The Gap 158

Page 1

Rechte Visual Identity

001 Gap 158 Cover.indd 1

18.07.16 17:27

N° 158

AUSGABE AUGUST / SEPTEMBER 2016 — THE GAP IST KOSTENLOS UND ERSCHEINT zweiMONATLICH. VERLAGSPOSTAMT 1040 WIEN, P.B.B. | GZ 05Z036212 M


SS. 0 A P S R FAH 100 %

G. N U R E I INANZ F L E T % DRIT

Symbolfoto.

Toyota AYGO: ab € 3.330,– Wegfahrpeis! * Der Toyota AYGO wartet ab € 3.330,– Wegfahrpreis * darauf, mit Ihnen Richtung Spaß zu düsen. In der exklusiven x-cite Variante im Farbton Flash bringt er farbenfrohe Individualität auf die Straße. Das x-Touch® Multimediasystem mit inkludierter Rückfahrkamera komplettiert den Stadtflitzer. Und die 0 % Drittelfinanzierung lässt auch Ihr Konto nicht die Farbe verlieren! Jetzt bei Ihrem Toyota Partner. * Bsp.: Aygo 1,0 VVT-i x 3-türig, mit 0 % Drittelfinanzierung. Fahrzeugpreis € 9.990,–; 1. Teil bei Fahrzeugübernahme € 3.330,–; 2. Teil € 3.330,– nach 12 Monaten;     3. Teil € 3.330,– nach 24 Monaten. Sollzinssatz 0,0 % p.a. (fix), effektiver Jahreszinssatz 1,21 %. Bearbeitungsgebühr: € 45,–, Vertragsgebühr € 73,92.    Gültig bei Zulassung bis 30.09.2016 über Toyota Finanzservice solange der Vorrat reicht.

Toyota Frey Austria 002-013 Gap 158 Splitter.indd 2

Erfahren Sie mehr: toyota.at 18.07.16 19:58


Editorial Die Kunst vom Künstler trennen. Ja, aber …

Web www.thegap.at Facebook www.facebook.com/thegapmagazin Twitter @the_gap Instagram thegapmag Issuu the_gap Herausgeber Thomas Weber Chefredakteurin Amira Ben Saoud Stv. Chefredakteurin Yasmin Vihaus Leitende Redakteure Manuel Fronhofer, Manfred Gram, Martin Mühl Art Direction Sig Ganhoer

In Moment geht es aber oft nicht mehr darum, wie die Intention eines Autors bei seinen Texten ausschaut – nein, um Texte geht es überhaupt selten – sondern, ob der Autor generell ein leiwander Hawi ist. Oder halt ein Arsch. Wenn Letzteres zutrifft, fällt es nicht mehr so leicht, ein Buch oder eine CD aus dem Regal zu nehmen, ohne dabei permanent daran zu denken, welcher Wastl diese vielleicht ganz guten Dinge geschöpft hat. Man hat nun also zwei Optionen. Ignorieren oder konsequent sein. Entweder man schafft es – entgegen der eigenen Gewissensbisse, oder erfüllt vom Glauben an die Trennung von Autor und Werk –, die Person auszublenden und das Werk als solches zu genießen, oder man konsumiert nur noch Dinge von Menschen, mit denen man sich auch privat gern auf ein Bier treffen würde. Option zwei wird die eigenen Möglichkeiten, sich kulturell auszuleben, zumindest limitieren – denn relativ viele Leute sind Arschlöcher oder verhalten sich manchmal – und durch Social Media begünstigt – öffentlichkeitswirksam als solche. Und Option eins trügt. Bücher und CDs wandern nicht von selbst ins Regal. Für gewöhnlich kauft man sie und unterstützt – selbst wenn’s nur um einen Klick auf ein Youtube-Video geht – nicht nur die Werke, sondern auch die Menschen dahinter – denn zu einem gewissen, eh relativ geringem Maß verdienen Autoren Geld mit ihrem Schaffen. So finanziert man also das Bier von jemandem, mit dem man auf selbiges eigentlich nicht gehen würde und erhält die Person, die man für ein Arschloch hält (nicht nur künstlerisch) am Leben. Die Kunst vom Künstler zu trennen, ist also schön und gut. Aber.

Amira Ben Saoud

Chefredakteurin · bensaoud@thegap.at · @oidaamira

002-013 Gap 158 Splitter.indd 3

Gestaltung Sig Ganhoer, Lucas Gerstgrasser, Erli Grünzweil, Nina Hueber Autoren dieser Ausgabe Benjamin Agostini, Amira Ben Saoud, Barbara Fohringer, Manuel Fronhofer, Manfred Gram, Julius Handl, Magdalena Hiller, Kasun Jayatilaka, Stefan Kluger, Christoph Kranebitter, Franz Lichtenegger, Magdalena Meegraf, Martin Mühl, Thomas Nussbaumer, Nadine Obermüller, Dominik Oswald, Michaela Pichler, Gabriel Roland, Lisa Schneider, Thomas Stollenwerk Kontributoren dieser Ausgabe Stefan Apfl, Kurdwin Ayub, Biaschtlbude, Lucas Gerstgrasser, Sebastian Huber, Ankathie Koi, Nadine Obermüller, Cordula Simon, Young & Smitten Kolumnisten Astrid Exner, Jonas Vogt, Gabriel Roland, Martin Mühl, Illbilly Fotografen dieser Ausgabe Erli Grünzweil (Cover), Verena Prinz, Jana Sabo

003

Wenn man Künstler nach ihrer Intention fragt, trifft man meistens auf verzerrte Mundwinkel und den unausgesprochenen Vorwurf, dass man wohl seinen Barthes nicht gelesen habe. Jaja, die Trennung von Autor und Werk ist eigentlich ein alter Hut und ja auch ganz angenehm für die Exegese. Wenn es wurscht ist, was sich der »Schöpfer« beim »Schöpfen« denkt, man die leidige Biografie außen vor lassen und sich ganz dem Close Reading ohne Welt drum herum widmen kann, reduziert das die in zu Betracht ziehenden Parameter auf ein Erträgliches.

Lektorat Wolfgang Smejkal, Adalbert Gratzer Anzeigen Christoph Adamek, Herwig Bauer, Thomas Heher, Micky Klemsch, Martin Mühl, Clemens Reichholf, Thomas Weber (Leitung) Distribution Martin Mühl Druck Ferdinand Berger & Söhne GmbH Pulverturmgasse 3, 1090 Wien Geschäftsführung Martin Mühl Produktion & Medieninhaberin Monopol GmbH, Wohllebengasse 16/6, 1040 Wien Kontakt The Gap c/o Monopol GmbH Wohllebengasse 16/6, 1040 Wien office@thegap.at — www.thegap.at Bankverbindung Monopol GmbH, Bank Austria, IBAN AT 54 1200 0515 8200 1929, BIC BKAUATWW Abonnement 10 Ausgaben; Euro 19,— www.thegap.at/abo Heftpreis Euro 0,— Erscheinungsweise 6 Ausgaben pro Jahr; Erscheinungsort Wien; Verlagspostamt 1040 Wien Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung des Herausgebers wieder. Für den Inhalt von Inseraten haftet ausschließlich der Inserent. Für unaufgefordert zugesandtes Bild- und Textmaterial wird keine Haftung übernommen. Jegliche Reproduktion nur mit schriftlicher Genehmigung der Geschäftsführung.

18.07.16 19:58


024

Magazin 014 Coverstory: Rechte Visual Identity Gibt es das? 018 Still ist nicht immer stumm Nathalie Du Pasquier in der Kunsthalle Wien 020 Buhmann mit Erfolg Harry Jenner im Porträt 024 Label-Wirtschaft Vom Überleben der Indies 026 Hoffnungsträger Junger Jazz aus Österreich 027 Noise Rotz Riffs Debüt der Wiener-Berliner Super-Group Half Girl

002-013 Gap 158 Splitter.indd 4

030 Wortwechsel Wohin verschwinden Österreichs Filmerinnen? 032 Universale Verstörung Ivo Dimchev beim Impulstanz-Festival
 034 Lecko mio! Cornetto ist 50 040 Integration ab Tag 1? Ausbildungsmöglichkeiten für Asylwerber und Flüchtlinge 043 Design kann vieles sein Studiengänge für Kreative 048 Nadelwerk im Hallenbad Modisch zum Poolbar-Festival

18.07.16 20:59


032

Verena Prinz hegt neben ihrem Studium der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft eine große Leidenschaft für (Konzert-)Fotografie und Musikjournalismus. Passt also perfekt zu uns. Für die Workstation haben wir sie allerdings ganz neue Gefilde erkunden lassen. Seite 044

Thomas Stollenwerk ist als Chefredakteur unseres Schwester-Magazins Biorama vor allem mit nachhaltigen Lebensentwürfen beschäftigt. Sehr beschäftigt. Trotzdem nahm er sich unserer Coverstory zu rechter Visual Identity mit Hingabe an. Weil er es halt kann. Seite 014

Michaela Pichler 034

Rubriken 003 Editorial / Impressum 006 Leitweber 007 Mein liebster Feind: Stefan Apfl 009 Insta-Takeover: Biaschtlbude 012 Illustration: Young & Smitten Lieblingswitz: Ankathie Koi 038 Prosa: Cordula Simon 044 Workstation: Habibi & Hawara und Magdas Hotel 050 Gewinnen 053 Rezensionen 058 Termine

haben wir auch von Biorama gestohlen. Neben Meeresbiologie liebt die Musikwissenschaflerin und Komparatistin nämlich die Beatles und kann sich überhaupt für Musik mit Gitarren erwärmen, auch wenn diese nicht von vier Boys, sondern von vier Girls stammt. Seite 027

Jana Sabo bringt uns immer wieder farbenfrohe und detailverliebte Momentaufnahmen mit, die so exakt komponiert sind, dass man hinter ihnen eine Archi­tekturstudentin vermuten könnte. Porträts findet sie aber auch gut, also ließen wir sie auf Harry Jenner los. Seite 020

Sig Ganhoer

Kolumnen 008 Club Status: Jonas Vogt 010 Lokaljournalismus: Martin Mühl 011 Gender Gap: Astrid Exner 028 Einteiler: Gabriel Roland 066 Know-Nothing-Gesellschaft: Illbilly

002-013 Gap 158 Splitter.indd 5

kann Kalligraphie, werkt im Fablab und ist unser Art Director. In seiner Freizeit besichtigt er Müllverbrennungsanlagen, weil er das ernst meint mit dem »Gern-Neues-Probieren«. So hat er The Gap zusammen mit Erli Grünzweil einem schicken Rebrush unterzogen. Alle Seiten

18.07.16 20:59


FOTO © ALBERTINA

Thomas Weber

ist Herausgeber von The Gap und Biorama

Stellt sich natürlich die Frage, wozu der Spaß. Und ob das Konzept der europäischen Kulturhauptstädte im fortschreitenden 21. Jahrhundert überhaupt noch zeitgemäß ist. Gegenargumente gibt es immer. Als Positivbeispiele ließen sich die mittelgroßen Städte des europäischen Ostens – allen voran das rumänische Sibiu / Hermannstadt (2007 Kulturhauptstadt) – anführen, die diesen Status zum Anlass genommen haben, sich ordentlich herauszuputzen und auf der Landkarte des europäischen Bewusstseins hervorzutun. Die Frage, ob das viele Geld nicht vielleicht anders sinnvoller zum Einsatz oder unmittelbarer »der Kultur« zugute käme, ist allerdings müßig: Natürlich handelt es sich zuvorderst um eine Marketingmaßnahme. Die Kultur ist dabei immer nur Mittel zum Zweck. Repräsentationskultur, wenn man so will. Dem kann man sich verweigern. Oder man versucht, das Beste draus zu machen, das Maximum rauszuholen.

Bregenz bewirbt sich In Vorarlberg – wo Bregenz sich im Verbund mit den Städten Dornbirn, Feldkirch und Hohenems für 2024 in Stellung bringt; wo das Land selbst gerade mit einigem Aufwand eine »Kulturstrategie« erarbeitet – bremst derzeit das Land. Eine Umfrage der dortigen »Kulturzeitschrift« zeigt zudem, dass die lokalen Kulturveranstalter dem Unterfangen skeptisch bis ablehnend gegenüberstehen. »Wieso sind politische Entscheidungsträger auf einmal bereit, so viel Budget aufzubringen, obwohl laufend andere Projekte und Initiativen mit hohem, gesamtgesellschaftlichem Nutzen ums Überleben kämpfen müssen?«, fragt da etwa Peter Hörburger vom Spielboden in Dornbirn. Nichtsdestotrotz haben sich die vier beteiligten Stadtvertretungen Anfang Juli dazu entschieden, eine »Bregenz 2024«-Bewerbung vorzubereiten. Profitieren würde bei einem Zuschlag wohl die Region rundum. Bregenz selbst ist mit seinen Festspielen und dem Kunsthaus (KUB) ohnehin fix im Kulturjahr verankert. Womöglich gelänge es nach 2024 jedoch, sich ganzjährig als Kulturdestination zu behaupten. Mit den Festspielen auf der (Freiluft-)Seebühne und den (größeren) Ausstellungen im KUB bleibt Bregenz bislang

002-013 Gap 158 Splitter.indd 6

hervorzutreten. Die Kulturschaffenden selbst – formiert um Michaela Steiner, die Mitbegründerin der »Bühne am Hof« und Ehefrau des einstigen Hauptstadtplaners Norbert Steiner, und Sankt Pölten – mehr als Wien 25 die Kulturwissenschafterin Susanne Wolfram Nicht so in Sankt Pölten. Wie auch immer man – sehen das nicht anders. Ende Juni bekannte sonst zum politischen Schaffen Erwin Prölls man sich bei einer Diskussionsveranstaltung stehen mag – selbst seine Kritiker werden an- im Gasthaus Vinzenz Pauli dazu, den Prozess erkennen müssen, dass unter seiner Regent- bis zur Bewerbung beginnen zu wollen. Eingeschaft (1992ff) im Kulturbereich Unsummen reicht werden müsste diese bis Jahresende bei investiert und dabei mitunter Unglaubliches der Europäischen Union. Eindeutig dafür wären geleistet wurde. Vom Donaufestival über Gra- auch die Stadtoberen. »Ohne Rückendeckung fenegg bis zur Landeshauptstadt selbst: Seit und finanzielle Hilfe seitens des Landes geht 1992 wurden insgesamt 700 Mio. Euro in das das aber leider nicht«, heißt es aus dem Umneue Sankt Pöltener Regierungsviertel und den feld des sozialdemokratischen Bürgermeisters Kulturbezirk an der Traisen gesteckt. Seit 1986 Matthias Stadler: »Sonst wäre das eine klare – als sich die Niederösterreicher in einer Volks- Sache, wir hätten uns längst beworben.« Denbefragung dafür entschieden hatten, die Lan- noch habe man bereits versucht, einen Diskussionsprozess anzustoßen – auch um die Wachdesregierung aus der Wiener Innenstadt nach Sankt Pölten zu verlegen – rund drei Milliarden au, Krems und Grafenegg mit einzubeziehen. investiert. Vom FestspielWoran es noch scheitert? haus St. Pölten, durch die – »Raten Sie einmal, wer Sankt Pölten versus Fachhochschule, die New in Niederösterreich die Bregenz: Eine der beiden Entscheidungen trifft.« Design University, vom Subkultur-Areal Lames Das letzte Wort hat österreichischen Städte oder zuletzt durch das also Erwin Pröll (ÖVP), könnte 2024 – nach Graz in dessen nun langsam, in Gründung befindliche und Linz – europäische »Haus der Geschichte« aber sicher zu Ende geim Landesmuseum gehen hender Amtszeit sich Kulturhauptstadt sein. Sankt Pölten so prächvon der Stadt immer wieEine Riesenchance, vor tig entwickelt hat. Fest der weitreichende kultuallem für Sankt Pölten. steht: Großartige Neurelle Impulse aus. Dank der schneller geworbauten oder die sonst oft denen Westbahnanbindung sprechen manche für solche Anlässe aus dem Boden gestampfte bereits von Sankt Pölten als »Wien 25«. (In Klo- Prestigearchitektur bräuchte es an der Traisen sterneuburg wird immer wieder darüber nach- eher nicht. Diese Investitionen hat Niederögedacht, das Bundesland zu wechseln und sich sterreich alle bereits in den vergangenen Jahrals 24. Bezirk in Wien eingemeinden zu lassen.) zehnten getätigt. Weil einander die rote Stadt Zu Unrecht wird die Stadt manchmal immer und das schwarz dominierte Regierungsviertel noch als »Arbeiterstadt« bezeichnet. Tatsäch- samt Kulturbezirk auch Jahrzehnte nach der Landeshauptstadtwerdung 1996 immer noch lich hat das beschauliche Städtchen heute mit Wien-Neubau, der Josef- oder Leopoldstadt fremdeln, wäre es allerdings an der Zeit, auch wahrscheinlich mehr gemein als mit Favoriten im Wortsinn eine Brücke über die Traisen zu bauen – samt durchdachtem Belebungskonoder Simmering. Wirklich wahrgenommen wird all das aber kaum – und wenn doch ein- zept. Auf dass diese 2024 nicht so gottverlasmal, dann höchstens punktuell. Der Status sen im Fluss hänge wie derzeit die »Murinsel« einer europäischen Kulturhauptstadt brächte in Graz. ● Sankt Pölten also die historische Chance, aus weber@thegap.at • @th_weber dem räumlich determinierten Wien-Schatten vor allem eine touristische Schönwetter-Kulturhauptstadt. Der Rest des Jahres ist tendenziell Saure-Gurken-Zeit.

LN1

Jürgen Schmücking

006

Leitweber Tritt Sankt Pölten 2024 aus dem Wien-Schatten?

18.07.16 19:58


Jürgen Schmücking

FOTO © ALBERTINA

SA | 1. OKT | 2016 IN GANZ ÖSTERREICH AB 18:00 | LANGENACHT.ORF.AT TICKETS UNTER TICKETS.ORF.AT

LN16_210x140_quer.indd 1

18.07.16 10:52

Mein liebster Feind Johnny H. Der früheste Eintrag auf meiner inneren Liste gehört Johnny H. Die frühen 90er Jahre am Land. Ich hatte eine Brille und er eine Motocrossmaschine, meine Welt waren die Bücher, seine die Straßen. Irgendwas an dieser Konstellation dürfte er persönlich genommen haben. Es gab damals die Au, den Chinesen und den Spielplatz. Die Au war groß genug für uns beide. Und für den Chinesen, wo die Dorfjugend verschämt kleine Biere bestellte, waren wir beide zu jung. Es war der Spielplatz, auf dem unsere Reviere sich überlappten. Aus seinem Mund hörte ich dort die ersten Gewaltandrohungen und wie mein Name gerülpst klingt, von Obstwitzen ganz zu schweigen. Es war wohl einfach seine Art mit Menschen umzugehen, die anders waren. Irgendwann waren wir zu alt für den Spielplatz, Johnny und ich, unsere Reviere dehnten sich in unterschiedliche Richtungen aus. Er Hauptschule, ich Gymnasium, er Heer,

002-013 Gap 158 Splitter.indd 7

ich Zivildienst, er Jungvater, ich Studium. Und irgendwie blieb er doch bei mir. Wenn wie zuletzt nach der Präsidentschaftswahl von den beiden Österreichen die Rede ist, die nebeinander leben und einander doch unbekannt, ja feindselig gesinnt sind, dann denke ich an Johnny und mich: An zwei, die im selben Dorf aufgewachsen sind, aber nicht in derselben Welt. An zwei, deren Reviere wohl vorgezeichnet waren, durch Eltern, Bildung, Interessen. An zwei, die trotzdem hätten Freunde sein können. Der Chinese im Dorf hat längst zugesperrt und Johnnys Kind muss heute so alt sein wie wir damals. Würde ich den beiden beim nächsten Landbesuch zufällig begegnen – ich weiß nicht, ob ich mich, wie früher, aus Angst ruhig verhielte. Oder ob ich den Mut hätte, offen auf sie zuzugehen, um Johnny endlich von der Liste zu streichen. ●

Stefan Apfl Stefan Apfl, 33, lebt und arbeitet als Journalist in Wien. Vergangenes Jahr übernahm der ehemalige Falter-Redakteur die Chefredaktion des Monatsmagazins Datum. Im Frühjahr erwarb Apfl schließlich die Titelrechte an dem Magazin, dessen Neustart für Herbst geplant ist. www.stefanapfl.com

18.07.16 19:58


Jonas Vogt

schreibt an dieser Stelle über österreichische Clubkultur

Charts Nadine Obermüller, The Gap TOP 10

Aus der Facebookgruppe »Wien verschenkt« 01 Aufblasbares Flugzeug von Austrian Airlines 02 3 Rollen Duftmüllbeutel je 30 Stück (Vanille) 03 Breaking Dawn (Englisch) und Medien & Ethik (Reclam) 04 5 Dosen abgelaufenes Ottakringer für Schneckenfalle 05 Glasvitrine die als Gewächshaus benutzt wurde 06 Verschenke 3 Schulbücher für Religion 07 Nicht vollständiges Gutscheinheft vom Müller Baby Club 08 Partyhüte in Rot, Grün und Gelb, Unisex 09 Leder Couch, ziemlich benutzt, unglaublich bequem 10 Blätter von meinem Geldbaum (für Stecklinge)

Clubstatus Wo die wilden Anrainer wohnen

Top 05

Musikvideos mit Skateboards 01 Childbirth – I Only F*cked you as a Joke 02 Prince Rama – Now Is the Time of Emotion 03 The Knife – Heartbeats 04 Coconut Records – Any Fun 05 Tom Petty – Free Fallin’

008

Auch nicht schlecht: 1 Fruchtzwerg zu 1 Deadline

TOP 10

Schlechteste Rappernamen 01 Kerndrick Lamar (Christian Kern) 02 Yung Thurn (Ingrid Thurnher) 03 Andrä 3000 (Andrä Rupprechter) 04 Khollega (Andreas Khol) 05 Grissy Elliott (Irmgard Griss) 06 Schubhaftbefehl (HC Strache) 07 Basti Sultan Hengzt (Sebastian Kurz) 08 Susher (Alexander Van der Bellen) 09 Mikl Mill (Johanna Mikl-Leitner) 10 Schwesta Ewald (Ewald Stadler)

Top 05

Beste U-Bahn-Linien (Vorjahresplatzierung in Klammer) 01 U3 (2) 02 U6 (3) 03 U2 (4) 04 U1 (5) 05 U4 (1) Auch nicht schlecht: Allen Frauen im Internet erklären, was Mansplaining bedeutet

002-013 Gap 158 Splitter.indd 8

Das wirkliche Problem setzt ein, wenn Anrainer nicht an Konsens interessiert sind. Sie sitzen nämlich am längeren Hebel. Bei der ersten Beschwerde des Abends ist die Polizei noch freundlich. Spätestens nach dem dritten Besuch gibt es – völlig unabhängig von der eigentlichen Lautstärke – eine Meldung beim Magistrat. Und nun stelle man sich vor, das passiert täglich. Über Wochen und Monate. Das Verständnis in der lokalen Polizeiwache ist da schneller weg als 50 Freigetränke. Die Situation wird nicht leichter werden, wenn 2018 die Ausnahmeregelungen des Nichtrauchergesetzes auslaufen und die Gäste ihre Tschik ausnahmslos vor der Tür unterm Heizpilz konsumieren. Es braucht eine Lösung. Allen Menschen sei der Schlaf der Gerechten gegönnt. Aber dass einzelne Querulanten Lokale zum Scheitern bringen, die alle Auflagen einhalten, kann es halt auch nicht sein. ● vogt@thegap.at • @L4ndvogt

Nina Keinrath

Charts Sebastian Huber, Tagespresse

Wenn diese Kolumne erscheint, schlummert ein Großteil der Wiener Clubs im Sommerloch vor sich, weil die Studenten bei 30 Grad und vorlesungsfrei lieber aus dem Kühlschrank der Eltern in Niederösterreich leben. Das eröffnet die Möglichkeit, einen Blick auf ein Schreckgespenst des Gastronomen zu werfen: den Anrainer. In den letzten Monaten hat er wieder an verschiedenen Stellen zugeschlagen. Die Betreiber des Irrlichts gaben auf, nachdem die Polizei jeden Abend mehrfach bei ihnen vorbeischaute. Die Sperrstunde der Bettelalm (ja, ich weiß, aber hier geht es ums Prinzip) wurde nach Streitereien mit einem hartnäckigen Nachbarn auf Mitternacht vorverlegt, was sie de facto außer Betrieb setzt. Natürlich gibt es auch unter den Gastronomen Arschlöcher, aber das ist eine Minderheit. Die meisten wollen sich in Frieden mit ihrer Umgebung arrangieren. Dasselbe gilt für fast alle Anwohner, die Zahl der (meist erfolgreichen) Runden Tische ist Legion.

18.07.16 21:06


Nina Keinrath

Insta-Takeover @biaschtlbude

www.wiengin.at # wiengin

Einmal pro Ausgabe bitten wir interessante Menschen, unseren Instagram-Account für 10 Tage zu übernehmen. Das meistgelikte Foto gibt’s hier.

»Today we show our pride!« – gerade wegen der Vorfälle in Orlando war es Dominic dieses Jahr besonders wichtig, Teil der Regenbogenparade zu sein. »Man darf sich nie einschüchtern lassen«, sagt er.

Sieht man mir nicht an, ist aber so: Ich esse lieber Reis als Pommes zu meinem Schnitzel. Am schwersten auf einem Foto festzuhalten: Mein Pop-up-Stand, wenn die Location nichts kann. Liebste Foto-App: Giphy Cam Liebster Hashtag: #shopindie, #pingamestrong Drei Follow-Empfehlungen: @insel5und30, @kimbodogs, @viaduktscreenprints Schaue oder höre ich nur hinter zugezogenen Vorhängen: »Dangerous Woman« - Ariana Grande, Nick Jonas Würd’ ich mir tätowieren: Eine Wurst, die von einem Pfeil getroffen wurde. Saidnooneever: Du legst ur die gute Musik auf. Dominic Reiterer ist Grafiker und hat seine Biaschtlbude, die sich Produkten rund ums Thema Essen verschrieben hat, 2013 gegründet. Außerdem verkauft Dominic auch echte Hot Dogs aus dem Kimbo Dog Foodtruck.

