KURIER

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Ausgabe 1/12

35. Jahrgang

Januar 2012

Kurier Hochschulzeitung der Deutschen Sporthochschule Köln

inhalt SPOrt | 2 Was ist eigentlich Korfball? SpoHoStudierende bei der Korfball-Weltmeisterschaft in Shaoxing.

© Institut für Forschung und Entwicklung von Sportgeräten (FES) Berlin

FOrSChunG | 3 Sechs Männer, 520 Tage Isolation, eine fiktive Reise zum Mars. Ein Interview mit PD Dr. Stefan Schneider.

Offener ausgang

„Es ist schön, wenn die menschliche Leistung und nicht die Wissenschaft im Vordergrund steht.“ (Britta Steffen, Rekordschwimmerin) Winter 2010: Bei den Olympischen Spielen in Vancouver holen André Lange und Kevin Kuske nach Gold im Zweierbob auch Silber im Viererbob. Und das mit einem ganz „heißen Eisen“ unter dem Hintern: Der Hightech-Bob aus dem Hause FES, dem staatlich geförderten Institut für Forschung und Entwicklung von Sportgeräten in Berlin. Das Geheimnis seiner Schnelligkeit kennen nur die Ingenieure um Bob-Projektleiter Michael Nitsch. Beide Fälle schildern mit Blick auf die laufende Wintersportsaison und die kommenden Olympischen Spiele in London eine hochaktuelle Thematik. Die Podiumsdiskussion zum Thema „Technisches Doping oder faire unterstützende Maßnahme?“ am 7. Dezember 2011 traf deshalb den Nerv der Zeit und den vieler Zuhörer. Auf dem Podium diskutierten Professor Gert-Peter Brüggemann (Institut für Biomechanik und Orthopädie), Sportrecht-Experte Professor Martin Nolte und Professor Volker Schürmann (Abteilung Philosophie) über die Problematik im Allgemeinen und Oscar Pistorius im Besonderen. „Es wird lange dauern, bis es wieder so einen Athleten geben wird“, sagt Wojtek Czyz, mehrfacher ParalympicsSieger im Weitsprung und Sprint. Der beidseitig unterschenkelamputierte Pistorius hat den Umgang mit seinen

CHEETAH-Prothesen so perfektioniert, dass er auf den 400 Metern mit gesunden Sportlern mithalten kann. Doch die Leistungen des heute 25-Jährigen erzeugen nicht nur Aufmerksamkeit sondern auch Argwohn. Die IAAF beauftragte 2007 Gert-Peter Brüggemann zu untersuchen, ob die Karbon-Prothesen Pistorius einen Vorteil verschaffen. Ergebnis der Studie: Bei Maximalgeschwindigkeit hat der Südafrikaner tatsächlich einen Vorteil, weil unter anderem der Energieverlust der Federn beim Auftreffen auf den Boden im Gegensatz zu menschlichen Beinen viel geringer ist, somit der Energieaufwand reduziert wird und nicht so schnell Ermüdung eintritt. Infolgedessen sperrte die IAAF Pistorius für Rennen gegen Nicht-Behinderte. Der legte 2008 Berufung vor dem Internationalen Sportgerichtshof (CAS) ein und gewann. Professor Martin Nolte zeigte sich bei der Podiumsdiskussion verblüfft über das Urteil: „Das Gericht führte in seiner Begründung auf, dass in einer Gesamtschau und mit einem ‚vernünftigem Verständnis’ kein NettoVorteil zu erkennen war.“ Brüggemanns Studie zeige eben jenen Netto-Vorteil („overall advantage“), unter Berücksichtigung der durch die Prothesen entstehenden Startschwierigkeiten, nicht auf. Im Sommer 2011 startete Pistorius dann als erster Prothesenträger bei einer Leichtathletik-WM und erreichte das Halbfinale über 400 Meter. „In meinen Augen gibt er dem Behindertensport einen Push, dadurch werden wir alle mehr wahrgenommen.“ (Wojtek Czyz) Schwimmanzüge, Rennbobs und der Fall Pistorius mögen grundverschieden sein, doch es gibt eine zentrale Gemeinsamkeit: Es geht um Chancengleichheit, um

die Vergleichbarkeit der Leistung von Athleten, um gleiche Voraussetzungen. „Die Frage nach der Fairness im Sport ist die Frage danach, ob die Offenheit des Ausgangs des Wettkampfes gewahrt ist.“ (Volker Schürmann) Die Fairness ist es auch, die unter Doping im Allgemeinen leidet. Doch es gibt einen wesentlichen Unterschied zum Doping: Es handelt sich um sichtbare materielle Unterstützungen. Aus diesem Grund wehrt sich Gert-Peter Brüggemann gegen den Begriff „TechnoDoping“. Für ihn ist der Begriff Doping belegt mit der heimlichen Einnahme von leistungsfördernden Medikamenten. Er spricht deshalb lieber von technischen Manipulationen. Eben weil diese sichtbar sind, lassen sie sich mehr oder minder leicht regulieren und überprüfen. Was aber, wenn auch gesunde Athleten zukünftig körperliche Benachteiligungen durch operative Eingriffe ausgleichen wollen? So könnte man beispielsweise die schwache Achillessehne eines Hochspringers verstärken, um damit „Chancengleichheit“ zu schaffen. Laserkorrekturen der Augen, um Kurz- oder Weitsichtigkeit auszubessern, sind bei Topathleten heute schon üblich. In diesem Fall werden die Parallelen zum Doping schon deutlicher – zumindest was die Unsichtbarkeit der Manipulation angeht. Für Schürmann ist die Frage nach richtig oder falsch allein durch klare Regeln zu beantworten, die letzten Endes von den Verbänden selbst gemacht werden. Brüggemann sieht in der Diskussion auch eine politische Dimension. „Für mich stellt sich die Frage, ob es vertretbar ist, dass national über Technik im Sport geforscht wird und die Erkennt-

