M - Magazin für Destinationsmarketing in Südtirol

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01 Magazin für Destinationsmarketing in Südtirol

J A N U A R  /  F e b R U A R  /  M ä R z   2 0 1 1

im Quartett

Ein Magazin, vier Herausgeber


27 PATENTE werden durchschnittlich pro Jahr in SĂźdtirol angemeldet

Âť Tirol bringt es auf 97 und das Trentino auf 20 Patentanmeldungen


Meinung

Vier sind „M“ Es ist keine Sensation, aber doch ein Meilenstein: Vier Gesellschaften, die sich für die Destination Südtirol auf unterschiedliche Weise engagieren, haben jetzt eine gemeinsame Plattform: M – das Magazin für Destinationsmarketing in Südtirol. M hat vier Herausgeber: BLS, EOS, SMG und TIS; die Standortagentur, die ExportOrganisation, die Marketing Gesellschaft und den Innovationspark. Aber was hat ein innovativer Treppenbau (Seite 24) mit einer ausgeklügelten Weinkapsel (Seite 28) zu tun? Beide tragen dazu bei, dass sich Südtirol weiter entwickelt, seine Stärken stärkt und auf der Begehrlichkeitsskala der Kunden, Unternehmer und Gäste nach oben bewegt. Das Magazin bringt Produkte, Ideen und Projekte, die unser Land bereichern und attraktiv machen, an eine sichtbare Oberfläche. Und weil dahinter immer Menschen stehen, rücken wir auch diese ins Rampenlicht. Das ist unsere - gemeinsame - Idee von erfolgreichem Destinationsmarketing. Das vorliegende M ist der Auftakt, und zur Premiere servieren wir ein Thema, das alle vier Partner fortlaufend beschäftigt: die Produktentwicklung. Südtirol soll in der Kommunikation attraktiv dargestellt werden, aber eben den Kunden, Unternehmern und Gästen auch das bieten, was beworben wird. Keine Werbe-Luftschlösser, sondern Angebote, die Nutzen stiften. Wir sehen den gemeinsamen Auftritt im M als Beitrag, abgestimmt zu handeln. Es ist das bekannte Bild des Orchesters: Wenn die Musiker gut aufeinander abgestimmt sind, dann entsteht Harmonie. Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre und einen guten Auftakt ins neue Jahr. Ulrich Stofner, BLS-Direktor

Hansjörg Prast, EOS-Direktor

Christoph Engl, SMG-Direktor

Hubert Hofer, TIS-Direktor

Januar, februar, märz 2010 | M

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Inhalt

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BLS – EOS – SMG – TIS –

mailbox Bikehotels - Export Coach - snowTOUR - Workshop Südtirol 2011

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maßstab Der gepresste Stuhl 'pressed chair'

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making-off Klappe die Erste in Südtirol

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mittelpunkt: Produktentwicklung Wer innovativ sein will, darf nicht faul sein Interview mit Dominik Matt: Marktfähige Ideen rasch umsetzen In Südtirol geboren Blick über den Tellerrand

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monolog Gegenbeweis Erdäpfel

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material Weltneuheit im Treppenbau

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menschen Roland Perathoner: Wo Greise und Engel Holzköpfe sind

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marke Kapsel mit Köpfchen

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mosaik Im Visier der Medien

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miteinander Vom Stahlkonzern zum Reiseriesen

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marktplatz Auf dem Salotto in Mailand

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Business Location Südtirol A.G., Dompassage 15, 39100 Bozen Export Organisation Südtirol, Südtirolerstr. 60, 39100 Bozen Südtirol Marketing K.A.G, Pfarrplatz 11, 39100 Bozen innovation park, Siemensstr. 19, 39100 Bozen

Verantwortlicher für den Inhalt: reinhold marsoner | Redaktion: martin bertagnolli, maria C. De Paoli, Jasmin mathà, birgit mayr, barbara Prugger, Heiko Schoberwalter, Cäcilia Seehauser | Koordination: ruth Torggler | Layout: Lukas nagler | Design-Consult & Infografik: arne Kluge | Illustration: Licia zuppardi Fotografie: alex filz, max Lautenschläger, frieder blickle, gettyimages | Druckvorstufe: typoplus GmbH, bozner Straße 57, 39057 frangart | Druck: Karo Druck KG, Pillhof 25, 39057 frangart eintragung beim Landesgericht bozen nr. 7/2005 vom 9. mai 2005

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Jetzt hat auch S端dtirol seine Oscars

Am 11.11.2011 werden erstmals die

s端dtirol awards der wirtschaft vergeben. eine nacht - vier preise

Ausschreibung & Infos ab Februar 2011


Mailbox

SnOW TOUR

Wintertechnologie made in Südtirol

Wintertechnologie made in Südtirol: Zum Kennenlernen bei der snowTOUR des TIS

RADLER SInD STARTKLAR

Neue Angebotsgruppe: Bikehotels Südtirol

Sie sind die Spezialisten in Sachen Fahrrad und sind jetzt unter einem Dach. Wer spezialisierte Unterkünfte und Produkte zum Thema sucht, ist deshalb bei den „Bikehotels Südtirol“ gut aufgehoben. Ähnlich wie die Angebotsgruppen „Vitalpina Hotels“, „Belvita Hotels“ oder „Familienhotels Südtirol“, fokussiert die Angebotsgruppe „Bikehotels Südtirol“ ein Kernthema und unterstützt die Mitgliedsbetriebe in der Produktentwicklung und Vermarktung. Mountainbiker, Radwanderer und Rennradler werden ab 2011 in den „Bikehotels Südtirol“ ihren Bedürfnissen entsprechend betreut. Die neue Angebotsgruppe wurde sowohl für die höhere Sterne-Hotellerie als auch für kleinere Betriebe, bis hin zum Urlaub auf dem Bauernhof-Betrieb, geschaffen. Die Vielfalt der Unterkunftskategorien trägt den mitunter sehr unterschiedlichen Bedürfnissen der Radfahrer-Zielgruppe Rechnung. Die Gruppe „Bikehotels Südtirol“ wird von der Südtirol Marketing Gesellschaft (SMG) betreut und startet mit 30 Unterkunftsbetrieben und sechs Bikeschulen. www.bikehotels.it

nannten Export Coach bekommen interessierte Betriebe für mindestens ein Jahr einen erfahrenen Export Manager an die Seite gestellt, der Internationalisierungsaktivitäten professionell und nachhaltig aufbaut. „Nicht jedes Unternehmen braucht einen Coach, aber um die Ziele beim Aufbau des Exportgeschäfts zu erreichen, ist ein Coach sehr hilfreich. Das ist jemand, der einen regelmäßig daran erinnert, wo es hingeht, welches der beste Weg ist, der den Weg und auch das Ziel kennt“, so Markus Walder, Leiter International Support der EOS. www.eos-export.org

MAnAGER AUF ZEIT

Ein Export Coach zum Bestellen Ein Unternehmen, das Unterstützung bei der Erarbeitung eines Internationalisierungsplans und dessen Umsetzung sucht, kann sich ab sofort an einen Manager auf Zeit wenden. Mit dem so ge6

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Im Austausch mit den Reisemittlern: der Workshop Südtirol, organisiert von der SMG

Die snowTOUR Südtirol ist ein Schaufenster für die Kompetenz der Destination in Sachen Wintertechnologie: Ein internationales Fachpublikum hat bei einer dreitägigen Rundreise die Möglichkeit, Südtirols Wintertechnologie kennenzulernen und sich unter Fachleuten auszutauschen. Die thematischen Schwerpunkte des Wissenstransfers betreffen das Skigebietsmanagement, das Wasserund Schneemanagement, Pistenpräparierung und Energieeffizienz. Zu den Zielgruppen zählen Experten, Fachjournalisten, sowie Politiker, Investoren und Regionalentwickler. Bei einer snowTOUR vom TIS erleben Teilnehmer unter anderem die Pistenpräparierung vor Ort. www.tis.bz.it

WORKSHOP SüDTIROL 2011 Im Geschäft mit Reiseveranstaltern

Am 2. Februar 2011 findet mit Beginn um 13.45 Uhr der „Workshop Südtirol“ im Konferenzzentrum des Hotels Sheraton in Bozen statt. Beherbergungsbetriebe können dabei mit rund 40 Reiseveranstaltern in Kontakt kommen, neue Verträge ausarbeiten oder bestehende verlängern. Erstmals werden auch Reisemittler aus Russland zu Gast in Bozen sein. Zum Auftakt der Veranstaltung porträtieren Reiseveranstalter aus den verschiedenen Märkten ihre Gäste. Denn: „Reisemittler fordern marktgerechte Angebote. Die Betriebe sollten deshalb die Eigenheiten ihrer Gäste kennen und das Angebot darauf abstimmen, denn die Anforderungen und Wünsche eines englischen Gastes entsprechen nicht jenen eines deutschen“, so SMG-Direktor Christoph Engl. Anmeldungen zum „Workshop Südtirol“ sind bis einschließlich 26. Ja(jm) nuar möglich. www.smg.bz.it


Maßstab

STECKBRIEF Opera: Der gepresste Stuhl 'pressed chair' Design ................................... Harry Thaler, meran/London Umsetzung ...................................................... ...... 2010 Material ........................................................ aluminium Gewicht ..................................................... 2200 Gramm Auf den ersten Blick mag 'pressed chair' als simples, stapelbares metallmöbel anmuten, geschaffen aus der formpressung einer 2,5 mm starken aluminiumplatte. Der hauptsächliche eigenwert des entwurfs liegt aber in der absicht, ein möbel aus einem einzigen materialstück, ohne jegliche Verbindungsteile entstehen zu lassen. zu 100 Prozent kann der Stuhl wiederverwertet werden: 1 m² aluminium wurde vom Designer geschickt verarbeitet. Die reliefartigen Vertiefungen im Stuhl verleihen ihm Verstärkung zum aufnehmen von Gebrauchs- und nutzlasten und dienen gleichzeitig auch als Dekoration. Darüber hinaus fallen bei der Produktion von 'pressed chair' keinerlei restmaterialien an, die einer entsorgung bedürften. Das überschüssige aluminium wird für die Herstellung eines einfachen, schicken Hockers, konzipiert aus drei Teilen, verbunden mit metallschrauben verwendet. www.harrythaler.it

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Making-off

Klappe die Erste in Südtirol Südtirol hat als Filmland großes Potential. Business Location Südtirol (BLS) sorgt dafür, dass dieses Wissen in der internationalen Filmbranche verankert wird. Positiver „Nebeneffekt“ jeder Film- und TV-Produktion: die vielen Geschäftsmöglichkeiten, die sich dabei auftun.

B

ereits im Jahr eins seit Bestehen hat die Abteilung Film drei große Fische an Land gezogen. Das Team von BLS hat im Sommer und Herbst 2010 drei Projekte unterstützt: als Ansprechpartner und rechte Hand der Produktionsfirmen vor Ort.

