Der Sterntaler

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Sterntaler Das Magazin vom Sterntalerhof

Western-Helden Die Fantasiewelten der Reitp채dagogik Bauern-Regeln Biologische Landwirtschaft als Herausforderung und Chance Mahl-Zeiten Fit durch den Sommer mit der richtigen Ern채hrung

Geschwister-

kinder

Schwere Last auf schmalen Schultern


Vorwort

braucht es professionelle stationäre Betreuung, eine fürsorgliche mobile Versorgung und Halt gebende ambulante Begleitung, die selbst in einer so schwierigen Situation würdevolles Abschiednehmen möglich machen sowie Trost und Stabilität vermitteln können. Zur Debatte rund um die Legalisierung von Tötung auf Verlangen bei Kindern und Jugendlichen möchte ich Ihnen hier ein Interview mit Palliativarzt Dr. med. univ. Dietmar Weixler ans Herz legen:

Mag. Harald Jankovits, geschäftsführender Vorstand

Glücklich, zufrieden und auch ein bisschen stolz darf ich Ihnen die erste Sommerausgabe unseres Magazins Der Sterntaler ans Herz legen. Unsere Grünanlage blüht und gedeiht, wir haben alle Hände voll zu tun und werden dieses Jahr voraussichtlich mehr Familien betreuen als je zuvor. Es sind viele helfende Hände, die unsere Arbeit ermöglichen; einige davon holen wir auf den folgenden Seiten vor den Vorhang, ich möchte gleichzeitig aber auch all jene nicht vergessen, die ganz selbstverständlich im Verborgenen tätig sind. HERZLICHEN DANK! Darüber hinaus gewähren wir einen Einblick in die so wichtige Geschwisterarbeit, stellen unseren Netzwerk-Partner MOKI vor, lassen Sie unsere Küchenwerkstatt erleben, wollen Ihnen wieder einen Aspekt der Pferdetherapie näherbringen und und und! Aber bitte – lesen Sie selbst ... Doch zuvor ist es mir aufgrund der immer wiederkehrenden Diskussion zur Legalisierung von Tötung auf Verlangen bei Kindern und Jugendlichen ein Anliegen, klar festzuhalten: Das Kinderhospiz Sterntalerhof Verein für ganzheitliche Lebensbegleitung spricht sich eindeutig dagegen aus. Unsere Arbeit mit betroffenen Familien seit 1999 hat uns gezeigt, dass es bei schwer und unheilbar erkrankten Kindern und ihren Angehörigen vielmehr darum geht, eine umfassende familienorientierte Lebensbegleitung sicherzustellen. In dieser Situation

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Der Sterntaler | Sommer 2014

Der Sterntalerhof hat in über einem Jahrzehnt Aufbauarbeit ein fachliches wie betriebswirtschaftliches Modellprojekt aus stationärer Betreuung, mobiler Versorgung und ambulanter Begleitung entwickelt und tritt für einen Österreich-weiten Ausbau entsprechender Strukturen ein. Der Grundstein wurde mit dem im Vorjahr erschienenen Expertenpapier des BM für Gesundheit “Hospizund Palliativversorgung für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene” gelegt, an dem wir mitarbeiten durften. Der Sterntalerhof bemüht sich, das darin entwickelte Versorgungssystem in sein Konzept zu integrieren! Dass all dies möglich ist, verdanken wir jenen Menschen, die sich oft schon vor Jahren entschlossen haben, uns ein Stück des Weges zu begleiten. Sie alle sind jene Glücksbringer, die uns - Sterntaler für Sterntaler Kraft und Mut geben, unseren Weg weiterzugehen. Wir sind stolz auf jede und jeden einzelnen, deren Hilfe für uns zugleich Auftrag ist, nie aus den Augen zu verlieren, worum es nach wie vor Woche für Woche geht:

FAMILIEN MIT KRANKEN KINDERN, DIE SCHWER ZU TRAGEN HABEN, SO LANGE ZU STÜTZEN, BIS SIE WIEDER SELBSTÄNDIG IM LEBEN STEHEN!


Inhalt

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Aktuell

Basteln

Von Helden, guten Verbindungen

Kleine Bastelanleitung für das

und umfassender Versorgung

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Kinder 6

Die Geschichte von Kilian, einem Geschwisterkind

Pferde 14

Streifzüge 10

Zu Besuch bei BioLandwirt Alfred Schaden

Mobile Kinderkrankenpflege als Element umfassender Versorgung

Die spannenden Fantasiewelten der Reitpädagogik

Gesundheit 16

Partner 12

Sterntalerhof-Papierpferdchen

Fit durch den Sommer mit der richtigen Ernährung

Menschen 18

Fünf Fragen an unseren Konsiliararzt Dr. Erwin Hauser

IMPRESSUM

SPENDENKONTO

Medieninhaber, Verleger und Herausgeber:

Ärztebank –

Sterntalerhof – Verein für ganzheitliche Lebensbegleitung

Bank für Ärzte und Freie Berufe AG

Kitzladen 139, 7411 Loipersdorf-Kitzladen, Österreich

IBAN: AT11 1813 0802 5454 0001

E-Mail: begegnung@dersterntaler.at

BIC: BWFBATW1

Konzept & Realisation: Tonality Communications OG, 2070 Retz, www.tonality.at Redaktion: Harald Jankovits (Chefredaktion), Sandra Frank, Nicolas Thal Design: Nicolas Thal, Stephan Zwiauer Fotos: Sterntalerhof, Istockphoto.com,

Ihre Spende ist gemäß

Alfred Schaden Controlling: Karin Mayer Druck: Niederösterreichisches Pressehaus,

Spendenbegünstigungsbescheid

auf Papier von Norske Skog Bruck GmbH

§ 4a Z. 3 und 4 EStG des BMF

Zur besseren Lesbarkeit wird auf eine geschlechtsspezifische Schreibweise ver-

steuerlich absetzbar!

zichtet. Entsprechende Bezeichnungen gelten ausdrücklich für beide Geschlechter.

Unsere BMF-Reg.Nr.: SO 1157.

www.sterntalerhof.at

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Aktuell

Gute

Verbindung Wie DHL Express den Sterntalerhof unterstützt DHL verbindet Menschen. So will es das „Mission Statement“ des Logistikkonzerns, der seit 1969 besteht und heute weltweit zu den Marktführern im Transportwesen gehört. Aber DHL Express verbindet auch die Menschen am Sterntalerhof und das nicht nur als Logistik-Partner: seit mehr als drei Jahren sammelt das Unternehmen Spenden – auf Veranstaltungen und durch Aktionen, die von Mitarbeitern selbst initiiert wurden. Die für den Sterntalerhof so wichtige Partnerschaft lebt aber nicht nur von finanzieller Unterstützung: Bereits zum vierten Mal packten Teams von DHL Express im Rahmen des „Global Volunteer Day“ in ihrer Freizeit an, um an den Pferdeboxen und an der Beschattung unserer Familienhäuser mitzuarbeiten. Im Namen aller uns anvertrauten Kinder bedanken wir uns sehr herzlich und bleiben den Mitarbeitern von DHL Express – tief verbunden.

