geboren, lebt heute in Wien. Er wird immer wieder einmal mit dem gleichnamigen ehemaligen Polizisten und Ratgeber-Autor verwechselt, wofür er auch genug Humor übrig hat. In der Erzählung »Freifahrt« spaziert der Protagonist Erwin einmal an einem Buchgeschäft vorbei und sieht dort das Buch »Der Polizist als Millionär« (vom anderen Kleindienst) in der Auslage liegen – eine doppelte Ironie. Als ganz junger Autor schrieb Kleindienst Theaterstücke. Später verschlug es ihn, nach allerlei Studien, als Deutschlektor in den Jemen, wo seine Bücher heute verboten sind. 2010 wurde Kleindienst für den Bachmann-Preis nominiert. Sein Text, der von drei Jugendlichen inmitten sexueller und psychischer Gewalt handelt, erregte die Jury so sehr, dass ein Skandal in den Medien nicht ausblieb. Im gleichen Jahr erschien bei Sonderzahl der Roman »An dem Tag, als ich meine Friseuse küsste, sind viele Vögel gestorben«. Im vergangenen Jahr übernahm Kleindienst eine Hauptrolle in dem preisgekrönten Independent-Film »Soldate Jeanette« (Artikel in The Gap 134). Bevor nun der Film im Herbst im Kino startet, ist Kleindienst mit »Freifahrt« auf Lesereise.

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Angewandte Philosophie

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Alexander Peers Erzählen trägt andrerseits die zarten und trickreichen Züge des 19. Jahrhunderts, ohne je behäbig zu werden. Immer dann, wenn es fast ins Pathetische geht, überrascht er mit einem Augenzwinkern. »Bis dass der Tod uns meidet« ist ein Streifzug durch die Philosophiegeschichte. Peers Buch kann auch – wie soll es anders sein bei Nietzsche – zivilisationskritisch gelesen werden. Wir wissen zu viel, wir haben zu viel gesehen und zu viel erlebt, um unser Leben auf die Reihe zu kriegen. Das Universum der Möglichkeiten hat uns besiegt. Da hilft nur noch die Philosophie: »Ach, mein Gott, acht Jahre

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waren seit dem Schreiben meiner Diplomarbeit über Fritz vergangen, und immer noch holte mich diese Stimme ein, diese Fritz-Zurufe.« In vierjähriger Arbeitszeit hat Alexander Peer das Gesamtwerk Nietzsches und so manches Referenzwerk, etwa von Kant, studiert und in seinen Roman buchstäblich hineingeflüstert. Fritz (Nietzsche), der sich seiner bahnbrechenden Wirkung bewusst war, obwohl ihn zu seiner Zeit kaum jemand wahrnahm, und er erst posthum als Philosoph Bekanntheit erlangte, wird in die Gegenwart überführt, ein wise old man der Philosophiegeschichte, dessen Ideen plötzlich Anwendung finden. Irgendwie wird er einer von uns. Verzweiflung und Wahnsinn, die Franz heimsuchen, dem Rebecca immer mehr entgleitet – teils großes Kopfkino – erlangen eine überhöhte Bedeutung und kulminieren in der feinsten Ironie. Der 1971 in Salzburg geborene und in Wien und auf Reisen lebende Alexander Peer legt mit »Bis dass der Tod uns meidet« seinen Debütroman vor. Schriftsteller ist er schon lange. Seine preisgekrönte Novelle »Land unter ihnen«, 2011 zum zweiten Mal erschienen, erzählt vom Eroberer Hernándo Cortés und vom einfachen Soldaten und Matrosen Vasques; die Geschichte von der Eroberung Mexikos, die in den Augen des jeweils anderen völlig unterschiedlich ablief. Peer arbeitet auch als Journalist, Essayist und Reisereporter. Mit einer ähnlichen Akribie wie bei seinem Buch zu Leo Perutz (1882–1957) näherte er sich dem Gesamtwerk des deutschen Philosophen Friedrich Nietzsche für seinen Debütroman. Sechs Monate verbrachte er abgeschieden in der Schweiz, wo er sein mehrjähriges Romanprojekt finalisieren konnte.

Eskapismus und Widerstand Peers Franz und Kleindiensts Erwin leben jeder in seiner teilweise eingebildeten Welt und geben sich damit einem Eskapismus hin, der durchaus zeitgemäß ist. Sie suchen nach einem angenehmen Ort und befinden sich im Konflikt mit sich und der Welt. Wenn auch keiner der beiden vor Lebensgier strotzt, sind sie dennoch mit einer gesunden Neugierde ausgestattet. Trotzdem: jeder negiert die Welt auf seine Weise – und das mag eine Form des Widerstands sein, die angebracht und aktuell ist.

Alexander Peer Bis dass der Tod uns meidet (Limbus) — Franz stürzt sich in eine Beziehung mit der Amerikanerin Rebecca. Anfangs scheint alles perfekt, bald aber müssen die beiden dem anderen ihren wahren und sehr einsamen Charaktere offenbaren, und damit ist nicht leicht zurechtzukommen. Franz’ imaginärer Freund Fritz, der deutsche Philosoph Friedrich Nietzsche, nimmt eine immer größere Rolle ein, bis er Teil der Beziehung und nicht mehr wegzudenken ist. Josef Kleindienst Freifahrt (Sonderzahl) — Erwin wohnt einsam in einer Kleinstadt. Manchmal besucht er sein Elternhaus, wo sein Vater, seine Schwester und ihr Mann wohnen. Weil er keine Arbeit hat, schenkt ihm der Vater eine ÖBB-Jahreskarte für ganz Österreich. Anfangs verärgert, beginnt Erwin bald mit intensiver Reisetätigkeit. Er verliebt sich in eine Zugbekanntschaft, wird ausgeraubt und ist mit einer völlig neuen Welt konfrontiert, die er bisher nicht kannte.

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SOMMERSZENE

szene-salzburg.net

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Far Cry 3 Blood Dragon — Spiel und Spaß im Retro-Design

One-Liner direkt aus den 80ern Ubisoft nimmt die technische Basis von »Far Cry 3«, überzieht das Spiel mit einer 80er-Video-SciFi-Ästhetik und testet dabei ganz nebenbei die Grenzen des Spiels.

Manchmal passieren großartige Dinge ganz nebenbei, so als wären sie unbeabsichtigte Nebenprodukte. »Far Cry 3 Blood Dragon« ist dafür ein gutes Beispiel. »Blood Dragon« ist ein Stand-Alone-Add-On des Open World-Shooters »Far Cry 3«, der im Dezember unser Cover zierte und viele großartige Eigenschaften von Videospielen in sich vereint. Das Original ist in »Blood Dragon« als technische Basis omnipräsent, viele Features und Elemente wurden einfach übernommen: Es gilt als Held eine Insel zu durchkämpfen, feindliche Basen einzunehmen, Missionen zu erfüllen und Nebenaufgaben zu erledigen. Es ist nur alles ein bisschen weniger komplex: Es gibt weniger Waffen, weniger Fahrzeuge und auch neue Fähigkeiten beim Levelaufstieg sind nicht frei wählbar. Nur der Schwierigkeitsgrad in den Kämpfen hat leicht zugenommen. Entscheidend ist aber das neue Erscheinungsbild: Eine 80er-Jahre-Videokassetten-Sci-Fi-Welt mit Blut Drachen, Cyborgs und allem, was damals zu einer Zukunft im Jahr 2007 so alles dazugehörte.

Die positiven Effekte von Games

Text Martin Mühl Bild Ubisoft

Held des Spiels ist der Mark IV Cyber Commando Sergeant mit dem schönen Namen Rex »Power« Colt. Ein Söldner, der seinen Job abgeklärt und mitunter zynisch erledigt. Nach der »Apokalypse der Apokalypse«, in der die Erde in einem Atomkrieg in Mitleidenschaft gezogen wurde, herrscht Krieg. Und Rex Colt muss die Welt vor seinem ehemaligen Kommandeur und dessen Cyborg-Armee retten. Direkt aus den 80ern kommen auch die vielen mehr oder weniger lustigen One-Liner. Beim Abschuss eines Gegners wird hier schon mal gefragt, ob Rex nun dessen Zahnarzt-Termin absagen soll. Und wenn den Gegnern nach dem Abschuss das Cyberherz herausgerissen wird, heißt es: »Herzzerreißend«. Dankenswerterweise gehen die Entwickler aber noch einen Schritt weiter und belassen es nicht bei pubertären Schimpfwort-Eskapaden. Stattdessen nutzen sie diesen doch etwas eingeschränkten Humor, um mit dem Spiel an sich zu spielen. Sie brechen vom Tutorial weg die Spielebene und damit die sogenannte Suspension of Disbelief. In 038

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Eine Neuinterpretation

»Blood Dragon« wurde nicht groß angekündigt und ist wahrscheinlich nicht zufällig Anfang April geleakt. Es ist ein in der Games-Branche ungewöhnliches Experiment, dass eine bekannte und erfolgreiche Reihe als Spaßspiel neu interpretiert wird. Technisch wäre dies viel öfter möglich, weil die Basis vom Originalspiel übernommen werden kann und das neue Setting einen zumindest überschaubaren Aufwand bedeutet. Rein spielerisch ist »Blood Dragon« dann auch nicht ganz so gut wie »Far Cry 3«: Die Reduzierung der Komplexität nimmt dem Spieler Möglichkeiten und macht das Spiel linearer. Das Grundgerüst funktioniert aber und vor allem die Mischung aus offenen Feuergefechten und geplanten Takedowns ist immer noch äußert reizvoll. Nach rund sechs Stunden sind alle Geheimnisse in »Blood Dragon« entdeckt und alle Aufgaben erledigt. Eine Empfehlung, auch für all jene, denen »Far Cry 3« in seiner Offenheit dann vielleicht auch doch zu groß war. Als Stand-Alone-Add-On ist es auf Xbox 360, PS3 und PC downloadbar, das Originalspiel wird dazu nicht benötigt.

SUBOTRON/WKW pro games Veranstaltungsreihe zur Praxis von digitalen Spielen im MuseumsQuartier / quartier21 / Raum D, 1070 Wien subotron.com/veranstaltungen/pro-games/

Do. 04.04.13, 19h

SUBOTRON/WKW pro games global

Die rechtlichen Aspekte der Spieleindustrie Konstantin Ewald, Partner Osborne Clarke, Köln Alexander Schnider, Associate Baker & McKenzie, Wien Sebastian Kellermayr, Rechtsanwalt, KBL Kellermayr Business Law, Wien Gregor Eigner, Managing Director Mi’pu’mi Games, Wien

Do. 18.04.13, 19h

SUBOTRON/WKW pro games local

Game Jams – Theorie und Praxis kollaborativen Rapid Game Prototypings Jürgen Musil & Roland Moritz

Do. 02.05.13, 19h

SUBOTRON/WKW pro games global

der Einleitung wird man immer wieder dazu aufgefordert, die ja doch störenden Texteinblendungen endlich wegzuklicken, um endlich zum Spiel zu kommen. Der Commander unterhält sich im Spiel mit einer Kollegin über die positiven Effekte von Games (Menschen, die etwas dagegen sagen, sind natürlich »P.i.m.m.e.l.«, irgendeine Abkürzung) und in den Ladescreens hagelt es unnütze Tipps, die unerst darauf hinweisen, dass dies nun mal ein Spiel ist und manche Dinge hier einfach dazugehören: »Um einen ›Takedown von unten‹ zu machen, muss der Gegner sich über dir befinden«, »Gegner können dich umhauen, diese Schweine«. Hätten die Entwickler eine etwas feinere Klinge, sie würden hier fast an den Humor alter Lucas Arts Games herankommen, die auch immer wieder mit den Grenzen des Spiels spaßten. Oder wie es das »Eternal Darkness: Sanity’s Requiem« auf dem Gamecube getan hat, in dem etwa unerwartet Blue Screens (System-Fehler-Hinweise in Windows) erschienen und den Abbruch des Spiels verkündeten. Ein Spielelement, das damals in direkter Verbindung mit dem im Spiel mindestens angezweifelten Verstand der Spielfigur stand. »Blood Dragon« ist von feiner Klinge weit entfernt und doch gelingt der Spagat. Wer will, kann sich mit den humorigen Einlagen unterhalten fühlen, wer nicht, wird dadurch aber auch immer wieder zwangsweise auf das Gameplay fokussiert: Die Narration ist in Spielen eben doch meist überbewertet und deswegen macht es auch nichts, wenn der Rahmen durchbrochen wird. Worum es geht, ist die Action, du bekommst als Spieler eine Aufgabe und die gilt es zu erledigen. Und jetzt los: Knall sie alle ab!

»Far Cry 3 Blood Dragon« (Ubisoft) ist seit 1. Mai für Xbox 360, PS3 und PC erhältlich.

Building a Multiplatform Game Business Tommy Palm, “mobile guru” game designer and entrepreneur, Stockholm

Do. 16.05.13, 19h

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Projektanalyse: „Hitman: Absolution“ – Einblicke in die Entwicklung eines Blockbusters Hannes Seifert, Production Director & Executive Producer IO Interactive

Do. 06.06.13, 19h

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Eine tolle (Spiele)Idee – und nun? Dr. Karoline Simonitsch, Expertin für digitale Medien & Geschäftsmodelle

Do. 20.06.13, 19h

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Live-Pitch österreichischer Games #2 Die Vertreter der nominierten Games aus den Kategorien „Studentenprojekt“ und „Firma“ haben im Vorfeld der Veranstaltung einen PitchWorkshop der Wirtschaftskammer Wien absolviert. Jetzt müssen sie in 5 Minuten die internationale Expertenjury von ihrem Projekt überzeugen und bekommen umgehend direktes Feedback. Beurteilt werden sowohl die Präsentation als auch das Spiel selbst Unterstützt von www.creativespace.at– Die Kreativplattform der Wirtschaftskammer Wien

Medienpartner:

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»Arrested Development« — Neue Staffel auf Netflix

They made a huge mistake

Text Jonas Vogt Bild Netflix

Willkommen zurück, Familie Bluth: Netflix spendiert der wahrscheinlich lustigsten Serie der Welt eine vierte Staffel. Still und leise arbeitet der Streamingdienst daran, unser Serienverhalten für immer zu verändern.

Ein kleiner Hinweis reichte, damit rund um die hochgelobte Serie »Arrested Development« ein jahrelanger Buzz anhielt. Als diese im Jahr 2007 abgesetzt wurde, schlug einer der Hauptcharaktere – quasi auf einer Metaebene – im Epilog der letzten Folge dem Macher Ron Howard die eben zu Ende gegangene Story als Idee für eine neue Serie vor. Der zeigte sich wenig begeistert: »Maybe a movie.« Immer wieder keimte die Hoffnung bei Fans auf, der Film würde realisiert werden. Denn das Netz liebt »Arrested Development«. Und das völlig zu Recht. Im Kern geht es in der Serie um die Großfamilie Bluth, deren Patriarch aufgrund von Betrügereien mit seiner Baufirma inhaftiert wird. Der älteste Sohn Michael übernimmt daraufhin das Ruder und versucht verzweifelt, den durch und durch skurrilen Clan zusammenzuhalten. Die Autoren erzählen diese Geschichte mit bis ins kleinste Detail durchgeplanten Dialogen und einer gehörigen Portion Wahnsinn. Nichts passiert zufällig, und die Wortwitze sind oftmals so klug, dass man sie leicht übersehen kann. Bespiel gefällig? Bei dem Versuch, sich von seiner dominanten Mutter Lucille zu emanzipieren, verliert der jüngste Sohn Buster die linke Hand im Kampf mit einer Robbe (im englischen »Loose Seal«) und trifft danach auf einen Doktor, der meint, er wäre »all right«. Manche Zitate der Serie sind im Netz zum geflügelten Wort mutiert: »There’s always money in the banana stand« und »I’ve made a huge mistake« sind wohl die bekanntesten. »Arrested Development« schafft etwas, was vielleicht keine andere Serie gleichwertig hinbekommen hat: Sie entwickelt nicht nur ihre Charaktere, sondern auch ihre Witze weiter. Viele Gags werden 20 Folgen später nochmals aufgriffen, weshalb ein Einstieg in der Mitte

völlig sinnlos ist. Ebenso besonders ist der quasi verschwenderische Umgang mit dem Humor. Das Netz ist voll von Artikeln à la »50 ›Arrested Development‹ jokes you didn’t get«, die sogar weitgehend recht haben. Wie viele Autoren machen sich die Arbeit, in jede Folge zahlreiche Witze einzubauen, die niemand versteht?

Das Fernsehen von morgen »Arrested Development« kehrt im Mai auf Netflix zurück. Der frühere DVD-by-Mail-Anbieter und jetzige Streamingdienst greift dafür tief in die Tasche: Drei Miollionen Dollar pro 30-Minuten-Folge werden kolportiert. »Arrested Development« ist Teil der neuen Netflix-Strategie, mit kostspieligen Eigenproduktionen zu glänzen: Schon David Finchers Polit-Epos »House Of Cards« mit Kevin Spacey war im Februar das große Ding. Netflix nutzt das Abo-System, das schon Sendern wie HBO ihre Meisterwerke der Serienkunst ermöglichte. Doch auf Netflix werden Serien stets staffelweise zur Verfügung gestellt. Das Warten auf die neue Folge und der übliche Cliffhanger werden obsolet. Damit passt sich Netflix an die Sehgewohnheiten der neuen Generation an und entwickelt sie gleichzeitig weiter: Fernsehen als immer verfügbarer Selbstbedienungsladen. »Arrested Development« ist mit seiner Komplexität, die auch im wiederholten Durchgang noch spannend ist, wie dafür geschaffen. Chefautor Mitch Hurwitz kündigte gar an, sich von der linearen Erzählung völlig zu verabschieden: »A new medium requires a new format.« Willkommen im Hyperlink-SerienUniversum. Die vierte Staffel von »Arrested Development« ist ab 26. Mai auf Netflix verfügbar.

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unruhe der form entw端rfe des politischen subjekts Ausstellungsparcours 11. Mai bis 16. Juni 2013 Secession Akademie der bildenden K端nste Wien MuseumsQuartier www.festwochen.at A1 Freeline 0800 664 020

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Christoph Schlingensief spielt das Deutschlandlied, trifft keinen Ton und steht im Schnee. Das darf man programmatisch verstehen.

10 Jahre Vienna Independent Shorts — Politisches Kino

Revolutionsmaschine Kino?

Text Jan Hestmann Bild Filmgalerie, Studiocanal

Krise und Revolution treiben Kunst und Kino um. Wie rebellisch kann Kino heute überhaupt sein? Kann es mobilisieren und soll es das? Diesen Fragen geht das Spezialprogramm »Strange Days« des heurigen VIS Kurzfilmfestivals nach. Lenny Nero dealt. Seine Clips dringen mit einer neuen Apparatur direkt ins Bewusstsein und erzeugen dort Rauschzustände. Und er hat auch das harte Zeug. Seine Geschichte spielt im Jahr 1999. Der CyberpunkThriller »Strange Days« (1995) von Kathryn Bigelow bildet, überspitzt gesagt, den heutigen Medienkonsum ganz treffend ab. Unbegrenzte Flatrates daheim und mobil machen 24 Stunden Reizüberflutung täglich möglich. Wie politisch kann Kino inmitten dieser bewegten Zeit überhaupt noch sein? An Krisen mangelt es auch im Jahr 2013 nicht. Ob Wirtschaftskrise, ökologische oder politische Krise – Film hat die Möglichkeit, unterschiedlichste Problematiken zu visualisieren. Die Darstellungsformen sind so vielfältig wie die Krisen selbst und reichen von konkreter Schilderung bis hin zur Abstraktion. Bei komplexen Entwicklungen wie dem weltweiten Bienensterben kann ein Film wie »More Than Honey« wichtige Aufklärungsarbeit leisten. Offen bleibt die Breitenwirksamkeit. Ein Problem des politischen Films ist oft sein didaktischer Charakter, der es ihm in Zeiten des permanenten Medienangebots noch schwerer macht, Aufmerksamkeit zu erregen. Andernorts wird von didaktischen Praktiken ganz abgesehen und ein experimenteller Pfad eingeschlagen, der primär Atmosphären erzeugen will und dem Publikum den Ball für Eigeninterpretation zuspielt. Um die lethargische Stimmung des geteilten Deutschlands zu plakatieren, stellt sich Christoph Schlingensief barfuß in den Schnee und spielt auf der Trompete, kaum einen Ton treffend, das Deutschlandlied. Sein Zweiminüter »Für Elise« von 1982 – Teil des VIS-Sonderprogramms – visualisiert einen Krisenzustand. Auch hier bleibt zweifelhaft, inwieweit eine unkommentierte Darstellungsform den Weg für Engagement oder Widerstand ebnen kann. Oder ob es einfach nur Kunst ist, mit schön-rebellischem Anstrich.

Auf zum Aufstand? Der Drang nach Aufstand fordert schließlich ein bestimmtes Maß an Radikalität im Film. Das liefert Schlingensief, als er 1990, in der ersten Stunde der Wiedervereinigung, die deutsche Nation in »Das deutsche Kettensägenmassaker« mittels einer westdeutschen Metzgerfamilie kompromisslos abschlachtet. Lars von Trier ist ebenfalls ein Freund

des radikalen Kinos. Begleitet von einer wackeligen Handkamera bricht sein Dogma-Film »Idiots« mit der gesellschaftlich vorgegebenen Political Correctness gegenüber geistig Behinderten – allerdings mit dem primären Ziel, das Spießbürgertum im Land vorzuführen. Der Film polarisiert erwartungsgemäß. Bei aller Radikalität kommt die Darstellung konkreter Probleme aber oft zu kurz. Zu verallgemeinert sind häufig die Feindbilder und lassen gesellschaftspolitische Dimensionen folglich auf Kinderschuhgröße schrumpfen. Hinzu kommt, dass radikalere Filmansätze meist nur in kleinen Becken aus Filmkritikern und Arthouse-Fans vor sich hintümpeln. Dem gegenüber steht ein massentaugliches Blockbuster-Kino, wie es etwa Kathryn Bigelow auf die Leinwand bringt. Bigelow, die mit »Strange Days« auch einen Beitrag zur technokritischen CyberpunkBewegung der 80er und 90er beigetragen hat, gilt als eine der wenigen politisch denkenden Filmemacher mit Publikum. »The Hurt Locker« oder »Zero Dark Thirty« erreichen mehr als eine ohnehin schon kritische Minderheit, wie man es bei Schlingensief oder von Trier erwarten kann. Die Darstellung der Kriegseinsätze im Nahen Osten als aufputschende Droge für junge US-Soldaten oder das Thematisieren der Waterboarding-Praktiken haben das Potenzial, auf globaler Ebene aufzurütteln.

Letzte Station: (gescheiterte) Revolution Das Medium Kino revolutioniert sich selbst immer wieder aufs Neue. Aber kann es sein Publikum mobilisieren? Möglicherweise ist dieser Anspruch bereits viel zu weit gegriffen. Michael Moore etwa ist einer, der offensiv versucht, mit seinen Filmen die Welt, oder zumindest Amerika, zu verändern. Wenn auch in seinen Praktiken umstritten, sorgt er dennoch für Kontroversen auf breiter Front. Welche realpolitischen Auswirkungen aber haben seine Filme? »Fahrenheit 9 / 11« gilt als erfolgreichster Dokumentarfilm aller Zeiten. Trotzdem war er unterm Strich ein Misserfolg. Denn das gesetzte Ziel Moores, eine Wiederwahl von George W. Bush zu verhindern, wurde nicht erreicht. Bei den Wahlen 2004 wurde Bush abermals ins Amt gewählt. Sind es am Ende die leisen Töne, die sich durchsetzen? Nicht immer muss der konfrontative Weg mit dem Zeigefinger oder der Brechstange gewählt werden. Die US-Serie »Will & Grace« soll, so sind sich selbst

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keine Meinungsumfrage: Ich gehe ins Wirtshaus.“ Der Cyberpunk-Thriller »Strange Days« von Kathryn Bigelow gibt dem Spezialprogramm beim VIS seinen Titel.

Politiker weitgehend einig, langfristig für eine breitere Toleranz gegenüber Homosexualität gesorgt haben. Eine friedliche, auf Humor basierte Revolution, die ins Herz des TV-Publikums vorgedrungen ist. Fernsehen als erste Begegnungszone, um das Fremde und Ungewohnte zu überwinden. Denn für gewöhnlich sprießt die Intoleranz besonders dort, wo nie ein direkter Kontakt zum Angefeindeten bestanden hat. Gerade jetzt, wo in Europa für mehr Toleranz für die Homo-Ehe entschlossen gekämpft wird, ist die Frage nicht fern, was Kino und Fernsehen hier zur Debatte beitragen könnten. Der Wunsch nach Emanzipation, nach ihren lebendigen GeschichMichael Häupl, SPÖ, Dezember 2012 ten, scheint ein fruchtbarer Boden für Film zu sein. Ein Beispiel dafür findet sich in der dokumentarischen Co-Produktion »Feminin Masculin« (Iran / SA 2007), die eine Busfahrerin im Iran verfolgt, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, die Sitzordung Männer vorne, Frauen hinten umzuwerfen. Der Film zeigt nicht nur alltägliche Diskriminierung, sondern gleichzeitig einen radikalen Gegenentwurf. Ein einzelner Mensch, auch eine einfache Busfahrerin, kann die gewohnte Ordnung umdrehen. Das allein wirkt radikal, im Iran, aber auch in Mitteleuropa. Nicht immer ist es so einfach. Kino kann Emotionen schüren und Handlungsspielräume aufzeigen, oft nicht viel mehr. Solange diese nicht hinein in den Alltag und in die oft mühsame Politik getragen werden, bleibt Kino oft nur hervorragende Unterhaltung.

„Ich brauche „Ich brauche „Ich brauche keine Meinungskeine Meinungskeine Meinungsumfrage: Ich gehe umfrage: gehe umfrage: IchIch gehe ins Wirtshaus.“ Wirtshaus.“ insins Wirtshaus.“ Vienna Independent Shorts, 28. Mai bis 10. Juni The Gap präsentiert das Spezialprogramm »Strange Days – Krise, Aufstand, Revolution« mit Filmen von Roman Polanski, Christoph Schlingensief, Dalí, Andrew Kavanagh u.a. www.viennashorts.com

Michael Häupl, SPÖ, Dezember 2012

Michael Häupl, SPÖ, Dezember 2012 Michael Häupl, SPÖ, Dezember 2012

Bleib kritisch.

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»Schlagerstar« — Eine Filmdokumentation über Marc Pircher

Bier, Schweiß und Tränen

Text Klaus Buchholz Bild Mobilefilm

Der Erfolg im volkstümlichen Schlager verlangt Knochenarbeit und Überzeugungstäter. »Schlagerstar« gewährt einen Blick auf die Selbstinszenierung und das Arbeitsleben von Marc Pircher. Mitten im Song werden Marc Pircher und seine Band von einem Stromausfall unterbrochen. Nichts könnte dem aufgeheizten Publikum mehr egal sein. Es sitzt schon längst niemand mehr auf seinem Platz, mit großer Begeisterung wird der Rhythmus einfach im Dunkeln weitergeklatscht. Plötzlich steigt Marc von der Bühne direkt auf einen Biertisch und spielt mit der umgeschnallten Ziehharmonika einfach die Show von dort aus zu Ende. Seinen Fans beschert er schon wieder einen unvergesslichen Auftritt. Der 34-jährige Zillertaler ist ein Star der volkstümlichen Schlagerszene. Bier, Schweiß und Tränen sind sein Metier, die harte Unterhaltungsarbeit ist seine Berufung. Diese Szene bildet das Finale des Dokumentarfilms »Schlagerstar«. Die beiden Regisseure Gregor Stadlober und Marco Antoniazzi haben Marc Pircher über ein Jahr lang beobachtet. Im Stil von Direct Cinema stellen sie einen unter Druck stehenden Sänger und seinen Arbeitsplatz zur Diskussion. Sie vermeiden einen spöttischen Blick auf den Entertainer, liefern die Fans oder ihre Musik nicht aus, sondern dokumentieren nüchtern die reaktionär gefärbte Branche und ihre Gesetze. »Wir haben jemanden gefilmt, der aus der Volksmusik kommt, ein guter Musikant ist und je nach Bedarf Unterhaltungsmusik produziert«, erklärt Gregor Stadlober. Er und sein Umfeld seien jedenfalls keine Zyniker. Auch wenn sie solche am Rande kennengelernt hätten: »Wir wollten den Menschen bei der Arbeit zeigen«.