Förster Terence Hill

BLS und die internationale Filmbranche: überzeugungsarbeit für Südtirol als geeigneter Standort für TV-Produktionen

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Die Dreharbeiten zur 12teiligen italienischen TV-Serie „Un passo dal cielo“ haben im Sommer und Herbst einige Wochen lang den Pragser Wildsee und das Dorfzentrum von Innichen in eine viel beachtete Filmlocation verwandelt. Dort wurden nämlich die Episoden der Koproduktion von Rai Fiction und der Filmproduktionsfirma Lux Vide abgedreht, die das Publikum ab Frühjahr 2011 auf Rai Uno mitverfolgen kann. Serienheld ist Terence Hill in der Rolle eines Försters, der vor der beeindruckenden Kulisse des


Hochpustertals spannende Abenteuer bestehen muss. Nicht alle Hindernisse muss er selber bewältigen: So gibt der Südtiroler Bergführer Erwin Steiner von der Alpinschule Globo Alpin das Kletterdouble des Italo-Amerikaners. „Ausschlaggebend für die Wahl des Drehortes war für die Produktionsfirma zunächst die einzigartige Kulisse, nämlich die Kombination aus DolomitenBerglandschaft, dem einmaligen Gebirgssee und dem typisch Südtiroler Ortsbild der Dörfer. Das gefiel den Produzenten dermaßen gut, dass sie den Titel der Serie dem Drehort anpassten“, so BLS-Direkor Ulrich Stofner. Ursprünglich hatte der Titel für die TV-Serie „L’Uomo dei Boschi“ gelautet. Ein weiterer Grund für die Entscheidung zugunsten Südtirols waren die Förderung durch das Land und die professionelle Betreuung durch BLS.

Gaukler in Bozen und Pfitsch „Film ab!“ hieß es dann auch für den deutschen Kinofilm „Der Sommer der Gaukler“ rund um den bayrischen Theatermann Emanuel Schikaneder. Regisseur des Streifens ist der bayrische Kultregisseur Marcus H. Rosenmüller, Hauptdarsteller sind Max von Thun, Nicholas Ofczarek und Lisa Maria Potthoff, bekannt aus den Serien „Soko Kitzbühel“, „Der Bulle von Tölz“ und „Tatort“. Fünf Tage drehte das Filmteam der „Geißendörfer Film- und Fernsehproduktion Sued GmbH“, die bereits erfolgreiche Produktionen wie die „Lindenstraße“ herausgebracht hat, im Lande, zwei davon in Bozen. Für die Dreharbeiten musste die Innenstadt auf „antik“ getrimmt werden, handelt es sich doch bei der Adaption des gleichnamigen Romans um eine historische Komödie, die im Jahr 1780 spielt. Dachrinnen wurden entfernt, Fassaden angepasst, Sand wurde aufgeschüttet. Der Rest des Drehs in Südtirol spielte sich in Ratschings und Pfitsch ab. Die Vorbereitungsarbeiten liefen bei BLS schon Wochen vor dem Start auf Hochtouren. Von der Suche nach dem geeigneten Drehort über die Vermittlung von Kontakten bis zur Einholung von Drehgenehmigungen reicht die Palette der Serviceleistungen, welche die Abteilung Film erbrachte.

Förster am Pragser Wildsee: Terence Hill am Dolomitenfelsen im Hochpustertal

Wo gedreht wird, wird auch Geld ausgegeben. Diese wirtschaftlichen „Nebeneffekte“, die sich bei jedem TV- und Filmprojekt für den Drehort ergeben, gab es auch beim „Sommer der Gaukler“. Für Beherbergungsbetriebe, sowie für Handwerker: Ein Spengler aus Sterzing, der für das Filmteam eine Plattform aus Holz für den Kamerakran aufbaute, war mit seinem Team eine ganze Woche lang am Filmset beschäftigt.

Mensch Messner Der Mensch Reinhold Messner steht im Mittelpunkt des Dokudramas „Messner“, für das im Herbst in Villnöss und Umgebung gedreht wurde. BLS war es gelungen, den deutschen Produzent und Regisseur Andreas Nickel zu überzeugen, wesentliche Teile seines neuesten Dokumentarspielfilms über „den Menschen Reinhold Messner und dessen Entwicklung zum führenden Extrembergsteiger und ‚Grenzgänger‘ unserer Zeit“ auch in Südtirol zu drehen – und nicht nur in Grönland, am Mont Blanc und in Nepal. Resultat: Zwölf Tage lang wurde an Originalschauplätzen aus Messners Kindheit und Jugend in Villnöss gedreht. Das Tal war während des Drehs ein paar Tage lang im Ausnahmezustand. Villnöss diente nämlich nicht nur als Filmkulisse, sondern auch die Bevölkerung war intensiv in das Projekt involviert, denn sämtliche Komparsen waren Villnösser. Villnösser Kinder mimten

die Brüder Reinhold und Günther, die Messner-Eltern waren einheimische Laiendarsteller, und der Pfarrer von Villnöss, Paul Faller, spielte im Film sozusagen sich selbst. Messner wirkte bei der Entstehung des Films übrigens persönlich mit. Produziert wird der Film von Andreas Nickel in Koproduktion mit mehreren deutschsprachigen öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten. Nikkel, unter anderem bekannt durch den Film „Der dritte Pol“, schrieb auch das Buch zu dem Dokudrama. (bm)

STIchwoRT FIlMFöRDeRung business Location Südtirol versteht sich unter anderem auch als mittler zwischen der italienisch- und deutschsprachigen film- und fernsehbranche. Dies liegt nicht nur aufgrund der geografischen Lage nahe. auch die zweisprachigkeit der Südtiroler hilft beim interkulturellen brückenbauen. ergänzend zu Informationen, Dienstleistungen und beratungen sowie Produktionsvorbereitung verwaltet bLS auch den filmförder-fonds des Landes und kann so film- und TV-Produktionen auch finanziell unterstüzen. ab 2011 stellt das Land Südtirol dafür eine fördersumme zur Verfügung, mit der die bLS eine der größten regionalförderungen Italiens zur Verfügung stellen kann. www.bls.info

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Mittelpunkt

„weR InnovaTIv SeIn wIll, DaRF nIchT Faul SeIn.“ forscher sind sich einig: Gerade die ersten Schritte erweisen sich häufig als größte Schwäche im Innovationsprozess. Ihr fazit: erfolgreiche Produktentwicklung fordert viel Disziplin – in allen Phasen. Text: Maria Cristina De Paoli Illustration: Licia Zuppardi

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m Sommer waren sie der Renner schlechthin, die bunten, lauten Vuvuzelas, die nicht nur Fußballbegeisterte unbedingt haben mussten. Einige Monate später sind sie und ihr monotones Tröten vergessen, verschwunden, wie vom Erdboden verschluckt. Die lästigen Trompeten aus billigem Kunststoff sind nur ein Beispiel für die zunehmende Kurzlebigkeit von Produkten. Was heute top, ist morgen Flop. Der Markt verlangt nach ständig neuen Ideen, Reizen, Leistungen.

Mit dem Druck auf die Wirtschaft steigt aber auch die Quote der Misserfolge. Wobei es durchaus zu unterscheiden gilt. „Wenn du keine Fehler begehst, ist das ein Zeichen dafür, dass du nicht wirklich etwas Innovatives machst.“ Mit anderen Worten: Misserfolge sind eine zwangsläufige Begleiterscheinung des innovativen Handelns. Das Zitat stammt vom New Yorker Regisseur und Schauspieler Woody Allen und hat sicherlich seine Berechtigung. Neue Ideen sind immer auch mit Risiken behaftet. So » Januar, februar, märz 2011 | M

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PRoDukTenT wIcklung TouRISMuS „Tue neue S unD ReDe DaRüBeR“ „Es ist ein Fakt, dass in der Industrie nach wie vor im Schnitt nur eine von 40 neuen Ideen die Testphase übersteht“, sagt Werner Taurer, geschäftsführender Gesellschafter von Kohl & Partner in münchen. „Im Tourismus ist das nicht anders. nur dass in dieser branche die zahl der erfolglosen Versuche nicht erfasst und entsprechend unterschätzt wird.“ Das touristische Produkt sei zwar kein „normales“ Produkt. „Hier werden vor allem personenbezogene Dienstleistungen verkauft und konsumiert“, so Taurer. für den Innovationsprozess würden allerdings dieselben Spielregeln wie in anderen Sektoren gelten. allen voran jene strenge Systematik, die den gesamten ablauf von der Ideenfindung bis hin zur Positionierung am markt begleiten sollte. ein Procedere, das den meisten touristischen betrieben noch recht fremd ist. „Die unternehmen, die es richtig machen, könnte man leicht an einer Hand abzählen“, sagt Werner Taurer. „Die große Herausforderung für die zukunft liegt deshalb darin, dass sich auch im Tourismus jene Konsequenz durchsetzt, die anderswo bereits beobachtet werden kann.“ als positives beispiel nennt Taurer die Deutsche Post. „Da werden die Ideen der mitarbeiter sehr ernst genommen. Jedes Input wird weitergeleitet und bearbeitet. und der angestellte wird sogar informiert, wann und warum sein Vorschlag ad acta gelegt wurde.“ So kann motivation aussehen. Diese ist im Innovationsprozess auch gefragt. Denn die einbindung von mitarbeitern und Kunden ist laut Taurer für die entwicklung von neuen Produkten, Dienstleistungen oder Organisationsmodellen ausschlaggebend – und fast ebenso relevant wie eine klare zielsetzung. „Diese ist im Tourismus auch deshalb so wichtig, weil man ja nur selten allein arbeitet, sondern meist mit den Partnern im Ort oder in der region kooperieren muss.“ Werner Taurer animiert den Tourismus zu regelmäßigen Innovationen. „Dabei muss es sich ja nicht immer um riesenaktionen handeln. Oft genügen auch kleine Details. Wichtig ist nur, dass man nicht so lange tatenlos abwartet, bis es womöglich zu spät ist.“ Die notwendigkeit zu Handeln sollte allerdings nicht zu Turbomarketing-aktionen verleiten. „neue Produkte müssen immer gut durchdacht werden.“ und noch ein rat: „Tue neues und spreche darüber“, mahnt der unternehmensberater. Innovationen seien ein willkommenes futter für die Presse.

Der Tipp vom Unternehmensberater Werner Taurer: „nicht tatenlos abwarten, aber auch nicht dem Turbomarketing verfallen“

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wie jene Spieler, die die meisten Tore schießen, in der Regel auch die meisten Torgelegenheiten verschießen. Keine Frage.

Fehler vermeiden, Kosten sparen Fehler bringen aber nicht nur weiter, wie Woody Allen behauptet, sondern kosten auch viel Geld. Daher sucht die Forschung seit Jahrzehnten nach den Lecks im System, ebenso wie nach jenen Faktoren, die die Fehlerquote senken und die Zahl der positiven Ergebnisse steigern können. Heute wissen wir, dass gerade die frühen Phasen der Produktentwicklung erhebliche Auswirkungen auf den Erfolg, aber auch auf Kosten und Dauer eines Projektes haben. Und wir wissen auch, dass sich die ersten Schritte häufig als größte Schwäche im Innovationsprozess erweisen. Logische Schlussfolgerung ist daher, dass sich die Betriebe gerade in jener Phase, die


Mittelpunkt

Die Zeiten für Alleingänge sind vorbei. „Wir kooperieren mit Fachhochschulen und Universitäten, setzen aber auch auf die Erfahrung und das Feedback der Benutzer”, sagt Salewa-Chef Heiner Oberrauch

von der Ideenfindung über deren Bewertung bis hin zur Planung reicht, besonders engagieren. Patentrezepte gibt es keine. Denn die Wege zur erfolgreichen Innovation sind mindestens ebenso vielfältig wie die Produkte selbst. „Wir unterscheiden heute zwischen Produkt-, Prozessund Service-Innovationen“, sagt Universitätsprofessor Dominik Matt (siehe dazu auch Interview). „Aber auch Geschäftsmodelle sowie verschiedene Formen der gesellschaftlichen Organisation können und müssen ständig überdacht werden.“ Trotz aller Unterschiede wagt es Matt dennoch, einen gemeinsamen Nenner zu finden. „Zwei Dinge sind heute bei der Produktent-

wicklung unumgänglich: Man muss Kundenprobleme erkennen und diese konsequent in Kundennutzen umsetzen.“ Und es ist wohl kein Zufall, dass der Akzent dabei auf „konsequent“ liegt. Denn in einem Punkt sind sich Analysten einig: Nur wer systematisch und stringent vorgeht, schafft es bis zum marktreifen Produkt.