002-013 Gap 158 Splitter.indd 9

fb.com / WienGinKesselbrueder

19.07.16 11:41


Martin Mühl isst sich durch Wien

Charts Lucas Gerstgrasser, The Gap TOP 10

Songs for Dirty Lovers 01 The Raveonettes – Bowles Of The Beast 02 The Kills – Kissy Kissy 03 The Helmut Bergers – Bowies Cry 04 Velvet Underground – Who Loves The Sun 05 Brian Jonestwon Massacre – What You Isn’t 06 Talking Heads – Psycho Killer 07 Crocodiles – Crybaby Demon 08 The Smiths – Sweet And Tender Hooligan 09 Wampire – The Hearse 10 Die Buben Im Pelz – Weana Bua

Lokaljournalismus Marktlücke

Top 05

010

Auch nicht schlecht: Magenstrudel

Charts Kurdwin Ayub, Filmemacherin TOP 10

Lieblingssachen 01 Fernseher 02 Computer 03 Die pinken Schuhe 04 Markus 05 Iphone 06 Cafemaschine 07 Bett 08 Bier 09 Antidepressiva 10 Meine Hasenfigur in rotem Latex

Top 05

»Ich bestelle immer bei« 01 Biofrische 02 Nagoya Sushi 03 Mytheresa 04 Speedy Getränke Zustellung 05 Urbanoutfitters Auch nicht schlecht: Harnwegsinfekt

002-013 Gap 158 Splitter.indd 10

Auf der reduzierten Website der Marktlücke blinzelt einem Jesus zu. Das ist einladend, auch wenn der Auftritt in diesem Sinn noch nicht ganz rund ist. Die Einrichtung ist eher oberflächlich stimmig, das Personal sympathisch und hilfsbereit, aber noch nicht komplett eingespielt. Der Fokus des knapp vor dem Sommer eröffneten Lokals liegt aber auch eindeutig auf dem hervorragenden Essen. Sebastian Neuschler, der zuvor unter anderem für seine Küchenlinie in der Serviette rundum Lob bekam, eröffnet mit der Marktlücke sein erstes Lokal. Die Karte ist reduziert und konzentriert, das was Neuschler hier auf die Teller bringt, liegt aber weit über dem, was die Allerweltsbezeichnung Österreichisch-Mediterran gemeinhin erwarten lässt. Es gibt heimische Klassiker (Krautfleckerl, Marillenpalatschinken …), Gerichte, die derzeit irgendwie nirgends fehlen dürfen (Beef Tartare, Burger) und auffallend viel Fisch, Meerestier und Essen mit südlichem Einschlag (Parmigiana di Malanzane, Cozze Alla Marinara, …). Die Besonderheit der meisten Gerichte ist dabei nicht, dass sie irgendwie besonders ausgefallen interpretiert werden oder auf den ersten Biss ach so überraschen. Wie die kleine Karte gewinnt man viel mehr den Eindruck, dass Sebastian Neuschler die Speisen sehr persönlich auswählt und in erster Linie auf jene Weise zubereitet, bei der er einfach genau weiss, wie gut das Ergebnis wird. Der Salat ist frisch und kommt mit einem runden Dressing, Parmigiana di Malanzane hat einen kräftigen, aber ausgewogenen Geschmack, die Venezianische Leber auf Polenta vertraut ganz der Leber, die in großen Stück auf den Teller kommt (und schmeckt selbst nicht Polenta-Fans) und die Fischsuppe ist erstens ausgefallen vielfältig und üppig gefüllt und überzeugt zweitens mit einer tendenziell fetten Konsistenz und einer feinen gemüsigen Note. Das alles ist fein kalkuliert, auch wenn man anderswo für diese Preise vielleicht mehr auf dem Teller findet. Selten aber lässt sich in den Gerichten so klar die Begeisterung des Kochs für seine Speisen schmecken. Eine Bereicherung. ● muehl@thegap.at • @muehlmartin Marktlücke, Große Pfarrgasse 5, 1020 Wien, www.markt-luecke.at Vorspeisen 4,50 bis 13,50 Euro, Hauptspeisen 8,90 bis 24,50 Euro, Desserts 5,50 bis 12,50 Euro.

Andreas Jakwerth, Martin Mühl

Farben 01 Eischalenweiß 02 Himmelblau 03 Mausgrau 04 Kastanienbraun 05 Kiwigrün

18.07.16 20:00


Andreas Jakwerth, Martin Mühl

INSERATE.qxp_GAP 01.06.16 13:54 Seite 1

Astrid Exner

beschäftigt sich hier mit den großen und kleinen Fragen zu Feminismus

Gender Gap Böses Blut

Ein veritabler Stimmungstöter: Frauen kommen seltener zum Höhepunkt, weil die Ejakulation immer noch oft den Mittel- und Endpunkt des Koitus markiert, unabhängig davon, ob die Partnerin auf ihre Kosten gekommen ist. Natürlich zählt zu befriedigendem Hetero-Sex mehr als die Frage, ob alle Beteiligten einen Orgasmus hatten – neben subjektiven Kriterien etwa, wie ausgeglichen das Oralsex-Verhältnis ist. Aber auch hier sind Männer öfter der empfangende Teil als der gebende, und das ist nicht nur Egoismus geschuldet. Es ist vielen Frauen unangenehm, wenn sich jemand an ihrem Intimbereich zu schaffen macht. Vielleicht, weil wir uns mit dem Werbeversprechen von haarloser Glätte und klinisch blauen Flüssigkeiten eine parfümierte Parallelwelt vorgaukeln lassen, die echte körperliche Vorgänge verschleiert? Wenn der weibliche Zyklus an sich schon ein Tabuthema ist, dann ist es das Thema Sex während der Periode erst recht. Aber warum eigentlich? Abgesehen davon, dass sich Geschlechtsverkehr nicht immer präzise planen lässt, haben viele Frauen gerade während ihrer Tage besonders Lust auf Sex. Und sie sollen darauf verzichten, nur weil neben Spucke und Sperma eine weitere Körperflüssigkeit ins Spiel kommt, die man mit einem Handtuch wunderbar in den Griff bekommen kann? Während Sperma nämlich selbstverständlich dazugehört, ist das bei Periodenblut eine völlig andere Sache, obwohl beide grundsätzlich Zeichen von sexueller Reife sind. Vielleicht hilft es, sich zu vergegenwärtigen, was die Gründe dafür sind, wenn jemand Periodensex kategorisch ablehnt. Hat es womöglich mit dem Gedanken zu tun, Menstruationsblut sei etwas Ekelhaftes und Unreines? Woher kommt diese Idee historisch? Und wie konnte sie sich gesellschaftlich durchsetzen? ● exner@thegap.at • @walzerkoenige

FRIEDRICH

KIESLER Lebenswelten 15.6. – 2.10.2016 MAK – Österreichisches Museum für angewandte Kunst / Gegenwartskunst Stubenring 5, 1010 Wien MAK.AT

PREMIUM SPONSOR Friedrich Kiesler, Raumstadt, Exposition internationale des Arts décoratifs et industriels modernes, Paris, 1925 © Österreichische Friedrich und Lillian Kiesler-Privatstiftung, Wien

002-013 Gap 158 Splitter.indd 11

18.07.16 20:00


Illustration

Young & Smitten

012

sind Barbara Hoffmann und Elke Bauer, die einander schon aus gemeinsamen Agenturtagen kennen. Auch heute machen sie weiterhin gemeinsam Grafik und Illustration und betreiben sie das temporäre Tattoo-Label Young & Smitten. »Ich muss allen Gegenständen, an denen ich mich stoße, einen Kick zurückgeben«, sagt Elke über ihren Tick, der als Anlass zur Illu diente. www.youngandsmitten.com

Lieblingswitz

Ankathie Koi

gehört zu den umtriebigsten und buntesten Musikerinnen Österreichs: Mal solo, mal als Gast (zum Beispiel bei Powernerd) und natürlich als Teil von Fijuka. Sie kuratiert heuer zusammen mit Gerhard Stöger das Popfest am Karlsplatz (28. Juli–30. Juli). www.ankathiekoi.com

002-013 Gap 158 Splitter.indd 12

Johannes Sawerthal

ten s r e m zu n e h e s n ner e i t e n h a c f e a .N n n a Zwei El M ten m k u c z a t n n n e fa e l E e n i Mal ein e re i e w d , t t g h a nic e h e Weile s t s er v h .“ c I n „ n : a n k e n se s e ander g n i D m e d t i er m

18.07.16 20:00

Gap


Die StaDt Der Zukunft SetZt auf Vernunft

In Wien werden bis spätestens 2030 mehr als 2 Millionen Menschen leben. Damit ist Wien die am schnellsten wachsende Metropole in Ost- und Mitteleuropa. Die Stadtbevölkerung der Zukunft setzt immer weniger aufs Auto. Bewohnerinnen unD Bewohner parken mit parkpickerl

In den Kurzparkzonen ist das Parken mit Parkschein oder Handy-Parken entsprechend der geparkten Zeit im Rahmen der maximalen Abstelldauer möglich. BewohnerInnen, haben die Möglichkeit, das Parkpickerl zu beantra-

002-013 158 Splitter.indd Gap 158 Gap Advertorial 01.indd 2113

gen, Betriebe und Beschäftigte können um eine Ausnahmebewilligung ansuchen. Je nach Bewilligungszeitraum und Bezirk belaufen sich die Kosten für BewohnerInnen auf 90 Euro bzw. 120 Euro für 1 Jahr sowie 180 Euro bzw. 240 Euro für 2 Jahre. Dazu kommen pro Antrag 35,70 Euro Verwaltungsabgabe (30,70 Euro bei Online-Antrag), 14,30 Euro Bundesabgabe (online 8,60 Euro) und 3,90 Euro (online 2,30 Euro pro zusammenhängender Beilage (Führerschein, Zulassung etc.). Ab September 2016 wird das elektronische Parkpickerl in ganz Wien zum Einsatz kommen.

„Das ParkPickerl Macht viele verbesserungen Möglich: breitere gehsteige, Durchgängige raDwege unD Mehr schanigärten. ich freu Mich Drauf!“ Valerie O., Kutschkergasse

wo Bekommt man DaS parkpickerl?

Ein Parkpickerl kann ausgestellt werden, wenn das Fahrzeug am Hauptwohnsitz der AntragstellerInnen im jeweiligen Bezirk auf deren Namen zugelassen ist und auch von ihnen gefahren wird. Es kann online unter www.parkpickerl.wien.at oder persönlich im jeweiligen Magistratischen Bezirksamt beantragt werden. Betriebe wenden sich an die MA 65 oder an die Wirtschaftskammer Wien, Beschäftigte an die MA 65.

Mehr freie ParkPlätze Nach der eiNführuNg der ParkraumbewirtschaftuNg liegt die auslastuNg durchwegs uNd oft deutlich uNter der VollauslastuNg.

kontakte unD informationen

Alle Informationen zum Parkpickerl finden sich unter www.parken.wien.at. Auskünfte gibt die Infoline Straße und Verkehr täglich von 7 bis 18 Uhr unter +43 1 955 59. Bei Fragen kann man sich außerdem an parken@post. wien.gv.at wenden. Betriebe und Beschäftigte wenden sich an die MA 65. •

vergleich parkplatzauslastung 2011 und 2013, vor und nach einführung des parkpickerls, vormittags, werktags (9 bis 11 Uhr), in %

ENTGELTLICHE EINSCHALTUNG

Die Parkraumbewirtschaftung ist eine wirksame Maßnahme zur Verbesserung des Stadtverkehrs. Die Erfahrungen zeigen, dass die Parkraumbewirtschaftung sehr viele positive Effekte hat. So schafft das Parkpickerl nachweislich mehr freie Parkplätze für BewohnerInnen, HandwerkerInnen und Servicedienste. Der Autoverkehr wird insgesamt auf ein stadtverträgliches Maß reduziert, es gibt weniger Abgase, weniger Lärm, weniger Feinstaubbelastung und bessere Luft. Wertvoller öffentlicher Raum wird zurückgewonnen und es gibt mehr Platz, um Grünflächen anzulegen und Bäume zu pflanzen. Von mehr Platz profitieren auch FußgängerInnen und RadfahrerInnen – durch breitere Gehsteige, durchgängige Radwege, besser einsehbare Kreuzungen.

013

iN 15 VoN 23 wieNer bezirkeN gilt die parkraumBewirtSchaftung bereits. mit 5. sePtember 2016 kommt währiNg hiNzu.

Stadt Wien / Fürthner, Stadt Wien MA 46 / Schmolke

Johannes Sawerthal

wien atmet auf

18.07.16 17:31 20:00 15.07.16


014

Rechte Visual Identity

Gibt es das? 014-017 Gap 158 Coverstory.indd 14

18.07.16 20:03


Erli Grünzweil, Screenshot: olympia.burschenschaft.at

Drei Schriftarten des rechten Milieus: Schwabacher (16. Jahrhundert), Potsdam (1934) und DIN Engschrift (1926).

Die Website der Wiener Burschenschaft Olympia ist recht(s) eindeutig.

Politische Richtungen erkennt man nicht nur an ihren Inhalten. Politik hat immer auch eine visuelle Ebene. Auch rechte Politik. Wie sieht sie aus? ———— Die Botschaften rechter Parteien reichen fast in ganz Europa wieder bis in die berühmte Mitte der Gesellschaft. Erklärungen dafür werden überall diskutiert, wo über Politik geredet wird. Liegt’s an der Globalisierung oder bloß am Internet mit seiner abgründigen Debattenkultur? Sind konkrete Abstiegsängste oder die politische Langeweile großkoalitionärer Prägung schuld? Steckt gar Putin dahinter? Vielleicht verhelfen den Rechten ja auch visuelle Medien-Strategien zum Erfolg. Aber woran erkennt man die? Es gibt visuelle Elemente, die erkennt man auf den ersten Blick als Nazi-Kram. Eiserne Kreuze zum Beispiel, oder Adlerschwingen, Lorbeerkränze – die ganze Palette rechten Zierrats eben. Das meiste davon wird als rechts erkannt, weil der Nationalsozialismus sich damit schmückte und sich damit in das historische Bewusstsein visuell eingebrannt hat. Parade-Formationen, Fackeln, polierte Stiefel, Stahlhelme, Flaggen, Banner, Wimpel, Fahnen, Uniformen: das ist Nazi. Das sieht man doch. Diese Vereinnahmung einer bestimmten politischen Optik durch die Rechte reicht soweit, dass einem so manche sozialistische oder sozialdemokratische Tradition – Paraden, Fackeln und Flaggen zum Beispiel – auf den ersten Blick sofort eines skeptischen zweiten Blickes würdig erscheint. Dabei ist es historisch betrachtet gar nicht so einfach, von einem einheitlichen Look des historischen Faschismus zu sprechen. Das Kommunikations-Design des deutschen Faschismus im Dritten Reich hat Andreas Koop 2008 analysiert. Damals erschien sein Buch mit dem kompakten Titel »NS-CI« – heute schon ein Klassiker. Darin geht es um »Das visuelle Erscheinungsbild der Nationalsozialisten 1920–1945«. Der Informations-Desi-

gner beschreibt darin mit den Begriffen des Kommunikations- und Produktdesigns, mit welcher Corporate Identity der Nationalsozialismus auftrat. »Darf man die geölte Maschinerie der Schreckensherrschaft überhaupt mit einem Vokabular beschreiben, das erst später aufkam und heute als die Grundlage der Unternehmenskommunikation etabliert ist?«, fragt das Herausgeber-Paar Karin und Bertram Schmidt-Friederichs im Vorwort zur zweiten Auflage. Nun, was man in Begriffen von heute begreifen will, muss man wohl auch in Begriffen von heute beschreiben, könnte eine Antwort lauten. Was Koop zur Kommunikations-Ästhetik des Dritten Reichs feststellt, lässt sich in etwa so zusammenfassen: eine einheitliche Nazi-CI, die gab es nicht wirklich. Denn: Der Nationalsozialismus fand auf allen Kanälen statt, in allen Farben, Schriftarten, Designs und Layouts.

bitten: »Bleib deutsch, auch in den Buchstaben.« Bis heute bleiben viele Rechte deutsch, ganz im Sinne von Goethes Mutter, wenn es um Tattoos oder die Aufdrucke von T-Shirts und Flyern geht. Das ist rechte Folklore, die insbesondere dort zelebriert wird, wo Rechte unter ihresgleichen sind. Auf der Website der Wiener Burschenschaft Olympia zum Beispiel markiert der Font Potsdam den »rechten Weg«. Diese Schriftart wurde von Robert Golpon 1934 in Deutschland entwickelt und zählt zur Gruppe der gebrochenenen Grotesk-Schriftarten. Von Grafikern werden die polemisch auch als »Schaftstiefelgrotesk« bezeichnet. Sie sind typisch für das Grafikdesign im Dritten Reich. Andere vergleichbare Fonts, die in den 30er Jahren entstanden, tragen Namen wie Tannenberg, National, Großdeutsch oder Staufia. Die rechten Parteien von heute pumpen ständig an ihrer ganz eigenen Medienblase. Zu ihrer Strategie gehört es, zwischen den »Systemmedien« mit ihrer »Lügenpresse« und den Sprachrohren der eigenen, angeblich objektiven »Wahrheit« zu unterscheiden. Gleichzeitig ist es ihr Ziel, ihre Themen, Inhalte und Positionen immer weiter in den Mainstream eben dieser angeblichen Systemmedien zu tragen – möglichst unauffällig. Das gelingt, indem sie sich entsprechend gewohnter Konventionen in Diskurse einschleichen. Staatstragend, höflich und seriös im Auftreten – hart bis extremistisch in der Sache. Man kann darin eine Doppelstrategie sehen: auf der einen Seite die Unterwanderung des Diskurses, den man gleichzeitig ablehnt. Und auf der anderen Seite das gezielte Aufbauen eines Medien-Umfelds als Plattform für den alternativen, parallelen, eigenen Diskurs. Gilt diese Doppelstrategie auch für die visuelle Ebene rechter Kommunikation? Der renommierte Informationsdesigner Markus Hanzer sieht das so. »Die Rechten lehnen sich sehr stark

014-017 Gap 158 Coverstory.indd 15

Rechte Schriftfolklore Und wie sieht es mit den neuen Rechten von heute aus? Anders. Die Neue Rechte heißt schließlich nicht ohne Grund neu. Doch es gibt Traditionslinien, die weit zurückreichen. Nicht nur ideell, sondern auch gestalterisch. Das sind die Klassiker: gebrochene Schrift, also Frakturschrift, zum Beispiel. Die findet man im rechten Spektrum bis heute überall, weil viele Rechte sie so schön deutsch finden. Fast jede Burschenschaft hat Logos, Embleme, Signets in Frakturschrift, genau wie jede Rechtsrockband oder jeder Neonazi-Club. Allerdings wäre es falsch zu behaupten, Frakturschriften wären eine Erfindung der Nazis. Die gebrochenen Schriftarten gelten als besonders deutsch, seit die Lutherbibel im Font Schwabacher gedruckt wurde. Das war 1534 – und als eine ganze Weile später, im 18. Jahrhundert, lateinische Schrift im Trend lag, warnte Goethes Mutter ihren Sohn 1794 vor »so fatalen lateinischen Lettern« um ihn zu

015

Schon 2008 erschien Andreas Koops Analyse der visuellen Ebene des Nationalsozialismus: »NSCI«.

18.07.16 20:03


016

an den Mainstream an«, stellt er fest. Und dafür gibt es auch ganz konkrete Beispiele. »Als ich in den 90er Jahren das Re-Design des ORF zusammen mit dem Designer Neville Brody gestaltet habe, hat die FPÖ unter Jörg Haider versucht, sich an diese neue Sprache, mitunter mit der direkten Kopie einzelner Elemente, anzulehnen.« Damals übernahm die Freiheitliche Partei einfach die Schriftarten, die auch vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk verwendet wurden. Dass rechte Parteien sich in ihrer visuellen Erscheinung an gewohnte und simple Muster annähern, beobachtet Hanzer seither immer wieder: »Jene, denen die Welt als zu komplex erscheint, lieben eine Reduktion auf möglichst simplifizierte Aussagen. Der Grundtrick rechter Populisten besteht ja in der extremen Vereinfachung vielschichtiger Problemstellungen. Populisten kommen diesem Bedürfnis nach Klarheit entgegen. Sie verwenden klare Signalfarben, schnörkellose Groteskschriften, simple Logos. Das Design baut auf bekannte und populäre Gestaltungsmuster wie Baumarkt oder Bild-Zeitung auf.« Achim Schaffrina vom Blog designtagebuch.de attestiert den Wahlkampf-Plakaten der Alternative für Deutschland ebenfalls, bestimmte gestalterische Anleihen zu nehmen: »Blau steht farbpsychologisch für Ruhe und Vertrauen. Die Kombination Blau-Rot wird unter anderem von den Versicherungsunternehmen AXA und VGH verwendet. Es drängt sich das Bild vom Wolf im Schafspelz auf.« Insgesamt ist die Farbgebung rechter Parteien in Europa nicht wirklich einheitlich. Aber: AfD, FPÖ, Front National und Partij voor de Vrijheid treten farblich sehr ähnlich in blauweiß-rot auf. Genauso verhält es sich bei der polnischen Partei Prawo i Sprawiedliwo (PiS), zu Deutsch »Recht und Gerechtigkeit«. Bei der Lega Nord ist ein wenig Grün mit im Spiel. Die United Kingdom Independence Party gibt sich violett-gelb und die Farben von Vlaams Belang sind schwarz-gelb. Schwarz-Gelb. Die-

se Farbkombination ist in letzter Zeit häufiger zu sehen, wenn irgendwo junge Rechte auftauchen. Denn der Jugendarbeit im Spektrum der Neuen Rechten hat sich eine Gruppierung in schwarz-gelb ganz besonders verschrieben: Die Identitären. Wer sich schon identitär nennt, hat freilich auch eine grafische Corporate Identity. Julian Bruns, Kathrin Glösel und Natascha Strobel haben über die Identitären 2015 das erste umfangreiche politikwissenschaftliche Buch geschrieben und darin auch deren Corporate Identity als eines der vier Haupt-Charakteristika der Bewegung ausgemacht. Neben der Jugend ihrer Mitglieder, der Affinität zu Popkultur und dem Hang zum Aktionismus sei es gerade der professionelle Umgang mit einer einheitlichen Corporate Identity, der die Identitären ausmache. »Ihre spezielle Ästhetik und die Verwendung von Figuren aus beliebten Serien und Filmen sowie von Memes machen sie für Jugendliche und junge Erwachsene anschlussfähig, noch bevor die ideologische Botschaft angekommen ist,« heißt es in der Analyse. »Unter Zuhilfenahme einer eigenen Corporate Identity wird eine große Bewegung suggeriert, da es leicht ist, eine eigene identitäre Gruppe zu gründen.« Das heißt: das Benutzen von bestimmten Fonts und Farben ebnet den Weg in die Identitäre Bewegung. Es gibt ihn also, den ganz bewussten Umgang mit dem Design von Kommunikation auf der rechten Seite des politischen Spektrums. Rechte visuelle Folklore für die Eingeweihten – unauffälliger Look für die Mobilisierung im Mainstream. Eigentlich klar: Rechte politische Kommunikation ist professionelle Kommunikation und sie wird deshalb nicht zufällig gelayoutet. Eine Spezialität rechter Kommunikation ist die Art des Einsatzes bestimmter Symbole. Wenn sie sich bestimmter

Zeichen bedient, dann tut sie das nicht ohne Widersprüche. »Die rechte Szene hat keine eigene ästhetische Welt geschaffen. Sie greift gerne Symbole auf, die den Eindruck erwecken, eine eindeutige Richtung vorzugeben, dabei jedoch vieldeutig oder erklärungsbedürftig bleiben«, meint Markus Hanzer. Dafür zwei Beispiele: »Das Kreuz oder auch die Kornblume sind keine unmissverständlichen Symbole. Sie provozieren die Gegner der rechten Szene zu Deutungsversuchen. Auf diese Weise übernehmen diese die Deutungsarbeit und geben der Rechten einen eindeutigen Beigeschmack, von dem sich die Rechten dann wieder distanzieren können. Die Kornblume ist dafür das allerbeste Beispiel. Das Symbol kapiert jeder. Aber man kann sich gleichzeitig leicht davon distanzieren. Ein unheimlich guter Trick.« Auf diesen Trick sind rechte Parteien angewiesen – schließlich wollen sie auf die Vergangenheit verweisen, dabei aber gleichzeitig sehr vorsichtig sein. Keine Antiqua-Schriftarten, keine Adlerschwingen, keine Lorbeerkränze. Wer vom rechten Eck in die Mitte der Gesellschaft vordringen möchte, verzichtet darauf, sich visuell allzu deutlich zu deklarieren. Anspielungen müssen reichen. Diese Anspielungen sollte man aber ernst nehmen, denn sie sind keine Zufälle. Rechtes Gedankengut erkennt man nicht einfach an der Schriftart oder Farbe, in der es auf dem Bildschirm oder gedruckt erscheint. Vereinfachung, Anpassung an den visuellen Mainstream, Verwendung spezifischer Symbole: das alles gehört zur Toolbox rechten Designs. Ein Alleinstellungsmerkmal ist das eher nicht. Es muss nicht erst vor Frakturschrift, geometrischen Symbolen und Zeichen in eher schlichten Farben wimmeln, um das Werk rechter Illustratoren und Grafiker zu erkennen. Sich bei der Deutung von Politik auf deren visuelle Oberfläche zu beschränken, wäre allerdings ziemlich falsch. Das gilt für jede Politik. Thomas Stollenwerk

Die Farbpalette des Rechtspopulismus in Europa ist überraschend bunt: AfD und FPÖ, Lega Nord, UKIP und die Identitäre Bewegung.

Als Neville Brody 1992 das On-Air-Design des ORF rebrushte, bediente sich kurz darauf die FPÖ derselben Schriftarten.

Bei der Identitären Bewegung wird die Corporate Identity zum entscheidenden Element.

014-017 Gap 158 Coverstory.indd 16

Simplifizierte Aussagen

18.07.16 20:03


3 TAGE S 8 STAGE

S 100 ACT

€40

WE ARE SCIENTISTS (US)

GOLD PANDA (UK) AVEC (AT) BIG DEAL (UK) JIMI TENOR (FI) BLACK HONEY (UK) SVPER (ES) FINLEY QUAYE (UK) LAUSCH (AT)

ALEX THE FLIPPER (AT) VIMES (DE) HELLA COMET (AT) SATELLITES (RO) MOLTO LOUD (KZ) WÆLDER (AT) A LIFE A SONG A CIGARETTE (AT) NOËP (EE) KLAUS JOHANN GROBE (CH) KLISCHÉE (CH) ELSA TOOTSIE & THE MINI BAND (AT) THROES + THE SHINE (PT) MONOPHOBE (AT) GOLF (DE) HANNAH EPPERSON (CA) KAFKA TAMURA (UK) KRIGET (SE) ELOUI (AT) AUTONOMICS (US) JOHN GRVY (ES) POLA RISE (PL) LANGTUNES (IR) RESISTERS(AT)FLUT(AT) …and many more to come

Festival Pass € 40

Erhältlich bei der Jugendinfo Wien sowie allen Ö-Ticket-Verkaufsstellen und online unter www.oeticket.com

014-017 Gap 158 Coverstory.indd 17

WWW.WAVESVIENNA.COM

29.SEP.-1.OCT.2016 18.07.16 20:03


018-037 Gap 158 Story 01.indd 18

18.07.16 20:50

Nathalie Du Pasquier, o.T., 2015, Courtesy die KĂźnstlerin und Exile Gallery, Berlin


Nathalie Du Pasquier war eine Schlüsselfigur der Designgruppe Memphis, fand aber dann zur Malerei. Die Kunsthalle Wien zeigt jetzt ihre ruhigen, schönen und tiefgründigen Werke, unter anderem dieses Stillleben ohne Titel. ———— Wenn Nathalie Du Pasquier ein Bild malt, baut sie sich aus bunt angemalten Holzelementen ein Konstrukt. Dieses stellt sie dann vor einen farbigen Karton in eine Ecke ihres Mailänder Studios. Die Sonne fließt durch die Fenster, wirft Schatten und die Kunst ist eigentlich schon fertig. Wie man hier sieht, reichen bereits zwei Blöcke auf Podesten, ein roter Tisch und Rosa im Hintergrund. Es ist eine entspannende Wonne, der Künstlerin beim Arrangieren und Malen zuzusehen – zumindest über den Umweg des traumgleichen Videos auf ihrer Website. Die Bilder Du Pasquiers strahlen dementsprechend tiefe Ruhe, kompositorische Balance und innere Freude aus – das alles mit einer nahezu beiläufigen Leichtigkeit. Die Meisterschaft der Malerin, Formen und Farben anzuordnen, ist außerordentlich, ihre wahre Kunst ist jedoch die Umwandlung einer dreidimensionalen Situation in ein zweidimensionales Abbild – eine der ewigen Herausforderungen repräsentativer Kunst. Schatten, Tiefen und Perspektiven spielen im Werk Du Pasquiers eine zentrale Rolle. Was man zuerst als Körper im Raum gesehen hat, wird auf einmal zu einer Farbfläche und umgekehrt. Dazu eignet sich der kontemplative Charakter von Stillleben wie diesem besonders gut.