Entertainment nach Bedarf – Inszenierer inszenieren Seit über 20 Jahren steht Marc Pircher auf der Bühne. 2003 gewann er den Grand Prix der Volksmusik, 2009 den Amadeus Award. Goldene Schallplatten sind für den Sänger normal, Platin keine Ausnahme. Im deutschsprachigen Fernsehen ist Marc sowohl als Musiker wie auch als Moderator sehr präsent: Musikantenstadl, Stefan Raabs Wok-WM, die ORF-Sendungen »Dancing Stars« oder »Das Rennen«. Selbst seine Hochzeit ließ er von Vera Russwurm fürs Wohnzimmer aufbereiten. Marc ist ein Souverän der Selbstinszenierung. Das verlangt sein Job und ist Grund für seinen anhaltenden Erfolg. Die CDs verkauft er bei seinen Konzerten nicht selten selbst. »Ich bin noch nie in meiner Karriere über den Hintereingang in eine Halle gegangen«, betont Marc im Interview. Berührungsängste sind in dieser Welt fehl am Platz. Besuche bei den zahlreichen regionalen Fanclubs gehören genauso dazu wie bei Konzerten selbst auf den Biertisch zu steigen. All der Kitsch baut auf einem streng kalkulierten Management auf, und das wiederum bedeutet Knochenarbeit für professionelle Urtypen wie Marc Pircher.

Mit Rührung auf den Tisch hauen Am Inszenierungsprofi vorbei einen Dokumentarfilm zu drehen, wirkt als die größte Herausforderung von »Schlagerstar«. Marco Antoniazzi: »Sobald er seine Tochter herzeigt, produziert er damit Rührung – und das weiß er. Das wollte er uns manchmal verkaufen«. Je nach Publikum serviert uns Marc emotionale Schablonen, gern auch mal deftiger. »Schlagerstar« montiert diese Austauschbarkeit des Programms beeindruckend zusammen. Währenddessen verschwimmen die Grenzen zwischen populär und populistisch. Für Antoniazzi sind der bemühte Chauvinismus und der Populismus reines Kalkül, »das ist Teil eines Ganzen, einer Gesamtstrategie.« Stadlober ergänzt noch: »Das ist ein integraler Bestandteil der Show und auch von ihm. Der verstellt sich nicht oder zieht Register. Wenn er sagt, das ist Österreich und wir müssen auf unsere Heimat schauen, dann ist das authentisch.« Wir sehen, wie die unermüdliche Arbeit an der Karriere Marc Pircher in ein Hamsterrad zwingt – auch wenn er der Romantik wegen darin läuft. Leider war die Kamera nicht dabei, als er den Film selbst zum ersten Mal sah. Da soll er sehr irritiert davon gewesen sein, wie er wirkt. So unromantisch kann Schlager sein.

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»Ich war schockiert. Aber nicht über den Film, sondern über mich selbst.« (Marc Pircher)

Im Gespräch mit »Schlagerstar« Marc Pircher Der 35-jährige Tiroler Marc Pircher ist ein disziplinierter Arbeiter im Dienste des volkstümlichen Schlagers und ein Star, der für seine CDUmsätze regelmäßig Gold und Platin erhält. In einem ausführlichen Gespräch erklärt er, warum er für mehr Niveau in der volkstümlichen Musik kämpft, warum es immer schwieriger wird ins Fernsehen zu kommen und wann es notwendig ist, das »Prosit« zu spielen. the gap: Warum hast du dich auf dieses Filmprojekt eingelassen? Ich habe ja nicht gewusst, auf was ich mich da einlasse. Ich habe einfach blind vertraut und gehofft, dass etwas Gutes dabei herauskommt, wenn ich den Leuten zeigen will, dass in unserer Musik nicht nur vertrottelte Leute zugange sind, sondern dass man das auch mit Niveau machen kann. Und dass es nicht nur lockeres Geldverdienen ist, sondern dass es auch mit sehr viel harter Arbeit und sehr viel Disziplin verbunden ist. Durch deinen Erfolg und die vielen Auftritte im Fernsehen bist du die Aufmerksamkeit von Kameras gewohnt. Was hast du den beiden Regisseuren von dir gezeigt? Normalerweise ist die Kamera ja auf mich gerichtet, von vorne, wenn ich grinse, wenn ich lache und meine Performance mache. Ich hab irgendwann verstehen müssen, dass ich mich da jetzt nicht immer verstellen und nicht ständig diesen Fernseh-Smile aufsetzen kann. Das soll ja ein beobachtendes Über-die-Schulter-Schauen sein und da habe ich eine gewisse Zeit gebraucht um zu kapieren, dass es nicht nur darum geht, immer in die Kamera zu grinsen, sondern, dass ich diese Kamera gar nicht beachten muss. Sprich, dass ich gar nicht reinschauen muss.

Wie hast du reagiert, als du den Film zum ersten Mal gesehen hast? Ich war schockiert. Aber nicht über den Film, sondern über mich selbst. Weil ich mich selber habe beobachten können, wie ich mich in gewissen Situationen verhalte. Das möchte ich in Zukunft bei einer nächsten ähnlichen Situation anders machen. Inwieweit hast du die Produktion des Films selbst beeinflusst? Überhaupt nicht. Solange mir klar war, dass die Kamera gerade drauf ist, konnte ich mich in dem Moment natürlich gut verhalten. Aber im Nachhinein, sprich beim Schnitt, konnte ich überhaupt nichts beeinflussen und das war ja auch part of the deal. Wir haben gesagt, ich muss ihnen da einfach vertrauen, dass sie mich nicht in ein ScheißLicht rücken, sondern dass sie mich in einem relativ angenehmen Licht oder halt so wie es ist sein lassen. Es ist ja nicht alles nur positiv in dem Film, es gibt ja auch schlechtere Situationen. Man hat es weder geschönt, noch hat man es dramatischer gemacht. Du lebst ja von deinem jahrelang aufgebauten und gepflegten Image als volkstümlicher Sänger. Hattest du niemals Angst, dass dir der Film schaden könnte? Im Gegenteil, ich hab immer die Hoffnung gehabt – und die hab ich immer noch, dass ich durch diesen Film mein Image ein bisschen aufbessern kann. Durch diesen Film lernt man viel über mich kennen und sieht, dass ich ein Arbeiter bin. Man sieht, dass mir nichts geschenkt wird, sondern dass ich da 95 Prozent einfach selber Gas geben muss, damit sich was rührt und dass sich mein Erfolgsrad einfach weiterdreht. Das ist so wie eine One-Man-Show. Ich bin es gewohnt, dass ich fast alles selber mache und ich bin da leider so. Ich kann mich wenig fallen lassen und bin immer getrieben vom Erfolg und meiner Arbeit. Ich mach halt einmal einen netten Abend mit meiner Frau und meinen Kindern, aber grundsätzlich bin ich rund um die Uhr so. Bei deinen Songs machst du nicht alles selbst. So zeigt der Film etwa auch, wie du mit einer Songschreiberin telefonierst, die dir neue Texte liefern soll. Das ist kein Problem für mich. Bei uns wird ja relativ wenig heruntergeladen, bei uns wird gekauft. Im Booklet steht ja sowieso drin, was ich geschrieben habe und was nicht. Wenn ein Lied für mich von jemand anders geschrieben wurde, dann steht das auch so in den Angaben. Das wäre für mich Betrug, wenn ich so etwas den Leuten als meine Umsetzung, als meine Idee verkaufen würde. Das vollständige Interview gibt’s auf www.thegap.at 045

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Wiener Würstelstände — Städtebau, Junkspace und Designwürstler

Eitrige Mythen 046

Text Peter Stuiber Bild Sebastian Hackenschmidt und Stefan Oláh

Wird über den Würstelstand gesprochen, braucht man nicht lange auf Klischees zu warten. Ein neuer Bildband lenkt den Blick auf Aspekte, die sonst vor lauter Käsekrainer-Nostalgie oft übersehen werden. Der Heurige, das Kaffeehaus, das Wirtshaus: Zur klassischen Dreifaltigkeit der Wiener Geselligkeit gesellt sich seit Längerem der Würstelstand, dem mittlerweile eine Aura anhaftet, die bisweilen an den WienKitsch grenzt. Das häufigste Wort, das in Reiseführern zum Würstelstand zu lesen ist, lautet »Kult«, in Kreativkreisen ist es schick geworden, einen Lieblingsstand zu haben, passende Anekdoten von Zilk bis Falco gehören zum Repertoire neuerer Wiener Geschichtsbewältigung. Das ist doch einigermaßen erstaunlich, weil es sich beim Würstelstand nicht nur um ein sehr spezielles architektonisches Konstrukt handelt, sondern ebenso um ein kulturelles. Denn den Würstelstand gibt es nicht – zumindest noch nicht lange (und schon gar nicht in Reinform). Vor 200 Jahren verkauften die sogenannten Bratelbrater ihre Würste über die Gasse oder bei Verkaufsständen, später zog man beheizte Kessel mit einem Handwagen zu den belebtesten Plätzen der Stadt, im 20. Jahrhundert dann ganze Wägen, aus denen heraus Würstel verkauft wurden, wenn auch noch ohne fixen Standort. Erst in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts wurden Genehmigungen für feste Würstelstände erteilt, heute existiert nur noch ein Stand in Wien (Ecke Mariahilferstraße / Amerlingstraße), der regelmäßig mit dem Traktor hin- und abtransportiert wird. Einen Alt-Wiener Würstelstand gab es also nie, außer man würde pseudorustikale Kunststoffhütten der 70er und 80er Jahre dazuzählen. Der allseits bekannte Würstel-

standsprech (Eitrige, Buckel, 16er Blech etc.) ist im Übrigen ebenso eine Erfindung neueren Datums wie die Anbetung der Käsekrainer. Nicht umsonst lautet der Titel von H.C. Artmanns 1983 erschienenem Prosaband »Im Schatten der Burenwurst«. Denn diese und andere Kochwürste wurden früher am häufigsten konsumiert, wie auch eine Speisekarte des Würstelstandes Leo am Währinger Gürtel aus dem Jahr 1928 verrät. Neben Würsten konsumierte man dort übrigens harte Eier, Äpfel, Orangen und Bananen, aber keinen Alkohol. Die heute so beliebten Käsekrainer wurden erst in den 1980er Jahren erfunden.

70 Prozent Käsekrainer Es sind die sich ändernden Konsumgewohnheiten, die sich deutlich in der Gestaltung der Würstelstände spiegeln. Darüber weiß Gregor Schuberth einiges zu berichten, hat der Architekt doch gemeinsam mit seiner Schwester, der Architektin Johanna Schuberth, unter anderem den stadtbekannten Würstelstand bei der Albertina entworfen. »Die gegrillte Käsekrainer macht heute in Innenstadtlagen oft schon 70 Prozent des Wurstkonsums aus. Das hat Folgen auf die Gestaltung, Grillplatten und Fritteuse beanspruchen deutlich mehr Platz als früher und ziehen aufwendige Abluftanlagen nach sich.« Heute seien die Stände wie kleine Restaurants, in denen alles auf kleinstem Raum unterzubringen sei. Und wie bei den Großen haben sich auch hier Baumaterial und Erscheinungsbild geändert: Edelstahl hat Einzug gehalten, große Glasflä-

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95-mal Eitrige, Häutl, Leberkäs und Haße haben Sebastian Hackenschmidt und Stefan Oláh fotografiert bzw. die urbanen »Nicht-Orte« drumherum.

chen sind heute auch wärmetechnisch kein Problem mehr. Der Kunde will Transparenz. Während früher die Würste aus einem verborgenen Kessel gefischt wurden, grillt man heute bei den neuesten Ständen vor den Augen der Konsumenten, das gesamte Warenangebot wird wie in der Auslage präsentiert. Gegen den Begriff eines Designer-Würstelstandes würde sich Schuberth wohl wehren: »Das alles ist weniger eine Frage des Stils. Planerisch einzugreifen, heißt hier vor allem, das Innenleben zu organisieren und technische Anforderungen zu ordnen, sonst wird das hübscheste äußere Kleid am Ende nicht gut passen. Bei den Baubesprechungen sind mindestens so viele Firmen anwesend wie bei einem mittleren Wohnhaus.« Angesichts der Vielzahl von Würstelständen und sonstigen Buden (rund 600 gibt es davon in Wien) ist es einigermaßen verwunderlich, dass die Stadtplanung das omnipräsente »Stadtmöbel« kaum beachtet hat. Neue Genehmigungen gibt es zwar so gut wie keine mehr, aber auch keine gestalterischen Vorgaben, und das ist vermutlich besser so. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich Baubehörde, Marktamt und Magistratisches Bezirksamt diesbezüglich einigen würden, ist gering. Nichtsdestotrotz kritisieren manche Lokalpolitiker den »Wildwuchs«, so etwa Ursula Stenzel, die Bezirksvorsteherin des 1. Bezirks, der am Schwedenplatz vor lauter ästhetischen Sünden – hauptsächlich »fremder« Imbissbuden – offenbar der Schauer über den Rücken läuft.

Junkspace Der schicke Würstelstand bei der Albertina und seine Nachahmer an anderen Plätzen sind tatsächlich die Ausnahme. Das Gros der Stände bietet einen wilden Mix aus Funktion und Form, Nostalgielook und Schäbigkeit. Gerade das macht aber den besonderen Reiz aus – zumindest für Sebastian Hackenschmidt, Möbelkurator am MAK und Designspezialist, und den Fotografen Stefan Oláh. Städtische Randthemen liegen den beiden offenbar am Herzen: Vor zwei Jahren haben sie ein vielbeachtetes Buch über Tankstellen in Wien herausgebracht, das sich in Museumsshops bis Amerika und Asien verkauft. Nun folgte der Band »Fünfundneunzig Wiener Würstelstände – The Hot 95«. Es sind nicht die Design-Aspekte, die Hackenschmidt und Oláh so besonders interessieren, sondern die Spannung zwischen den anonymen Hütten

und ihrer städtischen Umgebung: In manchen Fällen schmiegen sich die Buden an historische Bausubstanz, dann wiederum scheinen sie sich als kleine Häuser behaupten zu wollen und ecken im wahrsten Sinne des Wortes an. Während Gregor Schuberth dem Würstelstand eine typologische Nähe zum Strandkiosk zuschreibt, vergleicht ihn Hackenschmidt mit anderen Stadtmöbeln wie Bushaltestellen oder Telefonzellen und fasst sie mit dem Begriff »Junkspace« zusammen, den Rem Kohlhaas geprägt hat. »Dass eine so ephemere Architektur so beständig sein kann, hat uns fasziniert«, so Hackenschmidt. Und Oláh ergänzt: »Ich habe die Würstelstände bewusst so fotografiert, als wären sie große Architektur. Es sind alle Jahreszeiten drinnen, aber eben kaum Menschen und keine Milieus.« Das Buch bringt jedenfalls ein häufig zitiertes Klischee des Würstelstandes ins Wanken: die angebliche Gemütlichkeit. Auf Oláhs Fotos kommt eher der Charakter des schnellen Imbisses zutage, Hackenschmidt spricht von »Nicht-Orten«, eine Bezeichnung, die vom französischen Anthropologen Marc Augé stammt und ursprünglich Autobahnraststätten oder Einkaufszentren charakterisiert. Orte also, die man passiert, aber an denen man sich nicht länger aufhält. Dass es Oláh und Hackenschmidt also gar nicht um eine Beschwörung einer wie immer auch gearteten Würstelstand-Kultur ging, haben die Medien allerdings großteils ignoriert. In den Interviews rund um die Buchpräsentation wurden Autor und Fotograf als Käsekrainer-Spezialisten präsentiert – und nicht als Stadtbeobachter. »Es gab sogar Beschwerden übers Coversujet, dass es so grindig sei«, erzählt Oláh. Also doch kein Buch für kulinarische Nostalgiker? Vielleicht ist das besser so. Denn Letztere tendieren dazu, den Mythos des Würstelstandes zu bemühen, um unter anderem inländische »Esskultur« gegen ausländische Einflüsse zu verteidigen. Nicht umsonst wird bisweilen geraunt, Kebab sei der Tod des Würstelstandes. Warum nicht die Pizzaschnitte? Wenn es eine Gemeinsamkeit zwischen dem Wiener Wirtshaus und dem Würstelstand gibt, dann die Tatsache, dass beide Trends integrieren können. Oder gab es etwa schon in Alt-Wien Hot Dogs? Sebastian Hackenschmidt, Stefan Oláh: »Fünfundneunzig Wiener Würstelstände – The Hot 95« (Pustet). www.pustet.at 047

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Elisabeth hakel

der wortwechsel. vier personen zur frage:

Sprecherin Creative Industries, SPÖ

Meins, deins, unseres – Was sollte allen gehören?

Mitte der 80er sitzt DJ Pierre vor seinem Bass-Synthesizer, einem Roland 303, spielt sich mit den Filtern und packt einen Beat drunter. Clubgeher sind begeistert. DJ Pierre erklärt jedem, der es wirklich wissen möchte, wie er diesen irren Sound zustande gebracht hat. Er wird nachgeahmt, moduliert und weiterentwickelt. Acid House hätte es also wohl nicht gegeben, wenn DJ Pierre nicht so freizügig mit seiner Idee umgegangen wäre. Er ist heute einer der Säulenheiligen der Clubmusik. Und wem sollte ein Sound, der Schlüsselsound einer Bewegung, auch gehören? Oder ein Groove? Oder eine Melodie? Und hier fängt das Problem an. Manche Leute besitzen ja Melodien. Denn in den letzten 200 Jahren wurde aus solchen Ideen immer mehr Geld herausgepresst. Heute nennen wir das Urheberrecht oder Copyright, das exklusive Recht auf einen Einfall – Und gerade wieder wurde so eine Frist verlängert – für Tonaufnahmen in Deutschland von 50 auf 70 Jahre –, innerhalb der so ein Einfall nicht allen gehört, sondern dem Urheber. Aber es regt sich Widerstand. Im Bereich von Musik, Büchern und Film schon seit Längerem, aber neuerdings auch bei Design, Pharma- oder Software-Patenten. Wem gehört eine Dachform oder eine Kameratechnik? Ein Pinselstrich? Vielerorts ist von einem »neuen Teilen« die Rede. Google stellt Wissen und Inhalte gratis zur Verfügung, um an anderer Stelle im Konzern massiv Geld damit zu verdienen. Apple besitzt bereits ein Patent auf abgerundete Ecken. Die erste Waffe wurde bereits auf einem 3D-Printer ausgedruckt. Die digitale Revolution wirbelt seit Jahren durch die Informationsströme, die früher noch kontrolliert werden konnten. Und so viel ist sicher: heute sind diese im Netz nur mehr mit massiven Eingriffen in die Privatsphäre zu zähmen. Die Frage wird uns noch lange beschäftigen, aber wir müssen sie stellen: was sollte also allen gehören? The Gap wird das Thema auf www.thegap.at/wortwechsel weiter verfolgen.

Text und dokumentation Stefan Niederwieser Bild Ingo Pertramer, Privat, CC SA, Privat

Wasser, Bildung, Gesundheitssystem – In letzter Zeit entbrennen immer wieder Diskussionen darüber, wofür keine exklusiven Rechte gelten sollen. Kultur betrifft das genauso.

»Creative Appropriation und Cooption« — Die Frage »Privateigentum versus Allgemeingut« ist im 19. und 20. Jahrhundert mit der Etablierung einer kapitalistischen Weltordnung klar entschieden worden: Eigentum! Aus der Ökonomie her kommend wurde gepredigt, dass nur klare Eigentumsverhältnisse zu gesellschaftlichem Glück und Wohlstand führen können. Dieses Dogma bricht jetzt wieder auf und muss neu diskutiert werden. Dabei gibt es zwei Aspekte, die vor allem für die Cultural and Creative Industries von Bedeutung sind. Erstens: Alles, was sich unter dem sperrigen Ausdruck kollektiver Schaffensprozesse zusammenfassen lässt. Gemeinsame Autorenschaft, creative appropriation, Remixes, Mash-ups und andere Derivate und Transformationen. Für die Produktion solcher zeitgemäßen Ausdrucksformen gibt es heute eine Reihe von rechtlichen Hürden wie zum Beispiel ein veraltetes Urheberrecht, das den heutigen Anforderungen nicht mehr entspricht. Die alten Rahmenbedingungen passen nur mehr bedingt zu den aktuellen und künftigen Produktions- und Konsumgewohnheiten. Zweitens entstehen viele neue Formen von Kooperationen. Die Cultural and Creative Industries sind kleinteilig strukturiert und was vielen Mikrounternehmern fehlt, ist nicht primär der Besitz von Betriebsmitteln – die ohnehin schnell veralten – sondern der schnelle Zugang zu jeweils zeitgemäßen Technologien. Nicht alle müssen alles besitzen. Viele Kreative wünschen sich den Zugang zu Räumen, zu Maschinen und Infrastruktur wie zum Beispiel State-of-theArt-Videokamaras, 3D-Druckern, Foto- und Filmstudios, Werkstätten, Software, Datenbanken etc. Dabei entsteht tatsächlich eine neue Kultur des Teilens, auch wenn das gerne heruntergespielt wird. Man kann das Phänomen auch als Cooptition (Cooperative Competition) bezeichnen. Kooperation in der Produktion, Backoffice und Infrastruktur, aber Wettbewerb im Verkauf.  Elisabeth Hakel, 35, ist Abgeordnete zum Nationalrat und SPÖ-Bereichssprecherin für Creative Industries. Auf www.initiativecreativeaustria.at findet man z.B. das SPÖ-Positionspapier »Neue Strategien für die Cultural and Creative Industries«.

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Joachim Losehand

Bettina Kann

Gerald bäck

Historiker

Österreichische Nationalbibliothek

Blogger und Unternehmer

»Alte Ideen müssen neu gedacht werden können« — Kultur ist die Summe menschlichen Schaffens. Jede Generation nimmt bestehende Errungenschaften an, formt sie, fügt Eigenes hinzu, nimmt Überholtes weg und gibt diese so an die nächste Generation weiter. Wenn wir Menschen aufwachsen, lernen wir Kultur kennen – erlernen wir sie als Teil einer Gesellschaft. Wir besitzen die vorgefundene Kultur als Ganzes oder Teile davon nicht, aber wir eignen uns erlebte Kultur unbewusst oder bewusst an, wir identifizieren uns mit, durch und auch gegen sie. Unsere Stärke ist, »bereits Gedachtes immer wieder neu zu denken« (Odo Marquard) und einzelne Menschen beeinflussen durch ihre Kreativität und Geisteskraft nicht nur ihre unmittelbare Umgebung, die Gesellschaft ihrer Zeit, sondern viele aufeinanderfolgende Generationen. Sie sind Anstoß und Inspiration für weiteres Denken und Schaffen – und ihrer Person, ihrem Namen und ihrer Autorität zollen Mitmenschen und Nachgeborene Respekt. Aber selbst Herausragendes ist nie nur Quelle für Späteres, sondern immer auch Kulminationspunkt vorangegangener Entwicklungen, die an unterschiedlichen Orten zu gleichen oder ähnlichen Ergebnissen führen. Die industrielle Verwertungslogik, die Kulturgüter und Errungenschaften allein als Ware behandelt, bestreitet diese historische Kontinuität und Abhängigkeit – und interpretiert Autorschaft als Werkherrschaft. Wo aber Herrschaft und Kontrolle über menschliche Errungenschaften ausgeübt wird, können kommende Generationen diese nicht mehr formen, Eigenes hinzufügen und Überholtes wegnehmen – und damit diese nicht mehr an nächste Generationen weitergeben. Dadurch gehen Kulturen nicht unter, sie sind jedoch in Gefahr, unfruchtbar und darum vergessen zu werden. 

»Archive ins Netz öffnen« — Die Österreichische Nationalbibliothek steht für einen freien und demokratischen Zugang zum Wissen, indem wir Menschen aus aller Welt ungehindert Zugang zu unseren Beständen bieten wollen. Als eine der wichtigsten Maßnahmen, die diesen Anspruch unterstützt, betreiben wir seit 2004 umfangreiche Digitalisierungsprojekte: über unsere Portale ANNO und ALEX sind mehr als zehn Mio. Seiten historischer Zeitungen, Zeitschriften und Gesetzestexte zugänglich. Im Rahmen von »Austrian Books Online«, der Public Private Partnership mit Google, digitalisieren wir derzeit unseren gesamten historischen, urheberrechtsfreien Buchbestand (600.000 Bücher). Die ersten 100.000 Bücher sind bereits jetzt online zugänglich und damit für ein weltweites Publikum 24 / 7 im Volltext verfügbar. Es gilt also, alte Bestände neu zu entdecken! Kooperationen wie PPPs erlauben es uns, Projekte durchzuführen, die wir alleine aus eigenen Mitteln nicht finanzieren könnten. Bei allen unseren Projekten ist es uns jedoch wichtig, ausschließlich Kooperationen ohne Exklusivvereinbarungen einzugehen. Der Schwerpunkt unserer Digitalisierungsprogramme liegt auf urheberrechtsfreien Werken. Um die Digitalisierung aber auch in den kommenden Jahren weiter ausbauen zu können, setzen wir uns dafür ein, den Umgang mit verwaisten und vergriffenen Werken auf EU-Ebene zu regeln. Darüber hinaus werden wir uns in Zukunft im Bereich »Open Data« engagieren, unsere Metadaten als Open Data in strukturierter und standardisierter Form zur Verfügung stellen und Projekte zur semantischen Anreicherung unserer Metadaten durchführen. 

»Gegen Schutzfristen und Software-Patente« — Kindergärten werden von Rechtsanwälten gezwungen, Mickey Mouse-Graffities zu entfernen, private Videos, auf welchen im Hintergrund irgendein Lied zu hören ist, werden von den Verwertungsgesellschaften gesperrt, Downloader werden von der Musikindustrie Verbrechern gleichgesetzt, ein Handyhersteller lässt sich die runden Ecken schützen und verklagt erfolgreich seine Mitbewerber … Die Liste, die zeigt, wie pervertiert unser Urheberrecht mittlerweile im Namen des sogenannten geistigen Eigentums ist, ließe sich noch sehr lange fortsetzen. Hollywood wurde gegründet, weil die Patentrechte rund um das Abspielen von Filmen an der Ostküste zu rigoros gehandhabt wurden. Ein paar »Piraten« machten sich auf den Weg zur Westküste und legten dort den Grundstein für ein Filmimperium. Vor dem Hintergrund, dass Hollywood neben der Musikindustrie heute der laustärkste Verfechter eines scharfen Urheberrechts ist, ist das ein besonders witziges Detail. Es zeigt aber eines ganz deutlich, Urheberrecht und geistiges Eigentum dient vor allem der Besitzstandwahrung und hemmt Innovation. Geistiges Eigentum schützt im übrigen selten die Urheber, sondern meistens die Verwerter und Verleger. So dienen zum Beispiel Software-Patente vor allem als Einkommensquelle für Patentanwälte, als Beschäftigungsquelle für Patentämter und als Erpressungsquelle für sogenannte Patent-Trolle, die Unmengen an Trivialpatenten horten, um dann innovative Unternehmen zu verklagen. Es muss sich also ganz radikal etwas ändern. Software-Patente und Gebrauchsmuster müssen ersatzlos abgeschafft werden, sie hemmen Innovation und Fortschritt. Das Urheberrecht soll nur noch dann durchsetzbar sein, wenn der Verwender damit kommerzielle Einnahmen erzielt, alles andere hemmt Kreativität. Und schließlich müssen auch die Schutzfristen fallen: Dass heute Werke bis zu 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers geschützt sind, finden lediglich die (steuerfreien) Erben toll. 

» Umweltschutz ist nur mehr für 19 Prozent Thema – unabhängig von Alter und Geschlecht.« (C. Chaloupka-Risser)

Joachim Losehand, 43, ist Historiker, arbeitet zu digitaler Kultur, Medien- und Immaterialgüterrecht im 21. Jahrhundert – unter anderem für Vibe!at, dem Verein für Internet-Benutzer Österreichs.

Bettina Kann, 43, leitet seit 2008 die Hauptabteilung Digitale Bibliothek mit den Schwerpunkten Digitale Langzeitarchivierung und Management digitaler Sammlungen an der Österreichischen Nationalbibliothek.