Innovationsmanagement Wie ein solches System aussehen kann, das beschreibt der Bozner Heiner Oberrauch am Beispiel des eigenen Unternehmens. „Zunächst unterscheiden wir zwischen einer Grundlagenforschung mit langfristig angesetzten Zielen und der eigentlichen Produktentwicklung, wo eigentlich jedes Jahr etwas Neues entsteht“, sagt der Chef der Salewa GmbH. „Außerdem wird auf verschie-

denen Ebenen gearbeitet. Wir kooperieren mit Fachhochschulen und Universitäten, denen wir konkrete Problemstellungen unterbreiten. Parallel dazu setzen wir aber auch auf die Erfahrung und das Feedback der Benutzer. Unser Athleten-Kader, das Salewa alpineXtream Team, testet und entwickelt ständig neue Produkte für uns.“ Ein Beispiel für alle: Die Sportbekleidung für Kinder von Salewa, die dank eines einfachen Systems aus Gummibändern mit den Kleinen quasi „mitwächst“. „Die Kinder sind eigentlich diejenigen, die den größten Schutz brauchen“, so Heiner Oberrauch. „Kinder wachsen aber ständig. Und innovative Funktionsmaterialien sind teuer. Das war unser Problem.“ Die Lösung wurde schlussendlich in Zusammenarbeit mit der Freien Universität Bozen bzw. mit deren Fakultät für Design gefunden. „InnovaJanuar, februar, märz 2011 | M

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tion braucht auch Querdenker und vor allem keinen Zeitdruck“, lautet das Fazit von Heiner Oberrauch. Jährlich werden bei Salewa sieben Prozent des Umsatzes in Forschung und Entwicklung investiert.

Mut nicht verlieren Trotz aller Risiken und Schwierigkeiten, die mit Produktentwicklung verbunden sind, warnt der deutsche Unternehmensberater Walter Taurer (siehe auch Artikel auf Seite 12) vor allem vor Agonie und Mutlosigkeit. Nichts zu unternehmen, könne durchaus fatal sein. Taurers Credo: „Brich die Regeln und gewinne“ – allerdings niemals ohne eine ordentliche Portion Realismus. „Schließlich sind wir ja nicht nur auf die Akzeptanz des Marktes, sondern bei der Umsetzung unserer Ideen auch auf die bestehenden technischen Mittel, Materialien und Betriebe angewiesen“, bestätigt der Südtiroler Produktentwickler und Unternehmer Ulrich Schwings-

hackl. Seit 2008 ist seine Riskprotect Immer noch zu wenig GmbH, die Produkte und Lösungen für Arbeitssicherheit und Alpinsport ent- Trotz zahlreicher positiver Beispiele gilt wickelt, im TIS innovation park ange- die Innovationsfreude der heimischen Betriebe nach wie vor als gedämpft. Die siedelt. Und seitdem hat Schwingshackl den heimischen Mark mit diversen Ge- quantitativen Voraussetzungen für die niestreichen überrascht. „Wer innova- „Produktion“ von Innovationen sind vergleichsweise ungünstig, wie es das Wirttiv sein will, darf nicht faul sein“, sagt der passionierte Bergsteiger und Berg- schaftsforschungsinstitut (WIFO) der Handelskammer Bozen in einer aktuelführer. Damit meint er vor allem die ständige Suche nach Inspirationen, len Studie formuliert. 2007 (die jüngsten, verfügbaren Daten beziehen sich auf dieaber auch nach neuen Materialien und ses Jahr) haben die Südtiroler UnternehVerfahren. „Wir sind viel auf Messen men betriebsintern insgesamt 91,1 Milunterwegs und halten auch die anderen Branchen und ihre Neuheiten im Visier. lionen Euro für Forschung und Entwicklung ausgegeben. Das sind lediglich 0,55 Denn warum sollte ein Material, das für den Flugzeugbau konzipiert wurde, Prozent des Bruttoinlandproduktes. Nicht ganz so dramatisch sieht es aus, nicht auch zur Herstellung von Karabiwenn man die Anmeldungen von Patennern oder Seilrollen dienen.“ ten analysiert. Hier liegen die Südtiroler Technologietransfer ist für Ulrich Unternehmen laut WIFO sowohl italienSchwingshackl unverzichtbar. „Das ist kein Markt für Einzelkämpfer mehr. weit als auch international im Schnitt. Heute braucht man spezialisierte Part- Immerhin erreicht das Land im Vergleich ner, um sich gegenseitig mit neuen Ide- mit 257 europäischen Regionen Platz en und Lösungen zu füttern.“ Sonst geht 117. Dennoch bleibt die Zahl jener Betriebe, die sich mit dem Thema befassen, in der Regel nichts.

SchlüSSelBRanche eRneueRBaRe eneRgIen a u S S ü D T I R o l M a c h g R e e n va l l e y Für den amerikanischen Ökonomen Dennis L. meadows, einen der stärksten befürworter eines globalen umdenkprozesses, gibt es keine alternative: „Die nachhaltigkeit wird kommen. Die frage ist nur, ob wir sie steuern, oder ob wir uns in die brutale Gewalt der natur begeben werden.“ Südtirol hat sich entschieden, Verantwortung zu übernehmen und dabei auf Grün geschaltet. Die Idee dahinter: Das Land soll zu Italiens Green energy-Standort nummer eins ausgebaut werden. auch ein innovatives Produkt, und zwar ein recht komplexes, an dem gleich auf verschiedenen ebenen und mehrhändig gearbeitet wird. Die Voraussetzungen sind alle gegeben. Wasser und Sonne, aber auch Wind und Holz sind die wertvollen „rohstoffe“ der region. Darüber hinaus haben sich Land und betriebe in den vergangenen Jahren spezifische Kompetenzen angeeignet, während Strukturen wie universität und euraC, TIS innovation park und bLS, aber auch der geplante Technologiepark sowie das jüngst angesiedelte fraunhofer Innovation engeneering Center das notwendige „geistige“ rüstzeug liefern können. nun gilt es, das Profil zu schärfen. „ziel unserer arbeit ist ein starkes netz hochrangiger akteure aus forschung, Dienstleistung, Industrie und Handwerk“, sagt ulrich Stofner, Direktor von business Location Südtirol (bLS).

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Die energieoffensive findet auf zwei unterschiedlichen fronten statt. auf der einen Seite gibt das Klimapaket der Landesregierung die marschrichtung vor – in den kommenden 40 Jahren sollen unter anderem die Pro-Kopf-emissionen im Land auf 1,5 Tonnen CO2 gesenkt, der anteil an erneuerbarer energie auf 90 Prozent erhöht und der KlimaHaus-Standard a für alle neubauten eingeführt werden. Übergeordnetes ziel bleibt außerdem, Südtirol zur energie-autarkie zu führen. Das heißt nichts anderes, als dass der gesamte energieverbrauch (ohne Verkehr) über heimische, alternative Quellen gedeckt werden soll. Parallel dazu will sich das Land auch als idealer Standort für unternehmen aus dem Sektor profilieren. Über 100 heimische betriebe haben sich laut bLS bereits auf diesem zukunftsmarkt positioniert. Die branche soll aber noch weiter wachsen. nicht zuletzt durch die ansiedlung neuer firmen, die von hier aus das Potenzial des italienischen marktes nützen wollen. Die anreize für einen solchen Schritt wurden bereits geschaffen – und zwar in bozen ebenso wie in rom. Die Palette reicht von förderungen über Steuervorteilen bis hin zum Vergütungssystem für die einspeisung von Solarstrom, das zu den attraktivsten europas zählt.


nach wie vor gering. Derzeit stehen in Südtirol laut WIFO nur 5,9 Prozent der Unternehmen vor einer Patentierung. 61,4 Prozent haben sich noch nie damit befasst. 32,7 Prozent schätzen Patente sogar als „nicht wirksam“ ein. Als besonders abschreckend gelten die bürokratischen Hürden und die Kosten sowie die langen und komplizierten Prüfverfahren. Einwände, die nicht gerade unbegründet erscheinen, wenn man bedenkt, dass der Weg zum Patent bis zu fünf Jahre dauern und 30.000 Euro kosten kann. Eine Entbürokratisierung und Verbilligung der Anmeldeprozeduren können laut Einschätzungen der Handelskammer aber nur ein erster Schritt sein. Darüber hinaus fordert der zuständige Landesrat Roberto Bizzo mehr Unterstützung gerade für Klein- und Kleinstunternehmen. Während WIFO-Chef Oswald Lechner in seiner Analyse sogar noch weiter geht. „In Südtirol fehlt es an einer Innovationskultur.“ Gerade deshalb müssten Forschung und Entwicklung als Themen in den Schulen einen Platz finden.

Produktentwickler und Bergsteiger Ulrich Schwingshackl: „Warum sollte ein Material, das für den Flugzeugbau konzipiert wurde, nicht auch zur Herstellung von Karabinern dienen“

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Mittelpunkt

Marktfähige Ideen rasch umsetzen. nur aus der Kombina-

tion von guten Ideen, fundierten marktkenntnissen und systematischem Procedere gehen heut neue Produkte hervor, die dem globalen Wettbewerb gewachsen sind.

d om i n i k m at t Dominik Matt hat Maschinenbau an der Technischen Universität München studiert und anschließend an der Universität Karlsruhe im Bereich Betriebsplanung und Organisation promoviert. Nach dem Forschungsdoktorat war er in verschiedenen leitenden Positionen bei Unternehmen in Europa und den USA tätig, u.a. auch für BMW. Seit 2001 leitet er als Managing Partner die Unternehmensberatung Matt & Partner in Bozen. 2004 wurde er als Professor an die Technische Universität Turin berufen. 2008 folgte er dem Ruf der Freien Universität Bozen, wo er unter anderem einen Kurs zum Thema „Produkt- und Prozessinnovation“ hält. Dominik Matt ist außerdem der Leiter des neuen Frauenhofer Innovation Engeneering Centers in Bozen.

Professor Matt, wie viel Idee und wie viel System steckt hinter einem erfolgreichen Produkt? Da möchte ich gerne Thomas Alva Edison zitieren, der sagt, dass Genie zu einem Prozent Inspiration und zu 99 Prozent Transpiration bedeutet. Diese Aussage lässt sich wunderbar auf Innovation übertragen. Und das heißt? Die Idee als solche fordert einen eher geringen Aufwand. Sie ist lediglich der erste Schritt auf dem Weg zu einer erfolgreichen Innovation. Die Probleme beginnen bei der Umsetzung. Denn Innovation ist nicht gleich Invention. Unter Innovation versteht man die erfolgreiche Umsetzung einer Idee am Markt. Inventionen fordern hingegen vor allem eine geistige Leistung, wobei das Ergebnis mehr oder weniger bahnbrechend sein kann. Sind zündende Ideen bei der Entwicklung eines Produktes also quasi zweitrangig? Das kann man so nicht behaupten. Man muss schon differenzieren. Neue Produkte entstehen meist aus der Beobachtung des Marktes. Nur so lässt sich ein reeller Bedarf erkennen. Oft braucht es aber auch eine Idee, um einen Bedarf zu wecken. Ideen sind außerdem immer dann gefragt, wenn Bedürfnisse in Produkte umgesetzt werden sollen.