019

Nathalie Du Pasquier Still ist nicht immer stumm

Auf nach Memphis! Nathalie Du Pasquier ist zwar Autodidaktin, machte ihre praktischen Erfahrungen aber in einer der wichtigsten Designbewegungen der letzten Jahrzehnte. Als Gründungsmitglied von Memphis war sie Teil des Kreises um den italienischen Architekten Ettore Sottsass, der in den 80er Jahren des vorigen Jahrhunderts die vorherrschenden Gestaltungskonventionen als kalt und unemotional zurückwies. Ergebnis war der Einzug der Postmoderne ins Design. Viele der für Memphis so wichtigen Musterentwürfe für Textilien und Laminatoberflächen stammen von Du Pasquier. Sie prägte den grafisch-plakativen und gleichzeitig dynamischen Stil, der zweidimensionale Gestaltung zu einer zentralen Ausdrucksflächen der Gruppe machte. Gleichzeitig entwarf sie auch Möbel und Objekte. Diese Wechselwirkung zwischen Raum und Fläche und der Ausdruck des einen im anderen erfüllen Du Pasquiers Arbeit nach wie vor. Nathalie Du Pasquier versucht ihrem Stillleben eine Stimme zu geben, ohne es allzu laut werden zu lassen. Gemeinsam mit skulpturalen Konstruktionen und Musterentwürfen aus der Memphis-Periode erzählt es vom Zusammenspiel von Raum, Objekt und Fläche. Es verhandelt leise aber beredt die Divergenz zwischen Realität und Leinwand. Gabriel Roland Und ist dabei ganz einfach schön anzuschauen.

»Big Objects Not Always Silent«, die erste Einzelausstellung Nathalie Du Pasquiers in Österreich, ist ab 15. Juli in der Kunsthalle Wien zu sehen. Auch sehr zu empfehlen ist die unterhaltsame Website der Künstlerin: www.nathaliedupasquier.com

018-037 Gap 158 Story 01.indd 19

18.07.16 20:50


020

Buhmann

Harry Jenner 018-037 Gap 158 Story 01.indd 20

19.07.16 16:44


mit Erfolg

Das böse Wort Damit begonnen hat der Unternehmer vor fast zwei Jahrzehnten. Nach ersten Versuchen im IT-Bereich – Jenner ist gelernter Programmierer – hat er die Musik zu seinem Geschäft gemacht. Anfangs als DJ und Partyveranstalter, etwa im Flex mit der Clubreihe Panic, die ganze zehn Jahre durchhielt: »Ich hab versucht, den Spagat hinzubekommen zwischen Indie-Musik, die mir taugt, und Kommerz. Für viele Indie-Nerds war das ja ein böses Wort … Ich war schon da bei einigen der Buhmann, weil ich Erfolg hatte.« Nach kleineren Konzerten folgte im Jahr 2000 mit H.I.M. der erste Glücksgriff: »Join Me« wurde zum Hit, die angesetzte Wien-Show in eine 4000erHalle hochverlegt. »Das war der Wahnsinn!«, so Jenner. »Mit dieser Größenordnung hatte ich damals noch keine Erfahrung. Die ganze Branche hat sich gefragt: ›Was macht der Jenner da?‹ «

Es war eine Zeit, in der Jenner noch der Underdog war und eigentlich andere in den großen Venues veranstalteten. Zu Festivals fuhr man ins beschauliche Wiesen oder zu Spektakeln ins Ausland. Eine Situation, die seinen Ehrgeiz weckte: »Es gab damals in Österreich nur 8000er-Festivals (im besagten Wiesen; Anm. d. Red.), ich dachte mir: ›Das kann doch nicht alles sein.‹ « Und das war es auch nicht. Der Erfolg der ersten Ausgabe seines Frequency Festivals – noch in überschaubarer Größe in der Wiener Arena – mag eher mäßig gewesen sein, den Schritt auf den Salzburg Ring wagte Jenner 2002 trotzdem: Allein an Tag eins kamen 15.000 Besucher.

Einfach gemacht Welches Risiko Harry Jenner dabei eingegangen sei, werde gerne übersehen, meint Rainer Krispel, der immer wieder beruflich mit ihm zu tun gehabt hat und aktuell Arena-Obmann ist: »Nachher haben natürlich alle gewusst, dass es geht. Er hat es halt gemacht. Das muss man schon anerkennen. Und das nimmt ihm auch niemand weg.« Der Weg zum finanziellen Erfolg sei, so Jenner, auch dann noch weit gewesen: Beim dritten Frequency nahm man kurzfristig Metallica ins Line-up, um eine Parallelveranstaltung der Konkurrenz zu vermeiden. Den Ticketpreis von 49 Euro zu erhöhen, das habe er sich damals aber nicht getraut. Am Ende sei mit einem ausverkauften Frequency »fast schon peinlich wenig« verdient worden, erinnert sich Jenner im Barracuda-Büro in der Wiener Alser Straße. Dass er dort heute mit rund 40 festen Mitarbeitern die bereits 16. Ausgabe seines Festivals vorbereiten kann, liegt nicht zuletzt an geglückten strategischen Partnerschaften – allen voran jener mit Ewald Tatar ab dem Jahr 2004, der in Wiesen zum Veranstalter geworden und mit dem Aerodrome ins Geschäft mit den lukrativen Großfestivals eingestiegen ist. Gemeinsam wurde das Firmennetzwerk so erfolgreich ausgebaut, dass schnell auch unfreundliche Zuschreibungen die Runde machten – bis hin zu »Mafia«, womit Bilderbuch in einem Falter-Interview aufhorchen ließen. Die Vorteile einer zumindest in Ansätzen marktbeherrschenden Stellung mag man ausgenützt haben, unlautere Methoden unterstellen der Barracuda Holding aber auch ihre Kritiker nicht. Jenner: »Das Gerede vom angeblichen Monopol gab es ja nur, weil sonst

021

Er hat das Frequency Festival erfunden und bestimmt seit gut 15 Jahren den Konzertmarkt des Landes mit. Harry Jenner gilt ob seiner Direktheit als schwieriger, streitbarer Typ, vor allem aber als tougher Geschäftsmann. ———— »Oje ;-)«, schreibt Harry Jenner, als er erfährt, dass aus dem eben vereinbarten Interview ein Porträt über seine Person werden soll. Das Verhältnis zwischen The Gap und ihm mag nicht immer ganz reibungsfrei gewesen sein – eine kritische Äußerung hier, eine herbe Reaktion da und umgekehrt –, hinter der knappen Antwort des Konzert- und Festivalveranstalters steckt aber mehr: Kaum jemand in der Branche stößt auf so leidenschaftliche Ablehnung wie er; und die wenigsten würden wohl so offen damit kokettieren. Neben Ewald Tatar und Martin Vögel ist Jenner einer der bedeutendsten Anteilseigner der Barracuda Holding, die – über Tochterfirmen wie Skalar Entertainment – einige der größten Festivals des Landes und jährlich mehrere Hundert Konzerte aus den verschiedensten Genres veranstaltet – vom Nova Rock im burgenländischen Nickelsdorf bis zur Clubshow in der Grellen Forelle in Wien. Auch wenn mit dem Vordringen deutscher Veranstalter zuletzt etwas Bewegung ins Spiel gekommen ist: Am heimischen Markt gilt die Unternehmensgruppe seit Jahren als dominierend. Und wo Erfolg ist, so Jenner, da sei eben auch Neid: »Es mag arrogant klingen, aber den muss man sich auch erst verdienen.«

im Porträt 018-037 Gap 158 Story 01.indd 21

19.07.16 16:44


Ve zu vo im Q

keiner was gemacht hat. Wir haben ja niemandem gedroht und gesagt: ›Du machst jetzt aber keine Shows.‹ Wenn jemand anderer ein besseres Angebot legt, kriegt natürlich er die Bands und nicht wir.« An Jenner & Co gab es jedenfalls kein Vorbeikommen mehr – gerade auch für heimische Musiker, von deren Seite vor allem früher oft Unmutsäußerungen zu hören waren: bescheidene Gagen, undankbare Auftrittszeiten, allgemeine Geringschätzung. Ink-Music-Chef Hannes Tschürtz, der durch beständige Arbeit über die Jahre Acts wie Ja, Panik und Bilderbuch aufgebaut hat: »Dass er österreichische Bands ›gefördert‹ hätte, kann man wirklich nicht behaupten – er hat es schlicht und ergreifend nicht als seine Aufgabe erachtet. Ich selbst sehe das längst nüchtern und pragmatisch. Nicht zuletzt die Erfolge bestimmter Bands haben dazu geführt, dass sich das Verhältnis entspannt hat und jetzt viel eher auf Augenhöhe stattfinden darf als früher.« Jenner, ganz der trockene Geschäftsmann: »Österreichische Bands spielen den Slot, den sie in Ticketverkäufen repräsentieren – daran hat sich nichts geändert. Parov Stelar wären auch 2005 Headliner gewesen, hätten sie den heutigen Status gehabt.« Den Erfolg heimischer Acts sieht er aber als Win-WinSituation für beide Seiten: »Sie sind leichter verfügbar und im Handling weniger schwierig als internationale Acts.« Aus vielen von Jenners Aussagen spricht diese unverblümte Art, mit der nicht alle gut zurechtkommen, wenngleich man ihm zugestehen muss, dass er verträglicher geworden ist. »Ich bin genau der Typ, der fix nicht hinter deinem Rücken lästert, sondern es dir direkt ins Gesicht sagt. Das finde ich immer noch die straightere Variante. Aber mit den Jahren – ich bin jetzt 44 und habe drei Kinder – wird man ruhiger, entspannter, reifer.« Dass er noch immer sehr entschieden bis herausfordernd formuliert, merkt man, wenn Jenner im Interview über »Wahnsinnigkeiten« von Mitbewerbern aus dem Ausland redet und ihnen das nötige Gespür abspricht. Oder wenn er Kritik an ihm und seinen Bemühungen nicht nachvollziehen kann – etwa an den verhältnismäßig ambitionierten Umweltschutzmaßnahmen am Frequency, das seit 2009 wieder in Ostösterreich, genauer gesagt, in St. Pölten stattfindet: »Wir haben Neoprentaucher, die die Traisen fast sauberer machen, als sie vorher gewesen ist. Wir haben eine Ölsperre installiert, wir haben AwarenessTeams vor Ort, Volunteers, die Müll sammeln, … Du reißt dir den Arsch auf und alles, was übrigbleibt, ist ein Video, wo einer fünf Minuten nach Ende des Festivals mit dem Radl und einer Kamera durchs (zugemüllte; Anm. d. Red.) Gelände fährt. Da frag ich mich: ›Warum tu ich mir die Hacke eigentlich an?‹ « Noch so eine Sache, die er nicht nachvollziehen kann: Warum es wichtig sein soll, auf ein möglichst ausgewogenes Geschlechterverhältnis im Festival-Line-up zu achten. »Das versteh ich einfach nicht. Ich hab mir in 20 Jahren noch nie gedacht: ›Fuck, da spielen

018-037 Gap 158 Story 01.indd 22

Harry Jenner mit typischer Handbewegung: »Es ist verdammt noch mal immer noch Rock ’n’ Roll.« nur Frauen mit, die Band buch ich nicht.‹ Wir haben zehn Booker und ich kann für jeden einzelnen davon die Hand ins Feuer legen: Keiner schaut da drauf, ob das ein Manderl oder ein Weiberl oder ein Mix oder whatever ist. Sondern da wird geschaut: Ist’s gute Mucke, kann ich Tickets verkaufen?« Dass unter den zehn Bookern des Unternehmens aktuell keine einzige Frau ist, hat Jenner noch nicht hinterfragt. Wichtig sei ihm, dass Frauen für den Job nicht ausgeschlossen sind. Auch seiner Tochter habe er versucht mitzugeben, dass sie alles, was sie erreichen will, auch erreichen kann. »Ich bin da eher so: Es gibt ein Problem – was ist die Lösung dafür? Und nicht: Warum gibt es das Problem?« Und was sagen aktuelle bzw. ehemalige Kollegen über Harry Jenner? Manche lieber nichts. Oder, dass sein Humor halt ein wenig »tiaf« sei, was man als Außenstehender alle Jahre wieder auch bei der bierseligen Barracuda-Programmpräsentation miterleben kann. Jenner: »Ich komm aus Simmering, ich seh das nicht so eng … Es ist verdammt noch mal immer noch Rock ’n’ Roll.«

Tough, aber fair Gar nicht so wenige sagen auch: »Aber ich mag ihn trotzdem.« Wenn man seine »schwierige Art« ausblende, lasse es sich gut mit ihm arbeiten – er sei tough, aber fair, frei von Hinterfotzigkeit, und könne auch einstecken. »Ich hab’s oft bewundert, dass es ihm scheinbar egal ist, was die Leute so über ihn denken«, erzählt Birgit Hinterhofer, die in der PromoAbteilung des Unternehmens gearbeitet hat. »Vermutlich muss es dir das in dem Geschäft auch sein, sonst wird das nix. Aber vielleicht ist’s ihm gar nicht egal und man glaubt das nur, weil er halt der ›harte Hund‹ ist.«

Dass er auch ohne Druck von außen Innovationen – von Bühnenbild über Gastronomie bis hin zum Digitalauftritt – im Unternehmen vorangetrieben hat, hält ihm Silvio Huber, der voriges Jahr von Barracuda zum Konkurrenten Arcadia Live gewechselt ist, zugute. Wie auch eine gewisse Schläue, den nötigen Atem und die richtigen Entscheidungen. Den angesprochenen Druck von außen gibt es mittlerweile. Neben der Beteiligung von FKP Scorpio bei Arcadia (Nuke und sämtliche Festivals im ehemaligen Barracuda-­ Territorium Wiesen) ist mit der DEAG (Rock In Vienna) noch ein zweiter internationaler Entertainment-Riese in Österreich aktiv geworden. Für Jenner kein Problem: Sein Unternehmen sei noch nie in ernsthafter wirtschaftlicher Bedrängnis gewesen und erwarte 2016 das erfolgreichste Jahr überhaupt, erklärt er – spart dabei aber aus, dass man im Vorjahr zur Verstärkung einen Finanzinvestor aus Neuseeland ins Boot geholt hat. Die geänderte Marktsituation habe jedenfalls geholfen, aus dem alten Trott auszubrechen, neue Ideen zu entwickeln und sich zu konsolidieren. Und noch eine positive Seite kann er der neuen Konkurrenz abgewinnen: »Wenn man sich die anschaut – die machen genau dasselbe wie wir in Blassgrau, mit Anlauf und minus zwei Punkte. Also ich bin heilfroh, dass das so ist, weil es bei vielen Leuten, was uns betrifft, jetzt auch ein Umdenken gibt: ›Die sind ja gar keine unsympathischen Monopolisten, die pinkeln auch nur im Stehen – das aber mit Manuel Fronhofer gutem Ziel.‹ «

Das Frequency Festival findet heuer von 17. bis 20. August in St. Pölten statt. Zu sehen sind Acts wie Deichkind, Bilderbuch, Paul Kalkbrenner, Parov Stelar und Massive Attack.

Jana Sabo

022

Win-Win-Situation

20.07.16 10:31

Unt Die


Jana Sabo

subotron.com/veranstaltungen/pro-games

Veranstaltungsreihe zur Praxis von digitalen Spielen im MuseumsQuartier Q21 / Raum D, 1070 Wien

UnterstĂźtzt von www.creativespace.at Die Kreativplattform der Wirtschaftskammer Wien

018-037 Gap 158 Story 01.indd 23

Medienpartner:

18.07.16 21:05


Österreichische Indie-Labels werden mittlerweile richtig alt. Wie lässt es sich als kleine Plattenfirma hierzulande überleben? ———— »2001 war die musikalische Welt eine einfachere. Mit Tonträgern konnte man noch richtig Geld machen, die Nummer-1-Singles der damals noch im Fernsehen ausgestrahlten Ö3-Top 40 – Gigi D’Agostino, Eminem, No Angels, Crazy Town, Wheatus oder Atomic Kitten – taten das auch zur Genüge. Technologisch erlebte die Musikbranche gerade einen wichtigen Turning Point: Im Oktober 2001 erschien der erste iPod und änderte die Hörgewohnheiten einer gesamten Generation. »Die österreichische Musikszene war eine Wüste. Und wir haben wider jede Erfolgsaussicht ein Wasserkraftwerk gebaut, das heute tatsächlich ein bisschen Strom liefert.« Hannes Tschürtz ist sichtlich stolz auf das Erreichte, sein Label Ink – verantwortlich für Meilensteine der heimischen Indie-Geschichte wie »Ja, Panik«, »The Angst And The Money« oder »Die Pest im Piemont« – ist längt nicht mehr nur eine Plattenfirma. Ink ist eine Full-Service-Agentur, macht Konzerte, Promotion, Festivals und vieles weitere – nicht alles davon muss gleich ein finanzielles Geschäft sein. »Wir wollen Qualität vor Quantität stellen, heute ein wahnsinnig schwer zu erfüllender Anspruch. Ich behaupte, es bedeutet mehr Wertschätzung und mehr Langfristigkeit für die Künstler, aber auch genaueres Hinschauen beim Kalkulieren und Durchführen von Events für uns«, erklärt Tschürtz den Ink-Anspruch.

Gründungsförderungen? In diese Wüste der österreichischen Musikszene von 2001 ein IndieLabel aufzubauen, war vor allem der boomenden burgenländischen

018-037 Gap 158 Story 01.indd 24

Oase geschuldet: »Es bestand die Notwendigkeit, das auch in eine Form zu gießen. Die Major-Labels sind rund um die beginnende Tonträgerkrise in Schockstarre verfallen, Indies gab es kaum bis gar nicht, also musste man selbst ein Label gründen, um Platten zu veröffentlichen«, schwelgt Tschürtz in Erinnerungen. Aufgehalten hat ihn zwar niemand, aber eine »gewisse Ahnungslosigkeit, was das eigentlich alles bedeutet«, gab es schon. Den Begriff Kreativwirtschaft und deren Förderung dagegen so gut wie gar nicht, Musikförderung noch weniger als heute – für die ersten Releases musste damals – wie heute – oft das eigene Ersparte herhalten. Es hat aber auch seine Vorteile, ein Label in einer denkbar unwirtlichen Umgebung aufzubauen: Rückschläge ist man gewohnt, die große Krise der Tonträger – vor allem zwischen 2004 und 2007 – stecken kleine Indies leichter weg als der ewige Klassenfeind: »Während die Majors erst lernen mussten, mit weniger Geld auszukommen, haben die kleinen Labels mit praktisch keinem Geld die digitalen Möglichkeiten rasch für sich selbst entdeckt und genutzt«, sagt der Ink-Chef und verweist dabei auch auf die anderen heimischen Indie-Stars wie Siluh, Monkey oder Problembär: »Die haben Inhalte weit über die Wirtschaftlichkeit gestellt und die Releases gemacht, auf die sie Bock hatten. Die Majors haben praktisch kein einziges nachhaltiges Thema in dieser Zeit entwickelt – die unabhängige Szene des Landes hat sich in dieser Zeit von Parov Stelar bis Bilderbuch und von Soap & Skin bis Ja, Panik alles Mögliche »erarbeitet«. Auch international konnten die Indie-Labels in den Zeiten der Krise wieder verstärkt Nischen besetzen, 2009 gingen sogar erstmals mehr Grammys an Indie-Labels als an die Großen. In den letzten Jahren sind internationale

Nikolaus Ostermann

024

Vom Überleben der Indies Label-Wirtschaft

18.07.16 20:51


Nikolaus Ostermann

Die Platinerne »Schick Schock« hängt mittlerweile bei Ink, das heuer seinen fünfzehnten Geburtstag feiert, im Büro.

Der persönliche Struggle Auch heute wird man mit einem österreichischen Indie-Label nicht reich, Selbstausbeutung ist ständiger Begleiter, wie auch Jamal Hachem erzählt: »Offenbar wird das Betreiben eines Musiklabels in der öffentlichen Wahrnehmung mit gewissen Schwierigkeiten verbunden. Diese Tendenz ist hinterfragenswert, denn auch Atmosphären und Stimmungen sind nicht unwesentlich für kreative Zweige. Es braucht Fleiß, Hingabe und gutes Zeitmanagement, um ein Label mit mehreren Artists zu betreiben, genauso wie eine gesunde Portion Realismus und zugegeben auch ein gewisser Hang zur temporären Selbstausbeutung.« Die Liebe zu den Acts geht dabei auch oft über Bedürfnisse von Label und Mensch: »Dass es Trouble Over Tokyo nicht mehr gibt, war zunächst wirtschaftlich und menschlich sehr schade. Gleichzeitig ist daraus etwas wunderbares Neues entstanden«, erzählt Hannes Tschürtz etwa von seinem ehemaligen Schützling, der als Sohn temporär die Welt eroberte.

Was macht der Boom mit uns? Vielleicht wird es ja jetzt leichter. Ob der Hype um österreichische Künstler weitergeht, wird man sehen müssen. Wie er heimische Labels verändert hat, hängt stark von deren Portfolio ab: »Keine Ahnung, ob das für Artists wie Mile Me Deaf oder Vague relevant ist, Acts wie Mile Me Deaf oder Sex James haben in ihren Kreisen auch schon vorher ganz gut international funktioniert«, meint Bernhard Kern von Siluh und auch der ähnlich international ausgerichtete Andreas Dvorak, der sein Label Fettkakao privat finanziert, sagt: »Ich erlebe weder eine Aufnoch Abwertung durch diesen so genannten österreichischen Musikboom.« Auch für Affine, dessen Artists größtenteils instrumentale Stücke aufnehmen, schlägt sich der Hype nicht auf die Labelarbeit nieder. Labels, die vornehmlich für den heimischen und deutschen IndieMarkt produzieren, sind da durchaus optimistischer: »Die Zuversicht ist gewachsen, man wird mutiger, traut sich mehr, investiert auch in Länder, die man früher nicht angegangen wäre«, erzählt Andreas Jantsch von Las Vegas Records, die heuer ihren zehnten Geburtstag feiern. »Der Boom ist insofern hilfreich, weil das Bewusstsein vor allem hierzulande für Musik aus Österreich sensibilisiert wird. Das ist auch für die kleineren Releases und Labels gut, es muss nicht mehr so lange erklärt werden, was Pop-Musik aus Österreich sein soll«, sagt Matthäus Maier, dessen Grazer Label Phonotron erst 2014 gegründet wurde und bereits mit seiner ersten Veröffentlichung – dem Polkov-Debüt – Spuren in der österreichischen Musik-Landkarte hinterlassen hat. Walter Gröbchen meint: »Lokale Labels profitieren davon vor allem auch, weil wesentliche Medien, Gatekeeper und Durchlauferhitzer die Propheten im eigenen Land nicht mehr ungestraft ignorieren können.« Das Geburtstagskind Ink gilt dabei – neben dem 2013 in Seayou Records aufgegangenen Problembär Records – als wichtigstes Label, das den Hype heraufbeschworen hatte, schließlich hängt sogar »Schick Schock« aus Platin im Büro. Chef Tschürtz zieht zu einem anderem Hype der vergangenen Monate einen Vergleich. »Das ist ein bisschen wie im Fußball: Gefährlich wäre eine totale Selbstüberschätzung oder der Glaube, jetzt ginge alles von selber. Es ist immer noch ein harter Kampf und tägliche Überzeugungsarbeit – wenngleich auf etwas höherem Niveau.« Dominik Oswald

Label sein allein reicht nicht Alle österreichischen Indie-Labels, die auch dezidiert davon leben wollen und können, durften sich nie nur auf das Veröffentlichen von Platten verlassen, denn davon kann keiner leben. Man muss sich dafür breiter aufstellen. Hier sind vier Beispiele, wie es gelingen kann.

Monkey »Das pure Überleben allein ist eine nicht geringzuschätzende Leistung. Wir sind auch als Dienstleister tätig und nicht nur als l’art pour l’art-Vehikel«, erzählt Monkey-Chef Walter Gröbchen. Sein Label macht auch Auftragsfertigung, Promo, Consultating, Verlag, Events und Management.

Affine Records Affine Records, das mit Releases von Cid Rim, Wandl und Ogris Debris tatkräftig zum Hype österreichischer Musik beigetragen hat, erzielt seine Erlöse aus »einer Mixtur von Sales (vermehrt auch Streaming), Lizenzierungen und Artist Booking«, wie Chef Jamal Hachem erklärt.

025

Indies dennoch stark »trend«-abhängig, wie etwa Young Turks, True Panther oder Tri-Angle. 2012 und 2013 waren die bislang für Ink härtesten Jahre, auch aufgrund des Wachstums mit einer Berlin-Dependance und eines Tocherunternehmens, die den finanziellen Druck und die Erwartungshaltung deutlich erhöhten: »Wenn trotz hoher Investitionen – etwa für Releases im Ausland – die Ergebnisse nicht entsprechend sind, wird es schnell ungemütlich.«

Wohnzimmer Records Bei Wohnzimmer Records sind es gar ein Promotionsbüro und ein Interactive Studio, die das Label finanzieren, da man »im Gegensatz zu anderen Labels weder an Airplay-Tantiemen, Konzertgagen oder Merchandising beteiligt ist, deshalb kommen unsere Einnahmen fast ausschließlich aus dem Verkauf von Tonträgern«, ergänzt Lelo Brossman in Vertretung von Wohnzimmer-Chefin Kerstin Breyer, eine der sehr wenigen Frauen an der Spitze einer heimischen Plattenfirma.

Las Vegas Records »Seit ein paar Jahren bilanzieren wir durchwegs positiv«, erzählt Chef Andreas Jantsch, »der Gewinn setzt sich dabei aus einer Vielzahl von kleineren Posten zusammen. Wie dem CD-Verkauf und der Einnahmen aus der Vermietung unserer Rechte. Wir betreiben mittlerweile aber auch Equipmentverleih, vermieten Proberäume, bieten Promotion an und Ähnliches.«

Ink feiert am 16. September seinen fünfzehnten Geburtstag im Wiener WUK.

018-037 Gap 158 Story 01.indd 25

18.07.16 20:51


026

Junger Jazz aus Österreich Hoffnungsträger halb der Subsumtion »Jazz« stilistisch nicht festnageln. »Das Besondere an der Arbeit für unsere kommende EP – die Aufnahmen sind abgeschlossen und wir feilen an den Mixes – ist, dass wir alles selber machen. Wir nehmen uns viel Platz zum Denken und Ausprobieren«, erzählt Mira Lu Kovacs aus dem Entstehungsprozess. Einflüsse von Neuer Musik, Elektronik oder K-Pop(!) fießen ein, so lange es sich mit dem künstlerischen Anspruch der fünf vereinbaren lässt; Vocoder, Overdubs und Orgel finden Raum. Mira erzählt weiter: »Manu Mayr hat fast zur Gänze die Rolle des Aufnahmeleiters übernommen und macht vieles gleichzeitig; Aufbau, Aufnahmetechnik, Kontrabass und E-bass einspielen, schneiden und mehr. Alles passiert jedoch im gemeinsamen Prozess, bloß das Mastering werden wir aus der Hand geben. Das tage- und nächtelange kollektive Mischen eröffnet viele Möglichkeiten und Perspektiven. Zur Pause gehen wir manchmal in den Bruno Kreisky Park – es hat ein bisschen was von Campen. Große Freiheit!«

Große Freiheit!