TRUE WINNERS CARE HELDENGESCHICHTEN VON UND MIT JOHNSON & JOHNSON Endlich ist es wieder soweit: In diesem Sommer regiert König Fußball die Welt! Eine Zeit der Helden – befand Johnson & Johnson als offizieller Healthcare Sponsor der FIFA Fußball-Weltmeisterschaft 2014TM und feiert unter dem Motto True Winners Care große und kleine Geschichten von wahren Helden, die sich um Andere kümmern. Darüber hinaus spendet das Gesundheitsunternehmen über ganze drei Monate10 Cent vom Erlös vieler WM-Aktionsprodukte an den Sterntalerhof – für uns die schönste Heldengeschichte, für die wir uns sehr herzlich bedanken! Die besten Heldengeschichten gibt’s zur Nachlese unter www.truewinnerscare.at

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Der Sterntaler | Sommer 2014

Spenden hilft! Am Sterntalerhof wird keine Familie aus finanziellen Gründen abgewiesen. Das ist nur möglich, wenn Sie uns helfen zu helfen. Ihre Spende kommt an – garantiert!

Spendenkonto Ärztebank – Bank für Ärzte und Freie Berufe AG IBAN: AT11 1813 0802 5454 0001 BIC: BWFBATW1 SMS-Spende: +43 664 660 1001 oder ganz bequem online unter www.sterntalerhof.at Ihre Spende ist gemäß Spendenbegünstigungsbescheid § 4a Z. 3 und 4 EStG des BMF steuerlich absetzbar! Unsere BMF-Reg.Nr.: SO 1157.


Neues

Expertenpapier als fachlicher Rahmen für unsere tägliche Arbeit Es ist das kleine Wörtchen „umfassend“, um das es geht. Dass Familien mit schwer kranken Kindern Unterstützung benötigen, klingt selbstverständlich. Wie diese Unterstützung jedoch konkret aussieht, welche Bestandteile dafür notwendig sind und wer die einzelnen Aufgaben wie und wo übernehmen kann - das sind Fragen, die die Fachwelt in den letzten Jahren zunehmend beschäftigen. Seit wenigen Monaten liegt nun ein neues Expertenpapier des Bundesministeriums für Gesundheit vor: ein fachlicher Leitfaden, der die Kriterien für ein qualifiziertes Versorgungsystem definiert: eine Kombination aus stationärer Betreuung, mobiler Versorgung und ambulanter Begleitung - immer mit dem Ziel, medizinische, pflegerische und psychosoziale Unterstützung zu bieten, die selbst in schwierigsten Situationen Trost und Stabilität vermittelt. Oder gar ein würdevolles Abschiednehmen möglich macht. Wir freuen uns sehr über diese Entwicklung und das neue Expertenpapier - nicht nur weil wir daran mitgearbeitet haben. Sondern weil wir wissen, wie wichtig es für „unsere“ Familien ist, dass sie umfassend betreut sind. Auch abseits des Sterntalerhofs. Mehr Info? Das Dokument „Hospiz- und Palliativversorgung für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene“ finden Sie auf der Website des Bundesministeriums für Gesundheit.

SO FUNKTIONIERT UMFASSENDE VERSORGUNG AM STERNTALERHOF: Eine betroffene Familie verbringt Zeit am Sterntalerhof, kann hier zur Ruhe kommen und neue Kraft schöpfen. Stationär betreut wird sie dabei von unserem hauptamtlichen therapeutischpädagogischen Team. Unsere Arbeit beginnt ab der Diagnose eines betroffenen Kindes, richtet sich an die gesamte Familie und reicht bis über den Tod des Kindes hinaus. Wenn notwendig buchen wir pflegerische, medizinische oder physiotherapeutische Dienste dazu. Wenn eine Familie von einem Kind Abschied nehmen muss, wird ein besonders intimer Betreuungsrahmen geschaffen. Ehrenamtliche Kinderhospiz-BegleiterInnen, am Sterntalerhof ausgebildet, unterstützen uns. Bevor die Familie nach Hause zurückkehrt, organisiert unsere diplomierte Sozialarbeiterin den künftigen Versorgungsbedarf. Im Rahmen der mobilen Versorgung vermittelt sie auch Betreuungspersonal, wie eine Familienhilfe für die Mutter oder weiterführende Therapie für das Kind. Viele Kinder kommen wöchentlich zur ambulanten Therapie auf den Sterntalerhof. Ergänzend setzen wir Schwerpunkte wie z.B. die Geschwisterwochen (siehe Artikel auf Seite 6) oder die Begleitung verwaister Familien.

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Kinder

Schmale Schultern, schwere Last


Warum Geschwisterkinder Doppelverlierer sind. Und wie Kilian lernt, wieder Kind zu sein. MPS. Drei kleine Buchstaben. Und doch verändern sie das Leben einer Familie für immer. Kilian wächst mit diesen drei kleinen Buchstaben auf. Sie sind für ihn selbstverständlich. Sein älterer Bruder Martin hat MPS. Man sieht es in seinem Gesicht. Und in seinen Bewegungen, in seiner Sprache, man merkt es überhaupt sofort. Martin ist wie ein Kleinkind, auch wenn er fünf Jahre älter und schon viel größer ist als Kilian. Martin kann nicht sprechen, er macht nur Laute, er kennt kein Stopp, kein gib-mir-die-Hand. Er hört schlecht, braucht Hörgeräte. Und Martin hat Schmerzen, fürchterliche Schmerzen, immer wieder kommen sie, dann schreit Martin, oft stundenlang, er zwickt und beißt oder reißt Kilian an den Haaren - fast so, als suche er verzweifelt nach einem Weg aus seinem schwierigen Körper. HUNDERTTAUSEND KLEINE HANDGRIFFE Kilian ist eines jener Kinder, von denen Sterntalerhof-Mitbegründer Peter Kai sagt, sie seien Doppelverlierer. Er verliert nicht nur sein Geschwisterchen an die drei kleinen Buchstaben, sondern auch seine Eltern – ans Geschwisterchen. Zehrende Nächte, mühselige Tage, komplizierte Operationen, endlose Aufenthalte in Arztpraxen und Krankenhäusern bestimmen das Leben der jungen Familie. Mama ist zwar ganztags zuhause, aber rundum mit Martin beschäftigt. Weil Martin eben krank ist. Und Papa hat zwar einen guten Job, ist aber leider viel unterwegs, er kann das nicht ändern, das aufwändige Leben kostet nicht nur Nerven, sondern auch Geld. Zwischen all den Terminen, den Ärzten und Mamas hunderttausenden kleinen Handgriffen für Martin bleibt kaum Zeit. Je älter Martin wird, desto mächtiger werden die drei kleinen Buchstaben, desto mehr steigt der Druck auf Mama und Papa. Und je älter Kilian wird, desto mehr spürt er diesen Druck. Er hilft, so gut er kann. Er versucht seine Mama zu unterstützen, räumt Geschirr weg, räumt Kleider weg, springt ein, lernt jene hunderttausend kleinen Handgriffe, die seinem Bruder das Leben und seiner Mama die Arbeit erleichtern. Und dass Mama mehr Zeit für