Universitätsprofessor Dominik Matt: „Das perfekte Timing ist ausschlaggebend für den Erfolg“ 16

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Dazu braucht es aber auch viel System. Können sich das Klein- bzw. mittelständische Betriebe überhaupt leisten, oder ist ein solcher Aufwand nur in großen Unternehmen möglich? Laut einer Studie werden von 1919 Ideen im Schnitt nur 176 marktreif umgesetzt. Und von diesen schaffen wiederum nur elf den Durchbruch. Die Erfolgsquote ist also absolut ernüchternd. Umso wichtiger ist es, sich nicht blindlings in ein Abenteuer zu stürzen. Viel-

mehr muss man stringent vorgehen. Das klingt im ersten Moment sehr aufwändig und gerade für klein strukturierte Betriebe kompliziert, mit etwas Systematik muss es aber absolut nicht sein. Apropos Kleine. Lässt sich Produktentwicklung auch als One-Man-Show abziehen, oder ist es immer das Ergebnis von Teamarbeit? Tendenziell ist es möglich, dass auch einer allein die Sache stemmt. Und es gibt auch einige wunderbare Beispiele für erfolgreiche Firmen, die ganz klein in einer Garage angefangen haben. In der Regel ist es aber hilfreich, wenn man die Ressourcen im Betrieb nutzt und sich auch fallweise Hilfe von außen besorgt. Damit holt man sich wichtiges Know-how ins Haus und erweitert gleichzeitig den eigenen Horizont. Der Ökonom und bedeutende InnovationsTheoretiker, Joseph Schumpeter, legt unter anderem dar, dass Innovation durch die Kombination bestehenden Wissens gefördert werde. Das bedeutet, dass man sich Inspirationen durchaus auch bei der Konkurrenz oder in anderen Branchen holen darf. So kann etwa das Bauwesen, das nach wie vor stark handwerklich geprägt ist, durchaus von der Autoindustrie oder dem Schiffsbau lernen, auch wenn das auf den ersten Blick befremdlich klingt. Wie wichtig ist das Timing, wenn man ein neues Produkt entwickeln bzw. lancieren will? Es ist essenziell. Deshalb sollte jeder, der eine marktfähige Idee hat, diese auch möglichst schnell umsetzen. Das schützt in vielen Fällen besser als das langwierige und aufwändige Patentieren. Denn häufig findet die Konkurrenz früher oder später ohnehin den Weg, um den Schutz zu umgehen. Viel wichtiger ist es, der erste am Markt zu sein, um so den erzeugten Aha-Effekt für sich zu nutzen.


Vom Gletscher hat sich der Schnalser Hotelier Paul Grüner für seine neue Kosmetiklinie inspirieren lassen

In Südtirol geboren. Schönheit vom Gletscher, Speckpâtée oder andreas Ho-

fer Hausbier. Wie gehen heimische unternehmen vor, wenn sie ein neues Produkt entwickeln? ein blick in die verschiedenen branchen.

In SüDTIROL WERDEn lediglich 0,55 Prozent des Bruttoinlandsproduktes in Forschung & Entwicklung investiert. „Das reicht nicht“, mahnen die Experten. Es gibt aber auch viele Unternehmen, die es genau richtig machen und nicht nur Geld, sondern auch viel Enthusiasmus in die Produktentwicklung investieren.

Schönheit vom Gletscher Nicht vom Markt, sondern von der Natur hat sich der Schnalser Hotelier Paul Grüner zu seiner neuen Kosmetiklinie „Glacisse“ inspirieren lassen. „Seit über 25 Jahren betreibe ich das Schutzhaus ,Schöne Aussicht‘ auf 2800 Meter Meereshöhe. Und seither ist mir immer wieder aufgefallen, dass nach der Schneeschmelze ein superfeiner Sand zurückbleibt.“ Den Gedanken, daraus etwas zu machen, habe Grüner lange Zeit vor sich hin geschoben. „Bis ich vor einigen Jahren zuerst den Sand und später auch etwas Gestein aus einer nahen Gletscher-

höhle zur Analyse in ein Labor gebracht habe. Ich wollte es wissen.“ In Zusammenarbeit mit den Universitäten von Ferrara, Trient und Padua sei es anschließend gelungen, aus dem Material einen wertvollen Mineralkomplex zu gewinnen, der ebenso wie das besonders reine Wasser aus der eigenen Quelle als Grundlage für die Creme, das Tonikum, das Serum und die Körpermilch der Marke „Glacisse“ dient. Die erste Kosmetiklinie, die derzeit über einen eigenen Online-Shop und in wenigen, ausgewählten Geschäften zu finden ist, wurde in Zusammenarbeit mit dem Trentiner Pharmaunternehmen EffegiLab produziert. „Mittlerweile sind wir aber auch mit anderen, großen Herstellern im Gespräch“, verrät Grüner.

Wenn der Speck zum Pâtée „Viele unserer Kunden sind nicht imstande, den Speck richtig zu schneiden“, sagt Peter Hintner, General Manager

von Senfter für den Südtiroler Markt. „Wir müssen das immer wieder feststellen, vor allem bei den Urlaubsgästen aus dem restlichen Italien oder dem Ausland.“ Das ist aber nur eine der Überlegungen, die zum Speckaufstrich des Innichner Wurstspezialisten geführt haben. Das Pâtée ist zwar ein absolutes Nischenprodukt, wie man bei Senfter betont, trotzdem ist es ein gutes Beispiel dafür, wie Innovation entstehen kann. „Die Beobachtung beim Speckschneiden war nur ein Teil des Prozesses“, so Hintner. „Streichfähige Lebensmittel liegen derzeit voll im Trend. Zudem sind wir ständig auf der Suche nach neuen Möglichkeiten, um unsere traditionellen Produkte weiterzuentwickeln.“ So gesehen war der Speckaufstrich eigentlich nur eine logische Schlussfolgerung. Das Pâtée werde ausschließlich in Südtirol vertrieben: „Wir wissen, dass die Gäste den Speck hier als Spezialität kennen lernen und diesen am liebsten vor Ort kaufen.“ Auch als Aufstrich. Januar, februar, märz 2011 | M

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Mittelpunkt

Andreas Hofers Hausbier

Ganterers AH-Bräu (AH steht übrigens für Andreas Hofer) hat sich erst kürzlich mit sieben weiteren Südtiroler Wirtshausbrauereien zusammengeschlossen. Ein regelmäßiger Austausch ist geplant, ebenso wie die Herausgabe eines Buches über die Bierkultur im Land. Die Kooperation wird vom Cluster Alimentaris des TIS innovation park unterstützt.

Einer wahren Leidenschaft ist hingegen Roland Ganterer mit seiner Hausbrauerei AH-Bräu nachgegangen. „Ein frisch gebrautes, naturbelassenes Bier schmeckt nicht nur gut, es ist ja schon fast ein Kunstwerk. Und gesund ist es auch noch“, schwärmt der Gastwirt aus Franzensfeste. Neben dem Familienhotel „Sachsenklemme“ steht seit knapp zwei Jahren das neue Brauhaus. Die „Gaudi“-Biathlon in Antholz Idee dazu habe er lange Zeit mit sich herumgetragen. „Aber eigentlich war „Wir hatten ganz einfach die besten Vores ein ganz selbstverständlicher Schritt. aussetzungen dazu“, sagt es Direktor Rudi Leitgeb offen heraus. Womit er Unser Obst und Gemüse kommt aus wohl recht haben mag. Denn zum einen dem eigenen, biologischen Anbau. Wir haben eine Quelle und produzieren so- gibt es die Langlauf- und Biathlonskischule in Antholz bereits seit 30 Jahren. gar unseren Strom selbst. Was lag da Zum anderen ist das Tal als Austranäher, als auch unser eigenes Bier zu brauen – ganz im Sinne der alten Meie- gungsort von Biathlon-Weltmeisterreien.“ Außerdem diene die Haus- schaft und Weltcups international zum Begriff geworden, ja quasi zur Marke brauerei auch als Attraktion für Hotel avanciert. Und diesen Vorsprung hat und Gaststätte. „Wir stehen mitten in der Peripherie, da muss man den Gä- die Schule auch aktiv genutzt. Seit Jahsten schon etwas Besonderes bieten.“ ren wird das Angebot kontinuierlich 18

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ausgebaut. Mittlerweile kann man auf den Loipen rund um den See und im modernen Biathlonzentrum nicht nur das Langlaufen und das Schießen lernen oder üben. Firmen kommen zum Betriebsausflug, Schulklassen zum Wintersporttag und „viele andere ganz einfach aus Spaß“, wie es Leitgeb beschreibt. „Dabei ist es nicht unbedingt notwendig, dass die Leute Langlaufen können. Wir unternehmen auch Schneeschuhwanderungen.“ Die größte Herausforderung liege allerdings im Schießen. „Im Ruhezustand und unter Belastung, liegend und stehend – das ist gar nicht so einfach“, erklärt der Direktor. „Und zum Abschluss gibt es für alle noch ein so genanntes ,Gaudi‘-Rennen.“ Die verschiedenen Produkte sind auch kurzfristig buchbar. Für Touristen wurden ganze Urlaubspakete geschnürt. Seit einigen Jahren ist die Schule auch im Sommer offen. „Da wird das Schießen in Kombination mit Wandern, Inline Skiing oder Mountainbike angeboten.“


v.l.n.r.: Bier brauen aus Leidenschaft: Hausbrauerei AH-Bräu in der Sachsenklemme Ob Betriebs- oder Klassenausflug: Hineinschnuppern in die Disziplin des Biathlon gepaart mit einer Portion Spaß Weinmarkierungen in Kaltern: die Weinlagen werden so für den Besucher sichtbar gemacht

wein.kaltern „Für unsere Initiative wein.kaltern haben wir 1999 alle mit ins Boot geholt“, sagt Obmann Sighard Rainer. „An der Projektgruppe haben sich damals sämtliche Kräfte aus dem Dorf beteiligt – vom Bürgermeister über den Tourismusverein und die Betriebe bis hin zu Technikern wie der Kalterer Architekt Walter Angonese.“ Zusätzliche Hilfe kam aus Innsbruck. „Das Kommunikationsbüro Circus stand uns zur Seite.“ Als Grundlage für die gemeinsame Arbeit diente ein Wirtschaftsleitbild, das die Bedürfnisse und Chancen der Gemeinde aufzeigte. Die Analyse bestätigte die Notwendigkeit einer Neupositionierung der Kalterer Weine am Markt. „Ebenso deutlich ging hervor, dass sich Kaltern als Weindorf tout court etablieren sollte.“ Step by step wurde in den vergangenen elf Jahren auf diese beiden Ziele hingearbeitet. Im Zeichen von wein.kaltern wurden zwei große Monolith-Steine an den Dorfeinfahrten aufgestellt, es wurde ein

Weinweg angelegt und sogar ein eigenes Weinglas entworfen. Und in den Partnerbetrieben stehen mittlerweile mindestens sieben lokale Weine auf der Karte. „Wir haben das Weinhaus gebaut und ein Polenta-Projekt samt Maisanbau gestartet“, so Rainer, der auch schon von den nächsten Ideen erzählt. Er spricht von einem immer dichteren kulturellen Programm und von einem geplanten WeinFilm-Festival. „Außerdem soll der Kalterersee künftig jährlich von einer Fachjury bewertet und benotet werden.“ Interessant ist auch das Finanzierungsmodell von wein.kaltern. Zu Beginn hatte sich die Gemeinde verpflichtet, jährlich die Beiträge der Partnerbetriebe zu verdoppeln. In der Zwischenzeit wurde die Gemeinde von privaten Sponsoren ersetzt. „Wir finanzieren uns aber auch über die verschiednen Veranstaltungen und erhalten zudem einen Beitrag vom Land“, sagt der Obmann. Januar, februar, märz 2011 | M

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Blick über den Tellerrand Die Schokolade von Bonajuto kann in der Fabrik oder online gekauft werden

Beispiele einer erfolgreichen Produktentwicklung in Europa.