VeranStaltunGen | 5 Über die Behinderung hinauswachsen: „Dance without Borders“. hOChSChule | 6 Gelassen in die Prüfung und ins Leben – Anna Heese und Günter Klein leisten Hilfestellung. Karriere | 7 Improof Football: Vier SpoHo-Studenten wollen den Fußball wissenschaftlicher machen. unD SOnSt ...? | 8 Global Player ausgezeichnet: Internationales virtuelles Seminar.

Podiumsdiskussion: Wieviel Technologie im Sport ist fair? Sommer 2009: Ein neuer Schwimmanzug sorgt für Schlagzeilen. Wer ihn trägt, schwimmt deutlich schneller. Im Winter beschließt die FINA, den Anzug zu verbieten, weil er ungleiche Voraussetzungen schafft.

VeranStaltunGen | 4 Sport und schwanger? Das geht! Neueste Entwicklungen ...

nisse nicht international publiziert werden. Natürlich ist das ein Wettbewerbsvorteil“, äußert er Kritik an der Geheimhaltungspolitik des Instituts für Forschung und Entwicklung von Sportgeräten. Eine denkbare Alternative wäre für ihn, jedem Athleten dasselbe Sportgerät zur Verfügung zu stellen. „Zumindest müsste man die Möglichkeit eröffnen, ein technisch innovatives Gerät zu benutzen und natürlich auch die Chance, sich hinreichend lange an dieses Gerät zu gewöhnen. Das wäre vernünftig.“ Aber auch er weiß: „Natürlich wollen wir für uns selbst Wettbewerbsvorteile herausholen, das liegt in der Natur der Sache.“ Das sieht Bobentwickler Michael Nitsch ähnlich und verweist auf die Problematik als ein allgemeingesellschaftliches Phänomen. „Das ist so wie in jedem Wettbewerb des menschlichen Lebens, ob man nun Sportgeräte oder Flugzeuge baut. Das kann nun mal nicht jede Nation gleich gut… so ist das Leben.“ (Michael Nitsch) Ein Kompromiss könnten Regelkorridore mit klar festgesetzten Grenzen sein, die dem einzelnen Athleten Spielraum für individuelle technische Verbesserungen lassen. Schließlich soll es im Sport vor allem darum gehen, was die Athleten leisten: Schwimmer brauchen Kraft und Technik, Bobpiloten ein gutes Gespür für Bahn und Sportgerät und Hochspringer nicht nur eine reißfeste Achillessehne. Und auch Oscar Pistorius benötigt weit mehr als nur zwei hochentwickelte Federn, wie Wojtek Czyz aus Erfahrung weiß: „Es ist ja nicht so, dass wir das Ding einfach nur anziehen müssen, und schon sind wir schnell.“ Jm

termine Kölner Hochschulen – Wege zur Familienfreundlichkeit Familienfreundliche Strukturen für pflegende Angehörige – Was können Hochschulen leisten? 13. Februar, 16-17:30 Uhr (Kath. Hochschule). Alltag zwischen Kita und Elternhaus: Praxistag „Bewegte Kindheit“ zeigt Konzepte der ganzheitlichen Gesundheitsförderung (U3/Ü3-Bereich): 17. März, 9-12:30 Uhr (DSHS). Anmeldung für beide Veranstaltungen: familienservicebuero@dshs-koeln.de Kollegen-Stammtisch Der Kollegen-Stammtisch trifft sich 2012 an folgenden Terminen: 2. Februar, 2. April, 5. Juni, 3. August, 1. Oktober und 3. Dezember (jeweils 18 Uhr im Hockey-Judo-Zentrum). Kontakt: pressestelle@dshs-koeln.de Sporteignungsprüfung Am 6. und 7. Februar geht es für 1661 Bewerberinnen und Bewerber beim Eignungstest um den ersten Schritt zu einem Studienplatz an der SpoHo. www.dshs-koeln.de/et Prüfungsangst bewältigen Blockseminar für SpoHo-Studierende stellt Methoden zur Angstüberwindung, Entspannungsübungen und mentales Training vor: 7.+8. Februar, jeweils 9:30-15 Uhr. Anmeldung: a.heese@dshs-koeln.de (s. S.6). Tanzpädagogischer Forschungstag Austausch über aktuelle Forschungsarbeiten im Themenfeld von Tanz und Bildung: 28. März. Call for Papers: 27. Januar. Weitere Infos gibt es auf der DSHS-Homepage (Quicklinks Veranstaltungen): www.dshs-koeln.de


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