Martin braucht, weil Martin eben krank ist – das ist für ihn längst selbstverständlich. Über die MPS-Gesellschaft findet die Familie schließlich zum Sterntalerhof. Kilian ist sieben Jahre alt. Nie sind sie vorher von zuhause weg gewesen. Er lernt Herrn Hubert kennen, das liebe große braune Pferd, das erste Pferd, auf dem er je gesessen hat. Und Lisa, die junge Frau, die ihm zeigt, wie man mit einem Pferd spricht, wie man es striegelt und führt. Lisa, die mit ihm ausreitet, in den nahen Wald, die Zeit für ihn hat, ganze Nachmittage lang. Und Lisa, die beobachtet, wie Kilian „funktioniert“. Zum Beispiel, wenn Martin sein Hörgerät verliert, wie er es immer wieder verliert. Wie schnell Kilian ist, es aufzuheben, zu säubern und es Martin wieder ins Ohr zu setzen – mit gekonntem Griff, mit unkindlicher Routine, nur einer dieser hunderttausend kleinen Handgriffe. Wie bitter er weint, als er den Sterntalerhof wieder verlassen muss. GEMEINSAM ALLEIN Ein Jahr später kehrt Kilian an den Sterntalerhof zurück – zum ersten Mal alleine, ohne seine Familie, zur Geschwisterwoche. Es ist eine von zwei Geschwisterwochen, die der Sterntalerhof jedes Jahr organisiert. In einer bewussten „Ausnahme“ vom ganzheitlichen Familienbetreuungskonzept, schafft der Sterntalerhof einen kleinen aber wichtigen Zeitraum, der ausschließlich den Geschwisterchen schwer kranker oder verstorbener Kinder gehört. Eine Woche für Kilian. Und für sieben andere Geschwisterkinder. Und obwohl er sich riesig auf den Sterntalerhof gefreut hat, ist Kilian anfangs schüchtern. Er ist es nicht gewöhnt, seine Eltern, seinen Bruder und die drei kleinen Buchstaben, das vertraute Leben zuhause hinter sich zu lassen. Das vertraute Leben – ein ständiges Helfen und Unterstützen, ein Bravsein. Das vertraute Leben ist für Kilian mittlerweile aber auch der Ärger in der Schule, die gemeinen Dinge, die die Mitschüler sagen, weil er ein bisschen stottert. All das ist hier plötzlich weit weg. Dafür ist Herr Hubert wieder da. Und Lisa. Und der nahe Wald. Kilians

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Kinder

Vormittag gehört den Pferden. Dem Pflegen, dem Herrichten, dem Ausreiten, dem Kuscheln. Nach kurzer Zeit entdeckt er es wieder, sein feines Gefühl für die Tiere, die Kraft, die sie ihm geben, wenn er sie leitet und führt. Der Vormittag gehört aber auch dem Theater – mit Claudia und Susanne. Die Kinder werden in zwei Gruppen unterteilt. Jede Gruppe schreibt ein Theaterstück, studiert es über die Tage gemeinsam ein und soll es am Ende der Woche der jeweils anderen Gruppe als Geschenk darbringen. Kilian wählt die Rolle des Zauberers. Er führt Regie, er hilft, die anderen zu schminken, er spricht seinen Text, er steht auf einer Bühne. Theater ist Teamwork, langsam nähert sich Kilian an die anderen Kinder an. Beim gemeinsamen Mittagessen, in den Pausen, bei den Spielen am Nachmittag. Wenn es heiß wird, wandert die Gruppe zur nahen Lafnitz, schwimmt im Fluss, baut Sandburgen und feiert Schlammschlachten. Kind sein kann so einfach sein. Und doch muss es Kilian erst wieder lernen. Untereinander beginnen die Kinder über ihre Situation zu sprechen. Kilian stellt fest, dass er nicht alleine ist, dass auch andere Kinder „eine traurige Geschichte haben“. Mit den Tagen lässt er los, wird offener, aktiver und vertrauensvoller gegenüber Anderen. Als Zauberer wächst er über sich hinaus, lacht und bringt andere zum Lachen. Was er sich wünschen würde, fragt ihn Lisa, wenn die gute Fee käme. Dass es keine Behinderungen auf der Welt gibt, keine Krankheiten, sagt er – er sagt es in die Runde, zu den anderen Kindern, fast ein bisschen stellvertretend für die ganze Gruppe. Und bevor er den Sterntalerhof am Ende einer wunderbaren Woche wieder verlässt, pflanzen sie gemeinsam ein Bäumchen. Kilian pflanzt es für Martin. Weil es wichtig ist Spuren zu hinterlassen, die man wiederfindet, wenn man eines Tages zurückkehrt. EIN GEFÜHL DER SCHULD Und diese Rückkehr wird nicht einfach. Als Kilian ein Jahr später das zweite Mal zur Geschwisterwoche kommt, ist er neun Jahre alt. Ein langer Winter und ein langer Frühling liegen hinter dem Kind. Zur Last der Verantwortung ist die Last der vermeintlichen Schuld gekommen, damals an jenem Tag im November, als sein großer Bruder Martin frühmorgens nicht mehr

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aufwachen wollte. Die drei kleinen Buchstaben hatten endgültig gesiegt, Martin hatte den Weg aus seinem schwierigen Körper gefunden. Killian bleibt zurück. Für ihn bleibt die unbeantwortbare Frage nach dem Warum. Die große Traurigkeit in der kleinen Familie, in der ein Platz nun für immer leer bleiben wird. Und eben jenes seltsame, schwermütige Gefühl der eigenen Schuld.