JURA: DIE HERREn DER ZEIT

SIZILIEn: TRADITIOnSSCHOKOLADE HAUTnAH

Wenn sich viele jahrzehnte-, nein jahrhundertelang mit demselben beschäftigen, kommt Großes raus: Wie im Tal der uhren, das sich selbstredend in der Schweiz befindet. Gemeint ist damit die geografische region der Jurakette, die sich von Genf nach basel zieht. Touristisch hat man dort das Watch Valley entwickelt. 38 etappen zählt die 200 Kilometer lange uhrmacherstraße. berühmte uhrfabriken und uhrmuseen lassen die zeit vergessen. Die zwei Städte La Chaux de fonds und Le Locle sind die wichtigsten uhrenstädte. besucher finden bekannte uhrenmarken und manufakturen wie Tissot, zenith, zodiac, TaG, ebel, Vulcain, Corum und Girard-Perregaux. bei den führungen wird die Geschichte der uhrmacherei in einen größeren geschichtlichen zusammenhang gestellt. es beeindruckt, dass auf einem Teilstück des Watch Valleys auf 30 Kilometern 40 uhren- und zulieferfirmen stehen. www.juraregion.ch

es ist immer gut, wenn einer behaupten kann, er wäre der erste gewesen. bei der antica Dolceria bonajuto in modica ist das so: Geworben wird mit dem Prädikat der ältesten Schokoladenfabrik in Sizilien. Seit 130 Jahren wird hier die regionaltypische Schokolade, der cioccolato di modica hergestellt. Sehr ursprünglich mit grobem zucker, in anlehnung an die Schokoladekunst der azteken. eine führung lässt den blick hinter die Kulissen zu, geboten wird die Geschichte und Tradition dieser besonderen Schokolade. aber nicht nur. es geht auch um weitere sizilianische Sünden wie mpanatigghi, den „reise-Keksen“ mit Schokoladen-fleisch(!)-füllung oder Cannoli, die kleinen gebackenen Teigrollen mit ricotta-füllung. Die Produkte können samt sympathischer Geschenkideen vor Ort oder online gekauft werden. Die Homepage versprüht mit den Sprachen italienisch, englisch, französisch und japanisch Internationalität. www.bonajuto.it

Uhrenmuseum im Uhrental: Besetzung des Themas Uhr in allen Facetten

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USA/JAPAn: SELBST GEBRUTZELT SCHMECKT BESSER zuhause wird immer weniger gekocht, dabei ist die Sehnsucht danach groß. allein, wie funktioniert es? Die beiden restaurantketten Slappy Cakes und Pepperlunch lassen ihre Kunden selbst am Tisch ihr essen braten. Damit tragen sie drei Kundenbedürfnissen rechnung: Günstig konsumieren, erfahrungen sammeln und selbst mitmachen. bei Slappy Cakes belegen und braten die Kunden Ihre Pfannkuchen direkt auf ihrem Tisch, bei Pepperlunch wird das Steak ebenfalls vom Kunden am Tisch ganz nach seinem Geschmack gebraten. Serviert wird das essen auf speziellen Gartellern mit elektronischem Kocher. Pepperlunch gibt an, nur hochwertigstes fleisch zu verwenden und hat alleine in Japan 200 restaurants. nun breitet sich die Kette auch in australien und in den uSa aus. www.slappycakes.com und www.pepperlunch.com.sg


LOnDOn: DIE ETWAS AnDERE STADTFüHRUnG führungen scheinen ein alter Hut in der touristischen Produktentwicklung zu sein, doch wie immer kommt es ganz auf das „wie“ an. es gibt ein unternehmen für Stadtführungen in London, das nicht etwa fremdenführer als Guides engagiert hat, sondern besondere Leute. es sind dies Journalisten, autoren, Lektoren, Historiker, Schauspieler, barkeeper und musiker. Die Teilnahme ist ganz unkompliziert: Ohne anmeldung findet man sich zur angegebenen zeit am Treffpunkt, an einer u-bahnStation ein. Die führungen dauern an die zwei Stunden und kosten bis zu 8 englische Pfund. Jeden Tag gibt es mehrere führungen zu unterschiedlichen Themen wie z.b. „Die besten adressen in London“-Tour oder die „Jack the ripper Tour“, oder auch, ganz klassisch, die „british museum Tour“. ähnliches gibt es auch in Paris. www.walks.com und www.paris-walks.com

KÄRnTEn: EIn HOTEL –VIEL EInZIGARTIGES Kein Symposium über marketing im Tourismus, wo nicht das Hotel Hochschober als gutes beispiel genannt wird, um sich aus der masse hervorzuheben. Die Ideen der familie Leeb haben es in sich: Der erste Knaller, der von sich reden machte, war das beheizte Seebad. es folgte die begeisterung für die Türkische badekultur und damit ein Hamam mit Originalen anwendungen und Waschzeremonien. Seit einigen Jahren gibt es einen Chinaturm, acht Stöcke hoch und von chinesischen experten erbaut. mit Teeraum samt täglicher Teezeremonie und arztpraxis für traditionelle Chinesische medizin inklusive. Der arzt ist selbstredend Chinese. Der Hotelkomplex ist durch eine "Seidenstraße" mit dem Chinaturm verbunden, wo die Leebs viele antiquitäten aus China zugänglich machen, bücher auflegen und man ihre Studienreisen im reich der mitte nachlesen kann. Die türkische und chinesische Produktentwicklung passt vielleicht nicht zu Kärnten, aber zu den Leebs. Denn wenn sie was machen, dann ordentlich: Sehenswert ist der Ski- und Wanderraum, der Wohnzimmerqualität hat. Ganz neu ist eine bibliothek mit hellem Leseraum, wo moderne Sessel, Chaise Lounges und der ausblick in die natur Lust auf ungestörte

Der Chinaturm des Hotel Hochschober: eingebettet in den Kärntner Bergen

Lesestunden machen. 5.000 bücher stehen bereit, regelmäßig finden Schreibseminare, Lesungen und Kreativworkshops statt. Gut in Szene gesetzt: Das Wasser aus der Leitung kann unter dem namen "Turracher urquell" überall im Haus und auch in vielen zimmern bei einladenden brünnlein selbst gezapft werden. www.hochschober.at

nerte Gericht. Die geschlossene Lösung kam so gut an, dass sie beibehalten wurde. Das einzige, was diese Slowfood-Currywurst mit ihren fastfood-artgenossen aus berlin, Hamburg und dem ruhrpott gemein hat, ist das große bier, das man zur Currywurst nun mal trinken muss. So geht Currywurst! www.weisseduene.com (bp)

nORDSEE: SO GEHT CURRYWURST! Dass Currywurst auch anders geht, beweist nun ein restaurant auf der kleinen ostfriesischen Insel norderney. „Weiße Düne“ heißt das restaurant und liegt malerisch in einer weißen Sanddüne an einem unendlich scheinenden weißen Sandstrand, am östlichen ende der Insel. und da gibt es sie: Die Gourmet-Currywurst - serviert im nostalgischen einweckglas, mit fein abgeschmeckter, scharfer Tomaten-Chili-Sauce, überzogen nur mit einem feinen Hauch von Curry. Die Idee mit dem einweckglas entsprang einer notwendigkeit: bei umbauarbeiten flogen immer wieder Sägespäne in das verfeiJanuar, februar, märz 2011 | M

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Schritte im Produktentwicklungsprozess

1 exploration

konzeption

Situationsnalyse entwicklung von Ideen

entwicklung von Produktkonzepten erstellung des Produktes

Quelle: www.nordlight-research.com / Info-Grafik: www.arnekluge.de

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marketing

evaluation

Launch, Kommunikation und Distribution

erfolgskontrolle modifikation

Risiken minimieren Die Einführung neuer Produkte birgt erhebliche risiken: So scheitern beispielsweise 70 Prozent der sogenannten „schnelldrehenden Produkte“ (fast moving Consumer Goods) bereits im ersten Jahr. um die Gefahr von fehlinvestitionen zu reduzieren und abschätzen zu können, bietet die Produktmarktforschung ein breites methodenportfolio. Die vier Schritte in der Produktentwicklung: am anfang steht die marktanalyse. Die wichtigsten frage dabei sind: Welche 22

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motive hat der Kunde, was sind dessen bedürfnisse (Phase der Exploration, 1) und: Was bietet die Konkurrenz. auf die erkenntnisse daraus sollte die systematische Ideenentwicklung basieren. es folgen die Produktevaluation, die Preis-absatz-analyse und Verpakkungs- oder Produkttests sowie die Kostenkalkulation (Phase der Konzeption, 2). für den Launch eines Produktes auf dem markt sind Kommunikations- und Vertriebskanäle zu definieren. (Phase des Marketing, 3). Die Phase der Evaluation (4) räumt ein, dass am Produkt eventuell auch noch Korrekturen vorgenommen werden.


Monolog

Pro|dukt|ent|wick|lung die; - ; (Pe) Tätigkeit zum Lösen einer technischen aufgabe. Die beiden klassischen begriffe und Tätigkeiten entwikkeln (forschung & entwicklung: Vorentwicklung) und Konstruieren sind in Produktentwicklung zusammengefasst worden. Produktentwicklung beginnt bereits bei der am anfang stehenden Idee und reicht bis zur markteinführung des Produkts (der technischen Lösung).

Gegenbeweis Erdäpfel florian Kronbichler und seine Interpretation von Produktentwicklung. Der freie Journalist, mit Wurzeln im Pustertal, erinnert sich zurück an Volksschulzeiten und macht, was Lexikon-redakteure nicht dürfen: er erklärt, was Produktentwicklung nicht ist.