Gerald Bäck, 41, ist Blogger und Unternehmer. Heute ist er Mitbegründer des Wiener und Berliner Softwareunternehmen Archify.

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bild kurt prinz dokumentation Stefan Kluger

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Workstation — MENSCHEN AM ARBEITSPLATZ

Helena Prinz, 30, Buchhändlerin

Eine Nähe zu Buchhandlungen steckt seit Kindheitstagen in ihr. »Bereits mit zehn Jahren dachte ich, dass Bibliothekare und Buchhändler den schönsten Beruf haben«, erzählt Helena Prinz. Nicht nur Lexika und Bildbände fand sie schon als Kind ziemlich super, auch Geschichten, Sagen und später die Belletristik spielten rasch eine tragende Rolle. Nach einer Babypause gab Helena Prinz (keine Verwandtschaft mit dem Fotografen übrigens) vor drei Jahren ein Comeback in der Liesinger Buchhandlung Lesezeit, die Christoph Eckl führt. Eigentlich ist Prinz ja keine gelernte Buchhändlerin, sondern Sprachwissenschaftlerin: »Der Abschluss fehlt mir noch, den mache ich hoffentlich heuer.« Neben dem Wert von Büchern an sich – unter anderem als Wissensvermittler, Geschichtenerzähler – gefällt ihr, wenn Räume mit ihnen vollgestopft sind. Ihre Freizeit verbringt Helena Prinz am liebsten – Überraschung! – mit Lesen. Denn die weit verbreitete romantische Vorstellung, die Arbeitszeit lesend zu verbringen, treffe nicht zu. »Das bleibt Freizeitvergnügen.«

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Workstation — MENSCHEN AM ARBEITSPLATZ

Wandblatt Gäng

Es gibt Tage, da sind die Jungs von Wandblatt nur zum Spielen draußen. An anderen wird umgestaltet und dokumentiert. Es gibt Nächte, da fotokopieren sie bis ins Morgengrauen: »Am Drucker an der Uni, weil er tagsüber immer besetzt ist«, sagt Frank von Wandblatt. Dann wartet noch die Siebdruckwerkstatt oder es will unendlich viel Papier für ihr Magazin sortiert werden. Fad wird’s ihm und seinen beiden Kollegen nicht. Dass sie frei und ihre eigenen Chefs sind, gefällt der StreetArt-Crew besonders, weniger der organisatorische Scheiß. Weil, darin sind sie nicht so super, das erschwert einiges. Abschalten gibt es nicht, immerhin hätten sie ja sozusagen keinen regulären Beruf: »Es gibt nur Vollgas und eben manchmal Standgas, der Motor läuft aber immer.« Und bald drohen wieder schlaflose Wochen, Ende Mai erscheint die zweite Ausgabe ihres Magazins, und sie haben noch nicht einmal begonnen, die vielen Fotos durchzugehen. Als Draufgabe wird das Ganze von Hand produziert: sie kopieren, schneiden, binden, kleben selber. »Und vertreiben müssen wir es auch.« Wenigstens das sollte gehen, als Street-Artist ist man ja relativ viel draußen. wandblatt.tumblr.com

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Interview Thomas Weber, Luise Wolf Bild matthias hombauer

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BILDUNGSCHWERPUNKT

interview — Österreichische Kreative, Ausbildung und Standorte

Am Großglockner kreativ sein Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle betrachtet die österreichische Kreativwirtschaft und ihre Ausbildungsmöglichkeiten mit freudiger Überraschung und akademischer Gelassenheit. the gap: Viele Studiengänge im Bereich der Kreativwirtschaft sind in privaten Einrichtungen wie Donau Uni Krems, Deutsche Pop Akademie, New Design University, …angesiedelt. Geht der Trend in diesem Bereich in Richtung private Ausbildungsstätten? töchterle: Es gibt einen Trend zu Privatuniversitäten insgesamt. Das ist eine junge Entwicklung und ich begrüße sie, weil sie das Angebot erweitert und weil sie die Fülle der tertiären Möglichkeiten viel reicher macht – das gilt auch für den kreativen Bereich. Ich würde aber im Kreativen keine besonders starke Ausprägung dieses Trends sehen. Der Großteil der Kreativwirtschaft spielt sich in den Zentren ab. Könnte das an unzureichenden Fördermodellen in den Bundesländern oder am mangelnden Bewusstsein für den Wert kreativer Leistungen liegen? Man muss die Prämissen hinterfragen. Wir nehmen natürlich diese Kreativität vor allem im urbanen Bereich wahr, sie ist aber auch im ruralen Bereich da, nicht so massiv, nicht so rezipiert, inzwischen haben wir aber durch die neuen Medien eine Auflösung der Urbanitas. Diese löst sich auf durch die Netze. Man kann heute auch auf dem Mount Everest kreativ sein, wenn man noch die Luft dazu hat. … und WLAN. Ja. (lacht) Vorarlberg gilt als einer der kreativen Hauptstandorte Österreichs, v.a. durch seine Architektur-Szene, hat aber nur einen einzigen kreativen Studiengang an der FH. Kann eine Region also ohne Hochschule oder Universität auskommen? Natürlich. Eindeutig ist aber auch, dass tertiäre Einrichtungen und insbesondere Universitäten eine Region gewaltig befruchten in jeder Hinsicht. Die Bereicherung findet auf wissenschaftlicher, bildender, kultureller und ökonomischer Ebene statt. Eine Region profitiert sehr davon, wenn sie eine tertiäre Einrichtung hat. Wie schätzen Sie Niederösterreich und St. Pölten als Bildungs- und Ausbildungsstandorte generell ein? Was sich dort in den letzten Jahrzehnten ereignet hat, ist bemerkenswert. Dieses Land entwickelt sich von einem agrarischen zu einem kulturell-industriell vielfältigen Gebilde. Erwin Pröll wird ja oft kritisiert, auch für seine Stärke (schmunzelt), aber dieser Aufschwung ist sicher mit seinem Namen verbunden. Wobei man bedenken muss, dass Niederösterreich Wien umrahmt … Wird Niederösterreich aus internationaler Sicht als eigener Standort wahrgenommen oder eher als das »erweiterte« Wien? Ich würde eher Zweites vermuten. Aus internationaler Perspektive muss man froh sein, wenn Österreich von Australien unterschieden wird, was glücklicherweise mittlerweile zunehmend geschieht. Aber man kann kaum Differenzierungen erwarten. Das ist auch okay, man muss natürlich auch gemeinsam agieren. Meinen Sie, österreichische »Dachmarken« wie »Tyrol« könnten diese differenziertere Sichtbarkeit begünstigen? Gibt es Pläne? Ja, der Wirtschaftsminister arbeitet an einem starken Branding. Ich sehe auch in Tirol sehr viele erfolgreiche Vermarktungsstrategien, v.a. im Tourismus. Ich denke, Tirol hat einen Marktvorteil: seinen Namen. Nieder- oder Oberösterreich oder Vorarlberg mit ihrem Namen zu ver-

markten, ist viel schwieriger. Es gibt in Tirol eine unglaublich erfolgreiche Firma – Cine Tirol. Visierte Filmteams kommen aus der ganzen Welt, um in Tirol, dieser tollen »Kulisse«, zu filmen. Heraus kommen z.B. indische Liebesschinken, also Bollywood-Filme, und ein Effekt ist: der Anteil der indischen Feriengäste in Tirol steigt enorm. Viele Kreative sind in ihrer Disziplin zwar gut ausgebildet, scheitern aber beim Erstellen eines Business-Plans. Auch die Förderagenturen bemängeln, dass es den Gründern und Absolventen an grundlegendem kaufmännischem Wissen und wirtschaftlichem Denken fehlt. Woran scheitert es? Das Grundproblem ist wohl die Künstlerexistenz als solche, die, aus diskursiver Perspektive betrachtet, der kaufmännischen Existenz nahezu diametral gegenüber steht. Es ist aber natürlich ein theoretisches Konzept, dass der Krämer und der Künstler zwei ganz verschiedene Naturen seien … Das fehlende kaufmännische Wissen scheint ein Phänomen zu sein, das auch über die kreativen Bereiche hinausgeht. Es ist aber durchaus lösbar, es ist ja niemandem verboten, in entsprechende Lehrveranstaltungen zu gehen. Woran es wohl fehlt, sind die geeigneteren, kleineren »Lehr-Pakete«. Es ist also nicht so, dass wirtschaftliches Denken schon zur Allgemeinbildung gehören würde? Das wurde ja oft gefordert. Es ist einfach so, dass dieser Anspruch lange nicht zum Kanon gehörte und auch heute noch nicht zum Kanon gehört. Dieser stammt aus anderen Zeiten und Welten: Deutscher Idealismus, Neuhumanismus, Aufklärung und Romantik sind die wichtigsten Kanon-Lieferanten. Und da ist die Wirtschaft auf verlorenem Posten. Im späten 20. Jahrhundert hat die Ökonomie sehr gewonnen, inzwischen hat sie wieder viel verloren durch die Finanzkrise. Eine Zeit lang gab es eine stark ökonomische Metaphorik – der Student war ein »Kunde« –, das durfte man ungeniert sagen. Ich würde es nie sagen. Ich bin, was Kanonfragen angeht, konservativ. Das leiste ich mir jetzt einfach. Ich wäre schon offen für solche Anforderungen in der heutigen Zeit, nur sollten diese Anforderungen auch nicht zu kurz greifen. 4.000 zusätzliche Studienplätze sollen bis 2015 im Rahmen des Fachhochschulausbaus geschaffen werden. Welche Fachbereiche fehlen in Österreich bzw. wie kommen kreative Studiengänge dabei weg? Auch kreative Studienplätze werden beim Fachhochschulausbau berücksichtigt. Aber wir haben ein relativ flächendeckendes Angebot, regional verteilt. Außerdem, die Kreativität beginnt in Österreich schon in der Lehre. Ich selbst lebe in einem Dorf, wo viel qualitativ hochwertiges Handwerk betrieben wird. Wenn man die künstlerische und auch handwerkliche Kreativität zusammendenkt, kann man sagen: Kreativität findet in Österreich flächendeckend statt. Der praktische Bezug der Fachhochschulen ist besonders im Kreativbereich wichtig. Worin sehen Sie die Vorzüge der »alten«, klassischen Universitätsausbildung für die Kreativwirtschaft? Soweit ich dies als Geisteswissenschaftler einschätzen kann, würde ich sagen; die Stärke der Kunstuniversitäten ist eine weniger auf einen Beruf hin konzipierte Ausbildung, sondern ein ganz generelles Befassen mit den Möglichkeiten der Kunst und Wissenschaft. Sich frei diesem Feld zu nähern, kann gewaltige Potenziale in der Wissenschaft und in der Kunst eröffnen. 055

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Film-Ausbildung — Film studieren an der FH

BILDUNGSCHWERPUNKT

Hollywood im Hinterkopf 056

INTERVIEW Thomas Weber Bild FH Wien

Profis, Praxis und Projektmanagement: Kai Erenli, Leiter des Studiengangs Film, TV- und Medienproduktion an der Fachhochschule Wien im Media Quarter Marx, über Projektkalkulation und Träume von Hollywood. the gap: Haben die internationalen Erfolge von Michael Haneke, Christoph Waltz oder Götz Spielmann Auswirkungen auf den Andrang bei den einschlägigen Ausbildungsstätten? kai erenli: Da bin ich mir ziemlich sicher, ja. Wir haben bei unserem Studiengang ja ein Aufnahmeverfahren und fragen nach der Motivation. Vorbilder werden da immer vordergründiger genannt. Sie haben wohl konkrete Auswirkungen auf die Bewerberzahlen und wir sind in der glücklichen Situation, uns unsere Studierenden aussuchen zu können. Wie viele davon kommen denn mit Hollywood im Hinterkopf? Inoffiziell vielleicht alle. Offiziell aussprechen tun das allerdings die wenigsten. Sie wissen ja, dass wir vor allem für die österreichische und die deutsche Filmwirtschaft ausbilden. Aber ein Traum ist es wohl für alle. Ich glaube aber, dass es dabei nicht darum geht, in Hollywood zu landen, sondern um Anerkennung im Ausland. Worin unterscheidet sich der FH-Studiengang Film, TV- und Medienproduktion zur Filmakademie Wien? Er ist komplementär, das heißt beide Einrichtungen ergänzen einander. Unser Studiengang bildet auf die unternehmerischen Aspekte des Films hin aus, lehrt Projektmanagement, vermittelt den rechtlichen Rahmen und den betriebswissenschaftlichen Part. Kreatives gibt es bei uns nur am Rande, Filmschnitt etwa kommt bei uns fast nicht vor. Wir haben uns auch bewusst breiter aufgestellt, um den Konvergenzbereich mit abzudecken. Was wichtig ist: Unser Studiengang ist nicht journalistisch ausgerichtet. Es gibt ein Youtube-Video, das Interessenten Information über den Studiengang vermitteln soll. Auffällig, dass ein Vortragender das Wort »Finanzierung« an die Tafel schreibt. Hapert’s daran in Österreich besonders, an der Finanzierung? Da muss ich jetzt diplomatisch antworten: An der Finanzierung wird’s immer hapern. Mehr Geld wäre immer möglich. Die Branche ist in Österreich ja sehr stark von Förderungen abhängig. Vielleicht wird die Situation durch die internationalen Erfolge jetzt besser. Auch

Crowdfunding als Finanzierungsform steckt ja noch in den Kinderschuhen … Sind konkrete Initiativen wie der Versuch von Monochrom, das FilmProjekt »Sierra Zulu« über die Crowdfunding-Plattform Kickstarter zu finanzieren, Thema im Unterricht? Ja, wir stellen Best-practice-Beispiele und auch Plattformen vor, nehmen aber keine abschließende Wertung der Plattformen vor. Es lässt sich nicht absehen, ob sie sich und welche sich durchsetzen werden. Wie professionell ist denn die österreichische Filmbranche gegenwärtig? Wäre sie es nicht, dann würde sie nicht immer wieder solche Filme und Erfolge hervorzaubern. Aber unser Studiengang ist aus konkreten Wünschen aus der Branche heraus erstanden. Die heutigen Akteure haben sich das Projektmanagement, das Controlling alles selbst hart erarbeiten müssen. Die Wiener Journalismus-FH hat für eine deutliche Professionalisierung innerhalb der Branche gesorgt. Welche Veränderungen wird der Studiengang für Film, TV- und Medienproduktion bringen? Nun, wir wollen dazu beitragen, Abläufe innerhalb der Branche effizienter zu gestalten. Es gibt uns erst seit zwei Jahren, es wäre also vermessen, jetzt zu viel zu sagen. Aber das ist unser Ziel. Sonst bräuchte es uns auch nicht. Gibt es einen internationalen USP? Wir müssen uns natürlich global ausrichten. Internationalisierung wird bei uns groß geschrieben. Es gibt beispielsweise bereits einen Doppelabschluss mit der Hochschule Furtwangen. Vorerst bleiben wir auf den deutschsprachigen Raum fokussiert. Internationalisierung braucht Zeit und bedarf vieler persönlicher Kontakte. Unsere Expertise stammt bereits jetzt von hochrangigen Lektorinnen und Lektoren. Mit Michael Katz, dem Prokuristen der Wega Film, widmen sich Studierende etwa hautnah der konkreten Kalkulation von Haneke-Filmen, Studierende werden immer wieder in Drehs eingebunden, man arbeitet mit aktuellen und authentischen Projekten.

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Diese Fahrzeuge für das Rennspiel »Split / Second« wurden in Wien von Rabcat gestaltet.

Branchenüberblick — Animation und Games in Österreich

BILDUNGSCHWERPUNKT

Perspektiven in digitalen Kreativberufen 058 Die jungen Branchen Game-Entwicklung und Computeranimation wachsen stetig und benötigen Spezialisten. Eine Zusammenfassung von zwei Roundtables mit Branchenexperten über die Grenzen des Marktes, Ausbildungsmöglichkeiten und Berufsperspektiven für Einsteiger.

roundtable martin mühl Text martin riedl Bild rabcat

GAMES –– Ein Computerspiel ist ein Computerspiel Im Gegensatz zu manch anderen digitalen, kreativen Branchen scheint die Games-Entwicklung relativ klar definiert – ein Computerspiel ist ein Computerspiel. Doch auch hier tut sich einiges. Moderne Games sind deutlich komplexer und aufwendiger und es braucht eine Vielzahl von unterschiedlichen Fähigkeiten und Akteuren wie Autoren, Designer oder Programmierer, damit die Games auch von der Zielgruppe angenommen werden. Die Branche spricht davon, dass Games heute etablierter sind und in weiten Teilen der Gesellschaft ihr negatives Image abstreifen konnten. Der Grund für diese Veränderung mag auch darin liegen, dass ehemalige Spieler mittlerweile erwachsen sind. Geändert hat sich dadurch auch die politische Haltung zum Thema, die in Förderungen und Wettbewerben resultiert. Die Entwickler sehen das positiv und glauben, dass hier weiteres wirtschaftliches Wachstum möglich ist. Die Games-Branche ist auch in Österreich sehr international aufgestellt. Um im internationalen Wettbewerb mitzuhalten, arbeiten die Entwickler teilweise zusammen, um gemeinsam größere Aufträge abzuwickeln. Da in Österreich selten der billigste Preis angeboten werden kann, muss über die Personalauswahl das Qualitätslevel hoch gehalten werden. Wirkliche Spitzenleute sind aber schwer zu bekommen.

Ausbildung, aber wo? Wer in der Branche Fuß fassen will, findet etwa an manchen Fachhochschulen gute Ausbildungen. Noch fehlt dem Nachwuchs aber teilweise der Einblick: ein Game-Designer macht nicht unbedingt Grafik oder Sound und ein Grafikdesigner entwickelt keine Gamemechaniken. An den wenigen Ausbildungsstätten, die sich in Österreich auf Games (SAE, …) spezialisieren, wird versucht, dem entgegenzuwirken. Die ganze Palette an Spezialisierung wie etwa 3D-Artists, Level-Desig-

ner, Game-Design, Sound, Marketing, Digital Distribution, Qualitätssicherung und Projektmanagement kann aber auch dort nur schwer gelehrt werden. Eine reine Gamedesign-Ausbildung fehlt. Hier orten die Unternehmer viel Interesse von jungen Leuten, aber auch nur wenige Jobs am Markt. Für wenig geeignet halten sie breit ausgebildete Medientechniker, die in keinem Bereich wirklich gut sind. Den größten Personal-Mangel sehen die Unternehmen – wie viele andere Branchen auch – bei gut ausgebildeten Informatikern.

Beruf als Hobby Die Games-Unternehmer sehen eine Tendenz dazu, dass Arbeitskräfte immer wieder ihren Job und den Arbeitgeber wechseln wollen. Sie beschreiben eine Situation, in der sich die Unternehmen gar bei guten Mitarbeitern bewerben müssen, ihnen die Vorzüge des Unternehmens schmackhaft machen. Hier können nur zum Teil finanzielle Anreize geschaffen werden. Vielmehr wird versucht, ein positives Arbeitsklima zu schaffen. Geschätzt sind immer noch Autodidakten, die sich mit Leidenschaft einem Thema widmen. Ausbildungsstätten können nur einen Impuls bieten, darüber hinaus müssen sich junge Leute selbst weiterbilden und ihr Können vertiefen. Für Bewerbungsgespräche empfehlen die Games-Unternehmer ein gutes Portfolio. Ob ein Gamer-Background entscheidend ist, hängt vom Job und der Tätigkeit ab. Wer spielt und mehr über Spiele weiß, kann leichter über den eigenen Tellerrand hinausblicken und im Team besser zusammenarbeiten.

Animation –– Zwischen Kunst und Technologie Anfang der 2000er-Jahre wurden in Österreich die ersten Unternehmen gegründet, die heute in der Animationsbranche tätig sind – der Berufszweig ist damit noch vergleichsweise jung. Unter Zuhilfenahme von digitalem Handwerk, mit einem Gespür für schöne Bilder, erschaffen die Unternehmen virtuelle Welten. Sie beschäftigen sich

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Teilnehmer Roundtable der Game-Entwickler Harald Riegler, Sproing — www.sproing.com Michael Paeck, Cliffhanger — www.cliffhanger-productions.com Jörg Hofstätter, Ovos — www.ovos.at Thomas Schleischitz, Rabcat — www.rabcat.com Gregor Eigner, Mipumi — www.mipumi.com mit jeder Form von 3D-Grafik, die nicht-reale Bilder kreiert oder reale Aufnahmen verändert. Derzeit sind Akteure und Unternehmer in der Branche beinahe allesamt Autodidakten. Sie haben sich von verschiedenen Seiten her der Animation genähert, mit Backgrounds zwischen Technologie und Design. Ausbildungsstätten werden zwar mehr, sie hinken dem Wachstum der Branche aber noch hinterher. Neben der Angewandten in Wien und dem SAE werden vor allem die Fachhochschulen in Hagenberg, Graz und Salzburg positiv hervorgehoben. In Wien fehlt eine Ausbildung, die wirklich auf diesen Bereich fokussiert. Das Branchen-Know-how und die Unternehmen versammeln sich in Wien, aber die Ausbildungsstätten sind außerhalb. In anderen Ländern wie Schweden oder Frankreich gibt es hier bereits bessere Ausbildungen. Der Vorteil der österreichischen (Hoch-)Schulen ist ein leistbarer oder kostenfreier Zugang.

»Es zählt das Portfolio« Unabhängig von einzelnen Schulen und Hochschulen gelten eine gute Designausbildung und fundierte Gestaltungslehre als notwendige Grundlage, um in der 3D-Animation erfolgreich zu sein. Die Vertreter sind sich einig, dass eine Ausbildung allein aber nicht reicht und viel Praxis in der Freizeit nebenher gesammelt werden sollte. Entscheidend für die Jobvergabe ist für die Unternehmer beinahe ausschließlich das vorzeigbare Portfolio, das die Verbindung von Kreativität und Handwerk zeigt. Ausgelernt ist man im Bereich Animation aber sowieso nie: Neue Technologien erfordern die Bereitschaft zu einem lebenslangen Lernen; vermeintliche Oldschool-Fähigkeiten wie das Zeichnen mit Bleistift und Papier werden in dem Job immer von Vorteil sein. Generell ist die Branche schon heute so groß und weiter wachsend, dass die Vertreter gute Job-Chancen in Aussicht stellen, auch wenn diese zwischen Angestelltenverhältnis, Freelancer und Selbstständigkeit viele Formen annehmen können. Derzeit sind viele als Freelancer tätig, während es aber noch wenige Firmen gibt, die ganz große Aufträge allein umsetzen können.

Eine Branche formiert sich Da Computeranimation in Österreich noch kein definierter Beruf mit Gewerbeschein ist, sind die Unternehmen in verschiedenen Fel-

Teilnehmer beim Roundtable der Computer-Animatoren Patrick Sturm, Eat my Dear — www.eatmydear.com Reinhold Fragner, Industrial Motion Art — industrial-motion-art.com Roman Saravia, Friendly Fire — www.friendlyfire.at Raffael Leb, Cybertime — www.cybertime.at Kris Staber, Arx Anima — www.arxanima.com Nikolaus Vuckovic, Immortal Arts — www.immortal-arts.at Florian Hirschmann, Make — www.make.co.at

dern wie Werbung oder Film angemeldet und es ist derzeit auch nicht möglich, sich beim AMS in genau diesem Beruf arbeitslos zu melden. Animation wird an vielen offiziellen Stellen als ein Teil der filmischen Post-Production gesehen – auch hier sind andere Länder wie Frankreich oder Deutschland schon weiter. Das öffentliche Bild verändert sich aber, einzelne Aktionen wie Wettbewerbe können helfen und für Bekanntheit sorgen. Mit der Pixel-Konferenz der IG Computergrafik gibt es ein Branchentreffen – manche wünschen sich zusätzlich oder stattdessen ein Festival, dass sich auch an die Öffentlichkeit richtet. Eine entsprechende Fachpresse existiert in Österreich (noch) nicht. Wie bei Games gilt, dass die Branche global funktioniert. Auch wenn räumliche Nähe die Zusammenarbeit zwischen Kunden und Lieferanten manchmal erleichtert, so ist sie für die Auftragsvergabe nicht entscheidend. Derzeit haben viele Firmen weit über 90 Prozent Exportquote, manche sogar 100 Prozent. Nicht nur die Kundenstruktur in den Unternehmen ist dabei höchst international, auch die Mitarbeiter kommen aus vielerlei Ländern. Die Branchen-Roundtables fanden im Januar 2013 im Auftrag der IG Computergrafik für deren Onlineplattform CGMag statt und wurden auf www.cgmag.at veröffentlicht. Der Text ist eine gekürzte Version, mit freundlicher Genehmigung zur Veröffentlichung der IG Computergrafik.

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bild Matthias Hombauer dokumentation Teresa Sutter — Diese Seite ist Teil einer entgeltlichen Kooperation.

Christian Prasser, 44

Leiter Future Lab, NDU Um seinem Handwerk eine räumliche Dimension zu geben, ging der gelernte Tischler zum Architekturstudium an die Angewandte. Seine Interessen fand Christian Prasser in den Randbereichen der Architektur, »also eher im Szenografischen, im Innenarchitektonischen, im Atmosphärischen«. Und so kam er zur New Design University, wo er im Wintersemester 2012 die Leitung des Future Lab übernahm. Dort setzen Studenten wirtschaftsnahe Projekte in Teamarbeit um, dabei kommen Experiment und Anforderungen des Alltags zusammen. Das findet Christian Prasser besonders bereichernd: »Wenn man selbst seit 15 Jahren im Berufsleben steht, beginnt einen wieder zu faszinieren, wie ein junger Mensch an einen kreativen Prozess herangeht.«

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Helmut Kienast, 44

Studiengangsleiter Event Engineering, NDU Vor seiner Tätigkeit an der New Design University leitete Helmut Kienast seine eigene Eventagentur. Nach mehreren Jahren Erfahrung begann er 2009, das Konzept für den Bachelorstudiengang Event Engineering zu entwickeln. Besonders wichtig war ihm dabei die Verbindung von technischen, unternehmerischen und konzeptionell-gestalterischen Elementen. Das hat sich bewährt: Viele seiner Studenten sind bereits während des Studiums sehr gefragt. Zum Beispiel bei der Planung eines Veranstaltungszentrums in Braunau. Oder beim Tomorrow Festival im AKW Zwentendorf, wo Studenten die Lichttechnik für Die Fantastischen Vier umsetzen.

Dieter Spath, 43

Studiengangsleiter Master Innenarchitektur und 3D-Gestaltung, NDU Nach zehn Jahren Lehrerfahrung kam Dieter Spath zur New Design University. Dort wurde er beauftragt, den österreichweit einzigen Masterstudiengang für Innenarchitektur neu zu strukturieren. Er setzt auf praktische Projekte und entwurfsbegleitenden Theorieunterricht. Das Besondere an der New Design University ist, findet Dieter Spath, dass gestalterische Studiengänge durch die Wirtschaftsnähe eine Schnittstelle zu den Creative Industries darstellen. »Man kann mit den Studierenden schon viel früher Businesspläne oder ihre eigene Selbständigkeit durchplanen. Das entspricht einfach der Zeit.« Die größte Ressource für die Studenten ist die NDU-Fabrikshalle, die mit ihrem loftartigen Charakter die interdisziplinäre Zusammenarbeit fördert und eine 1:1 Projektsimulation ermöglicht. 061

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New Design University — Drei neue Studiengänge für St. Pölten

Mach mir den Link

Erforschen, Gestalten, Verwandeln – lautet das Motto der New Design University in St. Pölten. Mit einem überarbeiteten Konzept und drei neuen Studiengängen will man den gesellschaftlichen Wandel von Kultur, Ökologie und Ökonomie aktiv mitgestalten.

Die New Design University wurde im Jahr 2004 vom WIFI Niederösterreich gegründet und zählt derzeit 311 Studenten. Durch einen ausgeklügelten Entwicklungsplan soll die Zahl der Studierenden in den nächsten Jahren verdreifacht werden. Das aktuelle Studienangebot deckt die Bereiche Grafikdesign, Innenarchitektur und Eventkonzeption ab (siehe Fotos). Ab Herbst werden diese nun erweitert.