Das junge Publikum war der gefälligen, reproduzierten Stereotype im Jazz lange Zeit überdrüssig. Ebenso sind die Menschen es müde, den Elfenbeinturm einer künstlerischen Elite erklettern zu müssen. Genau hier bietet sich eine Chance für das, was jungen Jazz auszeichnet und ihn nach wie vor für ein großes

Martin Eberle (Trompete, Flügelhorn), Benny Omerzell (Keyboards, Klavier), Manu Mayr (Kontra- und E-Bass), Lukas König (Schlagzeug) und Mira Lu Kovacs (Gesang), aka Kompost 3 feat. Mira Lu Kovacs, lassen sich inner-

018-037 Gap 158 Story 01.indd 26

Improvisation, Konversation, Modernität

» Jazzmusikerinnen und Jazzmusiker zeigen sich heute abenteuerlustiger und spielwütiger denn je.«

Publikum attraktiv und unersetzbar wertvoll machen kann. Jazz ist in seinem Wesen immer noch Musik jenseits von Normen, Religionen und Zwängen – Improvisation bleibt eine verbindende globale Sprache von Menschen, verwurzelt in allen Kulturen – und passt wie kaum eine andere Musik in ihrer Vielfalt in die heutige Musikszene. Und, Kompost 3 feat. Mira Lu Kovacs sind einer ihrer Hoffnungsträger. Thomas Nussbaumer

Am 19. September präsentieren Kompost 3 feat. Mira Lu Kovacs ihre neue EP im Rahmen von Art of Songs im Wiener Konzerthaus. Bis dahin besuche man mindestens 3 Konzerte junger Jazzmusikerinnen und -musiker.

Ina Aydogan

Dem Jazz geht es großartig – hören wird man das nicht zuletzt auf der im Herbst erscheinenden Zusammenarbeit zwischen Kompost 3 und Mira Lu Kovac auf EP- Länge.———— »Jazz« als nivellierte Wohlfühlmusik – so wurde die Kunstform als Musikrichtung in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten zunehmend von großen, marktbestimmenden Plattenfirmen und Festivals kontraproduktiv ausgehöhlt, um Verkäufe zu generieren. Dass diese Form der Massenproduktion aber kaum ein neues Publikum anziehen kann, war absehbar. Diesem Trend zum Trotz finden sich immer wieder Kollektive – in Österreich oft, aber bei Weitem nicht immer aus der offenen Teilmenge der Jazzwerkstatt Graz und Wien –, junge Musikerinnen und Musiker, die mit Können, einem Sinn für Anarchie und Ironie gegen diese Traditionalismen angehen. Jazzmusikerinnen und Jazzmusiker zeigen sich heute abenteuerlustiger und spielwütiger denn je und die Vernetzung einzelner Szenen funktioniert genre- wie auch generationenübergreifend auf nationaler und internationaler Ebene. Das Publikum wandelt sich mit den Künstlern, man sieht viele neue und junge Gesichter auf Konzerten. Diesem Jazz geht es großartig.

18.07.16 20:51


Ina Aydogan

Half Girl stehen ihre Frau. Warum das 2016 immer noch wichtig ist. ———— Sagen wir einmal so: Frauen sind im deutschsprachigen MusikBusiness nach wie vor Mangelware. Vereinzelt sieht man sie auf Bühnen stehen, viel zu selten geben sie den Ton an. Laut dem SRA (SR-Archiv österreichischer Popularmusik) liegt der Anteil von weiblichen Musikschaffenden in Österreich bei ernüchternden 10 %. Zum Glück gibt es noch Hoffnungsschimmer wie die superben Half Girl. Die vierköpfige »All Girl Super Group« macht keine halben Sachen und bringen im September mit einer Extra-Portion Riot ihr lang ersehntes Debütalbum »All Tomorrow’s Monsters« heraus. Die eigentlichen Ursprünge der Berlin-WienFormation liegen mit 2009 ja schon ein paar Jahre zurück. Da drängt sich natürlich die Frage auf, wieso so lange mit dem Debüt gewartet wurde. Als Supergroup hatten die einzelnen Mitglieder allesamt genug Troubles mit ihren laufenden (Haupt)-Projekten: Julie Miess, die für Half Girl ausnahmsweise ihren Bass ruhen ließ und die Front-Sängerin gibt, hat sich bei Britta, Mutter oder Jens Friebe bereits einen Namen erspielt. Als Gitarristin sorgt niemand Geringeres als Vera »Luise Pop« Kropf für schön noisig hingerotzte Riffs. Gwendolin Tägert, die mit Mondo Fumatore eher aus der Indie-Ecke kommt, ist für Half Girl ebenso mit E-Gitarre und Plektrum bewaffnet. Mit der Ex-Die-Heiterkeit Drummerin Anna-Leena Lutz ist die österreichischdeutsche Combo schließlich komplett, von

018-037 Gap 158 Story 01.indd 27

der Miess übrigens als »Traumband» schon Jahre lang geträumt hat, wie sie im Interview gesteht.

Die Dinge beim Namen nennen Schubladen á la »Girl Band« sind in einigen Musikerinnenkreisen eher ungern gesehen – immerhin gibt es kein kursierendes, maskulines Pendant, mit denen ausschließlich männliche 0815-Rockbands bezeichnet werden. Laut Miess geht es hierbei um einen dauerhaften Pop-Diskurs, den jede Musikerin einmal notgedrungen durchkauen muss. Dass der Hund allerdings nicht erst in ungeschickten Bezeichnungen begraben liegt, sondern es bereits an der Gesamtsituation mangelt, dürfte klar sein. Bei der eigens konzipierten Bandbetitelung »All Girl Super Group« muss Julie Miess dann aber doch auch selbst schmunzeln. »Das ist natürlich irgendwie besonders absurd, wenn bei einer Band, wo der Großteil um die 40 ist, von ›Girls‹ die Rede ist.« Trotzdem kommt man an Kategorisierungen dieser Art leider (noch) nicht vorbei. Half Girl verpassen der Problematik deshalb lieber einen »uneleganten« Namen, als sprachlos die vollendete Emanzipation herbeizusehnen: »Strategischer Existentialismus, sozusagen«, meint Julie Miess pragmatisch.

Zu haarig für Beyonce Hätten Half Girl ein Maskottchen, wäre es wohl ein nettes, haariges Zottelmonster geworden. Kein Wunder, nennen sie sich selbst

027

Debüt der Wiener-Berliner Super-Group Half Girl Noise Rotz Riffs » Das ist natürlich irgendwie besonders absurd, wenn bei einer Band, wo der Großteil um die 40 ist, von ›Girls‹ die Rede ist.« — Julie Miess ja auch »Monstergang«, wie in ihrem zweiten Album-Track tatkräftig zelebriert wird: »They call us Monstergang, don’t like our golden fangs, they don’t like our soft black fur.« Haarig, wild und irgendwie eckig und kantig fühlen sie sich mit »All Tomorrow’s Monsters« und ihrer All-Girl-Konstellation sichtlich wohl und möchten dies auch anderen Musikerinnen weitergeben. Half Girl funktionieren somit ein bisschen nach dem »Who run the world«Prinzip wie Beyonce, nur anders. In jedem Fall fühlen sie sich mit ihren haarigen Mähnen, krachenden Gitarren und viel Lautstärke Michaela Pichler wesentlich echter an.

»All Tomorrow’s Monsters« von Half Girl erscheint via Siluh Records am 9. September.

18.07.16 20:51


Gabriel Roland

betrachtet die hiesige Modeszene Stück für Stück

Das Flimmern und Knistern eines Röhrenfernsehers, das stockende Rauschen einer gestörten Übertragung oder die schwimmende Unschärfe einer kaputten Kamera – sie alle sind Interferenzen, die für etwas Unsicherheit in unserer sonst so klar umrissenen Welt sorgen. Wo wir uns normalerweise gern auf eindeutige Informationen verlassen, begegnet uns dort Unklarheit. Das ist verunsichernd, aufregend und ästhetisch. Auch beim Anziehen neigen wir dazu, klare Abgrenzungen anzustreben: Außen und innen, Mann und Frau, Körper und Gewand, Anlass und Outfit, nackt und bekleidet – um nur ein paar zu nennen. Freilich, das menschliche Denken lebt davon, Dinge und Zustände definieren zu wollen, aber genauso, wie man das sympathische Rauschen eines alten Röhrenbildschirms ab und an dem klinisch scharfen Bild eines HD-Screens vorzieht, lohnt sich bisweilen auch das Aufweichen von Definitionen. Ein Kleidungsstück, das gleich mehrere Abgrenzungen viel weniger klar erscheinen lässt, ist dieses Tank Top von Buffet. Auf den ersten Blick wirkt das meiste ja noch recht gewohnt: zwei Träger, weite Armlöcher, ein abgerundeter Saum, außen schwarz, innen weiß. Aber sobald Bewegung in das Teil kommt, verschwimmen diese Gewissheiten wie durch einen analogen Glitch. Man bemerkt, dass das Tank Top aus zwei unabhängigen Schichten streifig-transparenten Seidengewebes besteht, die mit jedem Faltenwurf in Interferenz treten. Und schon ist man sich unsicher: Wo ist die Grenze zwi-

018-037 Gap 158 Story 01.indd 28

schen der durchscheinenden Seide und dem darunterliegenden Körper? Wie sehr ist das Kleidungsstück noch eine Grenze zwischen mir und der Außenwelt? Sind die Streifen eine horizontale Anspielung auf den Feinripp eines Unterleiberls? Wie real sind die durch die Überlagerungen entstehenden Schattierungen überhaupt? Auf welchem Punkt zwischen Basketball-Trikot und Negligee befinden wir uns? Ist das für Männer oder für Frauen? Auf einmal will man sich gar nicht mehr so sicher sein. ● roland@thegap.at • @wasichgsehnhab

Die Kleidung des slowakischen Labels Buffet ist online auf www.buffetclothing.com und im Wier am Wiener Neubaugürtel erhältlich.

Erli Grünzweil

028

Einteiler Slowakische Interferenz

18.07.16 20:51


Fühlen, wie die Stunden langsamer vergehen. Erleben, wie Papier lebendig wird. Zeit für schöne Details haben. Dem Augenblick mehr Raum geben.

DiePresse.com/sonntagsabo

JETZT NUR

6 EURO

Erli Grünzweil

PRO MONAT

018-037 Gap 158 Story 01.indd 29

18.07.16 20:51


Wortwechsel: Wohin verschwinden Österreichs Filmerinnen?

030

Barbara Kaufmann »Alle Projekte, an denen ich mitgeschrieben habe, wanderten jahrelang von einer Förderstelle zur nächsten.« ————Verschwinden ist ein mysteriöser Vorgang. Jemand verläuft sich in einem düsteren Wald, fällt in ein Kaninchenloch, steigt in den falschen Zug und kehrt niemals wieder. Filmemacherinnen, die verschwinden, das klingt ein wenig, als würden sie selbst zu Protagonistinnen eines Filmes. Von David Lynch. Das hätte mich zwar gereizt, weil er für mich der Größte ist, trotzdem kann ich mit keinem so spektakulären Grund dafür dienen, warum ich nach der Filmakademie immer mehr in Richtung Journalismus gedriftet bin. Ich hab Drehbuch studiert, weil ich immer Geschichten erzählen wollte. Alle Projekte, an denen ich mitgeschrieben habe, wanderten jahrelang von einer Förderstelle zur nächsten. Endlose Verzögerungen, so kam es mir in meiner Ungeduld damals zumindest vor. Und die eine Geschichte, die mir so wichtig gewesen wäre, um sie selbst zu drehen, gab es damals nicht. Also schrieb ich Gastkommentare für eine Zeitung und landete über Umwege beim Radio. Dort war die Produktionszeit ungleich kürzer und das persönliche Glückserlebnis größer, weil die Geschichten im Kopf auch wirklich umgesetzt wurden. Ähnlich war es später beim Fernsehen und beim Schreiben für Magazine und ein Onlinemedium sowieso. Heute ist vieles anders. Die Produktionsmittel sind günstiger geworden, die Produktionsfirmen jünger und offener. Und die eine Geschichte, die ich unbedingt erzählen will, gibt es auch. Vielleicht bin ich aber auch einfach geduldiger geworden. Barbara Kaufmann studierte Drehbuch auf der Filmakademie, landete dann im Journalismus bei Ö1, drehte für den ORF Religion und Am Schauplatz, schrieb für das Magazin Datum und NZZ Österreich. Aktuell arbeitet sie an ihrem ersten Kinospielfilm.

Ursula Wolschlager »Ins Firmenbuch eingetragene Produzenten sind zu 83% Männer!« ———— Die Statistiken in den verschiedenen Förderbereichen zeigen, dass überall dort, wo Regisseurinnen/Autorinnen ohne Produktionsfirma einreichen können, die Ressourcenverteilung bei Weitem ausgewogener ist: Die Filmförderung des BKA wurde etwa zu 55 % an Männer und zu 45 % an Frauen vergeben. Offenbar liegt also das Problem vor allem in der Produktionslandschaft, die am Stärksten männlich dominiert ist. Ins Firmenbuch eingetragene Produzenten sind zu 83 % Männer! Natürlich hat dieser Umstand enorme Auswirkungen darauf, welche Projekte angenommen werden und welche Personen in Regie, Drehbuch und anderen Schlüsselpositionen beauftragt werden. Da es sich beim Geschichtenerzählen nicht um eine exakte Wissenschaft handelt, liegt diese Auswahl an allen möglichen Faktoren, u.a. an Geschmack, Blickwinkel und Vertrauen. Denn ein Produzent muss ja an eine Geschichte glauben und einer Regisseurin/einem Regisseur vertrauen. Und Vertrauen hat wiederum viel damit zu tun, wie nahe einem der/die Andere ist, und welche Ähnlichkeiten man in ihm/ihr erkennt. Daher sollten einerseits die Produzentinnen gestärkt werden und anderseits Anreize für Produktionsfirmen geschaffen werden, Projekte von Frauen anzunehmen und in die Förderungsgremien zu schicken.Leider führt der ORF keine öffentlich zugängliche Genderstatistik, aber sowohl die Regisseurinnen als auch die von Frauen geleiteten Produktionsfirmen, die regelmäßig vom ORF Aufträge bekommen, liegen prozentuell wohl im einstelligen Bereich. Da Film ein machtvolles, meinungsbildendes Medium ist, geht es nicht nur darum, dass die Ungleichgewichtung für die Frauen innerhalb der Branche problematisch ist, sondern ganz generell darum, was es für eine Gesellschaft bedeutet, vornehmlich Filme und Serien vorgesetzt zu bekommen, die einen sehr eingeschränkten Blickwinkel weitererzählen. Denn abgesehen von der Genderproblematik hat die Filmbranche ja ein viel weiter reichendes Diversitätsproblem. Ursula Wolschlager ist Produzentin und Autorin. Als Vorstandsmitglied von FC Gloria Frauen Vernetzung Film hat sie das ProPro-Produzentinnenprogramm, eine Initiative des Filminstituts zur Stärkung Österreichischer Filmproduzentinnen (co)-konzipiert. Ihre Produktions- und Projektentwicklungsfirma (u.a. »Die Vaterlosen«, »Gangster Girls«, »Ma Folie«) betreibt auch das Stoffentwicklungsprogramm »Diverse Geschichten – Drehbücher zwischen den Kulturen«, das für den Staatspreis für Erwachsenenbildung (Integration durch Bildung) nominiert wurde.

018-037 Gap 158 Story 01.indd 30

18.07.16 20:51


Projekte von Produktionsfirmen eingereicht werden, an denen Frauen maßgeblich beteiligt sind. Die Forderung nach der Quote, also einer Top-Down-Maßnahme, ist daher weniger als Kritik an den Förderstellen zu verstehen, sondern soll bei den Produktionsfirmen einen Anreiz schaffen, Projekte, die von Frauen gestaltet werden, einzureichen. Dieser Wortwechsel dient nicht dazu, die leidige Diskussion, ob die Forderung einer Quote nun gerechtfertigt sei und was sie bringe, fortzuführen, sondern versucht, verschiedene Antworten auf die Frage zu finden, wieso es überhaupt dazu kommt, dass nur so wenige Produktionen von Frauen zur

Jasmin Baumgartner

Einreichung kommen. 40 % der Absolventen der Filmakademie, die immer wieder unter der Kritik steht, nicht genug Frauen in leitenden Positionen zu beschäftigen, sind weiblich. Was passiert mit diesen Filmschaffenden nach ihrem Studium? Können sie im Film-Business keinen Fuß fassen? Werden ihre Projekte von Produktionsfirmen abgelehnt und warum passiert das? Was machen diese 40 % nach der Filmakademie und mit welchen Problemen sind sie dabei konfrontiert? Natürlich kann man über solche Fragen nur mutmaßen – genau darum haben wir vier Frauen, die unterschiedliche Positionen in der österreichischen Filmindustrie einnehmen, um Stellung gebeten. Amira Ben Saoud

Eva Spreitzhofer

»Beim Pitchen bist du von zehn Teilnehmern die einzige Frau. Du bekommst den Job. Hater behaupten sofort, es ist, weil du eine Frau bist, nicht etwa weil du die beste Idee geliefert hast.« ———— Erst bewirbst du dich an der Filmhochschule. Es darf nur gut ausgehen, sonst waren die letzten Monate Freunde terrorisieren und Job kündigen umsonst. Juhu, geschafft! Erleichterung und erstes wackeliges Selbstbewusstsein. Der erste Tiefschlag: Ein Kollege sagt: »Jasmin, geh dich doch schminken. Du hast sicher in deinem ganzen Leben noch nie wirklich was g’hacklt.« (lol) Du machst deinen ersten Film an der Hochschule. Ein Professor sagt dir »Mach es noch mal. Das is a Schas«. Du machst es nochmal und nochmal. Viele Semester später ist das neue Selbstbewusstsein weg. Du hörst auf, diesen Schulterklopfer bekommen zu wollen und drehst wieder. Du und zwei bis drei andere mögen das Ergebnis. Du schickst den Film um teuer Geld an jedes Festival zwischen Klosterneuburg und Shanghai. »Danke, aber unter 500.000 eingereichten Filmen waren 20 bessere dabei.« Du rechnest dir die Wahrscheinlichkeit aus, jemals vom Filmschaffen leben zu können, während du als Gästebetreuerin beim NachmittagsTV arbeitest. Dann überredest du dein Team erneut, ohne Bezahlung mit dir zu arbeiten in der einzigen Woche im Jahr, in der ihr alle Zeit habt. Du und 20 bis 30 andere finden das Ergebnis gut. Living the Dream! Der Film läuft auf Festivals. Du willst gleich den nächsten drehen, aber das geht nicht, weil um bei den größeren Förderstellen anzusuchen, brauchst du eine etablierte Produktionsfirma. Du präsentierst also Produktionsfirmen deine Idee und träumst davon, nicht mehr im Prekariat zu leben. Beim Pitchen bist du von zehn Teilnehmern die einzige Frau. Du bekommst den Job. Hater behaupten sofort, es ist, weil du eine Frau bist, nicht etwa weil du die beste Idee geliefert hast. Du fühlst dich wie die fleischgewordene Quote. Ich kenne viele Regisseurinnen und habe schon oft von Stoffen gehört, die bei Förderstellen abgeblitzt sind, weil zu wenig weibliche Figuren vorkommen. Ich kann es mir nur so erklären, dass es an der Auswahl der Produktionsfirmen scheitert. Österreichs Filmerinnen sind nicht weg, sondern eh da und wollen drehen.

»Es gibt ein Mittel, Frauen nicht verschwinden zu lassen. Wollen wir dieses Mittel oder nicht?« ———— In allen Erdteilen dieser Welt »verschwinden« Filmemacherinnen proportional zu hohen Budgets und guten Karriereaussichten. Ebenso wie Forscherinnen, Ärztinnen, Universitätsprofessorinnen, Politikerinnen. Zusammengefasst: je mehr Geld und Macht, desto weniger Frauen. Ich bin keine GenderExpertin, ich weiß nicht, wohin Frauen nach ihrer Ausbildung verschwinden, ich kann nur deutlich sehen, dass sie überall dort wieder auftauchen, wo sie aufgrund einer Quote wieder zum Erscheinen gebracht werden. Die Frage, die sich uns stellt, ist also: Es gibt ein Mittel, Frauen nicht verschwinden zu lassen. Wollen wir dieses Mittel oder nicht? Den Rest meiner 1.700 Zeichen stelle ich für Links zu diesem Thema zur Verfügung, denn Gründe für »das Verschwinden« von hochqualifizierten Frauen rund um den Globus sind nachzulesen in allen Sprachen dieser Welt …

Jasmin Baumgartner studiert Drehbuch und Regie an der Filmakademie Wien, arbeitet an einem Film über einen Fussballverein und hat zusammen mit der Kamerafrau Anna Hawliczek das Filmkollektiv One Delta Ten Tango gegründet. Ihr Film »Unmensch« wurde bei der Diagonale 2016 zum Besten Nachwuchsfilm gekürt.

www.zeit.de/2015/50/star-wars-kathleen-kennedy-frauen-filmbusiness

018-037 Gap 158 Story 01.indd 31

031

Sie ist wieder da. Die Diskussion um die Quote. Doch geht es dieses Mal nicht um den Anteil österreichischer Musik im Öffentlich-Rechtlichen, sondern um Frauen im österreichischen Film. Filmemacherinnen und Interessenvertretungen wie FC Gloria für Frauenvernetzung im Film fordern eine Quote in der Vergabe von Fördergeldern, die einen Anreiz schaffen soll, das Ungleichgewicht zu korrigieren – so sind in den letzten fünf Jahren nach Berechnungen von FC Gloria nur 22 % der Fördergelder von ÖFI und dem Filmfonds Wien an Frauen gegangen. Das liegt aber nicht daran, dass die beiden Institutionen Männer stark bevorzugen, sondern dass überhaupt nur ganz wenige

derstandard.at/2000032957915/Die-vergessenen-Frauen-der-Filmgeschichte www.proquote-regie.de/ewa-studie-wo-sind-die-weiblichen-regisseure-imeuropaeischen-film/ derstandard.at/1318726051389/Quote-an-Universitaeten-Maennerquote-von90-auf-60-Prozent-senken derstandard.at/1297820586802/Studie-Von-der-Quotenfrau-zur-kritischenMasse www.spiegel.de/politik/ausland/in-norwegen-funktioniert-die-frauenquote-inaufsichtsraeten-a-831693.html www.profil.at/kultur/spaete-zuendung-museen-galerien-kuenstlerinnen-6244775 www.fc-gloria.at/category/neuigkeiten/ www.pro-quote.de derstandard.at/1317018467310/Daimler-Chef-gegen-Frauenquote-Wohin-sollich-all-die-Maenner-aussortieren othes.univie.ac.at/20888/1/2012-05-04_0626147.pdf Eva Spreitzhofer ist Schauspielerin, Drehbuchautorin, Regisseurin und Mitbegründerin der Akademie des österreichischen Films. Sie hat die Fernsehserie »Schnell ermittelt« erfunden und ist in »Deckname Holec« demnächst im Kino zu sehen.

18.07.16 20:51


032

Der Extremperformer Ivo Dimchev mutet seinem Publikum nur das zu, was er sich selbst auch zumutet: Alles. ———— Das Partizip »verstörend« ist untrennbar mit Ivo Dimchev verbunden – kein Text über den gebürtigen Bulgaren, der über dreißig Bühnenwerke produziert hat, kommt ohne diesen Begriff aus. Er sei ein »verstörender Performer«, der »verstörende Performances« erschafft. Dieser Ruf kommt nicht von ungefähr: Ivo Dimchev greift gerne zu drastischen Darstellungsmitteln. Er schlitzt sich mit Rasierklingen das Gesicht auf und versteigert sein Blut auf der Bühne. Oder bezahlt bei der Arbeit »P Project« das Publikum dafür, dass es auf der Bühne zum gefakten Trockensex antritt. Auch BühnenBlow-Jobs finden sich im Repertoire.

Nur keine Scham

Das ist keine Krawallmache, sondern eine fundamentale Auseinandersetzung mit hochpersönlichen Themen, die Dimchev mit dem Publikum teilen muss – ohne Rücksicht auf Verluste. Scham oder Angst haben hier keinen Platz, absolute Offenheit ist die Konsequenz, so Dimchev im Gespräch: »Es gibt nichts Persönliches, das es nicht verdient erforscht und geteilt zu werden. Sobald ich mich fühle, als würde ich etwas verstecken, schäme ich mich. Und ich will mich für nichts schämen.« Dieses Ankämpfen gegen die Scham und das Geheimnis findet permanent auf allen Ebenen statt. Dimchev ist ein Universalkünstler. Wenn er nicht probt, schreibt, fotografiert, malt, zeichnet er, arbeitet an Skulpturen aus ausgestopften Tieren oder singt und improvisiert am Klavier. Langeweile? Ein unverständliches Konstrukt für Ivo Dimchev. Genauso wie die oft gesuchte »Inspiration«. Der Schöpfungsakt an sich ist ihm Input genug. Und bei seiner Bearbeitung des »Es« findet er immer wieder ganz von selbst das Große im Kleinen.

018-037 Gap 158 Story 01.indd 32

In »Paris« etwa beschäftigt er sich mit der Stadt, die die vielleicht wichtigste Rolle Im Leben von Migranten des 20. Jahrhunderts gespielt hat. Wie offen oder geschlossen ist dieser Ort mit der großen Einwanderungstradition heute gegenüber dem Fremden – und was heißt fremd sein überhaupt? Angesichts der dramatischen Ereignisse der vergangenen Jahre in der französischen Hauptstadt möchte man dem 2008 für den Tänzer Christian Bakalov konzipierten blutigen Solo hellseherische Qualitäten zusprechen.

Most healing performance ever

Vor der Aufführung von »I-Cure« im Sommer 2014 beim Impulstanz-Festival raunte man sich im Publikum zu, »dieses Mal werde es nicht so verstörend« werden. Schließlich widmete sich Dimchev dieses Mal der Heilung von sich und seinem Publikum. Vier Dinge für die man sich Erleichterung wünsche, solle jeder auf ein Kärtchen schreiben. Denn – wieso sollte man eine Stunde für ein kleinbürgerlich-kulturelles Ereignis verschwenden, wenn man sie auch dem eigenen Seelenheil widmen kann? Selbstheilende Kräfte verströmen nach der Ivo-Methode die unterschiedlichsten Dinge: Die russische Sprache, die Frequenz von 528 Hertz und auch Schockmomente. Von diesen Schockmomenten gibt es einige im Stück, das diesen Sommer auf ausdrücklichen Wunsch von Impulstanz-Intendant Karl Regensburger wieder in Wien zu sehen sein wird. So schockierend, dass sogar Ivo kurz vor Schluss der Vorstellung zugeben muss: »It’s so disgusting I can’t even look at it.«

Ivo statt Lourdes Heilende Kräfte werden auf jeden Fall der Stimme von Ivo Dimchev zugeschrieben. Sein Timbre erinnert stark an jenes von Antony And The Johnsons-Sängerin Anohni. Die-

se Stimme kennt kein Geschlecht und kann von fast transparenten Falsett-Lauten bis zu einem Vibrato das einer Singenden Säge alle Ehre macht, alles produzieren. Bis in die samtigen Gefilde des Baritonregisters zeichnet sich seine Stimmführung durch allerhöchste Präzision aus. Diese Präzision ist ein Alleinstellungsmerkmals des Phänomens Dimchev: Seine Sprache ist genauso geschärft wie der durchdringende Blick. Gemeinsam mit dem androgynen, aalglatten Körper bekommt dieses Bühnenwesen etwas maschinenhaft Unheimliches. Extrem einnehmend und abstoßend zugleich.