W

as ist heutzutage nicht Produkt? Und was nicht Entwicklung? Die ganze Welt ist Produkt, und was früher ein Weltverbesserer war, ist heute ein Produktentwickler. Also was? Es ziemt sich in unserer wertneutralen Zeit für den Manager nicht mehr, dass er die Welt verbessern will. Er spricht erstens nicht von Welt und schon gar nicht von Leben. Die Begriffe sind ihm zu philosophisch. „Produkt“ ist sachlicher. Und auch „verbessern“ tut man nicht. Weil, klingt zu moralisch. Der moderne Mensch „entwickelt“. Das ist pluralistischer. Demokratischer, irgendwie. Was also ist Produktentwicklung? Ich erkläre es, was Lexikon-Redakteure nie dürfen, umgekehrt: Was nämlich ist es nicht? Denn da kenn ich mich aus. Ich bin ein Kind des Pustertals. Genau genommen seines berühmtesten Produkts, der Kartoffel, dort Erdäpfel genannt. Die Pustertaler Kartoffel-Saatbaugenossenschaft, das musste schon jedes Volksschulkind im Tal wissen, war „die größte Kartoffel-Saatbaugenossenschaft Italiens“ Zwar wussten wir nicht, ob es noch irgendwo eine zweite gab, aber unsere war jedenfalls die größte. Und das Pustertal war das größte geschlossene Kartoffelanbaugebiet Italiens, logisch. Das Pustertal war Erdäpfel. Diesem verdankte es bis tief in die zweite Hälfte des letzten Jahrhunderts seinen gediegenen Wohlstand. Im Rest des Landes schrie man uns nach, wir kämen „von den Erdäpfeln her“. Das wollte verächtlich sein, war aber nur Neid. Auch „je größer die Erdäpfel, um so dümmer der Bauer“ war so ein Spruch übler Vorurteilspflege. Blanker Neid! Die Pusterer waren auf ihrem Gebiet Staatsmeister, lang bevor die „Landler“ mit ihren Äpfeln erst anfingen, Staat zu machen. Wir lieferten Kartoffeln in die ganze Welt. Mein Onkel, der Geschäftsführer der Genossenschaft war und wegen seiner Pingeligkeit von den Bauern

„der Erdäpfelkäfer“ genannt wurde (was ein Ungeziefer ist), fuhr bis nach Israel und Südamerika. Am Pustertaler Wesen sollte die Welt genesen. Erdäpfelmäßig zumindest. Aber was tat das Pustertal dabei? Es erntete seine Erdäpfel („Erdäpfel aufklauben“ war die nicht verbotene Kinderarbeit im Tal) und verkaufte sie. Aufklauben und verkaufen. Sonst nichts. Jahrzehntelang. Was nicht Saatkartoffel war, weil zu groß geraten, galt als „Speisekartoffel“ und wurde wenig mehr geachtet als die „Futterkartoffel“. Außer für den Eigenverbrauch hatte man keine Verwendung dafür. Eine nennenswerte Schweinezucht gibt’s nicht mehr. Es blieb die „missachtete Kartoffel“ aus der Sage von den Anfängen des europäischen Kartoffelbaues. So war es vor 50 Jahren und ist es heute noch, nur schlimmer. Das Produkt blieb, was es war. Hat sich nicht entwickelt. Wie es wuchs, wurde es vermarktet. Ein Rohstoff mit null Veredelung. Im Kartoffeltal Pustertal ist ein ganzes Kartoffelzeitalter lang kein einziger Kartoffel verarbeitender Betrieb entstanden. Kein Chips-Fabrikant, kein Röster, kein Püree-Grossist, kurz: kein Veredeler von nix. Darf mach sich wundern? Ja, nicht nur das Produkt Erdäpfel wurde nie veredelt, auch jeglicher Sinn dafür nicht. Stellvertretend für meine Landsleute behaupte ich: Es gibt im Pustertal allenfalls eine Kartoffel-Anbaukultur, eine Kartoffel-Konsumkultur gibt es nicht. Es gibt bezeichnenderweise eine Weinkost dort, neuerdings auch Butter- und Käseverkostungen, Speckiaden auch, aber Kartoffel? Erdäpfel ist Erdäpfel. Was soll man da groß verkosten? Das ist der Bewusstseinsstand bei meinem sonst so findigen, entwicklungsfreudigen Volk der Pusterer. An seinen Erdäpfeln hat es sich als verlässlich produktentwicklungs-resistent erwiesen.

florian Kronbichler, 59, ist freier Journalist in bozen. Seine Kommentare und Glossen erscheinen in deutschen und italienischen zeitungen. Januar, februar, märz 2011 | M

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Material

Kurt Wohlgemuth: "Unser Anliegen ist es, Treppen schneller und günstiger einzubauen"

Weltneuheit im Treppenbau Es sind auch Innovationen, die Südtirol zu einer viel beachteten Destination im Alpenraum machen. Wie etwa die jüngste Erfindung eines Sarner Unternehmens.

EInE STIEGE AUS STYROPOR. Als Branchenfremder würde man schnell in die Versuchung kommen, diese Produktentwicklung als realitätsfremd abzukanzeln: Als Modell vielleicht kann das funktionieren, aber in der Praxis? Fakt ist: Dem Unternehmen Metallconcept aus Sarnthein ist es mit Hilfe des TIS innovation park gelungen, die erste Modulfertigbautreppe der Welt zu entwickeln – eben aus: Styropor. Ein neues Zeitalter für Treppen, die eben nicht gezwungerenermaßen aus Holz, Glas, Stein oder Stahl gefertigt werden müssen. 24

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Das Treppenbauunternehmen suchte von Anfang an nach einer Lösung, um den kosten- und arbeitsaufwändigen Schalungsbau für Betontreppen zu vereinfachen. Bei Sanierungsarbeiten sollte die Treppe ohne Probleme an Ort und Stelle eingebaut werden können, Fachkenntnisse nicht zwingend nötig, zudem die Verschalung Teil der fertigen Treppe sein. „Unser Hauptanliegen war es Treppen schneller und günstiger einbauen zu können“, erzählt der Firmen-Geschäftsführer Kurt Wohlgemuth. „Außerdem sollten die einzelnen Treppenelemente so leicht sein, dass sie einfach transportiert werden können“. Mit diesen klaren Vorstellungen und Vorgaben wandte sich Wohlgemuth an den Bereich Simulation & Ma-

terial des TIS innovation park. Nach zahlreichen Computersimulationen konnte ein erstes Modell der Treppe am 3-D-Drucker im TIS ausgedruckt werden. Nun stellte sich noch die Frage nach dem richtigen Material. Gesucht war ein Material, das viele Anforderungen zu erfüllen hatte: leicht sollte es sein, stabil und flexibel bearbeitbar. Die Mitarbeiter des TIS begaben sich auf Materialsuche und hatten zunächst die Idee, Holzbeton zum Einsatz zu bringen. Wirklich leicht wurden die Treppenelemente dadurch aber nicht.

Beschichtetes Styropor Styropor erwies sich dann als ideales Material für die Treppe; leicht war die Treppe nun, aber stabil noch nicht. Polyurethanbeschichtung erwies sich schließlich als das „Zaubermaterial“, das die leichte Styroportreppe nun auch in eine stabile Treppe verwandelte.


Hochwertige Gummistiefel werden beispielsweise aus Polyurethan hergestellt außerdem findet das Material auch Einsatz in der Automobilindustrie. Polyurethane sind Kunststoffe oder Kunstharze, welche je nach Herstellung hart und spröde, aber auch weich und elastisch sein können. „Mit der Materialwahl bin ich sehr zufrieden: Die Treppe erfüllt alle bautechnischen Normen und ist zudem auf Trittschall geprüft.“, erläutert Kurt Wohlgemuth. Die einzelnen Treppenelemente werden aus dem Styropor computergesteuert und millimetergenau herausgefräst und danach mit Polyurethanlack beschichtet, zur Baustelle transportiert und dort eingebaut.

sind die Produktionsanlagen bei Metallconcept in Sarnthein installiert und in Betrieb. Die Zukunft wird zeigen, wie der Kunde auf das innovative Produkt reagiert. Jetzt setzen die Sarner daran, ihre Neuheit bekannt zu machen. (hs)

Der Vorteil des neuen Systems: Wie Bauklötze können die einzelnen Treppenelemente aufgestellt werden, was die Fertigung maßgeschneiderter Lösungen erleichtert. Bei der konventionellen Treppenbauweise, wie etwa bei BetonFertigtreppen-Elementen, sind die Betonelemente sehr schwer und müssen oft mit Sondertransporten und Schwerlastkränen transportiert und montiert werden. Beim neuen System sind die einzelnen „Bauklötze“ hohl und deshalb leicht und handlich – eine fertige „Bauklotztreppe“ wiegt in etwa so viel wie drei Kisten Bier – sodass ein Handwerker alleine eine Treppe in etwa zwei Stunden aufbauen kann, um sie dann an Ort und Stelle zu betonieren. Mittlerweile ist die innovative und weltweit einzigartige Treppenbauweise patentiert und die erste Modulfertigbautreppe der Welt wurde auf den Namen „Scawo“ getauft. Seit Oktober 2010

DaS unTeRnehMen M e Ta l l c o n c e P T Der metallbaubetrieb mit 20 beschäftigten ist in zweiter Generation tätig. anspruch der Sarner: arbeiten mit modernsten Planungstechniken und maschinenpark, wie z.b. CnC-gesteuertem Dreh- und fräsbearbeitungszentrum, CnC-gesteuerte ringbiegemaschine u.s.w. Produktion von Treppen, Geländern und metallkonstruktionen sowohl für Privatkunden als auch für öffentliche Institutionen. zur Herstellung der Produkte Verwendung verschiedenster metalle, z.b. rostfreien Stahl, Cor-Ten, Stahl roh, bronze und messing in Verbindung mit Holz, Glas und Stein oder eben Styropor. www.metallconcept.com

PRoDukT voRTeIle auF eIneM BlIck

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Große zeitersparnis fixpreis durch vorhersehbare arbeitsschritte Keine Schalungsarbeiten notwendig Individuelle, präzise fertigung nach maß ausgefallene Treppenformen möglich Kein aufgießen bzw. aufpolstern einfachste Installation Ideal für neubau und Sanierung minimaler Verputzaufwand recyclingfähige materialien modernste fertigungstechnologie in Leichtbau

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Styropor in Kombination mit Materialien, die für Gummistiefel verwendet werden: das Geheimnis der Sarner Treppe Januar, februar, märz 2011 | M

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Menschen

Roland Perathoner: „Wir arbeiten alle so individuell, dass der eine dem anderen eigentlich keinen Kunden direkt abwerben könnte. Doch man schaut schon ganz genau, was der Kollege wieder neues fabriziert“

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Wo Greise und Engel Holzköpfe sind. für roland

Perathoner, Visionär der Grödner Künstlervereinigung „unIKa“, muss man das Kunsthandwerk im blut und in den Händen haben. Von Künstlern, die ein gestorbenes Stück natur zum Leben erwecken. Text: Barbara Platzer und Martin Bertagnolli Foto: Max Lautenschläger