Handwerk x Design

Text teresa sutter bild matthias hombauer — Diese Seite ist Teil einer entgeltlichen Kooperation.

Drei Studiengänge befinden sich derzeit in Akkreditierung und sollen schon ab Oktober die ersten Studenten aufnehmen. Darunter auch das erste duale Universitätsstudium in Österreich mit dem Titel »Manual & Material Culture«, das Handwerk und Produktdesign verbindet. Absolventen dieses Studiums dürfen sich dann nicht nur mit einem Bachelor-Titel schmücken, sondern können in einem verkürzten Verfahren den Meisterbrief erlangen. Bewerben können sich – und das ist außergewöhnlich – neben Maturanten auch Lehrabsolventen ausgewählter Berufssparten ohne Matura.

Start x up Außerdem neu ab Oktober: der Masterstudiengang »Strategic Management, Entrepreneurship & Innovation«, der den Fokus auf Startups und das Unternehmertum setzt. Damit reagiert die New Design University auf einen anhaltenden Boom in der österreichischen Startup-Szene, die sich im Bereich der Kreativwirtschaft bereits einen internationalen Ruf erarbeitet hat. Inhaltlich und in den Kursformaten will man sich an amerikanischen Elite-Unis orientieren und lehrt die Inhalte deshalb in drei »Laboratories«, wie Labore dort heißen. Auf konkreten realen Projekten aufbauend sollen die Studenten lernen, Trends zu prognostizieren und Funktionsmodelle zu erarbeiten. Ein Semester lang dürfen sie dann mit Geld spielen und selbst ein Start-up gründen oder bei einem bestehenden Unternehmen einsteigen. Für diesen interdisziplinären Master können sich Bachelorabsolventen aller Studienrichtungen bewerben, was für einen besonders spannenden Austausch sorgt.

Urheber x Recht Der berufsbegleitende Masterstudiengang »Intellectual Property Rights and Innovations«, in dem sich Studierende mit Fragen des Urheberrechts als Faktor für wirtschaftliche Erfolge auseinandersetzen, komplettiert ab Herbst 2013 das Studienangebot.  Eine Bewerbung für das Wintersemester 2013 ist derzeit möglich. Am 7. Mai findet eine Info-Session für den Studiengang Manual Material Culture statt, am 28. Mai für den Master IPR & Innovations. Die Aufnahmegespräche erfolgen am 25. Mai. Weitere Informationen unter www.ndu.ac.at 062

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FH Joanneum

bildungsschwerpunkt — Ausbildung für Creatives in Österreich

Old School, New School, Tru School Nein, Publizistik bringt dir wirklich nichts. Hier sind zwölf gute Alternativen für die Zeit nach der Matura, im goldenen Dreieck von Medien, Theorie und Technik.

Innovation ist das Stichwort, wenn man an die FH Joanneum denkt. Der Lehrplan jedes Studiengangs wird jährlich auf den neuesten Stand gebracht. Neben allerlei Bachelors in Neuen Medien wie IT-Recht und Informationsdesign lehren am Studiengang für Journalismus und Public Relations auch nationale Größen wie Dieter Bornemann, Tarek Leitner oder Matthias Karmasin. —————— Ort: Graz, Kapfenberg, Bad Gleichenberg Anzahl Studierende: 3.428 Studiengebühren: 0,– Studiengänge: Architektur, Industrial Design, Ausstellungsdesign, Journalismus und Public Relations, Communication, Media and Interaction Design

FH Salzburg

Informatiker sind hier am richtigen Fleck. Immer wieder schaffen es Studenten der FH Salzburg, nationale und internationale Preise im Bereich Technik und Wissenschaft zu gewinnen. Eine nun international angewandte Medizin-Software bekam den David Sackett-Preis. Künstlerisch Begabte studieren Multimedia Art und Design. —————— Ort: Salzburg Anzahl Studierende: 2.222 Studiengebühren: 363,– pro Semester Studiengänge: Design und Produktmanagement, MultiMediaArt, MultiMediaTechnolgy, Smart Building, Informationstechnik & System-Mangement

FH Hagenberg

Die FH Hagenberg genießt national wie international einen ausgezeichneten Ruf. Vor allem in der Technik- und Umweltforschungsschiene ist die Fachhochschule weit bekannt. Mobile Computing oder Digital Arts heißen Studiengänge, Interactive Media oder Information Engineering andere. Unterrichtet wird trotzdem eher auf Deutsch. —————— Ort: Hagenberg, Linz, Steyr, Wels Anzahl Studierende: 4.848 Studiengebühren: 0,– Studiengänge: Hardware-Software-Design, Medientechnik- und Design, Kommunikation / Wissen / Medien, Digital Arts, Interactive Media

DONAU UNIVERSITÄT KREMS NDU FH HAGENBERG

FH ST. PÖLTEN SAE DEUTSCHE POP

FH SALZBURG

DIE GRAPHISCHE

Text Bernadette Krenn BILD FH SALZBURG

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QUALITĂ„T kann man sich leisten*

*Trafikpreis: 5,50 Euro. Im Jahresabo 33 Euro. 11 Ausgaben zum Preis von 6. Infos unter www.datum.at

Monatsmagazin fĂźr Politik und Gesellschaft. 135_054-067_Bildungsspecial_KORR_KORR.indd 65

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NDU

Die New Design University St.Pölten ist umgezogen. Das neue Gebäude ist loftartig gestaltet und bietet so eine neue Herangehensweise für das Zusammenarbeiten, Ideenfinden und gegenseitig Motivieren. Spätestens nach dem Design der bekannten N-ergy Wasserflaschen in Niederösterreich sind die NDU und ihre Studierenden weithin gefragt. —————— Ort: St. Pölten Anzahl Studierende: 311 Studiengebühren: BA: 2.800,–, MA: 3.500,– bis 4.500,– Studiengänge: Grafikdesign & Mediale Gestaltung, Manual & Material Culture, Innenarchitektur & 3D-Gestaltung, Event Engineering, Intellectual Property Rights & Innovation

FH St. Pölten

Die Angewandte

Arts, Arts, Arts. Die Angewandte in Wien hat nicht umsonst einen so guten Ruf. Bei ungefähr zehn Studenten pro Jahrgang lernt man hier von und mit den Profis. Vor allem in der Modeklasse. Dort haben schon Vivienne Westwood, Jil Sander und Karl Lagerfeld unterrichtet. —————— Ort: Wien Anzahl Studierende: 1.722 Studiengebühren: 0,– Studiengänge: Digitale Kunst, Bühnengestaltung, Architektur, Modedesign, Grafik und Werbung

FH Vorarlberg

Die FH Vorarlberg ist die ideale Hochschule, wenn es um die Fachbereiche Technik, Wirtschaft, Mediengestaltung und Sozialarbeit geht. Die Bildungseinrichtung wurde vor knapp fünf Jahren ausgebaut und modernisiert. Wer später Kampfroboter bauen will, studiert hier Mechatronik. Friedfertigere Menschen können anderen das Leben nach einem Intermedia-Studium erleichtern. —————— Ort: Dornbirn Anzahl Studierende: 1.054 Studiengebühren: 0,– Studiengänge: Intermedia, Informatik

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Praxis und Theorie, bestens vereint in der FH St. Pölten. Mit eigenen FH-Medien, wie dem internen Campus-Radio, einem Ausbildungsfernsehen und einem von den Studenten gestalteten und verwalteten Magazin. Labors gehören entsprechend eingerichtet zur Ausstattung. Events entwickeln und durchführen kann man hier ebenfalls lernen. —————— Ort: St. Pölten Anzahl Studierende: 1.871 Studiengebühren: 363,– pro Semester Studiengänge: Medienmanagement, Media- und Kommunikationsberatung, Medientechnik, Digitale Medientechnologien, Media Management

Die Graphische

Die Graphische gibt es schon seit 1888. Bis heute ist sie die einzige Ausbildungsstätte in Österreich im Fachbereich Druck- und Medientechnik. Insgesamt gibt es vier Abteilungen, in denen man studieren kann. Außerdem gibt es viele bekannte Persönlichkeiten, die an der Bildungseinrichtung unterrichtet oder studiert haben. Einer von vielen: Günther Paal. —————— Ort: Wien Anzahl Studierende: 1.400 Studiengebühren: 0,– Studiengänge: Fotografie, Druck- und Medientechnik, Grafikdesign, Multimedia

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Mit insgesamt neun Standorten ist die Deutsche Pop Akademie international vernetzt. In Wien bietet die private Ausbildungsstätte eine praxisnahe Ausbildung in insgesamt acht Fachbereichen an. Dazu zählen Musik, Ton, Management, Kommunikation, Design, Bild, Tanz und Mode. —————— Ort: Wien Anzahl Studierende: — Studiengebühren: ca. 1.200,– pro Kurs Studiengänge: Modedesign, Grafikdesign, Musikproduktion, Social Media Management, Fotografie

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Deutsche Pop Akademie

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Weltweit gibt es das SAE Institute an 56 Standorten und seit 1987 auch in Wien. Der Hauptsitz ist aber in Oxford. Unter dem Namen Studios 301 betreibt das SAE eine eigene Tonstudiokette und bildet Studierende in modernen, perfekt ausgestatteten Studios zu Tontechnikern, GameDesignern oder in Animation aus. —————— Ort: Wien Anzahl Studierende: — Studiengebühren: BA: 6.170,–, SAE-Diploma: 10.630,– Studiengänge: Digital Film and Animation, Web Design and Development, Audio Engineering, Mobile Application Development, Game Development

Donau Universität Krems

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Die Studenten der TU Wien sind vor allem im Hacker- und Informatikbereich weit vorne. Auf diesem Gebiet extrem hoch angesehen, gewinnen die Studenten mit ihren Projekten immer wieder renommierte Preise. Bisher ohne Studiengangsbeschränkung, soll es im Wintersemester 2013 für Informatik nur mehr 420 Plätze geben. —————— Ort: Wien Anzahl Studierende: 26.218 Studiengebühren: — Studiengänge: Architektur, Raumplanung und Raumordnung, Medieninformatik und Visual Computing, Software and Information Engineering, Visual Computing

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Die Donau Uni Krems bietet verschiedenste Studiengänge von Kunst bis Medizin an. In Österreich ist sie eine der Elite-Universitäten und genießt mittlerweile einen sehr guten Ruf. Am Department für Kunst- und Bildwissenschaften ist die Spieleforschung einzigartig in Österreich. Bildungsmanagement stellt einen weiteren wichtigen Schwerpunkt dar. —————— Ort: Krems Anzahl Studierende: 6.912 Studiengebühren: 6.600,– bis 17.000,– Studiengänge: Digital Media Publishing, Crossmedia Design and Developement, Informationsdesign, Marketing und Medienmanagement, Social Media and Global Communication

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Prosa von Nadine Kegele

in ihrem literarischen debüt »annalieder« (czernin) dekliniert nadine kegele in zwölf kurzgeschichten ihre sicht auf alltag und weibliches.

f ra u e n mit blumen ————— Und ich grüße meine Freunde, meine Familie und alle, die mich kennen, hatte sie ins Mikrofon, nämlich gesäuselt, wie man es kannte von Preisverleihungen. Es war Alkohol gewesen, der sie säuseln gemacht hatte, es war Alkohol gewesen, der sie in diesem Moment so tun ließ, als hätte sie tatsächlich jemanden, der sie kennt. Als glaubte sie es selbst, weil sie es in ein Mikro sprach und der Verstärker ihre Stimme nahm und an die Wände warf und der Tusch ein Satzzeichen schien, das untermauerte. Sie trank selten. Auf ihrem Fensterbrett stand neben der Teebutter der Eigenmarke und dem geöffneten Glas Fertigsugo dennoch eine entkorkte Flasche Sekt. Manchmal Champagner. Doch zumeist legten sie es auf einen billigen Rausch an, der ihnen die Hemmung nehmen sollte, alles immer möglichst billig. Und sie trank nicht mit, nie trank sie mit, obwohl sie darum gebeten wurde, doch verschwendete ohnehin kaum einer einen Gedanken daran danach. Und danach leerte sie den Rest, der außen auf dem Fenstersims in die kühle Luft geprickelt war, in den Abguss der Kochnische. Den Schaum, der sich im Metallbecken sammelte, spülte sie mit einem Schuss Wasser aus dem Hahn nach. Freitags trug sie die leeren Flaschen zum Container, und die ausgespülten Sugogläser, für drei Tage reichte eins. Mit den Nudeln kam sie länger aus. Eine gewisse Grundentspanntheit gehörte schon dazu, dachte sie jetzt, wenn er sie ohne zu fragen an der Hand nahm, hinter

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sich her zog zur Bühne und einfach zu singen begann, Dolly Partons Part, ohne Wespentaille, aber mit derselben Lippe. Noch nie in ihrem Leben hatte sie solche Lippen gesehen an einem Mann, es war ihr erstes Mal gewesen. Sie hatte sofort an einen Clownfisch denken müssen und gehofft, er würde genug Luft bekommen auf der Bühne, auf dem Trockenen. Begrifflich streng gefasst waren sie auf der Bühne weniger gestanden, als sie vielmehr geschunkelt hatten miteinander, wie in den Sendungen, in denen Menschen in sanftem Wiegeschritt über saftige Wiesen gehen, wie niemand über Wiesen geht eigentlich. Als er sie mit sich gezogen hatte an der Hand, um zu singen mit ihr, war sie im Begriff gewesen zu gehen, die Scherben vom Boden kehren – sie hatte die Regeln, wie immer bei Neuen, telefonisch bekannt gegeben, dann hatte er trotzdem gefragt, das taten nicht wenige, sie hatte Nein geantwortet, er hatte das nicht akzeptieren können. Und als sie, nachdem er nach ihr gegriffen und sie mit sich gezogen hatte, auf der schummrigen Bühne gestanden war, alte Lieder in ein Mikrofon singend, als singe sie ständig in Mikros, damit sie besser zu hören war, fiel ihr gespannter Körper zu ihrer Überraschung nicht auseinander, sondern war ganz weich geworden im Amüsieren. Dann waren die Bee Gees ertönt aus den Boxen, die am Boden auf ihre Fußsohlen klopften, und der Mund des Clownfischs hatte Barry Gibbs geperlte Zahnreihe freigelegt, frisch getüncht, von einem Schnurrbart überdacht. Sie trug Belag, Kaffee und Rauch. Als sie mit ihm so etwas wie tanzte, hatte sie an den jungen John Travolta denken müssen, dann an den alten und daran, dass der auch

schon schlanker gewesen war. Lag wohl am guten Essen, oder einem lahmen Stoffwechsel. Sie war auf der Bühne gestanden neben diesem Mann, hatte ihn wunderschön gefunden und nur noch Banales denken können. An Schnurrbärte, was sie von Barry Gibb zu Omar Sharif brachte. Oder nicht an Schnurrbärte, was sie von Barry Gibb zu Michael Bolton brachte und von Michael Bolton zu André Rieu. Dabei war ihr Gefühl, als sie sich in die Bar gesetzt hatte, ein vollkommen anderes gewesen. Sie war aus der Wohnung gelaufen und auf einer Bühne gelandet. Und sie war leicht gewesen dabei, als wiege es in ihr drin überhaupt nicht schwer. In der Bar hatte sie noch gedacht, sie würde heute Nacht nach Hause tänzeln, über die Pflastersteine, und, wäre einer locker und stünde heraus aus dem Bodenmuster, darum herum. Die Männer wussten, sie hatte es ihnen im Vorhinein gesagt, dass sie keine Flecken auf dem Leintuch machen sollten. Es hielten sich nicht alle daran. Manchmal fragte sie sich, ob sie es absichtlich taten, damit sie darin schlafen musste und die Männer riechen sollte die ganze Nacht. Wenn sie zur Tür herein kamen, hatten sie Supermarktblumen in Cellophan in der einen Hand und Sekt in der anderen, nur manchmal Champagner. Und sie fragte sich, ob sie mit ihr dasselbe taten wie mit den Ehefrauen zu Hause oder ob sie das taten, was die Ehefrauen zu Hause nicht tun wollten. Zuerst waren sie höflich, als wäre sie ihnen sehr kostbar, doch waren sie nackt und hart, wurde der Handgriff so, als könne sie gar nicht kaputt gehen dabei, und musste sie einem Mann erst helfen, hart zu

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Ad Personam: Nadine Kegele Jahrgang 1980, mag kurze Sätze. Gerne auch unvollständig. Dass mit Aussparungen durchaus der Kern eines Problems getroffen werden kann, hat die gebürtige Vorarlbergerin für sich erkannt. Der Leser ist also angehalten, in den kurzen Texten (zahlreiche Volten inklusive) dran zu bleiben, sonst verliert er im überbordenden Sprachgewusel schnell einmal den Faden. Als Belohnung gibt es dezidiert gegen den Mainstream gebürstete Kurzprosa. Kegeles Sprachzugang würdigte auch das Deutsche Literaturinstitut Leipzig, das der 33-Jährigen, die gerade ihr Studium der Germanistik, Theaterwissenschaft und Gender Studies abschließt, bereits den nächsten Studienplatz bereithält. www.nadinekegele.net

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werden, fasste er noch fester zu. OEL, sagte das Stadthotel. Der Strom fuhr nicht in sämtliche Lettern, die den Balkon des Hotels beschrifteten. Entweder er hatte seine Lieblingsbuchstaben oder Hunger. Der Zeitungsausträger balancierte eine zu große Kiste auf seinem Fahrrad. Ein Liebespaar, das übrig geblieben war von der Nacht. Und auf der Verkehrsinsel stand eine Schülerlotsin mit blond geflochtenem Zopf und nahm ihren Job sehr ernst. Sie lächelte dem Mädchen zu, doch das Mädchen lachte nicht während der Arbeit. Islands in the stream, that is what we- Hätte er sie nach ihrer Nummer gefragt, sie hätte sie ihm gegeben. Doch er hatte nach ihrem Namen gefragt, und sie hatte ihren Namen gesagt und den seinen wissen wollen. Dann hatte er gesagt, dass sie gut singen könne und sie hatte gewusst, er log. Und was sie sonst mache, was sie sonst so mache, hatte er gefragt. Ich, ich – bin im Verkauf. Sie hatte gehofft, er möge nicht sehen, wie ihr heiß wurde auf den Wangen. Noch kurz zuvor hatte er ihr ans Herz gefasst, nervös pulsiert hatte es mit einem Gefühl von lebendig. Was sie sonst so mache. Ihr Herz hatte sich sofort erinnert, dass es sich tot stellen musste jetzt. In einer Bäckerei, hatte sie weitergemacht, gesagt in welcher, und sie hätten eine Bar, hinzugefügt, für schnelle Kaffees. Vielleicht würde er kommen und einen Kaffee bestellen. Er würde seine Aktentasche abstellen, vielleicht auch seinen Werkzeugkoffer, und würde nach ihr fragen. Der Junge hinter der Theke, der eine Schürze trug und im Gesicht Akne, würde sagen: Blanka? Kenn ich nicht, und hinzufügen, ich arbeite aber noch nicht lange hier. Der Mann würde sagen, aber sie müsste noch immer hier arbeiten, vor ein paar Tagen hat sie noch hier gearbeitet, und das würde den Jungen nun verunsichern, er würde noch einmal überlegen, dann würde er sagen, nein, ich bin mir sicher, eine Blanka arbeitet hier nicht. Der Mann würde mit einem Zug den restlichen Kaffee austrinken, das Geschirr zur Verkaufstheke tragen und die Bäckerei verlassen. Vielleicht würde er einen Strauß Blumen in den Mülleimer stopfen, vielleicht wäre er aber auch gar nicht der Typ dafür. Am Bahnhof blickte der Bahnwärter zur Anzeige hoch und kratzte sich am Kopf. Obdachlose hatten immer an Bahnhöfen zu tun. Der hier stand von Betriebsbeginn bis Betriebsschluss am Gleis, Gleis 2, und rief die Züge aus, indem er unverständlich und schwer atmend wiederholte, was die elektronische Ansage laut und deutlich sagte. Einmal, als sie aus der Stadt hinaus gefahren war und auf seinem Gleis gewartet hatte, dass er ihren Zug ausrufe, war sie zu ihm gegangen und hatte ihn gefragt, warum er das mache. Seine Frisur war ihm ein wenig zu klein gewesen, es hatte ihn am Haaransatz nach hinten gezogen, und sie hatte sofort gewusst, deswegen, deswegen hatte er diesen Beruf gewählt, damit er eine Kappe tragen konnte, die seinen Haaransatz verdeckte. Doch er hatte ihre Hand genommen, und sie war nicht zurück gewichen, und er hatte gesagt, deutlich, sie sei eine Gute, und ihr werde nur Gutes widerfahren. Widerfahren hatte er gesagt, wie in alten Filmen. Und seine Bemerkung hatte sie überrascht. Ihr war es zur Gewohnheit geworden, niedrig von sich zu denken. Dann setzte der Regen ein und war zum ersten Mal in dieser Jahreszeit warm. In ihrer Wohnung bellte der Hund der Nachbarn, der sie nicht mochte, und sie ihn deswegen auch nicht. Sie lehnte mit dem Rücken an der Tür, sank zu Boden, auch weil sich alles drehte. Ihr Blick ging zum Fenster. Wenn sie es öffnete, sah sie weit hinunter auf die Straße. Einmal war ihr versehentlich ein Blumenstock vom Fensterbrett gefallen, um die Höhe abzuschätzen. Womöglich würde der Brustkorb aufplatzen. Auch würden die Rippen entzweigehen. Das Herz würde nach vorne geworfen werden und durch die zerrissenen Hautlappen hinaus fallen auf die Straße. Vielleicht würde es noch schlagen. Es würde ein Auto um die Ecke gefahren kommen, ihr Herz aber gerade noch sehen und abbremsen, doch zu spät, und es kaputtfahren. Wie streunende Hunde, die zu krank waren, um schnell genug zur Seite zu springen. Sie hatte Hunde ohnehin nie gemocht.

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Kolumne Blow-up: Kino mit großer Brennweite von Gunnar Landsgesell

To The Wonder — Deadwood

In der Breite vertiefen Zum nachgebeteten Credo, die Fernsehserie sei das bessere Kino. Teil 1.

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ie Behauptung, Fernsehen bzw. Fernsehserien seien das bessere Kino, hören sich mittlerweile schon ziemlich schal an. Nicht weil sich vor etlichen Jahren damit noch Leadership in Mediendiskursen behaupten ließ und es jetzt eh schon jeder weiß. Sondern weil das Ding an sich – längere (horizontale) Erzählstrecken würden mehr Echtheit und Komplexität schaffen – nur bedingt stimmt. Das tut so, als wäre die menschliche Wahrnehmung eine Frage des Raumangebots. 100 Stunden wären besser als eine. Hochgelobte amerikanische Fernsehserien wie »Homeland« machen aber den Eindruck, dass sie ihren Komplexitätsanspruch vor allem in die Länge ziehen wie einen Strudelteig. Wäre ja dem fundamentalen Fernsehgesetz, das Publikum zu behalten, so lange es nur geht, nicht fremd. Wieso sollten Alan J. Pakulas Paranoiafilm »The Parallax View« (1974) oder John Frankenheimers »The Manchurian Candidate« (1962) nicht weniger komplex, real und virtuos sein?

Mehr Echtzeit Wer meint, dass mehr Erzählzeit auch intellektuell stärker stimuliert, sitzt vielleicht einer anderen lustigen Idee von

Fernsehmachern auf, die Serien über den Echtzeit-Trick verkaufen wollen. Darum scheint es ja irgendwie auch zu gehen: Realität wird dadurch gewonnen, dass Erzählstrukturen an unsere »natürliche« Wahrnehmung angenähert werden. Also kriegen wir auch mehr Wirklichkeit geliefert. Wer an das rumänische Kino denkt, z.B. »Aurora« (2010) von Cristi Puiu oder »4 Monate, 3 Wochen und zwei Tage« (2007) von Christian Mungiu, das auch seit Jahren mit Echtzeit experimentiert, wird merken, dass Film wie ein Zeitfenster funktioniert. Man steigt in eine Erzählung, in das Leben von Menschen ein und folgt ihnen einen Ausschnitt lang. Das Ende des Films bedeutet nicht deren Lebensende. Andernfalls hat Partizipation nicht stattgefunden. Natürlich lässt sich in einer Serie von zehn oder 100 Stunden quantitativ mehr und in immer neuen Episoden erzählen. Aber ist das deshalb besser? Haben wir von einem Prinzip, von einem dramaturgischen Dreh, von einem aufgeworfenen Problem mehr erfahren, weil uns statt einer Eiskugel 100 serviert wurden? Das klingt nach einer zu simplen Rechnung für die menschliche Fähigkeit und Lust, zu abstrahieren. Mit dem im Übrigen wiederentdeckten Credo der »horizontalen« Erzählweise ist nur für den Fernsehsender, aber nicht für den Fernseh-Zuschauer etwas gewonnen. Figuren werden einem nicht deshalb länger in Erinnerung bleiben und begleiten, nur weil sie einem mehr Zeit gestohlen oder länger genervt haben.

Ein Berg namens HBO

»Deadwood« hervorgebracht hat, ist eine Errungenschaft, und zwar vor allem für das Fernsehen selbst. HBO hat in einer flachen Landschaft einen Berg hingeklotzt, dessen Erklimmung sich lohnt. Dass das Kino nachdrückliche und komplexe Erzählungen mit wesentlich geringerem Zeitaufwand erschafft, zeigt sich etwa an den in Kürze anlaufenden Filmen »Winterdieb« der Schweizer Ausnahme-Regisseurin Ursula Maier oder, ein Beispiel aus den USA, Terrence Malicks fundamental angelegtem, impressionistisch erzähltem Entwurf »To The Wonder«. Zweimal wird die Natur menschlicher Beziehungen mit einer außerordentlichen Intensität und Bildgewalt angerissen, fern des Fernsehschematismus, so offen für die eigene Erzählung, für sein Publikum, für die Welt, dass einen das noch lange beschäftigt. So banal es klingt, aber Erzählungen scheinen zumindest ebenso viel mit Vertikalität, mit Höhe und Tiefe, zu tun zu haben als mit Horizontalität, also der Breite. Oder schon einmal versucht, sich horizontal zu versenken?

Gunnar Landsgesell landsgesell@thegap.at

Dass das nordamerikanische Fernsehen Serien wie die bunte Mythenkammer

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8. – 11. MAI 2013

POOLBAR MIT PRATERSAUNA N°4

Festival für Kulturelles von Nischen bis Pop ~ Wien www.poolbar.at

TOMORROW´S WORLD* ~ DJ VADIM ~ WATSKY ~ MOUNT KIMBIE live ~ DUMBFOUNDEAD

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MR. DERO & KLUMZY TUNG

*a joint venture between London-based singer and musician Lou Hayter New Young Pony Club & Jean Benoit Dunckel of the French band AIR

Floors hosted by Strom.Club ~ Bebop Rodeo ~ Afromullets Crew ~ Freakwave ~ Landjäger ~ Tonstube u.v.a. Red Bull Brandwagen: KIN ~ ABBY ~ MORE EATS ~ LINKSMODERN u.a. Außerdem: Open Air-DJs in der DJ-Kanzel der Wiener Linien ~ poolbar Architektur ~ poolbar style Präsentation ~ Poetry Slam ~ Brunch mit Badehose ~ Ticketliteratur ~ Kunstprojekt ~ free poolbar Lindy Hop Night & KochKollektiv Liechtenstein ~ Visuals: Paranormal Unicorn

UND IM SOMMER:

POOLBAR FESTIVAL IN FELDKIRCH ALTES HALLENBAD

www.kaleido.cc

3. JULI − 15. AUG 2013

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AB HIER: REZENS ONEN

135 Francis International Airport Cache (Siluh)

Kater vom Indiepop

BILD Gebhart de Koekkoek

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Der gut gelaunte Francis ist erwachsen geworden und hat dabei viel Synthpop, Kraut und Psychedelia konsumiert. Mit mutigem Tellerrandland-Pop feiert man die Elektrifizierung der Gitarrenband mit. Wie ist das eigentlich mit gutem Indie-Pop im Jahr 2013? Entweder er fährt die ewig gleiche Schiene weiter, wie sie im Jahr 2001 unzählige britische »The«-Bands eingeschlagen haben, oder er modernisiert sich und liebäugelt mit anderen Stilen und Einflüssen. »Cache« ist ein Parade­ beispiel eines Albums, das sich dem Elektrifizismus verschrieben hat. Das gelingt dem Quintett mit 80er-Avancen, programmierten Drum-Beats, flirrender Elektronik und flächigen Keyboardklängen großteils, nur schwimmt dieser Sound auf der international präsenten Hype-Retro-Welle mit. In einer Zeit, wo Daughter, Esben And The Witch oder Depeche Mode die steilsten Wellenreiter im Pool sind, besteht die Gefahr, einfach so unterzugehen. Ist das denn schlimm, sich so anzupassen? Nicht wirklich, denn zumindest war atmosphärischer Shoegaze gepaart mit dezenter Beat-Maschinerie noch nie erfolgreicher. Man denke an The XX, James Blake, Austra oder Melody Echo Chamber. Francis kann das auch und dafür elektrifizieren sie sich. Passend zu dieser musikalischen Wende ist die Stimmung, die diese elf Songs trägt: Mysteriös, dramatisch, trocken, geisterhaft, ja sogar beklemmend. Das ist neu: Der Vorgänger »Into The Woods« war ein durchwegs optimistisches Album: Stakkato-Riffs, Pop-Refrains, Fotoautomaten-Streifen auf der Wäscheleine und dazu ein einziges Versprechen: »The Worst Is Over«. »Cache« ist wie der Kater danach geworden. Gegrübelt wird darüber, wie eine Gitarrenband im Jahr 2013 noch spannend und neu klingen kann – mit altem Instrumentarium, aber großzügigem Blick über den Tellerrand, mit magischer Atmosphäre und gut arrangiertem Minimalismus. Detailverliebt und introvertiert flüstert man traditionellem Indie-Pop etwas zu: So zeitlos und unbeschwert zu klingen, als würde man irgendwo im Universum schweben. Dass das die internationale Popszene oft zu hören bekommt, stört nicht. Francis flüstert irgendwie anders. 07/10 Franziska Tschinderle 073

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Major Lazer Free The Universe (Mad Decent)

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Deerhunter Monomania (4AD)

Weltmusik fürs Stadion

Was ist Musik?