Ivo Dimchev

Ivo Dimchev beim Impulstanz-Festival Universale Verstörung

Befreiter Nachwuchs

Den unverschämt weit gefassten künstlerischen Wirkungsbereich des Extremkünstlers fassbar zu machen, ist keiner Bildungsinstitution gelungen. Abgesehen von einem Master an der renommierten Das-Arts Akademie in Amsterdam hat er keinerlei akademische Ausbildung absolviert. Die Schauspielschule brach er ab – der Weg war ihm zu eng gesteckt. Das Berufsbild Allroundkünstler und Extremperformer war im Bulgarien der Jahrtausendwende einfach noch nicht etabliert. Mit der Zuschreibungs-Problematik aus eigener Erfahrung bewandert, schafft Ivo Dimchev nun offene Räume zur Selbsterfahrung für nachfolgende Künstlergenerationen. In den von ihm gegründeten Volksroom in Brüssel und dem Mozei in Sofia können Arbeiten die zwischen den Stühlen aller Gattungen sitzen, erstmals einem größeren Publikum präsentiert werden und müssen sich keiner kuratorischen Vorauswahl stellen. Oft weiß man es als Künstler ohnehin am besten. Dimchev selbst, der große Autodidakt ist dafür das allerbeste Beispiel. Während seiner Zeit als Schauspielschüler nahm Ivo Dimchev auch Unterricht bei einem Opernsänger. Der

18.07.16 20:51


»Paris« + Christian Bakalov, 21. Juli, 23.00 Uhr, Kasino am Schwarzenbergplatz »Operville« 25, Juli, 21.00 Uhr, Akademietheater »I-Cure« 10. August, 23.00 Uhr, Schauspielhaus »Songs from my Shows« 11. August, 23.00 Uhr, Schauspielhaus »Concert Improvisation & Book Presentation« + Lea Petra, 14. August, 22.30 Uhr, Leopold Museum

Ivo Dimchev

Gesang ist ein essentieller Teil seines Vokabulars geblieben. Selbstgeschriebene Songs kommen in vielen seiner Shows zum Einsatz. Wieso er nicht Sänger geworden ist? Weil er es nie wollte. Und die Theaterbühne braucht, wie er beim Interview schildert: »Ich liebe das Theater und seine Konventionen. Was immer man auf der Bühne tut steht immer in Verbindung zum Gebaude und zur Tradition des Gebäudes und der Kunstform an sich. Das hat einen ganz großen Einfluss auf meine Arbeit.«

033

Tickets und Termine auf www.impulstanz.com

Sing für uns! Und doch könnte man sich Ivo Dimchev, der mit den kleinsten Gesten auch ein schwarzes Loch füllen könnte, gut auf den ganz großen Musikfestivals der Welt vorstellen. Die berückend schönen, fragilen Kompositionen aus seinen Shows können auch ohne die schützende Ummantelung eines dramaturgischen Konzepts bestehen. Dem Drängen seiner großen Fanbase nachgebend, gibt Dimchev nun auch manchmal Liederabende. Und hat mit »Operville« seine ganz eigene Auseinandersetzung mit dem behäbigen Genre Oper geschaffen. Oder eher damit, was er sich darunter vorstellt – eine ganze Opernvorstellung hat der Teufelsperformer nämlich noch nie durchgesessen. Da hat er Besseres zu tun: Ein Buch über sein Bühnenschaffen im Eigenverlag herauszugeben, beispielsweise. Mit mehr als 500 Seiten ist es ein richtiger Ziegel geworden. Sonst übliche, schwülstig-bildhafte Zwischentexte werden durch Copy-Paste von Facebook-Fragestunden ersetzt. Durch das Buch hat er seinen weiten Tätigkeitsbereich noch einmal erweitert. Choreograf, Performer, Komponist, Herausgeber und zuletzt auch noch findiger Anzeigenverkäufer: Zur Finanzierung seiner Monografie hat er einige Seiten des Wälzers nämlich als Werbeflächen an ihm verbundene Kunstinstitutionen vercheckt. Alles für die ach so verstörende Kunst eben. Magdalena Hiller

018-037 Gap 158 Story 01.indd 33

18.07.16 20:51


Cornetto ist 50

034

Lecko

mio! 018-037 Gap 158 Story 01.indd 34

18.07.16 20:51


Patriotismus zum Schmelzen

Schelato

Der Doppellutscher war lange von den Eiskarten verschwunden und ein Schleckhit in den 1970er Jahren. Für diese Saison nahm ihn Eskimo in Österreich wieder ins Sortiment. Der Grund: Das österreichische Fußballnationalteam qualifizierte sich für die Europameisterschaft in Frankreich. Wie die Frankreich-Exkursion ausging ist bekannt. Nichtsdestoweniger stehen die Farben rot und weiß – das erklärt zumindest »Eskimo« in seinen Aussendungen – für die österreichischen Nationalfarben. Gut, die Himbeerseite vom Doppellutscher ist zwar eher pink, aber so kleinlich braucht man nicht sein, wenn es ums Befeuern einer gewissen Euphorie und natürlich auch ums Stillen von Nostalgie geht. »Der Doppellutscher hat schon 1978 im Cordoba-Jahr Glück gebracht. In diesem Jahre verlangen nostalgische Erinnerungen an Cordoba und Fußballfieber nach einem rot-weißem Fan-Eis«, erzählt Gunnar Widhalm, der strategische Leiter für Ice Cream bei Unilever Austria. Das Wunder von Cordoba ist jetzt zwar nichts weiter als ein fast schon vier Jahrzehnte andauernder Mythos, der an Lächerlichkeit kaum zu überbieten ist. Kurz zur Erinnerung: Österreich besiegt Deutschland in einem WM-Spiel, beide Mannschaften müssen die Heimreise antreten. Aber bitte. Man lernt, dass die Beschwörung von jahrelang eingeübten österreichischen Mythen zumindest als Marketingtool noch immer ein Funktionieren zugetraut wird. Und vielleicht auch, dass man selbst etwas scheinbar Profanes wie Eis mit Patriotismus aufladen kann, wenn man es drauf anlegt. Lutschen für das Team!

Eiskalte Erinnerung Nicht unwesentlich ist allerdings die Erkenntnis, dass Eis der perfekte Nostalgie-Spielplatz ist. Die Nostalgie setzt dabei ziemlich weit unten an

018-037 Gap 158 Story 01.indd 35

Hipster-Eissalons in Wien Gebt euch die Kugeln!

20 Millionen Cornettos wurden 2015 in Österreich weggeschleckt. Eine durchaus passable Zahl.

Kaum zu glauben. Rein quantitativ ist Österreich in Sachen Eis Europameister. Zu diesem Schluss kommt zumindest die Wirtschaftskammer, die 2013 erhoben hat, dass auf 15.000 Einwohner ein Eissalon kommt. Das schafft nicht einmal Italien, das ja als Inbegriff der Speiseeiskultur gilt. Und die Zahl der Eissalons wächst. Insbesondere in Wien, wo sich seit einigen Jahren in dieser Hinsicht förmlich ein Salonboom abzeichnet. 154 deklarierte Eisläden zählte man 2015 in der Bundeshauptstadt. Was dabei auffällt: Die Erdbeer-Vanille-Schoko-Troika wird zunehmend gebrochen, da junge Quereinsteiger mit perfekt durchgestylten Konzepten kreative Rezepte austüfteln und den alten Eis-Königen den Rang ablaufen. Vom Ziegenkäse über Wodka-Zitrone bis hin zu SpinatAvocado reichen die Kugelvariationen, die man sich in die Tüte kommen lassen kann. Den Fress-Hipster freut es. Das Know-how lernten die neuen Eismacher übrigens meist auf Eiscréme-Universitäten in Italien, den USA oder Deutschland. Dementsprechend wird nicht nur auf qualitätsvolle – nicht selten biologische – Zutaten Wert gelegt, sondern auch die Handwerkstradition, die hinter einem guten Eis steht, betont. Den Unterschied zum Industrieeis schmeckt man, der Kugelpreis geht mitunter aber auch ins Gesalzene. Hier ein grober Überblick über das Eistreiben in der Stadt.

035

Cornetto ist 50. Und auch der Doppellutscher ist wieder da. Warum? Es hat mit Nostalgie, Wirtschaftswunder und Cordoba zu tun. ———— Dieser Text ist Eva Glawischnig zu verdanken. Der Bundessprecherin und Klubobfrau der Grünen trat an einem Frühsommerabend im Mai in der ORF Polit-Talkshow »Im Zentrum« auf. Was sie dort mit den anderen Klubchefs der Oppositionsparteien diskutierte, weiß zwar kein Mensch mehr, dafür blieb ihr Outfit im Gedächtnis. Irgendwie. Glawischnig hatte sich an diesem Abend für einen blütenweißen Blazer, ein nicht minder blütenweißes Shirt und eine knallpinke Hose entschieden. Das ist jetzt nicht sonderlich spektakulär. Gut, sie saß direkt neben Matthias Strolz, dem Klubobmann der NEOS und trug quasi die Parteifarbe des politischen Gegners am Bein. Aber vielleicht war es sogar Absicht. Was weiß man, was Mode- und Farbberatern von Politikern so durch die Köpfe geht, wenn sie darüber sinnieren, was dem Wahlvolk vielleicht durch die Köpfe gehen könnte, wenn sie eine pinke Caprihose sehen. Letztlich erinnerte Glawischnig mit ihrer Farbwahl aber an ein Eis, das seit einigen Monaten intensiv beworben wird – den Doppellutscher.

Schelato www.schelato.at — Wenn ein Filmemacher und ein Modedesigner einen Eissalon eröffnen, schlägt die Kreativität Kapriolen. Nebst Klassikern und einem formidablen Karamell-Eis mit Fleur de Sel gibt es Kreationen wie Granatapfel-Basilikum, Gurke oder Eisbecher, die schon einmal mit Blauschimmelkäse, Kirschen und Speck serviert werden. Charmant ist der Gastgarten und abends wird die Eisdiele zur Bar für alle die wissen, was sonst noch cool ist. Ein Extraplus gibt es für das Preis-Leistungs-Verhältnis.

18.07.16 20:51


und führt tief in die eigene Biografie. Kaum ein anderes Lebensmittel lässt nämlich derart stark Erinnerungen an die Kindheit wach werden wie Gefrorenes für den Gaumen. »Speiseeis ist ein Lebensmittel, das in der Regel bereits mit Kindheitserfahrungen verbunden ist. Und dann auch noch oft solche der besonders schönen Sorte wie Sommer, Freibad, festliche Anlässe. Diese Erinnerungsfunktion ist eine der wichtigsten Komponenten beim Eisessen als Erwachsener. Selbst dann, wenn es sich um verfeinerte und elegantere Formen des Eisessens handelt«, erzählt Ernährungssoziologe Daniel Kofahl. Bei aller Erinnerungsleistung bedient so manches Speiseeis aber auch ein wenig mehr. Bestes Beispiel dafür ist das Cornetto. Seit genau 50 Jahren ist das Tüteneis in Österreich am Markt und sozusagen das Gegenteil von Doppellutscher, Tschisi und Co. Ein gefrorener Dauerbrenner, ein Eiskarten-Evergreen. 20 Millionen einzelne Cornettos schmolzen etwa im Vorjahr in ganz Österreich die Speiseröhren hinab. Da drängt sich die Frage auf, was Eis zu einem Klassiker macht? »Dafür bedarf es einer handwerklich guten Geschmackskonstruktion sowie einer generationenübergreifenden Erzählung und Erinnerungskultur, die aber immer wieder auch den Zeitgeist bedient«, analysiert Daniel Kofahl. Bei Cornetto trifft dies alles in einer Tüte zusammen. In einem halben Jahrhundert kommt da einiges zusammen.

036

Wirtschaftswunder Gern erzählt man etwa die Geschichte, dass es dem italienischen Eiscreme-Hersteller Spica als erstem gelungen ist, Tüteneis einzufrieren, bei dem die Waffel knusprig bleibt und nicht gatschig und matschig wird, weil man auf die Idee kam, die Waffel innen mit einem Schokoladen-Ölfilm zu überziehen. Das verhindert beim Auftauen ein Durchsickern der Eiscreme durch die Tüte. Unilever kaufte daraufhin das innovative italienische Unternehmen Spica und sorgte fortan für die Vermarktung von Cornetto. Ideenreichtum ist gut, aber erfolgsfördernd für das industrielle Tüteneis Cornetto – im italienischen Caivano werden jedes Jahr 674 Millionen Stück des Schleckklassikers für Europa produziert – war auch der historische Rahmen in dem die Anfangsjahre von Cornetto eingebettet waren: Deutschland und auch Österreich wurden in den 1960er Jahren vom Wirtschaftswunder beflügelt. Man fuhr wieder in Urlaub. Nicht selten war Italien Ziel dieser Reisen. Den Blockwarten und Hausmeistern wurde an adriatischen Sandstränden ein wenig Dolce Vita in die Köpfe gegrillt, gutes Gelati verschaffte ihnen dabei die Kühlung. Mit Cornetto konnte die Erinnerung und die Vorfreuden an den Traumurlaub auch unterm Jahr konsumiert werden. Ein lukullischer Geschmackssoundtrack zum Wirtschaftswunder. Auf Eis gelegtes Gefühl sozusagen. Ein Gefühl, das auch immer mit leichter Erhabenheit verbunden war, denn ein Cornetto war damals – anders als heute – das teuerste Eis

018-037 Gap 158 Story 01.indd 36

1960 erfand das italienische Unternehmen Spica eine Methode, Waffeleis so einzufrieren, dass es beim Auftauen nicht matschig wird. Das Cornetto war geboren. Unilever wurde darauf aufmerksam, kaufte die Firma und brachte sukzessive das Eis auf den europäischen Markt. In Österreich ab 1966.

Eis Greissler www.eis-greissler.at — Die Pioniere der neuen Eiskultur in Österreich sperrten 2011 ihren ersten Laden auf. Das Eis wird ohne künstliche Aromen, künstliche Zusätze und Farbstoffe gemacht. Das Geschäft läuft, der Eis-Greißler hat mittlerweile fünf Filialen (zwei in Wien, eine in Wiener Neustadt, Graz und Klagenfurt). Die sterile VintageHeimeligkeit der Geschäfte lassen anscheinend nicht nur der Tante Emma das Herz aufgehen. Dazu kommt noch die eine oder andere Gefriertruhe an neuralgischen Punkten wie etwa dem Karmelitermarkt.

Leones www.leones.at — Giorgio und Lisa Leone kommen aus der Kommunikationsbranche und haben sich nach mehrjähriger Planung ihren Traum vom Eissalon erfüllt, Besuch auf der Gelato University in Bologna inklusive. Aus TopBioprodukten zaubert man für viele schon jetzt das beste Slow-Food-Eis Wiens. Wert legt man bei Leones auch auf Design, schließlich schleckt das Auge ja mit. Neben der Stammfiliale in der Lange Gasse gibt es bis Ende August übrigens in der Praterstraße 16 eine Pop-up-Filiale.

18.07.16 20:51


Gefrorenes

675 Millionen Cornettos werden in der größten CornettoFabrik in Caivano (bei Neapel) jährlich produziert. Das ist der Bedarf für ganz Europa. Auf 15.000 Einwohner kommt in Österreich ein Eissalon. Europarekord.

Ice Dream Factory www.icedreamfactory.com — Hier wird üppiger, amerikanischer Eis-Stil gepflegt. Geil versaute Köstlichkeiten wie Brownie-Stückchen, Heidelbeersauce oder Erdnussbutter werden mit viel Liebe zur Qualität und zu Details verarbeitet. Extrem cremig, extrem gut. Die selbstgemachten Waffeln erledigen den Rest.

037

auf der Karte: »Ein Cornetto genießen war etwas Besonderes, das man sich leisten wollte«, fasst Gunnar Widhalm von Unilever Austria zusammen. Der Eiscreme-Stratege weiß auch, warum das beliebte Waffeleis noch immer am Markt ist. Schließlich sind die Wirtschaftswunderzeiten ja schon lange vorüber. Eine gewisse Wandlungsfähigkeit und ein Anpassungswille, was den Kundengeschmack betrifft, spielen dabei eine Rolle. »Bis heute gab es 54 verschiedene Geschmacksrichtungen und neben der Sortenvielfalt stehen den Konsumenten auch verschiedene Eisgrößen zur Auswahl.« Das zeigt sich etwa auch im heurigen Jubiläumsjahr, in dem u. a. ein Cornetto Frozen Yoghurt in einer eher kleineren Dosis von 90 ml beworben wird. Und mit Ablegern wie den Cornetto Taco reagiert man auf Ernährungsströmungen wie der momentan boomenden Street-Food- und Snack-Kultur. Der Zeitgeist wird also gefüttert, Eis zum Zwischendurch-Snack umgedeutet. Zudem gewinnt auch das Thema Nachhaltigkeit immer mehr Bedeutung. Bis 2020 soll alles, was beim Cornetto in die Tüte kommt, ökologisch korrekt sein. »Eisessen beinhaltet wie jeder Verzehr von Nahrung heutzutage einige politische Komponenten. Ökologische Nachhaltigkeit spielt dabei ebenso eine Rolle wie sozialverantwortliche Produktions- und Handelsbedingungen«, erklärt Food Soziologe Daniel Kofahl.

www.gefrorenes.at — In zwei Filialen in der Währinger Straße werden altösterreichische Eisrezepte umgesetzt. Alles echt bio natürlich. Bedient werden aber auch k. u. k. Klischees mit Eiskreationen wie Apfelstrudel, Sachertorte und Sissi-Mandel. Modern zeigt man sich dafür bei Sorbets wie etwa von der Erdbeere, Grapefruit oder Honigmelone, die als vegan ausgeschildert werden. Alles in allem treibt es Nostalgie-Heinzis hier die Tränen in die Augen. Wie damals in der guten alten Eiszeit.

Lisa + Girogio, Eis Greissler, Veganista

Gut eingetütet Ein weiterer Erfolg in der Produktgeschichte von Cornetto ist – es mag banal klingen – die Werbung. Die hat sich nämlich in so manchem Falle besonders eingebrannt. Dass Christina Stürmer ihren Hit »Nie genug« vor gut acht Jahren noch einmal für das Eskimo-Produkt einsang, blieb irgendwie haften. Sprüche wie: »Cornetto, der Sommer und du!« hat man auch noch irgendwo im Hinterkopf. Auffallend ist vor allem, dass die Grund-Positionierung des Eises in der Werbung über die Jahre gleich blieb. »Cornetto-Werbungen zeigen meist junge Leute, die Spaß am Leben haben. das Eis steht für Freundschaft, Liebe und Jugend«, erklärt Gunnar Widhalm. So weit so gut. Interessanter ist aber, dass Werbe-Reime wie »Bei dem Cornetto Haselnuss bekommt mein Hasi einen Kuss« heute noch gerne von älteren Semestern zitiert werden. Und der Spruch-Klassiker »Für den Cornetto Heidelbeer geb’ ich den letzten Schilling her« lebt als derber Schüttelreim bis heute weiter. In diesem Kontext ist es auch kein unmittelbares Pech, dass man gut durchtrainierte, breitschultrige Männer, die nach unten hin spitz zu laufen, spöttisch als »Cornettos« bezeichnet. Es gibt nicht viele Produkte, die es schaffen, mit körperlichen Besonderheiten assoziiert zu werden und die so in der Alltagssprache präsent bleiben. Der Cornetto hat es in dieser Hinsicht geschafft, der Doppellutscher eher nicht. Manfred Gram

018-037 Gap 158 Story 01.indd 37

Veganista www.veganista.at — Die Schwestern Cäcilia Havmöller und Susanna Paller traten mit ihrem Eisgeschäft den Vegantrend bei Gefrorenem los. Gelernt wurde das Handwerk auf einer Ice Cream University in den USA. Die Sorten wechseln ständig, raus kommen Kreationen wie: OrangeOlivenöl-Safran, Heidelbeer-Lavendel oder Basilikum. Das Geschäft brummt, mittlerweile betreibt das Duo drei Filialen und hat ein Kochbuch geschrieben.

Vidoni www.vidoni.wien — Vidoni gibt es in Wien schon seit 1901. Einst machte man Salami, heute allerdings (vorwiegend) veganes Eis. Zurecht stolz ist man in diesem Salon, dass man ohne Sojamilch auskommt. 30 Sorten gibt es täglich. Insgesamt verfügt man über rund 150 Rezepte. Die sehr sorbetähnlichen Fruchteissorten sind uneingeschränkt zu empfehlen.

Heiling www.heilingeis.at — Ein burgenländischer Steinmetz kaufte ein burgenländisches Traditionsunternehmen am Eissektor, verpasste ihm einen frischen Anstrich und expandierte. Heiling Eis behauptet sich seit dem Vorjahr in Wien, heuer sperrte man zwei neue Filialen auf. Das Erfolgsrezept: Frische Zutaten, keine Zusatzstoffe und halbverrückte Sorten wie Apfelkuchen, Salzburger Nockerl oder Griechischer Joghurt.

18.07.16 20:51


prosa — Cor du l a Simon

Hin und retour Nichts dü r fte Cor du l a Simon w eniger leiden können a ls Scheinidy llen. In dieser Ku r zgeschichte l ässt die Gr a zer Autor in eine na menlose Protagonisten in die v er fa llende Pa mpa ihr er K indheit zu rück r eisen. Zu Tage kommen, zu mindest teilw eise , unschöne und löchr ige Er innerungen.

038

dolin e Ich erkenne die Frau am Fahrkartenautomaten vor mir. Dreihundertvierundsechzig Tage im Jahr kennen wir einander nicht. »Gewonnen!« ruft sie, als die Münzen in die Schale des Fahrkartenautomaten rasselten. Vielleicht hat sie sich wirklich nicht verändert. Wo wir aussteigen, steht der Dorfgendarm am Bahnsteig. Sie fragt ihn, auf wen er wartet: »Auf Einbrecher.« Sie fragt weiter: »Und die sind im Zug?« »Ja«, antwortet er, »und da bleibens auch drin, wenns mich sehen.« Seine Sprache macht, dass ich schlucke. Als ich ankomme, kann ich die durchgeschwitzte Wäsche meines Vaters auf dem Balkon sehen, obwohl dort schon lange nichts mehr hängt. Die Tür ächzt, als ich sie öffne. Weck nicht meine innere Unruhe, zischt es. Als Georg ging, hatte meine Mutter keine Angst mehr, dass die Katzen um jemand anderen buhlen konnten als um sie, nun waren es ihre Katzen, denn von mir, die so passiv dieses Gebäude bewohnte, so unauffällig war ich – erwarteten die Katzen nichts, obwohl sie damals für mich als kuschelige Haustierchen angeschafft worden waren und ich ihnen Namen geben durfte. Meine Mutter erinnerte sich bald nicht mehr an die Namen. Sie müssen noch in einem alten Tagebuch stehen. Eine Einheit der Tiere, wie eine zweigesichtige Katze. Janus. Ein Name reicht. Mutz. Ich ging in die Küche. Auf dem Herd stand ein Topf. Rotweinsuppe. Ich weiß nicht, wer zuletzt hier gewesen war. Hier konnten ausgestorbene Tiere auferstehen. Das Haus knackte manchmal so laut, dass man davon aufwachen konnte, selbst wenn man nicht schlief. Auch an Bomben ist nicht die Explosion das schlimmste, es ist das Geräusch davor, dieses hohe Surren, wenn sie sich noch im freien Fall befinden, so wie

038-051 Gap 158 Story 02.indd 38

bei Stechmücken aller Art das hohe Summen ihre stärkste Waffe ist – man wünschte sich, sie würden einfach zustechen und man würde sich kratzen, ein bisschen Spucke auf den Stich geben und es wäre vorbei. Spucke. Ursuppe. Wenn man dreizehn ist und lernt, dass beim Küssen die Spucke danach überall um den Mund klebt. Sie würde bald herüberkommen. Sie würde zur Tür hereinkommen und niesen. Mondstauballergie. Wie erzählen dann. »Das ist keine schöne Geschichte«, werde ich sagen. Und sie wird sagen: »Dann muss ich ein bisschen weinen.« Ich weiß nicht, was ich hier will, aber es ist nichts Gutes. Wir beginnen mit dem Schweigen, mit dem Bombensurren, mit der Mosquitoqual. Jedes mal. Ich schalte den Plattenspieler ein. Wahrsageapparat. Niemand hat je wahrgenommen, dass es in diesem Haus keinen Strom mehr geben sollte. Warum wird er nicht abgestellt. Dreizehn Jahre, denke ich. Keine einzige Stromrechnung. Das Haus ist elektrisch. Ich öffne ein paar Fenster. Hinge Wäsche draußen, sie röche nach Heu. So wie die Katzen rochen, als wir noch den Stromleitungen folgten, wo immer sie uns hinführten. Der Wein endete nie, wie auch der Strom immer floss. Wir sind gezwungen, im gleichen Raum zu sein, wir können nicht anders. Erst ist da dieses beschissene Schweigen, und wir unterhalten uns erst, wenn es zu befremdlich ist. Ich höre die Tür knarren. Ich habe dich vermisst, flüstere ich. Sie kommt in die Küche, lässt sich auf einen Stuhl fallen. Doline. Sagt sie. Ich nicke. Das ist das Ende des Rituals. Sie hat Supermarktkuchen mitgebracht. Ich kann mich an das elektrische Knistern ihres Kleides erinnern, als er es ihr auszog. Ich sollte still sein. Still spielen. Ich saß gern in Schränken. Die Doline. Ich nicke wieder. Commotio Cordis. Füge ich hinzu. Wir waren gute Kinder. Zumindest bessere, als wir Erwachsene sind.