EInE DURCHSCHnITTSMUTTER wäre ausgerastet. Seine Mutter lächelte nur: Früher, als Roland Perathoner noch nicht „UNIKA“-Präsident war, sondern als 13-jähriger Bub die ersten Schnitzversuche am heimischen Küchentisch machte, rammte er das Eisen ziemlich oft in die hölzerne Tischplatte. Selbst

die immer noch eine wichtige Einnahmequelle für die Bildhauer sind. Begonnen hat die Grödner Passion für Holz bereits vor 400 Jahren. Während der langen, kalten Winterzeiten in ihre Häuser verbannt, wurde die Holzschnitzerei zum willkommenen Zeitvertreib und bald auch zur wichtigen Einnahmequelle. Mit Holzspielzeug und Dekorationsgegenständen fing alles an. Im 17. Jahrhundert entstand „Meine Werke symbolisieren ein das professionelle Kunsthandgestorbenes Stück natur, das man werk: Kruzifixe, Heiligenbildniswieder zum Leben erweckt hat.“ se, Altäre und Krippen wurden gefertigt. Christian und Bartholomäus Trebinger aus St. Ulrich Kunsthandwerkerin, waren die vielen gelten als Pioniere der Grödner HolzSchrammen, Kerben und Furchen im schnitzkunst. Neben dem bayerischen Tisch kein Weltuntergang für sie. VielOberammergau ist Gröden heute „the mehr freute sie sich, dass der Sohneplace to be“ für jeden Bildhauer. mann in ihre Fußstapfen trat. Weltweit ist „UNIKA“ auf Messen Vierzig Jahre später steht Perathoner unterwegs. Im reichen Dubai schnupan der Spitze der Grödner Künstlervereipern die Scheichs den frischen Zirbennigung „UNIKA“: 60 Bildhauer, die moholzduft ebenfalls gern. Der größte derne Kunst anbieten. Alles bescheideMarketing-Coup gelang mit der Ausstelne, eher zurückhaltende Männer, denen lung „Fußballfans“, welche 2005 anläsman perfekte sakrale Arbeiten zutraut, slich der „UNIKA“-Skulpturenmesse vielleicht weniger so kreative Kunstwergezeigt wurde. Vom amputierten Greis ke wie sie in ihrer Gallerie in St. Ulrich im Rollstuhl bis hin zum barbusigen zur Schau gestellt werden. Die Statuen, weiblichen Fan: ein Teil der 68 hölzerBilder und Objekte entzücken den Benen überlebensgroßen Fußballfans watrachter ebenso wie das gewaltige Doloren vor und während der WM 2006 in mitenpanorama, das man durch die München und Stuttgart zu bestaunen. Glasfront des Ausstellungsraums erDie seit 1994 bestehende Künstlerblickt. Pinke, blau-gesprenkelte, aus gevereinigung „UNIKA“ ist ein Zusampressten Holzspänen gefertigte Statuen menschluss von Bildhauern, Fassmaoder Wandbilder sind dort zu bewunlern, Vergoldern und Verzierungsbilddern, daneben stehen klassische, gotihauern, die die 400 Jahre alte sche, barocke, abstrakte und naturalistiSchnitzkunsttradition Grödens fortsche Skulpturen. Und sakrale Arbeiten, führen. Vor 16 Jahren war man sich im

Tal der Bildhauer in vielen Dingen uneinig. Einer Gruppierung schwebte die Idee einer gemeinsamen Plattform für individuell gefertigte Erzeugnisse vor, die auch den Jungen, die in das Metier nachrücken würden, offen stehen sollte. „Einige wenige haben sich dann zusammengesetzt und ein Jahr später, 1995, waren wir dann schon 28 Mitglieder, die sich Regeln gegeben und eine Schutzmarke erhalten haben.“ Was ursprünglich eine Veranstaltung sein sollte, ist heute eine Marke: nächstes Jahr ist man beim Filmfestival in Trient. „Die Besucher kommen in vielen Fällen dann im September zur „UNIKA“ in Gröden, wenn sie uns anderswo erleben“, so Perathoner, „denn die Menschen, die nach Gröden kommen, wollen nicht nur Skifahren und Wandern, sondern auch etwas über die Kultur erfahren“. Die „UNIKA“-Künstler sehen sich heute als wichtige Werbeträger: für Gröden – aber auch für Südtirol.

STIchwoRT unIka „unIKa“ steht für einzelstück. Die Skulpturen der bildhauer von Gröden sind individuell von Hand angefertigt. eine Schutzmarke der Handelskammer bozen weist die „unIKa”-Originale aus. Jedes Jahr findet anfang September in St. ulrich in Gröden die „unIKa“-Skulpturenmesse statt. www.unika.org

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Marke

einprägsam

Kapsel mit Köpfchen. Der Südtiroler Wein

hat ein neues Logo: lehnt sich an die Dachmarke Südtirol an und wird auf den Kapseln der DOC-Weinflaschen zu einem prägnanten gemeinsamen Herkunfts- und erkennungszeichen.

glaubwürdig BEGOnnEn HAT es bei den Weinproduzenten und mit der Krise der 80er Jahre: Die Südtiroler Weinwirtschaft besann sich auf den Erfolgsfaktor „Qualität“, denn nur mit einem hochwertigen Produkt – waren Obmänner, Kellermeister und nach und nach auch die Weinbauern überzeugt - könne das kleine Land auf dem Weinmarkt bestehen. In den Folgejahren wuchsen im Land mehr und mehr Spitzenweine heran und die Produzenten ernteten Beifall und Auszeichnungen. Nahezu das gesamte Südtiroler Sortiment, über 98 Prozent, fällt mittlerweile in das DOC Reglement. Viele der Südtiroler Weinbetriebe haben es geschafft, durch konsequentes Qualitätsbewusstsein zu den Besten ihrer Zunft zu gehören und darüber hinaus charmante Botschafter Südtirols zu sein.

klar

30 Jahre danach

Die Kapsel und das Logo: Erkennungs- und Herkunftszeichen für ausgewählte Südtiroler Weine

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Auf den Qualitätszug aufspringen will man jetzt auch visuell - mit dem neuen Corporate Design des Südtiroler Weins, das in Zusammenarbeit vom Konsortium Südtiroler Wein und der EOS - Export Organisation Südtirol ausgearbeitet wurde. Der neue Auftritt ist der Dachmarke Südtirol entlehnt, fördert ein hochwertiges, eng mit der Destination verbundenes Image und stärkt das Bewusstsein nach innen und nach außen. Es vermittelt Identität und bietet dem Konsumenten eine wertvolle Orientierungshilfe durch mehr Sichtbarkeit vom „Absender Südtirol“ auf dem Markt. Wirtschaftslandesrat Thomas Widmann sagt klar: „Auf eine neue Marke zu setzen, aus der die Zugehörigkeit zur Dachmarke eindeutig hervorgeht, ist der richtige Weg. Südtirol produziert herausragende Qualitätswei-

ne, die wichtige Imageträger für unser Land sind. Dank ihres hohen Renomées tragen sie entscheidend dazu bei, Südtirol international bekannt und begehrt zu machen.“

Das Logo und die Kapsel Das neue Logo „Südtirol Wein“ setzt sich aus einer Wort-Bildmarke zusammen. Der Schriftzug vermittelt durch den kontrastierenden Farbklang und lebendigen Charakter Authentizität und das Selbstbewusstsein der Südtiroler Weine. Die Farbwahl fiel auf einen hellen Grünton, da Südtirol sich zunehmend als Weißweinland profiliert, die Komplementärfarbe dazu bildet ein nicht allzu hartes Grau, das für die Bodenständigkeit und Ernsthaftigkeit steht. Der stilisierte Kapselkopf spiegelt mit seiner Kreisform die „Welt des Südtiroler Weines“ wider. Die Berge und der Südtirol-Schriftzug sind klar erkennbar von der Dachmarke abgeleitet und betonen die Herkunft. Als Bindeglied zwischen Produkt und Kommunikation wurde eine einheitliche Gestaltung der Kapsel vorgenommen, die für die Abfüllung 2010 erstmals zur Anwendung kommt. Zur Kennzeichnung des Kapselkopfes wird eine reduzierte Form des „Südtirol Wein“ Logos verwendet. Die Gestaltung der Seitenflächen der Kapsel bleibt den Produzenten überlassen. Dadurch soll auch in Zukunft ein individuelles Erscheinungsbild der Flaschen gewährleistet werden. Und damit schließt sich der Kreis: ohne die bewusste Qualitätsstrategie der Südtiroler Weinwirtschaft und – darauf aufbauend – die Entwicklung der letzten Jahre, wäre das Hervorbringen eines gemeinsamen Auftritts nicht denkbar gewesen. So aber wird ein guter Teil der Abfüllung 2010 zu einem


authentisch

stark

weiteren Meilenstein in der Südtiroler Weingeschichte.

Stimmen der Weinwirtschaft armin dissertori, Präsident des Konsortiums Südtiroler Wein: „Wir bündeln unsere Budgets und bauen ein nachhaltiges Image auf. Wir nutzen die Synergiepotentiale bestmöglich und werden unsere Marktposition langfristig festigen. Ich begrüße daher den Entschluss, unter einer gemeinsamen Herkunftsbezeichnung als Qualitätsstrategie einheitlich aufzutreten und hoffe, dass sich

alle gemeinsam dafür einsetzen, die Stärken des Südtiroler Weins einheitlich nach außen zu tragen.“

christof tiefenbrunner von der Schlosskellerei Turmhof in Kurtatsch verspricht sich von der neuen Kapsel Wettbewerbsvorteile: „Zum einen wird die gemeinsame Kapsel ermöglichen, dass wir uns klar vom Trentino und vom restlichen Italien differenzieren. Zudem bietet sich auf längere Sicht die Möglichkeit auf Synergien mit der Südtirol Marketing Gesellschaft, was schlussendlich » für alle von Vorteil ist.“

Der Auftritt des Konsortiums Südtiroler Wein: Das helle Grün aus dem Südtirol-Panorama ist eine Anspielung auf die Positionierung als Weißweinland

Z a h l e n u n D Fa k T e n Z u R SüDTIRoleR weInwIRTSchaFT Strukturen Konsortium Südtiroler Wein freie Weinbauern Südtirol (83 mitglieder) Weingüter (39 mitglieder) Kellereigenossenschaften (14 Genossenschaften)

Knapp 5.300 ha Rebfläche

55% Weißwein | 45% rotwein 98% der rebfläche sind DOC klassifiziert Leitsorten Weiß Weißburgunder, Sauvignon, Gewürztraminer Leitsorten Rot Vernatsch, Lagrein, blauburgunder

Armin Dissertori begrüßt den Schritt mit einer gemeinsamen Herkunftsbezeichnung die Stärken des Südtiroler Weines nach außen zu tragen Januar, februar, märz 2011 | M

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Marke

Bereits mit der Abfüllung des Weins aus dem Jahrgang 2010 wird die neue Kapsel Realität

Zum einsprachigen Schriftzug auf der Kapsel, erläutert klaus gasser von der Kellerei Terlan: „Wir sind uns bewusst, dass die Vermarktung mit dem deutschen Schriftzug vor allem anfangs mit Mehranstrengungen verbunden ist, insbesondere in Ländern wie den USA, wo Südtirol in erster Linie unter seiner italienischen Bezeichnung bekannt ist. Man muss dazu sagen, dass der einsprachige Schriftzug ausschließlich die Kapsel betrifft, dass aber auf dem Etikett selbst die italienische Bezeichnung erhalten bleibt.“ Der Vorstand der Vereinigung der

Freien Weinbauern Südtirol (FWS) hat sich bei der letzten Sitzung einstimmig für eine Empfehlung der Südtirol Kapsel für die FWS-Mitglieder ausgesprochen. josephus mayr vom Erbhof Unterganzner: „Die Fachgruppe Marketing des Konsortiums Südtiroler Wein und die EOS haben eine gute Grundlage geschaffen. Nun sind wir Produzenten an der Reihe, das Gerüst mit Leben zu füllen. Die neue Kapsel bietet uns eine hervorragende Möglichkeit, um Südtirol gut auf dem Markt zu positionieren und das Image weiter zu stärken.“ (cs)

Sichtbarkeit ohne Eingriff auf die Autonomie der Etikette: die Kapsel mit „Südtirol“, hier auf den Flaschen in weißer Schrift 30