Ob er Martin denn vermisse, fragt ihn die Psychologin beim Erstgespräch am Sterntalerhof. Sehr, antwortet Kilian, obwohl – jetzt könne er mit Papa und Mama endlich „Dinge tun“. Dennoch führt ihn sein nächster Weg zu Martins Bäumchen. Lange steht er davor und sieht es einfach nur an. Ob es wohl gut gewachsen ist, in dem langen Jahr, das Bäumchen. Lisa steht neben ihm. Eine intensive Woche liegt vor dem Kind. Wieder eine ganze Woche, die nur Kilian gehört. Er wird Herrn Hubert wiedersehen. Er wird sich von ihm in den Wald tragen lassen, auf seinem Rücken zu sich selbst finden. Er wird über Martin sprechen und über Mama und Papa und warum sie so viel geweint haben, in den langen letzten Monaten. Er wird mit den anderen Kindern sprechen. Er wird Kraft tanken und hier mit Lisa, den Pferden, den Kindern einen langen Weg einschlagen – an dessen Ende er irgendwann feststellen wird, dass er keine Schuld daran trägt, dass die drei Buchstaben über Martin gesiegt haben. Und dass er keine Schuld hat, wenn er einen seltsamen Zwiespalt empfindet – irgendwo innerlich fast ein bisschen froh ist, dass die tausend kleinen Handgriffe der Vergangenheit ange-


hören. Und dennoch seinen Bruder vermisst. Seinen Bruder, den er sehr lieb gehabt hat, trotzdem immer alles so schwierig war. Wenige Tage später wandern die Kinder wieder zur Lafnitz, diesmal jedoch nicht um zu baden. Gemeinsam mit Therapeutin Claudia haben sie kleine Papierschiffchen gebastelt, die sie heute auf einem kleinen Seitenarm des Flusses fahren lassen wollen. Jedes der Schiffchen trägt einen kleinen Brief, Kilian hat einen für Martin geschrieben. Als sie sich dem Wasser nähern, spürt er wie sein Herz zu klopfen beginnt. Was wohl die richtige Stelle ist, um das Schiffchen ins Wasser zu lassen. Und dass hoffentlich keine Steine im Weg sind und keine Äste, damit Martin den Brief auch ja bekommt. Gut, dass Lisa da ist. Er fasst sich ein Herz, kniet in den Kies und lehnt sich langsam übers Wasser. Kleine Kreise entstehen, als das Schiffchen die Wasseroberfläche berührt. Zweimal nimmt er es wieder aus dem Wasser und bringt es neu in Position – dann endlich lässt er es los. Langsam steuert das Schiffchen zur Flussmitte, ganz von selbst, mit dem Brief sicher an Bord. Dort reiht es sich ein, in die kleine Flotte der anderen Kinder. Kilian steht am Ufer und sieht ihm zu, wie es im Sonnenlicht flussabwärts tänzelt – er sieht ihm nach, solange es nur irgendwie geht. Wenige Meter noch, dann ist es hinter der Biegung verschwunden. Baba, Martin, ich hab dich lieb. Er möchte es sagen, kann aber nicht. Noch nicht.

MUKOPOLYSACCHARIDOSE SELTENE KRANKHEIT, BITTERE REALITÄT Bei seiner Geburt wirkte Martin noch völlig gesund. Bald jedoch blieb das Kind in seiner Entwicklung zurück, entwickelte schwere Behinderungen und Herzprobleme. Nach zahllosen Untersuchungen diagnostizierte einer der vielen Ärzte MPS – MukoPolySaccharidose, jene seltene Erkrankung, die das Leben der jungen Familie aus den Fugen geraten ließ. MPS ist eine Stoffwechselkrankheit, die von gesunden Eltern an ihre Kinder vererbt werden kann. Durch einen Gendefekt fehlen Enzyme, die für den Abbau bestimmter Stoffwechselprodukte zuständig sind. Diese Substanzen setzen sich in den Organen, den Knochen und dem Gehirn ab und verursachen schwerste Schäden. Jede Woche verbrachte Martin einen Tag im Krankenhaus, um eine Enzymersatztherapie zu erhalten. So wurde er ruhiger und hatte weniger Schmerzen. Nicht selten stoßen betroffene Eltern auf Unverständnis oder Unwissen bei Ärzten und Behörden. Die österreichische MPS-Gesellschaft, die eng mit dem Sterntalerhof zusammenarbeitet, leistet betroffenen Familien Beistand - verfolgt aber auch das Ziel, die Öffentlichkeit besser über MPS aufzukären, um Mittel zur Unterstützung der Familien und für Forschungsprojekte zu beschaffen.

Erfahren Sie mehr über MukoPolySaccharidose (MPS) – unter www.mps-austria.at

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Streifzüge

Bauern-

Regeln Warum Unkraut kein Unkraut ist. Und was „Bio“ für einen Landwirt bedeutet. Unser Gespräch beginnt, wie es wohl beginnen musste – mit einem Plauscherl übers Wetter. Ich freue mich über den seit Tagen anhaltenden Sonnenschein und mache eine entsprechende Bemerkung. Alfred Schaden pflichtet mir bei – anstandshalber. Und legt dann vorsichtig nach, dass er sich eigentlich Regen wünscht, die Natur bräuchte ihn längst. Sein Blick verrät, dass Gespräche übers Wetter für diesen Mann wesentlich mehr sind als nur Smalltalk. Wir stehen etwa drei Kilometer entfernt vom Sterntalerhof, auf einem

Nah an der Natur: Bio-Landwirt Alfred Schaden verwendet diesen „Striegel“ um dem „Beikraut“ beizukommen.

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seiner Felder, auf vielleicht fünf Quadratmetern von insgesamt 60 Hektar Land. Das meiste davon ist Ackerland, fruchtbarer Boden für Winterweizen, Winterdinkel, Sojabohnen, Körnermais. Von Feld zu Feld ziehen diese Kulturen über die Jahre, in einer ausgeklügelten Fruchtfolge, die auf den raffinierten Gesetzen streng biologischer Landwirtschaft basiert. EINE SCHWERE ENTSCHEIDUNG Das war nicht immer so. In den späten siebziger Jahren steigt Alfred in den elterlichen Betrieb ein, baut ihn über die Jahre sukzessive aus. Noch ist sein Unternehmen das, was man einen „konventionellen Landwirtschaftsbetrieb“ nennt – seine Felder werden mit chemischen Pflanzenschutzmitteln bearbeitet. Immer schon bereitet ihm das ein gewisses Unbehagen. „Ich habe mich gefragt, was ich bin.“ erinnert er sich und lässt den Blick über die Felder schweifen, „ich bin Landwirt mit Leib und Seele. Ich will mit dem Boden arbeiten, mit der Natur, ich wollte definitiv weg von der Chemie!“ Keine leichte Entscheidung. In der Branche munkelt man von Distelfeldern und Ertragseinbußen, von hohen bürokratischen Aufwänden.