Sie erzählt von dem blutigen Hemd im dreckigen Waschbecken unter dem verkalkten Wasserhahn. Der Revolver lag daneben. Ein schöner glänzender Gegenstand. Ich nickte. Ein Gegenstand, der nicht in das dreckige kleine Bad mit dem langsam erblindenden Spiegel und zersprungenen Fliesen passen wollte. Das Häuschen auf der anderen Seite des Hofes war wesentlich kleiner als dieses. Und Erika küsste den Mann. Erika. Meine Mutter. Ich habe sie nie Erika genannt. Sie sollte den Mann in den letzten Monaten Papa nennen und Erika umarmte ihn von hinten und sie blickten ernst in den Spiegel, dann drängten sie das Kind aus dem Bad und schlossen die Tür vor seiner Nase. Von drinnen hörte sie noch stöhnen. »Wie genau erinnern Sie sich an das Hemd?« Das haben die Leute gefragt. Die Leute von der Polizei. Nicht der Dorfgendarm. »Ein Idiot«, lachte sie. »Die bleiben im Zug.« Sie versuchte ihn nachzumachen. Ich muss kichern. »Wie alt waren wir da? Vier?« Von all den Dingen dieses Papamannes konnte sie sich ausschließlich daran erinnern. Und daran, wie ihre Mutter sie gebeten hatte, ihn Papa zu nennen. Luise. Luise in der Doline. Die in dem Bad hätte stehen müssen. An alle anderen Papamänner hatte sie mehr Erinnerungen, aber keine war ihr so nahe, so lebendig in ihrem Kopf wie dieser. Ich weiß diese Dinge. »Hat die Katzen je jemand begraben?« fragte sie. Ich schüttelte den Kopf. Sie werden wohl weggelaufen sein. Wäre Georg nicht gegangen. Wir denken nicht weiter. Beinahe wäre es liebenswert gewesen, wie sich die Katzen verhielten. Sie hatten sich immer um Georgs Beine geschmiegt, wann immer meine Mutter nicht da war. Georg streichelte sie, aber er kredenzte ihnen nichts. Sie waren wohl grässliche Opportunisten und ebenso grässlich optimistisch. Das musste jeder denken, der sie dabei ertappte, um Georgs Aufmerksamkeit zu buhlen, seine Ellbogen immer wieder mit ihren kleinen pelzigen Köpfchen anzustoßen,

18.07.16 20:04


bis er sie streichelte. Keine Katze hatte je mit einem Menschen Bruderschaft getrunken. Es war Zeit für die Doline. Ich holte die Zigaretten. Als wir anfingen zu rauchen, versteckten wir uns auf dem Dachboden. Feenstaub auf Kartons. Wir rauchten aus dem Fenster. Keine Staubexplosionen. Die Katzen hatten den Papamann verraten. Die Katzen hatten Luisa in der Doline gefunden. Luisa, die gesprungen war. Commotio cordis. Luisa sprang aus dem hofseitigen Fenster. Luisa hinterließ einen Krater. Luisa. Von der ich mir immer vorstellte, dass sie in einer Hockstellung gelandet, aufgestanden und über unser Dach hinweggeflogen war. Wie eine Superheldin. Bei jedem Treffen sprachen wir darüber, als wären wir älter gewesen, als hätten wir es gesehen, als hätten wir es verstanden. Wir wissen nicht, woher das blutige Hemd kam. Wir wissen nur: Luisa sprang. Und die Ränder des Kraters stürzten ein. Einmal im Jahr wissen wir es immer noch. Dann gibt es Weinsuppe und wir stecken mit den Knien wieder in dem letzten Sommer voll unschuldigem Spaß, alten Pfennigen in Luftballons, grashalmquietschenden Unterhaltungen über den Teich hinweg, asiatischer Musik aus Balkontüren und Betrunkenen, die fröhlich pfeifend nach Hause stapfen. Dort nieste ein Mann, das Geräusch des Feuerzeugs und der Glut, wenn ich meine Zigarette anzünde. Wir nehmen den gleichen Zug zurück in die Stadt. Ich muss weiter zum Flughafen. Ich sehe sie nur noch in dem Bahnhofscafé. »Haben Sie noch einen Wunsch?« fragt sie der Kellner. »Viele.« antwortete sie. Als sei nichts gewesen. ●

038-051 Gap 158 Story 02.indd 39

Cordula Simon kommt aus Graz. Allerdings hat die 30-Jährige auch eine offene Liebe zur Ukraine. In Odessa studierte die Autorin u. a. russische Philologie und lebte auch nach erfolgreichen Studienabschluss dort. Nebenbei verfolgt sie, recht erfolgreich übrigens, ihre literarische Karriere. Die ihr nebst Preisen und Stipendien 2013 auch eine Einladung zu den Tagen der deutschsprachigen Literatur in Klagenfurt einbrachte. Ihr Schreiben zeichnet vor allem eine klare Sprache aus, die dann aber doch die Kunst der Andeutung pflegt. Daraus ergibt sich Spannung und oft auch staubtrockener Humor. Vor allem in den morbiden und apokalyptischen Settings, in denen Simon oft ihre Geschichten ansiedelt. Im August erscheint mit »Wie man schlafen soll« (Residenz Verlag) ihr mittlerweile dritter Roman. Darin teilen sich drei Schichtarbeiter ein Bett und begegnen sich erstmals, als die Öl-Raffinierie einer tristen (fiktiven) Stadt dicht macht. Manfred Gram

039

Ad Personam

18.07.16 20:04


Ausbildungsmöglichkeiten für Asylwerber und Flüchtlinge

040

Integration ab Tag 1?

038-051 Gap 158 Story 02.indd 40

die die Betroffenen, zudem sei es volkswirtschaftlich unsinnig. Eine zusätzliche Hürde ist die Einführung des de facto Asyl auf Zeit, von der Asylobergrenze ganz zu schweigen.

Orientierungshilfe Vor allem neuzugewanderte Jugendliche wenden sich an Interface Wien – eine gemeinnützige GmbH, die von der Stadt Wien gefördert wird. Die Stadt will mit »Integration ab Tag 1« die Leerlaufzeiten von Asylwerbern besser nutzen, die während des Verfahrens nicht arbeiten dürfen. Und sie durch Sprachunterricht, Basisbildung und Berufsorientierung auf den Arbeitsmarkt vorzubereiten. Neben Sprachkursen und einem breiten Bildungsangebot soll bei Interface eine fundierte Berufsorientierung dafür sorgen, passende Jobs zu finden. »All das bieten wir parallel an, das ist der entscheidende Faktor bei unserer Arbeit«, erzählt Radostin Kaloianov von Interface Wien. Diese ganzheitliche Integrationsarbeit ist wichtig, weil viele Migranten, insbesondere junge Männer, unter Zeitdruck stehen und besonders versucht sind, einfach schnell Geld zu verdienen. »Wir sprechen mit ihnen über ihre Stärken und längerfristigen Pläne.« Ziel ist es, ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass es sich auszahlt, Zeit in Bildung zu investieren, um später mehr Möglichkeiten zu haben. Das Angebot komme gut an, die hohe Nachfrage führe aber zu längeren Wartelisten. In Zukunft sollte es also noch mehr Kurse und höhere Kapazitäten geben, wünscht sich Kaloianov.

Was das AMS unternimmt Für alle anerkannten Flüchtlinge – mit positivem Asylbescheid also – bemüht sich das Arbeitsmarktservice (ams) um die Vermittlung von Arbeit. Zwei Drittel von ihnen leben in Wien. Mit Hilfe von Kompetenzchecks wird der jeweilige Bildungsstand der Teilnehmer detailliert

chancen:reich

Das im Parlament beschlossene Ausbildungspflichtgesetz soll sicherstellen, dass alle Jugendlichen in Österreich bis 18 in einer Form der Ausbildung sind. Für Asylwerber über dem Pflichtschulalter gilt dieses Gesetz allerdings nicht. Überhaupt haben junge Flüchtlinge in Österreich im Bildungsbereich mit vielen Schwierigkeiten zu kämpfen. ———— Das nun beschlossene Gesetz sieht eine Verpflichtung zur Ausbildung nach der allgemeinen Schulpflicht vor, um einen frühzeitigen Ausbildungsund Bildungsabbruch von Jugendlichen zu vermeiden. Ein höheres Bildungsniveau soll zu besseren Chancen am Arbeitsmarkt führen. Eine Tatsache, die auch die Integration von jugendlichen Asylwerbern in das österreichische System fördern hätte können. Denn fehlende oder nicht anerkannte Bildungsabschlüsse und -niveaus stellen für viele ein großes Problem dar. Verschiedene Vereine und Organisationen sind seit Längerem darum bemüht, die Situation für Flüchtlinge zu verbessern. Der Verein Vielmehr für alle will mit der Initiative prosa (Projekt Schule für alle) zumindest eine Basisbildung vermitteln. »Bei prosa können alle Menschen in die Schule gehen, die Basisbildung oder einen Pflichtschulabschluss benötigen, woanders aber keinen Platz finden«, sagt Sina Farahmandnia von Vielmehr. Der Unterricht findet an öffentlichen Schulen nach einem modularen System statt. Daneben wird durch Sozialarbeit und psychosoziale Begleitung auf anderen Ebenen Integration gefördert. Auf der Flucht wird der Bildungsweg der Jugendlichen natürlich unterbrochen, und das ändert sich oft erstmal auch hier nicht: »In Österreich angekommen, dürfen die Jugendlichen dann etwa in den Erstaufnahmezentren meist auch nicht in Bildungsmaßnahmen gehen«, erklärt Farahamandnia. Andererseits gebe es unter Migranten auch viele Akademiker, Facharbeiter und Menschen aus technischen und sozialen Berufen – eine Anerkennung der Qualifikation in Österreich ist aber oft schwierig. Auch das Arbeitsverbot für Asylwerber sieht Farahmandnia kritisch, es sei eine große Gefahr für

18.07.16 20:04


chancen:reich

»In Österreich ange­ kommen, dürfen die Jugendlichen dann etwa in den Erstaufnahme­ zentren meist auch nicht in Bildungsmaß­ nahmen gehen.« — Sina Farahmandnia

DIPLOMA BACHELOR MASTER

Kreatives

Studium festgestellt. Bisher sind die Samples noch zu gering, um Rückschlüsse auf alle Asylberechtigten ziehen zu können, aber: »Nach den bisherigen Ergebnissen weisen die Asylberechtigten aus Syrien, dem Iran und Irak die höchste Qualifikation aus«, sagt ams-Sprecherin Beate Sprenger. 67 % der Befragtem aus Syrien, 73 % aus dem Irak und 90 % aus dem Iran haben eine über die Pflichtschule hinausgehende Ausbildung. Dagegen gilt das nur für 26 % der Afghanen. Die Integration Asylberechtigter in den Arbeitsmarkt nennt Sprenger eine Herkulesaufgabe: »Mangelnde Sprachkenntnisse, fehlende oder noch nicht anerkannte Qualifikationen, Traumatisierungen und eine allgemein schlechte Arbeitssituation bleiben eine große Herausforderung.« Neben Jobvermittlung unterstützt das ams bei Nostrifikationen, Lehrabschlüssen und Basisqualifizierung für jene Menschen, die kaum oder keine Schulausbildung haben. Neben Einsatz und Durchhaltevermögen bei den Betroffenen sei neben dem Engagement von Unternehmen und der Unterstützung durch die öffentliche Hand auch die Akzeptanz der Bevölkerung wichtig, um erfolgreich Integration zu schaffen.

Unsichere Zukunft

gesucht? Kursstart Oktober 2016 Jetzt anmelden!

Im nun verabschiedeten Gesetz gilt die Ausbildungspflicht zwar für alle anerkannten Flüchtlinge, aber nicht für Asylwerber, die damit weiterhin oft zur Untätigkeit gezwungen sind. Oftmals dauern Asylverfahren viele Monate und Jahre, die dazu führen, dass junge Menschen lange außerhalb des Bildungssystems bleiben. Und es dann noch schwerer haben, sich in die Gesellschaft zu integrieren. Stefan Kluger

www.prosa-schule.org • www.interface-wien.at • www.ams.at

038-051 Gap 158 Story 02.indd 41

www.sae.edu 18.07.16 20:04


Ausbildungsmöglichkeiten für Asylwerber und Flüchtlinge

Österreichs erste Berufsmesse für anerkannte Flüchtlinge

042

Am 29. Juni fand die erste Jobmesse für anerkannte Flüchtlinge im Wiener Museumsquartier statt. ———— Teilnahmeberechtigt an der Messe waren Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte, also Personen, denen der Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt rechtlich bereits freisteht. In Kooperation mit zahlreichen Unternehmen und Organisationen hat der Verein Chance Integration, gegründet von Stephanie Cox und Leo Widrich, das Vorhaben umgesetzt. Rund 3.500 kamen, um sich zu informieren und bestenfalls gleich einen Job zu ergattern. Zahlreiche Unternehmen aus den Bereichen Handel, Telekommunikation, Tourismus und Industrie, aber auch die Zeitschrift Biber, Magdas Hotel und Ärzte ohne Grenzen sowie Beratungsinstitutionen wie Caritas, ams Wien und Wirtschaftsagentur Wien stellten sich vor und sprachen über Job- und Ausbildungsmöglichkeiten. 900 Bewerbungsgespräche wurden geführt, insgesamt wurden über 1.000 Stellen, Praktika und Ausbildungsplätze angeboten. Entsprechend qualifizierte Flüchtlinge konnte Jobinterviews vereinbaren und hatten so die Chance, gleich eine offene Stelle zu erhalten. Zudem gab es Workshops für Besucher (wie man einen Lebenslauf schreibt, wie der österreichische Arbeitsmarkt funktioniert), aber auch für Unternehmen (Umgang mit Geflüchteten im Betrieb, welche Arten von Unterstützung es gibt).

Unternehmensstimmen Das ams Wien stand von Anfang an hinter dem Projekt und teilt das Anliegen, Unternehmen, die Jobs haben, als Kooperationspartner zu gewinnen, erzählt ams-Wien-Chefin Petra Draxl. In Wien sieht sie besonderes Potenzial in den Bereichen Tourismus und Gastronomie, aber auch bei Gesundheitsberufen und in der Dienstleistungsbranche. Zudem seien Fachkräfte in technischen Berufen Mangelware. Cornelis Vleugel, Talentmanager bei Ikea, war von den Interessenten offensichtlich angetan: »Wir sind begeistert, wie viele wertvolle Kandidaten mit beeindruckend guten Deutschkenntnissen zu uns gekommen sind und sich auf hohem Niveau präsentiert haben.« Unter den Talenten waren unter anderem Tischler und Textildesigner, die sie dringend in ihrem Unternehmen benötigen. Auch Johannes Zimmerl, Direktor des Konzernpersonalwesens bei Rewe, hat bereits Erfahrung mit Flüchtlingen im Betrieb: »Wir sehen unser Engagement nicht als Sozialprojekt, sonStefan Kluger dern durchaus mit volkswirtschaftlichem Nutzen.«

Weitere Ausgaben sind angedacht, eventuell auch in den Bundesländern. Weitere Infos unter: www.chancenreich.org

Was dürfen Flüchtlinge arbeiten? Als Asylwerber bezeichnet man jene Personen, deren Asylantrag zwar schon gestellt, über den aber noch nicht rechtskräftig entschieden wurde. Der Zugang zum Arbeitsmarkt ist stark eingeschränkt: ohne Beschäftigungsbewilligung des AMS darf keine Arbeit gegen Entgelt ausgeübt werden. Für Asylwerber sind Volontariate, Lehren (bis 25 Jahre, mit Beschäftigungsbewilligung des ams), Saisonarbeit (mit Beschäftigungsbewilligung des ams) und Hilfstätigkeiten im Rahmen der Unterbringung und gemeinnützige Hilfstätigkeiten für Bund, Land und Gemeinde möglich. Dagegen haben Asyl- & Subsidiär Schutzberechtigte freien Zugang zum Arbeitsmarkt und dürfen alle unselbstständigen Arbeiten ausführen: Praktika, Lehren und andere befristete und unbefristete Dienstverhältnisse sind möglich. Asylwerber dürfen drei Monate nach Ausstellung der »weißen Karte« (die belegt, dass man zum Asylverfahren zugelassen wurde) Volontariate bei Unternehmen und NGOs absolvieren. Diese sind je Arbeitgeber auf eine Dauer von maximal drei Monaten pro Kalenderjahr beschränkt und besitzen Ausbildungscharakter (kein Arbeitsverhältnis), es darf dafür kein Entgelt oder sonstige Gegenleistungen geben. Das Volontariat muss zwei Wochen vor Beginn beim AMS gemeldet werden. Der Nachweis eines Zusammenhangs zwischen Ausbildung / Berufserfahung und dem Inhalt des Volontariats ist erforderlich. Gerade wenn keine oder nur unzureichend Dokumente vorhanden sind, kann das schnell zu einer Beweisproblematik führen.

Solange das Asylverfahren noch läuft, haben Flüchtlinge in Österreich nur wenige Möglichkeiten, ihre Energie in Ausbildung oder Arbeit zu investieren. Und diese Manko dürfte sich in nächster Zeit leider nicht ändern. Plattformen wie refugeeswork.at sammeln Informationen und vermitteln legale Ausbildungs- und Jobangebote.

038-051 Gap 158 Story 02.indd 42

chancen:reich

Kaum etwas zu tun für Asylwerber

18.07.16 20:04


Design kann vieles sein Die Vielfalt der Ausbildungsangebote und Berufsbilder zeigt: Design ist mehr als Grafik oder Architektur. Eine kleine Auswahl an Studiengängen für Menschen, die gestalterisch tätig werden wollen.

Industrial Design

Wo? New Design University St. Pölten (Bachelor) Wer architektonisch gesehen nicht auf den großen Maßstab, sondern mehr auf das Detaillierte eingehen möchte, ist hier vielleicht richtig. Beim Studium der Innenarchitektur geht es um die gestalterische, technische und wirtschaftliche Planung von Einrichtungen aller Art. Die Grenzen zu Architektur und Produktdesign sind dabei stets fließend. Ein Blick auf den Studienplan zeigt, man beschäftigt sich auch mit Licht- und Objektgestaltung, Baumaterialkunde, Kunst- und Kulturwissenschaft, sowie mit Wirtschaft und Recht. www.ndu.ac.at

BACHE LOR ■ Grafik- & Informationsdesign ■ Innenarchitektur & 3D Gestaltung ■ Design, Handwerk & materielle Kultur ■ Event Engineering ■ Management by Design ○

Multi Media Art

MASTE R

Wo? FH Salzburg (Bachelor/Master) Mehr Interdisziplinarität geht fast nicht: Computeranimation, Audio, Video und Mediendesign. Multi Media Art beinhaltet Fächer wie 3D-Animation, Digital Visual Effects, Film und Studio und Game Art – je nachdem, worauf man sich spezialisieren möchte. »Ein hohes Maß an Kreativität, geistige Wachheit und Ausdrucksfähigkeit sind die entscheidenden Kriterien«, steht in den Bewerbungsinfos. Jobmöglichkeiten reichen vom Webdesigner, zum 3D-Artist oder Gamedesigner bis hin zum Kamera- oder Regieassistenten oder Tontechniker. www.fh-salzburg.ac.at

■ Raum- und Informationsdesign

Game Art Animation

■ Buchgestaltung

Wo? SAE Technology Institute Wien (Bachelor) Hier taucht man in einen der größten Bereiche der Kreativbranche ein und erlernt alles, was man als angehender Entwickler von der Konzeption bis zur Fertigstellung der Spiele benötigt. Das geht über das reine Programmieren weit hinaus: Animation, Effekte und Characterdesign sind nur drei der vielen Fächer. Die Studienordnung sieht erst das SAE Game Art & 3D Animation Diploma und dann einen Bachelor vor. Darin werden auch Prozesse in der Kreativwirtschaft, Projektmanagement, Urheberrecht und spezielle Techniken aus der Spielebranche behandelt. www.sae.edu

■ Elektromobilität & Energiemanagement ■ Entrepreneurship & Innovation AK ADE MISCHE LEHRGÄNGE

■ Akustik & Architektur ■ Light Engineering & Design

AUFNAHMETERMIN:

Plankton

038-051 Gap 158 Story 02.indd 43

Anton Gratzner ist einer, der aus Erfahrung sprechen kann. Der kreative Kopf hat das Industrial Design Studium an der Universität für Angewandte Kunst in Wien absolviert. »Das Coolste am Studium waren die Werkstätten, egal ob Holz, Siebdruck oder Keramik. Man kommt vom Entwurf schnell zu einem Prototyp. Dafür hat man im späteren Berufsleben leider kaum mehr Zeit«, so der mittlerweile Selbstständige, der von Konzeptgestaltung und Produktdesign bis hin zu Illustrationen alles macht. Sein Diplomprojekt: Plankton. Ein mobiles, batteriebetriebenes PA-Soundsystem in Form eines Radanhängers bzw. Handwagens. Damit lässt sich stromunabhängig Livemusik machen. »Man kann damit im Sinne der Selbstorganisation den öffentlichen Raum zurückerobern«, so Gratzner, der selbst als Mitglied der Folk-Band Wham Bam Bodyslam regelmäßig Konzerte spielt. www.anton-oskar.com Magdalena Meergraf

in Planung

Innenarchitektur und 3D-Gestaltung

QUERDENKER GESUCHT!

Wo? Universität für angewandte Kunst Wien (Diplom), FH Joanneum Graz (Diplom), Kunstuniversität Linz (Bachelor/Master) Design findet mittlerweile in allen Alltagsbereichen seinen Platz. Im Gegensatz zur kunstorientierten Ausbildung steckt bei Industrial Design auch Technik und Wirtschaft mit drin. Bei der Gestaltung von Produkten, Fahrzeugen und Maschinen müssen neben den optischen, auch die praktischen und funktionalen Anforderungen mitberücksichtigt werden. Dass man nach dem Studium nicht zwingend Türgriffe in der Automobilindustrie designen muss, zeigt Anton Gratzner (siehe Plankton). Mehr Berufsfelder: Raumfahrtindustrie, Architekturbüros, Werbeagenturen, Konsumgüterindustrie. Je nach Universität variieren auch die Schwerpunkte. www.dieangewandte.at • www.ufg.ac.at • www.fh-joanneum.at

Lukas Maul

chancen:reich

Studiengänge für Kreative

2. SEP TEMBER

JETZT ANMELDEN! W W W.NDU. AC. AT

Die New Design University ist die Privatuniversität der Wirtschaftskammer NÖ und ihres WIFI

18.07.16 20:04


Workstation Menschen am Arbeitsplatz

Chinyere Uma Eke, 44 Magdas Hotel Ihr erster Blick fällt immer auf das Bett, der nächste darunter, der übernächste ins Bad und dann kommen die Lampen dran. Darauf, dass die Bettwäsche frisch überzogen ist und keine Haare im Bad herumfliegen, hat Chinyere Uma Eke in Magdas Hotel das letzte prüfende Auge. Strahlend erzählt Chinyere – Chichi genannt – von ihren Aufgaben als Hausdame des Hotels, das als Social-Business-Projekt der Caritas teilweise durch Crowdfunding finanziert und nun seit Februar 2015 von Hotelprofis und Geflüchteten betrieben wird. »Ich kümmere mich um das Housekeeping Department, ich mache Bestellungen und kontrolliere die Zimmer und den öffentlichen Bereich des Hotels. Kleine Handgriffe mache ich selbst – bei größeren gebe ich dem Reiningungsteam nochmals Bescheid.« Deshalb hat Chichi auch immer ein Handy, ein weißes Tuch und die Zimmer-Checkliste mit dabei, wenn sie durch die bunten Flure des ehemaligen Pensionistenheims läuft. Vor allem der Hotellerie-Erzfeind – Staub – braucht immer wieder aufs Neue sehr viel Beachtung. Besonders, wenn er gebündelt daherkommt. Der Lurch oder Mull – wie in Chichi nennt – braucht ja nicht auch noch im Urlaub nerven. www.magdas-hotel.at

038-051 Gap 158 Story 02.indd 44

Verena Prinz Nadine Obermüller

18.07.16 20:04


038-051 Gap 158 Story 02.indd 45

18.07.16 20:04


038-051 Gap 158 Story 02.indd 46

18.07.16 20:04


Hiba Alhajjar, 29, Damaskus Habibi & Hawara Wenn man im Restaurant Habibi & Hawara fragt, welches österreichische Gericht am besten schmeckt, kommt lustigerweise die recht typische Antwort: »Schnitzel«. Gefolgt von Platz 2: Kaiserschmarrn. Der Schmäh rennt schon gut im Lokal in der Wipplingerstraße, das seit 4. Mai 2016 zusammen mit Refugees geführt wird. Obwohl sich Hiba in puncto Schnitzel nicht wirklich anschließen kann, lacht auch sie mit den Kollegen, die – wie sie selbst – zu einem Großteil aus Syrien kommen. Die 29-Jährige ist nämlich Vegan Chef – die vegane Köchin – des Restaurants und bevorzugt vom österreichischen Teil der Karte die »Eggmushrooms«, also das Eierschwammerlgericht. Umgesetzt wurde die Projektidee zur österreichisch-orientalischen Fusionsküche von Unternehmer Martin Rohla, dem Gastronomen David Kreytenberg, dem Restaurantchef Stefan Wieland und der PR-Chefin Katha Schinkinger. »Wir sind seit der Eröffnung quasi überrollt worden – und normalerweise auch jeden Abend ausreserviert«, resümiert diese. Ein Umstand, der sichtlich alle erfreut. Oder wie Barchef Raman über das Habibi & Hawara sagen würde: »Es ist wie unser zweites Wohnzimmer geworden.« www.habibi.at

038-051 Gap 158 Story 02.indd 47

18.07.16 20:04


038-051 Gap 158 Story 02.indd 48

18.07.16 20:05


Das Poolbar Festival dauert noch bis 20.8. Im Alten Hallenbad in Feldkirch gibt es noch Acts wie Steaming Satellites, White Miles, AVEC, Nneka, Talib Kweli, Uncle Acid and The Deadbeats, Nada Surf, Mono, Walking on Cars, Kytes, Peaches, Ankathie Koi, Leyya, Lola Marsh und viele mehr zu bestaunen.

038-051 Gap 158 Story 02.indd 49

049

Aufbruch! Bis 20. August zahlt es sich noch gewaltig aus, nach Feldkirch zu fahren. Poolbar Festival ist! Rucksäcke braucht ihr nicht mitnehmen, denn die könnt ihr euch dort checken. ———— Wenn du dieses Heft in Händen hältst, hat Portugal bereits gewonnen – ja, auch das hättest du dir theoretisch beim Poolbar Festival in Feldkirch reinziehen können. Aber Public-Fußball-Viewing, das man überall haben kann, ist vielleicht nicht der naheliegendste Grund, zu dieser Jahreszeit ins Ländle aufzubrechen, wo von 7. Juli bis 20. August Ausnahmezustand im Hallenbad (Nein, das ist kein neuer Skero-Song) herrscht. »Kulturelles von Nischen bis Pop« – deswegen fährt man jetzt nach Vorarlberg. Nneka, Nada Surf und die großartige Peaches werden es in den nächsten Wochen genauso tun, bevor Ankathie Koi und Leyya den fulminanten Abschluss des diesjährigen Poolbar Festivals liefern. Frau Koi ist ja nicht nur Popfest-Kuratorin, Solo-Künstlerin und Fijuka-Mitglied und hat uns in dieser Ausgabe einen Witz erzählt hat (Seite 007), sondern hat bekanntlich auch den besten Style von allen österreichischen Künstlern (ok, Bilderbuch, die die Poolbar eröffnet haben, können sich vielleicht mit ihr messen), Sie könnt ihr dann fragen, wie sie die diesjährige Modestrecke, erstmals mit den praktischen und schicken Rucksäcken von Nadelwerk, so findet. In den Bags hat auch das größte Mobiltelefon Platz – das bekanntlich wichtigste Tool am Festival. Das könntet ihr auch verwenden, um euch selbst in den Poolbar-Shirts, deren Grafik in den poolbar-Generator-Workshops unter fachkundiger Leitung von Michael Marte ent● standen ist, abzulichten.

diese seite ist teil einer entgeltlichen kooperation

Modisch zum Poolbar-Festival Nadelwerk im Hallenbad

Fotos Matthias Rhomberg Models Daniel Schweighofer (frei, Dornbirn) Pierre Zver (poolbar-Festival) Denise Zünd (frei, Dornbirn) Nina Böhler (Poolbar-Festival, Nadelwerk) Design Michael Marte textilDruck Tsukini

18.07.16 20:05


Filmpremiere Ghostbusters (ov)

ne

Gewin

25ic k�et 2s T

30 Jahre nach dem Originalfilm ist es auch für die Ghostbusters Zeit für ein Reboot. Und mit Melissa McCarthy, Kristen Wiig, Chris Hemsworth etc. sind die Rollen nicht einfach nur neu verteilt worden, sondern noch dazu an einige der witzigsten Schauspielerinnen und Schauspieler Hollywoods.