Diplo und sein Partner Switch haben Spaß dabei, Dancehall mit EDM zu vermischen. Dass sie sich dabei keine Sekunde ernst nehmen, rettet die Platte über einige Tiefs hinweg.

Eine tolle, irre, verwirrende Platte über Musik selbst, ihre Möglichkeiten, ihre Geschichte, ihre losen Enden. Genauer, Alternative Rock.

Man kann Diplo ja wirklich einiges vorwerfen. Sein ewiges Sunnyboy-Image, seinen Hang zum Geböllere, die lächerliche »Express Yourself«-Bewegung, bei der es im Grunde nur darum ging, dass Frauen bei Konzerten ihre Ärsche in die Höhe recken. Ein Vorwurf läuft aber völlig ins Leere: Anders als andere Produzenten, die Weltmusik in elektronische Musik einfließen lassen, ist Diplo dabei nie peinlich oder fake. Das liegt nicht daran, dass er seine Vorbilder besonders intensiv studiert oder mehr reist als andere, sondern einfach daran, dass er von vornherein auf jegliche Authentizität verzichtet. Wer hören will, warum die verschworene, im Grunde stockkonservative Dancehall-Gemeinde Major Lazers Musik ablehnt, sollte sich »Free The Universe« anhören. Diplo und sein Partner Switch bewegen sich darauf stets an der Kante des guten Geschmacks und tanzen teilweise Niveaulimbo, nur um danach jubelnd wieder hochzukommen. Vieles hier ist – wie so oft bei Diplo – im Grunde Stadion-Dancehall: Weltmusik für diejenigen, die am Goa vor allem die Hippie-Einstellung nervt. Die Referenzen liegen dabei auch durchaus fernab Jamaicas: »Scare Me« basiert auf dem stark verfremdeten Thema von Eurythmics’ »Sweet Dreams«. Major Lazers Zweitwerk nervt an vielen Stellen und ist trotzdem keine schlechte Platte. Zum einen rettet sie eine illustre Schar an Gaststars, wobei aber nicht nur sichere Bänke wie Santigold oder Peaches, sondern auch eigentliche No Gos wie Bruno Mars oder Shaggy für gute Momente sorgen. »Free The Universe« ist ein durch und durch buntes Album, das sich zum Glück zu keinem Zeitpunkt ernst nimmt. Auch das Gespiele mit Jah und anderem jamaikanischem Krimskrams ist mehr aus einer humoristischen Perspektive zu sehen. Major Lazer bleiben – musikalisch wie stilistisch – immer Touristen, sind sich dessen aber bewusst. Das macht sie angenehm unprätentiös. Gut zu sehen war das auch in der Snoop Lion-Doku: Dieser maßte sich an, Jamaica als Außenstehender im Schnelldurchgang verstehen zu können. Switch und Diplo hingegen bauten etwas, das nach Reggae klang, kifften und hatten eine gute Zeit. Im Grunde fasst das auch »Free The Universe« ganz gut zusammen. 06/10 Jonas Vogt

Aufs Erste riecht es nach Urin, nach feuchter Kälte und billigen Teppichen, in denen schon unzählige Male Bier und Whisky aufgetrocknet ist. Nächtlichen Garagenrock nennt Chef-Songschreiber Bradford Cox diese neue Note in Deerhunters Sound. So klingen Deerhunter jetzt etwas krachiger und ungehobelter, quengeliger. Was aber andere Bands machen, um sich aus einer Sackgasse freizukämpfen, indem sie sich von Zeiten, Orten und ihrem Sound inspirieren lassen, das machen Deerhunter, weil sie es können. So, als würde es zum Konzept gehören, mit jedem Album auf immer neue Facetten derselben Sache zu fokussieren, ihre Hommage an das große amerikanische Songbuch nämlich. Mit ihrem sechsten Album wirken Deerhunter, als würden sie sich vor allem mit anderen Bands über Fernschaltung austauschen, darüber, was hätte sein können und was noch möglich ist, wenn die Röhrenverstärker leise brummen, wenn das Echo kurz zurückschnappt, wenn die analoge Verzerrung einsetzt. Pavement, Strokes, Nirvana, R.E.M., Lou Reed – dazwischen und daneben setzen Deerhunter ihre Songs, die Cox wie besessen schreibt, oder deren unveröffentlichte Splitter er einfach mal in Gigabytes ins Netz stellt. In Interviews sagt Cox, dass er asexuell ist, kein soziales Leben hat, nur Musik. Und die, scheint’s, ist dazu da, um all diese wüst klingenden Pillen zu kosten und immer wieder neue anzumischen. »Monomania« ist sicher kein gutes Weihnachtsgeschenk für Mama und auch keine wilde Punkrock-Party. Eher sollte man einen an der Waffel haben. Oder sich darüber freuen können, wenn Songs »Leather Jacket II« heißen, wenn aus fast kindischem Maschinenlärm ein Refrainmonster steigt, wenn 20 Sekunden lang ein Motorrad röhrt. »Monomania« ist voll von solchen Momenten, da spricht jemand nicht einfach nur eine Sprache, er meistert sie und spielt damit. Und damit – man sagt es ungern vorschnell – ist der Korpus von Cox’ Songs mit Deerhunter und Atlas Sound über die Jahre selbst zu einem der ergiebigsten Trümmerhaufen der US-Rockmusik geworden. Um sich davon zu überzeugen, muss man nicht bei »Monomania« einsteigen, aber es hilft. 08/10 Stefan Niederwieser

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Anna von Hauswolff Ceremony (City Slang / Universal)

Durch den Rost gefallen

BILD BarENr, robert semmer, Tambla, Deirdre O’Callaghan

Mit dunklen Pfeifen bläst Anna von Hausswolff Lieder von Toten. Es ist immer ein bisschen schade, wenn ein ziemlich hervorragendes Album vom Drumherum erschlagen wird. Aber die Geschichte ist zu gut, um sie nicht gleich am Anfang zu erzählen: Es könnte an einem kleinen Vaterkomplex liegen. Denn Anna von Hauss­wolff ist die Tochter des Künstlers und Komponisten Carl Michael von Hausswolff. Der war bisher nicht nur auf den wichtigsten Kunstausstellungen dieser Welt zu Gast, sondern musste Ende letzten Jahres ein Bild aus einer Ausstellung zurückziehen, weil es mit der Asche gemalt war, die er zuvor in einem polnischen Nazi-Vernichtungslager gesammelt hatte. Das schwedische Simon Wiesenthal-Zentrum nannte es abscheulich und schändlich. Einen Monat später zieht die Tochter für ein Fotoshooting ein Burzum-T-Shirt an – und Burzum-T-Shirts würde man ja bekanntlich niemals guten Gewissens irgendwo in Israel anziehen. Denn BurzumSänger Varg Vikernes ist außer ein verurteilter Mörder auch noch bekennender Rassist, Kirchenanzünder und Antisemit. Wer könnte sich allerdings vorstellen, dass dieses süß lächelnde Mädchen hier ihren Vater mit dem Foto weiter in die Scheiße reiten wollte? Wer würde ihr andererseits so ein Album zutrauen? »Ceremony« wurde erstmals bereits vor ihrem Burzum-Gate veröffentlicht. Darauf blasen einem Totenlieder und Vergänglichkeit in allen Orgelregistern um die Ohren. In fast jedem Song greift die Schwedin auf die dunklen Pfeifen zurück, aber sie werden nie zum Selbstzweck. Sie lässt sie manchmal im Hintergrund verschwinden hinter dem Grummeln von Trommeln oder verhallten Gitarren, wenn es der Song verlangt. Meistens aber prägt die Orgel den kolossalen Klang des Albums, aber sie erdrückt es nicht. Anna von Hausswolff wurde früher schon mit Kate Bush, Joanna Newsom oder Soap & Skin verglichen. Wie diese schafft sie mit ihrem Album, das nun über die größeren Labels City Slang und Universal mit neuem Anlauf noch einmal nach Mitteleuropa kommt, etwas sehr Seltenes. So hat man das noch nie gehört. Wuchtigen, ja abstoßenden Existenzialismus, manchmal langatmig, manchmal zu ätherisch, manchmal geschmacklos, aber oft überwältigend. Das möchte man auch live erleben. Notfalls mit Anna von Hausswolff im Burzum-T-Shirt. 07/10 Stefan Niederwieser

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The National Trouble Will Find Me (4AD)

And oh, a new album. – 24.404 Likes The National tauchen wieder ab in die erdrückenden, schwarz-blauen Untiefen der Selbstläuterung und fördern von Morast befreite, schimmernde Songperlen zu Tage. Blitzschnelle Albumankündigen liegen anscheinend im Trend: The National verlautbarten am 25. Februar zuerst einige Tourdates via Facebook (836 Likes) um dann im Anschluß, in einem Nebensatz eines der am sehnlichsten erwarteten Alben des Jahres anzukündigen: »Oh and also, thought you might like to know that we’ll be putting out a new album in May« (24.404 Likes!). Kaum eine Sprosse der Erfolgsleiter Rock’n’Roll wurde von The National ausgelassen. Seien es nun Gigs in Brooklyn, bei denen die Zuhörerschaft lediglich aus dem bärtigen Barpersonal bestand, monatelangen Touren durch Europa wo in grindigen Hinterzimmern auf dem Boden geschlafen wurde oder das mehrmalige Ausverkaufen des Bowery Ballrooms in New York. Erst acht Jahre und drei Alben nach Gründung der Band, kündigten die Mitglieder nach und nach ihre gut-bezahlten White-Collar-Day-Jobs. Irgendwann 2007 folgte dann mit dem ungeheuren Konsenswerk »Boxer«, auf das sich alle einigen konnten, sei es das Indie-Trend-Barometer Pitchfork, der Rolling Stone oder Allmusic. Ihre Songs ziehen einen hinein, entwickeln einen dunklen Sog. The National ist sozusagen die Antithese, nicht nur zu Format-RadioBands, sondern zum Prinzip hyperventilierender Singles. Auf »Trouble Will Find Me« versetzen The National wieder zarte Streicher, perfekt akzentuierte Pianoparts und imposante Bläser in ihre kompositorisch höchst anmutigen Songsfresken. Die etwas paradox erscheinenden Äußerungen der Band, die neuen Songs seien musikalisch sowohl die komplexesten als auch menschlichsten, unmittelbarsten, erweisen sich als absolut berechtigt. Auch die Texte folgen diesem Schema: Für seine Verhältnisse strotzen sie nur so von Direktheit (»I Need My Girl«) und Greifbarkeit (»All the LA women / fall asleep while swimming«). The National präsentieren 13 pedantisch erarbeitete SongAlgorithmen, die lediglich Aufmerksamkeit fordern um zu treuen Wegbegleitern zu werden, die wie ein guter Freund helfen sich im Alltag ein wenig besser zu Recht zu finden. Dass Musik so etwas noch kann! 08/10 Christoph Kranebitter 075

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When Saints Go Machine Infinity Pool (!K7)

Heilig, heilig Ein unendlich weites Becken voller Ideen und When Saints Go Machine ertrinken beinahe darin. Es wäre zu tragisch. Freuen wir uns lieber auf das Wiedersehen. Nikolaj, Jonas, Simon und Silas haben sich mit ihrem Debüt-Album »Konkylie« zum Geheimtipp hochgespielt. Der ein oder andere Hit hat sich bereits darauf herumgeschlichen und vielleicht hat man schon unbewusst zu »Fail Forever« von der gleichnamigen EP in ein paar undergroundigen Clubs getanzt. Der Zweitling »Infinity Pool« macht dort weiter, wo die vier Dänen nie aufgehört haben. Oft nicht ganz leichte, aber immer abwechslungs­ reiche Elektronik gesellt sich zu einer zerbrechlichen Stimme der Marke Antony Hegarty. Diese Mischung kann gewöhnungsbedürftig sein. Vor allem der Stimme wegen. Obwohl die Musik oft mit eingängigen Melodien aufwartet, ist es doch dieser weinende Gesang, der irritieren kann. Wer denkt, er kenne die Band, wird wohl auch das Unerwartbare erwarten, denn wie es sich gehört, setzt sich bereits der Opener »Love And Respect« von der restlichen Platte ab. Rapper Killer Mike übernimmt hier die Hauptrolle und Sänger Nikolaj Vonsild tritt als Gast in seiner eigenen Band auf. Abgesehen von diesem kleinen Ausreißer zum GenreFreund HipHop (die Genrebezeichnungen sind übrigens sehr vage zu verstehen), bleibt die Platte recht beständig in ihrer Unbeständigkeit. Mal wird fast ausschließlich auf den Refrain gesetzt, mal geht es um die Texte. Hier liegt auch der große Schwachpunkt von »Infinity Pool«. Sänger Nikolaj scheint seinen Texten die größte Rolle zuzuschreiben. Oft auch zu Lasten der Rhythmik. »Degeneration« bleibt die ganzen 4:27 Minuten unbefriedigend höhepunktlos. Da drückt man lieber die Skip-Taste und verweilt bei Krachern wie »System Of Unlimited Love« oder »Mannequin«, die eine gute Balance zwischen den beiden Polen gefunden haben. Rückblickend ist man nach dem Hören etwas ratlos. Man weiß nicht so recht, was man jetzt gehört hat und ob Pop so klingen sollte. Also hört man noch einmal rein. Und noch einmal. Bis man es versteht und schließlich ins Herz schließt. When Saints Go Machine lehren uns, dass es sich auszahlt, antizyklisch zu handeln. 07/10 Benjamin Agostini

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Mount Kimbie Cold Spring Fault Less Youth (Warp Records)

Klippenspringen vom Mount Kimbie Nach einem Überalbum sind Mount Kimbie von der Klippe der Redundanzgefahr hinunter ins Wasser gehüpft und haben sich aus der Gischt selbst neu erfunden. Mit Dubstep und seinen Post- und Post-Post-Modulationen hat Mount Kimbies neue Platte nicht mehr viel zu tun. Getrost darf man also Dubstep hassen und trotzdem Mount Kimbie hören. An deren Overachiever-Hymne »Made To Stray« kommt in diesem Sommer keiner vorbei – vielleicht war das einer der Gründe, warum die Briten Dominic Maker und Kai Campos den Song schon vor Albumveröffentlichung gratis im Netz verteilt haben. Ein astreiner Hit – wer ihm das absprechen will, sollte sich gute Argumente zurechtlegen, um nicht von seiner Hymnenhaftigkeit erschlagen zu werden. Der Song ist ein einziges großes Crescendo, baut unaufhaltsam auf, bis die Vocals einkicken, die – wie leider öfters auf »Cold Spring Fault Less Youth« – viel zu sparsam eingesetzt sind. Sie singen, aber das Songwriting von Mount Kimbie auf dem zweiten Longplayer nach »Crooks And Lovers« (2009) sieht den Gesang doch nur als ebenbürtig zu den anderen Instrumenten und Sounds, von denen diesmal viele akustisch sind. Mount Kimbie machen auf dem neuen Album alles richtig, vor allem machen sie: Songs. Kleine Popmomente schaffen große Herzstillstände. Diesmal werden Clicks und Cuts viel sparsamer eingesetzt. Zwischen Folkorgeln und Ambientwäldern prescht auf zwei Songs auch ein Gastsänger: King Krule 19-jähriger Rotzbub aus UK, ein Freund des House of Kimbie, der Ende letzten Jahres in der Sounds of 2013-Hitliste der BBC als das nächste große Ding aufgekocht wurde. Leider köcheln die zwei Songs feat. Krule im Verhältnis zum sehr starken Rest eher auf Sparflamme. Ein Song überrascht: »Sullen Ground«, ein klarer Underdog auf der Platte. Anders als die versöhnliche Grundstimmung des Albums präsentiert sich hier eine erfreulich depressive, schleppende Laidback-Nummer mit dem Gewicht der Welt auf ihren Schultern. Synth­flächen werden mit dem Blasebalg aufpumpt und gleich wieder mit dem Nagel zerstochen. Mount Kimbie überzeugen mit einem nonlinearen Album. »Cold Spring Fault Less Youth« ist ein Manifest dafür, dass sie 2013 noch wichtig sind für jene Musik formerly known as Dubstep. 08/10 Martin Riedl

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UND UND UND DAFÜR DAFÜR UND DAFÜR GIBT’S GIBT’S DAFÜR EIN // PU GIBT’S EIN // PU GIBT’S BLIK EIN // PU BLIK EIN // PU UM? BLIK

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UM? BLIK UM? UM?

the gap verlost 2 mal 2 Karten für “m2m” von trajal harrell (Us) am 21.07.2013 Um 19:00 Uhr im odeon theater, wien

BILD Thomas Skou, Chris Rhodes, Robbie AUGspurger

Das Debütalbum des Duos Wampire stöbert im Keller nach der Schrammel-Gitarre und freundlichem Orgel-Pop. Lo-Fi- und Spaß-Filter bis zum Anschlag. Bei Wampire ist alles immer ein bisschen lustig gemeint. Wir haben es hier mit einer Band zu tun, die anscheinend glaubt, alles was sie tut, anfasst und ist, in Anführungszeichen setzen zu müssen. Der Bandname – ein Schenkelklopfer. Er bezieht sich auf die Zeit, die Eric Phipps, die eine Hälfte des Duos aus Portland, Oregon, als Austauschstudent in Deutschland verbrachte und dort einige seiner Goth-Freunde gerne und ausgiebig über Vampire redeten – bekanntlich können sich Menschen mit Muttersprache Deutsch im Englischen bei der Unterscheidung von »V« und »W« schwertun. »Curiosity«, das Debütalbum von Wampire, ziert nun eine Fotografie von Phipps und seinem Partner Rocky Tinder beim komisch Dreinschauen, die direkt von einem diesem Blogs für besonders missglückte Familien- oder Jahrbuchfotos gezogen sein könnte. Ist aber mit Absicht so. Mit Absicht! Dazu ist das Bild chillwave-mäßig in aufdringlich »geschmack­losen« Pastelltönen überzeichnet. Jetzt weiß man vielleicht auch schon, wie Wampire klingen. Phipps und Tinder poltern sich in gerade mal 32 Minuten durch ein Songarsenal, das immer ziemlich ausdrücklich »Lo-Fi« sagt und grell mit dem Scheinwerfer der Ironie ausgeleuchtet wird. Im weitesten Sinne gilt es hier jene Musik zu erleben, die früher einmal »Indie« geheißen wurde: Schrammel-Pop aus der Garage, höflicher und ganz lieber Bierdosen-Punk, besoffene Walzer vom Zeltfest für die In-Crowd. Surfgitarren und Anklänge an Cramps-haften Psychobilly, Synthesizer-Balladen, psychedelische Orgelexkursionen und teilweise Aneignungen von 80er-Jahre-Mainstream-Kuschelrock. Dabei glücken Wampire immer wieder richtig gute Stücke – oder Momente –, die sich auch auf Platten von Recyclern wie den Strokes, MGMT oder Ariel Pink nicht schlecht machen würden. Leider geht immer wieder der Jux mit Wampire durch: Man wird das Gefühl nicht los, dass hier eine Band alles aus humoristischer Distanz beobachten muss und der eigenen Kunst nicht ganz traut. So etwas ist dann doch ermüdend. 05/10 Philipp L’heritier

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Wampire Curiosity (Polyvinyl)

Komisch Dreinschauen

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01/10 grottig 02/10 schlecht 03/10 naja 04/10 ok, passt eh 05/10 guter Durchschnitt 06/10 sehr gut 07/10 super 08/10 ein Top-Album des Jahres, Genre-Klassiker 09/10 absolutes Meisterwerk

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Baths Obsidian (Anticon) — Baths bringen den Sampler und das Meeres­rauschen in den Keller. Übrig bleibt kühler Atari-Ambient-Pop, wie man ihn von Dntel und Notwist kennt, aufregender kennt. 05/10 Stefan Niederwieser

Devendra Banhart Mala (Nonesuch Records) — »Eines Tages könnten wir unsere Löcher wieder stopfen«, singt Devendra Banhart auf seinem ersten Album nach längerer Pause, lässt in der Mid-Fi-Produktion aber trotzdem viel Luft. 07/10

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Big Deal June Gloom (Mute) — Liebe schmeckt in Noise, Pop und Rock getunkt doch am besten. Big Deal haben die Verzerrer entdeckt. 08/10 Stefan Niederwieser

Bionic Babies Defining Colours (Crater 8) — Fünf Jahre nach dem Debüt veröffentlichen die Roboter-Kids aus Kärnten einen Nachfolger, der Alter­ native Rock ein bisschen zu vorhersehbar nachspielt.

The Black Dog Tranklements (Dust Science Records) — Sheffield ist die Heimatstadt eines umtriebigen und unheimlich produktiven Produzententrios: The Black Dog. 07/10 Konrad Kippe

05/10 Nicole Schöndorfer

David Mochida Krispel

Joan And The Sailors Home Storm (Little Jig) — Nach der Ruhe kommt der Sturm: Die Schweizer segeln über den Folk-Horizont hinaus in unruhige Goth- und NoiseGewässer. Das klappt, wird aber schnell zur Odyssee.

Junip Junip (City Slang / Universal) — Kein Krach, nur Gelassenheit. Kuscheln und Nachdenken erwünscht. Ein Zweitling, der sich unterbewusst einschleicht und dort festsetzt, wo es egal ist.07/10

Just Friends And Lovers What, Colour? (Fettkakao / Trost) — Der nächste Drink aus dem Fettkakao-Laden: Ein Lo-FiPop-Grrrl-Trio mit Anleihen beim 70s-(Psychedelic-) Punk der Slits oder Raincoats. Sympathisch! 06/10

06/10 Franziska Tschinderle

Benjamin Agostini

Werner Schröttner

Parov Stelar Trio The Invisible Girl (Etage Noir) — 1920er Swing, moderner Jazz und treibende Beats, dazu viel Saxofon, eingängige Vocals und schwarze Hemden – die Erfolgsformel ist dieselbe geblieben. 07/10

Pilipenko Ist Das Alles Hier? (Silberspiel) — Die Wiener Band Pilipenko verirrt sich im Labyrinth der Pseudointelektualität und produziert eine Kakophonie auf Albumlänge.

Primal Scream More Light (First International) — Was ist denn das? Eine wiederentdeckte Single der Rolling Stones? Nein, Primal Scream sind nur gut gelaunt und führen Manchester Rave heim in Northern Soul. 07/10

01/10 Christoph Kranebitter

Jakob Bouchal

The Knife Shaking The Habitual (Rabid Records) — Das ist nicht länger der süß-bunte Soundtrack für verträumte Indie-Filme, sondern der Soundtrack zu zerfledderten Riot-Grrrl-Fanzines. 07/10

06/10 Stefan Niederwieser

Treetop Flyers The Mountain Moves (Loose Music) — Die Wahllondoner schaben die vergilbte Patina von der Country-Soul-Fassade und versuchen sich mithilfe von in Sonnenstrahlen getränkten, erdigen Melodiefarben an einer Restauration. 07/10

Owl Vision Dystopia (Comorbid) — »Dystopia« ist zwar nicht mehr so radikal wie »Zybersect« und lockt dennoch mit hartem, EDMfreien, Geballer den letzten Untoten heraus – ZombieRave 2.0! 07/10 Kevin Reiterer

06/10 Martin RiedL

Sandra Bernhofer

PVGVN Black (Moun10) — Der Franzose liefert eine unspektakuläre, aber gute Debüt-EP mit Witch House der etwas härteren Gangart. 20 Minuten, die man nicht bereut. 06/10 Jonas Vogt

She & Him Volume 3 (Domino) — She & Him zitieren nach wie vor würdig und gekonnt aus US-Nostalgia und 50er-Jahre-Pop, als hätten sich Supremes und Nancy Sinatra über die Jahrtausendwende geschlichen. 06/10 Franziska Tschinderle

Gerald C. Stocker

Marques Toliver Land Of CanAan (Cooperative) — Ein Mann und seine Violine spielen Soul, den, der richtig weh tut. Die Song-Prothesen sitzen noch nicht, aber die Single »Control« hilft über das dumpfe Stechen hinweg.

Locust You’ll Be Safe Forever (Editions Mego) — Mark van Hoen und Louis Sherman sind Locust. Nicht The, bloß Locust; nicht immer, nicht überall, aber jetzt und hier.

Various Artists Kitsuné America Vol. 2 (Kitsuné) — Kitsuné ist nicht Frankreichs Antwort auf das Wiederaufkommen von Disco und 80er-New-Wave-Styles, sondern vielmehr einer der Ausgangspunkte dieser Bewegung. 06/10 Konrad Kippe

The Virgins Strike Gently (Cult / Alive) — Nach fünf Jahren Abstinenz rotieren die Rich-Kids erneut im Spiegelkabinett des Narzissmus um die Gravitationspunkte Selbstzerstörung und Selbstmitleid. 07/10 Christoph Kranebitter

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Crystal Fighters Cave Rave (Zirkulo / PIAS) — Die Crystal Fighters gehen jetzt zum Raven in den Keller: Traditio­ nelle baskische Musik trifft auf Folk und dezente Elektronik. Getanzt wird wie eh und je.

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Dear Reader Rivonia (City Slang) — Politisch, persönlich, poetisch: Süd­ afrikanische Geschichts­ bewältigung trifft Schönklang. 08/10 Michael Huber

07/10 Franziska Tschinderle

Iggy & The Stooges Ready To Die (Fat Possum Records) — Mit 66 Jahren hat Iggy Spaß daran, mit den Stooges zehn Songs lang ungehobelt zu rocken, als wäre er noch ein junger wilder Hund. Wunderbar! 07/10 Rainer Krispel CD/LP/DL

Minilogue Blomma (Cocoon Recordings) — Zwei Schweden, zwei CDs und 145 Minuten Zeit für Minimal vs. Ambient bzw. Club vs. Entspannungsbad. »Blomma« ist Konzeptalbum, Experiment und Autoren-Electronica zugleich. 06/10 Kevin Reiterer

My Name Is Music Super Acceleration (Las Vegas) — Das österreichische Duo vermischt funkigen Rock und düstere Elektronik zu einer Soundmischung, die Glas, aber auch Nerven zerschneiden kann.

Colin Stetson New History Warfare Vol. 3: To See More Light (Constellation) — Der King of Zirkularatmung legt mit dem finalen Teil seiner »Warfare«-Trilogie noch eins drauf. Stetson, der, der seine Saxofone nie aus dem Mund nimmt.