„Wir haben Familienrat gehalten“, lächelt Schaden, „wenn man solch tiefgreifende Veränderungen ins Feld führt, müssen das alle mittragen.“ Der große Umbruch beginnt 2005. Alfred gibt den Viehbetrieb auf und beginnt mit den Vorbereitungen, seine sechzig Hektar auf rein biologische Landwirtschaft umzustellen. Und diese Umstellung besteht zunächst aus einer Änderung der Einstellung. Schon die Fruchtfolge folgt einem anderen, naturnahen Zyklus. Saatgut wird fortan unbehandelt gekauft. Und Unkraut ist in der biologischen Landwirtschaft nicht Unkraut, sondern Beikraut – eine Zeigerpflanze, die auf die Beschaffenheit des Bodens verweist und ihn oft sogar pflegt: Manche dieser kleinen Wildkräuter bilden tiefreichende Wurzeln aus, und tragen so dazu bei, verdichtete und schwere Böden aufzulockern. „Es geht darum ein biologisches Gleichgewicht zu

BIO-STROH FÜR HUBERT & CO. DER LANGE WEG DES WEIZENS Auch die Pferde bekommen am Sterntalerhof nur das Beste vom Besten: wo im Vorjahr Rotklee wuchs, grubert Bio-Landwirt Alfred Schaden im Herbst den Boden und sät Weizen aus. Über den Winter wächst die Saat, im April wird der Stallmist ausgebracht. Dann folgt das Striegeln, die biologische, mechanische Entfernung des Beikrauts. Über den Sommer reift der Weizen und wird im August gedroschen: das Stroh bleibt über, Schaden rollt die Rundballenpresse heran und organisiert einen kostenlosen Transport. So fanden im letzten Frühherbst 25 Rundballen feinstes Bio-Stroh ihren Weg in die Stallungen von Estrella, Benji und allen anderen Pferden am Sterntalerhof. Im Namen unserer Tiere sagen wir: Herzlichen Dank!

erhalten“, erklärt Schaden. Das heißt, dass auch Beikraut irgendwann raus muss. Nur wie – das macht den Unterschied. STRIEGELN UND HACKEN Denn ein biologischer Landwirtschaftsbetrieb verwendet keine chemischen „Pflanzenschutz“-Mittel. Stattdessen „striegelt“ Alfred den Weizen, benützt dafür ein eigenes Gerät, ähnlich einem Kamm, mit etwa 40 Zentimeter langen Zinken, mit dem er durchs Getreide fährt. Der Effekt: Das Beikraut wird verschüttet oder ausgerissen – und verdorrt dann in der burgenländischen Sonne. Mechanik, statt Chemie – einem strengen Regelwerk folgend: „Man darf das Zeug nicht mal im Haus haben“, mahnt Schaden, „nichts davon, kein Mineraldüngersackl, nicht mal ein leeres Gebinde!“ Die Kontrollen kommen unangemeldet, die Sanktionen sind drakonisch. Wie weit das geht, erklärt er am Beispiel seiner Zusammenarbeit mit einem konventionellen Betrieb, den er mit Rotklee fürs Mastvieh beliefert und im Gegenzug Stallmist für die Weizenfelder erhält. Und weil dieser Stallmist eben aus einem konventionellen Betrieb stammt, benötigt Schaden eine Bestätigung und ein entsprechendes Kontrollverfahren. Mehr Bürokratie? Ja. Weniger Ertrag? Auch ja. „Aber das ist es wert“, sagt Schaden entschlossen. Klar haben sie’s leichter, die Konventionellen, weil Chemie die Mehrarbeit im Ansatz erstickt. Aber immer, wenn er junge Maisfelder sieht, die mit Dünger zugedeckt schneeweiß in der Landschaft liegen, beschleicht es ihn wieder, dieses ungute Gefühl, das ihn hat umstellen lassen. Bereut hat er es nie und beschwört heute sogar die Politik, Anreize für künftige Bio-Landwirte weiter auszubauen: „Du befasst dich ganz anders mit der Landwirtschaft, mit Böden, Pflanzen und Natur. Und die Freude am Ertrag – ist eine ganz Besondere!“ Dann endet unser Gespräch, wie es wohl enden musste. Noch einmal blickt Alfred Schaden über das weite Feld und fügt leise hinzu, dass es für guten Ertrag aber noch mehr braucht, als nur menschliches Wissen. „Letztendlich entscheidet das Wohlwollen jener höheren Macht, die wir den lieben Gott nennen!“ Und natürlich – das Wetter.

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Partner

Haus-

Besuch Mobile Kinderkrankenpflege als Element umfassender Versorgung. Die Zeit, die schwer kranke Kinder mit ihren Familien am Sterntalerhof verbringen, ist wertvoll und kostbar. Eine umfassende Versorgung, wie wir sie uns für „unsere“ Familien wünschen, reicht jedoch weit über den Sterntalerhof hinaus - und bis hinein in den Alltag, in den eine Familie zurückkehrt, wenn sie den Sterntalerhof wieder verlassen muss. In diesem Alltag sind es Institutionen wie die mobile Kinderkrankenpflege, liebevoll MOKI genannt, die einen wichtigen Beitrag zu dieser umfassenden Versorgung leisten. Die MOKIs arbeiten als gemeinnützige Vereine, die aus einem engagierten Team diplomierter Kinderkrankenschwestern und -pflegern bestehen. 365 Tage im Jahr und rund um die Uhr sind sie im Einsatz – im Burgenland wie auch in Wien, Niederösterreich, Oberösterreich und Kärnten, zuhause bei den Familien. Das Angebot ist vielseitig und reicht von sogenannten „Miniclubs“ für junge Eltern über psychosoziale Elternberatung bis hin zu pflegerischer Betreuung nach Operationen. Besonders wichtig für uns am Sterntalerhof ist jedoch die Expertise der MOKIs im Bereich „Entlastungspflege“. Die Pflege eines Kindes mit Behinderung

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oder einer schweren, lebenslimitierenden Erkrankung stellt für die Eltern im Alltag eine große Belastung dar. Viele Eltern umsorgen ihr krankes Kind aufopfernd und mit all ihren ihnen zur Verfügung stehenden Kräften, oftmals rund um die Uhr. Die Hauskrankenpflege der MOKIs stellt sicher, dass betroffene Familien auch zuhause weiter unterstützt und entlastet werden. Die Eltern werden auf die spezifischen medizinischen Bedürfnisse ihres Kindes hin geschult. Damit kann die Zeit im Krankenhaus verkürzt werden und die Familie zuhause bleiben - eine enorme Erleichterung für alle Betroffenen. Die MOKIs verfügen jedoch auch über Kinderkrankenpflegerinnen mit Zusatzausbildung, die schwer kranke Kinder in ihrer letzten Lebensphase begleiten – auch vor und nach ihrer Zeit am Sterntalerhof. Wir wissen, wie wichtig es ist, dass die Familien in solch schweren Zeiten jemanden haben, der ihnen beisteht, ihre Sorgen und Nöte versteht und medizinische, wie auch psychosoziale Unterstützung professionell und unkompliziert möglich macht. Mehr zu Angebot und Arbeitsweise der Mobilen Kinderkrankenpflege finden Sie unter www.moki.at


Wi r

KLEINES PFERDCHEN, GROSSER SPASS SO EINFACH GEHTS: Für unser Sterntalerhof-Papierpferdchen benötigen wir ein A4 Tonpapier in der Farbe, die das Pferdchen bekommen soll. Dazu ein Lineal, einen Bleistift, Klebstoff, eine Schere und Wolle für die Haare des Pferdchens (Schopf, Mähne und Schweif). Und los geht‘s!