Do, 4. August 2016 UCI Kinowelt Millennium City Am Handelskai, 1200 Wien Wir verlosen 25 � 2 Tickets für die exklusive Vorpremiere von »Ghostbusters«. Der Film wird in englischsprachiger Originalversion gezeigt. Zur Teilnahme einfach bis 31. Juli 2016 ein E-Mail mit dem Betreff »Slimer« an premiere@thegap.at schicken.

In Kooperation mit

KINOWELT

Teilnahmebedingungen: Die Gewinnspielteilnahme kann ausschließlich per E-Mail erfolgen. Die Teilnehmer werden im Falle eines Gewinns bis 2. August 2016 per E-Mail verständigt. Eine Ablöse des Gewinns in bar ist nicht möglich. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Mitarbeiter des Verlags sind nicht teilnahmeberechtigt.

038-051 Gap 158 Story 02.indd 50

Gewinnen thegap.at/goodies

Kurt Prödel »Meme Collektion 2016« Wenn die Virtualität auf die Realität übergreift und die Computer die Macht übernehmen, nennt man das Singularität. Aber wenn Twitter auf das echte Leben überschwappt: Gänsehaut. Der Internetkünstler, RAP-Videoproduzent und Twitter-Star Kurt Prödel hat soeben in Kooperation mit ihm sein Hund eine T-Shirt-Kollektion herausgebracht. Wir verlosen 3 � 1 Shirt deiner Wahl. Betreff: Gänsehaut

»Wein 1 � 1« Kartenspiel Silvia Eichhübl verkauft in ihrem Wein.laden im 2. Bezirk nicht nur Wein und veranstaltet Seminare zum Thema – sondern nun gibt es auch das dazupassende Kartenspiel mit allerlei Wissenswertem rund ums Thema Wein. Genuss und Wissen sind zwar nicht direkt proportional, aber es schadet auch ganz sicher nicht. Wir verlosen 5 Exemplare des Kartenspiels. Betreff: Weinwissen

Koch Media Western Legenden Koch erweitert jedes Monat seine Westernkollektion. Diesmal unter anderem um »Rebellen der Steppe«, einer Geschichte rund um Sam Bass und Calamity Jane mit Llody Bridges oder auch Yvonne de Carlo (»Munsters«), oder auch »Der Vagabund von Texas«, einer Westernkomödie mit dem jungen Gary Cooper. Wir verlosen jeweils 5 Blu-Rays. Betreff: Westernkollektion

»Freeheld« DVD »Freeheld« erzählt einfühlsam die Geschichte der Polizistin Laurel Hester, die Mitte der Nullerjahre für die Gleichberechtigug von homosexuellen Paaren kämpfte. Konkret ging es darum, dass ihre jüngere Partnerin nach ihrem Tod keine Pensionsansprüche hatte – ein Umstand, der erst 2015 mit der Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare in den USA beseitigt wurde. Mit Julianne Moore, Ellen Page und Steve Carrell. Wir verlosen 3 DVDs. Betreff: Kampf um Rechte

19.07.16 13:09


Kunstvolle Verbindung 4 x Schwerpunkt „Kunstmarkt“

in der gedruckten Ausgabe des WirtschaftsBlatts am Freitag

20 x WirtschaftsBlatt digital-paper

4 Wochen lang (Mo–Fr), Vollzugang zu exklusiven Artikeln

4 WOCHEN GRATIS

Der Schwerpunkt „Kunstmarkt“, erstmals vor 20 Jahren im WirtschaftsBlatt erschienen, liefert Ihnen wöchentlich Auktions- und Messeberichte im In- und Ausland, Analysen von Preisentwicklungen einzelner Sektoren, berichtet über Künstler und neue Trends und bringt die aktuellsten Interviews. Testen Sie jetzt 4 x das WirtschaftsBlatt am Freitag und 4 Wochen das digital-paper gratis unter:

wirtschaftsblatt.at/testen

Klare Fakten. Klare Entscheidung. 038-051 Gap 158 Story 02.indd 51

18.07.16 20:05


t hat, Je weniger Punkte ein Produk en desto besser für den ökologisch Fußabdruck - und für unser Wohlbefinden.

hr Noch meliche

ug alltagsta Ideen für eine elt bessere W

#Schütte dein Pool zu #Lass den Zucker mitgehen 272 Seiten, Klappenbroschur, EUR 19,90 978 3 7017 3386 6

#Iss wie Obelix #Grill nicht nur die Henne, sondern auch den Hahn

Thomas Weber / 100 Punkte Tag für Tag Wie verbessert man seinen ökologischen Fußabdruck und lebt dabei trotzdem gut? Wie sieht ein bewusster und schonender Umgang mit der Umwelt aus? Thomas Weber gibt konkrete Antworten auf diese Fragen und beschreibt Konzepte, die für jeden realisierbar sind. Mit Initiativen wie »Miete ein Huhn«‚ »Hack die Thujen klein« und »Lass deine Sklaven frei« sind ungewöhnliche Ideen dabei, die sich alltagstauglich umsetzen lassen. Thomas Webers Vorschläge sind kreativ, manchmal provokant und immer eine Bereicherung.

#Bestell Soda

#Miete ein Huhn

Bisher erschienen

Thomas Weber Ein guter Tag hat 100 Punkte

052-057 Gap 158 Rezis.indd 52

eingutertag.org residenzverlag.at

18.07.16 20:05


Rezensionen Musik

Blood Orange 09

Mit 30 wird gerne rekapituliert, Lebenswege analysiert und derzeitige Standpunkte hinterfragt. In der Retrospektive ist das natürlich immer leichter, wie das auch Roger Willemsen Juri Steiner mal erklärte. Der Brite Dev Hynes, der vor ca. zehn Jahren nach New York emigrierte, macht nun auf Freetown Sound jetzt genau das: Zurückblicken. Selbst empfindet Hynes »Freetown Sound« als seine Reverenz auf den Beastie Boys- Klassiker »Paul’s Boutique«. Allerdings ist der Drittling mehr als ein reines Sammelsurium autobiografischer Erinnerungen. Es bezieht auch Position – ohne dabei nervig belehrend zu wirken. Feminismus, Racial Equality und Antithesen zu via Instagram kommunizierten Körperstandards der Protein-Werbedeppen finden alle Platz im Textbaukasten. Bestehend aus 13 Songs und einigen halb Song, halb Skit-Mischlingen, wird das beispielsweise bereits im eröffnenden »By Ourselves« deutlich, wenn Hynes Missy Elliot paraphrasiert (»I did not grow up to be you, but … to be a woman who plays a man’s game … On days I don’t feel pretty I hear the sweet voice of Missy singin’ to me: pop that, pop that, jiggle your fat till your clothes get wet«). Hynes beweist so einerseits seine Fähigkeit zur Empathie und andererseits, dass er seine Vorredner kennt und sich in der Tradition sieht, deren Feuer weiterzugeben. Zusammengehalten wird so viel Meinung von Genrefäden, die selbst den strahlendsten Regenbogen monochrom erscheinen lassen. Das funky »E.V.P« könnte direkt der Fever 105 Playlist entstiegen sein, das hart gute »Best To You« klingt wie »Club Tropicana«, nur halt noch ein Eck lässiger. Dass sich Dev Hynes gerne Verbündete mit ins Schlauchboot holt, ist eh bekannt. Zu den Altgedienten, wie beispielsweise Debby Harry und Nelly Furtado, gesellen sich auf »Freetown Sound« auch Newcomer (BEA1991, Kelsey Lu), was vor dem Hintergrund des Themenkomplexes natürlich gar nicht mal so ungeil ist. Hauptexportgut des unitaristischen Staates Sierra Leone, dessen Hauptstadt als Namensgeber für Blood Orange herhielt, waren leider schon immer diese Konfliktdiamanten. Am selbstgepressten Brilli »Freetown Sound« pickt zum Glück nur eines: Hynes’ Herzblut. Christoph Kranebitter

052-057 Gap 158 Rezis.indd 53

053

Freetown Sound — Domino

18.07.16 20:05


Rezensionen Musik

Honne

Messer

07

08

054

Warm On A Cold Night — Atlantic Honne wurde gemacht, um die wärmstem Ecken unserer Herzen zu besetzen. Seit 2014 tun das Andy und James EP-weise. Am 22. Juli machen sie uns endgültig zu Wachs in ihren Händen. »Warm On A Cold Night« heißt ihr Debütalbum. Hie und da eine Hammond-Orgel, funklastige Basslines, Affinität zu Jazz und dann die unaufgeregte verhallte Stimme von Andy. In wenigen Tonlagen singt er uns in den feierlichen Liebeskummer, egal ob wir verliebt sind oder nicht. Honne, die Londoner Zwei-Mann-Band macht intelligenten Soul, verlässt sich bei ihren Songs auf vertraute Hooks. Zeitgenössischer Pop mit verträumten Synthesizer, eben. »So if you don’t got a lover, close your eyes and listen to Honne.« Damit wird die erste Nummer des gleichnamigen Albums, »Warm On A Cold Night«, eingeleitet. Sie war auch der erste Hit auf der gleichnamigen EP von Honne. Millionenfach geklickt und mitverantwortlich für den schnellen Erfolg der Band ist sie deren meistgehörter Track auf Youtube und Spotify. »Til The Evening«, eine brandneue Nummer, verbreitet Aufbruchsstimmung gefolgt vom jüngst erschienenen Hit »Someone That Loves You«. Die bekannten Songs aus den letzten zwei Jahren kommen am Album zuerst, die neuen Stücke runden es ab. »Warm On A Cold Night« muss man nicht zuletzt deswegen bis zum Schluss hören. Keep it low – ohne langweilig zu werden. Das ist ihre Attitüde. Nur Coastal Love tanzt mit seinem schnellen Dance-Beat aus der Reihe. Die Sounds erinnern an das Electro-Trio Moderat, nur poppiger, weichgewaschen und ohne komplexe Breaks, der Gesang an die kaum oszillierende, jedoch punktgenaue Stimme von Bill Withers. Auch wenn die Tracks des neuen Albums wenig lyrische Abwechslung und sich ähnelnde MusikArrangements bieten: Es ist ein stimmiges Gesamtwerk, das sich nicht zu weit aus dem Fenster lehnt. Honne versteht es, uns mit diesem Konzept-Album in eine angenehme Melancholie zu versetzen. Das Ganze begleitet durch ständiges Kopfnicken und Fußwippen zum tanzbaren Beat. Kasun Jayatilaka

052-057 Gap 158 Rezis.indd 54

Jalousie — Trocadero Die Gruppe Messer war eine Weile nicht zu Tisch, im Büro der sich dauernd drehenden noisigen Post-PunkSzene, hat sich auf Außendienst im Sabbatical angesehen, was die Artverwandten treiben. Den gerechten Hype um Die Nerven, das Zerfleddern der Szene, die sich entweder in dunklen Klangwellen suhlte oder um die am besten den Nerv treffenden Parolen für Häuserwände und Jutebeutel stritt. Messer tauchte nach ihrem Monolith von Album, dem ColdWave-Klassiker »Die Unsichtbaren« aus 2013, ab in die Kunst. Sänger und Schreiber und Vifzack Hendrik Otremba, der nicht umsonst als einer der besten diskursiven Musikjournalisten der Post-Diederichsen-Ära gilt, malte viel, veröffentlicht auch demnächst seinen Debütroman. Mit seiner Gruppe untermalte er die Tagebücher Romy Schneiders musikalisch und huldigte Boris Vian. Für das dritte Album wurden Menschen ausgetauscht und hinzugeholt, Messer sind jetzt fünf und öffnen sich den neuen Möglichkeiten, lassen Orgel, Synthesizer und literarischere Texte einfließen. Exquisitester Post-Punk bleibt es aber immer noch. Der Titel »Jalousie« dient dabei der Figuration, in die selbstgewählte Isolation wird nur wenig Licht gelassen, die Rollläden werfen Schatten der Ängste und öffnen sich nur verheerend verheddert. Die Alptraum-Sequenzen – Otrembas Basis seiner unverwechselbaren Lyrik und wütend-nölenden Intonation – werden eigene Reflexionsflächen, behandeln Themen von Finsternis und sinnbildlichen weißen Streifen darin, und erstmals in dieser Deutlichkeit auch von Liebe, das Universellste macht auch vor den schlauesten Denkern niemals Halt. Liebe ist, wie so vieles im Messer’schen Kosmos, leer, vor allem die Körper, die sie empfinden. »Wer sagt denn ich sei leer / Bin ich doch voll von deiner Liebe«, entgegnet uns die auktoriale Erzählerfigur im filmisch betitelten Vorabsong »Der Mann der zweimal lebte«, der, wie so häufig, auch gleich der beste Song ist. Auf »Jalousie« singt auch Stella Sommer von Die Heiterkeit mit, ebenso wie – uh, Österreichbezug! – Katie Trenk von den Sex Jams. Das macht sich gut in der Vita. Denn es wird vielleicht heuer kein intellektuelleres, literarischeres deutsches Album geben. Dominik Oswald

18.07.16 20:06


11.– 13. August 2016 Musikfestival in der Remise des Wälderbähnles

Powernerd

Nerd Power — Seayou

Tony Scherr Trio (USA) Trixie Whitley (NY, B) Male Instrumenty (PL) Yellow Bird (USA, D, CH) Ilog (D) Mose (A) Girls in Airports (DK) The Thing (S, N) Vera Kappler & Peter Conradin Zumthor (CH) Gebhard Ullmann & Almut Kühne (D)

05

Silbrig-weiße Ganzkörperanzüge, Helme mit Sichtschutz: Entweder sind Powernerd wirklich licht- und menschenscheu, oder sie stehen eben auf Geheimniskrämerei. Auf der Bühne befinden sich da – nach eigenen Angaben – ein Android mit Yngwie MalmsteenProgrammierung, ein Synth-Technopriester und ein Drumroboter. Hört sich dem Namen entsprechend schon mal extra nerdy an, der Sound ist jedenfalls lupenrein den 80ern geschuldet. Auf die erste Single »BMX«, die schon im Herbst 2015 erschienen ist, folgt nun das Debütalbum »Nerd Power«. Es zischt und raschelt, quietscht nach Kaugummiautomatenart. Gesungen wird am gesamten Album, außer dezentgehauchten »Uuuhs« und »Aaaahs«, nicht. Außer, die Band (soll man sie so nennen?) holt sich prominente Unterstützung dazu. So geschehen bei der trashigen Single »White Cars« (mit Ankathie Koi und Martinus Bass). Der Gesamteindruck des Albums ähnelt ein bisschen einem Actionfilm-Soundtrack, David Hasselhoff würde neidisch aufs K.I.T.T.’sche Lenkrad trommeln. Synthesizer und noch mehr Synthesizer, der Drumcomputer oder –roboter gibt den treibenden Beat vor, es ist Dancefloormusik. Man wird das Gefühl nicht los, dass das den eigenen Eltern ziemlich zusagen würde. Nicht so sehr wegen der bekannten Sounds oder der Eingängigkeit der Melodien, sondern eher, weil sie passend dazu wieder Schweißband, Vokuhila und Neon-Leggins hervorkramen könnten. Nur: genau das kriegt man ja momentan eh auch bei jedem superfancy Retro-Vintageshop des Vertrauens. Ja, im Popkulturzirkus wiederholt sich nicht nur der RollschuhFetisch, sondern natürlich auch die passende Musik dazu. »Nerd Power« ist zwar lustig, funky, hip und an der ausgefuchsten Produktion der hier werkenden Herren, Damen, Monster liegt auch kein Zweifel. Aber trotzdem wünscht man sich den dauergewellten Revitalisierungsversuch doch origineller inszeniert. Powernerd klingen im Eifer, dem Idol zu entsprechen, auf ihrem Debutalbum aber häufig wie ein Abklatsch dessen, was in den 80ern richtig groß war. Die Feature-Songs sind durchaus Hits für Mama’s 55er, sie sind aber auch die einzig richtigen Höhepunkte des Albums. Lisa Schneider

052-057 Gap 158 Rezis.indd 55

Entdecken Sie das lebendige Kulturzentrum mitten im Bregenzerwald, abseits der Metropolen. Wir laden Sie ein auf ein kollektives Musikerlebnis der besonderen Art, in einer aussergewöhnlichen Atmosphäre und in eine Gegend, die mit ihrer reizvollen Architektur, kreativem Handwerk, natürlicher Idylle und einzigartiger Gastfreundschaft einen idealen Rahmen für ein erquickendes Kulturwochenende schafft. Weitere Informationen: www.bezaubeatz.at Medienpartner:

München

Bodensee Bregenz Zürich

Bezau

18.07.16 20:06


Rezensionen Musik

Roosevelt

Wild Beasts

07

08

056

Roosevelt — City Slang Roosevelt ist eigentlich Berliner, bespielt aber mittlerweile Venues in ganz Europa und weit darüber hinaus. Auch deshalb hat er sich für sein erstes, selbstbetiteltes Album gut drei Jahre Zeit gelassen. Nun ist es da: es ist Disko, es ist Indie, es ist Pop. Ein bisschen sieht Marius Lauber wie der Typ aus, der aus der SchulGitarrenband übrig geblieben ist. Tatsächlich hat er sich früher mal um die Drums bei eben einer solchen (Beat!Beat!Beat!) gekümmert, nebenbei aber immer mehr aufgelegt. Die technoide Kölner Szene, in der er dann hauptsächlich unterwegs war, hat ihn geprägt, aber die Wurzeln seiner musikalischen Geschichte gingen doch tiefer. Und genau die hat Roosevelt nun in seinem Soloprojekt zusammengepackt. Die zwölf Songs sind der Versuch, Elektropop, 80ies-Trash, Gitarre und, na sagen wir, Softtechno, zusammenzuführen. Das Intro kratzt knarzend-experimentell durch die Boxen, lässt das liebevolle Tüfteln, mit dem Marius Lauber gern auch mal volle Nächte verbringt, authentisch anklingen. Schnell steigert sich der Sound ins Poppig-Melodiöse, Songs wie »Sea« haben mittlerweile Millionen von Spotify-Plays geholt – mitpfeifen erlaubt. Nicht umsonst ist Roosevelt für diverse Vorab-Singles bei den musikalisch großen Brüdern Hot Chip untergekommen, besser gesagt, bei deren Label Greco Roman. Technopop, der radiotauglich gemacht wird. »Roosevelt« schließt passend mit »Close«, einem Song, der auch wie der Rest des Albums kurzweilig wirkt, hinter dem aber eine fabelhafte, sehr detailorientierte Produktion steckt. Roosevelt hat eine raffinierte Art gefunden, seine fast schon gewollt wirkende Nerdiness sehr sympathisch wirken zu lassen. Im aktuellen Video zur Vorab-Single »Colours« tänzelt er gern auch selbst ein bisschen im eigentlich schrecklichen Hawaiihemd – gar nicht der obercole Techno-DJ. »Roosevelt«, sein Debütalbum, ist funky Discotown, ist Strandparty, ist ehrliche Freude am Publikum, das eben gerne tanzt. Bis jetzt war er die Art von Geheimtipp, bei dem jeder mitsingt, niemand aber weiß, wer das eigentlich ist. Also ab jetzt merken: nicht Clinton, nicht Obama. Schon gar nicht Trump. Sondern: Roosevelt. Lisa Schneider

052-057 Gap 158 Rezis.indd 56

Boy King — Domino

Die Wild Beasts sind mit »Boy King« bei ihrem fünften Album angekommen und weil sie schon selber ein bisschen genug von ihren verkopften Songs hatten, entschieden sie sich für straighten 80er Sound. Auch Hardcore Wild Beasts-Fans – sollten diese existieren – die bei einer solchen Ankündigung sofort gewillt sind, ihre Fanclubmitgliedskarte in die Themse zu werfen, sollten »Boy King« eine Chance geben. Denn die Abkehr vom gewohnten Sound ist zwar mutig, aber sie ist ihnen geglückt. Es macht Spaß, Hayden Thorpe im Falsettgesang dabei zuzuhören, wie er über knarzenden Synthesizern singt, dass er es gerne dreckig mag. Er gebraucht »Boy King« als Ventil, um seine Männlichkeitsvorstellung und die damit einhergehenden Sexfantasien auszuleben. »No getting it right / No getting it wrong / Just getting it on« singt er bei »Get My Bang«, dessen Titel eh alles sagt. Eine Sex-SellsAttitüde kann man den Männern aus England aber trotzdem nicht unterstellen. Dafür gehen sie sonst zu klug mit dem Thema um. Es ist eben eine weitere Facette des Menschseins. Und in Thorpes Welt ist diese Facette dunkel und versaut. Genau wie es sich »Boy King« zum Glück oft erlaubt zu sein. Lediglich »Dreamliner«, der letzte Song, sticht mit seinem zurückhaltenden Klavier zu stark heraus, um sich im Rest des Albums einzufügen. Das hätte das sonst so energiegeladene Album nicht gebraucht. Aber der Ausreißer lässt sich verkraften, wenn man dafür so starke Bretter wie »Eat Your Heart Out Adonis« bekommt. Trent Reznor ist wahrscheinlich ein bisschen neidisch, den Song nicht geschrieben zu haben. Ein stark verzerrter Synthesizer, der von Refrain zu Refrain prominenter wird und schließlich in ein sexy Outro übergeht, macht sich gut im neuen, wilden Gewand der Wild Beasts. Die nächsten fünf Alben können gerne wieder so klingen. Benjamin Agostini

18.07.16 20:06


poolbar.at

+ many more 07. Juli – 20. August Altes Hallenbad Feldkirch, Vorarlberg

GefĂśrdert von Stadt Feldkirch, Land Vorarlberg und BKA.Kunst&Kultur. /poolbar.festival

2016 052-057 Gap 158 Rezis.indd 57

Fest ival

pool bar Kulturelles von Nischen bis Pop

Travis OK Kid Jurassic 5 Quantic Lola Marsh Nneka Nada Surf Walking on Cars Peaches

19.07.16 12:33


In Anbetracht des dichten Tourplans heißt es auf der Facebook-Seite des Trios um Sängerin Mira Lu Kovacs nicht ohne Grund »busy schedule«. Den ernsten, entschleunigten Pop der Band sollte aber auch wirklich jeder gehört haben. 13. August Traiskirchen im Innkreis, Free Tree Open Air — 26. August Gars am Kamp, Leise Art Festival — 27. August Schwaz, Alternative Kulturwerkstatt — 2. September Pichl bei Wels, Kulturcafé — 9. September Wien, Stadtsaal — 10. September Sooß, Gartenheuriger Plos — 13. September Innsbruck, Treibhaus — 14. September Dornbirn, Spielboden — 17. September Mürzzuschlag, Kunsthaus Mürz

AB 4. AUGUST IM KINO IN 2D, 3D UND

Waves Vienna Das Showcase-Festival Waves Vienna wird heuer erstmals im und rund ums Wiener Wuk stattfinden. Ziel bleiben die Vernetzung von Ost und West sowie die Förderung noch unbekannter Künstler. Zugkräftige, bekannte Namen finden sich natürlich auch wieder im Line-up – etwa We Are Scientists, Gold Panda (Bild), Finley Quaye, Robb und Big Deal. Am Samstag präsentiert The Gap einen Abend mit Grant, Warhaus, Smerz, John Grvy und anderen. 29. September bis 1. Oktober Wien, verschiedene Locations

058-068 Gap 158 Termine 01.indd 58

Manuel Fronhofer, Julius Handl, Nadine Obermüller

Schmieds Puls

Apollonia Bitzan, Laura Lewis, Johannes Staudenbauer, Rihanna, Severin Wurnig / Philip Tsetinis, Malte Spindler, Franziska Plaschg

Termine Musik

18.07.16 20:06


Termine Musik Siluh & Numavi Sommerfest Nach 17 Jahren Streiterei ist es nun beschlossene Sache: Der Sonnenpark in St. Pölten bleibt bestehen! Gefeiert werden kann diese erfreuliche Nachricht beim Siluh Sommerfest, das heuer erstmals gemeinsam mit Numavi Records abgehalten wird. Wie immer gibt’s viele, viele Bands zu sehen – etwa Mile Me Deaf, Sex Jams und Vague. Der Eintritt ist noch dazu frei. 5. bis 6. August St. Pölten, Sonnenpark

Apollonia Bitzan, Laura Lewis, Johannes Staudenbauer, Rihanna, Severin Wurnig / Philip Tsetinis, Malte Spindler, Franziska Plaschg

Manuel Fronhofer, Julius Handl, Nadine Obermüller

Kunsthalle Wien Museumsquartier

Rihanna In knapp einer Woche sammelte RiRi mit »Sledgehammer« mehr als zwölf Millionen Youtube-Views und untermauerte damit ihren Status als eine der erfolgreichsten Künstlerinnen unserer Zeit. Wer schon länger Tickets für ihre Wien-Show hat, sollte wissen, dass das Konzert um einen Tag vor- und in die Stadthalle verlegt worden ist. The Weeknd ist nicht mehr dabei, den Support gibt jetzt Big Sean. 9. August Wien, Stadthalle

Akustik Woodstock Das Akustik Woodstock Festival am Wiener Karlsplatz geht in die dritte Runde. Und auch, wenn es weder mit Akustik noch mit Woodstock etwas zu tun hat – sein Programm kann sich wieder mal sehen lassen. Mit dabei sind namhafte und aufstrebende Künstler wie Ages, Julian & der Fux, Playing Savage (Bild), Abby Lee Tee, Monophobe, At Pavillon und Buenoventura. 26. bis 28. August Wien, Heuer

25/6 – 13/11 2016

Die Heiterkeit Die Hamburger Band hat gerade erst ihr drittes, erneut nicht besonders heiteres Werk »Pop & Tod I + II« herausgebracht, ein wunderbares Doppelalbum zwischen Monotonie und unterkühltem Glam. Mit leicht veränderter Besetzung und lobenden Worten aus den Feuilletons im Gepäck tourt das Quartett ab September durch den deutschen Sprachraum. 15. September Wien, Rhiz

Soap & Skin Mit einem internationalen Hype, wie man ihn in Österreich lange nicht mehr erlebt hatte, begann Ende der Nullerjahre die Karriere von Anja Plaschg alias Soap & Skin. Seitdem hat sie sich als fixe Größe in der hiesigen Pop-Landschaft etablieren können. Im Rahmen der Konzerthaus-Reihe »The Art Of Song« ist Soap & Skin nun bald wieder in Wien zu sehen. 3. Oktober Wien, Konzerthaus

Robert Rotifer

Wolf Alice

Nach 15 Jahren und einigen Releases mit seiner Band hat der WahlEngländer Robert Rotifer eine neue Soloplatte am Start. Auf »Not Your Door« erweist er sich abermals als Gitarren-Pop-Connaisseur mit Gespür für Songwriting und Storys. Albumpräsentation! 3. August Wien Theater am Spittelberg

Grunge, Indie, Folk, Pop – Wolf Alice nehmen sich, was gerade passt, um die Gefühlswelt nach außen zu tragen. Mit Erfolg: Nach dem frühen Hype stellten sich auch die ChartsPlatzierungen ein. Im September holt die Band nun das für letzten November geplante Konzert in Wien nach. 8. September Wien, Flex

Black Palms Orchestra FM4-Mann Christian Fuchs hat zur langen Liste seiner Musikprojekte einen weiteren Eintrag hinzugefügt: das Black Palms Orchestra. Ein Soloprojekt mit vielen Gastmusikern, das seinen Country gerne finster und seinen Pop unheilschwanger mag. Das kann was! 1. Oktober Wien, Brut

Beton, Kunsthalle Wien 2016, Foto: Stephan Wyckoff

Künstler/innen Kasper Akhøj, Heba Amin, Monica Bonvicini, Mark Boyle, Andreas Bunte, Tom Burr, Thomas Demand, Werner Feiersinger, Karsten Födinger, Cyprien Gaillard, Isa Genzken, Liam Gillick, Annette Kelm, Hubert Kiecol, Jakob Kolding, Miki Kratsman, Susanne Kriemann, David Maljković, Jumana Manna, Ingrid Martens, Isa Melsheimer, Olaf Metzel, Maximilian Pramatarov, Heidi Specker, Ron Terada, Tercerunquinto, Sofie Thorsen, Klaus Weber, Tobias Zielony Bis heute gilt Beton als progressiv. Die gleichnamige Ausstellung beschäftigt sich mit dem Baustoff in all seinen Facetten, betont die Modernität des Materials bis in die Gegenwart hinein und richtet ihren Blick auf die sozialen und ideologischen Auswirkungen brutalistischer Architektur. Seit einiger Zeit interessiert sich auch die zeitgenössische Kunst verstärkt für die Stadtplanungen der Nachkriegszeit und lässt deren Euphorie für das neue Bauen für eine neue Gesellschaft wieder aufleben. www.kunsthallewien.at

058-068 Gap 158 Termine 01.indd 59

18.07.16 20:06


Termine Festivals

4 Fragen an Gerfried Stocker

060

Gerfried Stocker ist künstlerischer Leiter des Ars Electronica Center in Linz. Wenn jemand das Ars Electronica Center kennt und das AEC-Festival bereits besucht hat: Was wird diese Person beim Festival 2016 am meisten überraschen? Viele werden heuer staunen, wenn die 100 autonom fliegenden Drohnen des Ars Electronica Futurelab im Donaupark abheben werden. Im letzten Jahr hat die PostCity optimal zum Thema gepasst. Welche Rolle spielt das Postverteilerzentrum in diesem Jahr? Die großen, zusammenhängenden Räumlichkeiten am Gelände des Linzer Bahnhofs bieten eine ideale Voraussetzung, um die vielen Programmpunkte des Festivals so zu organisieren, dass die Besucher ständig im Zentrum des Geschehens sind. Das Festival wird in dieser Zeit zu einem großen Labor, wo gemeinsam verschiedene Dinge ausprobiert und diskutiert werden können. Ihr könnt mittlerweile mit ca 35.000 Besuchern rechnen. Gibt es einen typischen AEC-Festivalbesucher? Wenn ja, wie sieht dieser aus? Unsere typischen Festival-Besucher sind sehr weltoffen und interessieren sich für die Zukunft. Und das ganz unabhängig davon, ob sie aus Japan oder aus dem Mühlviertel kommen. Sie sind Medienkünstler und Ingenieur der Nachrichtentechnik. Was haben Kunst und Technik gemeinsam? Darüber könnte man jetzt endlos diskutieren. Aber letztendlich sind beide das Ergebnis unseres unbändigen Bedürfnisses, uns weiterzuentwickeln und Antworten auf die Fragen unseres Lebens zu finden. Das Ars Electronica Festival findet von 8. bis 12. September im Ars Electronica Center statt.