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anwenDungSRegeln BeI DeR veRwenDung Die Kapsel darf verwendet werden von mitgliedern des Konsortiums Südtiroler Wein für deklarierte DOC Weine für 7/10-, magnum, Doppelmagnum- und 0,375l-flaschen innerhalb eines Preisgefüges Die Kapsel muss verwendet werden auf dem gesamten DOC Sortiment (Liter-Ware ausgenommen) Anwendungshinweise Der Kapselaufdruck kann in Weiß, Silber oder Gold erfolgen. Die anwendung des Kapselkopfes mit dem neuen Südtirol Wein Logo startet mit der abfüllung des Jahrgangs 2010. für die nutzungserklärung sowie alle technischen und rechtlichen Informationen steht die Weinwerbung der eOS zur Verfügung: Tel. 0471 945 774, info@suedtirolwein.com


Mosaik

Im Visier der Medien. Geschichten über Südtirol außerhalb Südtirols: von

entspannten urlaubstagen zwischen alpenländisch und modern, von bergsteiger-Pionieren in den Sextner Dolomiten und von Photovoltaikfirmen, die sich das beste Pflaster als Standort suchen. Deutschland: Vogue Modemagazin – Der reiseteil in der letzten ausgabe von 2010 stellt das etwas andere Südtirol vor: neben bekannten Orten und Spezialitäten der region wird auf das zusammenleben der drei Sprachgruppen und auf die Südtiroler selbst eingegangen. Ausgabe Dezember 2010

Belgien: Highlife Plus Jahresheft – Das Luxusmagazin für besondere bergurlaube präsentiert seinen Lesern das Gebiet um den Kronplatz: ausgeh- und restauranttipps sowie Hotels und Veranstaltungen in der Wintersaison in Südtirol. Ausgabe 2010-2011

Deutschland: Deco Home Wohnmagazin – auf fünf Seiten trifft alpenländische Wohnkultur auf moderne „leane“ Innengestaltung. aber alles hat seine Wurzeln. Die reise geht von der San Lorenzo mountain Lodge bei St. Lorenzen über das baumhaus in meran bis hin zum Vigilius mountain resort und dem bergbauernhof Obertreyen in Sand in Taufers. Ausgabe September/Oktober 2010

Deutschland: Photon Solarstrom Magazin – In der monatlich erscheinenden fachzeitschrift wird Südtirol als ansiedlungsgebiet für Photovoltaikfirmen portraitiert. Interessant sei der Standort gerade für deutsche firmen, die auf dem italienischen markt fuß fassen möchten. Ausgabe August 2010

niederlande: Bergen Magazine Berg-Magazin – Die monothematische zeitschrift widmet die Titelgeschichte den Sextner Dolomiten: auf 22 Seiten wird anhand großflächiger bilder, Portraits der großen alpinisten und routenvorschlägen dieser spektakuläre abschnitt der Dolomiten vorgestellt. Ausgabe Dezember 2010 Januar, februar, märz 2011 | M

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Miteinander

Erst 1997 fasst die Preussag AG im Tourismus Fuss 1999 kauft sie TUI

Vom Stahlkonzern zum Reiseriesen Unternehmen sind wandelbar. Die zweite Ausgabe der Serie „Unternehmen im Wandel“ erzählt die Geschichten von TUI und der Südtiroler Firma Fuchs Cerealien. Am 18. Januar in der EURAC. Eine Vorschau.

ZU GAST In BOZEn ist Robin Zimmerman, stellv. Leiter der TUI KonzernKommunikation sowie das Südtiroler Unternehmen Fuchs Cerealien. Sie erzählen von ihrer bewegten Unternehmensgeschichte und davon wie sie die Branche gewechselt haben. Zwei Geschichten, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten: Da ist einmal das Großunternehmen, das sich vom Stahlkonzern zum größten Tour Operator der Welt entwickelt. Die zweite Geschichte zeichnet den Lebenslauf eines Südtiroler Familienunternehmens, das den Wechsel vom Rohprodukt zur Veredelung wagt und sich in einer neuen Branche zurechtfinden muss. Zwei Unternehmensrealitäten, die eines verbindet: der erfolgreiche Branchenwechsel.

Weltgrößter Tour Operator Die Geschichte der TUI AG beginnt im Jahre 1923, im damaligen Preußen: der 32

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staatliche Besitz an Bergwerken, Hütten, Anlagen zur Salzgewinnung und Bernsteinwerken wird in eine Aktiengesellschaft und zwar in den Stahlkonzern Preussag umgewandelt. Der damals unrentable Staatsbergbau sollte durch die Umwandlung erfolgreicher weitergeführt werden. Die Preussag mit Firmensitz in Berlin hat zu diesem Zeitpunkt 31.000 Beschäftigte. Zur Produktpalette zählen unter anderem Steinkohle, Kali- und Steinsalz, Metall, Bernstein aber auch Erdölprodukte. Während des Zweiten Weltkrieges werden zahlreiche Werke von Seiten der Alliierten zerstört. Nach verschiedenen Konzernführungen beginnt im Anschluss an den Zweiten Weltkrieg der erste Neuanfang, mit einem umfangreichen Investitionsprogramm. In den 50er Jahren hat die Preussag AG noch in etwa die Geschäftsfelder wie bei ihrer Gründung. 1959 wird der Konzern durch den Verkauf von Volksaktien

unTeRnehMen I M wa n D e l Die Veranstaltungsreihe lädt Unternehmen ein, die einen besonderen Wandel erfolgreich vollzogen haben. Zum Thema „Branchenwechsel“ werden Robin Zimmermann von TUI und Walter Fuchs, Geschäftsführer der Firma Fuchs Cerealien, den Zuschauern in 60 Minuten ihre Erfahrungen und Erkenntnisse zum Thema Wandel in Unternehmen zugänglich machen. wer: TIS, EURAC und SMG wo: EURAC, Foyer wann: Di, 18. Januar um 19 Uhr anmeldung: events@suedtirol.info

privatisiert. Ab 1960 verlegt die Preussag ihre Geschäftsfelder auf die damals lohnenden Bereiche Chemie, Strom, Logistik und Stahl und weitet das Tätigkeits-


feld gleichzeitig auf das Ausland aus. Mitte der 60er Jahre steigt die Preussag AG vermehrt in die Konsumgüterindustrie ein. Der Unternehmensbereich Körperpflege stellt Pflegemittel und Kosmetikartikel her, wie Mundwasser, Zahnbürsten oder auch Kämme. Durch die Expansion mehrerer Unternehmensbereiche kommt es 1970 zu einer Existenzkrise, die durch enorme Ölgewinne 1974 ein gutes Ende nimmt.

Wechsel in die Reisebranche 1997 wird die Preussag AG durch den raschen An- und Verkauf der Salzgitter AG und der Übernahme des Schifffahrt- und Logistikkonzerns Hapag-Lloyd zu einem Dienstleistungsunternehmen der Freizeitindustrie. Mit dem Kauf der TUI Group im Jahr 1999 und der britischen Thomson Travel Group im Jahre 2000 wird das Unternehmen zum weltweit größten Touristikkonzern, der 70 Prozent des europäischen Reisemarktes abdeckt. Seit 1. Juli 2002 firmiert das Unternehmen unter TUI: Von der Buchung über den Flug, bis hin zur Unterbringung in konzerneigenen Hotels samt Betreuung der Gäste, bietet der Touroperator alles aus einer Hand an.

Eine Mühle namens Fuchs Latsch im Vinschgau, 1922: Eine Familie betreibt eine Mühle und gründet das Unternehmen Fuchs. Laufend werden neue Getreidesorten in die Verarbeitung aufgenommen. Große Bekanntheit erlangt die Fuchsmühle für die Verarbeitung von Dinkel. Ende der 80er Jahre sucht man neue Wege, um dem immer härteren Preiskampf des Mehl verarbeiten-

den Gewerbes entgegen zu treten: Es wird beschlossen, das Getreide nach dem Mahlen auch zu veredeln. Nach und nach wächst die Firma vom kleinen Handwerksbetrieb zum Industrieunternehmen heran. So beginnt Fuchs im Jahre 1987 mit der Produktion von Müsli: eine Produktsparte, die in Italien zu dieser Zeit noch völlig unbekannt ist. Schon bald folgt die Vermarktung der Müsli-Mischungen im In- sowie im nahen Ausland. Da die Produkte gut ankommen und der Markt enorme Zuwächse verzeichnet, reicht die kleine, handwerklich geführte Produktion in der Mühle schon bald nicht mehr aus. Deshalb wird Ende der 90er Jahre ein neuer Standort in Kastelbell errichtet, wo heute nach modernsten Standards Frühstückscerealien, Müsli und Naturkost produziert werden. 2007 ist für das Unternehmen ein weiterer Meilenstein neben Frühstückscerealien und Müslis bringt Fuchs auch naturkost auf den Markt auf dem Weg in den internationalen Lebensmittelhandel: Fuchs wird IFS (International Food Standard) zertifiziert. Eine Früchten, Müsli mit Waldbeeren oder Auszeichnung, die für das Einhalten auch geschälte Sonnenblumenkerne. höchster Qualitätsstandards und für Das alte Mühlrad der Mühle Fuchs Produktsicherheit steht. Als italieniwurde freilich ersetzt: durch moderne scher Marktführer im Müsli-Bereich Produktions-, Misch- und Verpackungsverfolgt Fuchs heute das Ziel, Produkte anlagen. Jährlich werden hier nun über zu entwickeln, die dem Trend nach ge- 4,5 Millionen Kilogramm konventionelsunder, vollwertiger Ernährung ent- le und nahezu 1 Million Kilogramm biosprechen. Dazu gehören eine Bio-Linie, logische Frühstückscerealien und Müs(jm) Buchweizenmehl, Balance-Flakes mit limischungen produziert.

t u i ag i n z a h len

f uchs j. ohg i n z a h len

gründung: 1968 mitarbeiter: 65.539 branche: Touristik, freizeit und Schifffahrt standorte: weltweit ca. 3.500 reisebüros, 35 Incoming agenturen, 243 eigene Hotels mit rund 154.000 betten, 5 Kreuzfahrtschiffe mit Hapag-Lloyd Kreuzfahrten und TuI Cruises kunden: über 30 mio. Kunden aus über 27 Quellmärkten umsatz: 13,1 milliarden euro

gründung: 1922 mitarbeiter: 35 branche: vom rohstoff zum Lebensmittel produkte: frühstückscerealien, müslis und naturkost produktionsmenge: 5,5 mio. kg frühstückscerealien umsatz: 7 mio. euro standorte: fuchs mühle in Latsch (Verarbeitung von Getreide zu mehl), fuchs Cerealien in Kastelbell (Produktion von frühstückscerealien, müsli und naturkost)

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Marktplatz

M a I l a n D , I Ta l I e n Zwischen Luis Trenker & Latschenkiefern… der letzte „Salotto” der SmG fand in der mailänder "Dream factory", einem Laboratorium der Kunst statt. „Wir haben hier ein ganz neues format“, so uta radakovich, Pressefrau der SmG für Italien, „die Journalisten waren begeistert! und Südtirol konnte seine Themen im Spannungsfeld zwischen Tradition und Innovation gut einfließen lassen.“ Donna moderna, Glamour, Virgilio.it, Style.it, Diva e Donna: Die medienvertreter genossen den abend zwischen Luis Trenker-mann michi Klemera (im bild) und "risotto pino mugo su schiuma di rafano su caffé", meisterlich gekocht von TV-Chef Gregor Wenter. 34

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„Der Mensch ist nicht das Produkt seiner Umgebung. Vielmehr ist seine Umgebung ein Produkt des Menschen.“ Benjamin Disraeli brit. Staatsmann (1804-1881)


Unsere W�lt. Unser B�er.     


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