BA S T E L N E S te n in r ta L er ho Pf e F r d ch en

1. Als Erstes schneiden wir für den Körper an der langen Seite des Blattes zwei Streifen ab! (ca. 3cm breit und 15 bzw. 30 cm lang). Dann falten wir beide Streifen in der Mitte. Um den Kopf zu formen, biegen wir den einen Teil des gefalteten Streifens schräg zur Seite weg, sodass nur mehr ein Viertel übrig bleibt. Dann drehen wir den Streifen um und machen es genau gleich auf der anderen Seite. Jetzt haben wir Kopf, Hals und Vorderbeine.

3. Jetzt müssen wir den Kopf noch etwas abschrägen, dazu nehmen wir die Schere und schneiden das obere Eck des Kopfes leicht schräg ab. Das Eck, das wir abgeschnitten haben, verwenden wir als Ohren: Wir kleben sie oben in die Mitte des Kopfes. Nun nehmen wir ein paar kurze Fäden Wolle und kleben sie zwischen den schrägen Halsteil. Ein paar längere Fäden verwenden wir für den schrägen Schwanzteil.

2. Für den hinteren Teil nehmen wir den zweiten gefalteten Streifen und legen unser Vorderteil in dessen Mitte. Wir können die Teile leicht mit Uhu fixieren, damit sie nicht verrutschen. Jetzt biegen wir den Streifen, der nach hinten raussteht so ab, dass die Hinterbeine gleich lang sind wie die Vorderbeine.

4. Jetzt müssen wir nur noch die Beine etwas auseinander biegen und fertig ist unser Pferdchen! Eins ist keins? Am besten, wir basteln eine ganze Herde! Viel Spaß dabei wünscht das Team vom Sterntalerhof! Die Bastelanleitung ist zu kurz? Mit der Antwortkarte auf der letzten Seite können Sie kostenlos eine ausführlichere Version bestellen!

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Pferde

Western-

Held

Ein Pferd, eine Kindergruppe, eine Mission: Reitpädagogik kreiert Fantasiewelten – und stellt hohe Anforderungen an ein wunderbares Tier. Ruhig und entspannt steht der Tinker-Wallach Benji in der Reithalle des Sterntalerhofs – vor einer gespannten Wäscheleine. An allen möglichen Stellen des großen Tiers hängen Kleidungsstücke, auf seinem Rücken vor dem Gurt liegen ein Kinderpyjama, ein kleines, gelbes T-Shirt, ein Pulli, kurze Sommerhosen. Fabian hat die Sachen da hingelegt, hat das Pferd mit Wäsche regelrecht dekoriert. Er muss das so tun, denn Fabian ist heute ein Cowboy und Cowboys bringen ihre Wäsche nun mal mit dem Pferd zur Wäscheleine. Stolz und fest sitzt er auf Benji, mit Cowboyhut und lässigem Halstuch, betrachtet die Kleider und streichelt seine Mähne – es war gar nicht einfach, die Kleider alle so am Pferd unterzubringen, dass sie nicht hinunterfallen. Aber das Schwierigste steht erst bevor. Denn jetzt müssen alle Kleidungsstücke an die Wäscheleine und zwar so, wie das Cowboys eben tun – vom Pferd aus! Zuerst das gelbe T-Shirt. Pinzettengriff, die eine kleine Hand am Shirt, die andere an der Wäscheklammer. Hoch ist diese Wäscheleine gespannt, aber hier vom

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Pferd aus – genau perfekt, in der richtigen Höhe. Leicht hinüberlehnen, dabei aber gut sitzenbleiben. Benji bleibt ruhig stehen. Und jetzt - mit gekonntem Griff Shirt, Klammer und Leine zusammenführen - das erste T-Shirt hängt! Es folgen Pulli und Pyjama. Benji steht immer noch ruhig da. Und zuletzt die kurzen Hosen, besonders schwierig, hier braucht‘s zwei Wäscheklammern. Fabian konzentriert sich, die Hose darf nicht runterfallen. Benji rückt etwas näher an die Wäscheleine heran. Erstes Hosenbein, erste Klammer. Zweites Hosenbein, zweite Klammer – geschafft! Die anderen Kinder jubeln, Fabian strahlt. DAS HARTE LEBEN DER COWBOYS „Es ist dieses Geschafft-Gefühl, das Erfolgserlebnis um das es geht“, lächelt Reitpädagogin Silke de Vries. Sie betreut an diesem Nachmittag Fabian und vier weitere Buben und Mädchen, alle sind sie Geschwister von schwer kranken Kindern. Und sie hat sich heute für das Thema Wilder Westen entschieden. Nicht nur, weil


sich das bei Pferden vielleicht aufdrängen würde, sondern vor allem, weil Kinder wie Fabian das brauchen. Er wächst ohne Vater auf, mit seiner Mama und seiner Tante - und mit seiner schwer behinderten kleinen Schwester. Er hadert mit seiner Identität, möchte gerne stark sein und kräftig und furchtlos. So, wie es Cowboys eben sind. „Reitpädagogik kreiert Fantasiewelten“, erklärt Silke weiter. „Einen Nachmittag lang sind wir Cowboys und Cowgirls im Wilden Westen.“ In der Reithalle hat sie einen Parcours mit mehreren Stationen aufgebaut. Leere-Dosen-Umwerfen, Hufeisen hämmern, einen „Schlangengraben“ zum drüber Balancieren, die Wäscheleine – meisterbare Herausforderungen für kleine Helden! Dabei steht jedes Kind einmal im Mittelpunkt, während ihm die anderen unterstützend zur Hand gehen. Spielerisch, aber sorgsam, tastet die Pädagogin dabei Gefühlswelten ab, fördert Konzentration und Motorik, baut ganz alltägliche kleine Hürden wie eben Wäsche waschen in ihr Konzept mit ein. DIE KRAFT DER RUHE Der Tinker-Wallach Benji ist fest in den Parcours eingebunden. Er ist viel mehr als nur Arbeitstier oder Reisebegleiter. Er ist Mittelpunkt der Therapie, zentrales Element der Cowboy-Fantasiewelt. Heute im Wilden Westen, morgen vielleicht in einer Meereswelt oder als Pferd der Prinzessin – alle Herausforderungen an allen Stationen hängen unmittelbar mit ihm zusammen. Durch seine schiere Größe ist er zunächst ein respekteinflößendes Tier, das gut beherrscht werden will. Dann wird er zunehmend Kumpel, Freund und Helfer und wertvoller Unterstützer beim Überwinden der einzelnen Aufgaben. „Man braucht dazu ruhige und ausgewogene Pferde, die überdies für die Arbeit mit Kindern auch nicht allzu groß gewachsen sein sollten.“ erklärt Silke die Anforderungen an Benji. Die langjährige Ausbildung zum Therapiepferd enthält spezifische Elemente, die das sensible Tier auf seinen Einsatz in der Reitpädagogik vorbereiten. Denn Silkes kindgerechte Westernwelt hält auch für Benji einiges bereit, vor dem sich „normale“ Pferde fürchten – laut klappernde Aludosen etwa, flatternde Wäscheleinen oder ungestüme Kinder. Aber Benji bleibt ruhig. Mit entspannter Gelassenheit trägt er Kind um Kind von Station zu Station,