The Strokes Comedown Machine (RCA / Sony) — Album Nummer fünf relativiert den Eindruck des desaströsen Vorgängers »Angles«, dass die mit New York City assoziierte Band komplett den Plott verloren hat.

06/10 David Mochida Krispel

07/10 Rainer Krispel

Weiherer A Liad, a Freiheit und a Watschn (Focus) — Dieser bayerische Anarcho-Liedermacher bohrt dort, wo es weh tut und kritisiert alles, was ihm auf seinem Weg unangenehm begegnet.

Andrew Wyatt Descender (Cooperative) — Der Sänger von Miike Snow komponiert auf den Spuren von Scott Walker – dem ganzen frühen – und Elvis Costello, denen symphonischer Pathos bereits ähnlich gut stand. 06/10

05/10 Gerald C. Stocker

05/10 Gerald C. Stocker

Neo Rodeo Mein junges sorgloses Herz (Tapete) — Die Freiburger Band serviert SpaghettiWestern, Indie-Schlager plus poppiges Süppchen zwischen Tür und Angel. Zurück bleibt solider Deutschpop und Hunger auf Fink. 05/10 Franziska Tschinderle

Stefan Niederwieser

Telekinesis Dormarion (Morr) — Druckvoller Rumpel-Rock, der aus einem Referenz-Pool Lo-Fi- bis Shoegaze-Musiken fischt und damit den Grunge-Sound der ersten beiden Alben würzt. 07/10 Sandra Bernhofer

Young Galaxy Ultramarine (Paper Bag) — Young Galaxy singen simple Melodien und Texte, die anderen peinlich wären. Auf eigentümlichen Grooves verwandelt sich ihr Indiedisco-Kitsch erstaunlich oft zu Glasperlen, die Momente festhalten können. 07/10 Stefan Niederwieser

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R ez Der Tag wird kommen von Benoît Delépine und Gustave de Kervern; mit Benoît Poelvoorde, Albert Dupontel, Brigitte Fontaine, Areski Belkacem — 2012 erliegt auch Frankreich der Wirtschaftskrise und wir erinnern uns ansatzweise an die witzigen Mahnungen im Kino des Jacques Tati. In der aktuellen Zusammenarbeit von Benoît Delépine und Gustave de Kervern wird vom perfekten Leben als Punk geträumt, während die Warenwelt ihr lächerliches Gesicht aufsetzt. Not ist obdachloser Vorstadtpunk mittleren Alters und Schlendrian aus Überzeugung. Sein Bruder scheitert an der Tristesse seines Jobs als Matratzenverkäufer, bis er nach der Kündigung ebenfalls zum Punk wird. Ihre Eltern betreiben ein nicht minder albern wirkendes Raststättenrestaurant. Vor der Kulisse vorstädtischer Großkaufhäuser wird der Ausstieg aus dem kapitalistischen Alltag durchgespielt. Dank der hervorragenden Hauptdarsteller Albert Dupontel und Benoît Poelvoorde endet das mit einem grotesken, charmanten Aufstoßen. »Le grand soir« spielt mit Ausstiegsfantasien und setzt ein kleines Zeichen absurder Komik – scheut großteils aber doch die Anarchie. 07/10 Klaus Buchholz

No von Pablo Larraín, mit Gael García Bernal, Alfredo Castro, Luis Gnecco — 1988, Chile. In einem historischen Referendum frägt Pinochet sein Volk nach Legitimierung. »Si« zu weiteren acht Jahren Diktatur, oder »No«, um diese abzuschaffen. Der Werber René Saavedra (García Bernal) – ein apolitisch-apathischer Anfangs-30er – leitet die AntiPinochet-Kampagne. Täglich füllt er 15 Minuten im Staatsfunk mit glücklichen Chilenengesichtern. 15 Minuten Meinungsfreiheit – ein Zugeständnis von »Pin-8« an die Opposition. Pablo Larraín zeigt seine Version des Umbruchs, in dem der böse Autokrat mit Flower-Power und Regenbogen-Logo in einer Werbeschlacht aus dem Thron gehoben wird. Nach mehr als 15 Jahren Schweigespirale und blutrünstiger Diktatur hätte man hier mit etwas differenzierter ausfallenden Strategien gerechnet. In Chile sind die Meinungen zum Film gespalten: Genaro Arriagada, der die originale No-Kampagne leitete, sieht laut NYT im Film eine Übersimpli­ fizierung fern der Realität. Umso realer die Bilder: Gedreht wurde mit Umatic-Kameras in 4:3, verwaschenes Archivmaterial wird als Spielfilm verbraten und umgekehrt. Auch daran muss man sich erst mal gewöhnen. 05/10 Martin Riedl To The Wonder von Terrence Malick; mit Ben Affleck, Rachel McAdams, Javier Bardem, Olga Kurylenko — Und irgendwann stehen wir mit Ben Affleck und Rachel McAdams unter einer Horde Büffel, irgendwo in einer US-amerikanischen Prärie. Zwischen all diesen unzähligen abstrahierenden Sequenzen groß nach Gründen oder Zeiteinheiten zu fragen, wird bei »To The Wonder« ohnehin bald hinfällig. Terrence Malick pflügt in ausladenden Bilderfluten um das pure Leben herum, auf der Suche nach wahrer Liebe und reiner Religion. Javier Bardem haucht Glaubensfragen aus dem Off, Olga Kurylenko räkelt sich in alle Himmelsrichtungen – ebenso verhalten sich die Kameras. Apropos Verschwendung: Auf ein Ziel läuft dieses von klassischer Musik getragene, furchtbar gediegene Epos, bei dem nebenher noch halb Sub­ urbia abgebildet werden soll, übrigens nicht hinaus. Selbstverständlich ist formal alles schön anzuschauen und die Montage meisterhaft. Schrecklich langweilig ist dieses flache, idyllische Taumeln aber trotzdem. 04/10 Klaus Buchholz

Film

Lore von Cate Shortland; mit Saskia Rosendahl, Kai Malina, Nele Trebs, Ursina Lardi

Wasted German Youth Nach dem Weltkrieg ist vor der Aufarbeitung des Faschismus: »Lore« ist ein packendes Jugend-Drama um einen desillusionierten Teenager anno 1945. Was tun, wenn Papa ein Massenmörder aus Überzeugung und Mama seine Steigbügelhalterin ist? Erwachsen zu werden ist in Zeiten nationalsozialistischer Kriegsherrschaft eine Herausforderung. Es wird auch dann nicht einfacher, wenn dem Terror ein offizielles Ende gesetzt wird. Im Jahr 1945 hinterlässt Nazideutschland neben den Millionen von Opfern eine Gesellschaft der desillusionierten Täter und Mitläufer. Genau hier setzt die australische Regisseurin Cate Shortland ihr Coming-of-Age-Drama »Lore« an. Die titelgebende Hauptfigur ist ein schwer indoktriniertes Mädchen, das vor den ideologischen Trümmern steht, die ihr ihre Eltern hinterlassen haben. Die beiden sind ranghohe Nazipersönlichkeiten, die ihre älteste Tochter mit ihren drei Geschwistern zurücklassen. Sie sollen nun hunderte Kilometer quer durch das aufgelöste Land zu ihrer Oma im Norden flüchten. Auf ihrem Weg begegnen die Nazikinder dem jungen Juden Thomas. Abseits vom Wohlstand und dem ideologischen Korsett wartet auf Lore aber nur eine abscheuliche, misstrauische und tödliche Realität, die mit ihrem Traum vom »Endsieg« nichts gemein hat. Konsequent lehnt sich »Lore« gegen nostalgische Verklärung auf. Von Beginn an bricht der Film mit romantischen Sinnbildern. Einer faschistisch idealisierten Natürlichkeit hält Cate Shortland den Verfall von Mensch und Umwelt entgegen. Gnadenlos exerziert sie das am jugendlichen Körper ihrer Protagonisten durch. Die allgemeine Verlorenheit drückt sich zwar dadurch in einer eigenen, schemenhaften Ästhetik des Schrecklichen aus, wird aber von den verrohten Figuren wieder abgerissen. Im unheimlichen Rascheln der Bäume, in der bannenden Mise-en-scène von Shortland warten nur zivilisatorische Abgründe. Saskia Rosendahl spielt den von Lügen zerfressenen Teenager atemberaubend gut. Genauso begeistert Ursina Lardi (»Das weiße Band«) als verzweifelte, dem Regime treue Mutter. Sie verkommt zum geschundenen Leib, welcher der eigenen Tochter nur mehr Ernüchterung und Gewalt vermitteln kann, nachdem die Fassaden einstürzen. Die Kinder müssen in den Trümmern laufen lernen und werden unmittelbar mit der eigenen Mittäterschaft konfrontiert. »Lore« verheddert sich dabei aber nicht in Schuldfragen. Die Regisseurin konzentriert sich auf die verhinderte Selbstfindung einer Pubertierenden mit gewöhnlichen menschlichen Bedürfnissen. So schafft sie einen außergewöhnlichen, Unruhe stiftenden Jugendfilm, der bis zum Finale nicht in großen Gesten verharren will. 09/10 Klaus Buchholz

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Film

Stoker von Park Chan-wook; mit Mia Wasikowska, Matthew Goode, Nicole Kidman, Dermot Mulroney

Unbekannte Blutsverwandte »Stoker« von Park Chan-wook ist eine meisterlich gruselige Verbeugung vor Alfred Hitchcock. Das englischsprachige Debüt ist ein fabelhafter Thriller, diesmal für die ganze Familie. Der Südkoreaner Park Chan-wook ist ein Regisseur, dem das Kino sichtlich großen Spaß zu machen scheint. Dieses Gefühl hat sich beim Publikum schon vor über zehn Jahren eingestellt, als er mit »Sympathy For Mr. Vengeance« (2002) sein dreiteiliges Werk zum Thema Rache eröffnete. Spätestens bei den zwei anderen Teilen »Oldboy« (2003) und »Sympathy For Lady Vengeance« (2004) war klar, dass nicht nur ein Schalk im Nacken des Drehbuchautors und Regisseurs sitzt. Fantasie, Brutalität, Suspense und Humor verschränken sich bei Park Chan-wook symbiotisch und so erscheint es nur folgerichtig, dass er sich mit seinem neuesten Film nun offiziell vor Altmeister Alfred Hitchcock verbeugt. »Stoker« ist seine erste englischsprachige Kinoproduktion mit internationaler Starbesetzung. Allein wie liebevoll er Nicole Kidman hier aufbrezeln lässt, wird die Fans von Hitchcock und seinen Frauenfiguren begeistern. Dass Matthew Goode in seiner eleganten Figurenzeichnung an Cary Grant erinnert oder besser gesagt eine perfekte Perversion des Hitchcock-Stars verkörpert, ist ein mindestens genauso großes Gustostückchen. Herzstück des Films ist das erwartungsgemäß verwinkelte Skript. Das kommt dieses Mal aber nicht von Chan-wook selbst, sondern von Wentworth Miller (wir erinnern uns kurz an »Prison Break«), der hier ebenfalls debütiert und überzeugt. An diesem entlang entwirft der Regisseur eine düstere Familienfabel in alpträumerischen Bildern und starken Kontrasten, die Kamerarbeit taucht ins Märchenhafte, der Schnitt ist virtuos. Im Zentrum von »Stoker« steht Mia Wasikowska als geheimnisvolle Tochter einer gutbürgerlichen Familie. In deren Villa lebt nur mehr die verbitterte Nicole Kidman, der Vater des Hauses ist auf mysteriöse Weise mit dem Auto verunglückt. Am Tag der Beerdigung taucht plötzlich dessen unbekannter Bruder auf und das düstere Spiel beginnt. Park Chan-wook hantierte mit seinen Figuren wie mit überstilisierten Puppen. Die Szenerie ist symbolisch aufgeladen, die Puppen fallen ineinander. Lust, Tod und Tabubrüche sind hier wieder die Themen, auf die der Südkoreaner pocht. Angesichts seiner früheren Arbeiten macht das den Film trotz Grusel-Hommage etwas erwartbar und glatt. Nachdem die familiären Verstrickungen entwirrt sind, wirken auch die Schlussszenen etwas aufgesetzt. Vergnüglich und souverän bleibt »Stoker« aber dennoch. 08/10 Klaus Buchholz

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Die Giallo-Collection – Teil 1 (Koch) von Piero Schivazappa u. a.

Introducing Hüseyin Tabak Hüseyin Tabak wurd schon mal von Michael Haneke umarmt. Das klingt vielleicht seltsam, für den deutschen Regisseur aber nach sehr viel mehr. Ihm zufolge sei das die Reaktion des österreichischen Cannes-Dauergasts und OscarPreisträgers gewesen, nachdem dieser Tabaks aktuellen Film »Deine Schönheit ist nichts wert« gesehen habe. Neben Peter Patzak gehört Haneke zu den Lehrern und Vorbildern, bei denen er zwischen 2006 und 2012 auch an der Wiener Filmakademie studiert hat. Mit seinem Dokumentarfilm »Kick Off« (2010) hat der 31-Jährige bereits auf sich aufmerksam gemacht. Im Film begleitet er eine Gruppe Obdachloser zu einem internationalen Fußballturnier nach Australien. Im vergangenen Winter war außerdem auch noch sein weihnachtlicher Kinderfilm »Das Pferd auf dem Balkon« in den Kinos. Hüseyin Tabak kommt ursprünglich aus Nordrhein-Westfalen, seine Eltern kamen als türkisch-kurdische Gastarbeiter nach Deutschland. Als Arbeitersohn mit Migrationshintergrund hat er ein Gefühl für die sozialen Bedingungen der zweiten Generation. Das macht er auch in »Deine Schönheit ist nichts wert«. Der überwiegend nicht auf Deutsch gesprochene Film gewährt einen intimen Einblick in eine Familie, deren Existenz von den rigiden Aufenthaltsbestimmungen in Österreich. Die Hauptrolle spielt ein Zwölfjähriger, halb Kurde und halb Türke, der mit seiner Familie nach Österreich geflüchtet ist. Wegen seiner mangelnden Sprachkenntnisse wird er zum Problemschüler, während er sich in eine Klassenkollegin verliebt. Der Film thematisiert die Ohnmacht des Jungen, seine Liebe und seine Ohnmacht. Das sozial sensible, humorund fantasievolle Kino von Hüseyin Tabak hat ihm letztes Jahr den Türkischen Filmpreis in gleich sechs Kategorien und auch sonst internationales Aufsehen beschert. Zu Recht, wie wir meinen. 

TEXT Klaus Buchholz BILD Filmladen

Game Of Thrones: Die komplette zweite Staffel (Warner) mit Peter Dinklage, Lena Headey, Michelle Fairley

Girls (Warner) von Lena Dunham; mit Lena Dunham, Allison Williams, Jemima Kirke

Justified Staffel 2 (Sony) mit Timothy Olyphant, Walton Goggins, Natalie Zea

DVD

In den 60ern und 70ern haben eine Vielzahl italienischer Regisseure mit mindestens so vielen Horrorthrillern die Leinwände neu eingefärbt. Gelb war die Farbe des Blutes und grell haben diese Filme geleuchtet, die heute unter dem Begriff Giallo subsumiert werden (das italienische Wort für Gelb bezieht sich hier auf die Einbände von Krimiliteratur). Aus dem ersten Teil dieser Kollektion sticht vor allem »Femina Ridens« von Piero Schivazappa mit dem schlagend psychopathischen Philippe Leroy in der Hauptrolle hervor. Er hält eine Frau in seinem Anwesen gefangen, das nur so vor Pop-Art-Kitsch und Folterutensilien strotzt. Die Designs überreizen hier mindestens so wie Musik, Einstellungswechsel und Schnitt, während die Protagonisten einen surrealen Geschlechterkampf mit Sex und Gewalt austragen. Der inszenatorische Höhepunkt ist eine riesige, bunte Vagina-Kulisse. Der Film, samt Kollektion, bildet also einen gelungenen Einstieg in dieses wunderbar-schaurige Kino. 07/10 Klaus Buchholz Es herrscht Bürgerkrieg in Westeros. Während Stannis und Renly Baratheon, die Brüder des verstorbenen Königs, um die Thronfolge streiten, regiert Joffrey mit tyrannischer Willkür. Robb Stark erklärt sich zum König des Nordens, Daenerys Targaryen ist auf der Suche nach Schiffen und Gefolgschaft, um ihren Anspruch auf den Eisernen Thron geltend zu machen. Bei all den Intrigen, all dem Blutvergießen wird kaum Notiz von der alten Gefahr genommen, die sich jenseits der Mauer im Norden offenbart. Die zweite Staffel weicht etwas mehr von der literarischen Vorlage ab als die erste, ist nichtsdestotrotz ebenso atemberaubend. Das liegt auch an den erstklassigen Schauspielern und einem hervorragendem Drehbuch. Der HBO-Produktion gelingt es – wie schon Martin in seinen Büchern –, vielschichtigen Charakteren Leben einzuhauchen und eine Welt zu erschaffen, in die man mit Freuden eintaucht 10/10 Stefan Kluger Viel wurde in den letzten Monaten über »Girls« geschrieben – und fast alles davon ist wahr. Lena Dunham, gerade mal 27, schuf hier nach einigen Filmen gemeinsam mit Judd Apatow ihr wohl bisher relevantestes Werk: Eine Fernsehserie für HBO, in der sie, wie sie selbst sagt, das Leben junger Frauen in New York in den Mittelpunkt stellt, die von »Sex And The City« in ihrem Aufwachsen geprägt wurden. Es geht um Jobs, Träume und Zweifel, aber natürlich auch sehr viel um Liebe und Sex. Nachdem HBO ein Privatsender ist, passiert das alles vergleichsweise freizügig und unverblümt. Die Rollen sind dann doch etwas klar verteilt: eine ist hübscher, eine intellektueller, eine schüchterner und eine verrückter. Die männlichen Gegenüber sind mal zu lieb und ein anderer anfangs vielleicht doch zu grob. Interessanterweise haben die männlichen Rollen dabei mehr Spielraum, sich zu entwickeln, was der zweiten Hälfte der ersten Staffel gut tut. 09/10 Martin Mühl Obwohl die größte Stärke der ersten »Justified«-Staffel – die geschliffenen Dialoge – nun nicht mehr ganz so zugespitzt kommt, spielt die Serie erst jetzt ihr ganzes Können aus: Während in den ersten Folgen noch Einzelfälle im Vordergrund stehen, entwickelt sich im Hintergrund eine große, zusammenhängende Story, die ihr Schlinge von Stunde zu Stunde enger um den Zuseher zieht: Zu den Familienfehden zwischen den Givens und den Crowders gesellt sich mit den Bennets eine dritte durchaus kriminelle Dynastie, die versucht, das größte Stück des Kuchens zu bekommen. Neben Spannung und ein bisschen Action bietet das auch genug Drama: Das US-Hinterland in Kentucky ist kein angenehmer Ort, um hier zu leben und Kinder großzuziehen. Die zentralen Figuren bleiben Marshall Raylan Givens als geradliniger Gewinner, der aber durchaus Kratzer abbekommt und eine Entwicklung durchmachen darf, und sein Jugend-Freund Boyd Crowder (immer noch genial: Walton Goggins). Cool und beinhart sind hier sowieso alle. Großartig! 09/10 Martin Mühl Auf www.thegap.at außerdem Reviews von »360«, »Aurelio Zen«, »Dredd«, »Ein fast perfektes Verbrechen«, »Guilty Of Romance«, »Harodim«, »Looper«, »The Other F-Word«, »Ralph reicht’s«, »Resident Evil: Damnation«, »Der Spion, der aus der Kälte kam«, »Under The Bed«, …

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Buch Hannes Stein Der Komet (Galiani)

Joachim Bessing Untitled 01 (Kiepenheuer & Witsch) — Der Popliteraturgaul ist schwer zu reiten. Das Viecherl klappert bereits ordentlich und riecht auch schon ein wenig streng. Joachim Bessing, ein Veteran auf dem Gebiet, weiß dies, schwingt sich aber trotzdem in den Sattel. Gegen den üblen Geruch hilft dem Autor Parfüm weiter. Der ehemalige Stil-Ressortleiter der Welt am Sonntag zitiert nämlich den Maison Martin Margiela-Duft »Untitled« herbei und nennt seinen Liebesroman so. Hier bietet sich ein kleiner Exkurs an: Das Parfüm »Untitled« ist eine wirklich wunderbar gelungene, unorthodoxe Duftkomposition. Galbanum, Weihrauch, Pomeranze. Vor drei Jahren, als der Duft auf den Markt kam, war er nur schwer zu kriegen. Ein exklusives Wässerchen, ein Geheimtipp. Mittlerweile kann man den sehr schlicht gehaltenen Flakon schon bei Douglas ordern. 30 ml kosten 62 Euro. Das ist nicht wenig, aber Duftdistinktion kostet. 302 Seiten Bessing kosten übrigens 20 Euro. Die kann man auch bestellen, muss aber nicht. Außer man steht auf Bücher, die von weinerlichen, demotivierten Männer­ figuren in ihren Enddreißigern erzählen. Männer, von Medien und Drogen schön verdorben. Der Ich-Erzähler in »Untitled« ist so eine Gestalt. Als Moderedakteur hetzt er durch den JournalistenJetset und – Achtung jetzt kommt’s –verliebt sich zum ersten Mal in seinem Leben richtig. Julia heißt die Angebetete. Sie ist Philosophin, aber dummerweise auch verheiratet. Diese simple Geschichte wird nun mit greinenden Innenansichten, kleinen Emo-Eruptionen, reichlich Zitaten und Querverweisen aus dem Popuniversum und viel Namedropping aus der Glamourwelt behangen. Unendlich ermüdend – das aber auf sehr hohem Niveau.

Was wäre, wenn …? Eine History-Science-Fiction, aufgebaut auf Wiener Jahrhundertwende-Charme? Hannes Stein wagt für sein Romandebüt diesen Versuch und wirft sich in einen akribisch recherchierten Fiebertraum. Die Frage nach dem Zufall schwebt wie eine große philosophische Klammer über dem Roman »Der Komet«, dem Debüt des Kulturjournalisten (Die Welt) Hannes Stein. Es ist ein Hättiwari-Buch, das sich vorstellen will, der Blumentopf unserer Kultur kippe vom Fensterbrett und fiele der Menschheit auf die Glatze. Dabei geht es erstmal zurück ins Jahr 1914. Wien ist das Zentrum des k.u.k.Vielvölkerreichs. Eine Stadt voller Juden, eine Stadt der Psychoanalytik, eine Stadt, in der überall der berüchtigte Wiener Schmäh lauert und eine Stadt mit 3,5 Millionen Einwohnern, bunt zusammen gewürfelt aus 22 Völkern der Donaumonarchie. Hannes Stein lässt sich in diesem Setting nun auf ein fiktives Gedankenexperiment ein. Was, wenn weder der Erste noch der Zweite Weltkrieg stattgefunden hätte? Stein wischt also die Kriege von der Landkarte der Weltgeschichte und sinniert über eine Zeit, in der es in Wien interkulturell gebrodelt hat und was daraus alles entstehen hätte können. Ein überlanger Fieberwahn, in der die Donaumetropole der Nabel der Welt ist. Kafka ist unbekannt geblieben, Anne Frank hat hohes Alter erreicht und ist ein gefeierter Star. Amerika kennt man als Land der Hinterwäldler und Cowboys. Und der Mond ist zur deutschen Kolonie geworden. Von dort kommt übrigens eine Hiobsbotschaft. Ein Komet rast direkt auf die Erde zu und soll in wenigen Monaten mit ihr kollidieren. Wo wird er einschlagen? In der Heurigenhochburg Wien natürlich, wo die Engerl immer schön brav Urlaub machen. Komet statt Kriegsbomben also. Man hat Freude an Steins Beschreibungen bekannter Persönlichkeiten und rätselt über das »Gegenstück« im realen Leben. Allerdings wird hier mehr als nur ein bisschen oberlehrerhaft Geschichtliches ausführlich aufgerollt. In einem eigenen 30-seitigen Glossar erklärt der Autor dann auch noch zu allem Überfluss die realen geschichtlichen Details, über die sich sein Konjunktiv erhebt. Vom eitel servierten historischen Hintergrundwissen und von der dick aufgetragenen Sprache hätte man durchaus ein paar Schichten abschleifen können. Geschwollen oder verschwiemelt, um es mit dem Autor auszudrücken, ist auch der angeschlagene Ton, den der allwissende Erzähler jeder einzelnen seiner Figuren in den Mund legt. Das wirkt auf Dauer ein bisschen hypertroph, hebt aber anderseits die Lust, selbst wieder einmal Wörter wie »Faktotum« oder »Lulatsch« zu verwenden. Der Roman spiegelt jedenfalls sehr gut das Wiener Lokalkolorit wider, bei sprach­ lichen Spezifika scheinen Autor oder Lektor dann etwas unsicher gewesen zu sein. Man darf sich durchaus auch fragen, warum Austriazismen meist in Klammern stehen. So z. B.: Mitesser (»Wimmerln«) und überhaupt: Es heißt »schiach« und nicht »schiech«.

05/10 Manfred Gram

Joey Goebel Ich gegen Osborne 02 (Diogenes) — Der Coming-of-Age-Roman erzählt vom 17-jährigen James Weinbach, der kurz vor seinem Abschluss steht. Wie die meisten anderen Gleichaltrigen hasst auch er die Highschool, allerdings nicht wegen Lehrern und Unterricht, sondern wegen seiner Mitschüler und ihrer oberflächlichen, arroganten und verblendeten Art durchs Leben zu gehen. Im vierten Roman des amerikanischen Jungautors begleitet der Leser James durch einen achtstündigen Schultag. Der erste Tag übrigens, nach dem alle aus den berühmten Spring-Break-Ferien zurückgekehrt sind. Nicht nur, dass in den Ferien sein Vater verstarb, nun muss er sich auch noch das Gerede über die Exzesse seiner Mitschüler anhören und feststellen, dass sein Schwarm Chloe sich zum Negativen verändert hat. Motiviert durch die scharfe Kritik seiner Mitschüler im Fach Kreatives Schreiben stürzt er sich in einen – am Ende erfolglosen – Selbstzerstörungstrip. Goebel kredenzt dem Leser eine große Portion Sarkasmus und dreht dabei der amerikanischen Partygesellschaft gnadenlos den Saft ab. Die erste Hälfte verführt zu einigen ehrlichen Lachern. Im zweiten Teil verschärft sich der Ton. Humor, Ironie und Selbsterkenntnis geben sich dabei dennoch die Hand.