058-068 Gap 158 Termine 01.indd 60

Steirischer Herbst Wer sich nicht entscheiden kann, ob er lieber Lust auf Theater, Musik, Tanz oder Bildende Kunst hat, der kann einfach zum Steirischen Herbst gehen, denn dort gibt es all das. Das diesjährige Leitmotiv lautet »Wir schaffen das. Über die Verschiebung kultureller Kartografien«. Natalie Ofenböck und Der Nino aus Wien vereinen gemeinsam steirische und wienerische Klänge. Unter »Kairo Is Koming« muss man sich kein neues Kardashian-Format vorstellen; unter diesem Titel zeigt sich eher die ägyptische Clubszene. In verschiedenen Konferenzen werden mitunter die Rahmenbedingungen von Graz als Einwanderungsstadt sowie die von Europa aus post- und dekolonialer Perspektive analysiert. Mitmachen kann man dieses Jahr auch: Für das Projekt Garden State verwandelt sich das Orpheum in einen öffentlichen Garten – es blüht also auch im Herbst. 23. September bis 16. Oktober Graz und Steiermark

18.07.16 20:06


Termine Festivals

517 – die Zahl kommt raus, wenn man sämtliche Künstler, Galerien, Projektplätze, künstlerische Räume und Kuratoren zusammenzählt, die 2016 beim Parallel Vienna dabei sind, das dieses Jahr in der Alten Post stattfindet. 21. September bis 25. September, Wien, Alte Post

Barbara Fohringer

Über den Neuen Zirkus, der meist ohne Tiere und Zelte auskommt, haben wir ja schon in unserer letzten Coverstory berichtet. Auch das Festival La Strada richtet seinen Fokus auf Straßenkunst, Figurentheater, Community Art und Cirque Nouveau. Das Besondere an dem Festival ist, dass die Straßen der jeweiligen Veranstaltungsorte zur Bühne werden. Doch nicht nur das Programm ist vielfältig, sondern auch die Herkunftsländer der jeweiligen Artistinnen und Artisten. Diese kommen etwa aus Österreich, Frankreich, Spanien oder Belgien. Dass der neue Zirkus meist auf gruselige Clowns verzichtet, davon wird man sich wohl auch beim La Strada überzeugen können. 29. Juli bis 6. August Graz, Stainz, Weiz und Seggauberg

FrameOut Kino gibt es auch dieses Jahr wieder im Land der Enzis, also dem Museumsquartier. An 18 Abenden werden Filme und andere audiovisuelle Überraschungen zu sehen sein. Eröffnet wird mit dem Film »WinWin«, davor gibt es erstmals einen LiveAct zu sehen. Also auf ins Museumsquartier, wenn ihr gerade beim Lesen dieser Ausgabe nicht eh schon dort seid. 8. Juli bis 27. August Wien, Museumsquartier

061

Florian Voggeneder, Hanna Pribitzer, Juan Robert, Georg Kluever-Pfandtner, Stefan Beer

La Strada

Rostfest Dass das Land mehr zu bieten hat als Feuerwehrund Landjugendfest, das beweist dieses Jahr zum vierten Mal das Rostfest in Eisenerz. Mitten im Ort werden den Besuchern Musik, Performances und Sport geboten. Ein Programm für Kinder gibt es auch. Außerdem kann man in freistehenden Wohnungen campen, was alleine schon mal ein guter Grund ist, um das Festival mit der eigenen Anwesenheit zu beehren. Ach ja, wer mag, kann das Rostfest mit dem Kauf von Rostanteilen finanziell unterstützen. 18. bis 21. August Eisenerz

Vienna Design Week

Slash Film Festival Wer dem Alltag entfliehen und sich dem fantastischen Film hingeben will, der hat beim Slash Film Festival dazu die Möglichkeit. Das ist bereits zum sechsten Mal das größte Festival für Fantasyfilme. Auch dieses Jahr gibt es wieder 40 Erstaufführungen, von Blockbustern bis zu Indie-Filmen, Dokus und Klassikern ist alles dabei. Sein Crowdfunding-Ziel konnte das Festival dieses Jahr auf jeden Fall mehr als erreichen. 22. September bis 2.Oktober Wien, Filmcasino

058-068 Gap 158 Termine 01.indd 61

Design ist überall. Auch das Heft, das du gerade in den Händen hältst, schaut dank unseren Grafikdesignern so aus, wie es aussieht. Design prägt unser gesamtes ästhetisches Empfinden und Urteilen, sagen die Initiatoren der Vienna Design Week. Daher widmen diese sich bei der bereits zehnten Vienna Design Week dem Thema in Form von Ausstellungen, Installationen, Führungen, Veranstaltungen und Partys. Dieses Jahr wird zudem der fünfte Bezirk im Fokus stehen. 30. September bis 9. Oktober Wien

18.07.16 20:06


058-068 Gap 158 Termine 01.indd 62

Franz Lichtenegger

Thea Djordjadze / Courtesy Sprüth Magers / Andy Stagg, Belvedere, Cornelia Fachinger, Sammlung Verbund, Jorit Aust, Estate of Martin Kippenberger, Wael Shawky

Im Jahr 2002 war Thea Djordjadze mal als Madonna verkleidet im W Magazine zu sehen. Das hat jetzt nicht unbedingt was mit ihrer Arbeit zu tun, aber irgendwie schon – an die Regeln halten sich nämlich beide nicht. Thea wechselt die Materialien wie Madge die Produzenten und macht daraus so ziemlich alles, was geht. Klingt nach dem letzten Madonna-Album, aber das war ja eigentlich ganz gut, von daher. Dauer: 8. September bis 1. November Wien, Sezession

Thea Djordjadze

062

Termine Kunst

18.07.16 20:06


Thea Djordjadze / Courtesy Sprüth Magers / Andy Stagg, Belvedere, Cornelia Fachinger, Sammlung Verbund, Jorit Aust, Estate of Martin Kippenberger, Wael Shawky

Termine Kunst Ai Weiwei Mit einem Namen wie ein Klagelied hat man grundsätzlich schon mal die besten Voraussetzungen für eine Karriere als Künstler. Der Aktivist und Dokumentarist Ai Weiwei beweist das mit »translocation – transformation«: Neben der europäischen Flüchtlingskrise betrachtet er auch das Regime in seiner Heimat China mit einem kritischen Auge. Kernstück der Ausstellung ist ein 14 Meter hoher Holztempel. Dauer: 14. Juli bis 20. November Wien, 21er Haus

Aura Undercover Im Kunstraum Niederösterreich hat man sich mal eben selbst zum Kunstgegenstand erklärt. »Aura Undercover« nimmt den Ausstellungsraum als solchen her und betrachtet ihn als Gegenstand der Untersuchung. Ein paar künstlerische Maßnahmen müssen dafür aber trotzdem ergriffen werden, und die gründen auf – ihr habt es euch schon gedacht – der Geschichte des Raums und einem eigens vermessenen Energiefeld. Eröffnung: 15. September, 19.00 Uhr. Dauer: 16. September bis 1. Oktober Wien, Kunstraum Niederösterreich

Gleich vorweg: Entgegen aller Erwartungen handelt es sich hierbei in keinster Weise um ein neues Rihanna-Album. Das muss jedoch nicht zwingend bedeuten, dass die tatsächliche Angelegenheit eine weniger spannende ist. »Anti : modern« will dem altbackenen Ruf, der Salzburg bis heute vorauseilt, auf den Grund gehen und durchforstet dafür die Archive der westlichen Region Österreichs nach Weltoffenheit. Dauer: 23. Juli bis 6. November Salzburg, Museum der Moderne

063

»Anti : modern«

Michael Kienzer Rotwein. Michael Kienzer ist Rotwein. Schon in den 80ern machte er durch seine Skulpturen und Objekte, die er aus Metalldrähten oder anderen Alltagsgegenständen herstellte, auf sich aufmerksam. Und wie ein guter Rotwein wurde auch Michael Kienzer über die Jahre hinweg immer noch ein bisschen besser. Überzeugen kann man sich davon während des Spätsommers in Krems – passend zur jährlichen Weinlese. Dauer: 28. August bis 18. September Krems, Kunsthalle

Martin Kippenberger Kippy beweist auch beinahe 20 Jahre nach seinem Tod noch, warum er als einer der wichtigsten und umstrittensten Künstler seiner Generation gilt. Man denke dabei nur an den gekreuzigten Frosch, mit dem er seinerzeit den Zorn der Kirche auf sich zog. Die Ausstellung im Kunstforum hat übrigens den schönen Untertitel »T.ü.« – Toll übrigens? Trotzdem über? Die Antwort ist logisch: Titel überflüssig. Dauer: 8. September bis 27. November Wien, Kunstforum

Franz Lichtenegger

Wael Shawky Man muss ja originell sein, wenn man es zu etwas bringen möchte. Das hat sich wohl auch Wael Shawky gedacht, ansonsten wäre der Ägypter wohl nicht auf die Idee gekommen, die Geschichte der Kreuzzüge zu verfilmen. Als Marionettentheater. Aus der Sicht arabischer Quellen. Zwei Teile der Trilogie werden bald in Bregenz gezeigt, gemeinsam mit gläsernen Landkarten und einer eigens entstandenen Skulptur. Dauer: 16. Juli bis 23. Oktober Bregenz, Kunsthaus

058-068 Gap 158 Termine 01.indd 63

18.07.16 20:06


TERMINE

www.vinyltom.at

MUSIK

EIN

Mehr Infos: www.lames.at Order: office@lames.at

Swahili für „Wo Möbel Geschichten erzählen.“

cc

Sein Auftritt beim FM4-Fest dürfte ihm gefallen haben: Kele kommt wieder, diesmal mit Bloc Party.

FM4-Geburtstagsfest zum 20. geburtstag gab’s Kele, zum 21. nun dessen band bloc party – das mag ein bisschen nach abo klingen, aber als headliner sorgen die indie-rocker mit offenem ohr für elektronik dank zappeliger hits wie »helicopter« oder »Flux« erstens für ausgelassene stimmung und zweitens ganz sicher für ein volles haus. Wobei: Wenn Fm4 geburtstag feiert, kommen die hörer ja eh von allein … und sonst so? oK Kid, antilopen gang, Fat White Family, grossstadtgeflüster, isolation berlin (empfehlung!) sowie aus heimischer erzeugung: Farewell dear ghost, satellite stories und a Life, a song, a cigarette. 23. Jänner Wien, ottakringer Brauerei

LIVE LiVe @ RKH rKH

ÖSTERREICHS CLUBSZENE Argentinierstr. 30 a, 1040 Wien IM RADIOKULTURHAUS rADiOKULtUrHAUs

ELOUI LeyyA & GäSTE

14.12.2015 22.09.2016 KARTEN KArten UND UnD INFOS: inFOs: radiokulturhaus.ORF.at Flachmann in der Hand, Make-up verschmiert – der genau richtige Zeitpunkt für Kill-J-Pressefotos.

Eloui Leyya© J.J. Kucek ©

Ja Ja Ja Festival

058-068 01.indd 64 64 058-065 Gap Gap 158 154 Termine Termine_KORR.indd

nordischer musikabend wäre wieder. diesmal mit dabei: júníus meyvant aus island, einer dieser empfindsamen bärtigen songwriter – aber einer, der seinen Folk-pop gerne mit ordentlich streichern und bläsern aufpoliert; die junge norwegische multiinstrumentalistin Farao, die die getragene melancholie ihrer melodien mit rhythmischer vielschichtigkeit und synthetischen ambient-sounds zu facettenreichem pop ausbaut; die Finnen the scenes, die den rock ’n’ roll ihres neuen albums »sex, drugs and modern art« enthemmt, aber auch im feinen anzugzwirn auf die bühne bringen; sowie Kill j aus dänemark mit zeitgemäßem zwischen schummrigem r’n’b und cleanem pop. dürfte gut werden – wie immer. 29. Jänner Wien, Wuk

TEXT manueL FronhoFer BILD rachaeL Wright, johanne FicK, meLt booKing (2), Warner music, per Kristiansen, jenn Five

MAHALI AMBAPO SAMANI HUONYESHA HISTORIA.

18.07.16 18:56 20:07 30.11.15

Lisa Schneider

Stadtgebiet nen und en/Symposien n der diesen

t bie tge d n d sie Sta un m nen ympo en i a n s 5 h eri n/S die er, ünstl unge der s u t www.wholelottasound.eu Hä e K tal ein lte ählig rans rver a u e , 2 nz V Kult ES M hre , u de Ja ltens tzen und – LA 5 1 .Pö , du st- ert auf St tive Kun efini tive Ak d ein m d pek un irau tros Fre e Re iten Ein 4 Se 16

Lena Göbel, »Mein Name ist Karpfe, ich weiß von nichts« (2016 Holzschnitt, Papier, Öl, Lack auf Leinwand, 170 � 150 cm) Courtesy: Lena Göbel —

ER

V UR LT E KU UN HR UND ET S JA 15 NST- IQUE KU MUS LA


Ausstellung Lena Göbel Atterseehalle Geboren 1983 in Ried im Innkreis, hat sich Lena Göbel (Diplom an der Wiener Akademie, studiert bei Gunter Damisch) schon früh mit einem traditionsreichen, ja fast schon archaischen Medium auseinandergesetzt: dem Holzschnitt. Mini bis Maxi: die Künstlerin wagt sich dabei nicht nur an mittelformatige Hartholzplatten, sondern gern auch einmal an überlebensgroße Baumstämme – die Schnitzereien werden per Hand auf Leinwand gepresst. Die körperliche Anstrengung ist da schon einmal enorm – dafür lässt sich die Farbintensität und Nuancierung durch die Nachbearbeitung mit Farbe, Schellack oder Asphaltlack besser steuern, erzählt Lena Göbel. Die Ausstellung in der Atterseehalle findet in Kooperation mit Galerie 422 Margund Lössl Gmunden statt. Bis 27. August Atterseehalle, 4864 Attersee am Attersee, Kirchenstraße 1

Kärnten Meina Schellander – Metagras.Brechungen Galerie Freihausgasse Leiningengasse 12 9500 Villach — Bis 10. September

Oberösterreich Geschöpfe der Nacht Galerie Vereinigung Kunstschaffender Oberösterreichs Landstraße 21 4020 Linz — Bis 21. August

065

Lisa Schneider Lena Göbel, »Mein Name ist Karpfe, ich weiß von nichts« (2016 Holzschnitt, Papier, Öl, Lack auf Leinwand, 170 � 150 cm) Courtesy: Lena Göbel — Martin Parr, »Surrey Bird Club, Surrey, England« (1972, Fotografie, Silbergelatineabzug 40,6 � 30,4 cm; Pigmentdruck 50,8 � 40,6 cm) Courtesy: Martin Parr / Magum Photos

Termine Galerien

Salzburg Johannes Domenig Galerie Frey Erhard-Platz 3 5020 Salzburg — Bis 10. September

Steiermark Shoshana Lendnine Gallery Lendkai 9 8020 Graz — Bis 16. Oktober

Martin Parr: Early Black And White Das Kunst Haus Wien plant eine große Retrospektive zum Werk des Fotografen Martin Parr – vorbereitend darauf ist die Ausstellung in der Anzenberger Gallery sehr empfehlenswert: sie konzentriert sich auf die frühen Schwarzweißarbeiten des Künstlers. Die meisten der Fotografien aus den Serien »Bad Weather«, »A Fair Day« oder »The Non-Confirmists« sind in den frühen 70er und 80er Jahren entstanden, kurz bevor Parr mit der Serie »The Last Resort« eine neue Ära der europäischen Farbfotografie eingeleitet hat. »Ich zeige eben die Dinge so, wie sie sind«, meinte er einmal in einem Interview. Gerne auch einmal deftig, verstörend, dick aufgetragen: der Ringblitz, den Martin Parr gerne verwendet, wirft keine Schatten – und betont die Farben noch stärker. Umso interessanter, seine fotografischen Anfänge ohne eben jene zu beobachten. Bis 20. August Anzenberger Gallery, 1100 Wien, Absberggasse 27

058-068 Gap 158 Termine 01.indd 65

Tirol Sophia Mairer Galerie im Andechshof Innrain 1 6020 Innsbruck — Bis 11. August

Wien 45 Jahre Galerie Ernst Hilger – the past, the present and something about the future Galerie Ernst Hilger Dorotheergasse 5 1010 Wien — Bis 3. September

18.07.16 20:07


Illbilly

frönt der hohen Kunst der tiefen Pointe. Umgekehrt wird aber auch kein Schuh draus

Periodika, die eine intakte Leser-Blatt-Bindung pflegen, liebe ich innig minniglich. Egal in welcher Form sie daherkommen, diese Bindungen. Ob als Gewinnspiel auf der letzten Seite, damit es für Teilzeitalphabetisierte leichter ist, sie nicht zu überblättern, oder beispielsweise auch so wie es seit Jahren die alte Hamburger Tante »Die Zeit« macht. Die gibt in der Rubrik »Was mein Leben reicher macht« ihren Lesern Raum über das zu schreiben, was ihr Leben reicher macht. Logisch. Oft sind es herrlichste, kitschige Alltagsblüten der Spießigkeit, die da zum Vorschein kommen. So was freut mich dann immer sehr, weil es mich gleichermaßen fasziniert wie anekelt: »Morgens im Bettenlager der Alpenvereinshütte: Mein Freund zeichnet sanft meine Gesichtszüge nach, es kitzelt und ich erwache mit einem Grinsen. Wunderbar, vor dem Wandern so geweckt zu werden.« Igitt Bettenlager. Igitt Alpenverein. Igitt Hütte. Igitt Wandern. Das ist wrong on so many levels. Ich sehe das Pärchen direkt vor mir, in ihrer hässlichen Funktionskleidung. Was sag’ ich, förmlich riechen kann ich die zwei, wie sie sanft schweißelnd im miefigen Matratzenlager verliebt vor sich hinstinken. Frei von Alu ist das Deo, Salz sammelte sich bis zum Ende des Tages unter ihren Achseln und im Schritt herrscht Doppelrahmstufe. Ich möchte zudem nicht näher erklären wie mein Leben verlaufen wäre, wenn a) jemals jemand versucht hätte, mir vorm Aufwachen sanft die Gesichtszüge nachzuzeichnen und b) ich das bei jemandem gemacht hätte. Da hätte es – egal bei welcher Variante – stets zärtlich Faustbussis gehagelt. Dessen bin ich mir gewiss. Ich brauche die ersten drei Minuten nach dem Aufwachen nämlich stets für mich, um Fundamentales zum frisch angebrochenen Tage zu klären. Ich hantle mich dabei die 6-W-Fragen entlang. Zur lieben Erinnerung: Wer, wie, was, wann, wo, warum? Und auch wenn vielleicht nicht immer sofort alles zufriedenstellend be-

058-068 Gap 158 Termine 01.indd 66

antwortet werden kann, weil man zum Beispiel in einem Bettenlager auf einer Alpenvereinshütte aufwacht und gerade im Gesicht gekitzelt wird, oder klären muss, ob außer dem Kopf eigentlich sonst noch etwas weh tut, die 6-Ws schaffen zumindest einmal grobe Orientierung. Und das ist unerlässlich. Gewissermaßen schafft ja auch die ZeitRubrik »Was mein Leben reicher macht« Orientierung. Es macht ja nicht wenige Menschen glücklich, wenn sie beim Lesen das Gefühl haben, dass das einem irgendwie alles bekannt vorkommt und man trotz aller Individualität nicht ganz allein ist auf diesem Planeten. Der Mensch strebt ja nach Bestätigung. Deswegen verstehe ich nicht, warum meine Einsendungen nie gedruckt werden. Was mein Leben nämlich reicher macht, ist mindestens genau so wichtig wie wenn irgendwelche Heinzis und Heinzelinis Dinge wie »Wenn ich nachts aufwache, den Atem meines Freundes höre und mich noch mehr an ihn kuschele« schreiben. Mein Leben machte es etwa reicher, dass ich in bekannten Filmtiteln, die aus mehreren Worten bestehen, einfach eines rausnehme und durch »Muschi« ersetze. »Ziemlich beste Muschi«. »Das Schweigen der Muschi«. »Vom Muschi verweht!« Man kann, und auch das macht das Leben reicher, statt Muschi gerne andere Wörter nehmen und es müssen auch nicht unbedingt Filme sind. So leiste ich etwa seit einem Jahr dem Rat einer Bekannten folge und ersetze das omnipräsente Wort »Start-up« durch »Risi Bisi«. Man glaubt gar nicht, wie schnell das Gehirn da mitmacht. »Die 100 besten heimischen Risi Bisis!« »Berlin soll London als Risi BisiHauptstadt ablösen!« »Faymann hatte wenig für Risi Bisi über!« Das ist nicht nur ein großer Fun, sondern hat auch positiver Effekte auf meine Ernährung. Reis und Erbsen sind gesund, es gibt sie nun wieder öfters bei mir zu Hause am Menüplan. Auch als Hauptspeise und nicht nur als Beilage zum Schnitzi.

Nach einer ausgiebigen Risi Bisi-Session lege ich mich gerne für ein kleines Nickerchen hin. Das regt die Verdauung an und ist gut fürs Gehirn. Allerdings hatte ich ein Bett, das langsam kaputt wurde, bis es letztlich in seine kümmlerichen Bestandteile zerfiel. Ich würde gerne sagen, ich hätte es zerfickt, weil ich so ein wilder Stier bin, aber das Bett war leider von Ikea. Hier wäre jetzt der Platz für ein paar ImbusWitze und Billy-Scherze. Mir fällt aber keiner ein. Dann kaufte ich ein neues Bett. Das alte, kaputte Bett lagerte ich – verbotenerweise – im Lichthof des Hauses. Zum einen aus Faulheit, zum anderen, weil ich mich wegen der vielen Spinnen nicht in den Keller traue. Drei Monate ging ich täglich im Hof bei meinem alten, kaputten Bett vorbei. Jedes Mal mit schlechtem Gewissen und dem Vorsatz, es zu entsorgen. Und dann: Ja dann stirbt plötzlich die Nachbarin über mir. Sie war in altes zähes Weiblein, das öfters am Tag umfiel, dass mein Plafond nur so wackelte. Ihre Wohnung wurde dann aufgelassen und entrümpelt. Und wo wurde der ganze Ramsch gelagert? Genau, im Hof neben meinem Bett. Und als endgültig entrümpelt wurde, wurde das alte Bett von mir gleich mit entsorgt. Die Erkenntnis, dass sich Probleme von alleine lösen, wenn man sie nur lange genug ignoriert, bereichert mein Leben ungemein. Aber »Die Zeit« enthält diese Weisheit ihren Lesern nun schon Jahre vor. ● www.facebook.com / illbilly

Jakob Kirchmayr

066

Know-Nothing-Gesellschaft Mit Risi Bisi geht alles leichter

18.07.16 20:07

Brau


Jakob Kirchmayr

30.06. - 31.08.2016

OTTAKRINGER BRAUEREI OTTAKRINGER PLATZ 1, 1160 WIEN

WOCHENPROGRAMM D O N N E R S TAG : Bieranstich der Gastbrauerei der Woche F R E I TAG :

Bierspiele, Brauereiführungen & Livemusik

SA M S TAG :

Livemusik & Kinderunterhaltung

M O N TAG :

Bierseminare & Brauereiführungen

D I E N S TAG

Kreativmarkt

M I T T WO C H :

Bierkistlsingen, Brauereiführungen & Verabschiedung der Gastbrauerei

ÖFFNUNGSZEITEN: Montag bis Samstag: 15 – 24 Uhr (auch bei Schlechtwetter)

Mehr unter www.ottakringerbrauerei.at

058-068 Gap 158 Termine 01.indd 67 BraukulturWochen_AZ_210x280_2016_TheGap.indd 1

19.07.16 13:07 13.05.16 08:57


www.stroeck.at

REISSEN SIE SICH DOCH MAL EINEN ECHTEN FRANZOSEN AUF. NEU AUS UNSERER BACKSTUBE: PIERRES CROISSANT – MIT LIEBE HANDGEMACHT.

Jetzt probieren!

Außen golden knusprig, innen flaumig zart – in die neueste Kreation unseres Meister-Patissiers Pierre Reboul werden Sie sich bestimmt verlieben. Und weil Liebe niemals Sünde sein kann, sagen wir: #gönndir #pierre

058-068 Gap 158 Termine 01.indd 68 05-16_PierresCroissant_210x280mm_DinersClub.indd 1

18.07.16 20:07 23.05.2016 09:41:06


Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.