erfüllt seine Doppelrolle als Co-Therapeut von Silke, als Spielgefährte der Kinder. Zum Ende der eineinhalbstündigen Therapieeinheit hat jedes Kind auf ihm gesessen, seine Sicherheit, seine Harmonie gespürt und erlebt. Mit dem Pferd, mit seiner Hilfe hat jedes Kind den aufregenden Wildwest-Parcours gemeistert. Zum Schluss begleitet das Tier die kleinen Cowboys zur letzten Station, der Goldmine – einem großen Eisenschaffel, der mit Sand gefüllt ist. Eifrig wird losgeschürft, mit Schaufel und Sieb graben die Kinder versteckte Gold-Nuggets und Kristalle aus dem Sand. Was wohl die Bank dazu sagen wird? In einer kleinen Schatztruhe trägt Fabian seinen geschürften Kristall hinter eine Absperrung zur Bank, wo Silke mit Benji schon auf ihn wartet. Prüfend hält sie den Stein ins Licht der tiefen Sonne. Er funkelt magisch. Aber auch das Pferd will befragt werden - gemeinsam halten Silke und Fabian den Kristall vor Benjis blaues Auge. Der Wallach atmet tief, er senkt seinen mächtigen Kopf zum Zeichen – der Kristall ist echt! Fabian strahlt, erneut. Die Bank belohnt den tapferen Cowboy mit einem großen Stück Schokolade. Und der Cowboy belohnt sein treues Pferd – mit einem saftigen Apfel!

Letzte Station Belohnung: Pferd Benji, Pädagogin Silke und ein kleiner Cowboy beim Schürfen in der Goldmine.

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Gesundheit

Mahl-Zeit Warum gemeinsam Essen nicht nur Leib, sondern auch Seele stärkt – und wie wir dabei fit durch den Sommer kommen. Endlich Sommer! Das ganze Jahr über sehnen wir uns nach der hohen Zeit, nach der Kraft spendenden Wärme der Sonne, nach lauen Abenden am Grill oder gar am Lagerfeuer. Aber Sommer bedeutet auch Hitze - und die belastet den Kreislauf! Zeit also, sich zu Sommerbeginn ein paar gute Vorsätze in Sachen Ernährung zu machen – einfach, weil wir fit und unternehmungslustig durch den Sommer wollen. Zeit für einen Besuch in der Küchenwerkstatt am Sterntalerhof!

man stolz sein kann, für das man von anderen gelobt wird, dringend benötigte Erfolgserlebnisse. So wurde aus einer anfangs einfachen Küche am Sterntalerhof eine ausgeklügelte Küchenwerkstatt – ein pädagogisches Element der Betreuung, das Kinder und Erwachsene in den Prozess der Zubereitung von Mahlzeiten integriert. Gemeinsam mit Claudia achtet auch Bianca Schaden darauf, dass diese Mahlzeiten immer auch ausgewogen sind.

VIELE KÖCHE VEREDELN DEN BREI „Bewusste Ernährung“ bedeutet, dass Ernährung wieder mehr ins Bewusstsein rückt. Diese an sich einfache Erkenntnis hat in der Küchenwerkstatt am Sterntalerhof tiefgreifende Auswirkungen. „In der schwierigen Zeit, die unsere Familien durchlaufen, rückt das gemeinsame Kochen und das gemeinsame Essen in den Hintergrund“, erzählt Claudia Ritter, die nicht nur über 16 Jahre Erfahrung in der Gastronomie verfügt, sondern auch als Pädagogin am Sterntalerhof tätig ist und die Küchenwerkstatt leitet. Dabei sind es gerade diese alltäglichen Rituale, die, gemeinschaftlich erlebt, Orientierung, Stabilität und Sicherheit in schwerer Zeit bieten können. Darüber hinaus schaffen Kochen und Backen geschmackvolle Ergebnisse, etwas auf das

DIE CHEFIN EMPFIEHLT Und mit dem Wörtchen „ausgewogen“ bekommt das Schlagwort der bewussten Ernährung seinen eigentlichen Sinn: Die Waage muss im Gleichgewicht sein. „Reiner Verzicht bringt überhaupt nichts“, ist Claudia überzeugt. „Den größten Heißhunger bekommt man auf die Dinge, die man nicht haben darf“, erklärt sie den berühmten Jojo-Effekt, der auf unserer ureigenen Menschlichkeit basiert und unsinnige Diätstrategien schon im Ansatz scheitern lässt. Viel wichtiger sei es, Alternativen zu sehen. „Muss es denn wirklich ein Kuchen mit Schlagobers sein?“ Oder schmeckt ein Fruchtsalat nicht genau so gut? Frische Melone, knackiges Obst mit Joghurt und Topfen, statt immer nur Schokolade. „Die Vitamine gibt’s inklusive“,

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Der Sterntaler | Sommer 2014