05/10 Juliane Fischer

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R ez Bruno Preisendörfer Der waghalsige Reisende. Johann Gottfried Seume und das ungeschützte Leben 03 (Galiani) — Johann Gottfried Seume (1763–1810) war das, was man heute einen Minor Poet nennen würde. Das Format des Klassischen hat sein Werk nicht, das auf der anderen Seite aber wieder zu originell ist, um in Vergessenheit zu geraten. Schriftsteller wollte er freilich nie werden, es zog ihn mehr in die Welt hinaus, entweder als Soldat oder als Reisender, stets verhielt er sich wie ein Abenteurer. Die Aufzeichnung seiner waghalsigen Reise nach Syrakus 1801 schließlich war sein nachhaltigster Erfolg. Die einerseits subjektive und eigenwillige, andererseits sozialkritische und politische Beschreibung des Erlebten war von prägender Wirkung, rückblickend kann Seume als der Prototyp eines Reporters bezeichnet werden. Doch wurde sein Werk und sein Stil auch kontrovers beurteilt, und trotz aller Abenteuer bewegte sich sein Leben vorwiegend in beengten und bedrückenden Verhältnissen, in denen er schließlich verbittert starb. Bruno Preisendorfers Nachzeichnung seiner Physiognomie – halb Biografie, halb Sachbuch – ist plastisch und gelungen, liefert aber auch eine beklemmende Schilderung eines Aufsteigers aus dem Bauernmilieu, dem der wahre gesellschaftliche Aufstieg nie gelingen konnte und eines Dichterlebens außerhalb des Weimarer Olymps. 07/10 Philip Hautmann Dirk Stermann Stoß im Himmel 04 (Ullstein) — Sommerloch. Sendepause. Dirk Stermann, Österreichs vielleicht beliebteste ausge-

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Buch

deutschte ORF-Bekanntheit, fährt mit der U4, den Gratiszeitungen und den ganz normalen, komischen Wiener Menschen durch die Hundstage. Wortspiele und die Gewissheit, dass etwas passieren wird, schwirren wie Gelsen in der stehenden Sommerluft. Stermanns Schreibdrang entwickelt eine kolumnenähnliche, persönliche Schilderung. Unter seinem kabarettistischen Blick gedeihen skurril-lustige und skurril-tragische Geschichten über Menschen, die dem Erzähler während der Sommertage ans Herz wachsen. Stermann wird zum Meister humoristischer Charakterisierungen, der Leser zum Freund von Rudi, mit dem Herz aus Butter, von Rosa, dem französischem Wirbelwind, von Gözde, dem transsexuellen Naschmarktstandler, von Ulysse, dem französischem Sozialisten­ superman, und der ganzen schrägen Vogelschar. Ein kräftiges Stück schwarzer Humor zerfließt dabei. Die Tabaksucht hat sowohl Rudis Oma als auch seine Schwester in die Knie gezwungen. Von den beiden selbstironischen Kämpfernaturen, die in den letzten Atemzügen ihres Lungenkrebs liegen, erfährt man nur mittels rührenden Briefen und aus früheren Erzählungen. Über den fried­lichen Rudi bricht das traurige Zerbröckeln seiner Familiengeschichte herein. Zu allem Überfluss wird er durch einen dummen Zufall Zielscheibe einer Integrationsdebatte. Angelehnt an einen Vorfall in Deutschland im Jahr 2010 skizziert der Kabarettist hier die Rolle der mächtigen Medien, die eine Lappalie zum Skandal hochkochen, weil es gerade so gut zur islamfeindlichen Stimmung passt. 09/10 Juliane Fischer

Tom Wolfe Back To Blood 05 (Blessing) — Zusammen mit Norman Mailer, Hunter S. Thompson und Truman Capote war Tom Wolfe das Flaggschiff im New Journalism der 60er Jahre. Für seinen neuen Roman nahm er sich acht Jahre Zeit. So gesehen sind 767 Seiten kein Wunder. In »Back To Blood« geht es grundsätzlich um den Alltagsrassismus in den USA, ausgerechnet im Urlaubs- und Rentnerparadies Miami. Ein Polizist mit kubanischen Wurzeln verhaftet einen Flüchtling, der sich auf einem Schiffsmast, kurz vor dem rettenden Ufer, verbarrikadiert hat. Kaum erledigt, beginnt das Problem eigentlich erst. Bei der sehr starken Anti-Castro-Fraktion ist der Junge einmal unten durch, für die Weißen hingegen ein Held, aber deshalb auch nicht einer von ihnen. Und schon wird er wie eine Flipperkugel durch halb Miami geschossen, weil die Wahl vor der Tür steht und der Polizist, der eigentlich nur Polizist sein wollte, nun zum Spielball von Strategen wird. Natürlich, den Roman könnte man auch auf die Hälfte runterschmelzen oder zu zwei Büchern verarbeiten. Tom Wolfes Sprache aber nicht: Trotz hohem Alter sprudelt der Herr, dass es nur so eine Freude ist und vor allem, er lernt auch selbst gerne dazu. Man sieht durchaus, wie er den Schmiss der doch jüngeren Krimi-Kollegen wie James Ellroy oder Don Winslow in seinen Stil einfließen lässt. John Updike hin, Philipp Roth her, Tom Wolfe bleibt der bunte Hund im weißen Anzug, der Dandy mit dem genauen Blick, aber vor allem ein Autor, der nie altmodisch erscheint. 07/10 Martin G. Wanko

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Co m i c s Tom Kaczynski Beta Testing The Apocalypse (Fantagraphics)

Diverse Autoren Tonto #13 – Noise 01 (Tonto Comics) — Es ist ein dichtes und überforderndes Geräusch, das dem Leser (oder Hörer?) aus dieser »Tonto«-Ausgabe entgegendröhnt, sobald man den Einband aufschlägt und die zwei Hefte entnimmt. Man könnte hier nach Ordnung suchen, wie es die eingewobene Erzählung tut, doch was wirkt sind die Geräuschakkumulationen, die in verschiedenen Szenarien wiederkehren. »Noise« assoziiert sich mit Krieg, mit der Bombe, mit autoritären Regimes, mit sinnloser Gewalt und endzeitlichen schwarzen Löchern – alles zu einem dichten Verhängniszusammenhang verwoben. 08/10 Alexander Kesselring

Ken Kristensen, M.K. Perker Todd, The Ugliest Kid On Earth #1 (von 4) 02 (Image Comics) — Die schlimmsten Sachen passieren den unschuldigsten Menschen. Klingt wie ein dummer Spruch, im echten Leben ist es das auch, aber in »Todd, The Ugliest Kid On Earth« ist es Programm für den Titelhelden. Der kleine Todd hat furchtbare Eltern, muss eine Kiste auf dem Kopf tragen (weil er so furchtbar hässlich ist, wird ihm gesagt), er wird angepöbelt, wo es nur geht, er wird unschuldiger Weise der Morde an Kindern in der Nachbarschaft bezichtigt und dafür auch prompt ins Gefängnis gesteckt. Könnte man alles mit einem Achselzucken hinnehmen, ist ja nur ein fiktiver Charakter. Wenn da nicht die brutale, Herz zerfetzende Naivität und Gutmütigkeit Todds wäre. Der arme Junge ist nett zu allen und jedem und ahnt nichts Böses in der Welt. Kristensen und Perker wickeln den unnatürlich freundlichen und liebenswerten Todd in eine vor bösartiger Realität triefende Umgebung. Während man mal Todd beschützen will und dann wieder über sein Pech lacht, wird man blendend unterhalten. Geheimtipp! 08/10 Nuri Nurbachsch

JM Ringuet Repossessed #1 (von 4) 03 (Image Comics) — Etwas dümmliche Vergnügen sollten gelegentlich gestattet sein. Wobei keineswegs Abstriche an Qualität gemacht werden müssen. Eher ist eine Verschiebung von verkopft zu verbaucht indiziert. JM Ringuet schmiert zu diesem Zweck drei hollywoodarchetypische Protagonisten – die schöne Intelligente, der unverblümte Muskelmann und der coole Checker – auf die Seiten des Lemegeton (google it!) und schwärzt den Humor ein wenig ein. Womit auch schon die Basics von »Repossessed« beschrieben sind. Etwas verständlicher ausgedrückt: Drei Spezialisten in Sachen Dämonologie befreien Menschen von Besessenheit aller Art. Auf sehr idiomatische Art und Weise und gegen Bezahlung, versteht sich. Im Prinzip kann es bei diesen Zutaten leicht mal zum Abrutschen in öden Kitsch kommen. »Repossessed« ist nicht ganz frei davon, aber im Großen und Ganzen überwiegt in Ringuets dichtem, etwas chaotischem Zeichenstil und seiner geradlinigen Erzählweise doch der Spaß.

Verbaute Philosophie Kaczynski benutzt eine architekturelle Ontologie, um Phänomene zu erkunden. Eine faszinierende neue Stimme in Comics, vor Intelligenz und Energie nur so strotzend. Psychogeometrie. Psychogeografie. Psychotopografie. Unsere Erfahrung formen unsere Gedanken und Eingebungen, die wir in die Formung unserer Umwelt fließen lassen. Ein Haus ist nicht nur ein Haus. Es ist die Verkörperung eines Gedankenkonstrukts, eine greifbare Realität gewordene Antwort auf die Frage »Worin kann ich leben?«. Ergo ist eine Stadt das kumulative Lebensdiagramm einer Gesellschaft. Eine geplante Stadt ist im Kehrschluss eine aus der Zukunft importierte Erinnerung. Und der Mensch steht unaufhörlich im Spannungsfeld der Dominanz dieser Wirklichkeiten und dem Bedürfnis auf wilden Freigang. Tom Kaczynski entwickelt in seinen Zeichnungen und essayistischen Storys eine Philosophie von Städten und Menschen, Leben und Bauen. Seine Zeitrechnung reicht dabei von den Höhlen der Urzeitmenschen bis hin zur undefinierten Zukunft. Das macht Kaczynski sehr geschickt. Seine Intelligenz hat zugleich akademische wie auch emotionale Kraft. So verschlungen und abstrakt manche Zeilen wirken mögen, der erste Kontakt zündet immer. Im Kopf der Leser entstehen Bilder aus den Wörtern, die wiederum mit den Bildern auf den Seiten verschmelzen und Kaczynskis zweidimensionale Seiten zu multidimensionalen memetischen Plastiken mutieren lassen. Vielleicht ist es auch sein nüchterner, klarer Stil, der trotzdem Spuren von Modernismus und Futurismus zu enthalten scheint. Auf jeden Fall herrscht eine beinahe gespenstische Ruhe in »Beta Testing The Apocalypse«. Obwohl wir eine akustisch inspirierte Regression in »Music For Neanderthals« miterleben, trotz eines Miniaturweltuntergangs in »Cozy Apocalypse« und auch zuwider einer dramatisch schleichenden Entfremdung in »10.000 Years« – Kaczynskis Kunst wirkt unaufgeregt, wie akademische Forschungsergebnisse. Doch entgegen alldem schafft er es, den Menschen und das Menschliche im Fokus zu behalten. Jede Facette von »Beta Testing The Apocalypse« beschäftigt sich mit den gleichen wiederkehrenden Fragen: Wer ist der Mensch? Warum lebt der Mensch? Wo lebt der Mensch? Warum lebt der Mensch dort, wo er lebt? Kaczynski sieht uns nicht getrennt von unserer Architektur. Sie ist Bestandteil menschlicher Kultur. In »976 Sq. Ft.« demonstriert er das am deutlichsten: Ein neuer Wohnungsbau überragt eine Nachbarschaft und verändert nicht nur ihren Alltag, sondern auch ihre Geschichte und das Gemüt der Bewohner. Das Gebäude ist eine Spielfigur in dieser ultraregionalen Kultur. Kaczynski gelingt es, diese Gedanken im Leser nachhallen zu lassen. »Beta Testing The Apocalypse« enthält Kurzgeschichten, die zum größten Teil bereits in der Anthologiereihe »Mome« zu sehen waren und eine brandneue Story, treffend »The New« betitelt. Zum Zeitpunkt dieses Schreibens ist es eine essenzielle Zusammenfassung der Werke eines enormen Talents. 10/10 Nuri Nurbachsch 01

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Kleinteilig 2K hebt »Bioshock« mit »Infinite« vom Meeresgrund in den Himmel: Die neue Spielumgebung schwebt in den Wolken und begeistert mit gelungenem Gameplay. 2K sorgt auch beim neuen »Bioshock« für das klassische Spielgefühl, das man in den ersten beiden Teilen so schätzte. Wie Rapture unter Wasser lag und damit abgeschlossen war, schwebt Columbia über den Wolken: Ballone tragen die Stadt, ihre Häuser und Wege. Die Story spielt im Jahr 1912 und als Söldner Booker DeWitt gilt es, die junge Elizabeth aus einem Turm zu befreien – um eine zuerst nicht näher genannte Schuld zu begleichen. Schnell stellt sich heraus, dass Elizabeth die Tochter des größenwahnsinnigen Sektenführers Comstock ist, der über das Schicksal von Columbia bestimmt. Den größten Teil der Geschichte erleben Booker und Elizabeth nun Seite an Seite, wenn sie versuchen, Columbia zu verlassen und dabei unter anderem in Arbeiteraufstände geraten. Die Story ist ganz gut und überdurchschnittlich gut erzählt, hält letztlich aber wenig Überraschungen bereit. Die – grob geschätzt – drei aufeinander folgenden Schlusspointen machen das nicht besser. Dafür bietet »Bio­ shock Infinite« ein einzigartiges Gameplay: Zum einen ist die Bewegung der Figuren angenehm eigen und mit der sterilen Präzision moderner Ego-Shooter nicht zu vergleichen. Was hier aber positiv auffällt, weil Look and Feel zusammenpassen und einen Teil des Charmes des Spiels ausmachen. Ebenso ungewöhnlich ist das Ressourcenmanagement: Gefühlt mindestens ein Drittel des Spiels, wenn nicht mehr, verbringt man damit Geld, Munition, Salz (die Munition für die wieder vorhandenen Kräfte) und andere Kleinteile zu suchen. Gegenstände, die man in den Auseinandersetzungen dringend braucht und die sonst schnell ausgehen. Elizabeth hilft hier tatkräftig mit und findet immer wieder Geld, Munition oder Gesundheit, die sie Booker zuwirft. Die Kämpfe selbst sind leicht chaotisch, aber durchaus intensiv. Spannend sind vor allem die größeren Arenen, in denen Booker die Gleise einer Schwebebahn nutzen kann, um schnell die Position zu ändern. »Bioshock Infinite« überrascht nicht im gleichen Ausmaß wie der erste Teil, ist aber immer noch ungewöhnlich genug, um aus dem Shooter-Einerlei herauszustechen und darüber hinaus trotz nicht ganz aktueller Grafik einfach wirklich gut gemacht. Spielunterhaltung auf ziemlich hohem Niveau, die fast ohne Abstriche Freude macht. 09/10 Martin Mühl

Bioshock Infinite (2K); Xbox 260 (getestet), PS3, PC; www.bioshockinfinite.com 087

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R ez Army Of Two: The Devil’s Cartel 01 (EA); Xbox 360 getestet, PS3, PC; www.armyoftwo. com — Solide Söldner-Action zum kurzweiligen Durchballern. Die inhaltlichen Kanten sind geglättet, dass Spiel nun aber auch weniger außergewöhnlich. 06/10 Martin Mühl

Crysis 3 02 (Crytek / EA) Xbox 360 getestet, PS3, PC; www. ea.com/crysis — Schon mit dem ersten Teil hat sich die »Crysis«-Reihe mit grafischen Finessen einen Namen gemacht. Dass es bei schöner Grafik aber nicht nur um Technik, sondern auch um Design geht, führt »Crysis 3« recht eindringlich vor Augen: Klar machen Titel wie »Battlefield 3« oder »Black Ops 2« einiges her. Aber im Gegensatz zu den zur Gewohnheit gewordenen orientalischen Städten und wissenschaftlichen Einrichtungen geht mir im verwaldeten New York einfach das Herz auf, wenn ein aufgeschrecktes Reh hinter der nächsten Häuserruine verschwindet, kurz bevor mich ein verwilderter Seth (die Alienrasse der »Crysis«-Reihe) anfällt, den ich im hohen, sich im Wind wiegenden Gras noch nicht ausgemacht hatte. Grafik und Stimmung sind also erbaulich. Mit gut erzählten Geschichten konnten sich die Entwickler von Crytec noch nie so recht auszeichnen. Sobald es dann emotional werden soll, kippt der Erzählton ins Seifenopernhafte. Spielmechanisch hat sich nichts Grundlegendes verändert, auch wenn der neue Bogen einen Hauch von »Assassin’s Creed 3« in die postapokalyp­ tische Zukunft portiert. Wahlweise wird unsichtbar geschlichen oder in dicker Panzerung frontal angegriffen. Der Wechsel zwischen diesen beiden Herangehensweisen scheint die KI-Gegner dann auch ab und an zu überfordern. Die KI-Schwächen verflüchtigen sich freilich in den Online-Modi, wo auf verschiedenste, recht herkömmliche Weisen bekömmlich wettgestritten werden kann. Ein gelungener Abschluss der Trilogie ist es also geworden. Nicht ganz makellos, aber ein Genrevertreter, den es sich zu kaufen lohnt. 08/10 Harald Koberg Dustforce 03 (Hitbox); PC, Mac — Jump’n’Runs gehören ja irgendwie zur Ursuppe der Videospiele. Klar, am Anfang war der »Pong«, aber das Gehüpfe war schon sehr bald mit von der Partie. Und auch wenn es irgendwann üblich wurde, dabei von Plattformern zu sprechen, so hat die Entwicklung in diesem Genre eher gemächliche Schritte getan. Und manchmal auch wieder einen zurück – beispielsweise zur Zweidimensionalität. Das Hitbox-Team hat sich mit »Dustforce« auf die Kernkompetenzen des Genres konzentriert. Die Handlung ist beispielsweise schnurz. Warum also nicht Levels putzen, mit übermotiviertem Putzpersonal? Die Damen und Herren können an Wänden und sogar an Decken entlangwirbeln und gieren nach dem ultimativen Flow-Erlebnis beim Ausführen ihrer Profession. Also müssen wir dafür Sorge tragen, dass nie zu lange nichts geputzt wird, und, dass auch sonst nichts den Kehr-, Wisch- und Saugrausch unterbricht. Denn ein Level nur zu absolvieren ist für Mitglieder der »Dustforce« nicht genug. Es geht um das Wie: um Gründlichkeit, Kombos

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und um die Zeit. Freilich sind da eine bestechend reduzierte Grafik und die erbauliche Musik, aber die wahre Qualität des Titels misst sich daran, wie schnell sich der Neustart eines Levels im Rückenmark festgesetzt hat. Ein ungenauer Sprung, ein verfehltes Blatt und schon haben meine Finger, wie von selbst, das Level neu gestartet. Die Perfektion wird zu Passion und das Aufhören zur Herausforderung. Genau so so sollten Geschicklichkeitsspiele sein. 09/10 Harald Koberg Gears Of War: Judgement 04 (Microsoft); Xbox 360; gearsofwar.xbox.com — Gemeinsam kämpft sich’s immer noch am schönsten – ein Koop-Spaß, der mangels Innovation und Abwechslung nicht ganz so fein ist wie erhofft. 07/10 Harald Koberg

Giana Sisters: Twisted Dreams 05 (Black Forest); Xbox 360 Arcade getestet, PC; www. gianasisterstwisteddreams.com — Nach der PCVersion dürfen die beiden Schwestern nun auch rundumerneuert auf der Xbox 360 hüpfen und dabei vom Start weg positiv überraschen. Vor Jahrzehnten war ihnen nicht mehr vergönnt als das Dasein als etwas zu liebevoller Super Mario-Klon. Heute haben sie eine eigene Spielwelt und bieten Überraschungen. »Giana Sisters« ist dabei immer noch ein klassisches Jump’n’Run, in dem es gilt, ein Level zu durchqueren und dabei Gegenstände einzusammeln. Eine große Rolle spielen diesmal die beiden Charaktere. Es ist jederzeit möglich, zwischen diesen zu wechseln und tut man dies, ändert sich nicht nur die Farbgebung der Umgebung, sondern es sind auch andere Teile einsammelbar und es verändern sich die Plattformen, die man zum Weiterkommen benutzen kann. Dies erweitert das Geschicklichkeits-Spiel um eine Ebene und macht alles noch bunter und spaßiger. Leider gibt es auch ein paar Mängel und einzelne Stellen, die beinahe frustrierend schwer sind. Insgesamt ist »Twisted Dreams« aber ein Jump’n’Run-Vergnügen, das viel bietet und nicht nur Fans des Genres gefallen dürfte. 07/10 Martin Mühl

God Of War: Ascension 06 (Sony); PS3; godofwar.playstation.com — Wie kaum ein anderer Held verkörpert Kratos den Inbegriff brutaler Hack-and-Slay-Action. In »God of War: Ascension« durchlebt der Spieler die stellenweise müde Vorgeschichte des spartanischen Heeresführers. 07/10 Reiner Kapeller Need for Speed: Most Wanted 07 (EA); Wii U getestet; www.ea.com/de — NintendoSysteme kranken bekanntlich seit gut zehn Jahren an akutem Rennspiel-Mangel. Umso erfreulicher, dass die Experten von Criterion (»Burnout«) an Nintendos Wii U dachten. Auch auf der relativ frischen Hardware schlägt sich »Need for Speed: Most Wanted« gut. Das Geschwindigkeitsgefühl ist ebenso berauschend wie auf PS3 oder Xbox 360 – sogar auf dem kleinen Screen. Dank jenem ist die Bedienbarkeit besser denn je und bietet jetzt noch mehr Komfort. Zahlreiche Wettbewerbe laden dazu

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ein, sich online mit Freunden zu messen. Bekannte Schwächen wie der lästige Gummiband-Effekt der KI-Gegner sind aber leider immer noch vorhanden, und so manches Rennen artet dank diversen Hindernissen und Effekten schon mal in blankes Chaos aus. Dass es scheinbar Probleme mit dem lokalen Mehrspielermodus gab, ist die eigentliche Enttäuschung des Spiels. Denn das viel gepriesene asynchrone Spielen hätte das Unterscheidungsmerkmal dieser Version sein können. Was bleibt, ist eine erstklassige Portierung – mit allen Stärken und Schwächen. 08/10 Stefan Kluger

SimCity 08 (EA) PC; www.simcity.com — Das unverwüstliche Spielprinzip von »SimCity« findet sich auch im liebe­ vollen Remake wieder: als Bürgermeister eine Stadt aus dem Boden stampfen und sie zu Ruhm und Wohlstand führen. Da werden Gebäude errichtet, Straßen ausgebaut und die Grundversorgung gewährleistet. Später sorgen Einrichtungen wie Stadtflughafen, Messegelände und eine Universität dafür, dass die aufstrebende Megacity weiter gedeiht und ihre Bewohner zufrieden bleiben. Letztere sind durchaus anspruchsvoll und verlangen regelmäßig nach Neuem oder mehr vom Alten. Kleine Logiklücken wie Löschfahrzeuge, die schon mal um ein brennendes Gebäude kreisen, ohne es zu löschen, sind Details, die nicht sonderlich schwer ins Gewicht fallen. Dass die Karten aber an sich viel zu klein gerieten, schmerzt gewaltig. Hat man erst einmal das Prinzip ver­innerlicht, dauert es keine Stunde, bis der Bauplatz ausgereizt ist. Nun heißt es abreißen oder eben verzichten. Oder man lässt den Müll einfach liegen, dann kommt ein Monster und haut auf der Suche nach Nahrung ein paar Gebäude um. Kein Witz, sondern eine von mehreren Naturkatastrophen. 07/10 Martin Mühl

Tiger Woods PGA Tour 14 09 (EA); Xbox 360 getestet, PS3; www.easports.com/ tiger-woods — Kaum ist Tiger Woods zurück an der Spitze, erscheint »Tiger Woods PGA Tour 14«. Das mag ein glückliches und nichtsdestotrotz perfektes Marketing sein, dafür halten sich spielerische Neuerungen in Grenzen. Noch immer wird der linke Analogstick zum Schlagen verwendet, während detailarme Häuser und Landschaften eine solide Kulisse bieten. Immerhin wurde die Ballphysik ein bisschen verbessert, der Wind bläst dynamischer und das Matchmaking klappt nun ebenfalls besser. Alles kleine Verbesserungen, die selbstverständlich von einem Sequel erwartet werden. Erstmals umfasst die Karriere sämtliche Major-Turniere. Die sechs Charakterwerte aus dem Vorgänger wurden glücklicherweise beibehalten: sie motivieren zum Weiterspielen und ermöglichen, Fähigkeiten dem eigenen Stil anzupassen. Erfahrungspunkte können zudem mit einer Ingame-Währung gekauft werden. Dass jedoch im EA Store gegen echtes Geld Sammelkarten angeboten werden, die einen Multiplikator mit sich bringen, ist bedenklich. Um online mithalten zu können, sollte man also im Vorfeld viel Spielzeit einberechnen – oder eben zahlen. 06/10 Stefan Kluger

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BILD Navin Rawanchaikul, Anders Sune Berg, Simon Vogel, Kennedy Space Center, NASA, Jana Hrinakova, Jakob Kirchmayr

Im Projekt werden sich alle Räume der Secession und benachbarte Ausstellungsflächen in der Akademie der Bildenden Künste und im MQ Wien in einen Parcours verwandeln, der zwischen bildender und darstellender Kunst die Agora der Zukunft untersucht, also die Plätze und Orte, wo sich Menschen versammeln und austauschen. Eröffnung: 10. Mai, 19.00 Uhr; Ausstellung: 11. Mai bis 16. Juni Wien, Secession

Unruhe der Form. Entwürfe des politischen Subjekts

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TERMINE

KULTUR

Sofie Thorsen Die dänische Künstlerin Sofie Thorsen analysiert den Zeichencharakter von Kinderspielplastiken aus den 50er Jahren, die von Künstlern im Rahmen eines »Kunst am Bau«-Programms in der tristen Nachkriegszeit in Wien entworfen wurden. Ihr Interesse gilt dabei der visuellen Analyse von kulturellen Formensprachen und deren Displays, die an der Schnittstelle von ästhetischen und sozio-politischen Ansprüchen entstehen. Ausstellung: 23. Mai bis 14. Juli Wien, Bank Austria Kunstforum

Cash, Cans & Candy Neben der Hilger BROTKunsthalle wurde vor Kurzem ein zusätzlicher Ausstellungsraum eingeweiht: Galerie Hilger Next, der gemeinsam mit der BROTKunsthalle das Street-Art-Festival »Cash, Cans & Candy« behausen wird: mit Werken von 50 Künstlern, groß angelegten Arbeiten an einem alten Silo, Workshops, Diskussionen und vor allem viel sprühender Farbe. Ausstellung: 31. Mai bis 7. September Wien, Galerie Hilger Next

European Kunsthalle in der Kub

BILD Navin Rawanchaikul, Anders Sune Berg, Simon Vogel, Kennedy Space Center, NASA, Jana Hrinakova, Jakob Kirchmayr

Eine Institution ohne eigenes Gebäude, sie erscheint, um wieder zu verschwinden und andernorts erneut aufzutauchen – das ist die European Kunsthalle. Sie existiert immer dort, wo die Projekte gegenwärtig stattfinden. Die Präsentation in der Kub Arena in Bregenz stellt diesen Aspekt des Performativen, des Erscheinens und wieder Verschwindens von temporären künstlerischen Räumen ins Zentrum. Eröffnung: 26. April, 19.00 Uhr; Ausstellung: 27. April bis 30. Juni Bregenz, Kunsthaus Bregenz

Claudia Larcher / Ralo Mayer Das Weisse Haus präsentiert zwei Einzelausstellungen. Eine von Ralo Mayer mit dem Monstertitel »›The cells were surprisingly well-preserved, but we’re analyzing how useful it‘s going to be‹ Dr. Sack of Ohio State University stated. (KAGO KAGO KAGO BE)«. In dieser geht es um die Trümmer von zwei US-Weltraummissionen und verworrene Mythengeschichten drumherum. Die andere ist von Claudia Larcher. Ausstellung: 23. April bis 1. Juni Wien, Das Weisse Haus

WWTBD – What Would Thomas Bernhard Do Mit neuem Direktor, neuer Positionierung und neuem Logo – Adler soweit das Auge reicht – zieht ein neues Festival in die Kunsthalle Wien ein. Das zehntägige WWTBD wird täglich aus sechs bis zwölf Beiträgen von Akteuren aus Musik, Literatur, Soziologie, Philosophie, bildender Kunst und Wirtschaftswissenschaften bestehen, die sich zentralen Fragen der Gesellschaft widmen und dabei auf die Tradition des kritischen Denkens von Thomas Bernhard zurück­ greifen. Ausstellung: 17. bis 26. Mai Wien, Kunsthalle

Jakob Kirchmayr – Fleischfresser

Künstler und Illustrator Jakob Kirchmayr stellt in der Ausstellung »Fleisch­ fresser« seine neuesten Arbeiten vor. Bekannt ist der Tiroler Künstler für seine unästhetischen Figuren und die preisgekrönten Sagenbücher »Wiener Sagen«, »Das Donausteig-Sagenbuch« oder auch »Didgeridoo zum Frühstück: Die Hand am Getriebe der Know Nothing Gesellschaft«. Eröffnung: 7. Mai, 19.00 Uhr; Ausstellung: 8. Mai bis 15. Juni Innsbruck, Galerie Thomas Flora 091

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hausdermusik das klangmuseum

Live on stage

hausdermusik das klangmuseum

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Christine Taylor

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Tour support: VZI 17.05. Graz, PPC 23.05. Klagenfurt, Kamot 25.05. Waldbach, Stodl 30.05. Wien, Ost Klub 31.05. Judenburg, Gewölbekeller 06.06. Wörgl, Komma 07.06. Salzburg, Rockhouse 08.06. Telfs, Riddim Bar 14.06. Gaschurn, Partyclub Mühle 15.06. Kumberg, Well Welt

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Kunsthalle Wien

Július Koller orchestrated by Rirkrit Tiravanija, Ausstellungsansicht

Angus Rowe MacPherson

U.F.O.–NAUT JK

Manfred Wakolbinger. Rendez-vous

Der thailändische Künstler Rirkrit Tiravanija stellt eigene Arbeiten denen des 2007 verstorbenen slowakischen Ufonauten Július Koller gegenüber. Unmittelbare Interaktion mit dem Betrachter ist beiden ein Anliegen und so integriert Tiravanija das Fragezeichen, eines der signifikantesten Symbole Kollers, in eigene Arbeiten und Aktionen, wie etwa auf bedruckte Tischtennistische, die wiederum eine direkte Referenz zu Kollers 1970 gegründeter Ping Pong Society darstellten. bis 25. Mai Galerie Janda

Das Zusammenspiel von Natur und Technologie spiegelt sich in Manfred Wakolbingers raumgreifenden Objekten wider. Die Frage um die Existenz von Mensch und Kosmos beschäftigt den Künstler, der mit Vorliebe das Material Kupfer bearbeitet, um daraus fleischig anmutende, organische Riesenranken zu schaffen, denen ob ihrer glänzenden Oberfläche etwas Wesenhaft-Außerirdisches innewohnt. Er setzt sie sowohl im tatsächlichen Raum als auch in Fotoarbeiten oder Filmen als seltsame Anwesenheiten ein. Was wohl aus den eiförmigen Knospen schlüpfen mag? Eröffnung: 18. April, bis 24. Mai Galerie in der Schmiede, Linz

Niederösterreich

Wien

Corinna Schnitt. Living a Beautiful Life. Galerie Stadtpark, Krems bis 18. Mai

Oberösterreich

TEXT Margit Emesz BILD Lisa Rastl; Courtesy Galerie Martin Janda, Manfred Wakolbinger

Watching Force, 2011, Kupfer, 164 × 260 × 65 cm

Lena Göbel und Susanne Jirkuff Galerie 422, Gmunden bis 2. Juni

Steiermark

Macht. Lucia Dellefant, Christian Giroux & Daniel Young, Andreas Leikauf, Anton Petz, Alix Stadtbäumer Galerie Schafschetzky, Graz Eröffnung 25. April, bis 23. Mai Hans Weigand. Hotel Bates Artelier Contemporary, Graz Eröffnung 20. März, bis 25. Mai Bruno Wildbach. Coast Galerie artepari, Graz Eröffnung 14. April, bis 25. Mai

Vorarlberg

Zur Zeit. Minsk Palais Thurn und Taxis, Bregenz bis 12. Mai Miriam Rieker. Auf- und Abgänge Galerie Arthouse, Dornbirn bis 18. Mai Artists in Residence – Berlin 2008–2013. Mit Marbod Fritsch, Cäcilia Falk, Kirsten Helfrich, Philipp Leissing, u.a. Kunst Vorarlberg, Villa Claudia, Dornbirn bis 16. Juni

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Rachel Harrison. Villeperdue Galerie Meyer Kainer, Wien bis 1. Juni Alexander Brener & Barbara Schurz. Claim Against Fame Knoll Galerie, Wien bis 1. Juni Zsolt Tibor. Best Before Lukas Feichtner Galerie, Wien Eröffnung 31. April, bis 28. Mai Esther Stocker Galerie Krobath, Wien bis 1. Juni Michael Hakimi. Nuts Should Chew Themselves Galerie Mezzanin, Wien bis 31. Mai Jaz. Cult to the Character Inoperable, Wien Eröffnung 23. Mai, bis 30. Juni

Salzburg

Josef Hoflehner. Patience Galerie Ruzicska, Salzburg Eröffnung 7. Mai, bis 22. Juni Petra Buchegger, Anja Hitzenberger, Annja Krautgasser und Silke Maier-Gamauf Galerie im Traklhaus, Salzburg bis 18. Mai Hans Pollhammer, Bernhard Resch Galerie Altnöder, Salzburg Eröffnung: 15. Mai, bis 22. Juni Till Brönner. Faces of Talent Leica Galerie, Salzburg Eröffnung 16. Mai, bis 22. Juni

Museumsquartier #WWTBD Festival 17/5 – 26/5 2013 TÄGLICH 14 – 2 UHR HOMAS BE DT RN UL

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Gespräche, Diskussionen, Filme, Vorträge, Lesungen, Performances, Konzerte, Partys und mehr Das internationale und spartenübergreifende Festival der Kunsthalle Wien widmet sich zentralen Fragen unserer Gesellschaft und überträgt dabei Thomas Bernhards kritisches wie unbequemes Denken in die heutige Zeit. WWTBD betreibt interdisziplinäre Gegenwartsanalyse, die Publikum und Akteure zum Mitund Umdenken zwingt und so Neues erschließt. Mit Danai Anesiadou, Roger Bundschuh, Curt Cuisine, Sepp Dreissinger, Heinrich Dunst, Harun Farocki, Krista Fleischmann, Isa Genzken, Liam Gillick, Francesca Habsburg, Byung-Chul Han, Helene Hegemann, Carsten Höller, Tim Jackson, Eva Jantschitsch, Schorsch Kamerun, Dorottya Karsay, Alexander Kluge, Barbara Kruger, Thomas Meinecke, Robert Menasse, Mián Mián, Didi Neidhart, Patrick Pulsinger, Tomáš Sedláček, Ulrich Seidl, Peter Sloterdijk, Peter Weibel, Erwin Wurm u.v.m. Programm und Kartenverkauf unter: www.kunsthallewien.at Kunsthalle Wien Museumsplatz 1 1070 Wien, Austria www.kunsthallewien.at www.facebook.com/KunsthalleWien www.twitter.com/KunsthalleWien

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TERMINE

FESTIVALS

4 Fragen an Hennes Weiss und Stefan Hiess (Lighthouse Festival) Was macht ihr anders als die bestehenden Festivals an der kroatischen Küste? Wir sind der erste deutschsprachige Festivalveranstalter mit elektronischer Ausrichtung in Kroatien und arbeiten mit Partnern in Deutschland, der Schweiz, aber auch Kroatien und Slowenien zusammen. Unser Fokus liegt daher zunächst auf dem deutschsprachigen Raum, auch musikalisch. Wir bieten den Festivalpass gleich mit einer Unterkunft an. Wahlweise auch mit Busanreise von mehreren Städten aus. Die Location ist mehr oder weniger ein eigenes kleines Dorf mit verschiedenen Apartments, einem Hotel mit Pool und Spa, drei Restaurants, einem kleinen Supermarkt, einem Arzt und ein paar netten Spots, die wir abwechselnd und teils gleichzeitig bespielen werden. Was darf man sich denn unter dem Progressive Floor vorstellen? Progressive House und Trance. Die großen Headliner (Hercules & Love Affair, Modeselektor, Kollektiv Turmstrasse) müssen natürlich sein, allerdings geht es uns bei dem Festival auch um den Gemeinschaftsgedanken und familiären Charakter. Was könnt ihr noch über die Location verraten? Man könnte es mit einem Wanderzirkus Gleichgesinnter vergleichen, der je nach Tageszeit von einer Venue zur anderen hoppt. Highlight wird sicherlich die Sunrise to Sundowner Stage täglich von 7 bis 21 Uhr sein, die sich zwischen einem malerischen Leuchtturm aus den 70ern am Spitz der Halbinsel – daher auch der Festivalname –, Pinienwald und unendlichem Meer mit Bademöglichkeit befindet. Wie kam es zu dem Termin ganz am Anfang der Festivalsaison? Wir wollen das Festival bewusst als Season Opener sowohl in Kroatien als auch international positionieren. Unter dem Motto »Electronic Music on Vacation« bringen wir unseren Gästen den Sommer einen Monat früher! Gerade nach so einem Winter freuen wir uns riesig, schon Ende Mai gemeinsam am Meer in der Sonne zu chillen,  zu schwimmen, zu tanzen … Lighthouse Festival 24. bis 26. Mai Porec, Kroatien www.lighthousefestival.tv

Warum ist die Waschmaschine kaputt, warum ist die Gesellschaft kaputt, und warum ist das Bild so unscharf? Die Münchner Rapperin Ebow wird einen Workshop über Musik und Protest bei den Festwochen leiten.

Wiener Festwochen »Der größte Reiz war, in einer Stadt mit solch einer starken gedanklichen Vergangenheit Geschichte erzählen zu lassen«, so Intendant Luc Bondy. Heuer also zum letzten Mal Festwochen unter Bondy, der Rückblick auf die eigene Geschichte und die Reflexion der Gegenwart bestimmen das Programm. Es geht um die Macht der Kunst, anderes Denken und Handeln zu ermöglichen im Spiegel realpolitischer Ereignisse. Wagner und Verdi würden heuer 200 Jahre alt – beide bieten Anlass, über eine Kunst zu reden, die das Politische imitiert und jene, die es verweigert. Im Schwerpunkt »Music and Politics«: Protestsongs, revolutionärer Folk und systemzersetzender Rap aus so unterschiedlichen Ecken der Welt wie Moskau, Syrien, Malaysia und Wien. 10. Mai bis 16. Juni Wien, diverse Locations

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TERMINE

FESTIVALS »The Amoire« im Kurzfilmprogramm unter dem Thema: »Schöne, traurige Jungs – Canadian Shorts«.

35.300.000 ... So viele Katzenvideos stehen in etwa allein auf Youtube. Das Cat Video Festival wählt die besten 78 aus und schickt sie auf Tour um den Globus, am 14. Juni in Wien auf der Jesuitenwiese im Prater.

Identities – Queer Film Festival

TEXT Luise Wolf BILD Wiener Festwochen / Kamer Aktas, Identities, Vienna Independent Shorts  /  J. Mohr

Das Festival ist international, transgender und originell. Kurzfilme, Dokumentarund Spielfilme aus der ganzen Welt sind in unterschiedlichsten Kategorien, aus verschiedensten Genres in allen Längen und Farben und – ganz wichtig! – für alle Geschmacksrichtungen und Vorlieben zu finden. Dieses Festival soll nicht nur aufklären, sondern auch Spaß machen. 6. bis 16. Juni Wien, Filmcasino / Top Kino / Gartenbaukino

August Schrams Musikvideo »MeTube: August sings Carmen ›Habanera‹« geizt nicht mit Trash.

Crossroads

Mit großer politischer Motivation geht das Dokumentarfilm-Festival wieder ans Werk. Österreichische Filmpremieren international prämierter Filme und ein Fokus auf weibliche Regisseurinnen sollen Mut zur Veränderung machen. Auf Missstände wird hier filmisch mit inspirierenden Erfolgsgeschichten von Menschen reagiert, die sich für Lösungen einsetzen. 5. bis 16. Juni Graz, Forum Stadtpark

Internationales Film-Festival

Das IFFI schaut heuer nach Kuba, Georgien, Mexiko, Westafrika, Balkan und Griechenland und stellt noch unbekannte Filmlandschaften und Perspektiven dort lebender Regisseure vor. Das Festival zeigt alte Meister wie Theo Angelopoulos, Paul Leduc und Daniel Díaz Torres sowie junge Talente. 28. Mai bis 2. Juni Innsbruck, Leokino & Cinematograph

VIS – Vienna Independent Shorts VIS feiern ihr zehntes Jahr und kommen mit einem »Best of VIS«-Programm aus zehn Jahren Kurzfilm. Kurzfilme haben es ja immer ein bisschen schwer gegen den großen Bruder Spielfilm, aber eine ganz eigene Logik, die man sich am besten auf einem Kinofestival gibt, wo nicht laufend irgendwelche Notifications ablenken. Neben zahlreichen Wettbewerben wird ein österreichischer Musikvideopreis vergeben, personelle Schwerpunkte sind: David O’Reilly, Michaela Grill und Billy Roisz. 28. Mai bis 2. Juni Wien, Diverse Locations

Cinema Next

Das Wandertheater tingelt heuer zum vierten Mal mit Kurzspiel- und Dokumentarfilmen, Animationen, Musikvideos und Experimentalfilmen ausschließlich junger Filmemacher durch Österreich und bestimmt auch durch deine Stadt: Filmnächte in Feldkirch, Graz, Innsbruck, Klagenfurt, Krems, Linz, Salzburg, St. Pölten, Wels oder Wien. Mai bis Juni Diverse Städte und Locations 095

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jeunesse jazz+ experimental

MUSIK

© JJ Kucek

TERMINE

23.5.

Do | 20:00 | ORF RadioKulturhaus Großer Sendesaal | »Fast Forward. 20:21« Rainer Elstner im Gespräch mit Joanna Wozny

porträt joanna wozny

Trio Amos | Ivana Pristasova Violine Dimitrios Polisoidis Viola Mathilde Hoursiangou Klavier

nice price! < 26 Jahre eur 10,–

Sbtrkt ist einer dieser Glücksfälle, bei dem nicht nur das Album ein Synapsenrausch ist, live setzt er noch mindestens zwei Level obendrauf.

Spring Festival mit The Gap Spritztour Das Spring Festival in Graz hat sich über Jahre den Ruf aufgebaut, eine feine Nase für Electronic Acts zu haben, die dann die nächsten Jahre über die Gespräche und Themen in dieser Szene dominieren. Und die Spring Sessions – Vorträge, Diskussionen – verlängern diese Antennen für die Zukunft noch einmal um ein paar Jahre. Weil wir da schon immer mit Freunden hinwollten, machen wir eine Spritztour von Wien aus zum Spring. Offen für alle. Wir kümmern uns um die Details. Alle Infos: www.thegap.at/spritztour 29. Mai bis 2. Juni Graz, Diverse Locations

Violetta Parisini 14.5.

Di | 20:00 Einlass | 20:30 Beginn GARAGE X | EUR 12,– | 14,– (VVK | AK) Petersplatz 1, 1010 Wien

Jeunesse X Highlights 2013|14 ab Oktober 2013 in der GARAGE X . eloui Die Singer/Songwriterin und Multiinstrumentalistin bezaubert mit ihrem einzigartigen Klanguniversum.

. Ian Fisher & The Present Der »ramblin’ songster« fasziniert mit tief in Americana verwurzeltem, ehrlichem Indie-Songwriting.

. Willi Landl Chansonlastig, poppig, jazzig: Willi Landl, »die Queen des intelligenten Gassenhauers« (Michael Schieben)

… und viele mehr!

The XX nehmen sich im Vorprogramm Beyoncés Schwester Solange mit – und oft auch gern für ein Duett.

The XX, Solange

saison

2012|13

klassik jazz world neue musik kinderkonzerte

The XX – nach ihrem Welterfolg hat das Trio für’s Erste entschieden, geradeaus weiterzusteuern. »Coexist« ist genauso wie ihr Debüt und ob das nun gut oder totlangweilig ist, mag jeder selbst beurteilen. Überraschung ist hier eher das Vorprogramm: Solange Piaget Knowles, Schwester von Beyoncé Knowles – keineswegs ein R’n’B-Stereotyp. Klar hat sie eine charmante Stimme, musikalisch wagt sie sich deutlich weiter als ihre Schwester. Dazu lässt sich dann auch The-XX-Bassist Oliver Sim mal auf die Bühne einladen. 15. Mai Wien, Gasometer

TEXT LUISE WOLF BILD SPRING FESTIVAL, JAMIE-JAMES MEDINA, ELIAS TAHAN / COURTESY OF ROC NATION , JACK, LAST.FM, BRAINFEEDER, (RADIAN BY) VIENNALE, FACEBOOK

© Anita Schmid

Vollpreis eur 17,–

(01) 505 63 56 www.jeunesse.at

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TEXT LUISE WOLF BILD SPRING FESTIVAL, JAMIE-JAMES MEDINA, ELIAS TAHAN / COURTESY OF ROC NATION , JACK, LAST.FM, BRAINFEEDER, (RADIAN BY) VIENNALE, FACEBOOK

TERMINE

MUSIK

highlights JACK by The Gap

Alessandro Perrez

Ganz schön international geht es beim kommenden Jack zu. David Burr ist aus Argentinien nach Europa gezogen, um den dicken Basswellen von Disco und House näher zu sein. An seiner Seite: Alessandro Perrez aus Wien. Derzeit releast er beim burgundischen Label Caramelo. Alles im Namen von Jack. Und Jack hat bekanntlich den Groove. 31. Mai Wien, Morisson

Sa. 11.5., 20:00 Indiepop

Dear Reader / Catastrophe & Cure

Do. 16.5., 20:00 Black Humour Festival

Matthias Egersdörfer & Claudia Schulz: Carmen oder Die Würde des Menschen ist ein Scheißdreck

Fr. 17.5., 20:00 Pop

The Residents Dada-Mystizismus – Irrsinn, Unmögliches, Vorstellbares. Auf Tour bleibt die Avantgarde-Band aus San Francisco seit jeher dank skurriler Kostüme anonym. In Musik, Video und Performance mischen sie Konzeptkunst und Blödsinn. Auf der Bühne entsteht etwas Unerklärbares, das heuer umso verrückter anzuschauen sein wird, wenn sie zum 40-jährigen Bandjubiläum um den Globus ziehen. 14. Mai Wien, Burgtheater

Lapalux Lapalux trifft den Nerv der Beatkultur. Da kommt alles zusammen: Chillwave über Synthie-Klaviaturen, gepitchte R’n’B-Stimmen, ein bisschen Noise und rollende Rhythmen. Alles schüttelt sich in »Guuurl«, während »Kelly Brook« etwas zu viel des Guten will. Flimmern, Klickern, Glöckchen, trockene Drum-Sounds – Lapalux macht nichts, was man noch nicht gehört hätte, das aber um Ecken besser. 3. Mai Wien, Café Leopold

Haight-Ashbury / Francis International Airport / Nowhere Train

Di. 21.5., 20:00 Black Humour Festival

Christine Prayon: Die Diplom-Animatöse

Sa. 25.5., 20:00 Theater

Garage X: „Was geschah, nachdem Nora ihren Mann verlassen hatte oder Stützen der Gesellschaften“ von Elfriede Jelinek

Mi. 29.5., 20:00 Improtheater

Club Weird Kong

Conquering Animal Sound

Das Festspielhaus St. Pölten präsentiert ein kleines, aber feines Festival. Geladen sind drei auserlesene Acts: die Wiener Avantgarde-Elektroniker Radian, die zögerliche Geräuschtests mit kolossalem Noise verzahnen, Conquering Animal Sound aus UK, die Techno lieben, doch bitte nicht zu konventionell, und die träumerischen Sound-Bastler Joasihno aus Bayern. 10. Mai St. Pölten, Café Publik

Theatersport-Ländermatch: English Lovers (A) vs Fastfood Theater (D)

Mi. 5.6., 20:00 Kabarett

Stermann & Grissemann: Stermann

Do. 6.6., 20:00 Kabarett

Alf Poier: Backstage

Fr. 7.6., 20:00 Indie

On And On

Finale des Lautstark!Musikcontest 2013

Solche Musik macht bessere Menschen – optimistisch, nachdenklich, gut und hoffnungsvoll. Das Debütalbum von On And On, »Give In«, schwingt selig zwischen Synthie-Explosionen, organischen RhythmusRumpeleien (denke: Yeasayer) und langsam-behutsamen Harmonie­ bögen (à la Sigur Rós). Perfekt für eine warme Frühlingsnacht mit engen Freunden!. 12. Mai Wien, Chelsea

Dan Deacon Gather, now! Der Musiker, Performance-Künstler und Occupy!-Aktivist schafft es, Massen in Bewegung zu versetzen. Der Neuling »America« ist euphorischer Polit-Synth-Pop, auch mal opulent mit einem 22-köpfigen Ensemble eingespielt. Und: das alles ist tanzbar! 19. Mai Wien, B72

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Woodkid Yoann Lemoines Werke funktionieren auch auf der Bühne: die warme Melancholie seiner Stimme, brachiale Industrial-Drums, Film-Sound-Orchester, ein tosendes Lichtermeer und eine omnipräsente Videowand, im Outro mystische Stimmen aus dem Jenseits. Ein Gesamtkunstwerk. 31. Mai Wien, Gasometer

Dark Dark Dark Die Folk-Popper Dark Dark Dark arrangieren mit viel Fingerspitzengefühl Country, Americana und ein bisschen New-Orleans-Jazz. Selbst kommen sie natürlich viel weiter aus dem Norden der USA – sonst könnten sie wohl auch kaum so düster und kalt klingen. 16. Mai Wien, WUK Foyer

Fr. 14.6., 20:00 Kabarett

Bernhard Ludwig: Anleitung zum lustvoll Leben – Kung Fu

So. 16.6., 20:00 Hardcore/Punk

BoySetsFire / Bane / Marathonmann / Law Found Guilt

Das komplette Programm gibt’s auf www.posthof.at POSTHOF – Zeitkultur am Hafen, Posthofstraße 43, A – 4020 Linz Info + Tickets: 0732 / 78 18 00, www.posthof.at

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Know-Nothing-Gesellschaft von Illbilly The K.I.T.T.

Ich hab echt keinen Dao

illustration Jakob Kirchmayr

A

ls ich vor Kurzem beim Chinesen nach Finalisierung einer schon verdächtig köstlichen Glutamatmahlzeit einen Glückskeks brach, kam ich natürlich nicht daran vorbei, den Spruch zu lesen, der zwischen dem hauchdünnen Waffelteig eingelegt worden war. »Doing What You Want Is Freedom. Loving What You Do Is Happiness!« Ach diese daoistischen Weisheiten immer. Die erheitern mich meist sehr. Auch auf Teebeuteln. »Belehren ohne Worte, Vollbringen, ohne zu handeln: So gehen die Meister vor.« Oder auf Gewürzgläsern: »Alle Dinge haben im Rücken das Weibliche und vor sich das Männliche. Wenn Männliches und Weibliches sich verbinden, erlangen alle Dinge Einklang.« Ganz ernst nehmen kann ich das leider nie. Vor allem, weil ich einmal wo gelesen habe, dass Daoisten nicht unbedingt ejakulieren wollen, weil im Sperma ganz viel Qi drinnen ist, dass dann auf Nimmerwiedersehen raus- oder in die Frau reinflutscht. Besser wäre es nämlich, seine köstlichen Säfte nicht zu ergießen und bei sich zu behalten, auf dass diese als Hirnnahrung dienen. Ganz genau hab ich das nicht kapiert, wie das vor sich gehen soll, wenn es jemanden interessiert, kann er sich aber problemlos über einen Wikipedia-Eintrag in tiefergehende Wissensgebiete weiterhangeln. Vielleicht will ja jemand einmal eine Doku über fernöstliche Spermageizhälse drehen, über miese Samenneider. Mir ist das zu steil. Ich möchte allerdings dennoch anmerken, dass ich durchaus ein großer Freund der traditionellen, chinesischen Medizin bin. Die Hokus-Pokus-Kräuter haben mir schon viel Keuchhusten erspart und auch ein Tinnitus wurde mir bereits erfolgreich wegakupunktiert. In Sachen Spritzispritz – man verzeihe mir bitte die Wortwahl, aber ich pflege momentan auf einer Welle der sprachlichen Reinfantilisierung1 zu reiten – bin ich doch auf Seiten der westlichen Medizin. Die behauptet, dass regelmäßiges Abmelken äußerst positiv auf die Vorsteherdrüse wirke und Krebs in dieser delikaten Region vorbeuge. »Jeder Orgasmus ist ein kleines Service für die Prostata«, stand mal in einem wissenschaftlichen Beitrag dieses Thema betreffend. Ich wäre jederzeit bereit, dieses Credo auf Papierstreifen zu bringen und persönlich

eine ganze Charge Glückskekse damit zu stopfen. In Handarbeit natürlich, ist doch Ehrensache, denn ich liebe die Vorbeugemaßnahmen, die in diese Richtung verlaufen – sie machen mich glücklich. »Loving Zwinkerzwinkerhihihi erklären, dass sie What You Do Is Happiness!« gar keine Kellner sind. Sondern SchriftstelWobei, den Verdacht, dass der Spruch, ler, Filmemacher, Musiker, Installationsder sich in meinem Keks fand, in einer künstler oder Maler. Oft zeigen sie einem von Leistung und Eigenverantwortung auch ungefragt Werkproben am Smartdurchtränkten Gesellschaft wohl vorwiephone. Eine Unart übrigens, die aus Berlin gend in Richtung Beruf und Arbeit gedeuhier rüber geschwappt ist und immer auch tet wird, werde ich nicht ganz los. Geh als Rechtfertigung herhalten muss, wenn raus, finde einen Job den du liebst und man sich höflich beschwert. Etwa, wenn werde glücklich! Das ist echt nicht einfach. nach längerer Wartezeit was Falsches serIn freier Wildbahn trifft man heutzutage viert wurde. Oder eine Kopfrechenbehinja nur selten Menschen, die am Betätiderung beim Kassieren schlagend wird. In gungsfeld, das sie beackern, selig aufgehen. daoistischer Großzügigkeit belehre ich als Wobei, eine junge Dame kam mir unlängst großer Rechenmeister stets ohne Worte, unter. Sie arbeitet in einem dieser moderschüttle den Kopf und klopfe mit dem Zeinen Kaffeehäuser, wo Schmackhaftes aus gefinger auf den Rechenfehler. Das bringt Fair-Trade-Bohnen gesiedet und gefiltert die Wappler zur Weißglut. wird, alles auch mit Soja-Milch erhältlich Ich beschwere mich in letzter Zeit ist und Mehlspeisen Cookies, Cup-Cakes immer häufiger, wenn etwas nicht passt und Muffins heißen. Sie hat auffallend und – das macht mir ein wenig Angst weiße Zähne. Das finde ich sehr schön – mit großem Vergnügen. Ohne Worte und animiert mich auf perfide Weise geht das allerdings nicht ab. McDonald’s zum fleißigen Kaffeesaufen. Ich denk mir erhielt etwa unlängst ein geharnischtes dann nämlich so Dinge wie: »Himmel, Mail von mir, in dem ich die Einführung die hat aber weiße Beißer! Wenn die so einer »Senior-Tüte« ins Sortiment forderte weiße Beißer hat und in einem Kaffeehaus und dem Konzern mit der Gründung einer werkelt, dann ist es wohl ins Reich der Gleichgesinntengruppe auf Facebook die Sagen und Mären zu verweisen, dass der Rute ins Fenster stellte. Wenn PermanentBohnentrank den Zahnschmelz ungünstig adoleszente in ihrer Konsumnostalgiewut verfärbt!?« Was mir aber als noch größeres grausige Eissorten und insolvente Firmen Faszinosum dient: Auf ihren linken, gerawiederbeleben können, sollte dies doch de noch nicht auffallend dünnen Oberarm wohl auch in eine andere Richtung möghat sie sich eine italienische Caffettiera, lich sein. Ich hoffe jedenfalls auf eine eine Kaffeekanne tätowieren lassen. So geile Eigendynamik, damit ich – diesmal einen achteckigen Espressoreaktor2 aus mit dem Daoismus im Einklang – behaupEdelstahl. ten kann, etwas ohne zu handeln vollAus sehr sicherer Quelle (meine eigenen bracht zu haben. Denn ich liebe es, nichts Augen) weiß ich, dass sie dieses Tattoo erst zu tun. Das macht mich so richtig happy. kürzlich stechen ließ. Das nenne ich mal 1z .b. hab ich eben ein vokalgedicht eine Identifikation mit dem Job. Schön. verfasst, das als fussnote in die koIch stelle mir dann immer auch das Schullumnengeschichte eingehen soll. es terblatt einer leidenschaftlichen Apogeht so: bumsi bamsi ficki focki sex thekerin vor, über das sich elegant eine ieses wort hab ich chefredakteur Äskulapnatter schlängelt. Und einmal kam 2 d stefan niederwieser gefladert, der mir gar die Möglichkeit in den Sinn, dass ebenfalls als fussnote in die kolumes sicher für entzückte Verwirrung sorgte, nengeschichte eingehen soll. wenn am Steißbein der Schauspielerin Birgit Minichmayr das Tintenkonterfei von Christiane Hörbiger prangte. Jedenfalls respecte ich die Kaffeekanne am Oberarm der Servierkraft sehr, denn Illbilly The K.I.T.T. üblicherweise wird man ja heutzutage von www.facebook.com/ Ordonanzen bedient, die einem in einer illbilly Mischung aus Arroganz, unschlüssiger Unterwürfigkeit und ein bisschen

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