lächelt sie wissend „die Müdigkeit danach allerdings – bleibt aus!“ Die Küchenwerkstatt am Sterntalerhof ist voll dieser Alternativen. Statt billigem Tafelöl finden natives Olivenöl, Sojaöl und feines Kürbiskernöl aus der Region den Weg in die Töpfe und Pfannen. Mit Salz wird gespart, mit Kräutern gewürzt, in den Tontöpfen im Garten gedeihen Thymian, Basilikum und Co. Gesunde Garmethoden garantieren knackiges, bissfestes Gemüse: „Nur kurz ins Salzwasser damit“, rät Bianca, „sonst wird’s ledschert und verliert all seine wertvollen Inhaltsstoffe!“ Aber auch Fisch ist eine dieser Speisen, der wir nach ihrem Empfinden zu wenig Beachtung schenken – leicht, gesund und schmackhaft, wenn er nicht ausgerechnet in Form panierter Fischstäbchen auf den Tisch kommt. Zuguterletzt setzt man am Sterntalerhof auch bei den Getränken auf Plan B: statt (mehr süßen als soften) Soft Drinks, rät Bianca zu verdünnten Fruchtsäften – oder überhaupt zu frischem Wasser, von dem unser Körper im Sommer eigentlich gar nicht genug kriegen kann! Wer „Alternativen“ wie diese auf seine Speisekarte setzt, muss auch Pizza und Bratwurst nicht unbedingt davon verbannen – solange die Waage im Gleichgewicht bleibt. „Butter am Frühstücksbrot ist wunderbar“, lacht Claudia, aber bitte nicht zentimeterdick. Und weil wir grad von Butter sprechen, fügt Bianca zwinkernd einen kleinen Geheimtipp vom Pfannenrand hinzu: „Auch beim Zwiebelanrösten ist Butter ein delikater Begleiter. Wer sie aber nicht bockhart, sondern schön streichfähig lässt, gibt automatisch weniger davon in die Pfanne!“ BESUCH VON HERRN HUBERT Was denn die g’schmackigen Knödel mit sommerlicher Ernährung zu tun haben, wollen wir zum Abschluss wissen und deuten hungrig auf ein paar appetitlich hergerichtete Bällchen in einer Schüssel. „Die sind für die Pferde!“, lacht Bianca. Die Kinder haben sie aus Hafer, frischen Karotten, Honig und Gewürzen zubereitet und freuen sich schon riesig, den Wallach Herrn Hubert damit zu füttern. Denn wenn eines der Pferde vor der Küchenwerkstatt Halt macht, ist die Küchenwerkstatt nicht einfach nur mehr Küchenwerkstatt – sondern „Ride-In“ für hungrige Vierbeiner. Und ein großer Ort des Glücks für kleine Meisterköche.

Gut, gesund und gemeinsam: Claudia Ritter und eine kleine Meisterköchin in der Küchenwerkstatt am Sterntalerhof.

SUPPENWÜRZE SELBSTGEMACHT Hausgemachte Suppenwürze verfeinert Suppen, Saucen und Salate. Kühl gelagert ist sie lange haltbar, aber vor Allem: einfach zubereitet! ½ kg Sellerie 250g Karotten 250g Zuckerkarotten (gelb) 350g Zwiebeln 1 Stück Knoblauch 3 Stück Petersilwurzel 1 Stück Lauch Petersilie, Liebstöckl, Majoran, Thymian Alle Zutaten durch einen Fleischwolf drehen oder ganz klein hacken - je Kilo mit 200 g Salz vermischen und in Gläser abfüllen!

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Menschen

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Fragen

an Prim. Univ. Doz. Dr. Erwin Hauser, Konsiliararzt und „Netzwerker“ für den Sterntalerhof. WAS IST IHRE AUFGABE ALS KONSILIARARZT FÜR DEN STERNTALERHOF? Als Kinderarzt geht es mir vor allem darum, die Möglichkeiten, die der Sterntalerhof bietet, bei den Patienten und deren Familien bekannt zu machen. Es ist mir wichtig, darauf hinzuweisen, dass das Konzept die gesamtfamiliäre Betreuung von Familien mit schwer kranken Kindern umfasst – ein Angebot, das in vielerlei Hinsicht auf Dauer als sehr hilfreich empfunden wird. Abgesehen davon geht es auch darum, den Sterntalerhof unter anderen Experten bekannt zu machen und die zusätzlichen Ressourcen in der psychosozialen Betreuung schwer kranker Kinder zu nutzen. AUS IHRER SICHT ALS ARZT – WELCHE BEDEUTUNG HAT DER STERNTALERHOF HEUTE IN ÖSTERREICH? Der Sterntalerhof stellt ein zurzeit einzigartiges Angebot für Familien mit schwer kranken Kindern dar. Besonders wichtig ist, dass dieses Angebot außerhalb des Krankenhauses und meist auch fern vom Wohnort stattfindet. Dadurch werden die Aufenthalte am Sterntalerhof zu therapeutischen Urlaubssituationen. Dies in Kombination mit der Tiertherapie stellt für die Familien ein einzigartiges und nachhaltig in Erinnerung bleibendes Geschehen dar. WIE DEFINIEREN SIE „GLÜCK“? Glück ist, nicht nur das tun zu können, was man gerne macht und was man gut kann - sondern wenn

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man dabei auch noch für andere Menschen etwas Gutes tun kann. Daraus resultiert eine innere Zufriedenheit, die sehr glücklich macht. Somit sind die Mitarbeiter des Sterntalerhofs glückliche Menschen: Sie bieten den betreuten Familien glückliche Tage an. WIE GEHEN SIE MIT DEN TRAURIGEN MOMENTEN IHRER ARBEIT UM? Zunächst, indem ich weine – und ich habe mich auch in meiner Arbeit noch für keine einzige Träne geschämt. Dann geht es aber in der Folge darum, traurige Momente zu reflektieren, warum es dazu gekommen ist, ob man in Zukunft etwas tun kann, damit es nicht mehr dazu kommen kann. Letztlich ist unsere Welt nicht perfekt, damit müssen wir leben, aber gerade die traurigsten Momente sind oft jene, aus denen man am meisten lernen kann. Und das Lernen ist eine der intensivsten Formen des Lebens. FÜR WELCHES THEMA MÖCHTEN SIE UNSERE GESELLSCHAFT STÄRKER SENSIBILISIEREN? Ich denke, es würde den Menschen gut tun, zu akzeptieren und zu lernen, dass unsere Welt nicht perfekt ist. Es gibt viel Unvollkommenes und wir müssen dies annehmen und daraus das Bestmögliche machen. Wir werden alle einmal sterben und wir sollten diese Tatsache nicht verdrängen. Es geht darum, das Beste aus unserem Leben zu machen und vor allem auch für jene da zu sein, denen das Leben mehr Schwierigkeiten bietet als anderen – sei es aus gesundheitlichen, sozialen oder anderen persönlichen Gründen.

„Das Lernen ist eine der intensivsten Formen des Lebens.“ Konsiliararzt Dr. Erwin Hauser, Netzwerker für den Sterntalerhof


Gratis Sterntaler Abo! Bitte senden Sie mir künftig 2x jährlich den Sterntaler kostenlos zu Bitte senden Sie mir die Bastelanleitung von Seite 13 in ausführlicherer Form zu Ja, ich möchte Glücksbringer* beim Sterntalerhof werden Bitte senden Sie mir ein entsprechendes Formular zu! * Als Glücksbringer unterstützen Sie ein einzigartiges Sozialprojekt in Europa und helfen schwerkranken Kindern und ihren Familien, in liebevoller Atmosphäre Ruhe zu finden, Kraft zu tanken und Zuversicht zu gewinnen. Sie sind zu nichts verpflichtet und können Ihre Unterstützung jederzeit ohne Angabe von Gründen einstellen. Als Glücksbringer sind Sie ferner herzlich eingeladen, den Sterntalerhof zu besuchen um sich von der Richtigkeit Ihrer Unterstützung zu überzeugen.

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